_______________________________________________________________________________ "Und aus des Horizontes Tiefe ..." - Heinrich von Kleist zum 200. Todestag Eine musikalische Annäherung (2) 2 SWR 2 Musikstunde, 15. November 2010 15‘20 "Und aus des Horizontes Tiefe ..." - Heinrich von Kleist zum 200. Todestag Eine musikalische Annäherung (2) Kleist und die Liebe – ein schwieriges Kapitel in seinem kurzen Leben. Eine geplatzte Verlobung, homoerotische Gefühle, schwärmerische junge Mädchen, ein paar Liebschaften, aber keine erfüllte Liebesbeziehung, dafür eine geliebte Schwester, die einzig wahre Konstante im Gefühlsleben des ewig Suchenden. Ulrike von Kleist, vier Jahre älter als Heinrich, über viele Jahre seine liebste, seine treuste Gefährtin, seine Vertraute, fast wie bei Nannerl und Wolferl Mozart. (0’30) Musik 1 Wolfgang Amadeus Mozart: Andante und Variationen G-dur KV 501 Klavierduo Taal Groethuysen M0032672 004 Sony Classical SK 93868 4‘06 Das Klavierduo Taal Groethuysen mit Andante und Variationen G-dur aus KV 501 von Wolfgang Amadeus Mozart. Heinrich von Kleist ist 21 Jahre alt, als er von einem Tag auf den anderen seine familiären Fesseln sprengt und aus sämtlichen Konventionen ausbricht. Er schmeißt seinen Militärdienst. Welch ein Skandal. Als Sohn einer adligen preußischen Familie ist die Offizierslaufbahn von Geburt an vorbestimmt, wie beim Vater, dem Großvater und den meisten männlichen Mitgliedern der Familie Kleist. 2 3 Heinrich fühlt sich in der Uniform jedoch unwohl, beklagt den Zwang, den Missstand des Soldatendaseins. Er sei ihm verhasst, sei ihm lästig, sein Charakter leide darunter. Die wahre Erfüllung sehe anders aus. In einem langen Brief erklärt er seinem ehemaligen Lehrer Martini. „Ich nenne nämlich Glück nur die vollen und überschwänglichen Genüsse, die in dem erfreulichen Anschauen der moralischen Schönheit unseres eigenen Wesens liegen“. Später entsteht daraus ein Aufsatz „den sichern Weg des Glücks zu finden und ungestört – auch unter den größten Drangsalen des Lebens – zu genießen“ Kleist auf der Suche nach Glück. Allein seinem Lehrer vertraut er sich an und bittet ihn, den Brief an seine Schwester Ulrike weiterzugeben, sie sei die Einzige seiner Familie, die ihn ganz verstehen könne. (1’20) Musik 2 Felix Mendelssohn: Streichquartette f-moll op.60, 2. Satz Minguet-Quartett M0247153 011 ARS MUSICI AM 1127-2 4‘42 Das Minguet-Quartett spielte den zweiten Satz aus dem f-moll Streichquartett von Felix Mendelssohn, Requiem für seine geliebte Schwester Fanny Hensel, eine ähnliche Seelenverwandtschaft wie zwischen Heinrich und Ulrike von Kleist. Erst in Kleists letzem Lebensjahr wird Ulrike müde, den Bruder auch immer wieder finanziell zu unterstützen, es kommt zu Verstimmungen. Nach sieben Jahren Militär, davon drei Jahren im Krieg gegen Frankreich reicht Heinrich von Kleist seinen Abschied ein. Er kündigt seinen Staatsdienst. Kleist ein Aussteiger, mehr als einmal bricht er mit sämtlichen Erwartungen. Und was tut er mit der neu gewonnenen, ja innerlich hart erkämpften Freiheit? 3 4 Er studiert, zur Beruhigung der Familie und des Vormunds zunächst einmal Juristerei, doch dafür pocht sein Herz nicht. Er hört viel lieber Vorlesungen in Physik, Mathematik, Philosophie, Kunstgeschichte und Naturrecht. Kleist sucht nach Bildung, Bildung der Persönlichkeit, nach Vervollkommnung des tugendhaften Menschen. In Studentenkreisen findet er das nicht. Er fühlt sich einsam, ausgeschlossen, isoliert. Nein, in Gesellschaften kann sich Kleist nicht frei bewegen, er ist schüchtern und gehemmt. Man mag es kaum glauben, so wortgewaltig er in seinen Dramen, den Novellen, Schriften und Briefen erscheint, in Gesprächsrunden ist er wenig galant. Er stockt, wirkt verlegen, verhaspelt sich. Der Dichterfreund Achim von Arnim berichtet von einer „gewissen Unbestimmtheit in der Rede“. Tieck behauptet, Kleist habe eine schwere Zunge. Dennoch lässt er es sich nicht nehmen, im Kreise von Freunden seine Werke vorzulesen. Und eine Zuhörerin erinnert sich: „er begann meist zaghaft, fast stotternd und erst allmählich ward sein Vortrag freier und feuriger.“ Kleist selbst: „Ich passe mich nicht unter die Menschen….Dazu kommt bei mir eine unerklärliche Verlegenheit… o wie schmerzhaft ist es, in dem Äußeren ganz stark und frei zu sein, indessen man im Innern ganz schwach ist, wie ein Kind, ganz gelähmt, als wären uns alle Glieder gebunden.“ (2’10) Musik 3 György Kurtág, Hoquetus und Perpetuum mobile György und Martha Kurtag, Klavier M0074352 016 + 009 ECM-Records ECM-Records 3‘47 4 5 Hoquetus, ein musikalischer Schluckauf und Perpetuum mobile von György Kurtág, gespielt vom Komponisten selbst und seiner Frau Martha. Gerade in der Phase der Isolation geschieht in Kleists Leben Unverhofftes. Er verliebt sich und es wundert uns nicht, in eine Frau, die zunächst gar nichts von ihm wissen will, in die knapp zwanzig jährige Wilhelmine von Zenge, Tochter eines Generals, unmittelbare Nachbarn der Kleists in Frankfurt. Die Familien kennen sich schon lange, die Kinder sind eng verbandelt. Kleist drängt und stürmt in diese Beziehung, schreibt leidenschaftliche Briefe, bis sich die junge Frau überzeugen lässt. Eines wird erschreckend klar, bei allem Sinn für Moderne, Kleist hat ein Erz konservatives Frauenbild. Minette oder Minchen, so der Kosename, soll zwar gebildet und belesen sein, aber ansonsten ein gehorsames Heimchen am Herd. Kleist erzieht und bildet sich seine Zukünftige. Er unterrichtet sie in der deutschen Sprache und hält Privatstunden in Sachen Experimentalphysik. In vielen Briefen stellt er ihr „Denkübungen“, die sie schriftlich beantworten muss, die er korrigiert und zurücksendet, er empfiehlt ihr Bücher und Texte und fragt sie darüber ab. Eines betont er immer wieder: „Der Mann ist nicht bloß der Mann seiner Frau, er ist auch ein Bürger des Staates; die Frau hingegen ist nichts als die Frau ihres Mannes, sie hat keine anderen Verpflichtungen“, schreibt Kleist an Wilhelmine. 5 6 Viele Kleist Forscher sprechen entsetzt von „Rechthaberischer Scheinheiligkeit!“, von einem „sublimen Sadismus des Kleist‘schen Erziehungsprogramms“. Der Kleist Biograph Günter Blamberger hingegen bezeichnet Kleists Bemerkungen als völlig normal, als zeittypisch. Und was sagt die Betroffene selbst, Wilhelmine von Zenge. Sie stört sich nicht an der Lehrmeisterei: Im Gegenteil: „Er las mir Gedichte vor, und ich musste sie nachlesen oder Französisch übersetzen. Auch schärfte er meinen Witz und Scharfsinn durch Vergleiche, welche ich ihm schriftlich bringen musste. So lebte er ganz für mich, ich gewann ihn recht lieb und machte mir es zur Pflicht auch ganz für ihn zu leben: Ich erfüllte mein Vorhaben redlich.“ So erklärt Wilhelmine von Zenge ihrem späteren Ehemann, dem Philosophieprofessor Traugott Krug ihre Beziehung zu Kleist. Sie rechtfertigt ihr Verhalten, nicht immer ganz ohne Bitternis. Kleist habe sie zu einem Ideal umschaffen wollen, was sie oft bekümmert habe. Wie der Frauenfeind Pygmalion, der sich aus Elfenbein eine Figur meißelt und die zur Idealfrau stilisiert. Er verliebt sich in sein Kunstwerk und bittet die Liebesgöttin Aphrodite, die Statue zu Leben zu erwecken. Ovid schildert uns diese Geschichte in seinen Metamorphosen. Jean Philippe Rameau hat sie vertont. (2’40) Musik 4 Jean Philippe Rameau: Pigmalion, Sarabande pour la statue Tambourin Pigmalion, European Union Baroque Orchestra, Leitung: Roy Goodman M0072432 010 NAXOS 8.557490 4‘07 6 7 Das European Union Baroque Orchestra unter der Leitung von Roy Goodman mit „Sarabande pour la statue“ und „Tambourin“ aus Jean Philippe Rameaus Pygmalion. Über die Beziehung zwischen Wilhelmine von Zenge und Heinrich von Kleist wird bis heute viel diskutiert. Thomas Mann nannte die Briefe, „die seltsamsten Liebesbriefe der Welt“. Peter Michalzig schreibt in seiner Biographie, Kleist sei in diesen Briefen inquisitorisch und impertinent vorgegangen. Es seien monströse Ungeheuerlichkeiten, die Kleist von seiner Verlobten verlangt habe, er ginge bis an die Grenzen der Quälerei. Von den 35 erhaltenen Briefen Kleists an Wilhelmine sind lediglich vier reine Schulmeisterliche Denkübungen, in vielen anderen lodert seine Leidenschaft, doch für was, für wen? Kleist schreibt vieles für sein eigenes Wohlbefinden, für sein Seelenleben, aber Manches mag auch wirklich für Wilhelmine bestimmt sein. „Wenn ich denke, dass dieses Papier, auf das ich jetzt schreibe, das unter meinen Händen, vor meinen Augen liegt, einst in deinen Händen, vor deinen Augen sein wird, dann – küsse ich es und küsse es wieder das liebe Papier, das du vielleicht auch an deine Lippen drücken wirst und bilde mir ein, es wären wirklich schon deine Lippen – denn, wenn ich die Augen zumache, so kann ich mir einbilden was ich will.“ Wilhelmine von Zenge und Heinrich von Kleist haben sich viele Briefe geschrieben, von Wilhelmine ist kein einziger erhalten und auch von Kleist längst nicht alle. Als Ludwig Tieck später bei Wilhelmine um Kleists Briefe bat, musste sie gestehen, dass sie „so töricht war, viele 7 8 von seinen Briefen zu verbrennen, weil sie alle in der höchsten Leidenschaft geschrieben waren“, so Wilhelmine. (1’45) Musik 5 Beethoven: Klaviersonate op.78 „A Therese“, 2. Satz Alfred Brendel M0014645 002 Philips 412575-2 2‘45 „A Therèse“, so der Beiname der Klaviersonate op. 78 von Ludwig van Beethoven, Therese Malfatti gewidmet, jener jungen Musikerin, Pianistin der Beethoven voller Hoffnung einen Heiratsantrag gemacht hatte und einen Korb erhielt. Beethoven auch ein ewig unglücklich Liebender. Alfred Brendel spielte den zweiten Satz. Einen Heiratsantrag macht auch Heinrich von Kleist seiner Wilhelmine von Zenge. Wilhelmines Eltern stimmen nur zögerlich zu. Sie stellen Bedingungen, Kleist müsse bis zur offiziellen Bekanntgabe der Verlobung „ein Amt inne haben“, das heißt, sie fordern eine ordentliche Anstellung und ein sicheres Einkommen. Dunkle Wolken am Horizont. Die unbekümmerte Zeit mit Wilhelmine, das erste Verliebt sein, die Spaziergänge, die vertrauten Gespräche in der Gartenlaube, das gemeinsame Lesen und Musizieren währen nicht lange. Nach Wilhelmines Aussage waren die beiden „ein halbes Jahr sehr glücklich“. War es Freundschaft, Zuneigung, wahre Liebe? Auf diese Fragen finden wir keine Antworten und auch die Kleistforschung ist sich uneins bis hin zu Aussagen, Kleist wäre zu wahrer Liebe überhaupt nicht fähig gewesen. Oder konnte er wegen seiner homoerotischen Neigungen kein 8 9 Verhältnis zu Frauen aufbauen? Einen seiner schönsten Liebesbriefe schreibt Kleist an einen Mann, an seinen Freund Ernst von Pfuehl, eine Versöhnung nach einem Streit. (1’30) Musik 6 Kleist Brief gelesen von Ullrich Matthes W0138963 001 ISBN 3-932929-43-9 (2’40) Robert Schumann: Duett, Fantasiestück op.88,3 Beaux Arts Trio M0083773 015 PHILIPS 432165-2 (3’44) 6‘12 Das Beaux Arts Trio mit dem Fantasiestück op.88 Nr.3 von Robert Schumann. Davor las Ulrich Matthes den Brief an Pfuehl vom 7. Januar 1805 in Erinnerung an den gemeinsamen Sommer in Thun. Ulrich Matthes hat eine ganze CD mit Briefen eingesprochen, sie heißt „Kleist ein Lebensmonolog“ und ist eine Koproduktion der Schaubühne Berlin mit dem SWR aus dem Jahr 2003. Heinrich von Kleist im Wechselbad der Gefühle. Wilhelmine will geheiratet werden. Ihre Eltern erwarten eine feste Anstellung. Das passt nicht in Kleists Freiheitsdenken. Und wieder bricht er aus. Nach drei Semestern schmeißt er das Studium, geht nach Berlin, nimmt sich eine Auszeit, reist mit seiner Schwester Ulrike nach Rügen, mit einem Freund nach Straßburg und Würzburg, was genau er dort unternimmt, man weiß es bis heute nicht. Viele seiner Reisen bleiben geheimnisumwoben, nur so viel ist gewiss, Kleist ist auf der Flucht, vor sich, vor anderen, er sucht, er bildet sich. Wieder zurück in Berlin dreht sich Kleist weiter in seinem SelbstfindungsKarussell und spürt die wahre Berufung: 9 10 Wilhelmine schreibt er: „Du weißt, dass ich mich jetzt für das schriftstellerische Fach bilde. Ich selbst habe mir schon ein kleines Ideenmagazin angelegt. Ich vergrößere es täglich.“ Wohlwissend, dass Wilhelmine diese Absichten zu Hause mit Schrecken lesen wird, fügt er hinzu: „Lächle nicht und bemühe dich nur ja, alle Vorurteile zu bekämpfen. Viele Männer haben geringfügig angefangen und königlich ihre Laufbahn beschlossen. Shakespeare war ein Pferdejunge und jetzt ist er die Bewunderung der Nachwelt.“ Ein bisschen Größenwahn darf es schon sein. Und aus der Bewunderung der Nachwelt ist ja auch noch was geworden, gelegentlich so ungewollt populär, dass sein Käthchen es später zu Reklameauftritten gebracht hat mit Sammelbildchen auf Liebigs Fleischkontrakt der Firma Knorr in Heilbronn. (2’00) Musik 7 Hans Pfitzner: Ausschnitt „Käthchen von Heilbronn“, Musik zu dem gleichnamigen Drama von Kleist für Orchester, op. 17 Staatskapelle Berlin Otmar Suitner / Juliane Koren als Käthchen und Frank Lienert als Ritter vom Strahl M0014322 005 BERLIN Classics 0244-2 CCC 449571-2 4‘26 Hans Pfitzner, Ausschnitt aus seiner Schauspielmusik zu Kleists „Käthchen von Heilbronn“ mit Juliane Koren als Käthchen und Frank Lienert als Ritter vom Strahl. Otmar Suitner leitete die Staatskapelle Berlin. Käthchen ist die einzige Figur, die sich schon zu Lebzeiten Kleists in die Herzen der Zuschauer spielte. Kleist will als Schriftsteller ein 10 11 Shakespeare werden. Das kann seine Verlobte nicht verstehen, zudem er ihr im selben Brief erklärt: „Und wenn ich auch auf dieser Erde nirgends meinen Platz finden sollte, so finde ich vielleicht auf einem anderen Stern einen umso besseren“. Spricht Kleist hier schon von seinem frühen Tod. In Berlin stürzt Kleist erneut in eine Krise, in eine philosophische Sinnkrise. Er liest Kant und zweifelt an dessen Erkenntnistheorie, schreibt wiederum an Wilhelmine. „Wir können nicht entscheiden, ob das, was wir Wahrheit nennen, wahrhaft Wahrheit ist, oder ob es uns nur so scheint.“ Kleist zeigt sich im Innersten erschüttert. Ist die Kant-Krise wirklich ein zentraler Moment in seinem Leben, ein Wendepunkt, oder hat Kleist diesen angeblichen Erkenntnisschock aufgebauscht, um sich aus sämtlichen Affären zu ziehen: „Liebe Wilhelmine, lass mich reisen. Die Bewegung auf der Reise wird mir zuträglicher sein, als dieses Brüten auf einem Fleck. Sobald ich einen Zweck gefasst habe, nach dem ich wieder streben kann, so kehre ich um, ich schwöre es dir.“ (1’20) Musik 8 Franz Schubert: Wohin aus der Schönen Müllerin, Fritz Wunderlich und Hubert Giesen M0030136 002 Deutsche Grammophon 423956-2 2‘26 Wohin fragt der Müllergeselle in Schuberts Zyklus „Die Schöne Müllerin“. Fritz Wunderlich wurde begleitet von Hubert Giesen. Kleist folgt dem Bächlein nicht auf der Suche nach der Müllerin, sondern weg von ihr, weg von seiner Verlobten, auf der Suche nach sich selbst. 11 12 Er reist über Dresden nach Paris, dann nach Basel, Bern und an den Thuner See. In der französischen Schweiz will er sich als Deutschlehrer niederlassen, dann sucht er im Rouseau‘schen Sinne nach der Erfüllung in der Natur und will Bauer werden – immer wieder schreibt er Wilhelmine von seinen neuen Plänen, sie sitzt zu Hause und hält überhaupt nichts davon. Ihre Hoffnungen auf ein gemeinsames Leben mit Kleist sind längst verloren. 1802 ist die Beziehung gescheitert. Drei Jahre später heiratet Wilhelmine den bürgerlichen Philosophieprofessor Krug. Kleist trauert nicht, nein er ist endlich wieder frei für seine Kunst, frei um wieder neu anzufangen. Einzige Konstante in seinem Leben und einzige Vertraute bleibt die Schwester Ulrike von Kleist. Sie bietet dem Bruder nicht nur Halt und seelischen Beistand, sondern auch finanzielle Unterstützung. Denn notorisch in Geldnot ist Kleist eigentlich immer. Er sieht in seiner Schwester einen Freund, als Frau nimmt er sie kaum wahr, wenn er schreibt: „sie ist eine weibliche Heldenseele, die von ihrem Geschlechte nichts hat als die Hüften.“ Streift man durch Kleists Leben, durch seine Briefe und Werke, dann kommen einen immer wieder zwei Komponisten ins Bewusstsein. Beethoven und Mozart. Beethoven, das ist naheliegend, weil auch er ein Suchender, ein innerer Rebell, ein unglücklich Liebender, ein Einsamer, ein Missverstandener war. Hier herrscht auf den ersten Blick eine Seelenverwandtschaft. 12 13 Mozart, als kontemplatives Moment, als Betrachtung, als Reflexion. Während Mozarts Leben sich in seiner Musik nicht wiederfindet, er in den traurigsten Momenten die heiterste Musik geschrieben hat, ist Kleists Werk oft ein Spiegel seiner Seele und in den tragischsten Momenten seines Lebens und seiner Dramen ist einem oft nach Mozart zumute. (2’15) Musik 9 Wolfgang Amadeus Mozart: Gran Partita KV 361, Adagio Berliner Philharmonisches Bläserensemble M0051435 006 EMI CLASSICS 0946-343424-2 5‘47 "Und aus des Horizontes Tiefe ..." - Heinrich von Kleist zum 200. Todestag - Eine musikalische Annäherung. Das war in SWR 2 die Musikstunde mit Ulla Zierau. Zuletzt spielte das Berliner Philharmonische Bläserensemble den langsamen Satz aus Mozarts Gran Partita. Manuskript und alle Musikangaben finden Sie auf unserer Internetseite SWR 2.de, dort können Sie die Musikstunden auch nachhören 13