Knochentumoren 5 R. Erlemann, K. Wörtler 5.1 Diagnostik und Therapie 5.1.1 5.1.1.1 5.1.1.2 5.1.1.3 5.1.2 5.1.2.1 5.1.2.2 5.1.2.3 Aufgabe der Radiologie 126 Detektion und Diagnosestellung 127 Staging 155 Rezidivdiagnostik 164 Therapie 165 Chirurgisches Staging 165 Chirurgische Therapie 166 Chemotherapie 167 Literatur 168 Knochentumoren werden im Allgemeinen anhand ihres histologischen Aufbaus und hier besonders bezogen auf das Gewebe oder den Zelltyp, den sie überwiegend imitieren, klassifiziert. Allerdings können eine Reihe von Knochentumoren mehrere Zelltypen aufweisen. Nach dem dominierenden oder die Natur eines Tumors bestimmenden Zell- oder Gewebeanteil werden die Tumoren in unterschiedliche Gruppen eingeordnet (Tabelle 5.1). Knochentumoren können in echte Tumoren, die benigne oder maligne sein können, und in tumorähnliche Läsionen unterteilt werden. Tumorähnliche Läsionen sind keine echten Neoplasien, weisen jedoch eine ähnliche Morphologie und nicht selten ein vergleichbares biologisches Verhalten wie echte Tumoren auf. Knochentumoren sind insgesamt seltene Tumoren, wobei die genaue Inzidenz unbekannt ist. Man rechnet mit 3–4 primären malignen Knochentumoren pro 100.000 Personen pro Jahr. Verglichen mit dieser Zahl treten Knochenmetastasen und multiple Myelome wesentlich häufiger auf. Die häufigsten malignen Knochentumoren sind Osteosarkome gefolgt von Chondrosarkomen, Ewing-Sarkomen, malignen fibrösen Histiozytomen und Fibrosarkomen. Letztere werden heute jedoch meist als maligne fibröse Histiozytome klassifiziert. Alle anderen sind sehr selten und machen jeweils weniger als 1% aller primären Knochentumoren aus (vgl. Tabelle 5.6 letzte Zeile). Die Inzidenz der benignen Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen ist weitgehend unbekannt. Es ist davon auszugehen, dass nur diejenigen, die zu einer klinischen Problematik in dem betroffenen Knochen führen, und eine weitere unbekannte Anzahl als Zufallsbefunde erkannt werden. So werden die überwiegende Mehrzahl der nicht-ossifizierenden Knochenfibrome und Osteochondrome als Zufallsbefunde auf Röntgenuntersuchungen entdeckt, da sie üblicherweise keine Beschwerden verursachen. Ähnliches gilt auch für die monostotische fibröse Dysplasie, die Enchondrome der Hand und in einem gewissen Rahmen auch für die klinisch stummen kalzifizierten Enchondrome der langen Röhrenknochen, die nicht selten erst bei älteren Patienten im Rahmen einer Röntgenuntersuchung aus anderen Gründen entdeckt werden. Unter den übrigen benignen Tumoren und tumorähnlichen Läsionen sind die häufigsten Riesenzelltumoren, aneurysmatische und solitäre Knochenzysten und Osteoidosteome (vgl. Tabelle 5.6 letzte Zeile). Knochentumoren und tumorähnliche Läsionen bieten üblicherweise eine uncharakteristische Klinik, gehen jedoch häufig mit Schmerzen und einer lokalen Schwellung oder beidem einher. Diese Symptome erlauben keinen Rückschluss auf die Existenz eines Knochentumors, schon gar nicht auf eine bestimmte Tumorentität. Die einzige Ausnahme ist das Osteoidosteom, das mit recht typischen nächtlichen Schmerzen, die auf Acetylsalicylsäuregabe ansprechen, einhergeht. Wichtiger ist die Information über die Dauer und die Intensität der Schmerzen. Schmerzen, die seit einigen Tagen oder wenigen Wochen bestehen, deuten eher auf eine entzündliche Genese hin. Bestehen die Schmerzen seit mehreren Wochen oder Monaten kann ein maligner Knochentumor die Ursache sein, besonders dann, wenn die Intensität des Schmerzes mit der Zeit deutlich zunimmt. Bei benignen symptomatischen Knochentumoren sind häufig erste leichte Schmerzen bereits viele Monate zuvor bemerkt worden. Der plötzliche Schmerzbeginn bei einem bisher asymptomatischen benignen Knochentumor kann Folge einer pathologischen Fraktur sein. Bei einigen wenigen kann es jedoch das 126 Kapitel 5 Knochentumoren Tabelle 5.1. Histologische Klassifikation von Knochentumoren Ursprung Maligner Tumor Benigner Tumor Tumorähnliche Läsion Knochenbildende Zellen Osteosarkom Parossales Osteosarkom Osteoidosteom Osteoblastom Osteom Fibröse Dysplasie Knorpelbildende Zellen Chondrosarkom Enchondrom Osteochondrom Chondroblastom Chondromyxoidfibrom (CMF) Bindegewebebildende Zellen Fibrosarkom Malignes fibröses Histiozytom (MFH) Benignes fibröses Histiozytom Desmoplastisches Fibrom Hämangiom Endothelzellen Hämangioendotheliom Hämangioendothelsarkom Lymphangiosarkom Hämangioperizytom Knochenmark und hämatopoetische Zellen Ewing-Sarkom (Multiples) Myelom (Plasmozytom) Non-Hodgkin-Lymphom Hodgkin-Lymphom Leukämie Unbekannter Ursprung Maligner Riesenzelltumor Adamantinom Nicht-ossifizierendes Knochenfibrom (NOF) Aneurysmatische Knochenzyste (AKZ) Lymphangiom Eosinophiles Granulom (Langerhans-Zell-Histiozytose) Riesenzelltumor (RZT) Chorda dorsalis Chordom Fettzellen Liposarkom Lipom Nervenzellen Malignes Schwannom Neurofibrom Neurilemmom Zeichen einer malignen Transformation, z. B. eines Enchondroms in ein Chondrosarkom, sein. Fieber gehört nicht zu den typischen Symptomen, kann jedoch bei einem Ewing-Sarkom und anderen hoch malignen Knochentumoren auftreten. 5.1.1 Aufgabe der Radiologie Die Radiologie hat in dem Management von Knochentumoren drei Aufgaben: ∑ die Detektion und die Diagnosestellung, ∑ das Staging und ∑ die Rezidivdiagnostik. Hierzu stehen die konventionelle Röntgendiagnostik, die CT, die MRT und die Skelettszintigraphie zur Verfügung. Nur durch einen sinnvollen Einsatz der verschiedenen Untersuchungsverfahren können die Aufgaben adäquat gelöst werden. Die Detektion eines Knochentumors und einer tumorähnlichen Läsion basiert weitgehend auf der konventionellen Röntgendiagnostik in zwei Ebenen. Hiermit lassen sich nahezu alle Läsionen im peripheren Skelett sicher erfassen. In komplexen Skelettregionen wie dem Becken, Solitäre Knochenzyste (SKZ) Epidermoidzyste Ganglion der Wirbelsäule und der Schulter können allerdings einige Läsionen der konventionellen Diagnostik entgehen. Hier ist häufig eine CT oder eine MRT für die Detektion erforderlich. Wegen der geringen Spezifität wird die Skelettszintigraphie eher zum Nachweis bzw. Ausschluss eines multifokalen Befalls als zur primären Detektion eingesetzt. Hierfür ist sie weitgehend durch die MRT ersetzt worden. Jedoch kann mit der Skelettszintigraphie annäherungsweise die biologische Aktivität einer entdeckten Läsion beurteilt werden. ! Mit der Skelettszintigraphie können biologisch inaktive reaktive sklerotische Veränderungen von biologisch aktiven neoplastischen und entzündlichen Knochenläsionen differenziert werden. Merke Allerdings muss berücksichtigt werden, dass mit der Skelettszintigraphie einige Läsionen, wie z. B. multiple Myelome und eosinophile Granulome, im Knochen nicht zuverlässig nachgewiesen werden können,da keine ausreichende Aktivierung der Osteoblasten vorliegt. Für das Staging, die Ausdehnungsbestimmung, von Knochentumoren ist die MRT das Untersuchungsverfahren der Wahl. Sie besitzt das größte 5.1 Diagnostik und Therapie Potenzial, die exakte Ausdehnung eines Tumors innerhalb und außerhalb des Knochens darzustellen. Vergleiche mit Makropräparaten haben gezeigt, dass die in der MRT nachgewiesene Ausdehnung bis auf wenige Millimeter mit dem Operationspräparat übereinstimmte. Mittels konventionellem Röntgen ist keine zuverlässige und mittels CT nur eine sehr eingeschränkte Ausdehnungsbestimmung möglich. Die Rezidivdiagnostik ist ebenfalls eine Domäne der MRT, die ab etwa sechs Monate nach Operation in der Lage ist, auch kleinste Rezidive nachzuweisen. 5.1.1.1 Detektion und Diagnosestellung Die Röntgendiagnostik eines Knochentumors stützt sich weitgehend auf die konventionellen Aufnahmen in zwei Ebenen. Diese sind besonders für die Einschätzung der Aggressivität einer nachweisbaren Läsion hilfreich. In komplexen Skelettregionen muss dagegen häufig die CT oder die MRT für eine zuverlässige Detektion eingesetzt werden. Für die Schnittbilduntersuchungen können die in der konventionellen Röntgendiagnostik verwandten Parameter zur Einschätzung der Aggressivität nicht oder nur bedingt eingesetzt werden. In der Röntgendiagnostik kann die Wachstumsgeschwindigkeit einer Läsion anhand der LodwickKlassifikation analysiert werden. ! Die Einschätzung der Aggressivität ist die wichtigste Aufgabe des Radiologen in der Diagnostik von Knochentumoren, da von dieser sowohl die weitere Bildgebung als auch das weitere Procedere abhängen. Merke So wird man bei einer Läsion, die primär als sehr langsam wachsend angesehen wird, eher selten eine weitere Bildgebung durchführen und falls erforderlich häufig primär eine definitive Operation anstreben. Dagegen ist bei einer Läsion, die das Bild eines schnell wachsenden Tumors bietet, fast immer eine weitere Bildgebung notwendig, um die wahre Ausdehnung zu ermitteln. Auch werden der definitiven Operation meist eine offene Biopsie und bei vielen malignen Tumoren eine präoperative Chemotherapie vorgeschaltet. Der Versuch, anhand der Bildgebung eine Artdiagnose zu stellen, ist erst der zweite Schritt. Dazu werden die Röntgenmorphologie, die Wachstumsgeschwindigkeit, die Lokalisation im tumortragenden Knochen, das Patientenalter und bis zu einem gewissen Grad der betroffene Knochen einbezogen. Da die verschiedenen Tumoren und tumorähnlichen Läsionen eine bevorzugte Lokalisation im tumortragenden Knochen, meist ein Prädilektionsalter, eine dominierende Röntgenmorphologie und eine eher wenig variable Wachstumsgeschwindigkeit aufweisen, kann man aus den einzelnen Puzzlebausteinen in bis zu 80% der Fälle eine richtige Artdiagnose stellen. Hierzu ist es jedoch erforderlich, dass der Radiologe über einen breiten Erfahrungsschatz in diesem Spezialgebiet verfügt. Auch der erfahrene Skelettpathologe hat nicht selten Schwierigkeiten, aus dem Material einer Probeexzision eine korrekte Artdiagnose zu stellen, da nicht immer gewährleistet ist, dass das gewonnene Material für den gesamten Tumor repräsentativ ist. So kann der Pathologe bei einem dedifferenzierten Chondrosarkom Material aus der dedifferenzierten Komponente erhalten und die Diagnose eines Rhabdomyosarkoms oder eines Fibrosarkoms stellen. Der Radiologe wird dagegen den zugrunde liegenden intraossären Knorpeltumor erkennen. Erst durch eine enge Zusammenarbeit von Pathologen und Radiologen kann die richtige Diagnose gestellt werden. Aus diesem Grund existieren in Deutschland, Österreich, den Niederlanden und der Schweiz Referenzzentren für Knochentumoren, an denen Radiologen und Pathologen gemeinsam die Diagnose eines Knochentumors erarbeiten. Für die Diagnose von Knochentumoren hat es sich bewährt, das Operationsmaterial, die Röntgenbilder und, soweit angefertigt, die Schnittbilder an ein Referenzzentrum zur konsiliarischen Begutachtung zu senden. Wachstumsmuster Knochenremodellierung Da Knochentumoren eine Aktivierung und gelegentlich eine Akzentuierung der normalen Knochenumbaumechanismen bewirken, sollen diese kurz rekapituliert werden. Ein normaler Knochen besteht aus kortikalem und spongiösem Knochengewebe. Die Spongiosa setzt sich aus einem Netzwerk aus verflochtenen Knochenbälkchen zusammen, die den Markraum unterteilen. Sie ist die Hauptmasse der platten und kleinen Knochen, wie z. B. der Skapula, des Kalkaneus und des Talus. In den langen Röhrenknochen liegt die Spongiosa überwiegend nur in der Epiphyse und Metaphyse vor. In der Diaphyse ist sie nur in geringer Menge an der inneren Oberfläche der Kompakta vorhanden (Abb. 5.1 a–c). In den langen Röhrenknochen besteht die Funktion der Spongiosa in einer Unterstützung der subchondralen Knochenplatte und in einer Übertragung der mechanischen Kräfte von der Gelenkoberfläche auf die Kompakta. Die Menge und die Architektur der Spongiosa wird entsprechend dem Wolff-Gesetz an die Belastungssituation des Knochens angepasst. In einem kranken Knochen spielen sich ähnliche Anpassungsvorgänge ab, um die Stabilität so lange 127 128 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.1 a–c. Aufbau des Knochens. a Die CT zeigt in der Epiphyse ein dichtes trabekuläres Netzwerk der Spongiosa und nur eine dünne Kompakta. Hier ist die Spongiosa für die Stabilität des Knochens verantwortlich. b Im metadiaphysären Übergang ist die Kompakta dicker und das trabekuläre Netzwerk der Spongiosa aufgelockerter. c In Schaftmitte ist die Kompakta sehr dick und für die Stabilität des Knochens verantwortlich. Es ist nur ein dünner Spongiosasaum an der Innenseite der Kompakta vorhanden. Zentral liegt fast ausschließlich Fettmark vor a b c wie möglich zu erhalten. Die mechanisch wichtigsten Strukturen werden möglichst lange erhalten oder sogar verstärkt, während die weniger wichtigen Elemente verloren gehen. Dieser Adaptationsmechanismus erklärt zumindest teilweise die Ausbildung eines sklerotischen Randes um eine langsam wachsende Läsion. Der kortikale Knochen ist in der Diaphyse der langen Röhrenknochen am dicksten und dünnt sich in Richtung des epiphysären Knochenendes hin aus, wo der spongiöse Knochen zunimmt und die Kraftaufnahme unterstützt. Somit hat der kortikale Knochen dort, wo die Spongiosa ihre maximale Konzentration aufweist, seine geringste Masse und umgekehrt. Kortikaler Knochen besteht aus vielen longitudinal ausgerichteten Knochenzylindern mit einem oder mehreren zentralen Gefäßen. Jede Zylindereinheit wird als Havers-System oder Osteon bezeichnet. Die zentralen Havers-Kanäle der verschiedenen Osteone sind durch senkrecht verlaufende miteinander kommunizierende Gefäßkanäle, Volkmann-Kanäle genannt, verbunden. Eine Remodellierung des kortikalen Knochens geht mit einem Umbau der Osteone einher. Dieser beginnt mit einer longitudinal ausgerichteten tubulären Resorption, die durch Osteoklasten erfolgt. Die tubulären Hohlräume werden dann durch konzentrische Lagen aus lamellärem Knochen wieder ausgefüllt. Abbau und Anbau sind normalerweise simultan ablaufende, ausbalancierte Prozesse, die nicht zu einer Dichteänderung des kortikalen Knochens im Röntgenbild führen. Falls jedoch der Abbau den Anbau überwiegt, resultiert eine Abnahme des kortikalen Knochens. Diese imponiert radiologisch als tunnelierte Kompakta und kann Zeichen eines hoch aggressiven Wachstums einer Knochenläsion sein. Die im Zusammenhang mit einem Knochentumor auftretenden osteolytischen und osteoblastischen Veränderungen werden durch Osteoklasten und Osteoblasten bewirkt und führen zu Grenzflächen und Rändern. Eine Knochendestruktion ist kein direkter Effekt der Tumorzellen, sondern tritt als Folge der normalen biologischen Antwort des tumortragenden Knochens auf den durch den Tumor erzeugten intraossären Druck oder die aktive Hyperämie auf. Die auf dem Röntgenbild sichtbare Osteolyse ist die Summation der osteoklastären resorptiven Aktivität an dem kortikalen oder spongiösen Knochen. Sie besteht zunächst aus einem Abbau der mineralisierten Komponente der Knochenmatrix und dann aus einem enzymatischen Abbau des Kollagengerüstes. Osteoklasten können den Knochen schneller abbauen als er durch Osteoblasten aufgebaut werden kann. Bis zu einem gewissen Grade existieren beide Prozesse immer gleichzeitig. So sieht man mikroskopisch häufig eine osteoklastäre Aktivität auf der Tumorseite eines Knochentrabekels und eine osteoblastäre Reaktion auf der abgewandten Seite. Das relative Überwiegen eines der beiden Prozesse kann als Tumorrand auf dem Röntgenbild sichtbar sein. Bei den meisten nicht sehr aggressiv wachsenden Tumoren liegt ein glatter mehr oder minder scharf abgrenzbarer Rand vor. Weisen verschiedene Tumorbezirke jedoch eine unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeit auf, entsteht ein polyzyklischer lobulierter Rand. Dieser wird meist bei eher langsam wachsenden Tumoren beobachtet.Wächst der Tumor schneller als ein geordneter Knochenabbau stattfinden kann, liegen unscharfe Ränder, breite Übergangszonen zwischen Tumor und Spongiosa und im Extremfall nur eine uncharakteristische Osteopenie vor. 5.1 Diagnostik und Therapie Erkennbarkeit von Knochentumoren Die Erkennbarkeit einer Osteolyse auf dem Röntgenbild hängt ab von ∑ der Struktur des betroffenen Knochens – kortikaler oder spongiöser Knochen –, ∑ dem Ausmaß des Knochenverlustes und ∑ der Menge an vorhandenem benachbarten Knochen, um einen Kontrast zu erzeugen. Osteolytische Tumoren können an den Knochenenden, an denen die Menge des spongiösen Knochens hoch ist, besser als in den Diaphysen erkannt werden (Abb. 5.2). Ein gutartiger osteolytischer Tumor in der Metaphyse wird durch den in der Nachbarschaft vorhandenen intakten spongiösen Knochen sichtbar. In einem wachsenden Skelett kann dieser Herd durch die Remodellierungsvorgänge als Folge des Umbaus der metaphysären Region zur Diaphyse mit begleitendem Abbau des spongiösen Knochens auf dem Röntgenbild verloren gehen. Da in den Diaphysen nur wenig spongiöser Knochen vorhanden ist, existiert um einen osteolytischen Tumor nur eine limitierte Grenzzonenmodifikation. Sie besteht in einer enostalen Ausdünnung der Kompakta. Die Ränder der Läsion, die an den nichtspongiösen Markraum angrenzen, sind auf dem Röntgenbild nicht sichtbar. Somit kann die schaftseitige Grenze eines metaphysären Tumors, der sich in die Diaphyse ausbreitet, gelegentlich nicht bestimmbar sein (Abb. 5.3, Abb. 5.4 a, b). Diese Tumoren sind jedoch in der MRT und meistens auch in der CT sicher nachweisbar, da ein Signalintensitäts- bzw. Dichteunterschied zwischen Tumor und umgebendem Fettmark besteht. Spongiöser Knochen wird wegen seiner wesentlich größeren Oberfläche schneller als kortikaler Knochen abgebaut. Da die Resorption auf den kleinen Trabekeloberflächen innerhalb des gesamten osteolytischen Areals abläuft, müssen mindestens 30–50% der Trabekel abgebaut worden sein, bevor der Verlust auf dem Röntgenbild sichtbar ist. Kortikaler Knochenabbau erfolgt langsamer, kann jedoch einfacher und häufig früher erkannt werden, da ein hoher Kontrast zwischen der Lysezone und dem benachbarten kortikalen Knochen besteht. Bei mehr diffus ablaufenden kortikalen Resorptionen ist jedoch ein umfangreicherer Knochenabbau erforderlich, bis sie auf dem Röntgenbild sichtbar sind. Auch muss die absolute Menge an vorhandenem Knochen beachtet werden. Dies gilt besonders für ältere Patienten, bei denen ein physiologischer Knochenverlust existiert. Bei diesen sind destruktive Knochenläsionen wesentlich schwieriger früh zu entdecken, und sogar ausgedehnte infiltrative Prozesse können dem radiologischen Nachweis entgehen. Auch in dieser Situation sind die MRT und meistens auch die CT der Röntgendiagnostik deutlich überlegen (Abb. 5.5 a, b). In der MRT wird ein Tumor in den Röhrenknochen durch den Kontrast zwischen Tumor und Fettmark abgebildet. Hierzu bietet sich z. B. eine T1-gewichtete SpinEcho(SE)-Sequenz an, die die meisten Tumoren relativ signalarm und das Fettmark sehr signalintensiv abbildet (Abb. 5.6). In der CT können Tumoren in einem osteopenischen Skelett und im Markraum von Röhrenknochen nachgewiesen werden. Der Tumor, der positive Dichtewerte besitzt, wird einerseits durch den Kontrast zu dem spongiösen und kortikalen Knochen (Knochenfenster oder Hochkontrastalgorithmus) und anderseits zum Fettmark des Markraumes, das negative Dichtewerte aufweist (Weichteilfenster), abgrenzbar. Periostreaktionen Anatomisch gesehen umkleidet das Periost die Kompakta und grenzt den Knochen von den umgebenden Weichteilen ab. Es besteht histologisch aus einer äußeren zellarmen fibrösen Lage und einer inneren zellreichen Kambiumschicht. Das inaktive Periost des Erwachsenen ist nur wenig zellreich und überwiegend fibrös. Während einer Reaktion auf einen traumatischen oder tumorösen Reiz kann das Periost dicker werden, und die beiden Lagen können abgrenzbar werden. Eine Aktivierung des Periosts führt zur Anlagerung von Knochen an die Kompakta. Eine resorptive Reaktion des Periosts führt zu einem Abbau der Außenfläche der Kompakta. Die langsamste appositionelle Aktivität des Periosts wird normalerweise nicht als Periostreaktion angesehen. Sie tritt bei der Umfangsvergrößerung des Knochenschaftes während der Wachstumsphase und bei einer Zunahme des Knochendurchmessers z. B. im Rahmen eines Morbus Paget auf. Der Ausdruck periostale Reaktion, wie er gängigerweise benutzt wird, reflektiert eine deutlich stärkere Periostaktivität. Periostreaktionen werden bei längeren Verläufen von entzündlichen, traumatischen und tumorösen Prozessen nahezu immer beobachtet. Sie sind allerdings kein Beweis für einen derartigen Prozess. Denn sie können auch bei Änderungen der lokalen metabolischen Verhältnisse, wie z. B. bei Varizen, auftreten. Bei Tumoren und Entzündungen ist das Ausmaß der periostalen Knochenneubildung nicht nur vom Grad der Periostabhebung sondern auch von der Aktivität der aktivierenden Läsion abhängig. Jedoch nicht alle Läsionen, die die Kompakta penetriert und das Periost abgehoben haben, induzieren eine periostale Knochenneubildung. 129 130 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.2. Riesenzelltumor. Der epimetaphysär gelegene Tumor kann innerhalb des dichten trabekulären Netzwerks der Spongiosa gut abgegrenzt werden Abb. 5.3. Chondromyxoidfibrom. Der diaphysär gelegene Tumor hat die gesamte hier vorhandene spärliche Spongiosa destruiert und ist in die Kompakta eingewachsen. Daher ist er deutlich abgrenzbar Abb. 5.4 a, b. Enchondrom. a Der diaphysär gelegene Tumor wächst überwiegend im Markraum und ist daher schlecht abgrenzbar. Es kommen nur kleinere osteolytische Areale dort zur Darstellung, wo der Tumor die ortsständige Spongiosa destruiert hat. b In der MRT ist die wahre Tumorausdehnung sichtbar a b 5.1 Diagnostik und Therapie a Abb. 5.6. Enchondrom. Die T1-gewichtete SE-Sequenz stellt deutlich die intraossäre Tumorausdehnung dar. Der Kontrast beruht auf der unterschiedlichen Signalintensität zwischen signalintensivem Fettmark und signalarmem Tumor. Der spongiöse Knochen wird nicht abgebildet. Die Kompakta kommt als signallose Außenkontur des Knochens zur Darstellung b Abb. 5.5 a, b. Riesenzelltumor. a Der Tumor im Fibulaköpfchen hat die Spongiosa noch nicht ausreichend destruiert, um deutlich sichtbar zu sein. b In der CT ist dagegen der Tumor klar abgrenzbar. Er breitet sich im Markraum aus und hat die ventrale Kompakta partiell destruiert Weitere Faktoren beeinflussen die Reaktion des Periosts. Diese bestehen in einer mechanischen Adaptation an die Schwäche des Knochens als Folge einer Osteolyse, in dem Versuch, einen Tumor einzugrenzen, und in veränderten Mikrozirkulationsparametern, wie in einer passiven Hyperämie, und möglicherweise in einer direkten Stimulation durch Tumormetaboliten. Folgende allgemeine Regeln zum Ablauf einer Periostreaktion lassen sich aufstellen: ∑ Erst mineralisierte Periostreaktionen sind auf dem Röntgenbild sichtbar, was 10–20 Tage dauert. Je jünger der Patient, umso eher sind sie sichtbar. ∑ Die Periostreaktion ist ein biologischer Indikator der Intensität und Aggressivität des zugrunde liegenden aktivierenden Prozesses. ∑ Die Morphologie der Periostreaktion kann sich mit zunehmender Dauer des aktivierenden Prozesses ändern. ∑ Periostreaktionen können die ersten auf dem Röntgenbild sichtbaren Veränderungen eines sehr aggressiv verlaufenden intraossären Tumors oder einer Entzündung sein. Die Periostreaktionen können in zwei verschiedene Hauptgruppen unterteilt werden, in kontinuierliche und unterbrochene Reaktionen (Tabelle 5.2). Kontinuierliche Reaktionen werden meistens bei einem langsam bis mittelschnell ablaufenden Knochenprozess angetroffen. In dieser Gruppe kann man noch Periostreaktionen bei gleichzeitig komplett ausgelöschter Kompakta von solchen bei vollkommen oder zumindest teilweise erhaltener Kompakta differenzieren. Unterbrochene Periostreaktionen sind meistens Begleitreaktionen eines sehr aggressiv verlaufenden Prozesses. Hier verläuft der aktivierende Prozess schneller als geordnete Periostreaktion aufgebaut werden können. Daneben können jedoch auch Kombinationen von beiden Reaktionsformen und als Sonderform eine überwiegend in Weichteilkomponenten von Osteosarkomen anzutreffende divergierend spikuläre Reaktion auftreten (Abb. 5.7 a–c, Abb. 5.8). 131 132 Kapitel 5 Knochentumoren Tabelle 5.2. Periostreaktionen Kontinuierliche Periostreaktionen mit Kompaktaauflösung Periostschale lobulierte Periostschale septierte Periostschale ohne Kompaktaauflösung solide Reaktion Einzellamelle lamelläre Reaktion (Zwiebelschale) parallel spikuläre Reaktion (Bürstensaum) Unterbrochene Periostreaktion Periosterker Codman-Dreieck unterbrochene Zwiebelschale unterbrochene parallel spikuläre Reaktion Komplexe Periostreaktionen Kombinationen der oben genannten Reaktionsformen Divergierend spikulär („sunburst“) Periostschale. Definition Die nichtunterbrochenen Periostreak- tionen mit begleitender kompletter Kompaktaresorption werden auch als Periostschale bezeichnet. Jede Aufweitung der Knochenkontur repräsentiert eine periostale Aktivität. Der Knochendurchmesser kann nur dadurch zunehmen, indem die Kompakta auf der enostalen Seite resorbiert wird, während auf der periostalen Seite neue Knochenlagen gebildet werden. Die Periostschale repräsentiert eine Balance zwischen einem relativ langsam wachsenden Prozess, der mit einer enostalen Kompaktaresorption und einer Apposition von neuen Knochen auf der äußeren Periostoberfläche einhergeht. Wenn die Resorption die Apposition überwiegt, wird die Kompakta dünner, oder sie wird komplett resorbiert, und die neu gebildete Periostschale dient als Ersatz der ursprünglichen Kompakta. Als die Resorption aktivierende Faktoren kommen entweder der Druck eines wachsenden Prozesses oder eine aktive Hyperämie in Frage. Diese Reaktionsform des Periosts wird fast ausschließlich bei Tumoren und tumorähnlichen Läsionen angetroffen. Bei jüngeren Patienten handelt es sich nahezu ausschließlich um benigne Tumoren, während bei älteren Patienten einige maligne Tumoren, besonders Plasmozytome und niedrig maligne Chondrosarkome, dieses Bild bieten können. Eine Periostschale mit glatten Außenkonturen tritt bei einer Läsion auf, die einen gleichförmigen expansiven Druck ausübt. Sie wird meistens bei benignen Prozessen beobachtet und ist häufig exzentrisch lokalisiert. Exzentrisch lokalisierte Periostschalen werden bei einem Riesenzelltumor, einem Enchondrom, Abb. 5.7 a–c. Schematische Darstellung der verschiedenen Periostreaktionen als Reaktion auf eine Markraumläsion des Knochens einem Chondroblastom, einem Chondromyxoidfibrom, einer fibrösen Dysplasie und einer aneurysmatischen Knochenzyste beobachtet (Abb. 5.9). Eine zirkulär ausgebildete Periostschale als Folge eines zirkulär wirkenden hydrostatischen Druckes wird bei einer solitären Knochenzyste angetroffen (Abb. 5.10). Insgesamt gilt, je länger die Läsion besteht und 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.8. Periostreaktionen als Indikator der Wachstumsrate einer Markraumläsion Abb. 5.10. Zirkulär ausgebildete Periostschale bei einer solitären Knochenzyste des Humerus. Die neu gebildete Periostschale dient als Ersatz für die komplett resorbierte ursprüngliche Kompakta. Dadurch erscheint der Humerusschaft aufgetrieben Abb. 5.9. Exzentrisch lokalisierte Periostschale (Pfeile) einer aneurysmatischen Knochenzyste der distalen Tibia. Die Kompakta ist komplett resorbiert, und die Läsion wird von einer mineralisierten Periostschale zu den Weichteilen abgegrenzt je langsamer sie wächst, umso dicker ist die Periostschale (Abb. 5.11). Ein sehr rasches Läsionswachstum führt zu einer kompletten Kompaktaresorption, ohne dass die begleitende Periostreaktion im Röntgenbild sichtbar ist. Das Wachstum erfolgt derart rasch, dass keine Mineralisation der neu gebildeten Periostreaktion erfolgen kann. Aggressiv wachsende Riesenzelltumoren und aneurysmatische Knochenzysten können dieses Bild zeigen (Abb. 5.12). 133 134 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.11. Zirkulär ausgebildete Periostschale bei einem langsam wachsenden Osteoblastom der distalen Fibula. Die ursprüngliche Kompakta ist komplett resorbiert, und der Tumor wird durch eine dicke neu gebildete Periostschale umgrenzt Eine lobulierte Periostschale tritt auf, wenn eine Läsion fokal unterschiedliche Wachstumsgeschwindigkeiten aufweist. Um die aktivsten Komponenten sind die am weitesten nach peripher reichenden Periostreaktionen vorhanden. Diese Reaktionsform wird bei den gleichen Läsionen beobachtet, die auch das Bild einer glatten Schale bieten können (Abb. 5.13). Eine septierte Periostschale tritt auf, wenn ein proliferativer Prozess mit zuvor mittlerer Wachstumsgeschwindigkeit seine Wachstumsgeschwindigkeit reduziert. Diese Form der Periostschale ist üblicherweise dicker und besser abgrenzbar als eine lobulierte Periostschale. Die aktivsten Herde werden durch Septen begrenzt, die von der inneren Periostschale ausgehen. Die Septen entsprechen Bezirken, in denen die Resorption geringer als in benachbarten Bezirken ist. An den Septen kann auch eine Knochenneubildung auftreten. Septierte Periostschalen werden häufig als Reaktion auf ein nicht-ossifizierendes Knochenfibrom, ein Enchondrom, einen Riesenzelltumor, aber bei älteren Patienten gelegentlich auch bei einem langsam wachsenden malignen Tumor, wie einem Chondrosarkom, einem Plasmozytom und einer Hypernephrommetastase angetroffen (Abb. 5.14). Abb. 5.12. Nichtmineralisierte exzentrisch lokalisierte Periostschale bei einem aggressiv wachsenden Riesenzelltumor. Die ursprüngliche Kompakta (Pfeile) ist komplett resorbiert. Der Tumor wächst derart schnell, dass keine Mineralisation der Periostreaktion erfolgen kann. Bei der Operation wurde eine dünne komplett erhaltene Periostschale als äußere Tumorbegrenzung gefunden Abb. 5.13. Lobulierte Periostschale bei einer solitären Knochenzyste des Humerus 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.14. Septierte Periostschale bei einem Enchondrom des Os metacarpale I. Die ursprüngliche Kompakta ist komplett resorbiert, und das Enchondrom ist durch eine von verknöcherten Septen durchzogene Periostschale begrenzt Abb. 5.15. Solide Periostreaktion bei einem Osteoidosteom der Tibia. Die ursprüngliche Kompakta ist komplett erhalten, erscheint jedoch durch die neu gebildete solide Periostreaktion spindelförmig verdickt. Im Zentrum ist der Nidus des Osteoidosteoms sichtbar Kontinuierliche Periostreaktionen mit erhaltener Kom- bezeichnet. Sie wird bevorzugt bei einem Osteoidosteom, einem großen Enchondrom (proximales Femur) und einem gering aktiven eosinophilen Granulom beobachtet (Abb. 5.15). Die Einzellamelle besteht aus einer Schicht neugebildeten Knochens. Sie weist in Höhe der Markraumläsion einen Abstand von 1–2 mm von der Kompakta auf und kann proximal und distal mit dieser fusionieren. Die Lamelle umgibt den Knochen teilweise oder ganz. Aus ihr kann sich eine solide Periostreaktion entwickeln. Sie weist, besonders wenn sie dick ist, auf einen benignen Prozess hin. Sie tritt bei einem eosinophilen Granulom, einer akuten Osteomyelitis, einem subperiostalen Hämatom und einer Stressfraktur auf (Abb. 5.16 a, b). Nur selten wird sie bei echten Knochentumoren beobachtet. Der Nachweis einer nichtunterbrochenen Einzellamelle kann ein entscheidendes Kriterium bei der Differenzierung einer Osteomyelitis von einem Ewing-Sarkom sein, da beide im Knochen ein ähnlich aggressives Wachstumsmuster bieten können. Die lamelläre Periostreaktion (Zwiebelschale) besteht aus mehreren konzentrisch angeordneten ossifizierten Periostlamellen auf der Weichteilseite der Kompakta und ist üblicherweise das Zeichen eines pakta. Bei diesen Form ist die ursprüngliche Kompakta unter der Periostreaktion teilweise oder komplett erhalten. Man unterscheidet ∑ ∑ ∑ ∑ eine solide Periostreaktion, eine Einzellamelle, eine lamelläre Reaktion und eine parallel spikuläre Reaktion. Es handelt sich um zusätzliche Periostreaktionen und nicht um einen Ersatz der ursprünglichen Kompakta durch Periostverknöcherungen. Der Erhalt der ursprünglichen Kompakta bedeutet jedoch nicht, dass keine Penetration der Markraumläsion in die Periostreaktionen vorliegt. Gerade bei der lamellären und spikulären Form werden häufig Invasionen in die Periostreaktionen beobachtet. Die solide Periostreaktion repräsentiert multiple nacheinander angelegte neue Knochenlagen auf der Kompakta, die miteinander verschmolzen sind. Sie weist auf einen benignen Prozess hin. Die Ursache ist meistens ein chronischer, langsam verlaufender Markraum-, Kompakta- oder Weichteilprozess. Diese Reaktionsform wird ätiologisch nicht ganz korrekt auch als Hyperostose oder Kompaktaverdickung 135 136 Kapitel 5 Knochentumoren Durch diesen dynamischen Prozess werden mit zunehmender Zeit die einzelnen Lamellen schlechter abgrenzbar. Wenn bei nichttumorösen Prozessen das zwischengelagerte Bindegewebe abgebaut worden ist, kann aus der Zwiebelschale eine solide Periostreaktion entstehen. Sie tritt bei einem Ewing-Sarkom, einem Non-Hodgkin-Lymphom, einem Angiosarkom,einem primitiven neuroektodermalen Tumor, einem aggressiven eosinophilen Granulom und seltener einer akuten Osteomyelitis auf (Abb. 5.17 a, b). ! Die Zwiebelschale kann bei sehr aggressiv wachsenden intraossären Läsionen die erste auf dem Röntgenbild sichtbare Veränderung sein. Daher muss beim Nachweis einer Zwiebelschale der aktivierende Prozess im Knochen mit Nachdruck gesucht werden, wobei vorzugsweise die MRT zum Einsatz kommen sollte. Merke a b Abb. 5.16 a, b. Einzellamelle des distalen Femurs bei einem Patienten mit einer subakuten Osteomyelitis. a Die Kompakta ist lateral destruiert, und eine solitäre mineralisierte Periostlamelle ist sichtbar. b Die CT zeigt, dass die Periostlamelle (Pfeile) den Femur nur zu etwa 70% umgibt und im Randbereich mit der Kompakta fusioniert. Bei dem vorhandenen Knochendestruktionsmuster spricht die nichtunterbrochene Einzellamelle mehr für einen entzündlichen Prozess und eher gegen einen malignen Tumor aggressiv verlaufenden Prozesses. Bei nichttumorösen Prozessen treten die Periostlamellen als Folge einer exzessiven kortikalen Tunnelierung bei einer aktiven Hyperämie auf. Als Reaktion auf einen Tumor kann die Zwiebelschale infolge einer vermehrten regionalen Durchblutung oder einer direkten Perioststimulierung entstehen. Zunächst befinden sich erweiterte Gefäße und ein lockeres Bindegewebe zwischen den Periostlamellen. Später können maligne Tumoren zwischen diese vordringen. Auf den einzelnen Lamellen beobachtet man histologisch eine gesteigerte ostoblastäre Aktivität auf der Weichteilseite und eine gesteigerte osteoklastäre Aktivität auf der Kompaktaseite. Die parallele spikuläre Periostreaktion (Bürstensaum) repräsentiert einen rascher ablaufenden Prozess als die lamelläre Periostreaktion. Die Morphologie variiert zwischen uniformen dünnen multiplen Spiculae (Samtaspekt) auf der einen und einzelnen längeren Spiculae auf der anderen Seite. Die Spiculae werden in allen Ebenen vom Zentrum der Markraumläsion zur Peripherie hin kürzer. Auf Schnittpräparaten, die parallel zur Knochenoberfläche angefertigt werden, zeigt sich, dass die wahre Grundstruktur ein Wabenmuster ist. Der auf dem Röntgenbild sichtbare spikuläre Aspekt entsteht durch die alleinige Abbildung der parallel zum Röntgenstrahl angeordneten Ossifikationen. Zwischen den einzelnen Ossifikationen liegen erweiterte periostale Gefäße. Mit zunehmender Zeit können Tumoren in die Reaktionszone eindringen. Diese Periostreaktion spricht weitgehend gegen einen benignen Tumor. Sie tritt bei einem Ewing-Sarkom, einem Osteosarkom und einem Chondrosarkom auf. Samtartige spikuläre Reaktionen werden auch bei der Thalassämie in der Kalotte und dem Morbus Caffey beobachtet (Abb. 5.18). Unterbrochene Periostreaktionen. In einer Reihe von Fällen ist die Penetration eines Tumors durch die Kompakta mit Aktivierung des Periosts radiologisch nicht erkennbar. Eine Durchwanderung durch erweiterte Volkmann-Kanäle oder die Havers-Räume lässt die Kompakta radiologisch häufig intakt. Diese Form der Tumorpenetration führt in den meisten Fällen zu ausgedehnten, meist lamellären Periostreaktionen. Das andere Extrem stellt eine komplette Kompaktadestruktion mit direkter Aktivierung des Periosts dar. Das hierbei insgesamt geringere Ausmaß an Periostreaktionen kann auf zwei Mechanismen zurückgeführt werden. 5.1 Diagnostik und Therapie b a Abb. 5.17 a, b. Lamelläre Periostreaktion (Zwiebelschale) des proximalen Humerus bei einem Non-Hodgkin-Lymphom des Knochens. a Die konventionelle Aufnahme zeigt die multiplen parallel angeordneten Lamellen auf der Weichteilseite einer erhaltenen Kompakta. b In der MRT (T2-gewichtete SE Sequenz) lässt sich ebenfalls eine komplett erhaltene Kompakta (Pfeilspitzen) nachweisen. Die Periostreaktion (Pfeile) umgibt nahezu ringförmig den Knochen, wobei zwischen den einzelnen abgrenzbaren mineralisierten Lamellen ein protonenreiches Weichteilgewebe vorliegt ∑ Zum einen steht durch die Tumorausdehnung in den Weichteilen weniger Raum für die Periostreaktionen zur Verfügung. ∑ Zum anderen kann der durch den Tumor ausgeübte Druck eine osteoklastäre Reaktion aktivieren, wodurch die mineralisierten Periostreaktionen abgebaut werden. Abb. 5.18. Parallele spikuläre Periostreaktion bei einem Chondrosarkom der Mittelphalanx D II. Neben einer durch den parossalen Tumor hervorgerufenen weitgehenden Destruktion der Kompakta lassen sich mehrere unterschiedlich lange spikuläre Periostreaktionen abgrenzen Durch beide Mechanismen können unterbrochene Periostreaktion entstehen, die in den zentralen Abschnitten durchbrochen und häufig nur im Randbereich der extraossären Tumorkomponente vorhanden sind. Diese Reaktionsform spricht mit höherer Wahrscheinlichkeit für einen malignen Tumor. Für eine zuverlässige Diagnosestellung müssen jedoch weitere Wachstumsmuster des Tumors analysiert werden. Der Periosterker („buttress“) ist eine solide dreieckförmige Periostreaktion, die im Randbereich einer Läsion einer dort meistens intakten Kompakta aufsitzt. Im Zentrum der Läsion ist die Kompakta üblicherweise destruiert. Dieses Bild tritt bei malignen Tumoren, wie einem osteolytischen Osteosarkom, einem malignen fibrösen Histiozytom und einem Chondrosarkom auf (Abb. 5.19). Der Erker kann der Rest einer kontinuierlichen Periostreaktion sein, die zentral destruiert worden ist, was auf eine maligne Transformation einer lang bestehenden benignen Läsion hindeuten kann. Dies wird z. B. bei einer ma- 137 138 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.19. Periosterker am distalen Femur bei einem Osteosarkom. Das Osteosarkom hat die Kompakta komplett destruiert. Als einzige Periostreaktion ist eine dreieckförmige solide Ossifikation am oberen Tumorrand sichtbar (Pfeil) lignen Transformation eines Enchondroms beobachtet. Ist der Erker jedoch im Randbereich einer intakten Periostschale lokalisiert, spricht dies eher für einen langsam wachsenden Prozess. Periosterker werden häufig bei Knochentumoren angetroffen, die von der Knochenoberfläche ausgehen. In dieser Situation können sie nicht als Hinweis auf einen malignen Tumor gewertet werden, da sie sowohl bei malignen als auch bei benignen Tumoren entstehen können. Bei dem Codman-Dreieck handelt es sich um eine dreieckförmige Periostreaktion am Übergang zwischen äußerem Tumorrand und Kompakta. Es kann sich um eine einzelne oder mehrere Lamellen handeln, die den dreieckförmigen Raum zwischen der Grenze der Weichteilkomponente eines osteolytischen oder eines juxtakortikalen Tumors und der Oberfläche der benachbarten Kompakta einnehmen. Die äußerste Periostlage ist typischerweise die dickste. Die Periostreaktion ist normalerweise tumorfrei, jedoch können Tumorzellen vom offenen Rand oder durch die Kompakta in diese einwachsen. Sie tritt meistens bei malignen Tumoren auf, wurde aber auch bei einer akuter Osteomyelitis unter Antibiotikatherapie und einem subperiostalen Hämatom beobachtet (Abb. 5.20). Die unterbrochene lamelläre Periostreaktion tritt auf, wenn eine vorbestehende lamelläre Periostreaktion durch eine Tumorinvasion destruiert wird. Sie Abb. 5.20. Codman-Dreieck am distalen Femur bei einem Ewing-Sarkom. Es ist deutlich eine gering mineralisierte Weichteilkomponente des Tumors sichtbar, die durch eine dreieckförmige, aus mehreren Einzellamellen bestehende Periostreaktion kranial begrenzt wird Abb. 5.21. Unterbrochene lamelläre Periostreaktion am Humerusschaft bei einem Ewing-Sarkom. Die laterale Kompakta ist partiell destruiert und deutlich strukturaufgelockert, was auf eine Tumorinvasion in die Weichteile hinweist. Die ehemals lamelläre Periostreaktion ist in Höhe des Tumorzentrums komplett resorbiert und im oberen Randbereich multifokal penetriert 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.22 a, b. Sunburst des distalen Femurs bei einem Osteosarkom. a Die Knochenneubildung in der dorsalen Weichteilkomponente ist unregelmäßig und konvergiert auf das imaginäre Tumorzentrum. b Auf dem PD-gewichteten MRT-Bild eines Osteosarkoms der proximalen Tibia lassen sich die Spiculae als signalarme Strukturen in der Weichteilkomponente nachweisen a ist meistens das Zeichen eines malignen Tumors, kann aber auch selten bei einem eosinophilen Granulom im frühen Kindesalter auftreten (Abb. 5.21). Die unterbrochene spikuläre Periostreaktion kann infolge einer zentralen Invasion und Destruktion einer spikulären Periostreaktion entstehen. Häufiger handelt es sich um eine lokale reaktive Ossifikation am lateralen Rand eines juxtakortikalen Tumors. Sie deutet üblicherweise auf eine sich rasch entwickelnde extraossäre Tumorkomponente hin. Radiologisch imponiert die Periostreaktion meistens solide und seltener spikulär, da die einzelnen Spiculae zu klein sind, um radiologisch dargestellt werden zu können. Sie tritt infolge eines malignen Markraumtumors, eines parossalen Tumors und seltener auch eines benignen Tumors auf. Die Transformation einer lamellären zu einer unterbrochenen spikulären Periostreaktion deutet auf eine zunehmende Wachstumsgeschwindigkeit einer extraossären Tumorkomponente hin. Die divergierende spikuläre Reaktion („sunburst“) ist meistens Folge einer malignen Osteoidproduktion. Die einzelnen Ossifikationsstrahlen sind unterschiedlich dick und konvergieren auf ein Epizentrum im Markraum. Sie bestehen aus sarkomatösem oder reaktivem Knochen oder aus beidem, wobei die Zwischenräume durch Tumorgewebe ausgefüllt sind. Diese Form der Periostreaktion spricht weitgehend für ein Osteosarkom (Abb. 5.22 a, b). In seltenen Fällen kann sie aber auch bei Metastasen und Hämangiomen auftreten. Kombinierte Periostreaktionen. Bei einzelnen Läsionen können mehrere verschiedene Periostreaktionen vorhanden sein. Die Kombination aus einer Periostreaktion, die auf einen eher langsam wachsenden Prozess hinweist, mit einer solchen, die einen rasch b wachsenden Prozess anzeigt, deutet auf eine Beschleunigung des Wachstumsprozesses hin. Dies tritt z. B. bei der Transformation einer benignen in eine maligne Läsion auf. Sie kann allerdings auch im Rahmen von Reparaturprozessen nach einer pathologischen Infraktion auftreten (vgl. Abb. 5.8). Lodwick-Klassifikation Das Wachstum eines Knochentumors induziert eine normale osteoklastäre und osteoblastäre Reaktion des tumortragenden Knochens, die die Knochenstruktur lokal, regional oder diffus modifiziert. Die auf dem Röntgenbild sichtbaren Reaktionen sind ein Index für die Wachstumsgeschwindigkeit eines Tumors oder eines entzündlichen Prozesses, sagen jedoch wenig über die Histologie aus. Nach Lodwick (Lodwick et al. 1980 a) kann man die auf dem konventionellen Röntgenbild sichtbaren Destruktionsmuster in drei Hauptgruppen unterteilen: ∑ Grad I: rein geographische (umschriebene) Knochendestruktion, die eine langsame Wachstumsgeschwindigkeit widerspiegelt, ∑ Grad II: geographische Knochendestruktion mit mottenfraßartiger/permeativer Komponente, die eine intermediäre bis hohe Wachstumsgeschwindigkeit anzeigt, ∑ Grad III: rein mottenfraßartige oder permeative Destruktion, die Zeichen einer sehr schnellen Wachstumsgeschwindigkeit ist (Tabelle 5.3). Diese Klassifikation ist bei der Lage eines Tumors in einem Röhrenknochen und in einem kleinen Knochen wertvoll. Sie hat jedoch wegen des nur geringen Durchmessers von platten Knochen und besonders wegen der nicht überlagerungsfreien Darstellung des Achsenskeletts in diesen Skelettabschnitten nur einen geringeren Aussagewert (Abb. 5.23 a, b). 139 140 Kapitel 5 Knochentumoren Tabelle 5.3. Lodwick-Klassifikation Sehr langsam wachsend Langsam wachsend Mittlere Wachstumsgeschwindigkeit Grad IA Grad IB Grad IC –––––––––––––––––––––––––––––––Geographische Osteolyse ––––––––––––––––––––––––––––––––––– Immer sklerotischer und scharfer Rand Knochenauftreibung >1 cm und/oder kein sklerotischer Rand Schnell wachsend Sehr schnell wachsend Grad II Grad III Geographisch mit mottenfraßartiger und/oder permeativer Destruktion Nur mottenfraßartige und/oder permeative Destruktion Immer totale Kompaktapenetration nicht schneller als ein kompletter oder weitgehend kompletter Knochenabbau in Wachstumsrichtung erfolgen kann. Das Wachstum kann so langsam sein, dass der tumortragende Knochen ausreichend Zeit hat, eine reaktive Knochengrenze – einen sklerotischen Randsaum – auszubilden. Die geographische Destruktion kann in drei Untergruppen – IA, IB, IC – unterteilt werden, wobei die Wachstumsgeschwindigkeit vom Grad IA zu Grad IC zunimmt. Abb. 5.23 a, b. Schematische Darstellung der unterschiedlichen Wachstumsraten Rein geographische Destruktion (Grad I). Dieser Destruktionstyp erzeugt eine gut abgrenzbare Läsion mit einer schmalen Übergangszone zwischen Tumor und normalem Knochen. Gelegentlich kann die Grenze bogenförmig, lobuliert oder muschelförmig sein. Dieses Wachstumsmuster spiegelt eine niedrige Wachstumsgeschwindigkeit wider. Der Tumor wächst Grad IA: geographische Osteolyse mit sklerotischem Randsaum. Dieses Destruktionsmuster wird nahezu ausschließlich bei benignen Tumoren und tumorähnlichen Läsionen, wie z. B. bei solitären Knochenzysten, Enchondromen oder nicht-ossifizierenden Knochenfibromen, beobachtet. Es repräsentiert ein sehr langsames Wachstum, bei dem der tumortragende Knochen in der Lage ist, einen sklerotischen Randsaum auszubilden. Die Dicke des sklerotischen Randsaums kann variieren. Er ist besonders dick, wenn langsam wachsende Läsionen in den Gewichtsbelastungszonen auftreten (Abb. 5.24 a, b). Der sklerotische Randsaum ist eine mechanische Adaptation, die die Belastungskräfte um die osteolytische Läsion leiten soll. Für den Operateur ist es wichtig zu wissen, dass kleinere Tumorausläufer gelegentlich in den Randsaum einwachsen und diesen selten sogar minimal überwachsen können. Einige Läsionen zeigen typischerweise einen polyzyklischen lobulierten Rand.Hierzu zählt als typischer Vertreter das nicht-ossifizierende Knochenfibrom. Einzelne Grad-IA-Läsionen haben einen sklerotischen Randsaum, dessen Dichte zur Spongiosaseite allmählich oder nur unmerklich abnimmt. Dies wird bei der chronischen Osteomyelitis, dem Brodie-Abszess und gelegentlich beim eosinophilen Granulom beobachtet. Bei diesem Destruktionsmuster werden keine oder allenfalls solide Periostreaktionen oder diskrete Periostschalen angetroffen. Grad IB: geographische Osteolyse. Dieses Destruktionsmuster weist scharfe Grenzen zwischen dem Tumor und dem benachbarten (spongiösen) Knochen 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.24 a, b. Lodwick-IALäsionen. a Die fibröse Dysplasie ist von einem komplett ausgebildeten sklerotischen Randsaum umgeben. b Das nichtossifizierende Knochenfibrom ist allseits von einem feinen Sklerosesaum umgeben a b b a Abb. 5.25 a, b. Lodwick-IB-Läsionen. a Das Enchondrom der Ulna ist allseits scharf begrenzt und hat die Kompakta nicht penetriert. b Die solitäre Knochenzyste weist scharfe Grenzen auf, ist jedoch nur partiell von einem Sklerosesaum umgeben auf. Bis zur Tumor-Knochen-Grenze sind normale Knochentrabekel vorhanden, die aber im Kontaktbereich komplett resorbiert sind. Dieses Destruktionsmuster repräsentiert ein etwas schnelleres Wachstum als eines vom Grad IA. Die Geschwindigkeit des Tumorwachstums lässt dem tumortragenden Knochen nicht genügend Zeit, einen kompletten sklerotischen Randsaum auszubilden. Gelegentlich kann jedoch ein inkompletter sklerotischer Randsaum vorhanden sein (Abb. 5.25 a, b). Das Destruktionsmuster wird in den meisten Fällen bei benignen Tumoren und tumorähnlichen Läsionen angetroffen. Typische Vertreter sind Riesenzelltumoren, Enchondrome, Chondroblastome, Chondromyxoidfibrome und aneurysmatische Knochenzysten. Bei älteren Patienten können jedoch auch einige maligne Tumoren so langsam wachsen, dass dieser Destruktionstyp auftritt. Hierzu zählen Plasmozytome (Myelome), Chondrosarkome und selten auch Metastasen. Bei diesem Destruktionsmuster wachsen die Läsionen expansiv und nicht permeativ, sodass nur sehr selten Tumoranteile jenseits des sichtbaren Randes im spongiösen Knochen gefunden werden. Rein 141 142 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.26 a, b. Lodwick-ICLäsionen. a Der Riesenzelltumor weist eine schmale Übergangszone zwischen Tumor und Markraum auf und hat die mediale Kompakta an mehreren Stellen komplett penetriert. b Das Chondromyxoidfibrom bietet zwar relativ scharfe Grenzen zum Markraum, hat die mediale Kompakta jedoch komplett destruiert a b osteolytische Tumoren, deren Ausbreitung auf den diaphysären Markraum begrenzt ist, können auf dem Röntgenbild „unsichtbar“ sein, da kein benachbarter spongiöser Knochen vorhanden ist, der die Grenze markieren kann. Sie sind erst dann sichtbar, wenn sie eine enostale Resorption an der Kompakta induziert haben. Unter dem Grad IB werden auch geographische Osteolysen mit einem kompletten sklerotischen Randsaum subsumiert, wenn der Tumor als Folge einer induzierten Periostreaktion (Periostschale) den Knochen um mehr als einen Zentimeter aufgetrieben hat. Der Tumor wächst in diesem Falle schneller als einer, der das Destruktionsmuster Grad IA ohne begleitende Knochenauftreibung bietet. Bei diesem Destruktionsmuster werden entweder keine oder kontinuierliche Periostreaktionen mit Kompaktaauflösung (Periostschale, lobulierte Periostschale, septierte Periostschale) angetroffen. Grad IC: geographische Osteolyse mit kompletter Kompaktapenetration. Bei diesem Destruktionsmuster wächst die Läsion schneller als beim Grad IB. Sie wächst im Randbereich lokal infiltrativ, sodass auf dem Röntgenbild eine komplette Penetration der Kompakta, zumindest fokal, sichtbar ist.Auch sind die Ränder nicht so scharf wie bei einem Grad IB abgebildet, da der Tumor in die umgrenzende Spongiosa vorwächst. Es existiert eine schmale Übergangszone zwischen Tumor und normalem spongiösen Knochen, woraus ein verwaschener Rand resultiert. Der Grad IC kann sowohl bei relativ aggressiv wachsenden benignen Läsionen, besonders bei Kindern und Jugendlichen, als auch bei malignen Tumoren angetroffen werden (Abb. 5.26 a, b). Hier werden keine oder kontinuierliche Periostreaktionen mit (Periostschale) oder ohne begleitende Kompaktaauflösung (Einzellamelle, Zwiebelschale) oder unterbrochene Periostreaktionen (Periosterker, selten Codman-Dreieck) angetroffen. Grad II: geographische Osteolyse mit mottenfraßartiger/permeativer Komponente. Bei diesem Destruktionsmuster existieren im Randbereich der Läsion multiple, verstreute, unscharf begrenzte unterschiedlich große Osteolysen. Diese können auch mehrere Millimeter von der zentralen Läsion im Knochen entfernt auftreten. Sind im spongiösen Knochen multiple kleine Osteolysen abgrenzbar, spricht man von einer Mottenfraßdestruktion. Sind nur im kortikalen Knochen kleinste Osteolysen vorhanden und ist im spongiösem Knochen nur eine kaum erkennbare Strukturauflockerung sichtbar, spricht man von einem permeativen Wachstum. Läsionen, die dieses Wachstumsmuster aufweisen, wachsen wesentlich schneller als solche mit einem geographischen Destruktionsmuster (Abb. 5.27). Der Knochen hat während der Tumorausbreitung nicht genügend Zeit, einen kompletten Abbau durchzuführen. Daher bleibt zwischen den einzelnen Osteolysen noch nicht oder nur teilweise abgebaute Spongiosa stehen. In der Kompakta entstehen die Osteolysen zunächst auf der enostalen Seite und dehnen sich Richtung Weichteilseite aus. Dieser Prozess kann zu einer kompletten Kompaktadestruktion fortschreiten, und der Tumor kann in die benachbarten Weichteile einwachsen. Dieses Wachstumsmuster wird überwiegend bei malignen Tumoren, wie Osteosarkomen, Chondro- 5.1 Diagnostik und Therapie z. B. eosinophile Granulome, ein derartiges Wachstumsmuster bieten. Bei diesem Destruktionsmuster werden häufig Periostreaktionen angetroffen. Diese bestehen aus kontinuierlichen Periostreaktionen ohne komplette Kompaktaauslöschung (Zwiebelschale, spikuläre Periostreaktionen) oder unterbrochenen Periostreaktionen (Codman-Dreieck, unterbrochene Zwiebelschale, unterbrochene spikuläre Reaktion) oder einer divergierend spikulären Reaktion (Sunburst). Grad III: alleinige mottenfraßartige/permeative De- Abb. 5.27. Lodwick-II-Läsion. Das Plasmozytom hat zwar noch eine geographische Osteolyse ausgebildet, jedoch liegen im Randbereich multiple kleine mottenfraßartige Osteolysen vor sarkomen und Ewing-Sarkomen, beobachtet. Bei Kindern und Jugendlichen können jedoch auch einige sehr aggressiv wachsende benigne Tumoren, wie struktion. Dieses Wachstumsmuster repräsentiert das schnellste intraossäre Wachstum eines Tumors. Bei einem Mottenfraßmuster sind viele unterschiedlich große, meist kleine Osteolysen im spongiösen und kortikalen Knochen nachweisbar, ohne dass ein zentraler Tumorherd abgrenzbar ist. Der Tumor wächst derart schnell durch den Markraum, dass nur fokale Spongiosaresorptionen stattfinden können. Die Zeit reicht nicht aus, zumindest im Zentrum des Tumors einen kompletten Knochenabbau durchzuführen. Bei einer permeativen Destruktion sind multiple, meistens gleich große, kleinste Osteolysen oder Streifen in der Kompakta vorhanden, während der spongiöse Knochen nur eine uncharakteristische Strukturauflockerung aufweist. Die kortikalen Veränderungen werden durch eine kortikale Tunnelierung durch eine massiv gesteigerte osteoklastäre Reaktion – der bei einem normalen Knochen zu beobachtenden Havers-Remodellierung – hervorgerufen (Abb. 5.28 a, b). Sie können nicht nur durch Tumoren sondern auch durch mechanische, entzündliche und Abb. 5.28 a, b. Lodwick-III-Läsionen. a Das Angiosarkom wächst derart schnell, dass nur einige mottenfraßartige und permeative Destruktionsherde in der Wachstumsrichtung ausgebildet worden sind. b Auch das Osteosarkom stellt sich nur anhand der ossifizierten Matrix und multiplen kleinsten Osteolysen im Markraum und in der Kompakta dar. Die laterale Periostreaktion weist auf eine extraossäre Komponente hin a b 143 144 Kapitel 5 Knochentumoren metabolische Prozesse initiiert werden. In den Resorptionsbezirken können, müssen jedoch keine Tumor-infiltrationen vorliegen. Die osteoklastäre Reaktion wird häufig durch eine lokale Hyperämie ausgelöst. Ewing-Sarkome,Angiosarkome und hoch maligne Chondrosarkome können dieses Wachstumsmuster aufweisen. ! Für die Detektion eines Tumors ist problematisch, dass gerade die am schnellsten wachsenden Tumoren die im Röntgenbild am schlechtesten erkennbaren Veränderungen bieten. Merke Nicht selten lässt erst eine sichtbare Periostreaktion den Befunder das permeative Wachstum erkennen. In der MRT sind jedoch die Tumoren zumindest im peripheren Skelett durch die Verdrängung des Fettmarks sicher nachweisbar. Periostreaktionen, die meistens entweder aus einer Zwiebelschale, einer unterbrochenen Zwiebelschale, einem CodmanDreieck oder einer unterbrochenen spikulären Reaktion bestehen, werden häufig angetroffen. Abschätzung der Dignität. Mit der Lodwick-Klassifikation ist eine zuverlässige Abschätzung der Dignität eines Knochentumors möglich. In einer Studie mit mehr als 1.000 Tumoren und tumorähnlichen Läsionen der langen Röhrenknochen wurde nachgewiesen, dass bei einer Wachstumsrate vom Grad III in allen Fällen maligne Tumoren und bei einer vom Grad IA mit einer Ausnahme nur benigne Tumoren vorlagen. Bei einem Grad IB wurden in 91% benigne Tumoren und bei einem Grad II in 90% maligne Tumoren gefunden. Der Grad IC erlaubte dagegen keine zuverlässige Beurteilung der Dignität, da etwa jeweils die Hälfte dieser Tumoren benigne und maligne waren (Erlemann et al. 1994; Tabelle 5.4). In einem anderen kleineren Kollektiv wurde beobachtet, dass sämtliche intraossär lokalisierten benignen Tumoren eine Wachstumsrate Grad IA bis IC aufwiesen, während die intraossären malignen Tumoren eine Wachstumsrate IC bis III zeigten (Fotter et al. 1988). Andererseits wies auch Lodwick nach, dass einige maligne Tumoren auch eine Wachstumsrate vom Grad IA und IB und einige benigne Tumoren eine vom Grad II bieten können (Lodwick et al. 1980 a). Die Wachstumsrate Grad IC erlaubt nach den bisher publizierten Ergebnissen keine zuverlässige Abschätzung der Dignität. Die zusätzliche Berücksichtigung des Patientenalters zeigte, dass benigne Tumoren bei jungen wesentlich häufiger als bei älteren Patienten ein aggressives Wachstum zeigen. So waren in den ersten drei Lebensdekaden 17% der Tumoren mit einem Wachstum Grad II benigne. Hierbei handelte es sich vorzugsweise um eosinophile Granulome und Riesenzelltumoren. Dagegen waren in der 4. bis 8. Lebensdekade nur 6% der Tumoren mit dieser Wachstumsrate benigne. Andererseits stieg der Anteil der malignen Tumoren unter den Raumforderungen mit einer Wachstumsrate Grad IB oder IC mit dem Alter an. In den ersten drei Lebensdekaden waren 3% der Tumoren vom Grad IB und 23% derjenigen vom Grad IC maligne. Dagegen betrug in der 4. bis 8. Lebensdekade der Anteil der malignen Tumoren beim Grad IB 18% und beim Grad IC 58%. Dieser Anstieg beruhte darauf, dass eine Reihe von Chondrosarkomen, malignen Lymphomen, Plasmozytomen (Myelomen) und Metastasen ein Wachstumsmuster vom Typ IB und IC zeigten (Erlemann et al. 1994). Das Destruktionsmuster erlaubt keinerlei Differenzierung zwischen einem tumorösen und einem entzündlichen Prozess. Es spiegelt jedoch auch bei entzündlichen Veränderungen die Aggressivität und die bestehende Abwehrlage wider. ! Die Lodwick-Klassifikation kann nicht auf die CT und MRT angewandt werden, da in diesen Untersuchungsverfahren die Ränder einer Läsion nicht exakt genug (CT) oder auf anderen Mechanismen beruhend (MRT) abgebildet werden. Merke In der MRT wird der Rand eines Tumors zum normalen Fettmark und nicht zum spongiösen Knochen und der Rand zur Kompakta mit zu geringer Ortsauflösung abgebildet. In der MRT kann man eingeschränkt ein aggressives Wachstum aus der Ausbildung eines deutlichen peritumoralen Ödems und der einer Weichteilkomponente ableiten. Auch ist aus einer Analyse des Ausmaßes und der Geschwindigkeit der Kontrastmittelaufnahme eines Tumors in einer dynamischen Untersuchung begrenzt eine Aussage über die Dignität einer Läsion möglich. Ein rasches und starkes Enhancement sprechen für einen malignen oder seltener einen aggressiven benignen Tumor. Dagegen wird bei den meisten benignen Tumoren nur ein langsames und geringes Enhancement beobachtet (Erlemann et al. 1989). Morphologie Das zweite Kriterium, das analysiert wird, ist die Morphologie der Tumormatrix. Knochentumoren und tumorähnliche Läsionen können im Röntgenbild als osteolytische, osteoblastische oder gemischt osteolytisch-osteoblastische Läsionen imponieren (Tabelle 5.5). Die meisten Tumorentitäten zeigen ein osteolytisches Wachstum, wobei keinerlei Minerali- 5.1 Diagnostik und Therapie Tabelle 5.4. Wachstumsrate der Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen in den langen Röhrenknochen. (Aus Erlemann et al. 1994) Tumor Absolut Lodwick-Grad (in %) IA Benigne Tumoren Chondroblastom Chondromyxoidfibrom Enchondrom Osteoidosteom Osteoblastom Riesenzelltumor Hämangiom Angiomatose Lymphangiom Desmoplastisches Fibrom IB 27 21 62 70 6 48 4 6 1 2 26 49 12 90 30 4 Tumorähnliche Läsionen Nicht-ossifizierendes Knochenfibrom Solitäre Knochenzyste Aneurysmatische Knochenzyste Intraossäres Ganglion Fibröse Dysplasie Osteofibröse Dysplasie Eosinophiles Granulom 224 91 73 7 77 8 13 97 50 19 100 50 88 Maligne Tumoren Chondrosarkom Osteosarkom Ewing-Sarkom Malignes fibröses Histiozytom Fibrosarkom Angiosarkom Maligner Riesenzelltumor Liposarkom Leiomyosarkom Adamantinom Lymphom Solitäres Myelom Metastase 18 137 23 11 4 5 5 4 3 1 36 17 82 Anzahl Benigne [n] Maligne [n] Benigne [%] Maligne [%] Osteomyelitis Brodie-Abszess Andere Osteomyelitiden IC 49 29 85 10 60 53 50 70 100 50 II 18 19 3 33 25 30 III 7 3 10 10 25 50 3 47 63 3 18 50 12 23 31 46 11 5 3 40 56 41 4 50 50 60 20 28 1 3 5 25 60 25 5 52 90 5 25 40 20 75 100 100 14 24 6 22 24 8 31 24 83 33 28 23 1.088 743 345 68,3% 31,7% 423 422 1 99,8% 0,2% 278 254 24 91,3% 8,7% 87 50 37 57,5% 42,5% 164 17 147 10,4% 89,6% 136 0 136 0,0% 100,0% 66 19 47 17% 43% 9% 17% 31% 10% 20% 26% 19% 26% 20% 34% 27% sation der Tumormatrix nachweisbar ist. Diese Läsionen bestehen entweder aus Geweben, die keine osteoblastären oder chondroblastären Zellelemente mit der Fähigkeit zur Ausbildung von Knochengewebe und Matrixverkalkungen besitzen, oder der wesentliche Bestandteil der Läsion ist Flüssigkeit, wie bei solitären oder aneurysmatischen Knochenzysten. In der Röntgendiagnostik ist keine Differenzierung zwischen Läsionen, die Flüssigkeit enthalten, und solchen, die keine mineralisierte Matrix besitzen, möglich. Bei den rein osteolytischen Läsionen ist das morphologische Bild für eine weitere artdiagnostische Einordnung wenig hilfreich. Es hilft lediglich, knochen- und knorpelbildende Tumoren auf der Liste der möglichen Differenzialdiagnosen weiter unten einzureihen. Für die Diagnose einzelner Entitäten kann es gelegentlich hilfreich sein, intratumorale Septierungen zu bewerten (Abb. 5.29). So ist ein wichtiges radiologisches Kriterium in der Differenzialdiagnose zwischen solitärer und aneurysmatischer Knochenzyste das Fehlen von Septen in der erstgenannten Läsion.Besitzt die solitäre Knochenzyste jedoch Pseudosepten, die durch eine Überprojektion eines lobulierten sklerotischen Tumorrandes auf die Tumormatrix entstehen, ist anhand der Morphologie keinerlei zuverlässige Differenzialdiagnose zwischen beiden möglich. 145 146 Kapitel 5 Knochentumoren Tabelle 5.5. Morphologie der Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen Osteolytisch Mixed Osteoblastisch Maligne Tumoren Osteosarkom x X X POS Chondrosarkom (x) (x) X X Ewing-Sarkom X x (x) Fibrosarkom MFH Angiosarkom Adamantinom Chordom X X X X X x NHL Solitäres Myelom Metastasen X X X x (x) x Fokale Verkalkung Fokale Besonderheiten Verknöcherung Fast immer komplette, zumindest fokale Kompaktadestruktion Auf der Kompaktaaußenseite Fast immer komplette, zumindest fokale Kompaktadestruktion Destruierter spongiöser Stiel, große Knorpelkappe Meistens durchbrochene lamelläre Periostreaktionen X Peripheres ChSa Benigne Tumoren und tumorähnliche Läsionen Osteoidosteom X1 Osteoblastom Enchondrom (x) (x) (x) x X x (x) (x) (x) x X2 X X Zentral osteolytischer Nidus, ggf. verkalkt X X Osteochondrom Chondroblastom CMF Riesenzelltumor X X X Hämangiom X AKZ X SKZ X Ganglion Fibröse Dysplasie X X NOF EG X X Gelegentlich bizarre Randsklerose Gelegentlich multifokale Herde (Fast ausschließlich in der Tibia) (Ausschließlich im Achsenskelett und Klivus) Häufig lamelläre Periostreaktionen Gelegentlich Septierungen Morphologie vom Primärtumor abhängig Teilweise nur massive intraossäre Verkalkungen Spongiöser ossärer Stiel, ggf. Knorpelkappenverkalkung x x (x) X x3 x3 Gelegentlich Septierungen (Seifenblasenmuster) Gelegentlich Septierungen (Radspeichenmuster) Gelegentlich Septierungen (Seifenblasenmuster) Häufig ovalär in Knochenachse, gelegentlich Pseudosepten Wie Arthrosezyste ohne Arthrose Häufig Mattglas, gelegentlich flammenartige Randsklerose Lobulierter sklerotischer Randsaum Häufig lamelläre Periostreaktionen X = häufigstes, x = weniger häufiges, (x) = seltenes morphologisches Bild. POS = parossales Osteosarkom, MFH = malignes fibröses Histiozytom, CMF = Chondromyxoidfibrom, AKZ = aneurysmatische Knochenzyste, SKZ = solitäre Knochenzyste, peripheres ChSa = peripheres Chondrosarkom, NOF = nicht-ossifizierendes Knochenfibrom, EG = eosinophiles Granulom, NHL = Non-Hodgkin-Lymphom. 1 In den Phalangen und im Schenkelhals. 2 In den langen Röhrenknochen und in der Wirbelsäule überwiegt die reaktive Sklerose. 3 In Ausheilungsstadien. Osteoblastisch und gemischt osteolytisch-osteoblastisch imponierende Tumoren entstehen im Rahmen einer Knochenneubildung durch Osteoblasten, die auf vier mögliche Mechanismen zurückgeführt werden kann: ∑ ∑ ∑ ∑ Bildung von Tumorknochen, metaplastische Verknöcherung, enchondrale Knochenneubildung und reaktive Knochenneubildung. Daneben können Verkalkungen in einer chondrogenen Tumormatrix auftreten. Tumorknochen Hierbei wird Osteoid durch neoplastische Osteoblasten produziert, wobei die Mineralisation des Osteoids der letzte Schritt ist. Erst wenn die Mineralisation des Tumorosteoids einen bestimmten Grad erreicht hat, ist sie auf dem Röntgenbild als dichtere Struktur 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.29. Intratumorale Septierungen: Der Riesenzelltumor weist multiple grobe intratumorale Trabekel auf, die ihm ein seifenblasenartiges („soap bubble“) Muster verleihen Abb. 5.30. Knochenbildende Tumormatrix. Das osteolytische Osteosarkom zeigt keinerlei makromorphologische Matrixmineralisationen, sodass die knochenbildende Tumormatrix radiologisch nicht nachgewiesen werden kann sichtbar. Das Ausmaß der Dichteanhebung kann zwischen einer eben erkennbaren diffusen, einer wolkenartigen oder einer elfenbeinartigen Verdichtung variieren. So stellen sich viele Osteoblastome, obwohl sie reichlich Osteoid bilden, als osteolytische Tumoren dar, da das Osteoid nicht mineralisiert. Dieses Phänomen ist dafür verantwortlich, dass Osteoblastome radiologisch häufig schwierig als solche zu diagnostizieren sind. Andere Osteoblastome weisen zentral eine homogene wolkenartige Mineralisation auf, während die aktiven Bezirke in der Peripherie üblicherweise osteolytisch bleiben. Auch die atypische Osteoidproduktion im Nidus von Osteoidosteomen entsteht auf ähnliche Weise, wobei aber die neoplastische Genese kontrovers diskutiert wird. Die perifokale Sklerose entsteht jedoch als Folge einer reaktiven Knochenneubildung. Bei Osteosarkomen ist das entscheidende histologische Merkmal die Existenz von neoplastischem Osteoid, das direkt von den Sarkomzellen gebildet wird. Das radiologische Bild bietet dabei oft die Kombination einer osteolytischen Destruktion mit unterschiedlich großen Arealen aus diskreten, wolkenartigen oder sogar soliden, elfenbeinartigen Knochenneubildungen. Diese Bezirke sind üblicherweise inhomogen und haben unscharfe Ränder. Sie entstehen durch die Bildung von mineralisiertem Tumorknochen während das Sarkom durch den Markraum wächst. Der Nachweis von größeren inhomogenen Tumorknochenbezirken ist charakteristisch für Osteosarkome und ist ein entscheidendes diagnostisches Kriterium. Allerdings existieren auch Osteosarkome, die keine Mineralisation des Tumorosteoids durchführen. Diese werden in der radiologischen Terminologie auch als osteolytische Osteosarkome bezeichnet (Abb. 5.30, Abb. 5.31, Abb. 5.32). Metaplastische Knochenneubildung Obwohl Knochen und Tumorknochen nur durch Osteoblasten produziert werden, kann Knochen gelegentlich als Folge einer vorangegangenen Konversion von Fibroblasten in Osteoblasten entstehen. Dieser Mechanismus kann in fibrösen Tumoren, wie er charakteristischerweise in einer fibrösen Dysplasie beobachtet wird, auftreten. Der neu gebildete geflechtartige Knochen ist üblicherweise weniger dicht als Tumorknochen mineralisiert. Das typische radiologische Bild ist eine mattglasartige (milchglasartige) Dichte der Läsion und ist weitgehend typisch für eine fibröse Dysplasie. Solide Knochenneubildungen werden in einer fibrösen Dysplasie eher nur selten beobachtet (Abb. 5.33 a, b). Enchondrale Knochenneubildung Enchondrome und Osteochondrome sind ebenso wie die Wachstumsfuge in der Lage, einen kompletten Knorpelreifungsprozess und die Induktion einer 147 148 Kapitel 5 Knochentumoren enchondralen Knochenneubildung ablaufen zu lassen. Der lobuläre Aufbau der Tumoren führt zu ringoder bogenförmigen Knochenneubildungen. Reaktive Knochenneubildung Eine reaktive Knochenneubildung wird durch ortsständige Osteoblasten, die auf bestehenden lamellären oder kortikalen Knochenoberflächen vorhanden sind, bewirkt. Dieser Prozess erfolgt zur Verstärkung des Knochens, im Rahmen einer langsam ablaufenden Periostreaktion, im Randbereich von langsam wachsenden intraossären Tumoren oder in schnell ablaufenden Periostreaktionen als Reaktion auf einen aggressiven Tumor (Abb. 5.34). Abb. 5.31. Knochenbildende Tumormatrix. Das langstreckig im Humerus wachsende Osteosarkom zeigt eine deutliche Mineralisation der Tumormatrix proximal, wobei der Mineralisationsgrad nach distal deutlich abnimmt Abb. 5.32. Knochenbildende Tumormatrix. Das Osteosarkom zeigt eine massive homogene Matrixmineralisation proximal und einen deutlich geringeren Mineralisationsgrad distal Verkalkungen der Knorpelmatrix Physiologisch verläuft die Mineralisation von neoplastischem Knorpel ähnlich wie das normale Knorpelwachstum. Der Knorpelzellproliferation folgen die Hypertrophie und der Tod der Knorpelzellen, die vorläufige Verkalkung der Knorpelmatrix und der Ersatz durch enchondralen Knochen. Jedoch verlaufen im Gegensatz zur Wachstumsfuge in Knorpeltumoren die verschiedenen Stadien nicht hintereinander, sondern, bezogen auf die vielen Tumorareale, parallel und ungeordnet ab. Daher werden im Tumor zufällig verteilte vorläufige Verkalkungszonen, die als stippchenförmige, gelegentlich wolkenförmige Verkalkungen sichtbar sind, und ring- oder bogenförmige enchondrale Knochenneubildungen angetroffen. Daneben kann aber auch der unreife hyaline Knorpel stippchenförmige Verkalkungen aufweisen. Dieses Verkalkungs- und Verknöcherungsmuster ist charakteristisch für knorpelige Tumoren und wird sowohl bei gutartigen Knorpeltumoren, wie Enchondromen und Osteochondromen, als auch bei Chondrosarkomen angetroffen. Es ist ein wichtiges diagnostisches Kriterium, einen Knorpeltumor als solchen zu identifizieren (Abb. 5.35). Nekrotische Verkalkungen Stippchenförmige oder fleckig-wolkige Verkalkungen können daneben auch in nekrotischen Arealen des Fettgewebes angetroffen werden. Das dystrophe Fettgewebe kalzifiziert und kann auch ossifizieren. So werden bei Kalkaneuslipomen fast regelmäßig zentrale fleckige Verkalkungen beobachtet, was ein wichtiges differenzialdiagnostisches Kriterium zu den im Röntgenbild ähnlich imponierenden solitären Knochenzysten und zu der massiven Ausprägung der dort physiologisch vorhandenen rarefizierten Trabekelzone (Ward-Dreieck) ist. Typisch für Knocheninfarkte sind scharf begrenzte Verkalkungen und Verknöcherungen im Randbereich der Nekrose. Dagegen weisen chondrogene Tumoren Verkalkungen und ggf. feine Verknöcherungen der Tumormatrix 5.1 Diagnostik und Therapie b a Abb. 5.33 a, b. Metaplastische Knochenneubildung. a Die fibröse Dysplasie stellt sich weder als rein osteoblastische noch als rein osteolytische Läsion dar und bietet ein mattglasartiges Bild der Matrix. b Die CT einer anderen Läsion stellt die charakteristische Morphologie der Matrix dar Abb. 5.34. Reaktive Knochenneubildung. Um den Nidus eines Osteoidosteoms ist es zu einer ausgedehnten spindelförmigen reaktiven Knochenneubildung gekommen, die den kleinen zentralen Nidus maskiert Abb. 5.35. Knorpelverkalkungen. Das Enchondrom weist multiple ring- und bogenförmige Verkalkungen der Tumormatrix auf. In Bezirken, in denen sie sich summieren wird die ursprüngliche Morphologie maskiert 149 150 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.36. Nekrotische Verkalkung. Das Lipom des Kalkaneus zeigt im Zentrum der Osteolyse eine rundliche Verkalkung, die einer Nekroseverkalkung entspricht auf, wobei diese keine scharfe Grenzzone zum normalen Knochen definieren. Nur anhand des unterschiedlichen Verkalkungsmusters ist in einer Reihe von Fällen die radiologische Differenzialdiagnose zwischen Knocheninfarkt und verkalktem Enchondrom zu stellen (Abb. 5.36). Die CT ist als einziges Untersuchungsverfahren in der Lage, bei einem chondromatösen Tumor im Becken die Matrixverkalkungen zuverlässig abzubilden. sen werden. In der CT weisen diese mäßig negative Dichtewerte auf. In der MRT zeigen sie in allen Sequenzen eine identische Signalintensität wie das subkutane Fettgewebe und lassen sich durch eine fettgesättigte Sequenz signallos darstellen. In der MRT können Flüssigkeits-Flüssigkeits-Spiegel aus Blut und seröser Flüssigkeit innerhalb zystischer Tumoren zuverlässig nachgewiesen werden. Sie treten zwar häufig bei aneurysmatischen Knochenzysten auf, sind jedoch nicht für diese Läsion spezifisch. Sie werden auch bei der fibrösen Dysplasie, der solitären Knochenzyste, dem malignen fibrösen Histiozytom, dem teleangiektatischen Osteosarkom und dem Hämangiom angetroffen. In soliden Tumoren können sie nach einer stattgefunden Einblutung auftreten. Die transversale Darstellung ist dem konventionellen Röntgenbild im Nachweis des Nidus eines Osteoidosteoms deutlich überlegen. Auch gelingt der Nachweis von Flüssigkeit in einer solitären Knochenzyste in der CT, jedoch nicht mittels Röntgenaufnahmen. In der MRT ist eine Differenzierung der unterschiedlichen Matrizes nur eingeschränkt – erst grobe Verkalkungen können als Signalauslöschungen erkannt werden – oder gar nicht – die Binnenmorphologie einer fibrösen Dysplasie unterscheidet sich z. B. nahezu nicht von der eines Riesenzelltumors – möglich. Allerdings gelingt auch mit der MRT der Nachweis von Flüssigkeit in aneurysmatischen und solitären Knochenzysten. Ein läppchenartiger Aufbau einer Tumormatrix mit hoher Signalintensität im T2gewichteten Bild lässt Rückschlüsse auf einen Knorpeltumor zu. Daneben können mit der CT und der MRT zuverlässig Fettkomponenten in Tumoren nachgewie- Lokalisation Die Lokalisation ist der dritte Baustein für die Erstellung einer Artdiagnose. Dabei ist in den meisten Fällen die Analyse der Lage im tumortragenden Knochen hilfreicher als die Wertung, welcher Knochen überhaupt betroffen ist. Die meisten Tumoren finden sich in den Regionen, in denen das stärkste Längenwachstum des Skeletts abläuft. Somit sind besonders die proximale Tibia und das distale Femur gefolgt vom proximalen Humerus, dem Beckenskelett, dem proximalen Femur und der proximalen Fibula betroffen.Andererseits sind Tumoren in der Patella und dem Carpus Raritäten (Tabelle 5.6). Eine Reihe von Tumoren zeigen ein vergleichbares bevorzugtes Auftreten in den erstgenannten Skelettregionen. Hierzu zählen Osteosarkome – mit jedoch geringer Inzidenz im Becken –, maligne fibröse Histiozytome, Riesenzelltumoren und aneurysmatische Knochenzysten. Auf der anderen Seite treten ein- Schnittbilduntersuchungen Die verschiedenen möglichen Ausprägungen einer Tumormatrix lassen sich in der CT sicher erfassen. Merke ! <1 <1 51 <1 21 4 <1 1 9 1 1 <1 <1 2 1 1 4 1 3 2 OS POS 100 67 1 15 4 54 16 3 6 1 ChSa 100 100 2 13 2 1 2 6 4 1 1 2 100 533 10 1 2 11 16 3 4 2 8 6 1 27 1 pChSa 3 3 23 4 8 1 2 12 3 2 16 4 1 2 1 Ewing 100 366 7 9 13 2 1 1 17 <1 4 10 2 2 1 1 11 4 2 20 <1 1 FibSa 100 138 3 1 1 100 164 3 16 2 1 54 3 12 1 1 1 1 2 1 1 1 1 MFH 7 2 43 1 3 10 2 2 4 1 1 12 1 4 8 Adam 100 21 <1 95 5 100 44 1 41 59 Chord1 2 2 Plasm 15 4 19 6 12 2 2 4 2 2 4 6 13 2 2 5 NHL O-O 100 191 4 21 5 9 2 2 6 4 2 2 2 6 26 1 12 1 2 OB 100 104 2 5 2 16 3 2 1 2 2 3 13 1 5 1 4 33 1 4 1 3 Ench 6 13 6 1 5 24 4 21 2 1 3 5 <1 7 1 1 32 2 19 2 16 1 1 1 21 2 1 1 1 1 100 100 100 241 221 165 52 42 3 1 4 8 4 10 2 2 1 10 30 19 2 <1 1 6 Och <1 CMF 100 64 1 31 6 11 5 11 2 14 2 3 9 5 2 RZT 100 463 9 2 1 28 <1 25 7 2 2 7 7 4 <1 1 7 3 3 1 <1 AKZ 100 259 5 4 2 13 1 15 12 3 3 2 1 8 4 3 5 2 8 5 7 1 1 SKZ 100 209 4 25 1 4 3 6 49 1 <1 <1 <1 8 <1 <1 FD 100 335 72 15 1 1 <1 1 26 <1 7 2 2 <1 6 1 14 1 11 6 5 NOF 6 22 2 9 2 100 100 292 140 62 3 49 11 1 36 3 <1 <1 16 4 11 9 3 16 EG myxoidfibrom, RZT = Riesenzelltumor, AKZ = aneurysmatische Knochenzyste, SKZ = solitäre Knochenzyste, FD = fibröse Dysplasie, NOF = nicht-ossifizierendes Knochenfibrom, EG = eosinophiles Granulom. 1 Chordome der Schädelbasis nicht berücksichtigt. 2 In diesem Kollektiv verglichen mit einer Normalpopulation deutlich unterrepräsentiert. 100 100 59 52 12 1 3 24 7 8 8 3 10 19 5 8 OS = Osteosarkom, POS = parossales Osteosarkom, ChSa = Chondrosarkom, pChSa = peripheres Chondrosarkom, FibSa = Fibrosarkom, MFH = malignes fibröses Histiozytom, Adam = Adamantinom, Chord = Chordom, Plasm = Plasmozytom, NHL = primäres Non-Hodgkin Lymphom des Knochens, O-O = Osteoidosteom, OB = Osteoblastom, Ench = Enchondrom, Och = Osteochondrom, Chbl = Chondroblastom, CMF = Chondro- Summe 100 [n] 936 Prozent aller Tumoren 18 Peripheres Skelett Skapula Humerus Radius Ulna Carpus Metacarpalia Phalangen Hand Femur Patella Tibia Fibula Tarsus Metatarsus Phalangen Fuß Axiales Skelett Sternum Klavikula Rippen Wirbelkörper Sakrum Becken Schädel Kalotte Maxilla Mandibula Chbl Tabelle 5.6. Prozentuale Verteilung eines Tumors in den verschiedenen Skelettregionen. (Berechnet aus Daten aus Mulder et al. 1993) 5.1 Diagnostik und Therapie 151 152 Kapitel 5 Knochentumoren zelne Tumorentitäten in ansonsten eher selten betroffenen Skelettabschnitten gehäuft auf. So befallen Osteoidosteome und Osteoblastome häufig die Wirbelsäule, fibröse Dysplasien und eosinophile Granulome die Kalotte und Enchondrome die Handphalangen. Die Hälfte aller solitären Knochenzysten sind im Humerus, fast alle Adamantinome in der Tibia und alle Chordome im Achsenskelett lokalisiert. Diese Unterschiede in der bevorzugten Lokalisation führen dazu, dass in bestimmten Skelettabschnitten überproportional häufig einzelne Tumorentitäten angetroffen werden.Während im Einsendegut des niederländischen Knochentumorregisters fibröse Dysplasien nur einen Anteil von 6% ausmachten, waren sie unter den in der Kalotte gelegenen Läsionen zu 44% vertreten. Chondroblastome hatten einen Anteil von etwa 3% im Gesamtkollektiv jedoch einen von 33% unter den Patellatumoren. Chordome können außerhalb des Achsenskeletts – die Klivuschordome sind in dem Material nicht erfasst worden – nicht auftreten, da sie von Chordaresten ausgehen. Sie machen jedoch etwa ein Viertel aller Sakrumtumoren aus. Tabelle 5.7 zeigt auf, welche Tumorentitäten in den einzelnen Skelettabschnitten häufig und welche relativ selten auftreten. Die Kenntnis des Verteilungsmusters erlaubt es, in von Tumoren eher seltener betroffenen Knochen die in Frage kommenden Tumorentitäten deutlich einzugrenzen. In den von Tumoren häufig betroffenen Skelettregionen können einzelne Tumorentitäten auf der Liste der möglichen Läsionen weiter unter eingereiht werden. Bei den vorgestellten Daten muss jedoch berücksichtigt werden, dass sie eine Selektion repräsentieren. Sie entsprechen dem Material eines Knochengeschwulstregisters, in dem die nichtoperierten „leave me alone lesions“ und typische multiple Myelome und Metastasen nicht eingehen. Dadurch ist der Anteil an nicht-ossifizierenden Knochenfibromen, fibrösen Dysplasien, biologisch inaktiven Enchondromen, Osteochondromen, solitären Knochenzysten, multiplen Myelomen und Metastasen unterrepräsentiert. In den langen Röhrenknochen ist das wichtigste Kriterium der Lokalisation die Lage der Läsion innerhalb des tumortragenden Knochens, da die meisten Läsionen eine charakteristische Lage aufweisen. Dabei unterscheidet man einerseits eine zentrale und exzentrische Lage und andererseits eine epiphysäre, epimetaphysäre, metaphysäre, metadiaphysäre und diaphysäre Lage. Die Epiphyse ist in den Röhrenknochen der Bezirk zwischen der subchondralen Knochenoberfläche und der (ehemaligen) Epiphysenfuge. Gleichartig ist die Apophyse definiert. Die Metaphyse ist weniger genau definiert. Eine reproduzier- bare Definition ist die Region zwischen Epiphysenfuge und dem Gebiet, in dem der gerade Bereich des Schaftes beginnt. Die Diaphyse ist die Region zwischen der proximalen und distalen Metaphyse. In der Wirbelsäule wird unterschieden, ob der Tumor den Wirbelkörper, die Anhangsgebilde oder beide befällt. Allein aus der Lage kann die Zahl der in Frage kommenden Tumorentitäten häufig deutlich eingegrenzt werden (Tabelle 5.8). Während eine rein epiphysäre Lokalisation bei den meisten Knochentumoren eine Rarität darstellt, wird sie bei nahezu der Hälfte aller Chondroblastome beobachtet. Läsionen, die eine bevorzugte epimetaphysäre Lage aufweisen, sind Chondroblastome, Riesenzelltumoren und Ganglien. Die metaphysäre und metadiaphysäre Lage gehören zu den häufigsten Lokalisationen der verschiedenen Läsionen und sind lediglich zum Ausschluss einiger weniger Tumorentitäten geeignet. Zu den Tumoren, die sich besonders häufig in der Diaphyse manifestieren, gehören das Ewing-Sarkom, das Osteoidosteom, das Plasmozytom (Myelom), das Adamantinom, das Osteochondrom, das Osteoblastom, das nicht-ossifizierende Knochenfibrom, das Hämangiom und das eosinophile Granulom. Eine epimetadiaphysäre Lage ist relativ charakteristisch für einen Riesenzelltumor. Patientenalter Das letzte Kriterium, das in die Diagnosestellung einfließt, ist das Patientenalter. Die verschiedenen Tumorentitäten weisen in den meisten Fällen ein charakteristisches Manifestationsalter auf (Tabelle 5.9). So treten etwa die Hälfte der Osteosarkome und Ewing-Sarkome in der 2. Lebensdekade, dagegen nahezu die Hälfte der Chondrosarkome, der malignen fibrösen Histiozytome, der Angiosarkome, und mehr als zwei Drittel der Chordome, der Plasmozytome (multiplen Myelome) und Metastasen jenseits der 5. Lebensdekade auf. Unter den benignen Tumoren treten mehr als drei Viertel der Osteoidosteome, der Osteoblastome, der Osteochondrome, der Chondroblastome, der Chondromyxoidfibrome und der Enchondromatosen in den ersten drei Lebensdekaden auf. Riesenzelltumoren, die sich vor Schluss der benachbarten Epiphysenfuge manifestieren, sind eine Rarität. Dagegen weisen die Enchondrome mit Ausnahme der 1. Lebensdekade eine etwa gleich hohe Inzidenz in den verschiedenen Lebensdekaden auf. Ähnliches gilt auch für die tumorähnlichen Läsionen. Mehr als drei Viertel der aneurysmatischen Knochenzysten, der solitären Knochenzysten, der nicht-ossifizierenden Knochenfibrome und der eosinophilen Granulome werden in den ersten beiden Lebensdekaden beobachtet. Dagegen treten die meis- 40 42 248 214 98 386 Axiales Skelett Sternum Klavikula Rippen Wirbelkörper Sakrum Becken OS 3 1 31 11 23 14 2 7 15 8 8 8 5 7 3 8 9 7 35 26 POS 1 1 2 2 2 2 1 ChSa 4 7 5 15 16 22 12 8 24 8 6 11 27 7 12 22 53 6 15 9 pChSa 2 1 1 5 1 2 1 17 1 10 5 3 3 1 7 1 Ewing 4 17 5 5 7 4 1 17 7 8 11 5 7 16 6 8 19 1 3 FibSa 3 1 2 2 1 5 4 3 1 3 1 3 2 2 1 3 MFH 1 2 5 1 5 3 3 7 2 1 1 5 1 8 19 Adam 2 8 27 Chord OS = Osteosarkom, POS = parossales Osteosarkom, ChSa = Chondrosarkom, pChSa = peripheres Chondrosarkom, FibSa = Fibrosarkom, MFH = malignes fibröses Histiozytom, Adam = Adamantinom, Chord = Chordom, Plasm = Plasmozytom, NHL = primäres Non-Hodgkin Lymphom des Knochens, O-O = Osteoidosteom, Peripheres Skelett Skapula 95 Humerus 542 Radius 99 Ulna 73 Carpus 9 Metacarpalia 77 Phalangen Hand 133 Femur 1534 Patella 9 Tibia 862 Fibula 264 Tarsus 117 Metatarsus 41 Phalangen Fuß 56 86 71 68 n Schädel Kalotte Maxilla Mandibula Plasm 1 4 1 13 5 2 5 3 1 1 1 NHL O-O 5 3 15 7 7 2 7 4 33 5 8 3 11 1 1 OB 1 1 15 7 4 1 22 3 2 1 1 1 2 2 16 1 1 1 3 Ench 5 16 2 3 4 6 8 22 31 54 3 1 3 7 6 1 Och 25 3 5 4 9 3 9 8 4 4 2 5 1 4 1 Chbl 1 1 3 33 4 1 23 2 2 1 6 1 3 1 CMF 2 2 6 7 13 1 1 1 2 1 1 RZT 13 4 8 11 14 12 7 17 4 6 31 23 2 1 15 16 4 3 1 AKZ 13 4 2 22 5 11 7 22 7 3 4 10 12 33 2 9 14 5 2 3 SKZ 3 22 1 2 11 19 3 1 11 1 4 2 FD 6 2 3 2 2 6 1 4 6 10 11 5 5 19 2 44 27 25 NOF 16 13 2 7 2 1 1 1 2 3 2 3 6 14 6 6 6 27 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Summe OB = Osteoblastom, Ench = Enchondrom, Och = Osteochondrom, Chbl = Chondroblastom, CMF = Chondromyxoidfibrom, RZT = Riesenzelltumor, AKZ = aneurysmatische Knochenzyste, SKZ = solitäre Knochenzyste, FD = fibröse Dysplasie, NOF = nicht-ossifizierendes Knochenfibrom, EG = eosinophiles Granulom. 1 3 1 1 1 1 3 2 5 2 1 1 4 EG Tabelle 5.7. Zusammensetzung der Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen in den einzelnen Skelettabschnitten (in %). (Berechnet aus Daten aus Mulder et al. 1993) 5.1 Diagnostik und Therapie 153 154 Kapitel 5 Knochentumoren Tabelle 5.8. Lokalisation der Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen im tumortragenden Röhrenknochen (in %). (Aus Mulder et al. 1993) Tumor Maligne Osteosarkom Parossales Osteosarkom Chondrosarkom Peripheres Chondrosarkom Ewing-Sarkom Fibrosarkom MFH Adamantinom Solitäres Myelom NHL Benigne Osteoidosteom Osteoblastom Enchondrom Osteochondrom Chondroblastom Chondromyxoidfibrom Riesenzelltumor Hämangiom2 Desmoplastisches Fibrom2 Tumorähnlich AKZ SKZ Ganglion Fibröse Dysplasie NOF Eosinophiles Granulom Epi- Epimeta- Epimetadia- Meta- Metadia- Diaphysär 6 2 12 9 12 16 1 11 11 3 14 13 22 15 13 44 6 8 15 4 16 16 7 42 52 22 20 33 38 34 16 302 23 21 17 27 35 57 29 27 84 702 33 3 3 2 1 47 2 4 7 2 43 19 35 7 5 14 1 2 17 53 14 33 18 30 9 33 4 23 7 7 11 14 20 28 17 3 31 2 14 44 61 42 40 45 <1 8 2 58 11 7 2 45 2 11 1 6 5 7 22 21 5 22 14 47 45 6 47 27 18 28 30 11 39 51 64 2 1 11 4 MFH = malignes fibröses Histiozytom, NHL = Non-Hodgkin-Lymphom, AKZ = aneurysmatische Knochenzyste, SKZ = solitäre Knochenzyste, NOF = nicht-ossifizierendes Knochenfibrom. 2 Schätzung. ten intraossären Ganglien und die braunen Tumoren erst jenseits der 3. Lebensdekade auf. Für die Diagnosestellung ist es hilfreich, die annähernde Zusammensetzung der Tumoren in den verschiedenen Lebensdekaden zu kennen. Aus dem Material des niederländischen Knochentumorregisters lässt sich diese annäherungsweise berechnen (Tabelle 5.10). ∑ In der 1. Lebensdekade sind die häufigsten malignen Tumoren Osteosarkome und Ewing-Sarkome und die häufigsten benignen Läsionen aneurysmatische und solitäre Knochenzysten. ∑ In der 2. Lebensdekade dominieren unter den malignen Tumoren wiederum Osteosarkome und Ewing-Sarkome, wobei erstere mehr als doppelt so häufig wie letztere auftreten. Unter den benignen Läsionen werden am häufigsten nicht-ossifizierende Knochenfibrome angetroffen. ∑ In der 3. Lebensdekade werden unter den malignen Knochentumoren am häufigsten Osteosarkome und unter den benignen Läsionen Riesenzelltumoren beobachtet. ∑ Ab der 4. Lebensdekade dominieren unter den malignen Tumoren die Chondrosarkome und unter den benignen Läsionen Riesenzelltumoren mit abnehmender Häufigkeit und Enchondrome mit in etwa gleichbleibender Häufigkeit. Gleichzeitig verschiebt sich mit zunehmendem Alter die Relation von benignen zu malignen Tumoren zu Gunsten der malignen Tumoren. Auch hier muss berücksichtigt werden, dass gerade die nicht-ossifizierenden Knochenfibrome, die fibrösen Dysplasien, die Metastasen und die multiplen Myelome unterrepräsentiert sind. ! In höheren Lebensaltern sind bei einer neu entdeckten Knochenläsion die Metastase eines unbekannten Primärtumors oder ein Plasmozytom (Myelom) die wahrscheinlichsten Diagnosen. Merke Mit sehr großem Abstand kommt ein Chondrosarkom in Frage, jedoch nur dann, wenn Matrixverkalkungen nachweisbar sind. Mit wenigen Ausnahmen, wie der fibrösen Dysplasie und dem Enchondrom, 5.1 Diagnostik und Therapie Tabelle 5.9. Altersverteilung der Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen (in %). (Berechnet aus Daten aus Mulder et al. 1993 und Dahlin u. Unni 1986) Alter in Jahren 0–10 10–20 20–30 30–40 40–50 50–60 >60 Summe Maligne Tumoren Osteosarkom Parossales Osteosarkom Zentrales Chondrosarkom Peripheres Chondrosarkom Ewing-Sarkom Fibrosarkom Malignes fibröses Histiozytom Angiosarkom Adamantinom Chordom Non-Hodgkin Lymphom Solitäres Myelom (Plasmozytom) Metastasen 7 2 1 0 22 4 3 1 2 2 3 0 4 51 20 7 10 57 14 13 14 35 4 11 0 1 16 37 11 31 16 14 14 14 33 6 12 1 3 6 24 16 27 4 14 13 15 8 13 11 5 4 6 8 19 17 1 14 12 15 6 18 15 19 13 6 6 22 11 1 16 14 18 10 26 21 30 29 7 4 25 5 0 23 30 24 4 31 27 46 45 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 Benigne Tumoren Osteoidosteom Osteoblastom Enchondrom Enchondromatose Osteochondrom Osteochondromatose Chondroblastom Chondromyxoidfibrom Riesenzelltumor Desmoplastisches Fibrom Hämangiom Benignes fibröses Histiozytom 13 18 8 46 12 0 2 16 1 4 8 0 51 45 23 24 46 33 67 42 15 27 9 10 25 25 18 8 20 24 15 22 36 23 14 20 8 5 15 5 10 19 7 9 23 8 18 20 1 1 16 2 6 14 2 8 13 12 24 30 1 4 12 8 4 9 5 4 8 19 17 10 1 2 9 7 2 0 2 0 4 8 11 10 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 31 47 0 46 36 13 12 7 8 4 5 38 4 3 17 2 1 17 1 1 6 100 100 100 18 33 21 46 0 31 31 74 26 0 22 10 5 15 0 12 13 0 9 17 9 3 0 3 22 4 3 0 1 28 4 6 0 0 33 100 100 100 100 100 Tumorähnliche Läsionen Aneurysmatische Knochenzyste Solitäre Knochenzyste Intraossäres Ganglion Fibröse Dysplasie monostotisch polyostotisch Nicht-ossifizierendes Knochenfibrom Eosinophiles Granulom Brauner Tumor Die häufigsten Manifestationsalter sind fett gedruckt. die wegen der metaplastischen Knochenneubildung einerseits und der Matrixverkalkung andererseits eine charakteristische Morphologie aufweisen, wird man besonders bei rein osteolytischen Tumoren kaum eine benigne Läsion in Erwägung ziehen. Aus der Bewertung der verschiedenen Bausteine lässt sich nun bei entsprechender Erfahrung die Artdiagnose eines Knochentumors in bis zu 80% der Fälle richtig stellen. Die Grafiken in Kap. 7.9 sollen dem Leser, besonders dann, wenn er bereits den speziellen Teil durchgearbeitet hat, einen Leitfaden an die Hand geben, eine unbekannte, tumorverdächtige Knochenläsion in den langen Röhrenknochen weiter einzugrenzen. Das erste Selektionskriterium ist die Morphologie und das zweite die intraossäre Lage. Für die dann in Frage kommenden Tumoren sind die häufigsten Wachstumsmuster nach der Lodwick-Klassifi- kation und die typischen Manifestationsalter angegeben. Diese Grafiken können nur ein grober Anhaltspunkt sein, da sie weitgehend unter dem Gesichtspunkt „was häufig ist, ist häufig“ aufgebaut worden sind. Seltene Tumorentitäten und ungewöhnliche Lokalisationen und Morphologien von häufigeren Tumorentitäten sind nicht berücksichtigt worden. Bei einem Tumor in anderen Skelettregionen können Tabelle 5.5 und Tabelle 5.7 hilfreich sein, eine eingeschränkte Liste der Differenzialdiagnosen zu erstellen. 5.1.1.2 Staging Das Ziel der heutigen Therapie eines malignen Knochentumors besteht in einem extremitätenerhaltenden chirurgischen Eingriff. Dieser sollte unter tu- 155 156 Kapitel 5 Knochentumoren Tabelle 5.10. Häufigkeiten von Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen in der jeweiligen Altersdekade (in %). (Berechnet aus Daten aus Mulder et al. 1993) Alter in Jahren 0–10 10–20 20–30 30–40 40–50 50–60 >60 Maligne Tumoren Osteosarkom Parossales Osteosarkom Zentrales Chondrosarkom Peripheres Chondrosarkom Ewing-Sarkom Fibrosarkom Malignes fibröses Histiozytom Angiosarkom Adamantinom Chordom Non-Hodgkin Lymphom Myelom Metastasen 13 <1 <1 0 12 1 <1 0 0 <1 <1 0 1 26 <1 2 <1 10 1 <1 <1 <1 <1 <1 0 <1 14 3 6 3 6 3 2 <1 <1 <1 1 <1 <1 7 3 14 4 2 3 3 1 <1 1 2 1 2 8 1 22 3 0 6 4 1 <1 2 1 2 7 10 1 20 3 0 5 5 1 1 3 2 3 15 9 1 25 1 0 8 8 2 <1 4 2 5 18 Benigne Tumoren Osteoidosteom Osteoblastom Enchondrom Enchondromatose Osteochondrom Osteochondromatose Chondroblastom Chondromyxoidfibrom Riesenzelltumor Desmoplastisches Fibrom Hämangiom 3 3 2 2 5 0 <1 1 <1 0 <1 5 2 3 <1 5 <1 6 2 4 <1 <1 6 2 5 <1 6 <1 3 1 17 <1 1 3 1 7 <1 4 1 2 1 20 <1 1 <1 <1 9 <1 4 1 <1 1 12 1 1 <1 1 9 1 1 <1 1 <1 9 1 1 <1 <1 4 <1 1 0 1 0 4 <1 1 10 12 0 6 4 <1 3 2 <1 2 2 2 2 1 1 1 <1 1 <1 <1 1 8 3 8 10 0 5 <1 11 2 0 8 1 <1 2 0 8 2 0 2 <1 7 <1 0 1 1 3 <1 0 <1 1 2 1 0 0 1 100 100 100 100 100 100 100 Tumorähnliche Läsionen Aneurysmatische Knochenzyste Solitäre Knochenzyste Intraossäres Ganglion Fibröse Dysplasie monostotisch polyostotisch Nicht-ossifizierendes Knochenfibrom Eosinophiles Granulom Brauner Tumor Summe Prozentzahlen in der Spalte addieren sich zu 100%. Die beiden jeweils häufigsten malignen oder benignen Knochentumoren und tumorähnlichen Läsionen in der jeweiligen Lebensdekade sind fett gedruckt, soweit die Häufigkeit mindestens 5% beträgt. Die kursiv gedruckten Tumorentitäten sind verglichen in diesem selektionierten Patientenkollektiv mit einer Normalpopulation deutlich unterrepräsentiert. morchirurgischem Gesichtspunkt so radikal wie möglich sein, er sollte jedoch nicht mehr Gewebe als notwendig entfernen. Die Art des operativen Eingriffs hängt von verschiedenen Parametern, wie der Patientencompliance, dem Vorhandensein oder Fehlen von Metastasen, der Histologie, dem makroskopischen Staging und dem Ansprechen eines malignen Tumors auf eine Chemotherapie ab. Wird der operative Eingriff nicht radikal genug durchgeführt, kommt es zu einem Rezidiv und häufig auch zu einer Metastasierung. Dies macht eine sorgfältige Planung des operativen Eingriffes notwendig, wofür ein exaktes präoperatives Staging erforderlich ist. Für benigne Tumoren ist normalerweise die konventionelle Röntgendiagnostik ausreichend. In einzelnen Fällen sind jedoch zusätzlich eine CT oder MRT erforderlich. So kann der Nidus eines Osteoidosteoms in der CT und in der MRT sicherer als in der Röntgendiagnostik lokalisiert werden. Bei aggressiven benignen Tumoren, wie bei einigen Riesenzelltumoren oder aneurysmatischen Knochenzysten, können die intra- oder extraossären Grenzen teilweise nur mittels Schnittbilddiagnostik bestimmt werden. Auch in komplexen Skelettregionen, wie dem Becken und dem Achsenskelett, ist eine zuverlässige Ausdehnungsbestimmung nur mittels Schnittbilddiagnostik möglich. 5.1 Diagnostik und Therapie Das Staging von malignen Tumoren erfordert in jedem Fall den Einsatz der Schnittbilddiagnostik.Wegen der überlegenen Kontrastauflösung und der Möglichkeit der unbegrenzten multiplanaren Schnittführung ist die MRT der CT vorzuziehen. Das Ziel das lokalen Stagings ist eine exakte Bestimmung der intraossären und extraossären Tumorgrenzen. Daneben muss die Ausdehnung eines peritumoralen Ödems dargestellt werden, da in bis zu 10% der Fälle Tumorzellnester in diesem vorhanden sein können. Weiterhin muss für eine geplante extremitätenerhaltende chirurgische Therapie die Beziehung zwischen Tumor und den benachbarten Gefäßen ermittelt werden. Für die Beantwortung dieser Fragen ist der Einsatz von unterschiedlichen Untersuchungssequenzen in unterschiedlichen Schnittebenen erforderlich. Die Spulen sollten für die entsprechende untersuchte Körperregion optimiert sein,wobei Oberflächenspulen der Vorzug zu geben ist. Merke ! Wichtig ist, dass das Staging vor einer operativen Intervention durchgeführt wird. Bereits eine Biopsie verfälscht durch die induzierten reaktiven Veränderungen das exakte Tumorstaging mit der Folge, dass die Ausdehnung, besonders des peritumoralen Ödems, überschätzt wird. Als kaum lösbar ist die Situation anzusehen, in der unter der Arbeitsdiagnose eines benignen Tumors eine intraläsionale Resektion durchgeführt worden ist und anschließend verbliebene Tumorreste mittels MRT lokalisiert werden sollen. Diese Einschränkungen machen es somit erforderlich, dass bei der begründeten Verdachtsdiagnose eines malignen Knochentumors ein präoperatives Staging durchgeführt wird. Anhand der MRT-Untersuchung kann zusätzlich eine Biopsie geplante werden, da Gewebe gezielt aus den vitalen Arealen entnommen werden kann. In der MRT ist durch den kombinierten Einsatz von nativen und kontrastmittelverstärkten T1- und T2-gewichteten SE-Sequenz eine Differenzierung zwischen vitalem und nekrotischem Tumorgewebe möglich. Tumoren, die nicht überwiegend sklerotisch sind, zeigen in einer T1-gewichteten SE-Sequenz eine niedrige und in einer T2-gewichteten SE-Sequenz eine hohe Signalintensität. Stark sklerotische und fibrotische Tumoren mit wenig Extrazellularraum weisen in beiden Sequenzen niedrige Signalintensitäten auf. Häufig zeigen die Tumoren jedoch einen mehr oder minder inhomogenen Aufbau, der durch Matrixverkalkungen oder Matrixverknöcherungen und durch nekrotische oder eingeblutete Areale bedingt ist. Vitales Tumorgewebe zeigt eine deutliche und die Nekrose keine Kontrastmittelaufnahme. ! Für das Staging ist es erforderlich, Sequenzen einzusetzen, die einen hohen Kontrast zwischen dem Tumor und den benachbarten normalen Geweben bieten. GradientenechoSequenzen sind ungeeignet. Merke Ein hoher Kontrast zwischen Tumor und Fettmark sowie subkutanem Fettgewebe wird mit einer T1-gewichteten SE-Sequenz erzielt, da sich die Tumoren signalarm von dem signalintensiven Fettmark und Fettgewebe demarkieren. Untersuchungen haben gezeigt, dass verglichen mit Makroschnitten mit dieser Sequenz die intraossäre Tumorausdehnung bis auf wenige Millimeter exakt bestimmt werden kann. Ein vergleichbar hoher Kontrast wird auch mit einer fettgesättigten (FS) T2-gewichteten Fast-(Turbo-)Spinecho(FSE)-Sequenz erzielt. Die Tumoren kommen signalintensiv in dem signallosen Fettgewebe und Fettmark zur Darstellung. Eine T2-gewichtete FSE-Sequenz sollte immer mit Fettsättigung durchgeführt werden, da ohne Fettsättigung das Fettgewebe und das Fettmark zu signalintensiv zu Darstellung kommen. Durch den Einsatz einer STIR-(„short-tau(inversion time)-inversion-recovery“-)Sequenz besteht die Gefahr, die Tumorausdehnung zu überschätzen (Abb. 5.37 a, b). Die STIR-Sequenz bietet sich jedoch als Suchsequenz an, wenn bei klinischen Beschwerden die Röntgendiagnostik keinen pathologischen Befund zeigt. Mit dieser Sequenz werden die meisten intra- und extraossären Läsionen sehr signalintensiv abgebildet. Eine Kombination aus ∑ normalem Röntgenbild, ∑ unauffälliger STIR-Sequenz (Nachweis nahezu aller osteolytischen und osteolytisch-osteoblastischen intraossären und nahezu aller extraossären Läsionen) und ∑ unauffälliger T1-gewichteter Sequenz (zusätzlicher Nachweis kleiner osteoblastischer Areale, die der Röntgendiagnostik entgehen können, und stark fibroblastischer Tumoren)ist für einen Tumorausschluss meist ausreichend. Mit Ausnahme von stark sklerosierten Tumoren ist ein hoher Kontrast zwischen extraossärem Tumor und umgebender Muskulatur in einer T2-gewichteten SEoder fettgesättigten T2-gewichteten FSE-Sequenz zu erhalten. In diesen Sequenzen ist eine gute Abgrenzung zwischen dem überwiegend signalintensiven Tumor und der relativ signalarmen Muskulatur möglich. Zeigt der Tumor eine deutliche Gadolinium-Aufnahme, kann auch eine kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete SE-Sequenz, mit oder ohne Fettsättigung, eingesetzt werden. Durch die Kontrastmittelaufnahme stellt sich der Tumor wesentlich signalintensiver als 157 158 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.37 a, b. Teleangiektatisches Osteosarkom der Fibula. a Im T1-gewichteten sagittalen SE-Bild zeigt der Tumor eine vergleichbare Signalintensität wie die benachbarte Muskulatur. Eine zentral gelegene signalintensive Zone entspricht einer Einblutung. Es liegt ein hoher Kontrast zwischen Tumor und Fettmark vor, sodass die intraossäre Tumorausdehnung exakt bestimmt werden kann. b Im FS T2-gewichteten FSE-Bild ist der Tumor deutlich signalintensiver als die benachbarte Muskulatur, sodass er gut von dieser abgrenzbar ist. Der Tumor stellt sich deutlich inhomogener als im T1-gewichteten Bild dar. Signalintensive flächenförmige Bezirke in der Muskulatur entsprechen einem peritumoralen Ödem. Durch die durch die Fettsättigung bewirkte signalarme Darstellung des Fettmarks liegt auch ein hoher Kontrast zwischen Tumor und Knochenmark vor a b die Muskulatur dar. Stark sklerotische Tumoren lassen sich auf einer fettgesättigten T1-gewichteten SE-Sequenz von der Muskulatur zuverlässig abgrenzen, da der Tumor wesentlich signalärmer als die Muskulatur abgebildet wird (Abb. 5.38 a, b). Der Nachweis eines peritumoralen Ödems in den Weichteilen gelingt mit einer T2-gewichteten SE-, einer fettgesättigten T2-gewichteten FSE-Sequenz oder einer (fettgesättigten) kontrastmittelverstärkten T1gewichteten SE-Sequenz. Das peritumorale Ödem stellt sich als signalintensive fingerförmige Ausläufer in der Muskulatur dar, ohne dass die betroffenen Muskeln verlagert werden (Abb. 5.39 a–d). Die fettgesättigte T2-gewichtete FSE- und die kontrastmittelverstärkte fettgesättigte T1-gewichtete SE-Sequenz bilden daneben noch ein peritumorales Ödem in dem subkutanen Fettgewebe zuverlässig ab. Durch die Fettsättigung wird das Fettgewebe in beiden Sequenzen signalarm, und es besteht ein hoher Kontrast zu dem signalintensiven Ödem. Mit einer konventionellen T2-gewichteten SE-Sequenz gelingt dies nicht befriedigend. Mit diesen Sequenzen ist auch eine Abgrenzung zwischen Tumor und peritumoralem Ödem häufig möglich. Meistens lässt sich die Grenze durch eine verglichen mit der Weichteilkomponente geringere oder höhere Signalintensität im Ödem ermitteln. Dies ist bei den meisten malignen Tumoren jedoch eher von akademischem Interesse, da die Operations- grenzen außerhalb der Ödemzone liegen müssen. Durch die Möglichkeit einer adjuvanten Nachbestrahlung können z. B. beim Ewing-Sarkom die Operationsgrenzen gelegentlich durch die ehemalige Ödemzone gelegt werden. Auch bei benignen Tumoren kann die Operation innerhalb der reaktiven peritumoralen Ödemzone erfolgen. Die Ausdehnung eines intraossären peritumoralen Ödems gelingt mit einer fettgesättigten T2-gewichteten FSE-Sequenz oder einer fettgesättigten kontrastmittelverstärkten T1-gewichteten SE-Sequenz. In beiden Sequenzen kann das Ödem als signalintensive fingerförmige Ausläufer innerhalb des signalarmen Fettmarks (durch die Fettsättigung) abgegrenzt werden. Die Abgrenzung zwischen malignem Tumor und Knochenmarködem kann schwierig bis unmöglich sein. Der Nachweis eines peritumoralen Ödems darf nicht als sicheres Diagnosekriterium für einen malignen Tumor angesehen werden, da eine Reihe von benignen Tumoren peritumorale Ödeme induzieren können. Hierzu zählen das Chondroblastom, das Osteoidosteom, das Osteoblastom und das eosinophile Granulom (Abb. 5.40). In diesen benignen Tumoren wurden hohe Werte an Prostaglandinen bestimmt, die wohl für die Induktion der Ödembildung verantwortlich sind. Die Angrenzung zwischen Tumor und den benachbarten noch durchgängigen Gefäßen gelingt in einer fettgesättigten kontrastmittelverstärkten T1- 5.1 Diagnostik und Therapie a b Abb. 5.38 a, b. Teleangiektatisches Osteosarkom der Fibula. a Verglichen mit dem nativen T1-gewichteten SE-Bild lässt sich im b FS kontrastmittelverstärkten T1-gewichteten SE-Bild eine deutliche mäßig inhomogene Kontrastmittelaufnahme des Tumors (Enhancement) nachweisen. Durch die Fettsättigung, die das normale Fettmark signalarm darstellt, liegt ein hoher Kontrast zwischen Tumor und normalem Knochenmark vor. Im distal des Tumors gelegenen Knochenmark lässt sich ein diskretes Ödem als signalintensives Areal abgrenzen. Daneben kommt eine über einige Zentimeter abgrenzbare dünne linienförmige Kontrastmittelanreicherung an der Innenseite der Kompakta proximal zur Darstellung. Durch die signalintensive Darstellung des Tumors liegt ein hoher Kontrast auch zur Muskulatur vor. Die signalintensiven flächenförmigen Bezirke in der Muskulatur entsprechen einem peritumoralen Ödem. Die Information dieser Sequenz entspricht mit Ausnahme des Nachweis eines Enhancements der des FS T2-gewichteten Bildes gewichteten SE-Sequenz am besten, da in dieser die Gefäße durch das im Blut vorhandene Kontrastmittel wesentlich signalintensiver als die Weichteilkomponente abgebildet werden. Jedoch ist in allen Untersuchungssequenzen nicht zu klären, ob ein Tumor die Gefäßwand infiltriert hat. Ein Encasement oder eine Infiltration des neurovaskulären Bündels ist jedoch eher selten und tritt nur bei etwa 10% der malignen Tumoren auf. Eine Verlagerung des neurovaskulären Bündels wird wesentlich häufiger beobachtet. An Osteosarkomen wurde gezeigt, dass die MRT eine Infiltration des neurovaskulären Bündel sicher ausschließen kann. In allen Fällen, in denen in der MRT kein Kontakt des Tumors oder des peritumoralen Ödems mit dem neurovaskulären Bündel vorlag, wurde auch histologisch keine Infiltration nachgewiesen. In den Fällen, in denen das peritumorale Ödem an das neurovaskuläre Bündel heranreichte, konnte in den meisten Fäl- len noch ein extremitätenerhaltender Eingriff durchgeführt werden. Neben dem Einsatz der optimalen Sequenz ist auch eine Auswahl der besten Untersuchungsebenen erforderlich. Die intraossäre Tumorausdehnung in den langen Röhrenknochen lässt sich am besten mit einer T1-gewichteten SE-Sequenz in einer longitudinalen (koronar oder sagittal, der Achse des Knochens angepasst) Schnittebene demonstrieren (vgl. Abb. 5.37 a,b, Abb. 5.38 a, b). Ist mit einem intraossären peritumoralen Ödem zu rechnen, muss zusätzlich eine fettgesättigte T2-gewichtete FSE-Sequenz in longitudinaler Schnittführung angefertigt werden (vgl. Abb. 5.40). Für die Darstellung der extraossären Tumorausdehnung inklusive ggf. vorhandenem peritumoralen muskulären Ödem haben sich eine T2-gewichteten SE- oder die fettgesättigte T2-gewichtete FSE-Sequenz in axialer Schnittführung bewährt. Hierdurch werden die Anatomie und besonders die 159 160 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.39 a–d. Teleangiektatisches Osteosarkom der Fibula. a, b Im FS T2-gewichteten FSEBild stellt sich ein ausgedehntes signalintensives flächenförmiges Areal um den Tumor dar, das einem peritumoralen Muskelödem entspricht. c, d Das Ödem wird in gleicher Weise in dem FS kontrastmittelverstärkten T1-gewichteten Bild abgebildet a b c d verschiedenen muskulären Kompartimente übersichtlich abgebildet (Abb. 5.41 a–d). Für die Darstellung der Beziehung eines Tumors zur Epiphyse oder zum benachbarten Gelenk sollte eine T1-gewichtete SE-Sequenz in longitudinaler Schnittführung verwendet werden (Abb. 5.42 a, b). Dabei muss die Schnittebene senkrecht zur Kontaktfläche zwischen Tumor und Epiphyse oder Gelenk verlaufen. Dies bedeutet, dass bei einem vermuteten Einwachsen eines Tumors von dorsal in das Kniegelenk eine sagittale Untersuchungsebene gewählt werden sollte. Bei einer vermuteten Gelenkbeteiligung sollte zusätzlich noch eine T2-gewichtete axiale SE-Sequenz oder eine kontrastmittelverstärkte (fettgesättigte) 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.40. Intraossäres Ödem. In der fettgesättigten T2*-gewichteten GRE-Sequenz kommt um das kleine ventral gelegene sehr signalintensive Chondroblastom ein inhomogenes fingerförmiges signalintensives Areal in der Epiphyse zur Darstellung, das einem peritumoralen intraossären Ödem entspricht Abb. 5.41 a–d. Teleangiektatisches Osteosarkom der Fibula. Während in der sagittalen Schnittführung die exakte intraossäre Tumorausdehnung ermittelt werden konnte, war eine anatomisch exakte Bestimmung der Lagebeziehung zwischen extraossärer Komponente und umgebender Muskulatur nicht oder nur schwer möglich (vgl. Abb. 5.37 a,b, Abb. 5.38 a,b, Abb. 5.39 a–d). In dem T2-gewichteten axialen FSEBild kann dagegen die Beziehung zwischen dem Tumor und der umgebenden Muskulatur genau ermittelt werden. Auch kann bestimmt werden, in welchen Muskeln ein peritumorales Ödem vorhanden ist. Daneben kann die Lagebe-ziehung zwischen Tumor und den benachbarten Gefäßen zumindest teilweise geklärt werden (Pfeil: A. tibialis anterior) T1-gewichtete axiale SE-Sequenz angeschlossen werden, um den Befund zu erhärten. Nahezu jede Tumorinvasion in das benachbarte Gelenk geht mit einem Gelenkerguss einher. Dies bedeutet jedoch nicht, dass bei einem sichtbaren Gelenkerguss eine intraartikuläre Tumorausbreitung vorliegen muss, denn ein Gelenkerguss kann auch als Begleitreaktion auf einen benachbarten Tumor auftreten. Für die Beurteilung der Beziehung zwischen Tumor und benachbarten Gefäßen sollte eine fettgesättigte kontrastmittelverstärkte axiale T1-gewichtete SE-Sequenz eingesetzt werden (Abb. 5.43; Tabelle 5.11). In der Wirbelsäule kann die Tumorausdehnung im Wirbelkörper mittels T1-gewichteter SE-Sequenz in sagittaler Schnittführung und T2-gewichteter SEoder fettgesättigter T2-gewichteter FSE-Sequenz in axialer Schnittführung übersichtlich dokumentiert werden. Die erstgenannte Sequenz stellt die Ausdehnung im Wirbelkörper und die Beziehung zu den benachbarten Intervertebralräumen übersichtlich dar. Die letztgenannte Sequenz bildet ein extraossäres Wachstum und eine mögliche Kompression der nervalen Strukturen ab. Bei einer Lokalisation in den Wirbelanhangsgebilden sollte zusätzlich eine T1-gewichtete SE-Sequenz in axialer Schnittführung zum Einsatz kommen (Abb. 5.44 a, b). a b c d 161 162 Kapitel 5 Knochentumoren Abb. 5.42 a, b. Osteosarkome. a Das koronare T1-gewichtete SE-Bild zeigt, dass der Tumor die Epiphysenfuge nicht überschritten hat. b Das sagittale T1-gewichtete Bild eines anderen Patienten stellt die Tumorinvasion in das Gelenk mit Ausbreitung zwischen den Kreuzbändern eindeutig dar a b Tabelle 5.11. Tumorstaging in der MRT Frage Sequenz Ebene Suchsequenz STIR Longitudinal Intraossäre Ausdehnung T1-gew. SE Longitudinal1 T2-gew. SE T2-gew. FS FSE Axial Axial T1-gew. FS SE Axial) T2-gew. FS FSE (T1-gew. FS SE + Gd) Longitudinal Extraossäre Ausdehnung und peritumorales muskuläres Ödem oder (extraossäre Ausdehnung bei stark sklerotischen Tumoren Knochenmarködem Epiphysenbeziehung T1-gew. SE Longitudinal Gelenkbeziehung T1-gew. SE (Senkrecht zur Kontaktfläche zwischen Tumor und Gelenk) Bei Verdacht auf Gelenkinfiltration zusätzlich T2-gew. SE oder (FS) T1-gew. SE + Gd axial Longitudinal Tumor/Gefäße T1-gew. FS SE + Gd (Nachweis bzw. Ausschluss einer Gefäßwandinfiltration selten möglich) Axial DD vitales nekrotisches Gewebe T1-gew. (FS) SE + Gd Longitudinal Skip lesions T1-gew. SE + STIR (Den gesamten tumortragenden Knochen darstellen) Longitudinal FS = Fettsättigung, Gd = Gadolinium, SE = Spinecho-Sequenz, FSE = Fast-(Turbo-)Spinecho-Sequenz. 1 Koronar oder sagittal. In einem juvenilen Achsenskelett mit fast ausschließlich Blutbildungsmark, das sich im T1-gewichteten Bild signalarm und im T2-gewichteten Bild signalintensiv darstellt, ist die Abgrenzung eines Tumors vom Knochenmark schwierig, gelegentlich unmöglich. Dann kann versucht werden, das Problem mit ei- ner STIR-Sequenz zu lösen. Aber es kann auch erforderlich sein, eine CT durchzuführen, um die Destruktion des spongiösen Knochens nachzuweisen. Im Becken können eine T1-gewichtete axiale und eine T2gewichtete axiale SE-Sequenz die meisten Tumoren übersichtlich darstellen. Bei einem Befall des Sa- 5.1 Diagnostik und Therapie Abb. 5.43. Osteosarkom der distalen Ulna. In der FS kontrastmittelverstärkten axialen T1-gewichteten SE-Sequenz stellen sich die vom Tumor entfernt gelegenen Gefäße sehr signalintensiv dar. Jedoch kann auch mit dieser Sequenz die A. ulnaris nicht abgegrenzt werden Abb. 5.45. Skipmetastasen. Die fettgesättigte kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete SE-Sequenz stellt bei einem im distalen Humerus gelegenen malignen fibrösen Histiozytom in der Ulna mehrere kontrastmittelaufnehmende kleine Herde dar, die Skipmetastasen im benachbarten Knochen entsprechen a b Abb. 5.44 a, b. Chondrosarkom. Im T1-gewichteten sagittalen SE-Bild lässt sich der Tumor in den Wirbelanhangsgebilden deutlich abgrenzen. Zusätzlich ist eine Kompression des Myelons sichtbar. b Im T1-gewichteten axialen Bild kann das exakte Ausmaß der Myelonkompression ermittelt werden krums oder Kokzygeums bietet sich für eine Demonstration des zu erwartenden Operationssitus eine zusätzliche T1-gewichtete sagittale SE-Sequenz an. Bei einem Befall des Acetabulums kann mit einer T1-gewichteten sagittalen SE-Sequenz die Beziehung zum Hüftgelenk übersichtlich abgebildet werden. Maligne Tumoren können gelegentlich vom Tumor entfernt gelegene Metastasen im tumortragenden Knochen ausbilden, die als Skipmetastasen bezeichnet werden. Diese können, wenn sie keine Matrixmineralisationen aufweisen, auf dem Röntgenbild nicht sichtbar sein und der MRT-Untersuchung bei Verwendung einer Oberflächenspule entgehen. Sie sind meist mittels Skelettszintigraphie nachweisbar. Bei einer MRT-Untersuchung sollte zum Nachweis von Skipmetastasen der gesamte tumortragende Knochen mit einer T1-gewichteten SE-Sequenz (und/oder STIR-Sequenz oder kontrastmittelverstärkten fettgesättigten T1-gewichteten SE-Sequenz) in longitudinaler Schnittführung mit der Bodyspule oder, falls vorhanden, einer Phased-array-Körperspule untersucht werden (Abb. 5.45). Schwierig ist in der MRT jedoch die sichere Differenzierung zwischen Skipmetastase und fokalem Blutbildungsherd. Jedoch gilt annäherungsweise: Umso signalintensiver sich eine nichtmineralisierte Läsion in der STIR Sequenz abbildet, umso eher liegt eine Skipmetastase vor. 163 164 Kapitel 5 Knochentumoren So wertvoll die MRT für das Tumorstaging ist, ist mit dieser jedoch die Stabilität des tumortragenden Knochens nicht befriedigend zu beurteilen. Für die Beantwortung dieser Frage ist mit Ausnahme der kleinen Röhrenknochen die CT die entscheidende Untersuchung. Für den Nachweis von Lungenmetastasen und Lymphknotenmetastasen am Körperstamm wird die CT eingesetzt. Die Suche nach Knochenmetastasen oder einem seltenen multifokalen Auftreten erfolgt bis auf wenige Ausnahmen, z. B. Myelom und eosinophiles Granulom, mittels Skelettszintigraphie. Mit der MRT ist basierend auf der Signalcharakteristik keine zuverlässige Differenzierung zwischen benignen und malignen Tumoren möglich. Zwar zeigen viele maligne Tumoren ein ausgedehnteres Wachstum mit Infiltration des Markraums, der Kompakta und der Weichteile. Doch auch aggressive benigne Tumoren, wie Riesenzelltumoren, können ein vergleichbares Wachstum aufweisen. Maligne Tumoren weisen häufiger als benigne ein peritumorales Ödem auf. Jedoch treten die peritumoralen Ödeme z. B. auch bei Osteoidosteomen, Chondroblastomen und Osteoblastomen auf. Auch aus dem Ausmaß der Kontrastmittelaufnahme im statischen Bild können keinerlei Rückschlüsse auf die Dignität gezogen werden. Dynamische Kontrastmitteluntersuchungen erlauben dagegen in vielen Fällen die Abschätzung der Dignität. Allerdings ist auch hier die Differenzierung zwischen einem aggressiven benigen Tumoren und einem niedrig malignen Tumor schwierig bis unmöglich. 5.1.1.3 Rezidivdiagnostik Die Rezidivdiagnostik ist besonders bei malignen und aggressiv wachsenden benignen Knochentumoren eine Domäne der MRT. Nach einer durchgeführten Operation ist innerhalb der ersten sechs Monate keine zuverlässige Differenzierung zwischen einem postoperativen gefäßreichen Granulationsgewebe und einem Tumorrezidiv möglich, da sich beide Gewebe in der MRT in allen Sequenzen ähnlich darstellen. Mit zunehmender Zeit nehmen die Vaskularisation und der Flüssigkeitsgehalt des Granulationsgewebes ab, bis sich eine gefäßlose, nahezu flüssigkeitslose Narbe ausgebildet hat. Die Rezidivdiagnostik beginnt mit einer T2-gewichteten SE- oder einer fettgesättigten T2-gewichteten FSE-(oder STIR-)Sequenz. Ist in dieser kein Areal mit einer hohen Signalintensität vorhanden, kann bis auf wenige Ausnahmen – rein sklerotischer Tumor – ein Rezidiv ausgeschlossen werden. Findet man ein signalintensives Areal, muss eine kontrastmittelverstärkte T1-gewichtete SE-Sequenz vorzugsweise mit Fettsättigung durchgeführt wer- Tabelle 5.12. Rezidivdiagnostik • Zeitabstand von mindestens 3, besser 6 Monaten nach Operation!!! • 1. T2-gew. SE-Sequenz oder T2-gew. FS FSE-Sequenz (STIR-Sequenz) hohe Signalintensität auf T2-gew. Bildern? nein: kein Rezidiv, Stop ja: Gd-DTPA-Gabe • 2. Kontrastmittelverstärkte fettunterdrückte T1-gew. SE-Sequenz (alternativ T1-gew. SE-Sequenz vor und nach Gd-DTPA-Gabe) Anreicherung? nein: kein Rezidiv, postoperatives Serom, Lymphozele o. Ä. ja: hohe Wahrscheinlichkeit eines Rezidivs (umso höher, je länger OP zurückliegt) • Innerhalb der ersten 3–6 Monaten nach OP ist keine Differenzierung zwischen Rezidiv/Resttumor und gefäßreichem Granulationsgewebe möglich • Algorithmus gilt nicht für Tumoren mit rein sklerotischer Matrix. Hier vorzugsweise Röntgen und/oder CT einsetzen. FS = Fettsättigung, SE = Spinecho, FSE = Fast-(Turbo-)Spinecho. den. Ist in dieser keine Kontrastmittelanreicherung nachweisbar, kann ein Rezidiv weitgehend ausgeschlossen werden. Bei dem signalintensiven Areal im T2-gewichteten Bild handelt es sich dann um ein Serom, eine Lymphozele o. Ä. Ein Areal mit einer Kontrastmittelaufnahme deutet mit hoher Wahrscheinlichkeit auf ein Rezidiv hin, und eine weitere histologische Abklärung ist erforderlich (Vanel et al. 1994; Tabelle 5.12). Nach Rezidiven von rein osteoblastischen Tumoren wird mittels Röntgendiagnostik und CT gefahndet. Dabei kann jedoch die Differenzierung zwischen neoplastischer und reaktiver Ossifikation unmöglich sein. Bei nichtaggressiv wachsenden benignen Tumoren wird die Rezidivdiagnostik primär mittels Röntgendiagnostik durchgeführt. Das neue Auftreten eines osteolytischen Herdes eines primär osteolytischen Tumors oder eines osteoblastischen Herdes eines primär osteoblastischen Tumors deuten auf ein Rezidiv hin. Ist die Aussagefähigkeit der Röntgendiagnostik nicht eindeutig, kann eine weitere Abklärung mittels CT oder MRT erfolgen. Mit Rezidiven ist besonders bei Riesenzelltumoren zu rechnen, wenn sie lediglich mittels Kürettage therapiert worden sind. Ähnliches gilt auch für die aneurysmatische Knochenzyste. Bei malignen Knochentumoren ist mit einem gewissen Prozentsatz an Rezidiven zu rechnen, wenn die definitive Operation nicht in einer Amputation sondern in einem extremitätenerhaltenden Eingriff bestand. 5.1 Diagnostik und Therapie ! Sind Tumorprothesen implantiert worden, ist, soweit sie nicht aus Titan bestehen, die Aussagefähigkeit der MRT stark eingeschränkt und die Rezidivdiagnostik muss mittels Röntgendiagnostik durchgeführt werden. Merke 5.1.2 Therapie 5.1.2.1 Chirurgisches Staging Zum therapeutischen Staging von Knochentumoren wird das Stagingsystem von Enneking (1985) benutzt, das von der Musculoskeletal Tumor Society und dem American Joint Committee for Cancer übernommen worden ist. Dieses System basiert auf ∑ der Tumorausdehnung (T), ∑ der Metastasierung (M) und ∑ dem histologischen Grad und den radiologischen und klinischen Aggressivitätsmerkmalen (G). Die Tumorausdehnung „T“ wird unterteilt ∑ in ein Wachstum innerhalb einer Kapsel (T0), ∑ in ein Wachstum innerhalb des Kompartiments (T1) und ∑ in ein extrakompartimentelles Wachstum (T2). Die T0-Läsion wächst innerhalb ihrer Kapsel und verbleibt in ihrem Kompartiment. So durchbricht die Läsion nicht die Kompakta, kann jedoch durch Ausbildung einer Periostschale den Knochen auftreiben. Die T1-Läsion breitet sich außerhalb der Kapsel in der reaktiven peritumoralen Zone kontinuierlich oder mit Satellitenherden aus. Sowohl die Läsion als auch die reaktive Zone verbleiben in ihrem Kompartiment. Die T2-Läsion dehnt sich außerhalb des Kompartiments aus. Dies liegt vor, wenn ein primär intraossär wachsender Tumor eine Weichteilkomponente ausgebildet hat oder in das benachbarte Gelenk eingebrochen ist. Auch wenn ein periostaler Tumor die benachbarte Kompakta destruiert hat und sich im Markraum ausdehnt, liegt ein extrakompartimentelles Wachstum vor. Breitet sich nur die reaktive Zone extrakompartimentell aus, wird auch diese Situation als extrakompartimentelles Wachstum eingestuft. Die Tumorausdehnung hat einen direkten Einfluss auf die Prognose und die Wahl des chirurgischen Eingriffs. Der Grad „G“ ist eine Abschätzung der biologischen Aggressivität einer Läsion. Er basiert auf einer Kombination des histologischen Grades, der radiologisch sichtbaren Wachstumsgeschwindigkeit (Lodwick-Klassifikation) und der klinischen Wachstumsparameter (Größe,Verdoppelungszeit, Gewebedruck, Fieber). Der Grad wird in drei Gruppen unterteilt. ∑ G0 ist durch benigne histologische Merkmale und durch den Lodwick-Grad IA, IB oder IC charakterisiert. ∑ G1-Läsionen sind niedrig maligne, gut differenzierte Tumoren, die einen Lodwick-Grad II aufweisen. ∑ G2-Läsionen sind hoch maligne und weniger gut differenziert. Sie wachsen unter dem LodwickGrad III. „M“ beschreibt die Existenz von regionalen Metastasen und/oder Fernmetastasen, wobei M0 keine und M1 das Vorhandensein von Metastasen bedeutet. Im Gegensatz zu den Karzinomen wird nicht zwischen Tabelle 5.13. Chirurgisches Stagingsystem für Knochentumoren. (Nach Enneking 1985) Grad Benigne 1 Latent 2 Aktiv 3 Aggressiv Lokalisation Metas- Röntgenbild tasen Lodwick Therapie G0 G0 G0 T0 T0 T1–2 Maligne Ia: niedrig maligne G1 T1 intrakompatimentell Ib: niedrig maligne G1 T2 extrakompartimentell IIa: hoch maligne G2 T1 und Chemotherapie intrakomartimentell IIb: hoch maligne G2 T2 extrakompartimentell IIIa: maligne G1–2 T1 intrakompartimentell, Metastasen IIIb: maligne G1–2 T2 extrakompartimentell, Metastasen M0 M0 M0–1 IA IB IC, II Intraläsional Marginal Weit im Gesunden M0 (IB) IC–II Weit im Gesunden M0 II Weit im Gesunden M0 II–III Weit im Gesunden oder Kompartimentresektion M0 III M1 Weit im Gesunden oder Amputation und Chemotherapie Thorakotomie und radikale Resektion oder palliativ M1 Thorakotomie und radikale Resektion oder palliativ 165 166 Kapitel 5 Knochentumoren regionalen Lymphknotenmetastasen und Fernmetastasen differenziert. Metastasen treten wesentlich häufiger in der Lunge als in den Lymphknoten oder in den Knochen auf. Die aus der Kombination der Parameter resultierenden Stadien eines Tumors und die dann erforderliche Therapie sind in Tabelle 5.13 aufgeführt. 5.1.2.2 Chirurgische Therapie Das entscheidende Kriterium eines chirurgischen Tumoreingriffs ist eine komplette Resektion des Tumors mit adäquaten Rändern. Die Ränder können als intraläsional, marginal, weit oder radikal definiert werden. Ein intraläsionaler Rand entsteht dadurch, dass bei der Operation in den Tumor eingegangen oder eingeschnitten wird. Nach der Operation verbleiben makroskopische Tumorreste. Ein marginaler Rand entsteht, wenn bei der Operation die Schnittführung durch das peritumorale reaktive Gewebe geführt wird. Dieses Gewebe umgibt den Tumor, ist jedoch kein originäres Tumorgewebe. Nach einem derartigen Eingriff können Satellitenherde im reaktiven Gewebe oder Skipmetastasen im Knochen zurückbleiben. Ein weiter Rand wird dadurch erzielt, dass die Schnittführung außerhalb der reaktiven peritumoralen Gewebeschicht gehalten wird und eine Manschette aus normalem Gewebe den Tumor allseits umgibt. Jedoch können bei einer derartigen Operation Skipmetastasen im tumortragenden Knochen verbleiben. Ein radikaler Rand entsteht dadurch, dass der Operateur das gesamte Knochen- oder Muskelkompartiment entfernt, das den Tumor enthält. Bei einem derartigen Eingriff verbleiben keinerlei Tumorreste oder Skipmetastasen im Knochen oder in den Weichteilen. Früher wurden die meisten malignen Knochentumoren durch Amputation behandelt. Durch die Einführung einer effektiven Chemotherapie und die Entwicklung einer präzisen Bildgebung, besonders der CT und der MRT, wurde die Entwicklung der extremitätenerhaltenden („limb salvage“) Chirurgie möglich. Sie umfasst alle chirurgischen Eingriffe, die entwickelt worden sind, einen malignen Tumoren zu entfernen und die Gliedmaße mit einem akzeptablen onkologischen, funktionellen und kosmetischen Ergebnis zu rekonstruieren. Heute werden etwa 85% der malignen Knochentumoren der Extremitäten derartig behandelt. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits von Beginn an der spätere Operateur in das klinische Management mit einbezogen wird. Wenn ein maligner Knochentumor vermutet wird, muss die Biopsie so geführt werden, dass der Biopsiekanal in dem Gewebe liegt, das bei der definiti- ven Operation entfernt wird. Somit sollte bereits die Biopsie durch den Operateur erfolgen, der auch den definitiven Eingriff durchführt. Es wurde mehrfach gezeigt, dass durch eine falsch durchgeführte Biopsie die Option eines extremitätenerhaltenden Eingriffs verbaut worden ist und statt dessen eine Amputation durchgeführt werden musste. In Abhängigkeit von dem Ergebnis der Biopsie und der Bildgebung wird das Stadium gemäß der Enneking-Klassifikation festgelegt. Ein extremitätenerhaltender Eingriff sollte bei allen malignen Tumoren in Betracht gezogen werden, bei denen der Tumor mit einem ausreichend weiten Sicherheitsabstand entfernt werden kann und die daraus resultierende Gliedmaße rettenswert ist. Ein ausreichender Sicherheitsabstand bewirkt, dass die Rate an Lokalrezidiven niedrig ist. Eine rettenswerte Gliedmaße bedeutet, dass der Funktionsgrad und das kosmetische Ergebnis akzeptabel sind, dass die Gliedmaße den täglichen Aktivitäten standhält und die Schmerzintensität niedrig ist. Diese Eingriffe werden u. a. durch eine falsch geführte Biopsie, eine Invasion des Gefäß-Nerven-Bündels und eine pathologische Fraktur erschwert. Die „three strikes rule“ ist eine einfaches, effektives Verfahren, die Möglichkeit eines extremitätenerhaltenden Eingriffs abzuschätzen. Jeder „strike“ repräsentiert den Befall einer der vier lebenswichtigen Komponenten, die für eine vitale Extremität benötigt werden: Knochen, Nerven, Gefäße und Weichteilmantel. Müssen für den Eingriff nur ein oder zwei Komponenten entfernt werden, um einen ausreichenden Sicherheitsabstand zu erhalten, kann der Eingriff wahrscheinlich durchgeführt werden. Müssen mehr als zwei Komponenten geopfert werden, ist diese Art des Eingriffs wahrscheinlich unmöglich. Bei malignen Knochentumoren ist in den allermeisten Fällen eine Resektion mit weiten Rändern ausreichend, um den Tumor zu kontrollieren. Marginale oder gar intraläsionäre Ränder führen in einem hohen Prozentsatz zu Lokalrezidiven und zu einer schlechten Prognose. Bei niedrig malignen oder malignen Knochentumoren nach präoperativer Chemotherapie kann ein marginaler Rand ausreichend sein. Viele Knochentumoren treten in der Metaphyse eines Knochens auf, sodass bei der Resektion der gesamte proximale oder distale Knochenabschnitt entfernt werden muss.Wenn der Tumor das Gelenk nicht kontaminiert hat, wird eine intraartikuläre Resektion durch das Gelenk durchgeführt. Ist das Gelenk jedoch kontaminiert, erfolgt eine extraartikuläre Resektion durch die benachbarten nichtbefallenen Knochenabschnitte, und das gesamte Gelenk einschließlich Kapsel wird entfernt. Tumoren, die im Schaft liegen, können durch eine Segmentresektion unter Schonung der Gelenke entfernt werden. 5.1 Diagnostik und Therapie Nach durchgeführter Tumorresektion muss ein rekonstruktiver Aufbau der Gliedmaße erfolgen. Bei kleinen Tumoren kann eine autologe Beckenkammplastik durchgeführt werden. In den meisten Fällen müssen jedoch größere Knochensegmente ersetzt werden. Dies kann durch Tumorprothesen (Megaprothesen), durch Allografts oder eine Kombination von beiden erfolgen. Tumorprothesen sind so konstruiert, dass sie das entfernte Knochensegment und das benachbarte Gelenk ersetzen. Modulare Prothesen, die während der Operation den Belangen des Patienten angepasst werden können, sind für Femur, Tibia und Humerus verfügbar. Daneben sind Einzelanfertigungen nach Maß und Spezialprothesen erhältlich. Die Prothese wird meistens einzementiert und muss als Scharniergelenk gebaut sein, da sie die Funktion der geopferten Ligamente übernehmen muss. Vorteile der Tumorprothese sind, dass sie gut anzupassen ist und durch die Einzementierung sofort stabil ist, wodurch der Patient früh mobilisiert werden kann. Jedoch kann sich die Prothese mit der Zeit lockern, und die Fixierung der Muskelsehnen an der Prothese ist schwierig. Eine Alternative ist der Ersatz des geopferten Knochens und ggf. auch des entfernten Gelenks durch einen großen Allograft. Es bestand die Hoffnung, dass der Allograft durch die körpereigenen Knochenzellen besiedelt und in vitalen Knochen umgebaut wird. Jedoch zeigte sich, dass nur ein geringer Prozentsatz der Allografts komplett revitalisiert wurde. Somit stellt der Allograft keinen biologischen Ersatz sondern einen Platzhalter dar. Allografts können frakturieren und sich infizieren, wobei eine postoperative Chemo- und/oder Strahlentherapie das Risiko erhöhen. Daneben wird gelegentlich eine Kombination aus Allograft und Prothese zur Rekonstruktion verwendet. Der Allograft ersetzt den geopferten Knochen und die Prothese das entfernte Gelenk. Ein Segmentresektat des Schaftes kann durch ein vaskularisiertes freies Fibulainterponat oder eine Distraktionsknochenneubildung, die auf dem Prinzip von Ilizarov beruht, ersetzt werden. 5.1.2.3 Chemotherapie Trotz eines adäquaten chirurgischen Eingriffs ist nach alleiniger chirurgischer Behandlung die Prognose von vielen hoch malignen Knochentumoren schlecht. So wurde in den 1980er Jahren in kontrollierten Studien mit Osteosarkomen beobachtet, dass nach alleiniger chirurgischer Therapie bei mehr als der Hälfte der Patienten innerhalb von sechs Monaten Lungenmetastasen auftraten und bei mehr als 80% innerhalb von zwei Jahren ein Lokalrezidiv entstand. Ähnlich schlechte Ergebnisse sind auch für Ewing-Sarkome bekannt, die bei alleiniger chirurgischer oder strahlentherapeutischer Behandlung eine Fünfjahresüberlebensrate von nur 10% aufweisen. Diese enttäuschenden Ergebnisse führten dazu, dass in den letzten 20 Jahren immer mehr dazu übergegangen wurde, chemosensible Tumoren mittels adjuvanter Chemotherapie zu behandeln. Heute werden alle konventionellen Osteosarkome, Ewing-Sarkome und die meisten malignen fibrösen Histiozytome chemotherapiert. Dabei erhalten die meisten Patienten eine präoperative (neoadjuvante) Chemotherapie, der der definitive chirurgische Eingriff folgt, dem sich eine postoperative Chemotherapie anschließt. Deutschlandweit werden identische Chemotherapieprotokolle eingesetzt, die von Studienzentralen vorgegeben, stratifiziert, modifiziert und ausgewertet werden. Diese Vorgehensweise hat den Vorteil, dass das Ansprechen auf die Chemotherapie am Resektat beurteilt werden kann, wobei man davon ausgeht, dass okkulte Metastasen ein identisches Ansprechen wie der Primärtumor zeigen. Der Grad des Ansprechens wird durch eine umfassende histologische Aufarbeitung des Resektats ermittelt. Sind im Resektat weniger als 10% vitale Tumorzellen vorhanden, spricht dies für ein gutes Ansprechen. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass die Tumoren bereits vor Chemotherapie ausgedehnte Nekrosen enthalten können. Es konnte mehrfach gezeigt werden, dass ein gutes Ansprechen mit einer wesentlich besseren Prognose als ein schlechtes Ansprechen einhergeht. Dieses Therapiekonzept erlaubt nach der definitiven Operation auch eine Modifikation der Chemotherapie bei den Patienten, die ein schlechtes Ansprechen zeigen. Durch die Einführung der Chemotherapie konnte beim Osteosarkom die Fünfjahresüberlebensrate von etwa 20% auf nahezu 80% bei gutem Ansprechen und auf etwa 50% bei primär schlechtem Ansprechen verbessert werden. Auch bei Ewing-Sarkomen beträgt die Fünfjahresüberlebensrate etwa 70%, wenn der Tumor primär gut auf die Chemotherapie anspricht. Allerdings gibt es eine Reihe von malignen Tumoren, die nicht chemosensibel sind. Hierzu zählen u. a. die klassischen Chondrosarkome und die Chordome. Seit Jahren wird versucht, den Grad des Ansprechens eines präoperativ chemotherapierten Tumors vor der Resektion abzuschätzen, da – zumindest theoretisch – bei einem guten Ansprechen der definitive Eingriff ggf. weniger radikal als bei einem schlechten Ansprechen durchgeführt werden kann. Für die Lösung dieser Aufgabe wurden die Möglichkeiten sämtlicher bildgebender Verfahren evaluiert. Es zeigte sich, dass nur die Dreiphasenskelettszintigraphie und die dynamische kontrastmittelverstärkte MRT eine begrenzte Abschätzung des Ansprechens erlauben. 167 168 Kapitel 5 Knochentumoren Literatur Anderson MW, Temple HAT, Dussault RG, Kaplan PA (1999) Compartmental anatomy: relevance of staging and biopsy of musculoskeletal tumors. AJR Am J Roentgenol 173: 1663–1671 Beltran J, Simon DC, Levy M et al. (1985) Aneurysmal bone cyst: MR imaging at 1.5 T. Radiology 158:689–690 Beltran J, Chandnani V, McGhee RA Jr, Kursunoglu Brahme S (1991) Gadopentate dimeglumine-enhanced MR imaging of the musculoskeletal system. AJR Am J Roentgenol 156: 457–466 Beltran J, Aparisi F, Bonmati LM et al. (1993) Eosinophilic granuloma. MRI manifestations. Skelet Radiol 22:157–161 Caluser CI,Abdel-Dayem HM, Macapinlac HA et al. 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