Sprachen Debora Hübler Interkulturelle Werbestrategien Diplomarbeit Interkulturelle Werbestrategien Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades einer Diplom-Übersetzerin Humboldt-Universität zu Berlin Philosophische Fakultät II Institut für Romanistik Eingereicht von Debora Hübler geb. am 24.02.1982 in Erfurt Tag der Abgabe: 18.09.2006 Kurzbeschreibung Werbung ist eine Spezialform von Kommunikation, deren Ziel die Beeinflussung des Kaufverhaltens des Adressaten ist. In dieser Arbeit wird Werbung untersucht, die darauf abzielt, in einem anderen kulturellen Umfeld als demjenigen, in dem das zu bewerbende Produkt konzipiert worden ist, veröffentlicht zu werden. Untersucht wurde, welche Strategien bei der Adaption von Werbeanzeigen für Zeitschriften angewendet werden. Nach eingehender Analyse von 313 Anzeigen wurde festgestellt, dass am häufigsten Strategien vorzufinden sind, die sich auf die kulturspezifische Umgestaltung und Anpassung der Werbeanzeige an den Zielmarkt beziehen. I Danksagung Zu Beginn möchte ich mich bei Prof. Kalverkämper für die äußerst inspirierenden Vorlesungen und Seminare bedanken, die mein Verständnis für die Bedeutung eines kulturellen Feingefühls in allen Kommunikationssituationen entscheidend geprägt haben. Großen Dank schulde ich außerdem Anna Kucharska und Esther Hiller, die sich die Zeit genommen haben, meine Arbeit Korrektur zu lesen und mir einige gute Hinweise dazu gegeben haben. Nicht zu vergessen seien die vielen Freunde und Bekannte, die mit ihren Zeitschriften zum Textkorpus beigetragen haben. Am meisten am Entstehungsprozess dieser Arbeit teilgenommen hat jedoch mein Ehemann, Stephan Hübler, der mich während der gesamten Zeit nicht nur seelisch und moralisch unterstützte, sondern mir bei der formalen Erstellung dieser Arbeit mit dem Programm Latex tatkräftig zur Seite stand. Aus diesem Grund sei dieses Werk auch ihm gewidmet. II Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Theoretische Grundlagen 3 2.1 2.2 Forschungssituation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 2.1.1 Werbung in unterschiedlichen Forschungsbereichen . . . . . . . . . . 3 2.1.2 Linguistisch-kulturwissenschaftliche Aspekte . . . . . . . . . . . . . 4 Forschungsgegenstand Werbeanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.1 Kurze Einführung in die Werbelehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 5 2.2.2 Elemente einer Werbeanzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.2.1 Schlagzeile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.2.2 Unterüberschrift . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.2.3 Fließtext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 2.2.2.4 Abbinder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2.5 Slogan . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2.6 Produktname . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2.7 Weitere Textelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 2.2.2.8 Bildelemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.3 Allgemeine Analyseaspekte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 2.2.4 Zentrale Begriffe und ihre Definitionen . . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.4.1 Kommunikationsform Werbung . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.4.2 Interkulturelle Werbestrategien . . . . . . . . . . . . . . . 11 2.2.4.3 Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 3 Strategien interkultureller Werbung 3.1 13 Grundlagen der Bildrezeption . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 3.1.1 Bsp. Volvo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 3.1.2 Auswertung Volvo-Test . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17 3.1.3 Kultur-Komponente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 III IV INHALTSVERZEICHNIS 3.2 Produktionsbedingungen in Werbeagenturen . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 3.3 Textveränderungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.3.1 Textbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 3.3.2 Aussagenkonstanz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 3.3.3 Veränderung der Aussage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.4 3.5 3.3.3.1 Bsp. Mexx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 3.3.3.2 Bsp. Clarins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Paralleltext zur Anzeige: Internettext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 3.4.1 Bsp. Internetauftritte des Citroën C3 Pluriel . . . . . . . . . . . . . 33 Bild-Text-Verflechtungen innerhalb einer Anzeige . . . . . . . . . . . . . . 35 3.5.1 Gleichwertigkeit Bild-Text . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.5.1.1 Bsp. Volvo XC90 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 3.5.1.2 Bsp. Miele Staubsauger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Textdominante Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 3.5.2.1 Bsp. McDonald’s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 3.5.2.2 Bsp. Vichy Oligo 25 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Bilddominante Werbung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.5.3.1 Bildkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 3.5.3.2 Bild-Strategien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 3.5.3.3 Imageries . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.5.3.4 Emotionaler Zusatznutzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.5.3.5 Emotionstheorien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 3.5.3.6 Untersuchungsaspekte beim Bild . . . . . . . . . . . . . . 50 3.5.3.7 Bsp. Marlboro . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Standardisierungsdebatte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.6.1 Pro: Globalisierung der Jugendkultur . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 3.6.1.1 Jugendsprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3.6.1.2 Bsp. Adidas . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 Bsp. Filmplakat Save the last dance“ . . . . . . . . . . . ” Kontra: Wirkungsvariabilität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 59 3.6.2.1 Bsp. für kulturelle Missverständnisse . . . . . . . . . . . . 61 3.6.2.2 Bsp. Volvo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 Ansätze zur Überwindung kultureller Unterschiede . . . . . . . . . 62 3.6.3.1 Kulturübergreifende Kriterien . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3.6.3.2 Kulturfreie Produkte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 3.6.3.3 “Universal Appeals“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 3.5.2 3.5.3 3.6 3.6.1.3 3.6.2 3.6.3 V INHALTSVERZEICHNIS 3.6.4 3.6.3.4 Sex als Werbeappeal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 3.6.3.5 Kulturcluster . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.7 Kulturspezifische Themenunterschiede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 3.8 Stereotypen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3.8.1 Stereotypen über Franzosen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.8.2 Stereotypen über Deutsche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 3.8.3 Stereotypen über US-Amerikaner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3.8.3.1 Einfluss der USA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 Anglizismen u.a. fremdsprachige Elemente . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 3.9.1 Gegen die übermäßige Verwendung von Anglizismen . . . . . . . . . 82 3.9.2 Verwendung von Anglizismen und Fremdwörtern . . . . . . . . . . 83 3.9.3 Bsp. Calvin Klein Eternity . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.9.3.1 Deutsche CK-Anzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 3.9.3.2 Französische CK-Anzeige . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 Verständlichkeit und Verstehensprozesse . . . . . . . . . . . . . . . 88 3.10 Kulturspezifische Darstellungsformen - Comics . . . . . . . . . . . . . . . . 90 3.11 Kulturabhängige Tabus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 3.9 3.9.4 4 Auswertung 100 4.1 Kriterien für die Erstellung interkultureller Werbung . . . . . . . . . . . . 100 4.2 Schlussbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 Literaturverzeichnis 103 Quellenverzeichnis 107 Abbildungsverzeichnis 109 A Korpus 113 B Ergänzende Anzeigen 128 C Schriftverkehr 134 C.1 Frau A., Clarins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 C.2 Frau K., Gramm, Volvo . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 C.3 Frau L., Gramm, Mexx . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 Kapitel 1 Einleitung Werbetexte zeichnen sich durch ihre ungeheure Vielfalt und ihre Kreativität in Wort und Bild aus, weswegen man sie auch als Kunstgegenstand betrachten kann. Sie existieren in unterschiedlichen medialen Formen: in der mündlichen Sprache (Mundpropaganda), in geschriebener Sprache und Bildern (Anzeigenwerbung), in bewegten Bildern (Fernsehspots) und in multimedialer Form im Internet, wo der Rezipient interaktiv auf eine Annonce reagieren kann. Als ein verschiedenartig materialisiertes Steuerungsmedium, das auf die Denk- und Hand” lungsweise von anderen Einfluss nimmt bzw. nehmen soll“ ([Kalverkämper 2004a], S. 129) sind Werbetexte per definitionem auf den Adressaten ausgerichtet (vgl. [Kalverkämper 2004a], S. 132). Dem Zweck von Konsumwerbung, das Kaufverhalten der Konsumenten zu beeinflussen, müssen auch interkulturelle Werbestrategien unterworfen sein. Mittels der Analyse jeweils zweier Werbeanzeigen und deren Vergleich werden in dieser Arbeit Strategien beim Übertragen von Werbung von einer Sprache und Kultur in die andere untersucht (s. Kap. 3), und es wird versucht, allgemeingültige Kriterien für interkulturelle Werbung aufzustellen (s. Kap. 4.1). Dazu werden 313 ein- bzw. zweiseitige Anzeigen aus deutschen, französischen und USamerikanischen Zeitschriften zu den Produktbranchen Automobile, Kosmetik, Parfüm, Mode, Zigaretten, Nahrungsmittel, Hausgeräte, Mobilfunk und Schuhe untersucht. Die sogenannten Werbemittel stammen aus den Jahren 1998 bis 2006. Schwerpunktmäßig werden deutsche Anzeigen für französische Produkte mit deren 1 2 Originalanzeigen bzw. französische Anzeigen mit deren ursprünglich deutschen Anzeigen verglichen, aufgrund des großen Einflusses der englischen Sprache und v.a. der USamerikanischen Kultur auf das Deutsche wie auf das Französische werden jedoch auch einige US-amerikanische Werbeanzeigen in die Anaylse mit einbezogen. Die vorliegende Arbeit ist eine linguistisch-kulturwissenschaftliche, die jedoch soziologische, gestalterische und ökonomische Aspekte nicht unberücksichtigt lassen kann. Obwohl der Hauptforschungsgegenstand die Sprache ist, darf die nähere Untersuchung von Bild-TextBeziehungen aufgrund der für Werbebotschaft und Werbewirkung enormen Bedeutung visueller Elemente nicht ausbleiben (s. Kap. 3.5). Da eine Werbeagentur wie jedes Wirtschaftsunternehmen auf Rentabilität ausgerichtet ist, werden Werbeanzeigen in der Praxis häufig standardisiert, also so vereinheitlicht, dass lediglich eine Übersetzung des Textes notwendig ist, weswegen in dieser Arbeit auch auf die Frage der Standardisierbarkeit von Werbung eingegangen wird (s. Kap. 3.6). Kapitel 2 Theoretische Grundlagen 2.1 2.1.1 Forschungssituation Werbung in unterschiedlichen Forschungsbereichen Zahlreiche Wissenschaften beschäftigen sich mit Werbung, was darauf schließen lässt, dass man das Thema Werbung aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln betrachten kann. In ihrer Funktion als Spiegel der Gesellschaft ist Werbung für Wirtschaftswissenschaften, aber auch für Theologie, Volks- und Landeskunde, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte oder Kunstgeschichte ein wichtiger Forschungsgegenstand (vgl. [Janich 2003], S. 16). Bereits ab 1920 wurden grundsätzliche Werke im werbewirtschaftlichen und wirtschaftswissenschaftlichen Bereich veröffentlicht. Den ersten Aufschwung erlebte die Werbeforschung jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Seit den 50er/60er Jahren wurden zahlreiche Ratgeber zu Gestaltungsgrundsätzen für die Werbung herausgebracht. Weitere Untersuchungsfelder sind Werbepsychologie und Werbewirkungsforschung, die u.a. Gestaltungsaspekte und Wirkungszusammenhänge sowie Verständlichkeit von Werbung oder Aspekte der Informationswahrnehmung und -verarbeitung untersuchen. In den 60er Jahren nahm die sprachwissenschaftliche Forschungsliteratur zur Werbesprache zu, wobei sie sich meist mit Produktnamen und Slogans beschäftigte. Lange Zeit wurde diese Forschung von Vance Packards Die geheimen Verführer“ (erstmals 1957) geprägt, der ” Werbung als Manipulation des Menschen sieht und vor einem Verfall der Sprache warnt. Das Standardwerk der Germanistik zur Werbesprache ist Ruth Römers 1968 veröffentlichte Monographie Sprache der Anzeigenwerbung“, die bisher durch kein aktuelleres, umfassen” deres Werk zu diesem Thema ersetzt werden konnte. 3 2.1. FORSCHUNGSSITUATION 4 In den 70er Jahren lässt sich eine Zunahme an sprachwissenschaftlicher Literatur feststellen, die sich mit allen möglichen Einzelaspekten der Werbesprache beschäftigt, in den 80ern untersuchte man schwerpunktmäßig die Verwendung von Anglizismen, rhetorische Mittel, Werbestrategien und bezog auch Bilder in die Forschung mit ein. Schließlich wurden in den 90er Jahren alle sprachlichen Aspekte von Werbeanzeigen neu angegangen (vgl. [Janich 2003], S. 13-15). 2.1.2 Linguistisch-kulturwissenschaftliche Aspekte Aus Sicht der Translationswissenschaft als interdisziplinärem Forschungsbereich interessieren bei der Untersuchung von Werbung vor allem sprach- und kulturwissenschaftliche Aspekte. Der kulturwissenschaftliche Blickwinkel kommt hinzu, wenn bspw. eine französische Werbung ins Deutsche übersetzt werden soll. Unter Übersetzen verstehen wir in dieser Arbeit nicht nur das sich eng an den Text haltende Übertragen eines Wortes in die andere Sprache, sondern die Weitergabe von Text und Bild unter Berücksichtigung kultureller Unterschiede und dies entsprechend unterschiedlicher Traditionen und Konventionen. Folgenden Fragen, mit denen man sich bei der Untersuchung von Werbung aus translationswissenschaftlicher Sicht beschäftigen kann, wird in dieser Arbeit nachgegangen: In welchen Fällen ist es möglich, lediglich den Text einer Anzeige zu übersetzen und alles Weitere bedenkenlos zu übernehmen? (s. Kap. 3.6) Welchen Einfluss hat die Verwendung von Anglizismen in der Werbung auf die deutsche Sprache und weshalb sind sie bei Werbetextern so beliebt? (s. Kap 3.9.2) Gibt es Unterschiede in der verbalen bzw. visuellen Umsetzung von Werbung, die sich eventuell auf eine unterschiedliche Tradition in der Gestaltung von Werbung zurückführen lassen? (s. Kap. 3.10) Spielen kulturabhängige Tabus eine Rolle in der Werbung? (s. Kap. 3.11) etc. Im Prinzip wird durch die einzelnen Kapitel dieser Arbeit hindurch wird immer wieder nach der Bedeutung der Kulturkomponente in Werbeanzeigen für die gewünschte Wirkungskonstanz gefragt. Als Spiegel der Gesellschaft beinhaltet und vermittelt Werbung Kultur, die ja ein Teil der Gesellschaft ist; da ein Merkmal von Kultur das Empfinden von Identität ist, kann man sagen, dass Werbung auch ein Stück gesellschaftliche Identität wiedergibt. Wie wird jedoch die gesellschaftliche Identität in fremdsprachigen Werbeanzeigen deutlich bzw. bewusst deutlich gemacht? Werden fremdkulturelle Elemente in deutschsprachigen Werbeanzeigen als solche erkannt? Wenn ja, werden sie abgelehnt, akzeptiert oder gar in die eigene Le- 2.2. FORSCHUNGSGEGENSTAND WERBEANZEIGE 5 bensweise übernommen? Diese Fragen würden den Rahmen dieser Arbeit sprengen und werden hier deshalb nicht konkret behandelt, es könnte jedoch interessant sein, sie bei der eigenen Rezeption von Werbeanzeigen oder -spots im Hinterkopf zu behalten. 2.2 Forschungsgegenstand Werbeanzeige 2.2.1 Kurze Einführung in die Werbelehre Werbung wird die geplante, öffentliche Übermittlung von Nachrichten dann genannt, wenn ” die Nachricht das Urteilen und/ oder Handeln bestimmter Gruppen beeinflussen und damit einer Güter, Leistungen oder Ideen produzierenden oder absetzenden Gruppe oder Institution (vergrößernd, erhaltend oder bei der Verwirklichung ihrer Aufgaben) dienen soll.“ ([Hoffmann 1981], S. 10) Eine Werbekampagne kann unterschiedliche Ziele verfolgen, die Einführung eines neuen Produktes (Einführungswerbung), die Absatzsicherung (Erhaltung- oder Erinnerungswerbung), die Stabilisierung gegenüber Konkurrenten oder die Expansion. Es gibt aber laut [Schweiger 1995], S. 55ff auch Ziele, die nicht so unmittelbar messbar sind und deshalb als Ersatzziele bezeichnet werden - wie die Bildung eines Images, die Verbesserung der Markenkenntnis etc. Wichtig ist die Bestimmung der Zielgruppe, auf die die Werbekampagne ausgerichtet ist. Die Zielgruppe wird nach [Zielke 1991], S. 106 aufgrund folgender Merkmale bestimmt: soziodemographische Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Beruf, psychologische Merkmale wie Denkweise, Vorurteile, aktive und passive Sprachkompetenz, soziologische Merkmale wie z.B. Seh-, Lese- und sonstige Mediennutzungsgewohnheiten und aufgrund von Konsumdaten über die vorhandene Ausstattung mit Konsumgütern bzw. Konsumbedürfnisse und das reale Kaufverhalten. Bei der Werbeplanung muss darauf geachtet werden, wie ein Werbeinhalt dargestellt werden soll - auf eher rationale oder auf emotionale Art und Weise. In der Werbewissenschaft wird hier von zwei Werbeformen, der Low-Involvement- und der High-Involvement-Werbung, gesprochen. Erstere Werbeform erreicht Leser mit niedrigem Involviertheitsgrad, d.h. Leser, die Werbung nur flüchtig wahrnehmen und von sich aus kein Interesse an dem beworbenen Produkt haben. Diese Werbung kommuniziert vorrangig über Bilder und stimuliert Emotionen. High-Involvement-Werbung ist Werbung für aktive Rezipienten, die ein gewisses Interesse am Beworbenen haben und die Werbeanzeige als Mittel der Informierung nutzen 2.2. FORSCHUNGSGEGENSTAND WERBEANZEIGE 6 (vgl. [Zielke 1991], S. 116f). Da es sich am besten für einen Vergleich eignet, Werbemittel derselben Werbeträger zu verwenden, sollen in dieser Arbeit vor allem ein- bzw. doppelseitige Werbeanzeigen aus Zeitschriften untersucht werden. 2.2.2 Elemente einer Werbeanzeige An dieser Stelle seien daher die wichtigsten Elemente einer Werbeanzeige aufgeführt und näher erläutert. 2.2.2.1 Schlagzeile Die Schlagzeile, in der Fachsprache auch, nach dem englischen Begriff, Headline bezeichnet, dient laut [Janich 2003], S. 43 als Aufhänger einer Anzeige. Sie soll das Interesse des Lesers wecken und die Werbebotschaft zusammenfassen. Auf Plakaten ist sie neben Produktnamen und Slogan meist die einzige Textzeile. Von der Form her hebt sie sich typografisch vom restlichen Text ab und befindet sich am nächsten zum oberen Anzeigenrand. Manchmal steht sie auch unter dem Bild oder zwischen der Fotografie und fungiert somit als Bildunterschrift. Wenn sich über der Schlagzeile doch noch ein Textelement befindet, dann ist dieses in einer kleineren Schriftart gedruckt und wird Topline“ genannt ” (vgl. [Zielke 1991], S. 67ff). 2.2.2.2 Unterüberschrift Die Unterüberschrift (Subheadline) dient der Erweiterung und Präzisierung der Schlagzeile und ist inhaltlich eng mit ihr verbunden. Außerdem stellt sie einen Brückenschlag zum Fließtext her (vgl. [Zielke 1991], S. 69f). 2.2.2.3 Fließtext Der Fließtext (Copy) führt die Schlagzeile näher aus und plausibilisiert sie. Es werden die Vorteile des Produktes aufgezählt und erklärt, weswegen es unbedingt notwendig ist, es zu kaufen. Ob er eine informatorische Funktion besitzt, ist jedoch fraglich - seine Existenz dient in jedem Falle dazu, Glaubwürdigkeit zu erzeugen (vgl. [Janich 2003], S. 48). Des Weiteren ist der Fließtext oft eine sprachliche Umschreibung des Bildmotivs. Laut [Zielke 1991], S. 81 unterscheidet man zwischen Kurztexten (Shortcopies) und Langtexten (Longcopies). Erstere dienen v.a. der Verstärkung der Glaubwürdigkeit der Anzeige,