Freitag, 19. März 2010 Persönlich Glarner Woche 9 «Wie beseele ich diese Frau?» Ruth Freitag ist eine der Protagonistinnen im Freilichtspiel «Annas Carnifex» Am 4. August findet in Mollis die Uraufführung des FreilichtFestspiels «Annas Carnifex» statt. Ruth Freitag aus Haslen spielt die Arzt- und Richterfrau Elsbeth Tschudi aus Glarus. Sie findet es unheimlich spannend, die Rolle mitgestalten zu können. Von Madeleine Kuhn-Baer Sie spielte schon als Kind gerne Theater, war ein «sehr lebenslustiges, bewegungs- und freiheitsliebendes Mädchen», wie Ruth Freitag sagt. Sport liebte sie über alles, ebenso Tiere, die sie oft ohne Vorwarnung nach Hause brachte: «Ich wusste, dass nicht gerade jedes willkommen war, wie zum Beispiel die Stabheuschrecken oder die weissen Mäuse. Einmal aber im Haus, gingen sie selten wieder hinaus.» So hätte sie sich auch vorstellen können, Tierärztin zu werden (wie ihr Grossvater). Sie tat es aber ihrem Vater gleich und erwarb das Lehrerpatent. «Reise des Lebens» 1980 heiratete sie Pankraz Freitag und zog mit ihm drei Kinder gross. Während der Zeit als Mutter und Hausfrau hatte sie diverse Stellvertretungen an verschiedenen Schulgemeinden und Stufen inne. Von 2001 bis 2003 bildete sie sich zur Schulischen Heilpädagogin an der interkantonalen Hochschule für Heilpädagogik in Zürich aus und arbeitete anschliessend an der Einführungsklasse der Schulgemeinde Mollis im Job-Sharing. Dort hat sie nun gekündigt und beginnt diesen April an der Schule Männedorf ein Vikariat mit anschliessender Anstellung als Schulische Heilpädagogin an der Unterstufe für IFUnterricht (Integrative Förderung). Von 1986 bis 1995 gehörte sie zudem dem Schulrat Haslen an, von 1998 bis 2003 war sie Vizepräsidentin des Jugendgerichtes des Kantons Glarus. Eines ihrer Hobbys ist Oldtimer fahren und gipfelte 2007 in der Teilnahme am «The Borghese Memorial-Ral- Ruth Freitag spielt in «Annas Carnifex» die Rolle der Elsbeth Tschudi. Bild Madeleine Kuhn-Baer lye Peking–Paris», was sie heute noch als «Reise des Lebens» bezeichnet. «Einmalige Chance» Die Leidenschaft, Theater zu spielen, hatte vor allem ihr Erstklasslehrer Fritz Kamm aus Schwanden in ihr geweckt. An der Kantonsschule spielte sie beim «Rattenfänger von Hameln» unter der Leitung von Otto Brühlmann mit, später beteiligte sie sich an den Theaterstücken beim Kränzli des Turnvereins Haslen, «was immer sehr lustig war», wie sie betont. Und nun stand plötzlich die einmalige Chance im Raum, unter der Regie einer erfahrenen Regisseurin mitzuwirken an einem besonderen Freilichtspiel, das «eine Thematik beinhaltet, die auch 225 Jahre nach dem Ereignis kaum an gesellschaftlicher Brisanz verloren hat und immer noch die Gemüter vieler Menschen, vor allem Frauen, bewegt». Der Gedanke, «etwas beitragen zu dürfen, dass die Gesellschaft wachsam bleibt gegenüber Vorurteilen, Ungerechtigkeiten, gesellschaftlichen Zwängen, Normen und Ängsten», begann von ihr Besitz zu ergreifen. Sie wusste: «Ich muss den Augenblick packen.» So nahm sie allen Mut zusammen und meldete sich zum Casting an. «Kraft und Lebensfreude» Mit der Rolle der Arzt- und Richtergattin Elsbeth Tschudi, die ihr zugeteilt wurde, hatte sie sich vorher nicht auseinandergesetzt. «In den Geschichten, die ich gelesen habe, agiert sie im Hintergrund, hat kein eigentliches Gesicht. Man schiebt ihr das Böse zu, gar die Schuld am Tod von Anna.» Ruth Freitag bezeichnet es als seltenes Glück, «mit einer so erfahrenen, kompetenten und vor Energie sprühenden Regisseurin wie Barbara Schlumpf Theater spielen zu dürfen». Spannend findet sie die Möglichkeit, mitzugestalten. Es sei aufregend, eine Rolle zu beleben, sich langsam in sie hinein zu fühlen, sich mit ihr auseinander zu setzen, sie zu verstehen und gerne zu bekommen. Sie vertraut auch auf die Stärke des Teams: «Mit anderen gemeinsam nach Ausdrucksformen, Gestaltungselementen zu suchen, andere zu verstehen, gemeinsam etwas Stück um Stück zu einem Ganzen zusammenzufügen, finde ich unheimlich spannend, begeistert mich, gibt mir Kraft und Lebensfreude.» So wünscht sie sich eine beglückende Probenzeit für alle Beteiligten, «sodass wir zu einer starken Theaterfamilie zusammenwachsen und, begleitet von einem traumhaft schönen Som- mer, dieser einmalige Anlass für die Zuschauer und uns zu einem unvergesslich schönen Erlebnis wird». PERSÖNLICHES VORNAME, NAME Ruth Freitag-Zweifel ALTER 51, Zwilling WOHNORT Haslen BERUF Primarlehrerin, Heilpädagogin HOBBYS Lesen, Oldtimer, Ski- und Snowboardfahren, Tauchen, Golf, Wandern, Kinobesuche LIEBSTER ORT IM KANTON Am Wasser (im Klöntal, entlang der Linth, an einem Bergbach oder Bergsee) LIEBLINGSESSEN Polenta mit Ziger und Apfelmus LIEBLINGSMUSIK Dire Straits, Herbert Grönemeyer GRÖSSTES ANLIEGEN Eine Gesellschaft, in der möglichst viele Menschen glücklich leben können, in der Kinder noch Kinder sein dürfen und Verschiedenheit als Chance angeschaut wird