Überblick der angebotsorientierten Wachstumspolitik und

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Wirtschaft
Michael Werner
Überblick der angebotsorientierten
Wachstumspolitik und Vorstellung der
Keynesianischen Alternative
Ableitung konkreter Möglichkeiten für die aktuelle
Situation unter Berücksichtigung theoretischer Kritik als
auch historischer Erfahrungen
Studienarbeit
1. Einleitung
„Was wir vor der Bundestagswahl den Wählerinnen und Wählern versprochen haben, gilt
auch danach: Steuererhöhungen zur Krisenbewältigung kommen für uns nicht in Frage.
...Deswegen wollen wir ein einfacheres, niedrigeres und gerechteres Steuersystem.
...Wir setzen deshalb auf eine Strategie für nachhaltiges Wachstum auf Grundlage der
Sozialen Marktwirtschaft.“1
Diese Zitate aus der Präambel des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP
zeigen, welchen Weg die Regierungskoalition beschreiten möchte. In Ablehnung einer
keynesianischen
Konzeption
setzt
die
Regierung
auf
eine
angebotsorientierte
Wachstumspolitik, bei derer mittels Deregulierung, der Verbesserung der Angebotsbedingungen und Steuersenkungen die Wirtschaft der Bundesrepublik Deutschland wieder
zu konstantem Wachstum finden soll.
Die vorliegende Hausarbeit wird mittels eines Überblicks die Konzeption einer angebotsorientierten Wachstumspolitik und ihrer keynesianischen Alternative vorstellen. Aus beiden
Modellen werden konkrete Möglichkeiten für die aktuelle Situation abgeleitet unter
Berücksichtigung sowohl theoretischer Kritik, als auch historischer Erfahrungen, die im
Schlussteil in einer Empfehlung zusammengeführt werden.
2. Möglichkeiten der Wachstumspolitik
2.1.
Keynes und die nachfrageorientierte Wachtumspolitik
Der englische Ökonom John M.Keynes hat mit seinem grundlegendem Werk, die
„Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes“2 nicht nur auf die
Wirtschaftswissenschaften und ihre Theorien, sondern und vor allem auf die praktische
Wirtschaftspolitik im 20.Jahrhundert immensen Einfluss genommen. Durch das Miterleben
der Grenzen der klassischen Wirtschaftstheorie während der Weltwirtschaftskrise 1929
und der Folgejahre angeregt, stellte er im Gegensatz zur dieser die gesamtwirtschaftliche
1
In: Präambel des Koalitionsvertrages zwischen CDU, CSU und FDP vom 24.10.2009, S.5
Keynes, John Maynard: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. Berlin 2000
2
1
Nachfrage in einer Volkswirtschaft als entscheidenden Motor für Einkommen und
Beschäftigung in den Mittelpunkt seiner Theorie3.
In
der
klassischen
Wirtschaftstheorie
wurde
davon
ausgegangen,
dass
der
Marktmechanismus automatisch zu einem Vollbeschäftigungsgleichgewicht tendiert,
sodass es keine anhaltende Arbeitslosigkeit geben könne. Der Gedanke hierbei ist, dass
Beschäftigung nur vom Lohnsatz und der Sorge des Staates für einen bestmöglichen
Informationsfluss abhänge. In der Folge regulieren die Marktgesetze ganz in Anlehnung an
Smith´s „unsichtbare Hand“ das Geschehen selbstständig, in dem bei erhöhtem Angebot
an Arbeitskraft durch überhängige Arbeitslose es zu einer Preissangleichung, in diesem
Fall Lohnsenkung, komme, und zwar so lange bzw. tief, bis alle Arbeitssuchenden
eingestellt sind. Praktisch ins Wanken geriet dieses Modell und die an ihr angelehnte
Politik unter anderem auch durch die Spirale aus Inflation, damit einhergehender
verringerter Nachfrage und dadurch steigender Arbeitslosigkeit. In einem derart
unattraktivem Markt bleiben nun auch Investitionen aus, für Keynes der Hauptgrund der
Wirtschaftskrise4. Die gesparten Mittel werden nicht investiert, ein Übersparen ist die
Folge, dass zu einem Rückgang von Volkseinkommen und Beschäftigung führt5. Keynes
zog
hieraus
den
bereits
eben
erwähnten
Schluss,
dass
die
entstandene
Gesamtnachfragelücke nur durch den Staat als einzige autonome Instanz, die die
benötigte Nachfrage schaffen könne, zu beheben sei. Er sieht in einer „..Verstaatlichung
der
Investition
das
einzige
Vollbeschäftigung..“6Nach
Mittel
Keynes
zur
Erreichung
bestimmt
die
einer
effektive
Annäherung
an
die
gesamtwirtschaftliche
Güternachfrage sowohl die wirtschaftliche Aktivität und auch den Beschäftigungsstand,
sodass das Wachstum der tatsächlichen Produktion durch den Staat als Akteur zu
beeinflussen ist. Der Staat erhöht in diesem Modell also die Staatsausgaben und damit
direkt die Gesamtnachfrage, senkt zugleich die Steuern und ermöglicht so höhere
Konsum- und Investitionsausgaben im privatem Sektor. Zur Finanzierung dessen kann der
Staat sich gegebenenfalls verschulden – das sogenannte deficit spending7.
Die derart stimulierte Wirtschaft führt zu vermehrter Beschäftigung, die wiederum die
Nachfrage steigert und so die Unternehmen zu Investitionen anregt. Ist durch diese
Maßnahmen die Negativentwicklung durch ein Konjunkturhoch und damit einhergehend
3
Zu klassischen Wirtschftstheorie vgl.: Albers, Hans-Jürgen u.a.: Volkswirtschaftslehre. Haan-Gruiten 200, S.189ff.
Hochstätter, Matthias: Karl Schiller – eine wirtschaftspolitische Biografie, Diss. Hannover 2006, S.164ff.
5
Keynes, John Maynard: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. Berlin 2000, S. 124ff.
6
Ebd.: S.318
7
Albers, Hans-Jürgen u.a.: Volkswirtschaftslehre. Haan-Gruiten 200, S.401
4
2
einem hohen Beschäftigungsstand abgelöst worden, verhält sich der Staat genau
gegenteilig, um das während des Konjunkturtiefs durch seine gleichzeitig verminderten
Einnahmen (Steuersenkungen) bei erhöhten Staatsausgaben entstandene Haushaltsdefizit
wieder abzubauen – die Steuern werden wieder erhöht, die Ausgaben zurückgefahren,
beides in dem Maße, dass die Konjunktur nicht gleich wieder „abgewürgt“ wird8.
Durch ein solch antizyklisches Verhalten des Staates in Reaktion auf Konjunkturschwankungen soll insgesamt eine Stabilisierung durch die beschriebene Beeinflussung
gesamtwirtschaftlicher Größen erreicht werden. Der Staat greift mit Mitteln der
Prozesspolitik, hier vor allem der Fiskalpolitik durch den Einsatz der öffentlichen Finanzen
in den Wirtschaftskreislauf ein, um ein gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht zu erreichen.
Er beschränkt sich also nicht mehr auf seine weiterhin wahrgenommenen Rollen des
Garanten für Recht und Sicherheit sowie als Rahmengeber für einen funktionierenden
Wettbewerb mittels seiner Ordnungspolitik. Wichtig erscheint hier, dass Keynes im
Gegensatz zur Planwirtschaft auf die Globalsteuerung der Nachfrage wie oben
beschrieben zielt, nicht auf die Verstaatlichung der Produktion9. Durch die staatliche
Steuerung der gesamtwirtschaftlichen Größen (Produktion und die davon abhängige
Nachfrage)
soll
eine
krisenfreie
Entwicklung
der
Marktwirtschaft
und
ein
gesamtwirtschaftliches Gleichgewicht erreicht werden, vor allem durch die Steuerung der
Investitionsnachfrage durch den Staatshaushalt. Eine durch „höhere Besteuerung der
großen Einkommen und Erbschaften“10
erreichte Einkommensumverteilung zu den
niedrigen Einkommen mit höherer Konsumneigung und die damit verbundene Erhöhung
des Konsums stimulieren die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und verhindern große
Einkommensunterschiede, die nach Keynes eine hohe Sparneigung nach sich ziehen und
daher gesamtwirtschaftlich gesehen Investitionsmittel binden – ein auffälliger Gegensatz
zu den an den Beginn der Arbeit gestellten Zitate!11
8
Hochstätter, Matthias: Karl Schiller – eine wirtschaftspolitische Biografie, Diss. Hannover 2006, S.171
Hochstätter, Matthias: Karl Schiller – eine wirtschaftspolitische Biografie, Diss. Hannover 2006, S.166
10
Keynes, John Maynard: Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. Berlin 2000, S.13f.
11
Vgl. Koalitionsvertrag S.13: Die Koalitionsregierung grenzt sich an dieser Stelle deutlich von Keynes ab, dazu dann
Kapitel 4 dieser Arbeit
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