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Debil wie nie: Die Ärzte alias Laternen Joe beim Geheimkonzert in Für...
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REDAKTION STATUT IMPRESSUM
20. April 2011
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Debil wie nie: Die Ärzte alias Laternen Joe beim
Geheimkonzert in Fürstenfeldbruck
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Debil wie nie: Die Ärzte alias Lat...
von Michael Grill
Die Aufregung war riesig, doch der Wahnsinn fand vor allem vor dem
Konzert statt: Die Ärzte, Deutschlands erfolgreichste und beste
Punkrock-Band, sind unter dem Namen Laternen Joe auf geheimer Tour
durch kleinere Hallen. Tausende Fans balgten sich im Internet um die
wenigen und nur personenbezogen verkauften Tickets, auch das
Fürstenfeldbrucker Veranstaltungsforum mit Platz für gut 1500 Besucher
war in Minuten ausverkauft. Und dazu noch ein kleiner Eklat beim
Tourauftakt am Vortag in Zwickau: Einige Fans rasteten aus, weil ihnen 90
Minuten Konzert nicht genügten, im Internet begann daraufhin ein
regelrechter Cyber-War zwischen Enttäuschten und Verteidigern der
Band. Eingedenk dessen verlief das Konzert in Fürstenfeld sehr entspannt
und harmonisch.
Kein Frieden in Sicht
Oberklasse sticht Untergiesing
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Lichtzeichen in
FFB am 19. April
2011. Foto: gr.
Das hatte auch damit zu tun, dass die Laternen-Ärzte auf der Bühne immer
wieder durchblicken ließen, wie sehr sie die ungewohnt aggressiven Fan-Aufwallungen beschäftigen.
Sie machten es auf ihre typische ironische Weise, doch die Botschaft kam an: „Ihr wisst schon, dass
es bald wieder vorbei ist, oder lest ihr etwa kein Internet?“ – „Morgen werden wieder 40 Leute
posten, wie scheiße Farin drauf war, und dass er das ja alles nur noch wegen der Kohle macht.“ –
„Gefällt’s euch wirklich, oder sagt ihr das nur, damit ihr bald wieder an die Rechner könnt?“
Aber es gab ja auch noch Musik, insgesamt diesmal zwei
Stunden, und die war sehr speziell. Zunächst sang das
Publikum das Kinderlied „Ich geh’ mit meiner Laterne“, ein
schönes Entree in den Satire-Ironie-Kosmos der Band. Die
spielte erst mal einige neue Laternen-Joe-Songs zum
Aufwärmen. Und dann wurde das komplette (!) erste ÄrzteAlbum, „Debil“ von 1984 im originalen frühen Rockabilly-Punk
Sound aufgeführt, „zum ersten und vielleicht letzten Mal“,
wie es hieß. 38 Minuten Laufzeit hat die Uraltscheibe, damit
ließ sich das sonst vielleicht wirklich etwas zu kurze Konzert
Ihnen gehts prima. Foto: Laternen
sinnvoll verlängern. Die ungewöhnliche Uraufführung nach 27
Joe
Jahren brachte mehrere Erkenntnisse: Auch bei den Ärzten
ist nicht alles Gold, was nach so langer Zeit den Glanz der
Vergangenheit trägt. Andererseits: „Paul“, „Claudia hat nen Schäferhund“, „Zu spät“ oder
„Mädchen“ so dermaßen „pur“ aufgeführt zu hören, war für alle, die persönliche Erinnerungen an
diese Zeit haben, zum Heulen schön. Sogar das „Schlaflied“ war dabei, das mit seinem absurdabgründigen Horror-Text wirklich grenzwertig ist. Ebenso wie bei „Claudia“ war die Aufführung
jahrelang von der „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften“ verboten worden. Erst 2004
kamen die Titel vom Index, so dass Laternen Joe sie heute wieder legal spielen können.
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Erst dann kamen einige Songs aus Zeiten, die ein Großteil des Publikums bewusst erlebt haben
dürfte, etwa „Deine Schuld“, „Rebell“, „Am Ende meines Körpers“ oder „Schrei nach Liebe“. Das
machte Spaß, das ging gut ab, das war – natürlich – in diesem intimen Rahmen ein Erlebnis. Und
dennoch hat man auf Ärzte-Konzerten schon deutlich größere Stürme der Begeisterung erlebt, denn
eine echte Rock-Dramaturgie sieht anders aus. Farin Urlaub alias Jealousy Laterne brachte es auf
den Punkt: „Ich habe das Gefühl, dass ihr noch nicht so gerockt seid, wie uns das lieb wäre.“ Sein
Gefühl trog nicht, aber es war doch auch gar nicht der Sinn des Abends, einfach nur ein ÄrzteKonzert mit weniger Publikum zu spielen, oder?
Der Sound in der Halle war gut, aber nicht überragend, das Licht den reduzierten Verhältnissen
angepasst. Dass das Management die Halle trotz des riesigen Ansturms nicht überverkauft hatte,
war sehr angenehm, vor allem als gegen Ende mit den Pogo-Ritualen der große Spaß begann. Die
besonderen Umstände dieser Clubtour ließen Farin bis zum Ende nicht los: „Guck mal, hättest Du
gedacht, dass die alle Kreditkarten haben?“, meinte er zu Bela B. und Rod mit Blick aufs Publikum,
und schlug vor „am Ausgang nochmal Geld zu nehmen“, da man ja schon länger als 90 Minuten
spiele. Das war natürlich wieder ein Ironie-Ventil, aber eines, das deutlich machte, wie sehr die
Band sich damit beschäftigt, mit dem ungebrochenen Erfolg irgendwie konstruktiv umzugehen.
Mit dem Laternen-Joe-Konzept gehen die Ärzte durchaus ein Risiko ein: Sie irritieren ihr Publikum,
weil sie keine typische Show bieten und Experimente wie das mit „Debil“ wagen. Manchmal rumpelt
es wie im Proberaum, da die Band offenbar hin und wieder auch nach musikalischer Ursprünglichkeit
21.04.2011 14:57
Debil wie nie: Die Ärzte alias Laternen Joe beim Geheimkonzert in Für...
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sucht. Wer eine perfekte Show erleben will, dürfte mit dieser Identitätssuche vor zahlendem
Publikum ein Problem haben. Wer weiß, dass die Ärzte in ihren bald 30 Jahren Bandgeschichte
niemals künstlerisch stehen bleiben wollten, kann auch dieses Experiment namens Laternen Joe
verstehen.
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So gesehen, war dieser Abend in Fürstenfeldbruck in mehrfacher Hinsicht nicht für die breite Masse
der Ärzte-Fans gedacht. Aber genau das war der Reiz.
Eine Anmerkung zu den Fotos zum Konzert von Laternen Joe:
Der Kulturvollzug hätte gerne die in der Redaktion vorhandenen
Bilder vom Auftritt selbst gezeigt. Auf Anfrage beim
Management der Ärzte in Berlin wurde uns aber erklärt, dass
man dies “leider nicht gestatten” könne. Die Verwendung werde
“nur für private Zwecke” genehmigt, nicht jedoch für
redaktionelle. Der Kulturvollzug respektiert diese Entscheidung
des Managements der Ärzte. Wir bedauern aber diese für uns
nicht nachvollziehbare Benachteiligung journalistischer
Webseiten, in der wir einen Widerspruch zu dem Bemühen der
Nicht verboten: Ein Blick auf den
Ärzte und von Laternen Joe um eine aufgeklärte, gut
Eingang. Foto: gr.
informierte Öffentlichkeit sehen.
©2011 Kulturvollzug
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nur mit schriftlicher Genehmigung. Alle Rechte vorbehalten.
Anmerkung, Teil II (21. April 2011): In der Süddeutschen Zeitung und auf sueddeutsche.de werden
heute je ein Bild vom Auftritt von Laternen Joe in FFB gezeigt. Wir bedauern, dass es beim Thema
Fotogenehmigung – auf welcher Seite auch immer – offenbar unterschiedliche Maßstäbe gibt. Wir
würden es begrüßen, wenn hier doch noch eine Gleichbehandlung möglich wäre.
Kategorien: Musik
Tags: Bela, Debil, Die Ärzte, Farin, Fürstenfeldbruck, Laternen Joe, Rod
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21.04.2011 14:57
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