Das faschistische Italien

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Marco Zapletal
Das faschistische Italien
Definition:
Der Faschismus wurde im Jahre 1919 in Italien von Benito Mussolini
eingeführt. Der Faschismus lehnt die Demokratie, den Parlamentarismus und die
Freiheit der Wirtschaft ab. Der erklärte Gegner dieses politischen Systems ist
der Kommunismus. Der Faschismus fordert die Allmacht des Staates und die
Unterordnung des Einzelnen unter den Willen eines Führers (in Italien der
„Duce“). Das Symbol des Faschismus in Italien war das Beil mit den
Rutenbündeln (ital.: fasces), das im alten Rom den Konsuln vorangetragen
wurde als Zeichen ihrer Gewalt über Leben und Tod. Im Jahre 1922
übernahmen die Faschisten mit dem Marsch auf Rom (etwa 40 000 Teilnehmer)
die Regierungsgewalt in Italien, die sie durch Terror und rücksichtslosen
Machtgebrauch festigten. Wie auch im Nationalsozialismus werden auch im
Faschismus alle anderen Parteien ausgeschaltet. Außerdem wurde die Presse-,
die Meinungs-, und die Versammlungsfreiheit aufgehoben. Der Faschismus
übernahm auch die judenfeindliche Rassenpolitik der Nationalsozialisten, wenn
auch in milderer Form. Im zweiten Weltkrieg kämpfte das faschistische Italien
an der Seite Hitler-Deutschlands, jedoch 1943 wurde die faschistische
Herrschaft durch einen Staatsstreich beendet.
Definitionen in der Nachkriegszeit:
Der Begriff Faschismus, als zusammenfassende Benennung der verschiedenen
Arten von Rechtsradikalismus, wurde in den zwanziger Jahren von den
Kommunisten eingeführt. Nach dem Weltkrieg wurde der Begriff Faschismus
im Westen verschieden interpretiert, doch meistens nur auf Italien bezogen. Als
zusammenfassender Begriff für die unmenschlichen Diktaturen in unserem
Jahrhundert wurde in der Nachkriegszeit meistens der Ausdruck Totalitarismus
verwendet. So war es auch möglich die kommunistische Sowjetunion in den
Begriff einzubeziehen. Erst in den sechziger Jahren wurde der Faschismus als
„ein kennzeichnendes, nicht auf Deutschland und Italien beschränktes, durch
ideologische und strukturelle Eigentümlichkeiten sowohl vom Bolschewismus
wie von der parlamentarischen Demokratie, wie von bloßen
Entwicklungsdiktaturen
verschiedenes
Phänomen
der
europäischen
Zwischenkriegszeit“ (Ernst Nolte) herausgearbeitet. Nolte versteht den
Faschismus außerdem als Gegenstück zum Marxismus (Anti-Marxismus), der
„den Gegner durch die Ausbildung einer radikal entgegengesetzten und doch
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benachbarten Ideologie und die Anwendung von sehr ähnlichen, aber doch
charakteristisch umgeprägten Mitteln zu vernichten trachtet, aber streng im
Rahmen der nationalen Autonomie“. In dieser Definition scheinen die
antimarxistischen Bestrebungen etwas überbetont, die antiliberalen und die
antidemokratischen Absichten aber etwas zu gering betont, doch war sie eine
verläßliche Basis für eine Diskussion.
Philosophische Grundlagen:
Im Gegensatz zum Marxismus, der auf bestimmte Intellektuelle und
Philosophen zurückgeführt werden kann (zum Beispiel Karl Marx und Friedrich
Engels), hat der Faschismus keinen bestimmten „geistigen Vater“.
Er wurde vielmehr von mehreren Personen entwickelt, die mit Unbehagen einer
Massengesellschaft entgegensahen und die sich von Elitetheorien und der
darwinistischen Lehre leiten ließen. Weitere Kennzeichen sind Rassismus und
Antisemitismus, wenn auch dies nicht in allen Ausprägungen des Faschismus
sichtbar wurde. Außerdem wurde der Faschismus auch durch soziale
Hoffnungen mitbegründet, das jedoch wichtigste und kennzeichnenste Element
des Faschismus ist der Nationalismus. Der Nationalismus war kein Produkt der
Zwischenkriegszeit, sondern ist gegen Ende des 19. Jahrhundert entstanden. Ein
weiteres wichtiges Fundament ist auch die Kräftigung des kollektiven Denkens
und Handelns durch den Krieg und die Propaganda.
Ein Philosoph der im Sinne des Faschismus dachte war zum Beispiel Friedrich
Nietzsche. Er vertrat die These vom „Vorrang des Lebens vor dem Intellekt“,
war ein Gegner der Mitleidsethik und er verlangte außerdem nach dem
Übermenschen. Die Werke und das Denken Friedrich Nietzsches hatten vor
allem auf Benito Mussolini großen Einfluß.
Faschismus in Italien
Die Vorbedingungen zur Entstehung des Faschismus:
Italien war das erste Land im Nachkriegseuropa, in dem das liberale System vor
einer Diktatur kapitulierte. Die Wurzeln für diese Entwicklung reichen bis in die
Zeit der staatlichen Einigung Italiens in der Mitte des 19. Jahrhunderts zurück.
Das Nord-Süd Gefälle in der industriellen Entwicklung, die krasse
unterschiedliche Besitzverteilung in der Landwirtschaft sowie die Gegnerschaft
zwischen dem Königreich und der katholischen Kirche verhinderten eine
gesellschaftliche Einigkeit. Dazu kamen Mißstände im parlamentarischen
System, denn aufgrund des Zensuswahlrechts (1880 waren zum Beispiel nur
2,2% des italienischen Volkes wahlberechtigt) entstand eine Kluft zwischen der
dünnen Schicht der gehobenen Bevölkerung und des restlichen Volkes.
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Die ungelösten sozialen, wirtschaftlichen und politischen Probleme erschwerten
vor allem die Bildung einer Opposition innerhalb des parlamentarischen
Systems. So blieben die Massenbewegungen der Arbeiterschaft und des
politischen Katholizismus von der Teilnahme an der Politik ausgeschlossen. Am
Anfang des 20. Jahrhunderts versuchte der linksliberale Regierungschef
Giovanni Giolitti durch eine Ausweitung des Wahlrechts, soziale Reformen und
den Verzicht auf den traditionellen Antiklerikalismus die benachteiligten
Bevölkerungsschichten zu integrieren. Doch diese Versuche hatten nur zum Teil
Erfolg und so blieb Italien eine gespaltene Nation.
Durch den Ersten Weltkrieg kam es in den meisten Ländern zumindest zu einer
vorübergehenden inneren Einigkeit, jedoch galt dies nicht für Italien. Hier
gewannen die „Interventionisten“, die von dem aus dem sozialistischen Lager
stammenden Journalisten Benito Mussolini und von dem populären Dichter
Gabriele D’Annunzio geführt wurden, die Auseinandersetzungen mit den
„Neutralisten“, die die Mehrheit im Parlament innehatten. Die
„Interventionisten“ nötigten die abwartende Staatsspitze daraufhin in den Krieg
an der Seite der Entente einzutreten (Mai 1915). Aufgrund seiner vehementen
Forderung nach dem Kriegseintritt Italiens wurde Mussolini später aus der
sozialistischen Partei ausgeschlossen.
Doch auch der Krieg löste die Probleme für Italien nicht, sondern die Krise, in
der sich das liberale System befand, verschlimmerte sich vielmehr. Und auch die
Hoffnung der „Interventionisten“ auf große Gebietsgewinne Italiens erfüllten
sich nur zum Teil. Durch Nationalismus und nicht erfüllte Hoffnungen
angetrieben marschierte D’Annunzio im September 1919 an der Spitze eines
Freikorps in Fiume (Rijeka) ein. Dort errichtete er einen Freistaat, der allen
völkerrechtlichen Bestimmungen widersprach. D’Annunzios Freistaat existierte
15 Monate lang und schon hier waren Vorformen des faschistischen Regimes
(z.B. Führerkult, Uniformierung, Massenaufmärsche) bemerkbar.
Die Regierung schritt gegen D’Annunzio und seinen Freistaat nicht ein, was die
Schwäche des damaligen Parlaments zeigt. Für einen weiteren
Autoritätsschwund sorgten die von den Sozialisten initiierten Arbeiterkämpfe
und Massenstreiks, die vor allem im Norden Italiens stattfanden. Es herrschten
anarchistische Zustände in Italien, die die Angst der bürgerlichen Kräfte vor
einer bolschewistischen Revolution vergrößerten. Der Regierung gelang es nicht
die Lage in den Griff zu bekommen. Im November 1919 wurde erstmals das
Verhältniswahlrecht angewendet, das den Sozialisten und der katholischen
Volkspartei die Parlamentsmehrheit brachte. Die zersplitterten Liberalen wurden
nahezu unbedeutend, doch da keine Kooperation der beiden Wahlsieger erfolgte,
gelang es den Liberalen einen Teil ihres Einflusses zu wahren. Die Krise in der
sich das Parlament und die Politik befanden zeigte sich auch durch häufige
Regierungswechseln.
Die faschistische Machtübernahme:
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Gegen Ende des Jahres 1922 fand in Neapel ein Parteitag der PNF („Partitio
Nazionale Fascista“), wie sich die Faschisten jetzt nannten, vor 40000
Besuchern und Delegierten statt. Benito Mussolini, der nach seinem Ausschluß
aus der sozialistischen Partei zu den Faschisten gewechselt war, hielt eine Rede,
die vom Publikum begeistert aufgenommen wurde. Er kündigte an, daß sich die
Faschisten die Regierungsgewalt mit Gewalt holen würden, falls sie ihnen nicht
übertragen wird.
Die Anhängerschaft Mussolinis und der faschistischen Partei war eine seltsame
Ansammlung von abtrünnigen Sozialisten, Republikanern, Anarchisten,
konservativen Monarchisten, Revolutionären und aufsässigen Soldaten. Kurz
gesagt ein Sammelbecken der Enttäuschten und Unzufriedenen. Sie
organisierten sich zu Kampfgruppen – den sogenannten „fascii di
combattimenti“ – die straff organisiert waren. Am Anfang waren die Faschisten
bei den Wahlen erfolglos geblieben: 1919 hatten sie bei den Wahlen zur
Abgeordnetenkammer nicht mehr als 4795 Stimmen bekommen. Doch da es den
einander rasch ablösenden Regierungen nicht gelang, die zahlreichen
wirtschaftlichen und sozialen Probleme Italiens in den Griff zu bekommen, war
für die Faschisten die Möglichkeit gekommen, sich als Retter des Landes
darzustellen. Sie wollten den Bolschewismus nicht nur in Schach halten,
sondern auch niederkämpfen. Bewaffnete Faschisten, sogenannte „squadristi“,
attackierten Vertreter sozialistischer Gewerkschaften und rivalisierender
Parteien, Zeitungsredaktionen und andere Personen und Institutionen, die sie für
Anhänger des Bolschewismus hielten. Die Faschisten gingen dabei mit einer
Systematik und Brutalität vor, die das Land in einen Bürgerkrieg zu stürzen
drohte. Mit ihren patriotischen Parolen und nationalistischen Liedern und mit
ihren schwarzen Hemden konnten sie eine große Anhängerschaft für sich
gewinnen, da offenbar viele Italiener der Meinung waren, daß nur durch die
brutalen Methoden der Faschisten, der Bolschewismus ausgemerzt und die
Ordnung wiederhergestellt werden kann. Im Laufe des Jahres 1922 konnten die
Faschisten die Macht in Ravenne, Ferrara und Bologna ergreifen. Schon zuvor
hatten sie die Erfahrung gemacht, daß manche Regierungsstellen mit ihnen
kooperieren und die Polizei ihnen freie Hand gewährt oder sie sogar unterstützt.
Das gab ihnen den Mut den Marsch nach Rom und den Griff nach der Macht im
Staat zu wagen.
Der Marsch auf Rom – die Machtübernahme:
Bei den vorzeitigen Neuwahlen im Mai 1921 versuchte der linksliberale
Ministerpräsident Giolitti die Faschisten in einen „nationalen Block“
einzubinden. Sein Plan schlug fehl, ermöglichte aber den Faschisten den Einzug
ins Parlament. Mussolini drohte im Frühjahr 1922 mit einem faschistischen
Aufstand, falls ein Ministerpräsident ernannt werden würde, der eine
antifaschistische Koalition anstrebe. Die Sozialisten und die katholische
Volkspartei waren auch jetzt nicht zur Zusammenarbeit mit der Regierung
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bereit. Statt dessen nutzte Mussolini im September 1922 einen fehlgeschlagenen
sozialistischen Generalstreik dazu, die Mobilmachung der faschistischen
Schwarzhemden anzuordnen und zum „Marsch auf Rom“ aufzurufen.
Auf vier Kolonnen aufgeteilt, marschieren 26.000 Faschisten sternförmig auf
Rom zu und erreichen die Stadt am 28. Oktober. Die Regierung wollte das
Kriegsrecht verhängen, aber weil Mussolini Verhandlungsbereitschaft
signalisierte, weigerte sich König Viktor Emanuel III. die Verordnung zu
unterzeichnen. Als sich herumsprach, daß er Mussolini mit der
Regierungsbildung beauftragen will, ließen Polizei und Armee den
Schwarzhemden freie Hand. Mussolini selbst, der es vorzog nicht am Marsch
teilzunehmen, beschäftigte sich nun mit der Bildung einer neuen Regierung. Am
Morgen des 30. Oktober 1922 traf der neue Regierungschef mit einem Zug in
Rom ein.
Schon nach seinem Amtsantritt entpuppte er sich als höchst geschickter
Machthaber. Er war von Anfang an dazu entschlossen Diktator zu werden und
sobald er sicher war, daß ihm der Polizeiapparat vollkommen gehorcht, ließ er
seine politischen Gegner festsetzen. Außerdem wandelte er die faschistischen
Kampfgruppen in eine staatliche Miliz um, die nicht dem König sondern ihm
unterstellt wurde. Schon bald wurde klar, daß Mussolini sich selbst nicht als
Parteimann, sondern als national denkender Führer sah. So etwas wünschte sich
auch das Volk: eine nationale Führerfigur. Sie hatten die Streiks und Unruhen
satt und fanden Gefallen an dem bombastischen und mittelalterlichen Auftreten
der Faschisten. So ist es auch zu erklären, daß es im Anschluß an den „Marsch
auf Rom“ zu spontanen Beifallsbekundungen für die Faschisten und besonders
Mussolini kam.
Im November 1923 führte der Duce, so ließ sich Mussolini nun nennen, ein
neues Wahlgesetz ein. Die stärkste Partei bekam nun automatisch zwei Drittel
der Sitze, sofern sie mindestens 25 Prozent der Stimmen erhielt. Bei den Wahlen
im April 1924 erreichten die Faschisten, sicherlich auch durch den
vorangegangenen Wahlterror, einen Stimmenanteil von 65 Prozent.
Doch bevor sich der Faschismus in Italien voll etablieren konnte, mußte er noch
eine Krise überstehen. Als der populäre sozialistische Abgeordnete Giacomo
Matteotti kurz nach der Wahl im Jahre 1924 von einem Faschisten ermordet
wurde, reagierte die Öffentlichkeit mit Abscheu. Doch auch jetzt fand sich die
Opposition nur zu einem symbolischen Akt bereit: Sie zog aus dem Parlament
auf den Aventin und durch diese altrömische Tradition brachte sie ihren Protest
zum Ausdruck. Doch dieser Schritt war wirkungslos und Nutznießer der
Situation war wieder einmal der geschickt taktierende Mussolini. Er gewann die
Initiative zurück und 1925 schaltete er die Opposition ebenso aus wie die
bisherigen Bündnispartner (Parteiauflösung, Verbot von Oppositionszeitungen,
Rücktritt der nichtfaschistischen Regierungsmitglieder).
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Die Struktur der Diktatur:
In der ersten Etappe der Errichtung der faschistischen Diktatur erfolgte die
Einführung eines Korporativsystems, mit dessen Hilfe der Klassenkonflikt
überwunden werden sollte. Nach der Machtübernahme wurden zusätzliche
Institutionen errichtet, auf die sich der Faschismus stützen konnte, wie zum
Beispiel ein politisches Sondergericht und eine Geheimpolizei, die nicht davor
zurückschreckte Terror auszuüben. Außerdem wurde ein Netz von Berufs-,
Frauen-, Jugend-, und Freizeitorganisationen aufgebaut, das alle Lebensbereiche
erfassen sollte. Jedoch war ein wichtiges Merkmal des faschistischen Italiens,
daß es mit dem Modell des totalitären Staates nicht genau übereinstimmt. Denn
neben dem Duce existierten die Krone, die Kirche, der Industriellenverband und
der Große Faschistische Rat als Machtzentren weiter und bewahrten eine
gewisse Autonomie. Im damals bürokratisch noch wenig entwickelten Italien
stieß zudem die Umsetzung der zentralistischen faschistischen Maßnahmen auf
Schwierigkeiten. Anders als der Nationalsozialismus stützt sich der italienische
Faschismus ideologisch vor allem auf die Größe des Römischen Reiches,
weniger auf den Rassismus. In Italien setzte die Judenverfolgung erst 1938 ein
und wurde nicht so systematisch betrieben wie im Nationalsozialismus. Zudem
erlaubte der italienische Faschismus eine größere Offenheit gegenübe9r
modernen Strömungen in Kunst und Literatur. Er ist deshalb von manchen
Intellektuellen in der Zwischenkriegszeit unterschätzt worden. Der
Antifaschismus formierte sich in Italien vor allem während des Zweiten
Weltkriegs.
Mussolinis Innenpolitik – Die Veränderung Roms:
Rom wurde allmählich unter der persönlichen Leitung des Duce umgestaltet. In
fünf Jahren wollte er Rom so kolossal und mächtig aussehen lassen, daß es die
ganze Welt als Wunderwerk preist. Ihm schwebte eine Megacity vor, eine
sowohl flächenmäßig als auch der Einwohnerzahl nach wesentlich größere
Stadt, mit jenen Hochbauten und Wolkenkratzern, die ihn so faszinierten. Auf
dem Forum sollte ein riesiger Palast des Faschismus entstehen, dieser sollte
eines der größten und eindrucksvollsten Bauwerke der Welt werden. Diesem
„neuen“ Rom sollte alles weichen, was irgendwie mit dem Mittelalter zu tun
hatte oder danach aussah. Zu einem völligen Verschwinden des mittelalterlichen
Roms kam es zum Glück nicht, obwohl ein großer Teil der Pläne verwirklicht
wurde. So wurden zum Beispiel fünfzehn antike Kirchen beseitigt, an deren
Stelle Bauten der faschistischen Architektur entstanden. Dieser faschistischen
Architektur ging es weniger um künstlerische und geschmackliche Ansprüche,
als um Zurschaustellung bloßer Größe und Wucht. Zum Glück für Italien und
für Rom setzten die Faschisten aber nicht alles in die Tat um, was sie in ihren
Proklamationen ankündigten. Jedoch konnten sie zum Beispiel mit diversen
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Trockenlegungs- und Kultivierungsprojekten einige Erfolge verbuchen, wie zum
Beispiel mit der Trockenlegung der Pontinischen Sümpfe und der Ausrottung
der Malaria in diesem Gebiet. Außerdem bauten sie viele neue Straßen, Kanäle
und Wasserkraftwerke, die Tausenden Menschen zu einer neuen Heimat und zu
Arbeitsplätzen verhalfen. Die Statistiker Mussolinis verkündeten stolz, daß
zwischen 1922 und 1942 nie weniger als hunderttausend Arbeitskräfte bei
staatlichen Großprojekten im Einsatz waren und daß circa 33 Millionen Lire für
diese Projekte ausgegeben wurden. Es wurde gewiß eine Menge getan, doch es
wurde nur ein Bruchteil dessen, was geplant und angekündigt wurde, tatsächlich
erreicht. Begonnene Projekte kamen häufig zum Erliegen und riesige
Geldsummen wurden für irgendwelche grandiosen Projekte ausgegeben, die sich
später als undurchführbar erwiesen haben, oder flossen in die Taschen korrupter
Beamten und hochrangiger Faschisten. So wurde zum Beispiel ein riesiges
Forum geplant, daß sich auf einer Fläche zwischen dem Tiber und dem Monte
Marius erstrecken sollte. Es sollte sowohl das Kolosseum als auch den
Petersdom in den Schatten stellen. Zuerst wurde geplant in das Zentrum des
Forums einen 36 Meter hohen und 800 Tonnen schweren Obelisken zu stellen,
doch als dieser Plan nicht imposant genug erschienen war, wollte man eine 80
Meter hohe Statue des Herkules errichten, der seinen Arm zum faschistischen
Gruß heben sollte und die Gesichtszüge Mussolinis haben sollte. Als bereits ein
Teil des Kopfes und ein Fuß fertig waren, wurde das Projekt eingestellt.
Die Außenpolitik Mussolinis – „Il mare nostro“:
In der Außenpolitik verfolgte Mussolini einen aggressiven und imperialistischen
Kurs mit dem Ziel, Italien zur Vormacht im Mittelmeer zu machen. Am Anfang
waren dem faschistischen Expansionsdrang jedoch enge Grenzen gesteckt. Die
Alliierten haben ihr Versprechen von 1915 – Italien sollte Dalmatien, die Inseln
des Dodekanes und Teile des Balkan bekommen – nicht gehalten. Die
gewaltsame Einforderung dieser Gebiete hätte zu ernsthaften Konflikten mit
Frankreich, Großbritannien und Rußland geführt, und so erschien es Mussolini
einfacher Gebiete in Afrika zu besetzen. Denn auch dort fühlten sich die
Nationalisten benachteiligt. Deutschland hatte nach dem Ersten Weltkrieg zwar
alle seine Kolonien verloren, aber Italien war bei der Aufteilung unter den
Siegern leer ausgegangen.
Seit 1899 besaß Italien Somaliland und seit 1890 Eritreia als afrikanische
Kolonien und im Krieg gegen das Osmanische Reich hatte es auch die
Cyrenaika und Tripolitanien gewonnen, doch gingen diese Gebiete im Ersten
Weltkrieg bis auf wenige Hafenstädte wieder verloren. Gemäß der „Il mare
nostro“ Politik wollte Mussolini diese Gebiete an der afrikanischen
Mittelmeerküste zurückgewinnen. Zwischen den Jahren 1922 und 1932 gelang
es den italienischen Truppen, die einheimischen Stämme in mehreren Feldzügen
zu unterwerfen. 1934 vereinigte Mussolini den nordafrikanischen Besitz zur
Kolonie Libyen. Den nächsten Schritt setzte Mussolini 1935 um den
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italienischen Kolonialbesitz in Italien zu erweitern. Italienische Truppen und
faschistische Milizen griffen das wehrlose Abessinien (Äthiopien) an.
Abessinien war das einzige Land außer Liberia, daß nicht im Einflußbereich der
anderen europäischen Kolonialmächte lag. Doch bevor er Abessinien eroberte,
versicherte er sich nochmals, daß weder Frankreich noch Großbritannien
ernstgemeinte Einwände gegen seine Pläne hatten. Nachdem im Mai 1935
italienische Truppen in der Hauptstadt Abessiniens, in Addis Abeba,
einmarschiert waren, vereinte Mussolini das neueroberte Land mit den
bestehenden Gebieten Somaliland und Eritreia zur Kolonie Italienisch-Ostafrika.
Den inzwischen schon beinahe machtlosen König Viktor Emanuel III ernannte
Mussolini zum „Kaiser von Äthiopien“.
Als Reaktion auf Mussolinis Militärschlag verhängte der Völkerbund
Sanktionen über das faschistische Italien. Dies veranlaßte Mussolini, eine
Annäherung an das nationalsozialistische Deutschland zu suchen. Zuvor hatte er
noch Hitler und dessen Expansionspolitik mißtraut. Im Jahre 1936 unterstützten
Italien und Nazideutschland gemeinsam den Diktator General Franco im
spanischen Bürgerkrieg. Im Oktober 1936 begründeten Mussolini und Hitler die
Achse Berlin-Rom und Italien trat kurz darauf (1937) aus dem Völkerbund aus.
1938 erklärte der Faschistische Großrat seine Expansionspläne (die Eroberung
Albaniens, Tunis, Korsika und Tessin) und ein Jahr später, 1939, besetzten
italienische Truppen Albanien. Im März 1938 mußte Italien den Anschluß
Österreichs an das Deutsche Reich akzeptieren. Zuvor hatte Mussolini versucht
diesen zu verhindern, im Jahre 1934 ließ er sogar italienische Truppen an der
Brennergrenze aufmarschieren, weil Hitler Österreich zur Eingliederung ins
Deutsche Reich zwingen wollte. Im Falle eines Angriffs Deutschlands kündigte
er eine Intervention an. Beim Münchner Abkommen, 1938, unterstützte
Mussolini Hitlers Forderungen, die sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche
Reich abzutreten. Auch innenpolitisch war der wachsende Einfluß Deutschlands
bemerkbar, denn ebenfalls 1938 übernahm Mussolini die nationalsozialistischen
Rassengesetze. Im Jahr 1939 schlossen die beiden Diktatoren einen
Freundschafts- und Bündnispakt.
Der Zweite Weltkrieg:
Beim Ausbruch des Zweiten Weltkrieges im September 1939 erklärte Mussolini,
daß er unter keinen Umständen Deutschland militärisch unterstützen könne, da
Italien nicht vor 1942 für einen Krieg bereit wäre.
Doch nach Deutschlands Erfolgen im ersten Kriegsjahr änderte Mussolini seine
Politik. Nachdem Frankreich gerade eine schwere Niederlage erlitten hatte und
die britischen Truppen dem stärkeren deutschen Heer ohne Verbündete
gegenüberstanden, trat Italien im Juni 1940 in den Krieg ein und zwei Monate
später (August 1940) besetzten italienische Truppen in Ostafrika BritischSomaliland. Ab November versuchten sie von Libyen und von ItalienischOstafrika aus, die britischen Truppen in Ägypten zu bezwingen. Im Oktober
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1940 fielen italienische Truppen von Albanien aus in Griechenland ein, um die
Briten von Ägypten abzulenken und um Stützpunkte in Griechenland zu sichern.
Jedoch schlug die italienische Invasion fehl und die Griechen konnten sie aus
ihrem Land und aus Albanien vertreiben. Dieses Debakel und die folgenden
britischen Siege im Mittelmeerraum und in Ägypten erschütterten das
faschistische Regime in Italien. Mussolini blieb keine andere Wahl als Hitler um
Hilfe zu bitten und brachte Italien damit noch stärker unter deutsche Kontrolle.
Mussolini versuchte auch durch radikale Veränderungen im Militärapparat und
durch andere Reformen die Moral des Volkes zu heben, doch diese Versuche
mißglückten.
1941 hatte Italien mehrere Niederlagen zu verzeichnen und hatte aufgrund der
Blockade der Alliierten auch mit wirtschaftlichen Engpässen zu kämpfen. Bald
machte sich in der ganzen Bevölkerung eine antifaschistische Stimmung breit.
Der aufgrund Hitlers Einmischung erfolgreiche Balkanfeldzug glich die vorigen
Rückschläge durch den Gewinn neuer Gebiete etwas aus. Nach einer Absprache
mit Deutschland besetzten Mussolinis Truppen ganz Griechenland. Doch bald
erkannte Italien, daß die Gebietsgewinne nicht viel wert hatten, da diese
praktisch unter deutscher Kontrolle standen. Außerdem mußte Italien für die
militärische Hilfe Hitlers einen immer höheren Preis zahlen. Nahrungsmittel und
andere wichtige Waren wurden knapp, da große Mengen nach Deutschland
geschafft wurden. Italien erklärte im Juni 1941 der Sowjetunion den Krieg und
schon wenige Monate später wurde die erste italienische Division an die
russische Front geschickt. Als die deutsche Offensive in der Sowjetunion immer
mehr zum erliegen kam, stiegen auch Hitlers Forderungen an Mussolini.
Gleichzeitig verschärften sich die Beziehungen zwischen Italien und den
Vereinigten Staaten. Im März 1941 beschlagnahmte die amerikanische
Regierung 28 italienische Handelsschiffe und ließ die Besatzung festnehmen.
Als im Juni 1941 italienische Vermögenswerte in den Vereinigten Staaten
beschlagnahmt wurden, ergriff Italien ähnliche Maßnahmen im eigenen Land.
Nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Habour im Dezember 1941 erklärte
Mussolini den Vereinigten Staaten den Krieg und die Beziehungen zwischen
den beiden Staaten waren somit am Tiefpunkt angelangt.
1942 beendete eine britische Offensive in Nordafrika die vorübergehenden
Gebietsgewinne Deutschlands und Italiens. Weiters erlitten die Bündnispartner
schwere Niederlagen in der Sowjetunion. Außerdem verloren italienische
Truppen zahlreiche Gebiete in Albanien, in Jugoslawien und in Griechenland im
Kampf gegen Guerillabanden.
Die zunehmende Kontrolle des Deutschen Reiches über Italien, die Korruption
unter
den
faschistischen
Offizieren
und die Umgehung
des
Rationalisierungsgesetzes durch einflußreiche Personen drückten immer stärker
auf die Moral der Bevölkerung. Im Februar 1942 begannen die Briten
Industriestädte im Norden Italiens zu bombardieren. Nachdem alliierte Truppen
in Algerien und in der Cyrenaika (Region im Osten Libyens)
Luftwaffenstützpunkte errichtet haben, wurde nun auch der Süden Italiens
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bombardiert. In der Hoffnung, daß Mussolini der Lage eine Wendung geben
könnte, wurde er im Februar 1943 mit der vollen Verantwortung über politische
Angelegenheiten und Militäroperationen betraut. Als die Streitkräfte Italiens und
Deutschlands im Mai in Tunis aufgerieben wurden, errichtete Mussolini einen
Verteidigungsrat, um sich auf die drohende Invasion der Alliierten aufs Festland
vorzubereiten. Alle Bemühungen die Verteidigung zu stärken und die Moral der
Bevölkerung zu heben wurden jedoch durch die Luftangriffe der Alliierten
zunichte gemacht.
Im Juli 1943 landeten die Alliierten auf Sizilien. Wenige Tage später griffen
circa 500 Bomber Bahnhöfe, Flugplätze und Waffenfabriken in der Nähe Roms
und in Rom an. Bei diesem Angriff der Alliierten wurde ein großer Teil der
Bevölkerung Roms getötet und die politische Krise in Italien erreichte ihren
Höhepunkt.
Mussolinis Entmachtung – Das Ende des Faschismus in Italien:
Mussolini selbst war während des Angriffs in Verona um mit Hitler über
Verteidigungsmaßnahmen gegen die alliierten Angriffe zu beratschlagen. Als er
nach Rom zurückkam wurde er aufgefordert vor dem Faschistischen Großrat die
militärische Krise einzugestehen. Es folgte eine stürmische Debatte die mit
einem Mißtrauensvotum gegen Mussolini endete. König Viktor Emanuel III ließ
ihn am 25. Juli 1943 verhaften und forderte Marschall Pietro Badoglio auf, eine
neue Regierung zu bilden. Bald ließ Badoglio alle faschistischen Organisationen
verbieten.
Mussolinis Entmachtung löste landesweit Friedensdemonstrationen aus. Die
Alliierten eroberten in der Zwischenzeit immer weitere Teile Siziliens und der
britische Premierminister Winston Churchill stellte Italien vor die Wahl sich
entweder von Deutschland abzuwenden oder gemeinsam mit Deutschland
vernichtet zu werden. General Eisenhower sicherte dem italienischen Volk
Frieden zu, falls es den Deutschen von nun an seine Unterstützung verweigern
würde. Mitte August bot die Regierung Badoglio den Alliierten an, sie gegen
das Deutsche Reich zu unterstützen, wenn sie ihre Invasion auf dem Festland
beginnen. Die Alliierten handelten mit den Italienern eine bedingungslose
Kapitulation aus und der Waffenstillstand wurde am 3.September 1943
unterzeichnet. Am selben Tag begann die alliierte Invasion in Süditalien.
Der Waffenstillstand löste ein Wettrennen zwischen den Alliierten und den
Deutschen um italienische Gebiete, Stützpunkte, Waffen, Vorräte und
Kommunikationsmittel aus. Eine große britisch-amerikanische Armee landete
südlich von Neapel in der Hoffnung weiter nördlich ins Landesinnere
vordringen zu können. Doch die Deutschen konnten die alliierten Truppen
aufhalten und zugleich gelang es ihnen, wichtige Städte und strategische Zentren
in Nord- und Zentralitalien einzunehmen und die italienischen Truppen zu
entwaffnen. Im September besetzten sie Rom, von wo aus König Viktor
Emanuel III und Pietro Badoglio schon zuvor geflohen waren. Die deutschen
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Truppen befreiten Mussolini aus seiner Haft, der wenig später in Norditalien, in
der Nähe des Gardasees, die faschistische, von Deutschland abhängige
„Republica Sociale Italiana“ (Republik von Salo) schuf.
Gemäß seinen Versprechungen an die Alliierten erklärte Badoglio im Oktober
1943 Deutschland den Krieg. Badoglio hatte einstweilen eine sogenannte
technische Regierung mit parteilosen Experten organisiert, um administrative
Aufgaben ausführen zu können. Im November sprachen die nationalen
Befreiungsausschlüsse der Regierung Badoglio das Mißtrauen aus und setzten
den König ab.
Im April 1944 erklärte König Viktor Emanuel III, er werde sich aus dem
politischen Leben zurückziehen und ernannte seinen Sohn, Umberto II, zum
Generalleutnant von Italien. Als die Alliierten in Rom einmarschierten, übertrug
Viktor Emanuel seinem Sohn offiziell die königliche Autorität. Zum neuen
Premierminister wurde Ivanoe Bonomi ernannt, der eine Koalitionsregierung
formte.
Der Tod Mussolinis:
Ihren letzten Angriff in Italien begannen die Alliierten im April 1945 und bereits
Ende des Monats kapitulierte die deutsche Armee. Mussolini wurde auf der
Flucht in einer kleinen Stadt in der Nähe des Comer Sees gefangen genommen
und am 28. April ohne Gerichtsverfahren erschossen.
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