Naturschutzgebiet Graswarder bei Heiligenhafen

Werbung
28. JULI 2007
A USBILDUNG UND B ERATUNG
LANDPOST
Eine besondere Erlebniswelt für Natur und Landschaft
Naturschutzgebiet Graswarder bei Heiligenhafen
Ansprechende und informative
Schautafeln führen vom Touristenparkplatz entlang des Naturschutzgebietes Graswarder zum Naturzentrum. Sobald ein Besucher dort
ankommt, wird er von zwei Austernfischern laut begrüßt. Der Grund ist
schnell erklärt: Auf einem Schuppendach liegt deren Nest und dort
ist gerade ein junges Küken geschlüpft. Einerseits ist der Nachwuchs so vor dem Zugriff der Füchse
geschützt, andererseits stören jetzt
wir Menschen. Es handelt sich folglich um Warnrufe.
Dieses Erlebnis zeigt, dass der
Graswarder ein ideales Brutgebiet
ist. Auf den weiten Wiesen und
Sandflächen umgeben von Wasserflächen brüten neben mehreren
Austernfischerpaaren unter anderem Säbelschnäbler, Küstenseeschwalben,
Zwergseeschwalben,
Mittelsäger und der Große Brachvogel sowie zahlreiche Möwen. Neben idealen Brutbedingungen finden Alt- und Jungvögel hier reichlich Nahrung.
Aus diesen Gründen wurde das
Gebiet bereits 1968 vom Landwirtschaftsminister unter Naturschutz
gestellt. Es galt, diese ökologisch
hochwertige Nehrungsküste vor
den wachsenden Besucherströmen
des benachbarten Ferienzentrums
und Segelhafens zu schützen. Heute bietet das NSG Graswarder eine
besondere Erlebniswelt von Natur
und Landschaft, die sich in friedlicher Koexistenz für interessierte
Menschen erschließt. Der NABU,
vertreten durch seinen Schutzgebietsreferenten Klaus Dürkop bietet von April bis Oktober täglich naturkundliche Führungen und Vorträge sowie seit 2005 eine hervorragende Aussicht auf den Graswar-
der von dem Beobachtungsturm mit
seiner Höhe von 14 m über NN.
Der Graswarder bietet nicht nur
einer vielseitigen Pflanzen- und
Tierwelt Raum, sondern hier wird
auch Landwirtschaft zur Landschaftspflege betrieben.
Nehrung im ständigen
Wandel
Der Stein- und Graswarder vor
Heiligenhafen ist ein Beispiel für eine Nehrung, wie wir sie sonst von
Ostpreußen kennen. Die Strömungsverhältnisse der Ostsee ändern sich
an den Stellen, wo die Küste stark
landwärts in eine Bucht einschwenkt. Bei küstenparalleler
Strömung kommt es zu einer
Strandversetzung, wobei Material
der westlich gelegenen Steilküste
sowie Sand vom Seegrund eine Neu-
bildung von Strandflächen im Osten
verursachen. Vor Heiligenhafen wird
jeder Nehrungshaken aus einem
oder mehreren bis zu 2,50 m hohen
Strandwällen gebildet. Dieser Prozess läuft seit zirka 1500 Jahren an
dieser Stelle ab und auch heute noch
werden immer neue Haken angelagert. Nach Auskunft von Klaus Dürkop haben die Stürme des letzten
Winters aktuell eine neue Strandfläche im Osten geschaffen. Die Nehrungsküste wird folglich immer länger. Der Stein- und Graswarder weisen zusammen eine Länge von rund
2,5 km bei einer Breite von 300 m
bestehend aus Sand-, Watt- und flachen Wasserflächen auf. Dieser wandernde Nehrungshaken mit seinen
charakteristischen, erdgeschichtlich
bedeutsamen Formgebungen begründet das Naturschutzgebiet, das
1987 in einer neuen Landesverordnung festgeschrieben wurde.
37
38
LANDPOST
A USBILDUNG UND B ERATUNG
das Verhalten vieler Vögel stark beeinflussen, die eine freie Sicht, d.h.
hohe Fluchtdistanz benötigen, um
Prädatoren wie beispielsweise Füchse oder Mader rechtzeitig zu wittern.
Um diese zudem von den Nestern der
Vögel fern zu halten, wurden von den
Mitarbeitern aus dem Naturzentrum
mehrere tiefe Weidezaundrähte installiert. Nach Beobachtungen von
Klaus Dürkop bei Nacht hinterlassen
die Stromstöße ihre schützende Wirkung und konnten den Bruterfolg erheblich verbessern helfen.
Der Schutzzweck
Nach § 3 der aktuellen Landesverordnung dient das NSG „Graswarder/Heiligenhafen“ der Erhaltung eines sich in Richtung Osten
ständig weiter entwickelnden Nehrungshakens mit Strandwällen, flachen Dünen, Salzwiesen, flachgründigen Teichen sowie Watt- und
Wasserflächen der Ostsee. Aufgrund seiner großen Vielfalt der
erdgeschichtlichen,
gewässer-,
pflanzen- und tierkundlichen Erscheinungsformen ist der Graswarder Lebensraum und Lebensstätte
einer zahl- und artenreichen Pflanzen- und Tierwelt. Infolgedessen
sind alle Handlungen in dem Naturschutzgebiet verboten, die zu einer
Zerstörung, Beschädigung oder
Veränderung des Gebietes oder die
zu einer nachhaltigen Störung führen können.
Schutz-, Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen werden in Abstimmung mit der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises und dem
Landesamt für Natur und Umwelt
in Flintbek durchgeführt. In diesem
Sinne werden durch den Gebietsbetreuer Rinder als Landschaftspfleger eingesetzt.
28. JULI 2007
Vogelkundliche Bedeutung
Jetzt, im Sommer, wird das Natur-
Klaus Dürkop betreut die Rinderherde auf dem Graswarder, die dafür sorgt, dass der schutzgebiet Graswarder vor allem
Pflanzenaufwuchs kurz bleibt und so dieVögel optimale Brutbedingungen vorfinden. als Brutbiotop für Wasser- und SingFoto: Dr. Holger Gerth vögel genutzt. Rund 40 Brutvogelar-
Rinder als Landschaftspfleger
Im Frühsommer 2007 weiden 21
Jungrinder auf einer abgezäunten
Teilfläche, die ein Landwirt aus Neurathjensdorf als Pensionsvieh dem
NABU zur Verfügung stellt. Die Beweidung geschieht in enger Abstimmung mit Naturschutzbelangen. So
kann jederzeit die Anzahl der Tiere
auf- oder abgestockt und damit der
Beweidungsdruck variiert werden,
auch kann zwischen den einzelnen
Flächen gewechselt werden. Dabei
werden sensible Bereiche mit hohem
Brutaufkommen geschont und erst
nach dem Abwandern der Küken beweidet.
Ohne eine gezielte Vegetationssteuerung würde der Pflanzenwuchs
ten finden hier beste Bedingungen
für Brut und Aufzucht. Im Herbst
wird dieses Gebiet als Nahrungsbiotop für rastende und durchziehende
Watvögel, Seeschwalben und Möwen aufgesucht, die hier Zwischenstation machen. Nach Aussagen des
NABU können an einem Tag im Oktober bis zu 2000 Graugänse, 1500
Pfeifenten, 5ooo Kiebitze und über
9000 Goldregenpfeifer sich im NSG
aufhalten. Dann ist für den Seeadler
der Tisch reichlich gedeckt. Im Winter können auf den letzten offenen
Wasserflächen Gänse-, Mittel- und
Zwergsäger von nahem beobachtet
werden.
Die Flora des Graswarders
Bei diesen Rundgängen vermittelt
Klaus Dürkop nicht nur sein Wissen
über die Vogelwelt, sondern gibt
zahlreiche Hinweise auf die spezielle
Pflanzenwelt, die sich den Dünen,
Strandwällen und Salzwiesen angepasst haben. Besonders auffällig sind
derzeit weite Flächen mit Grasnelken. Aber auch Stranddistel, Meerkohl, Mauerpfeffer, Strandflieder
und echter Sellerie sind anzutreffen.
Eine Kostprobe bekommt der interessierte Besucher vom scharfen Geschmack der breitblättrigen Kresse
gereicht, die auch als Pfefferkresse
bekannt ist.
Weitere Informationen zu diesem
interessanten Naturschutzgebiet gibt
Betreuer Klaus Dürkop, der zudem
die Aufgabe des Landesnaturschutzbeauftragten für Schleswig-Holstein
wahrnimmt, unter der Telefonnummer 04362-8536 sowie das Naturzentrum unter 04362-6947.
Vor Heiligenhafen liegt das Naturschutzgebiet „Graswarder“ auf einer Nehrung in der Ostsee und bietet zahlreichenWasservögeln
und Pflanzen einen besonderen Lebensraum. Die Nehrungshaken werden gerne mit Zinken eines Haarkammes verglichen.
Foto: Klaus Dürkop
Dr. Holger Gerth, Ruhwinkel
[email protected]
Herunterladen