GESCHICHTE des antiken Griechenland Im Gebiet des heutigen Griechenland entwickelten sich die ersten europäischen Hochkulturen. Menschliche Siedlungen sind seit dem 7. Jahrtausend v. Chr. belegt. Bereits in der Jungsteinzeit bestanden zwischen der Griechischen Halbinsel, den Ägäischen Inseln und der Westküste Kleinasiens enge wirtschaftliche und kulturelle Beziehungen. Die durch das Meer verbundenen Hafenstädte und bewohnten Inseln bildeten einen verkehrsoffenen Raum, der zur Entwicklung und Ausbreitung einer einheitlichen Kultur beitrug. Aber diese mündete nicht automatisch in politische Einheit: Gebirgszüge und tiefe Täler gliederten die Halbinsel in kleine wirtschaftliche und politische Einheiten, die kaum größer als eine Stadt mit dem dazugehörigen Umland waren (Stadtstaaten), wie etwa Athen, Korinth, Sparta und Theben. 7.1 Die prähistorische Zeit Seit Ende des 3. Jahrtausends v. Chr. wanderten indogermanische Völker in mehreren Wellen aus dem Norden in Griechenland ein (siehe indogermanische Wanderung). Zu ihnen gehörten die um 1900 v. Chr. kriegerisch einfallenden Achaier. Diesen folgten die Ionier und die Äolier (1900-1600 v. Chr.). Diese Stämme bildeten gegenüber der vorgriechischen Bevölkerung häufig nur eine schmale Herrscherschicht. Aus der Verschmelzung der ansässigen Bevölkerung mit den Neuankömmlingen bildete sich die Vorstufe des späteren griechischen Volkes. Bereits seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. erlebte die ägäische Kultur der Bronzezeit eine große Blüte. Ihre bedeutendsten Ausprägungen stellen die minoische und die mykenische Kultur dar. 7.1.1 Die minoische Kultur (2600-1200 v. Chr.) Palast von Knossos Die riesige Palastanlage von Knossos bedeckte eine Fläche von etwa drei Hektar; der Palast war um einen Innenhof von 28 mal 50 Meter Seitenlänge erbaut, war teilweise mehrere Stockwerke hoch und verfügte über zahlreiche Säle, Empfangs-, Wohn- und Kulträume, Gänge, Hallen, Treppen, Magazine, Werkstätten etc.: Es ist das Labyrinth des Minotauros aus der griechischen Mythologie.Wolfgang Kaehler Die minoische Kultur, deren Höhepunkt in die Zeit von 1700 bis 1500 v. Chr. fällt, entwickelte sich auf der Insel Kreta. Auffälliges Merkmal sind unbefestigte Palastbauten, deren bekanntester der Palast von Knossos (das Labyrinth des Minotauros) darstellt. Die Minoer verfügten über zahlreiche Handelsplätze und Häfen, über die sie in Verbindung mit dem Orient standen. Es wird vermutet, dass die minoische Gesellschaft über lange Zeiträume hinweg keine Kriege führte – weder nach außen noch nach innen – und zum Teil matriarchalisch geprägt war. Die Minoer waren keine Griechen; ihren Namen gab ihnen die moderne Wissenschaft nach dem mythischen König Minos. Wie sie sich selbst nannten ist ebenso wie ihre Sprache unbekannt. Die Silbenschrift Linear A, die sie verwendeten, ist bis heute nicht entschlüsselt. Linear B Diese Tontafel mit Aufzeichnungen in Linear B datiert von etwa 1450 v. Chr., also aus spätminoisch-mykenischer Zeit, und wurde in Agía Triáda, einem minoischen Sommerpalast an der kretischen Südküste, gefunden. Die Inschrift ist wahrscheinlich eine Namensliste.Roger Wood/Corbis Die meisten Palastbauten auf Kreta wurden bis 1450 v. Chr. zerstört. Ob der Grund dafür eine Naturkatastrophe oder eine bewaffnete Invasion war, ist unklar. Um diese Zeit fand jedenfalls die Einwanderung indogermanischer Stämme nach Kreta statt. Die Anwesenheit dieser Stämme bezeugen für die Spätzeit Schriftdenkmale in frühgriechischer Sprache, verfasst in der späten Silbenschrift Linear B. 7.1.2 Die mykenische Kultur (1600-1200 v. Chr.) Löwentor in Mykene (Griechenland) Das so genannte Löwentor ist das Haupttor in der äußeren Mauer der Burg von Mykene. Es stammt aus dem frühen 13. Jahrhundert v. Chr. und ist nach dem etwa drei Meter hohen Kalksteinrelief in dem Entlastungsdreieck über dem Torsturz benannt. Das Relief zeigt zwei Löwen, die sich, mit den Vorderpfoten auf der Basis einer kretischen Säule stehend, entlang der Säule aufrichten. Die Köpfe der Löwen waren wohl aus einem anderen Material gefertigt und angesetzt; sie sind verloren.Bridgeman Art Library, London/New York Die mykenische Kultur hatte ihre Zentren in Mykene, Pylos, Tiryns, Athen und Theben. Die Städte wurden, anders als auf Kreta, durch Mauern geschützt. Seit etwa 1500 v. Chr. nahm die mykenische Kultur zahlreiche minoische Einflüsse auf, u. a. die Schrift (Linear B). Seit 1400 v. Chr. erfolgte die Expansion der mykenischen Kultur in die Ägäis sowie nach Kreta und Zypern. Die Vermutung einer Vorherrschaft des Königs von Mykene über die anderen Städte entspringt der Darstellung Homers in den Epen Ilias und Odyssee über den Trojanischen Krieg (um 1200 v. Chr.), dürfte aber der historischen Realität nicht entsprechen. 7.1.3 Das „dunkle Zeitalter” (1200-800 v. Chr.) Griechenland im Altertum Die Illyrer drängten bei ihrem Vorstoß an das Mittelmeer die griechischen Stämme in neue Siedlungsgebiete. Die Dorer z. B. erreichten den Peloponnes, Kreta und die Küste im Südwesten Kleinasiens.© Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. Für die nachfolgende Epoche ist in der Wissenschaft die Bezeichnung „dunkles Zeitalter” üblich, weil über diesen geschichtlichen Abschnitt wenig bekannt ist. Die Zentren der minoischen und mykenischen Kultur wurden zerstört. Die Schriftlichkeit ging verloren. Belegt sind große Bevölkerungsverschiebungen, deren bedeutendste die dorische Wanderung darstellt. Die Dorer, ein indogermanischer Stamm, wanderten von Norden her ein und nahmen Teile der Peloponnes, Kreta sowie die südlichen Ägäis-Inseln in Besitz. Die Vorbevölkerung wurde vernichtet oder unterworfen. Sparta und Korinth entwickelten sich zu bedeutenden dorischen Zentren. Die dorischen Eroberungen lösten Fluchtbewegungen anderer griechischer Stämme aus. So eroberten die Achaier den nördlichen Teil der Peloponnes. Vom 11. bis zum 9. Jahrhundert v. Chr. breiteten sich die griechischen Stämme auch an der Küste Kleinasiens aus, das Bestandteil des griechischen Siedlungsgebiets wurde (ionische Wanderung). Im Zuge dieser Bevölkerungsverschiebungen nahmen nun die griechischen Stämme ihre Sitze ein. Ebenso bildeten sich die Hauptgruppen der Dialekte des Griechischen heraus, das Äolische, das ArkadischKyprische, das Dorisch-Nordwestgriechische und das Ionisch-Attische. Auf Staat und Gesellschaft während des dunklen Zeitalters lassen die erst im 8. Jahrhundert v. Chr. entstandenen Homerischen Epen nur vorsichtige Rückschlüsse zu. 7.2 Die Antike Nach dem Ende der großen Wanderbewegungen begann sich ein gesamtgriechisches Bewusstsein zu entwickeln. Die Griechen bezeichneten sich selbst als Hellenen. Dieser Name geht nach Homer auf einen im Süden Thessaliens lebenden Stamm zurück. Die Bezeichnung Griechen, die später von anderen Völkern benutzt wurde, ist von Graecia, dem lateinischen Namen eines hellenischen Stammes aus dem Gebiet des Epirus, abgeleitet. Vermutlich handelte es sich um jenen griechischen Stamm, mit dem die Römer als erstem in Kontakt standen. Das Gemeinschaftsbewusstsein der Hellenen kam u. a. in ihrer Abrenzung gegenüber den nicht griechischsprachigen Völkern, den so genannten Barbaren, zum Ausdruck, vor allem aber auch in der gemeinsamen griechischen Religion (siehe griechische Mythologie). Wichtigstes gesamtgriechisches Heiligtum war das Orakel von Delphi („der Nabel der Welt”). In Verbindung mit religiösen Kultfeiern bildeten sich verschiedene panhellenische Feste heraus, wie die Isthmischen, die Pythischen, die Nemeischen und die Olympischen Spiele. Die bedeutendsten waren die Olympischen Spiele, deren Siegerlisten seit dem Jahr 776 v. Chr. überliefert sind. Ob in diesem Jahr auch die ersten Spiele stattfanden oder ob die Spiele noch weiter zurück datieren, ist allerdings ungewiss. 7.2.1 Das archaische Zeitalter (800-500 v. Chr.) Großgriechenland Bewohner Griechenlands verließen in mehreren Wellen ihre Heimat und gründeten im ganzen Mittelmeerraum Niederlassungen. Bevorzugte Kolonisationsgebiete waren Süditalien und Sizilien: Diese Region wurde als Magna Graecia (Großgriechenland) bezeichnet.© Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. Mit dem archaischen Zeitalter, das nach der ersten griechischen Kunstepoche datiert wird, bildet sich die entscheidende gesellschaftliche Organisationsform der griechischen Kultur der Antike heraus, die Polis (Stadtstaat). Die Bedeutung des Wortes Polis ist vielfältig: geschlossene Siedlung, Stadt oder Burg. Von ihrem Ursprung her war die Polis wahrscheinlich eine bäuerliche Siedlungsgemeinschaft. Später führte die Entwicklung von Handel und Handwerk zu verschiedenen Polis-Typen. Als politische Gemeinschaft bildeten Mitglieder der Polis einen rechtlichen Personenverband, der seine inneren Angelegenheiten nach eigenen Gesetzen regelte. Ihre Grundlage war das Privateigentum der Mitglieder an Grund und Boden. Zugleich waren die Mitglieder der Polis eine Abstammungsgemeinschaft, die sich von niedergelassenen Fremden (Metöken) und Sklaven abgrenzte. Die Polis umfasste nicht allein das städtische Zentrum, sondern gleichberechtigt auch das Umland und seine Bewohner. An der Spitze der Polis stand ursprünglich ein König. Diese frühen Polis-Könige sind die Helden der Epen Homers. Ihre Macht innerhalb der Polis beruhte wahrscheinlich weniger auf einem adligen Standesprivileg als auf wirtschaftlichem Erfolg und gesellschaftlicher Autorität. Die entwickelte Polis zeichnete sich durch eine starke soziale Differenzierung in Grundbesitzer, Bauern, Handwerker, Kaufleute und Tagelöhner aus. Übervölkerung und die resultierende Nahrungsmittelknappheit sowie der sich entwickelnde Fernhandel lieferten die Motive für den griechischen Kolonisationsdrang im 8. bis 6. Jahrhundert v. Chr. Die Siedlungsexpansion dieser Ära, auch als Große Kolonisation bezeichnet, führte zur Verbreitung der Polis im Mittelmeer sowie im Schwarzen Meer. Zahlreiche Kolonien entstanden in Sizilien und im Süden der italienischen Halbinsel (u. a. Neapel). Hier wurden so viele griechische „Pflanzstädte” gegründet, dass das Gebiet den Namen Magna Graecia (Großgriechenland) erhielt. Auch Marseille und Byzanz verdanken ihre Gründung der Großen Kolonisation. Eine neu gegründete Polis bildete keine Erweiterung des Machtbereichs der Mutterstadt, sondern eine neue selbständige Gemeinschaft. Sie war der Mutterstadt einzig in Kult und Verfassung verpflichtet. Das Königtum wurde zwischen 800 und 650 v. Chr. fast überall durch Oligarchien (griechisch: die Herrschaft weniger) ersetzt, in denen die Macht in Händen einer kleinen Gruppe von Adligen lag. Um 650 v. Chr. wurden die Oligarchien ihrerseits von Tyrannen abgelöst. Die Bezeichnung Tyrann verweist ausschließlich darauf, dass der Herrscher die Macht unrechtmäßig erlangt hatte; die Regierung war nicht grundsätzlich diktatorisch. Viele Tyrannen, die sich (zunächst) auf die unterprivilegierten Schichten stützten und die Vorherrschaft des Adels brachen, waren herausragende Führungspersonen, z. B. Periander von Korinth oder Gelon von Syrakus. Die Schrift hatten die Griechen bereits im 11. Jahrhundert v. Chr.von den Phöniziern übernommen und den Erfordernissen der griechischen Sprache angepasst. Die älteste überlieferte griechische Inschrift stammt von circa 750 v. Chr. Infolge der aufstrebenden politischen und wirtschaftlichen Entwicklung erlebte die hellenische Kultur während der archaischen Epoche eine erste Blütezeit. In den Wissenschaften erweiterten der Philosoph Anaximander, der Mathematiker Pythagoras und der Astronom Thales die Erkenntnisse. 7.2.2 Zentren des Griechentums: Sparta und Athen Sparta war ein aristokratischer Staat im Süden der Halbinsel Peloponnes mit einem Doppelkönig an der Spitze. Es gründete seine Vormachtstellung auf der Peloponnes und in Festland-Griechenland vorwiegend auf Eroberungen und übte eine strenge Kontrolle über die abhängigen Staaten aus. Dies geschah auf der Basis einer straffen militärischen staatlichen Organisation. Die Spartiaten (Mitglieder der Kriegerkaste) herrschten über die Heloten (wörtlich: Gefangene). Die Heloten waren die Nachfahren der unterworfenen Vorbevölkerung, hatten als Staatssklaven einen rechtlosen Status und stellten die unterste Klasse im spartanischen Vierklassensystem. Im Krieg mussten die Heloten Militärdienst leisten. Eine dritte Kaste bildeten die Periöken (wörtlich: Umwohner). In den Händen dieser Freien ohne Bürgerrechte lagen Handel und Gewerbe. Sie lebten häufig in eigenen Siedlungen. In Athen (Stadt der Göttin Athene) hingegen erhielten die adligen Bewohner der benachbarten attischen Städte die vollen Bürgerrechte. Das vererbbare Königtum wurde 683 v. Chr. vom Adel (Eupatriden), der bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. regierte, abgeschafft. Die Eupatriden errichteten eine oligarchische Herrschaft und stellten den Archon, d. h. den jährlich wechselnden höchsten Beamten. Mit der Gesetzgebung Drakons wurden 621 v. Chr. die geltenden Rechte erstmals aufgezeichnet, wodurch die willkürliche Rechtsprechung und die Vollmachten der Adligen eingeschränkt wurden. Eine Generation später unternahm Solon 594 v. Chr. eine umfangreiche Reform der politischen Verfassung Athens. Er beseitigte die adligen Privilegien und band die grundbesitzlosen Schichten in die Herrschaft ein. Ausschlaggebend für die politische Teilhabe wurde nun anstelle der Geburt das Vermögen (Timokratie). Die Bürger waren nach Einkommensgruppen in vier Klassen (Pentakosiomedimnen, Ritter, Zeugiten und Theten) eingeteilt, wobei die Pentakosiomedimnen als reichste Klasse größere Rechte, aber auch mehr Pflichten besaßen. Nur sie konnten die Archonten stellen; gleichzeitig kamen sie für die kostspieligen Kultfeiern auf. Sklaven waren in der Athener Gesellschaft als Haus- und Arbeitskräfte allgegenwärtig, sie stellten schätzungsweise ein Drittel der Bevölkerung. Ihr Lebensstandard war nicht zwangsläufig schlecht, ihnen wurde sogar im Auftrag des Herren Geschäftsfähigkeit zugebilligt. Allerdings waren die Sklaven unmündig. Im Falle ihrer Freilassung erhielten sie den Status von niedergelassenen Fremden (Metöken), die nicht das Bürgerrecht besaßen. Die Tyrannis als Herrschaftsform setzte sich in Athen mit der Machtergreifung des Peisistratos Mitte des 6. Jahrhunderts v. Chr. durch. Formal beließ Peisistratos die Verfassung Solons in Kraft, die Ämter wurden aber an Familienangehörige und Vertraute vergeben. Unter seiner mehr als zwanzigjährigen Regierung erlebte Athen einen großen wirtschaftlichen, kulturellen und außenpolitischen Machtzuwachs. Der Tyrann Hippias, der Sohn des Peisistratos, wurde 510 v. Chr. durch einen Volksaufstand gestürzt, der den Adligen Kleisthenes an die Macht brachte. Die Kleisthenischen Reformen der Jahre 509 bis 507 v. Chr. bedeuteten den Durchbruch der antiken Demokratie. Alle Vollbürger über 30 Jahre erhielten unabhängig von Besitz und Stand die gleichen Rechte. Frauen, Sklaven und niedergelassene Fremde blieben davon allerdings ausgeschlossen. Die Volksversammlung (Ekklesia), auf der sich jeder Bürger frei äußern konnte, erließ Gesetze und lenkte die Staatsangelegenheiten per Mehrheitsbeschluss. Ihr repräsentatives und geschäftsführendes Organ war der Rat der Fünfhundert (Boule), der sich aus je 50 Mitgliedern der zehn von Kleisthenes neu geschaffenen Phylen (Militär- und Verwaltungseinheiten) Athens zusammensetzte. Jede Phyle wählte zudem für ihr Militäraufgebot einen Strategen (Feldherren) und einen Schatzmeister. Weitere Beamte und Richter wurden per Los bestimmt. Die Einführung des Ostrakismos (Scherbengerichts) sollte die Wiederkehr der Tyrannis verhindern. 7.2.3 Die Perserkriege (500-479 v. Chr.) Perserkriege Zwischen 490 und 478 v. Chr. standen sich Griechen und Perser in zwei großen Kriegen einander gegenüber. Auslöser des ersten Krieges war der Ionische Aufstand, der Aufstand der kleinasiatischen Griechenstädte gegen die Herrschaft der Perser unter König Dareios I., in den Griechenland zugunsten der Griechenstädte eingegriffen hatte. Der erste Krieg endete 490 v. Chr. mit dem Sieg der Athener in der Schlacht bei Marathon. Eine weitere berühmte Schlacht fand zehn Jahre später während des zweiten Krieges bei den Thermopylen statt. Diesmal siegten die Perser unter König Xerxes I., rückten weiter nach Süden vor und nahmen schließlich Athen. In den folgenden Schlachten 480/479 v. Chr. – zur See bei Salamis und Mykale, zu Lande bei Platää – triumphierten jedoch wieder die Griechen. Der persisch-griechische Konflikt zog sich noch bis 449 v. Chr. hin, bis zum Kalliasfrieden, durch den sich Athen zur Vormacht in der Ägäis aufschwang.© Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. 500 v. Chr. erhoben sich die griechischen Städte in Ionien (Kleinasien) gegen die persische Herrschaft, der sie seit 546 v. Chr. unterworfen waren, und wurden dabei seitens des griechischen Mutterlandes von Athen und Eretria, einer Stadt auf der Insel Euböa, unterstützt. Dieser Ionische Aufstand führte zu langjährigen Auseinandersetzungen mit dem Persischen Reich, den Perserkriegen. Der persische Großkönig Dareios I. schlug den Aufstand 494 v. Chr. nieder, errichtete erneut seine Herrschaft über Ionien und erzwang von den meisten griechischen Stadtstaaten Unterwerfungserklärungen. Die Weigerung von Sparta und Athen beantwortete er 490 v. Chr. mit der Zerstörung Eretrias durch seine Flotte und einem Feldzug des persischen Heeres gegen Athen. In der Ebene von Marathon scheiterte er mit seiner dreimal stärkeren Streitkraft gegen die Armee Athens unter Führung von Miltiades. Xerxes I., der seinem Vater Dareios 486 v. Chr. auf dem Thron folgte, stellte daraufhin eine der größten Armeen der Antike auf. 481 v. Chr. setzten die Perser auf einer Schiffsbrücke über den Hellespont (Dardanellen). Bei den Thermopylen, einem engen Pass, der Thessalien mit Mittelgriechenland verband, stellte sich 480 v. Chr. der spartanische König Leonidas I. den weit überlegenen Persern entgegen und wurde erst durch Verrat bezwungen. Anschließend nahmen die Perser Athen ein und brannten die von ihren Bewohnern verlassene Stadt nieder. In der Seeschlacht von Salamis 480 v. Chr. erzwang die Athener Flotte, die aus kleinen wendigen Trieren bestand und von Themistokles geführt wurde, mit ihrem Sieg über die zahlenmäßig überlegene, aber schwerfällige persische Flotte die Wende. 479 v. Chr. wurde der restliche Teil der persischen Streitmacht bei Platää geschlagen. Die Perser gaben daraufhin ihre Eroberungspläne für Griechenland auf. Mit dem Sieg über die Perser stieg Athen zur dominierenden Seemacht auf. 7.2.4 Die Vorherrschaft Athens (479-404 v. Chr.) Akropolis in Athen Hoch über Athen liegt die Akropolis mit den Überresten des Parthenons und anderer historischer Bauwerke. Die anhaltende Luftverschmutzung führte zu Schäden an den Bauwerken. Die UNESCO erklärte die Akropolis zum Weltkulturerbe.Kathleen Campbell/ALLSTOCK, INC. Die folgenden Jahrzehnte sahen Athen auf dem Höhepunkt seiner politischen und kulturellen Entwicklung. Aufgrund seiner führenden Rolle in den Perserkriegen und der Überlegenheit seiner Flotte überflügelte es den Rivalen Sparta, der bis dahin mit seiner Landarmee die größte Militärmacht in Griechenland darstellte. 477 v. Chr. schlossen sich 200 griechische Städte unter der Führung Athens zum Attischen Seebund zusammen, dem Sparta jedoch fernblieb. Unmittelbares Ziel des Attischen Bundes war die Vertreibung der Perser aus Ionien, was unter dem Athener Heerführer Kimon bis 465 v. Chr. auch gelang. Schon bald waren die Mitglieder des Attischen Bundes nicht mehr Verbündete Athens, sondern abhängige Staaten; Athen forderte von ihnen regelmäßigen Tribut. Als sich Naxos 469 v. Chr. aus dem Bund lösen wollte, wurde es militärisch niedergeworfen. Auch in der Folgezeit wurden Abtrünnige mit Gewalt am Verlassen des Bundes gehindert. Griechische Kunst und Kultur Durch griechische Philosophen, Naturwissenschaftler und Dichter wurde die abendländische Kultur nachhaltig beeinflusst.© Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. 462 v. Chr. leitete Ephialtes weit reichende Reformen der Athener Verfassung ein, indem er die Befugnisse des Areopag, des obersten Gerichts, bedeutend einschränkte und sie dem Rat der 500 und der Volksversammlung übertrug. Im selben Jahr wies Sparta die Athener Unterstützung zur Niederschlagung des Helotenaufstandes brüsk zurück, da es die Ausbreitung demokratischer Grundsätze in seinem Herrschaftsgebiet befürchtete. Dies führte zu einem offenen Konflikt zwischen den beiden Städten. Nach der Ermordung von Ephialtes übernahm 461 v. Chr. Perikles die Führung Athens. In der Folge häufig in das Amt des Strategen (443 bis 429 v. Chr. durchgehend) gewählt, trieb er die demokratischen Reformen weiter voran. Bereits 461 v. Chr. setzte er die Besoldung öffentlicher Ämter durch, um auch den Unvermögenden den Zugang zu Regierung, Verwaltung und Justiz zu ermöglichen. 458 v. Chr. gewährte er der dritten Klasse, den Zeugiten, Zugang zur höchsten Machtinstitution, dem Archontat. 451 v. Chr. erließ er ein Bürgergesetz, nach dem nur Vollbürger sein konnte, wer zu beiden Elternteilen Athener Abstammung war. Während seiner Regierungszeit erfolgte der Bau des Parthenons, der Propyläen und anderer Bauwerke auf der Akropolis. Das griechische Theater erreichte mit den Tragödiendichtern Aischylos, Sophokles und Euripides seine Blütezeit. Herodot und Thukydides verfassten die ersten historiographischen Werke. In das Zeitalter des Perikles fällt auch das Wirken der Philosophen Anaxagoras, der Perikles’ Lehrer war, und Sokrates. Die Bündnisse während des Peloponnesischen Krieges Im Peloponnesischen Krieg (431-404 v. Chr.) um die Vorherrschaft in Griechenland standen sich zwei Bündnissysteme gegenüber: Der Peloponnesische Bund, der im Wesentlichen die Stadtstaaten der Peloponnes sowie als Bundesgenossen Makedonien umfasste, und der von Athen geführte Attische Seebund, dem die griechischen Städte an der ägäischen Küste und die Ägäischen Inseln angehörten sowie Thessalien als bedeutendster Verbündeter.© Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. Perikles setzte den Krieg gegen die Perser fort. Allerdings endete das Unternehmen zur Unterstützung des Abfalls Ägyptens (damals eine persische Satrapie) vom Perserreich in den Jahren 460 bis 454 v. Chr. mit einer Niederlage. Die Athener Flotte konnte die Perser erst 450 v. Chr. bei Salamis auf Zypern entscheidend schlagen. Der Athener Unterhändler Kallias vermittelte 449 v. Chr. einen Friedensvertrag mit dem Persischen Reich, den so genannten Kalliasfrieden, in dem sich die Perser verpflichteten, keine Kriegsschiffe mehr in die Ägäis zu entsenden und den ionischen Stadtstaaten an der kleinasiatischen Küste die Autonomie zu belassen. Den Konflikt mit Sparta konnte Perikles 446 durch den Abschluss eines auf 30 Jahre angelegten Friedensvertrages vorübergehend beilegen. Athen räumte Sparta die vollständige Hegemonie über die Peloponnes ein. Athen selbst konzentrierte sich auf den Ausbau seines Einflusses in Sizilien, Thrakien und Makedonien. Der Friedensschluss von 446 v. Chr. hatte den beiden Rivalen Athen und Sparta nur eine Atempause verschafft. Der Peloponnesische Krieg (431 bis 404 v. Chr.), in dem sich der Attische Seebund unter Führung Athens und der Peloponnesische Bund unter Sparta als Machtblöcke gegenüberstanden, entwickelte sich zu einer langwierigen innergriechischen Auseinandersetzung, in die sich die ganze griechische Staatenwelt verwickelte. Sparta unter Lysander eroberte 405 v. Chr. durch eine List die Athener Flotte und belagerte anschließend Athen, das 404 v. Chr. kapitulierte. Die Friedensbedingungen brachten das Ende der Vorherrschaft Athens: Es durfte keine große Kriegsflotte mehr unterhalten und musste Sparta Heerfolge leisten. Zur Regierung Athens setzte Sparta die Oligarchie der Dreißig Tyrannen ein. Der Attische Seebund wurde aufgelöst und die zuvor von Athen abhängigen Staaten Sparta untertänig. 7.2.5 Der Niedergang der griechischen Staatenwelt (404-355 v. Chr.) Bereits 403 v. Chr. vertrieben die Athener die Dreißig Tyrannen und stellten die Demokratie wieder her. Allerdings blieb die außenpolitische Abhängigkeit von Sparta zunächst bestehen. Gegen die spartanische Hegemonie setzte sich Athen gemeinsam mit Theben, Argos und Korinth im Korinthischen Krieg (395 bis 386 v. Chr.) zu Wehr, konnte sie jedoch nicht brechen. Der durch Persien, das sich erneut der ionischen Küste bemächtigte, vermittelte Antalkidas- bzw. Königsfrieden bestätigte 386 v. Chr. Spartas Vorherrschaft über die griechischen Stadtstaaten. 379 v. Chr. lehnten sich die Thebaner erneut gegen Sparta auf und vertrieben die spartanischen Besatzer aus der Stadt. Und diesmal gelang es Sparta nicht, den Aufstand niederzuringen. 377 v. Chr. restituierte Athen erfolgreich den Attischen Seebund, dem auch Theben beitrat. 371 v. Chr. konnten die Thebaner unter Epameinondas die Spartaner bei Leuktra schlagen. 369 v. Chr. erhoben sich mit thebanischer Hilfe die messinaischen Heloten gegen Sparta und gründeten einen eigenen Staat. Damit war Sparta ein wichtiger Teil seiner wirtschaftlichen Grundlage entzogen, und seine Großmachtstellung ging verloren. An Spartas Stelle trat nun Theben, das seine Stellung aber nur kurz, bis 362 v. Chr., behaupten konnte. Athen versuchte seine Herrschaft erneut über den Attischen Seebund auszubauen, doch die Verbündeten fielen von ihm ab. Der Bundesgenossenkrieg (357-355 v. Chr.) endete mit einer herben Niederlage Athens. 7.2.6 Unter makedonischer Vorherrschaft: Philipp II. und Alexander der Große (356-323 v. Chr.) Alexander der Große Im Zuge seiner Eroberungsfeldzüge dehnte Alexander der Große den griechischen Machtbereich bis nach Indien aus, ehe er 323 v. Chr. im Alter von 33 Jahren starb. Die Büste Alexanders stammt aus dem 4. Jahrhundert v. Chr. und befindet sich heute in der Akropolis von Athen.Agenzia LUISA RICCIARINI—MILANO Diese innergriechischen Machtkämpfe nutzte Makedonien, der nördliche Nachbar Thessaliens, zum Aufstieg. Die Makedonier galten ursprünglich nicht als Griechen. Erst im 6. Jahrhundert v. Chr. wurden sie als solche anerkannt und zu den Olympischen Spielen zugelassen. Sie standen jedoch weiterhin abseits der politischen und kulturellen Entwicklung in Griechenland. Philipp II., seit 359 v. Chr. König von Makedonien, leitete gegenüber Griechenland eine Hegemoniepolitik ein, nachdem er mit seinen Heeresreformen die makedonische Armee zur schlagkräftigsten der Region gemacht hatte. Seit 356 v. Chr. nahm er aktiv an den innergriechischen Auseinandersetzungen teil, indem er in den Krieg um die Kontrolle der Amphiktyonie, des Schutzbündnisses für die Kultstätte von Delphi, eingriff. Athen setzte sich an die Spitze des antimakedonischen Widerstandes; als Wortführer der Gegner Philipps tat sich insbesondere der Redner Demosthenes hervor. 346 v. Chr. beendete Philipp den Krieg gegen die Amphiktyonie siegreich und wurde in das Gremium der Amphiktyonie aufgenommen. Als Philipp 343 v. Chr. ganz Thrakien eroberte und seinem Reich einverleibte, sah Athen seine Getreideversorgung über das Schwarze Meer gefährdet, scheiterte mit seiner Gegenwehr jedoch in der Schlacht von Chaironeia (338 v. Chr.). Philipp gewährte Athen milde Friedensbedingungen und verwirklichte 337 v. Chr. mit der Gründung des Korinthischen Bundes, dem nur Sparta fernblieb, die Einigung aller Griechen unter makedonischer Führung. Das Bündnis beließ den Stadtstaaten ihre Unabhängigkeit und war auf einen Krieg der Griechen gegen den traditionellen Feind Persien ausgerichtet. Der Tod Philipps 336 v. Chr. machte die Kriegspläne gegen Persien jedoch vorerst zunichte. Reich Alexanders des Großen Im Jahr 323 v. Chr. erstreckte sich das Reich Alexanders des Großen von der Balkanhalbinsel bis nach Indien. Im gleichen Jahr starb Alexander in Babylon.© Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten. Erweitern Philipps Sohn und Nachfolger Alexander der Große behauptete die makedonische Hegemonie über Griechenland. 334 v. Chr. eröffnete er den von seinem Vater geplanten Persienfeldzug – formal ein Krieg aller Griechen des Korinthischen Bundes, doch waren die Makedonier innerhalb des Heeres am stärksten vertreten und hatten die Führung inne. In einem dreieinhalbjährigen Siegeszug, den er mit dem Triumph über Dareios III. in der Schlacht von Gaugamela abschloss (331 v. Chr.), beseitigte er die persische Großmachtstellung. Damit war die persische Gefahr gebannt und das vorgebliche Kriegsziel des Korinthischen Bundes erreicht. 330 v. Chr. entließ Alexander die griechischen Truppen nach Hause. Seit Beginn seines Feldzugs nach Indien, zum „Rand der Welt” (327 v. Chr.), plante Alexander vermutlich, die ganze den Griechen bekannte Welt zu unterwerfen. Nach seiner Rückkehr vom Indischen Ozean erlag er in Babylon, der neuen Hauptstadt seines Weltreiches, 323 v. Chr. einem Fieber. Durch seine Eroberungen und Städtegründungen verbreiteten sich die griechische Sprache und Kultur im ganzen Herrschaftsgebiet. 7.2.7 Die hellenistische Staatenwelt (323-215 v. Chr.) Da Alexander keinen regierungsfähigen Erben hinterlassen hatte, teilten nach seinem Tod seine Feldherren das Erbe unter sich auf. Aus den Diadochenkämpfen (321-281 v. Chr.) gingen drei große Reiche hervor, die Diadochenreiche: In Vorderasien entstand das Seleukidenreich, während die Dynastie der Ptolemäer Ägypten beherrschte. Makedonien stand seit 276 v. Chr. unter der Herrschaft der Antigoniden und dominierte weiterhin Griechenland. In den neuen Reichen wurden zahlreiche griechische Städte gegründet, die die Organisationsform der Polis weit über Griechenland hinaus verbreiteten. Athen und Sparta versuchten noch einmal, unterstützt vom Ptolemäerreich, Makedoniens Einfluss in Griechenland zu brechen, scheiterten jedoch im Chremoneidischen Krieg (267-261 v. Chr.). In den hellenistischen Staaten gelangten griechische Kunst, Philosophie und Literatur zu einer erneuten Blüte (Zeitalter des Hellenismus). Das Seleukidenreich und das Ptolemäerreich verbreiteten durch ihre Oberschicht die griechische Kultur und Lebensweise in weiten Teilen der Alten Welt. Zum Zentrum des Griechentums noch vor Athen entwickelte sich Alexandria, die Hauptstadt der Ptolemäer, die die größte Bibliothek der Antike beherbergte. An der kleinasiatischen Küste stieg die ionische Stadt Pergamon zu einem Mittelpunkt hellenistischer Kultur auf. Diese Epoche brachte so hervorragende Geister wie die Mathematiker Euklid und Archimedes, die Philosophen Epikur und Zenon sowie die Dichter Apollonios von Rhodos und Theokrit hervor. In Griechenland verlor die Polis mehr und mehr ihre Funktion. An ihre Stelle traten Bundesstaaten, die über ein gemeinsames Bürgerrecht, staatliche Organe und eine gemeinsame militärische Organisation verfügten. Einer dieser Bundesstaaten war der 290 v. Chr. von den Stadtstaaten Mittelgriechenlands gegründete Ätolische Bund. Eine zweite, ähnliche Organisation, der Achaiische Bund, fasste ab 280 v. Chr. die Städte der nördlichen Peloponnes zusammen. Der Achaiische Bund war, ebenso wie der Ätolische, ursprünglich gegen die makedonische Hegemonie gerichtet, versuchte aber zugleich, die Herrschaft über ganz Griechenland zu erringen. Er wandte sich zunächst gegen Sparta, das keinem Bund angehörte, wurde aber geschlagen. 225 v. Chr. ersuchte der Bund ganz gegen seine anfangs formulierten Ziele um makedonische Militärhilfe, die ihm auch gewährt wurde, aber Sparta unter makedonische Herrschaft brachte. In der Folgezeit gingen die makedonischen Könige wechselnde Koalitionen mit dem Achaiischen und dem Ätolischen Bund ein, da sie nicht mehr in der Lage waren, diese Bündnisse zu zerschlagen. Microsoft® Encarta® Enzyklopädie Professional 2003. © 1993-2002 Microsoft Corporation. Alle Rechte vorbehalten.