vorrömischen Siedlung entstanden war. Mit der Zerstörung jenes Forts (um 430 n.Chr.) dienten die Ruinen zunächst der verarmten ansässigen pastoralen Bevölkerung als Zufluchtsstätte bis sie schließlich vollkommen aufgegeben wurden. Um das 10. Jh. n.Chr. wurde noch über den nunmehr in Vergessenheit geratenen Gebäuderesten eine Scheune aus Holz errichtet, die einige Jahrzehnte Bestand hatte. Danach blieb das Areal eine als Weideland genutzte Fläche. DAS SCHMIEDEVIERTEL (6) Der dem Handwerk zugeordnete Sektor (6) umfasst zwei Gebäudestrukturen (a, b), die wiederum dem halb eingetieften Haustypus zuzuordnen sind, jedoch im Vergleich zum großen Kultbau (5) geringere Ausmaße aufweisen und ins 4. Jh. v.Chr. datieren. Als im 2. Jh. v.Chr. zusätzlich überdeckte Innenhöfe eingerichtet wurden, waren dort Handwerkstätten untergebracht. Zahlreiche aufgefundene Spuren der Eisenverhüttung in Form von kalottenförmigen Schlacken (scorie a calotta) weisen die Siedlung in jener Phase als Zentrum der Eisenaufbereitung aus. Der erforderliche Rohstoff, das Erz, wurde aus den in den Gebirgsregionen gelegenen Lagerstätten gewonnen, von wo es teilweise bereits verhüttet (zu Metall reduziert) hierher in die Schmieden zur Weiterverarbeitung gelangte. Unter Anwendung langwieriger Schmiedeverfahren wurde das poröse Eisenerz anschließend zu verarbeitbarem Metall aufbereitet. Da die Erzvorkommen rar und das qualitätsvolle Material einen besonderen Wert darstellte, waren die Orte der Eisenverarbeitung speziell geschützt angelegt. Zu diesem Zweck wurde um das zu jener Zeit errichtete Schmiedeviertel (2. Jh. v.Chr.) ein mächtiger murus gallicus (8) errichtet. Diese Form eines in Stein, Erde und Holz konstruierten keltischen Befestigungswalls ist im Gebiet südlich der Alpen bislang einzigartig. Wenngleich ein derartiges Eisenverhüttungszentrum entlegen situiert sein sollte, um die Produktionsabläufe weitgehend im Geheimen durchführen zu können, war ihr Platz gleichfalls von der Nähe zu den in der Ebene gelegenen Siedlungen und damit den Absatzgebieten bestimmt. Castelraimondo erfüllte alle diese Voraussetzungen. In den obenge- Römischer Turm (7) Kleine Pfeilspitze, 4. Jh. n.Chr. um die Vorherrschaft im Ostalpenraum rangen. TURM UND RÖMISCHE BEFESTIGUNGSANLAGE (7) Gemme mit vertieft eingeschnittenem Bildmotiv, 2.Jh. n.Chr. nannten überdachten Innenhöfen wurden einige sowohl keltische (aus dem Regnum Noricum) als auch römische Silbermünzen gefunden: offensichtlich wurden die Eisenprodukte aus Castelraimondo in beide Großmächte verhandelt, die zu jener Zeit Gegen Ende des 1. Jhs. v.Chr., in augustäischer Zeit, erfuhr der murus gallicus Umbaumaßnahmen. In die keltische Befestigungsanlage wurde ein mindestens sechs Meter hoher Turm (7) eingesetzt, der entsprechend der typisch römischen Bautechnik in Mörtelmauerweise errichtet und mit einer Dacheindeckung (Leistenund Hohlziegel) ausgestattet war. Der wie ein Wachposten konzipierte Turm erfüll- te durch seine Position Kontroll- und Signalfunktion. Auch für den cursus publicus, dem römischen Kommunikationssystem mit Sitz in Aquileia, spielte ein derartiger Posten eine bedeutende Rolle, musste doch die Generalsführung in Rom die laufenden Militäroperationen an den Grenzen entlang der Donau und des Rhein koordinieren und steuern. In Folge der sich gegen Ende des 3. Jh. n.Chr. häufenden Barbareneinfälle in den Norden Italiens wurde eine Verstärkung des territorialen Wachsystem in der gesamten ostalpinen Region erforderlich. Diese erfolgte durch die Errichtung mehrerer Befestigungsanlagen, die wie auch Castelraimondo als massive Baukomplexe ähnlich einer mittelalterlichen Burg konzipiert waren. In das Innere der Konstruktion wurden dabei die Strukturen der Vorgängersiedlung, wie der Turm (7), der murus gallicus (8) und der große Kultbau (5) integriert und gegebenenfalls bauliche Veränderungen und Befestigungsmaßnahmen vorgenommen. Die ringförmig angelegten Umfassungsmauern umschlossen die Bergkuppe auf unterschiedlichem Höhenniveau. Ein Mauerabschnitt ist noch an der Südseite sichtbar, während auf der Hochfläche ein Teil der inneren Straße und ein kleiner (Eingangs-)Torbogen erhalten ist (6). Aufschluss über das Leben und die Aktivitäten in der Burg liefern diverse während der Ausgrabungen geborgene Funde, darunter Waffen, Münzen oder Keramikteile. Entsprechende Fundstücke legen auch die Produktion von kleinen Pfeilspitzen und sogenannter tribuli nahe. Derartige hakenförmige Eisengegenstände mit drei Spitzen dienten der Abwehr angreifender Reiter, indem sie Verletzungen der Pferdehufe verursachten. Die römische Befestigungsanlage wurde letztendlich um das Jahr 430 n.Chr. zerstört. Zu jener Zeit führten die Hunnen die Einfälle an und zerstören weite Teile des südöstlichen Alpenraumes, von Emona (Ljubljana/Laibach) bis Aquileia. Mit der Aufgabe der Burganlage wurde die Bergkuppe für einige Jahrzehnte der Vegetation preisgegeben. Darüber informieren nicht zuletzt archäobotanische Forschungen, im Zuge derer Pollenreste aus den archäologischen Schichten jener Phase des Besiedlungsendes analysiert wurden. In der Zeit zwischen dem 9. und 10. Jh.n.Chr. beruhigte sich die Situation für einige Jahre. Die Bevölkerungszahl stieg an und der Turm der römischen Befestigung fand vorübergehend als Kalkbrennofen Verwendung. Davon zeugt eine erhaltene Ascheschicht, die auf Grund einer vorgenommenen Radiokarbondatierung aus den Jahren zwischen 885 und 950 n.Chr. stammt. Nach Ende der Brennerei wurde die Besiedlung endgültig aufgegeben und der Berg verlassen. SPRECHENDE STEINE Aufmerksamkeit sei schließlich mehreren Felsformationen geschenkt, die östlich und westlich des römischen Turmes (7) im Gelände erkennbar sind. Sie liefern interessante Details über die außergewöhnliche geologische Situation dieser Gegend und ihre interessante erdkundliche Entwicklung, die vor Jahrmillionen zur Entstehung des heutigen Berges Zuc ‚Scjaramont geführt hat. Es handelt sich um Kalkstein, der sich vor 140 Millionen Jahren in den Meerestiefen unter tropischen Bedingungen gebildet hat. Nach einer ersten Hebungsphase des Meeresgrundes und folgender Erosion senkte sich die Erdkruste wiederum an die tausend Meter in die Tiefe, wo Erdbewegungen in der Tiefsee Erdrutsche auslösten. Mit der gewaltigen Auffaltung der Oberfläche und anschließender Korrosion und Verkarstung erhielt das Terrain seine heutige Form. Die heute noch rege seismische Aktivität in der Region liegt also in jener Zeit begründet, als sich gewaltige Erdschichten überlagerten und damit die Oberfläche in ihrer gegenwärtig sichtbaren Form zu gestalten begannen. A Monte Croce Val d’Incarojo Tolmezzo Valcellina Val Vajont Val Meduna Val Cosa Val d’Arzino Übersetzung: E. Pichler Tarvisio Autostrada Uscita Gemona San Daniele del Friuli Spilimbergo A23 Autostrada Uscita Tolmezzo Forgaria- Parco culturale SLO Cividale Valli del Natisone Udine Pordenone Codroipo DER WALD Der im Kulturpark angelegte Rundweg führt durch gemischte Laubwälder (Buche, Esche, Eiche, Haselstrauch) und den Lebensraum seltener Pflanzen- und Tierarten. Inmitten eines noch völlig intakten Ökosystems bewegt sich der Besucher je nach Jahreszeit zwischen blühenden Anemonen und Primeln im Frühjahr und den violetten Blüten der Zyklame im Herbst. Die Tierwelt ist durch eine Vielfalt seltener Schmetterlingsformen (z.B. Schillerfalter), unterschiedliche Vogeltypen und diverse kleine Säugetiere vertreten. Informationen zu den mannigfachen Aspekten des örtlichen Naturraumes liefern die entlang des Weges angebrachten und in Wort und Bild gestalteten Schautafeln. Comune di Forgaria nel Friuli A23 Palmanova Gorizia Treviso Portogruaro Areoporto A4 Venezia Latisana A4 Ronchi dei Legionari Areoporto Aquileia Lignano Grado Trieste Informationen: Comune di Forgaria nel Friuli Ufficio Informazioni Turistiche Piazza Tre Martiri,4 33030 Forgaria nel Friuli tel 0427-809091 • 0427-808042 fax 0427-809610 • 0427-808136 www.comune.forgarianelfriuli.ud.it www.prolocoforgaria.it [email protected] Kulturpark Castelraimondo Zuc ‘Scjaramont Geschichte - Archäologie - Ambiente Konzeption und Gesamtprojektierung: G.P. Mingotti, A. Pratelli, S. Santoro. In Kooperation mit den Universitäten Parma und Udine (Università di Parma, Università di Udine), sowie der Corpo Forestale della Regione Friuli Venezia Giulia. Interreg II e III Italia - Austria DER KULTURPARK Der Kulturpark von Castelraimondo gibt Zeugnis einer weit zurückreichenden erdkundlichen und archäologischen Vergangenheit. Eingebettet in eine Kulisse von besonderer landschaftlicher Schönheit wird dem Besucher die Möglichkeit zu einem genussvollen Rundgang geboten. Die Anlage wurde durch die Gemeinde Forgaria nel Friuli im Rahmen des Projekts Interreg II e III Italia-Austria der Europäischen Union verwirklicht. ZWEI NAMEN – ZAHLLOSE LEGENDEN Die Erhebung des Zuc ’Scjaramont (441 m) prägt durch seine markante Position die umliegende Landschaft. Richtung Süden überblickt man einen weiten Abschnitt des Flusses Tagliamento, von Osoppo bis hin zum Meer. Im Norden erstreckt sich die Sicht über das enge Tal des Arzino, ein Flusslauf, der seit jeher eine wichtige Verbindung mit dem Oberlauf des Tagliamento, der karnischen Region (Carnia) und zu den Alpenpässen darstellte. Wohl auf Grund dieser strategisch günstigen und zugleich geschützten Lage wurde der Berg bereits in vorrömischer Zeit (ab dem 4. Jh. v.Chr.) als Siedlungsplatz aufgesucht, wovon Reste auf der mittleren Bergkuppe zeugen. Eine in römischer Zeit an derselben Stelle errichtete Befestigungsanlage erfuhr im Laufe ihres Bestehens (1. Jh. v.Chr.– 5. Jh. n.Chr.) mehrfach Zerstörung und Wiedererrichtung. Im frühen Mittelalter (6.–7. Jh. n.Chr.) dienten die Gebäudereste der in der Ebene ansässigen Bevölkerung bei Gefahr als Zufluchtsstätte bzw. wurden die Ruinen bis ins 10. Jahrhundert saisonal von Hirten als Unterstand aufgesucht. Zwischen dem 13. und 14. Jahrhundert errichtete man auf der niedrigeren dem Fluss Arzino zugewandten Kuppe (428 m) eine Burg, die nach zahllosen blutigen Kämpfen mit der rivalisierenden Burg von Flagogna schließlich in Brand gesetzt und in Folge zerstört wurde. Die steinernen Überreste dienten als Baumaterial bei der Errichtung von Gebäuden (Häuser und Kirchen) in der näheren Umgebung. Die Bergkuppe glich zunehmend einem grünen Hügel, dessen vergangene Besiedlung lediglich anhand vereinzelt sichtbarer Mauerreste erkennbar blieb. Gespeist von vagen Erinnerungen wurde um diese Steine die Legende eines goldenen Kalbes wach, das in ferner Zeit hier begraben oder in den Fragment eines kleinen Keramikgefäßes mit Ritzinschrift in rätischem oder venetischem Alphabet Fluss Arzino geworfen worden sein soll. Um fernab jener mit dieser Stätte und ihren Bewohnern verbundener Legenden die wahre Geschichte des sagenumwobenen Ortes zu erhellen, wurden in jüngster Zeit archäologische Ausgrabungen durchgeführt, die der Besucher in dem nun angelegten Rundgang besichtigen und nachempfinden kann. In den Erläuterungen auf den Schautafeln entlang des Weges finden neben einer Darstellung der archäologischen Erkenntnisse ebenso besondere Aspekte des Naturraumes in Bezug auf die geologischen Besonderheiten dieses Berges Erwähnung. Der heutige Name Castelraimondo geht zurück auf die Zeit der ersten Entdeckungen und erinnert an den Patriarch von Aquileia und Schutzherrn der mittelalterlichen Burg, Raimondo della Torre. VON DEN ERSTEN NACHRICHTEN ZUR WISSENSCHAFTLICHEN ERFORSCHUNG Silbermünze, Mitte 2. Jh. v.Chr Norische Silbermünze, 1. Jh. v.Chr. Rundgang Bronzener Ohrring, Ende 4. Jh. v.Chr. Bereits im 19. Jahrhundert kursierten Nachrichten über Funde von Münzen, Gefäßfragmenten und Knochen aus mit den Namen Pustòta (5) und Planc de la Fontana (7) bezeichneten Plätzen. Seit 1983 haben dann einige ambitionierte Heimatforscher eigenständig Grabungen durchgeführt, durch die einige Mauerzüge freigelegt wurden. Das dabei geborgene Fundmaterial wird nunmehr in der Ausstellung „I segreti del colle“ im Rathaus von Forgaria gezeigt. 1985 führte das italienische Institut für Burgenforschung (Istituto Italiano dei Castelli) eine Untersuchung der mittel- alterlichen Baureste durch, wobei sich unerwarteter Weise herausstellte, dass Teile bereits aus vormittelalterlicher Zeit stammen. Daraufhin wurden die Nachforschungen an das Archäologische Institut der Universität von Bologna und in Folge jenem der Universität in Parma übertragen; von 1988 bis 2005 wurden zwölf Ausgrabungskampagnen als Lehrgrabungen für Archäologiestudenten durchgeführt. Für die Erforschung von Castelraimondo ergaben sich folgende Schwierigkeiten: Die ausgeprägte Hangneigung, der stark verkarstete Fels und die Bewaldung des Berges mit dem damit verbundenen dichten Wurzelwerk. Ferner verursachten illegale Raubgrabungen die Zerstörung der archäologischen Schichtabfolge, die sich durch die lange Besiedlungszeit und die damit in Verbindung stehende mehrfache Wiederbenutzung als ohnehin sehr komplex darstellt. Um dennoch die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen, wurden für die Erforschung von Castelraimondo die neuesten wissenschaftlichen Methoden angewandt. Neben der Archäologie kamen interdisziplinäre wissenschaftliche Untersuchungen aus den Fachgebieten Geologie, Mineralogie, Physik und Informatik zum Einsatz. Dank der Ausgrabungen von Castelraimondo wurde der Wissensstand hinsichtlich der geologischen Situation dieser Region beachtlich erweitert. Genauso konnten neue Erkenntnisse über die vorrömische, römische und mittelalterliche Lebensund Siedlungsweise und die spezifischen Produktionsabläufe in den östlichen Ausläufern der Alpen gewonnen werden. Skelett eines menschlichen Fötus aus dem großen Kultbau DER GROSSE KULTBAU (5) Der im 4. Jh. v.Chr. errichtete Bau von ungewöhnlich großen Ausmaßen (15 x 7m) gilt als Vertreter des sogenannten halb eingetieften alpinen Haustypus („casa alpina seminterrata“). Das Nord-Süd orientierte Haus gliedert sich in einen langen Korridor mit drei Räumen. Im zentralen Raum konnten unterhalb des Fußbodens die Reste eines Bauritus‘ nachgewiesen werden. Dieser zeigte sich in Form von zwei gesetzten Steinkreisen und mehreren Votivgaben, darunter auch ein Gerät aus Bein, das als Musikinstrument magischen Charakters interpretiert wird. Im rückwärtigen Raum befand sich eine große ovale Feuerstelle. Zwischen der Steinsetzung waren die Überreste von elf Neugeborenen bestattet (Föten oder Kinder, die in den ersten Lebenstagen gestorben waren), von denen einige Spuren abortiver Eingriffe aufweisen, die in Zusammenhang mit besonders schwierigen Geburten gestanden sein dürften. Im gesamten Gebäude wurden ferner zahlreiche Tierknochen gefunden, die rituell zersplittert bzw. graviert wurden. Die ungewöhnliche Größe des Hauses, der Bauritus‘, die an den menschlichen Föten erkennbaren Spuren von Geburtseingriffen sowie die intentionell fragmentierten Knochenteile legen die Vermutung nahe, dass die Bedeutung des Gebäudes in Zusammenhang mit einer hervorragenden Persönlichkeit (Oberhaupt) der Siedlung zu sehen ist, die nicht nur diverse Riten für die Gemeinde vollzog, sondern deren Zuständigkeit auch die Medizin, Magie und Wahrsagung beinhaltete. In römischer Zeit ging die besondere Bedeutung des Gebäudes verloren und das Haus wandelte sich von einer zunächst gewöhnlichen Wohnstätte in das Zentrum einer Befestigungsanlage, die anstelle der Der große Kultbau (casa-santuario) (5): Abb. oben. Antike Mauerreste Abb. unten: Das moderne Schutzdach Abb. links: Rekonstruktionsvorschlag für die erste und zweite Bauphase (4.-1. Jh. v.Chr.) Das Fundmaterial ist in der Ausstellung „I segreti del colle“ im Rathaus von Forgaria zu besichtigen.