Junge Instrumentalisten

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DO 21.10.2010 | 20 UHR | LAEISZHALLE | GROSSER SAAL
Junge Instrumentalisten
NDR SINFONIEORCHESTER
DIRIGENT MATTHIAS FOREMNY
ANDREI KOROBEINIKOV KLAVIER
HYEYOON PARK VIOLINE
Das Konzert wird am Freitag, 12. November 2010, um 20.05 Uhr
auf NDR Kultur gesendet. (Hannover: 98,7 MHz)
Auszüge aus diesem Programm werden am Freitag, 22. Oktober 2010,
um 9.30 und 11.30 Uhr im Rahmen des Projektes „Konzert statt Schule“ aufgeführt.
Informationen beim NDR Ticketshop www.ndrticketshop.de.
HECTOR BERLIOZ (1803 – 1869)
KONZERTOUVERTÜRE OP. 9
„LE CARNAVAL ROMAIN“ (1844)
(ENGLISCHHORN-SOLO BJÖRN VESTRE)
ERICH WOLFGANG KORNGOLD (1897 – 1957)
KONZERT FÜR VIOLINE UND ORCHESTER D-DUR
OP. 35 (1945)
Moderato nobile – Romance: Andante – Finale: Allegro assai vivace
Pause
CAMILLE SAINT-SAËNS (1835 – 1921)
KONZERT FÜR KLAVIER UND ORCHESTER NR. 2
G-MOLL (1868)
Andante sostenuto – Allegro scherzando – Presto
PAUL DUKAS (1865 – 1935)
„L’APPRENTI SORCIER“ (1897)
Seit dem Jahr 2003 ist Matthias Foremny GMD und Operndirektor am Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin. Gastdirigate führten ihn zur Staatskapelle Dresden, zum Deutschen Sinfonieorchester Berlin, zur Dresdener Philharmonie,
zum WDR Rundfunksinfonieorchester, zu den Stuttgarter Philharmonikern und zum Stuttgarter Kammerorchester sowie zu
zahlreichen weiteren Orchestern in Deutschland, Norwegen,
Italien und Tschechien. Mit dem Rundfunksinfonieorchester
Berlin, dem SWR-Sinfonieorchester, dem MDR Sinfonieorchester und dem Finnish Radio Symphony Orchestra Helsinki
arbeitet er neben der Konzerttätigkeit auch in Rundfunkproduktionen zusammen. Im Juli 2008 übernahm er die Leitung
des Bundesjugendorchesters für die Sommerarbeitsphase
Seit 2004 ist Matthias Foremny regelmäßig Gast an der Deutschen Oper
Berlin, die er im Oktober 2008 als Konzertdirigent zum Beijing Music Festival
begleitete. An der Komischen Oper
Berlin dirigiert Matthias Foremny in der
letzten Spielzeit Mozarts „Don Giovanni“
und an der Oper Leipzig Wagners
„Rienzi“. Weitere Einladungen führten
ihn zu den Duisburger Philharmonikern,
Nürnberger Philharmonikern, Stuttgarter Philharmonikern, der Staatskapelle Weimar und dem Musikkollegium
Winterthur.
DIRIGENT
2008 mit anschließender Tournee nach
Österreich und Italien. Im Februar 2009
sprang Foremny kurzfristig für Vladimir
Fedosseyev beim Finnish Radio Symphony Orchestra in Helsinki ein.
Matthias Foremny
Der Dirigent Matthias Foremny wurde 1972 in Münster geboren. Im Jahr 1995 gewann Foremny während seiner Studien
in Detmold und Wien den Internationalen Dirigentenwettbewerb „Prager Frühling“. 1997 folgte das Berlin-Debüt mit dem
Deutschen Sinfonieorchester Berlin. Nach seiner Tätigkeit als
erster Kapellmeister am Landestheater Detmold wurde er
im Jahr 2000 als erster Kapellmeister an die Komische Oper
Berlin engagiert, wo er neben dem umfangreichen Repertoire
die Premieren von Brittens „Turn of the Screw“ (Bayerischer
Theaterpreis) und Ligetis „Le grand macabre“ dirigierte, welche internationale Beachtung fanden. Im Jahr 2002 wurde
Foremny vom Deutschen Musikrat als Preisträger des Dirigentenforums ausgezeichnet.
2008 spielte Andrei Korobeinikov eine CD mit Werken von
Skrjabin für Mirare/Harmonia Mundi ein, die mit dem Diapason d’Or und dem Diapason de la Découverte des Magazins
„Monde de la Musique” ausgezeichnet wurde. Als nächstes
wird eine Einspielung mit Beethoven-Sonaten und Bagatellen
Der vielseitig begabte Andrei Korobeinikov hat siebzehnjährig ein Jurastudium
an der European Universitiy Moskau
abgeschlossen und komponiert neben
seiner regen Konzerttätigkeit.
KLAVIER
erscheinen. In dieser Saison wird
Andrei Korobeinikov in Paris mit dem
Orchestre National de France und
solistisch im Louvre in Paris, in Köln
sowie in Tokio in der Suntory Hall zu
hören sein. Weitere Einladungen werden ihn dann ins Washington Arts
Centre, zum Festival in Gstaad sowie
zum Royal Concertgebouw Orchester
nach Amsterdam führen.
Andrei Korobeinikov
Der Pianist Andrei Korobeinikov wurde 1986 in Dolgoprudny
bei Moskau geboren. Er konzertierte bereits auf den großen
Bühnen der Welt und gewann zahlreiche Preise, darunter
Klavierwettbewerbe in Los Angeles, Enschede, Moskau und
St. Petersburg. Mit 19 Jahren schloss er sein Studium am
Moskauer Konservatorium mit Auszeichnung ab. Daraufhin
erhielt er ein Stipendium von G. & J. Simmonds und setzte
seine Studien am Royal College of Music in London bei Prof.
Vanessa Latarche fort. Im Jahr 2006 sprang Korobeinikov für
den erkrankten Ivo Pogorelich in Frankreich beim Festival
„La Roque d’Anthéron“ ein, woraufhin er zur „Folle Journée“
in Nantes, Tokio und Rio de Janeiro eingeladen wurde. 2007
beeindruckte er Publikum und Presse in London mit dem
zweiten Klavierkonzert von Sergej Rachmaninow unter der
Leitung von Vladimir Ashkenazy. Zahlreiche Konzerteinladungen führten ihn anschließend durch ganz Europa, darunter
zum Festival de Radio France nach Montpellier, erneut zum
Festival „La Roque d’Anthéron“, ins Auditorium du Louvre
nach Paris und in die Londoner Wigmore Hall. Kammermusikpartner Andrei Korobeinikovs sind Boris Berezovski, Alexander
Kniazev, Dmitri Makhtin und Henri Demarquette.
Hyeyoon Park etablierte sich als eines der vielversprechendsten Violintalente, als sie 2009 mit 17 Jahren den 1. Preis und
zwei Sonderpreise beim 58. Internationalen Musikwettbewerb
der ARD gewann. Sie war damit die jüngste Preisträgerin in der
Geschichte des Wettbewerbs. Seit ihrem Debütkonzert im
Alter von neun Jahren mit dem Seoul Philharmonic Orchester
gastierte Park bereits mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, dem Mariinsky Theater Symphony Orche-
Als mehrfache Preisträgerin des Wettbewerbs des Deutschen Musikinstrumentenfonds in der Deutschen Stiftung
Musikleben spielt Hyeyoon Park seit
März 2008 eine Violine von Lorenzo
Storioni, Cremona 1781, aus dem Besitz
der Stiftung.
In Zusammenarbeit mit der
Deutschen Stiftung Musikleben
VIOLINE
stra St. Petersburg, dem RSO Stuttgart,
dem Münchner Rundfunkorchester, der
Staatskapelle Weimar, dem Münchner
Kammerorchester und dem Litauischen
Nationalen Kammerorchester. Mit dem
RSO Stuttgart unter der Leitung von
Sir Roger Norrington war sie auf JapanTournee (Nagano, Yokohama, Tokio).
Hyeyoon Park
Die Geigerin Hyeyoon Park wurde 1992 in Seoul geboren.
Park erhielt ihren ersten Geigenunterricht mit vier Jahren und
wurde zwei Jahre später als Jungstudentin an der „Korean
National University of Arts“ aufgenommen. Ab 2003 studierte
sie als Jungstudentin bei Prof. Piotr Milewski am „Cincinnati
Conservatory of Music“ in den USA. Im Alter von vierzehn
Jahren wechselte sie zu Prof. Antje Weithaas als Jungstudentin
an die Hochschule für Musik „Hanns Eisler“. Ab dem Wintersemester 2010/11 wird sie an der Kronberg Academy bei Prof.
Chrstian Tetzlaff studieren. Meisterkurse absolvierte sie bei
Thomas Brandis, Christian Tetzlaff und Ivry Gitlis. Ihr außergewöhnliches Talent wurde bereits durch zahlreiche nationale
und internationale Preise bestätigt. Im Alter von sechs Jahren
gewann sie den Grand Prix beim Hankookilbo Wettbewerb in
Südkorea. 2007 wurde sie beim 5. Internationalen Louis Spohr
Wettbewerb mit dem 1. Preis sowie zwei Sonderpreisen ausgezeichnet. Im Rahmen des 1. Geigenmeisterkurses der Kronberg Academy erhielt sie 2009 den Prinz-von-Hessen-Preis.
Nach den Chefdirigenten der siebziger Jahre, Moshe Atzmon
und Klaus Tennstedt, erreichte die 20-jährige intensive Zusammenarbeit des Orchesters mit Günter Wand eine ähnliche
Bedeutung wie die Ära Schmidt-Isserstedt. Wand, seit 1982
Chefdirigent und 1987 schon zum Ehrendirigenten auf Lebenszeit ernannt, hat bis zu seinem Tode im Jahre 2002 die künstle-
rische Arbeit des NDR Sinfonieorchesters
geprägt, die ihren Höhepunkt in weltweit
beachteten gemeinsamen Bruckner-Interpretationen fand. Zahlreiche CD- und Fernsehproduktionen dokumentieren eindrucksvoll den außerordentlichen künstlerischen
Rang dieser Zusammenarbeit. Die Reihe der
Chefdirigenten wurde in den neunziger Jahren zunächst mit John Eliot Gardiner und
Herbert Blomstedt fortgesetzt. 1998 wurde
Christoph Eschenbach in diese Position
berufen. In seiner fünfjährigen Amtszeit führte er mit dem Orchester in großen Werkzyklen u. a. die Sinfonien von Mahler und
Schostakowitsch auf. Daneben widmete er
sich intensiv der zeitgenössischen Musik, die
er seinem Publikum in innovativ gestalteten
Konzertprogrammen näherbrachte. Mit
Beginn der Saison 2004/05 setzte Christoph
von Dohnányi die Tradition bedeutender Dirigentenpersönlichkeiten in der Chefposition
des NDR Sinfonieorchesters fort. Neben
ihm nimmt Alan Gilbert seit 2004 die Position des Ersten Gastdirigenten ein. Zur Saison
2011/2012 wird Thomas Hengelbrock das
Amt des Chefdirigenten übernehmen.
NDR Sinfonieorchester
Das NDR Sinfonieorchester, zukünftiges Orchestra in Residence der Elbphilharmonie, wurde 1945 gegründet. Über ein
Vierteljahrhundert lang prägte Hans Schmidt-Isserstedt, der
erste Chefdirigent, das künstlerische Profil des Orchesters.
Das Ensemble wurde rasch über die Grenzen Hamburgs hinaus
bekannt. Bereits 1949 unternahm es eine Deutschland-Tournee; im Jahr darauf folgte eine auch politisch wichtige erste
Auslandsreise nach Paris. Weitere wichtige Konzertreisen
brachten dem NDR Sinfonieorchester als einem der ersten
deutschen Rundfunkorchester große internationale Anerkennung. Während der Ära Schmidt-Isserstedt waren Dirigenten
wie Wilhelm Furtwängler, Hans Knappertsbusch, Erich Kleiber,
Otto Klemperer, Ferenc Fricsay und Karl Böhm am Pult des
NDR Sinfonieorchesters zu Gast. Neben der Pflege des klassisch-romantischen Repertoires lag ein wichtiger Schwerpunkt
der Arbeit stets auch auf der Präsentation zeitgenössischer
Werke. Dirigenten wie Bruno Maderna, Hans Rosbaud, Pierre
Boulez, Michael Gielen und Krzysztof Penderecki, dem Orchester ab 1988 langjährig als ständiger Gastdirigent verbunden,
leiteten wichtige Uraufführungen in Hamburg.
BERLIOZ: LIEBESDUETT UND SPRINGTANZ
Vom Opern-Recycling zum
Gedicht in Tönen
MUSIK VON BERLIOZ, KORNGOLD,
SAINT-SAËNS UND DUKAS
Hector Berlioz wurde im Ausland als kühner Neuerer und
Vorkämpfer der „Programmmusik“ gefeiert, musste aber in
seiner französischen Heimat viele Enttäuschungen und Niederlagen hinnehmen. Eine von ihnen erlebte er 1838 bei
der Uraufführung seiner Oper „Benvenuto Cellini“. Das Stück
über Leben und Werk des berühmten Renaissance-Bildhauers
fiel beim Pariser Publikum glatt durch, weil der Dirigent
François-Antoine Habeneck es nicht mochte und seine Musiker absichtlich falsch spielten. Um wenigstens einen Teil der
Musik zu retten, schrieb Berlioz 1843/44 die Konzertouvertüre „Le carnaval romain“ (Römischer Karneval). Dabei betrieb
er Material-Recycling im großen Stil: Die Hauptmelodie des
langsamen Teils stammt aus einem Liebesduett im ersten Akt
der Oper, und den folgenden schnellen Abschnitt kopierte
Berlioz fast wörtlich aus dem Finale des zweiten Akts. Diese
Opernszene spielt im römischen Karneval – daher der Name
der Konzertouvertüre.
Berühmt wurde Berlioz nicht zuletzt als genialer Klangfarbenkünstler; sein Instrumentationslehrbuch aus dem Jahr 1844
ist bis heute in Gebrauch. Sehr wirkungsvoll bringt er die
verschiedenen Orchesterinstrumente auch in der Ouvertüre
zum Einsatz. Das Thema des Andante-Teils wird vom Englischhorn vorgestellt, einer Oboe in der etwas tieferen Altlage.
Bei ihrem zweiten Auftreten vertraut Berlioz die Melodie den
Streichern an, allerdings nicht den sonst bevorzugten Violinen, sondern den Bratschen, die er besonders schätzte. In
seiner Instrumentationslehre rühmte er ihren Charakter „tiefer Schwermut“ und hob den „eigentümlich herben Klang“
der tiefen Saiten sowie den „traurig-leidenschaftlichen Ausdruck“ der hohen hervor. Beim dritten Mal erklingt das Thema
im Kanon verschiedener Instrumentengruppen; Pauken,
Tamburin und Triangel steuern eine interessante rhythmische
Untermalung bei. Auf den langsamen Teil folgt ein mitreißendes Allegro, dessen 6/8-Takt ganz zu Beginn, noch vor dem
Andante, schon kurz angeklungen war. Berlioz schrieb den
schnellen Teil im galoppierenden Rhythmus eines „Saltarello“.
Das italienische Wort bedeutet soviel wie „kleiner Sprung“,
und tatsächlich ist der Saltarello ein Springtanz; er entstand
schon im 14. Jahrhundert, wurde aber auch im 19. noch im
römischen Karneval getanzt.
Mit der Uraufführung der Ouvertüre gelang Berlioz übrigens
eine späte Rache an seinem Widersacher Habeneck. Dieser
erschien zum Konzert, weil er sich auf ein erneutes Desaster
freute; ihm war nämlich zu Ohren gekommen, dass die gesamte Bläsergruppe nicht zur Probe hatte erscheinen können und
das schwierige Stück vom Blatt spielen musste. Berlioz dirigierte dieses Mal allerdings selbst. In seinen Memoiren berichtet er, dass die Musiker keinen einzigen Fehler machten und
das Allegro sogar in einem rasanten Tempo spielten, das ihnen
unter Habeneck nie geglückt war. Das Publikum tobte vor
Begeisterung und das Werk musste sofort wiederholt werden.
Es zählt bis heute zu Berlioz’ beliebtesten Kompositionen.
KORNGOLD: GEFANGEN IN HOLLYWOOD
„Ach, der Erich Wolfgang hat immer schon für Warner Brothers
komponiert. Er hat es bloß nicht gewusst.“ Dieser flapsige
Spruch des Dirigenten Otto Klemperer bringt die Tragik einer
Komponistenlaufbahn auf den Punkt – auch wenn er die
Tat sachen ein wenig verdreht. Denn in Wahrheit hatte Erich
Wolfgang Korngold natürlich nicht „immer schon“ HollywoodSoundtracks produziert. Er begann seine Komponistenkarriere als Wunderkind in Wien: Schon mit elf Jahren schrieb
er eine Ballettpantomime („Der Schneemann“), die erfolgreich an der Hofoper aufgeführt wurde. Die Oper „Die tote
Stadt“ machte den 22-Jährigen über Nacht berühmt, und
Mitte der 1920er Jahre war Korngold nach Richard Strauss
der meistgespielte lebende Komponist im deutschsprachigen
Raum. Nachdem jedoch Österreich 1938 ein Teil des „Großdeutschen Reichs“ geworden war, sah Korngold sich wegen
seiner jüdischen Herkunft zur Flucht vor den Nazis gezwungen. Er konnte sich in den USA niederlassen und genoss bei
der Filmgesellschaft Warner Brothers die Arbeitsbedingungen
eines Stars. Glücklich wurde der eingefleischte Wiener in
der Emigration aber nicht. Er fürchtete stets, die Arbeit für
Hollywood könnte in Europa sein Ansehen als ernsthafter
Komponist beschädigen.
Damit sollte er leider Recht behalten, denn für seine FilmPartituren nutzte Korngold seine ganz persönliche, lange
zuvor ausgeprägte Schreibweise, ja er zitierte sogar Material
aus älteren Werken. Und sein Filmmusikstil machte Schule;
andere Hollywood-Komponisten imitierten ihn. So ist es kein
Wunder, dass den Dirigenten Klemperer nachträglich selbst
frühe Arbeiten Korngolds an Hollywood-Tonfilme erinnerten –
die es ja in der Jugendzeit des Komponisten noch gar nicht
gab. Nach dem Krieg versuchte Korngold, der sich dem Film
nur aus der Not zugewandt hatte, ein Comeback mit sinfonischkonzertanten Werken. Fast systematisch verarbeitete er in
ihnen Fragmente früherer Soundtracks – wie um den Bildungsbürgern auf dem alten Kontinent zu beweisen, dass nicht alles,
was mit Film zu tun hat, nur seichte Unterhaltung sein muss.
So enthält beispielsweise der erste Satz des Violinkonzerts,
das „Moderato nobile“, Material aus den Filmen „Another
Dawn“ (1936/37, mit Errol Flynn) und „Juárez“ (1938/39, ein
Historiendrama mit Bette Davis). In der „Romance“ verarbeitete Korngold Fragmente aus „Anthony Adverse“, mit dem er
1936 einen Oscar gewonnen hatte. Und das abschließende
„Allegro vivace assai“ basiert auf der Musik zu „The Prince and
the Pauper“, einer 1937 produzierten Romanverfilmung nach
Mark Twain.
SAINT-SAËNS: SPONTANE IDEE, DAUERHAFTER ERFOLG
Als kompositorisches Wunderkind wurde Korngold immer
wieder mit Mozart oder Mendelssohn verglichen. Wenn es je
einen Musiker gab, der die frühkindlichen Leistungen dieser
drei noch in den Schatten stellte, dann war das Camille SaintSaëns. Er schrieb bereits mit drei Jahren seine ersten Kompositionen nieder, konzertierte mit fünf, und als der Zehnjährige
sein offizielles Pianisten-Debüt gab, beherrschte er bereits
sämtliche 32 Klaviersonaten Beethovens auswendig. SaintSaëns’ Talente beschränkten sich aber nicht auf die Musik.
Er las mit sieben Jahren lateinische Bücher, studierte Botanik
und Geologie. Später kamen Interessengebiete wie Astronomie, Mathematik und Archäologie hinzu. Saint-Saëns war ein
guter Zeichner und Karikaturist, veröffentlichte zwei Gedichtbände, einige Dramen und eine philosophische Abhandlung.
Berlioz witzelte über ihn: „Er weiß alles, dieser junge Mann,
es fehlt ihm lediglich an Unerfahrenheit.“
Wie kaum anders zu erwarten, komponierte Saint-Saëns
schnell und völlig mühelos. Ein gutes Beispiel dafür bieten die
Entstehungsumstände des zweiten Klavierkonzerts, das er
1868 für Anton Rubinstein schrieb. Er hatte den russischen
Komponisten, Pianisten und Dirigenten zu einigen Konzerten
nach Paris eingeladen, und an einem Abend fiel den beiden
auf, dass Rubinstein in der Stadt zwar als Pianist, aber noch
nicht als Dirigent aufgetreten war. Spontan buchte SaintSaëns den größten Konzertsaal, die „Salle Pleyel“, für einen
Termin drei Wochen später und bot seinem Kollegen an, in
der Zwischenzeit ein Klavierkonzert zu schreiben. Den Solopart wollte er selbst übernehmen, und Rubinstein sollte
das Orchester leiten. Das Konzert in g-Moll entstand dann in
innerhalb von 17 Tagen. Danach konnte Saint-Saëns das
schwierige Werk allerdings nicht mehr ausreichend einüben,
und so spielte er es, wie er selbst eingestand, „sehr schlecht“.
Es hatte deshalb zunächst nur wenig Erfolg und wurde erst
später zum beliebtesten seiner fünf Klavierkonzerte.
Ein so rasch dahingeworfenes Stück, sollte man meinen,
folgt sicher eng den althergebrachten, bequemen Konventionen der Konzertgattung. Tatsächlich gelang Saint-Saëns aber
eine ganz eigenständige Interpretation: Sein Werk enthält
zwar die üblichen drei Sätze, allerdings nicht in der gewohnten Reihenfolge schnell – langsam – schnell, sondern in der
originellen Anordnung langsam – schnell – noch schneller.
Der erste Satz ist weitgehend dem Klavier vorbehalten,
das wie improvisierend im Stil eines barocken Präludiums
beginnt. Das Orchester beschränkt sich auf gliedernde
Akzente; es entwickelt sich erst ab dem zweiten Satz zum
gleichberechtigten Partner. Dieses „Allegro scherzando“ wird
überraschend durch ein kleines Solo der Pauken eröffnet,
die am Satzende auch (beinahe) das letzte Wort bekommen.
Den rhythmischen Elan des Mittelsatzes übertrifft noch das
abschließende Presto: Es ist eine Tarantella – ein temperamentvoller italienischer Tanz im 6/8-Takt, ähnlich dem aus
Berlioz’ Ouvertüre bekannten Saltarello.
DUKAS: TONMALEREI UND MUSIKALISCHE LOGIK
Fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch zankten sich zwei
Parteien um das Problem der sogenannten „Programmmusik“:
Kann Musik mit rein instrumentalen Mitteln eine Idee, ein Bild
oder sogar eine Handlung wiedergeben? Oder soll sie besser
nur ihrer eigenen inneren Logik folgen? Wie auch immer man
diese Frage beantwortet – die gelungensten ProgrammmusikKompositionen sind zweifellos jene, die ihren Gegenstand
zwar tonmalerisch genau abbilden, die sich aber auch rein
musikalisch, ohne Kenntnis des Programms verstehen lassen.
Ein solches Werk ist Paul Dukas’ sinfonisches Scherzo „Der
Zauberlehrling“ – oder „L’apprenti sorcier“, wie der französische Originaltitel lautet.
Das 1897 uraufgeführte Stück orientiert sich sehr eng an
Goethes gleichnamiger Ballade – so eng, dass die Musik sogar
als Soundtrack zu einem Zeichentrickfilm funktioniert. Den
Beweis hat Walt Disney 1940 mit seinem Film „Fantasia“ angetreten; Mickey Mouse spielt hier die Rolle des Zauberlehrlings.
Doch auch ohne reale Bilder kann man die Handlung der
dichterischen Vorlage sehr gut mitverfolgen: In einer langsamen Einleitung baut Dukas zunächst eine spannungsgeladene
Atmosphäre auf; der Zauberlehrling überlegt, die Abwesenheit
des Meisters auszunützen. Trompeten- und Hornklänge
stellen dann Goethes Zauberspruch „Walle! walle!“ dar. Nach
einer Generalpause beginnt der Hauptteil – auf einige zögernde Impulse folgt das Hauptthema in den Fagotten: Der Besen
übt erst einige Schritte, bevor er sich auf den Weg zum
Wasserholen macht.
Und so wie in Goethes Ballade der Besen immer schneller
arbeitet, steigert sich auch die Musik. Dukas setzt dafür rhythmische, harmonische und instrumentatorische Mittel ein; die
Hauptrolle spielt das Thema des Besens, doch auch das in die
Wanne stürzende Wasser ist in den chromatischen Abwärtspassagen der Streicher deutlich zu hören. Erst als der verzweifelte Lehrling den Besen mit der Axt entzweischlägt (vier
Fortissimo-Schläge des Orchesters zeigen es an), kehrt für
einen Moment Ruhe ein. Doch dann scheint der Hauptteil von
neuem zu beginnen – als Einsatz der „Reprise“ würde man
diese Stelle in einem Stück absoluter Musik bezeichnen. Der
Anfang wird allerdings nicht einfach wiederholt, denn nun ist
die Situation ja eine neue: Beide Teile des Besens rappeln
sich langsam auf und machen sich mit verdoppelter Kraft
(oder musikalisch ausgedrückt: im Kanon von Kontrafagott
und Bassklarinette) an die Arbeit. Erst nach einem weiteren
Höhepunkt beendet der heimkehrende Hexenmeister das
Chaos: Das Orchester-Tutti wird auf die Streicher reduziert,
Ruhe und Ordnung kehren wieder ein.
JÜRGEN OSTMANN
VORSCHAU
IMPRESSUM
NDR PODIUM DER JUNGEN 2
MO 13.12.2010 | 20 UHR | ROLF-LIEBERMANN-STUDIO
Arienabend
PRETTY YENDE SOPRAN
GUILLERMO GARCIA CALVO KLAVIER
GAETANO DONIZETTI
„QUEL GUARDO IL CAVALIERE“ AUS: „DON PASQUALE“
ANTONIN DVOŘÀK
„MESICKU NA NEBI HLUBOKEM“ AUS: „RUSALKA“
CHARLES GUONOD
„OH DIEU! QUE DES BIJOUX“ AUS: „FAUST“
GIACOMO PUCCINI
„QUANDO M’EN VO“ AUS: „LA BOHEME“
FRANZ LEHAR
„MEINE LIPPEN SIE KÜSSEN SO HEISS“ AUS: „DIE LUSTIGE WITWE“
GEORGE GERSHWIN
„SUMMERTIME“ AUS: „PORGY AND BESS“
Herausgegeben vom
Norddeutschen Rundfunk
Programmdirektion Hörfunk
Bereich Orchester und Chor
Rothenbaumchaussee 132
20149 Hamburg
E-Mail: [email protected]
NDR DAS NEUE WERK
DI 26.10.2010 | 20 UHR | ROLF-LIEBERMANN-STUDIO
ENSEMBLE RESONANZ
DIRIGENT JAN MÜLLER-WIELAND
ROGER WILLEMSEN SPRECHER
JAN MÜLLER-WIELAND | ROGER WILLEMSEN
„DER KNACKS“ – MELODRAM NACH DEM GLEICHNAMIGEN BUCH
VON ROGER WILLEMSEN, TEXTFASSUNG VOM KOMPONISTEN
(GEMEINSAMES AUFTRAGSWERK VON NDR, BEETHOVENFEST BONN
UND ENSEMBLE RESONANZ)
NDR DAS ALTE WERK
ABO-KONZERT 2
MI 27.10.2010 | 20 UHR | LAEISZHALLE, GROSSER SAAL
AKADEMIE FÜR ALTE MUSIK BERLIN
JEAN-GUIHEN QUEYRAS VIOLONCELLO
WERKE VON ANTONIO VIVALDI UND ANTONIO CALDARA
19 UHR: EINFÜHRUNGSVERANSTALTUNG IM KLEINEN SAAL DER LAEISZHALLE
NDR Podium der Jungen im Internet:
www.ndr.de/podiumderjungen
Leitung:
Rolf Beck
Redaktion NDR Podium der Jungen:
Angela Piront
Redaktionsassistenz:
Annette Martiny
Redaktion des Programmheftes:
Dr. Ilja Stephan
Der Text von Jürgen Ostmann
ist ein Originalbeitrag für den NDR.
Fotos:
Elke Miedaner | Flickr | gettyimages (Titel)
Theater Schwerin | Silke Winkler (S. 5)
Jean Marc Gourdon (S. 6)
Privat (S. 7)
NDR Markendesign
Gestaltung: Klasse 3b, Hamburg
Litho: Reproform
Druck KMP Print Point
Nachdruck, auch auszugsweise,
nur mit Genehmigung des NDR gestattet.
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