4.3 Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit

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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
4.3
Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
4.3.1 Herausforderungen
Bildung für Nachhaltige Entwicklung ist die Grundlage für eine verantwortungsvolle
Entwicklung. Sie umfasst lebenslanges Lernen, Interdisziplinarität sowie Vielfalt in
der Methodenauswahl und vermittelt Problemlösungsorientierung, systemischvernetztes
Denken,
kulturelle
Aufgeschlossenheit
und
Sensibilität,
60
Partizipationsbereitschaft sowie eine Werteorientierung. In diesem Kapitel wird ein
Teilbereich von Bildung angesprochen, nämlich Bildung für Nachhaltige
Entwicklung. Das umfassende Thema Bildung im Sinne institutioneller Organisation
und Vermittlung von Wissen bleibt hier ausgespart.
Das Gesamtsystem der globalen Gesellschaft und des weltweiten Zusammenlebens hat
sich in den vergangenen Jahrzehnten massiv verändert. Diese Veränderung geht einher
mit dem Ausbau von Kommunikationstechnologien, die eine globale Vernetzung in
Sekundenschnelle ermöglichen. Entscheidungen auf der einen Seite des Globus bedingen
Reaktionen und Antworten auf der anderen. Die Komplexität der Zusammenhänge
übersteigt mitunter die Wahrnehmungsfähigkeit des menschlichen Gehirns und macht
damit eine Entscheidungsfindung besonders schwierig.
Globale und komplexe Herausforderungen lassen sich nur durch verantwortungsvolles
Handeln gegenüber der Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft meistern. Bildung für
Nachhaltige Entwicklung schafft dafür die Grundlage. Sie ist ein dauerhafter Prozess, der
die fortwährende Weiterentwicklung und Anpassung an die gegebenen Herausforderungen
benötigt.
Unter Bildung für Nachhaltige Entwicklung fallen u. a. folgende Bereiche: Friede und
Sicherheit, Gesundheit, Umwelt, ländliche Entwicklung und nachhaltige Stadtentwicklung,
Geschlechtergerechtigkeit,
kulturelle
Vielfalt,
berufliche Weiterbildung
in
der
Erwachsenenbildung, Persönlichkeitsbildung und politische Bildung.
Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit beziehen sich auf folgende Bereiche
a. Lebensbegleitendes Lernen
b. Weltdekade „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“
c. Vernetztes Denken
60
UN-Dekade „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“ (2005–2014). Unesco.
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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
d. Verankerung von Nachhaltigkeit im Bildungssystem
Zu a.) Lebensbegleitendes Lernen
Die Dynamik der kulturellen, sozialen, technischen und wirtschaftlichen Veränderungen
stellt eine Herausforderung dar und erfordert innovative und zielgruppenspezifische
Konzepte im Bereich des lebensbegleitenden Lernens. Die Konzepte zu
lebensbegleitendem Lernen müssen ambitioniert gestaltet sein, ambitioniert formuliert und
positiv kommuniziert werden. Gleichzeitig sind die beteiligten Gruppen aufgerufen, mutig
neues Terrain zu beschreiten. Eine weitere Herausforderung besteht in der Vermittlung
sogenannter „soft skills“, in der Aus- und Weiterbildung von Sprachen und in der
professionellen Nutzung der Kommunikationstechnologien. Formale, non-formale und
informelle Lernprozesse spielen dabei gleichermaßen eine zentrale Rolle.
Im Sinne der „Lifelong-Learning-Strategie“ ist es auch erforderlich, dass neue Konzepte
und Ideen entwickelt werden, mit Hilfe derer Lernprozesse auf vielfältigen Ebenen initiiert
werden und insbesondere auch manuelle Fähigkeiten geschult und wertgeschätzt werden.
Für bildungsbenachteiligte Schichten müssen die Einrichtungen der Erwachsenenbildung
Weiterbildungskonzepte speziell zu Nachhaltiger Entwicklung entwerfen und diese
zielgruppenadäquat vermitteln.
Ebenso wichtig wie neue inhaltliche Konzepte ist die gemeinsame Ausrichtung aller
Akteure hin zu einer zukunftsfähigen und anhaltenden Verbesserung unseres
Bildungssystems. Mit der österreichischen Strategie zum lebensbegleitenden Lernen
„LLL:2020“61 wurde auf Ebene des Bundes nun ein richtungsweisender Schritt gesetzt. Die
verschiedenen Politikfelder werden auf ein gemeinschaftliches Ziel hin miteinander
verknüpft, ein engagiertes und abgestimmtes Handeln wird somit ermöglicht.
Zu b.) Weltdekade „Bildung für Nachhaltige Entwicklung“
Die Vereinten Nationen haben auf Empfehlung des „Weltgipfels für Nachhaltige
Entwicklung“ in Johannesburg (2002) die Jahre 2005 bis 2014 zur Weltdekade „Bildung für
Nachhaltige Entwicklung“ ausgerufen. 62 Deren große Aufgabe liegt darin, die Idee der
Nachhaltigen Entwicklung im Bewusstsein aller Menschen und in den Erziehungs- und
Bildungssystemen zu integrieren – in die formale Bildung vom Kindergarten (als
„Bildungsgarten“) über die Grundschule bis zur Universität, in die Erwachsenenbildung
gleichermaßen wie in die alltägliche öffentliche Diskussion. In Österreich koordiniert vor
allem das Dekadenbüro diese Aufgabe.63 Es gilt die Weltdekade „Bildung für Nachhaltige
61
Strategie zum Lebensbegleitenden Lernen in Österreich, 2011.
UN-Millenniumsziele, Vereinte Nationen, 2002.
63
Das österreichische Dekadenbüro wurde vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft sowie vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur installiert, um österreichische
62
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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
Entwicklung“ bis 2014 noch aktiv zu nutzen und mit Projekten und Maßnahmen
mitzugestalten.
Gerade die Herausforderungen der Globalisierung und die zunehmenden Krisen unserer
Welt verlangen mehr kollektives Wissen über die Zusammenhänge und eine stärkere
Orientierung hin zu nachhaltigen Lebensweisen. Konstruktive Lösungen für globale
Probleme werden nur dann gefunden, wenn die Komplexität und die Beziehungen der
einzelnen Handlungsfelder bewusst gemacht werden. Deshalb muss Bildung für
Nachhaltigkeit als Grundprinzip in allen Bildungseinrichtungen etabliert werden.64
Eine
Neuausrichtung
unserer
Bildungslandschaft
hin
zu
einer
stärkeren
Nachhaltigkeitsorientierung
kann
nur
dann
funktionieren,
wenn
alle
EntscheidungsträgerInnen an einem Strang ziehen und ein gemeinsames Ziel verfolgen.
Tirol könnte zum Vorreiter auf dem Gebiet „Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit“ werden
und damit ein klares und unmissverständliches Signal in Richtung zukunftsweisende
Bildungsarbeit setzen.
Zu c.) Vernetztes Denken
Bildung für eine zukunftsfähige Entwicklung sollte die Werte, das Wissen, die Fähigkeiten
und die Kompetenzen weitergeben, die für ein Leben im Sinne der Nachhaltigkeit
maßgebend sind. Dabei ist es wichtig, ökonomische, soziale und ökologische Perspektiven
integriert zu verstehen. Der Bewusstseinsbildung wie der Identifikation mit dem
Lebensraum kommt dabei eine bedeutende Rolle zu. Auf dieser Grundlage können
zukunftsfähige Formen des Lebens und Wirtschaftens entwickelt und abgeleitet werden.
Es ist von größter Bedeutung, internes Wissen mit internationalem Wissen zu vereinen und
Wissenspartnerschaften zu entwickeln. Innovationsfördernde Rahmenbedingungen, das
Schaffen von Schnittstellen sowie qualifizierte Netzwerkarbeit ermöglichen eine
grenzüberschreitende Integration von Know-how, Technik und Forschung im Sinne einer
Nachhaltigen Entwicklung.
Bildung für Nachhaltige Entwicklung macht es möglich, dass junge Menschen Visionen für
ihre Zukunft und die Zukunft ihrer Kinder entwickeln können. Die Vermittlung von
Grundfertigkeiten und Allgemeinwissen ist dafür jedoch zu wenig.
Es bedarf anspruchsvoller kognitiver Qualifikationen und Kompetenzen, um die Zukunft
aktiv gestalten zu können und globale Entwicklungen in ihrer Komplexität erfassen und
bewertend begleiten zu können.
Aktivitäten im Rahmen der UN-Dekade Bildung für Nachhaltige Entwicklung zu koordinieren und sichtbarer zu
machen.
64
Österreichische Strategie zur Bildung für Nachhaltige Entwicklung (2008). Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. (http://www.bmukk.gv.at/medienpool/18299/bine_strategie.pdf)
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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
Zu d.) Verankerung von Nachhaltigkeit im Bildungssystem
Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit bedeutet lebenslanges Lernen. In diesem Sinne ist
es auch notwendig, dieses Fach auf allen Bildungsebenen zu unterrichten.
In
Kindergärten,
Volksund
Mittelschulen,
Gymnasien,
Höheren
Schulen,
Fachhochschulen und Universitäten, in der Pädagogischen Hochschule, in beruflichen und
allgemeinen Erwachsenenbildungseinrichtungen und auch in privaten Bildungsinstitutionen
muss Nachhaltige Entwicklung als Unterrichtsinhalt oder auch als Methode/Werkzeug
(Dialog, Beteiligung, Council, Konfliktbearbeitung etc.) stärker verankert werden.
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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
4.3.2 Ziele und Maßnahmen
Ziel
Verbesserung institutioneller Rahmenbedingungen im
Bildungssektor zur besseren Umsetzung von Inhalten für eine
Nachhaltige Entwicklung
•
Schaffung eines ganzheitlichen Bildungsansatzes mit dem
Basisthema Nachhaltigkeit in Bildungsplänen für
Elementarpädagogik und allen Lehrplänen; lebenslanges
Lernen für Nachhaltige Entwicklung zieht sich vom Kleinkind im
Kindergarten bis zum Senior.
•
Förderung von Bildungseinrichtungen, die im Rahmen ihrer
Möglichkeiten danach trachten, Nachhaltigkeit als Grundprinzip
zu etablieren (z. B. Kooperation von und mit Kinderbildungsund Betreuungseinrichtungen, Schulen, interdisziplinäre
Lehrpläne, Partizipation aller Akteure, nachhaltige
Beschaffung)
Maßnahmen
•
Entwicklung und Umsetzung von Fortbildungsmaßnahmen für
bildungsbenachteiligte Zielgruppen
•
Förderung von Angeboten in
Erwachsenenbildungseinrichtungen im berufsbildenden und im
gesellschaftlichen Bereich; Schaffung eines akkordierten
Fördersystems durch die öffentliche Hand
Best-practiceBeispiele
Ziel
•
Stärkung des Bereichs Innovation und Forschung für
Nachhaltigkeit
•
Tiroler Jugendstudie
•
Sprachstartklassen
Erweiterung des Bildungsangebots um zukunftsweisende Inhalte
auf allen institutionellen Ebenen
•
Maßnahmen
Stärkung interkultureller Bildungsmaßnahmen –
Interkulturalität, Integration und Mehrsprachigkeit sollen bereits
in der Kinderkrippe, im Kindergarten und fortsetzend in der
Schule gelebt werden
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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
•
Stärkere Verankerung von Themen der Nachhaltigkeit in der
beruflichen und allgemeinen Erwachsenenbildung sowie in
einem leistungsfähigen, flächendeckenden und
anbieterneutralen System der Bildungsberatung
•
Altersgerechte Vermittlung von Schwerpunkten zum Thema
Nachhaltigkeit bereits im Kindergarten (als „Bildungsgarten“)
•
Erweiterung des Angebots der heute klassischen
Unterrichtsfächer um „zukunftsweisende“ Lehrinhalte (z. B.
emotionale Intelligenz, Friedensbildung, soziale, politische und
gesellschaftliche Prozesse, systemisch-integriertes Denken,
interkulturelle Kommunikation, Integration und Inklusion,
Kreativität etc.) in allen Alters- und Bildungsstufen vom
Kindergarten bis zu Erwachsenenbildungseinrichtungen
Best-practiceBeispiele
Ziel
•
Sprachstartklassen
•
Systematische Leseerziehung
•
Fortbildungsprogramm von Multiplikatoren im Bereich
Naturvermittlung
Organisatorische und inhaltliche Unterstützung von Lehr- und
Bildungskräften, um deren Kompetenz im Bereich Nachhaltigkeit
zu stärken
•
Entwicklung, Anpassung und Verfügbarmachen von
entsprechenden Lehrmaterialien, um das Thema Nachhaltigkeit
im Bildungssystem langfristig zu verankern
•
Stärkung von Lehrmethoden, welche in spielerischer Form die
Maßnahmen
Mechanismen sozialer und demokratischer Prozesse vermitteln
und den Weg zur gesellschaftlichen Teilhabe und der
Übernahme von Verantwortung anregen
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Bildung und Wissen für Nachhaltigkeit
Ziel
Einbeziehung von Kriterien der Nachhaltigkeit bei technischen
und baulichen Maßnahmen im Bildungsbereich
•
Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien bei baulicher
Errichtung, beim Umbau bzw. beim Betrieb von Kindergärten,
Schulgebäuden, Universitäten und anderen
Bildungseinrichtungen; diese Kriterien beinhalten auch die
immaterielle Seite der Immobilie, nämlich die Partizipation der
Gebäudenutzer bereits bei der Planung.
Maßnahmen
•
Ziel
Ausbau der technischen Infrastruktur zur besseren Vernetzung
des Wissens um Nachhaltigkeit
Erstellung von Kontroll- und Berichtswesen
•
Einführung von geeigneten Formen des Monitorings, um die
Weiterentwicklung von Bildung für Nachhaltige Entwicklung
sichtbar zu machen.
Maßnahmen
•
Schaffung von adäquaten Indikatoren zur Messung von
gesetzten Maßnahmen
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