"Dachausbauten in Wien - Herausforderungen und Potenziale" eine Zusammenfassung des Vortrages Architekt Lutter 1. Allgemeine Feststellungen Vor Beginn der Planung eines Dachausbaus sollten geprüft werden: - Statik des Gebäudes Was kann das Gebäude in statischer Hinsicht? Welche Veränderungen sind vorgenommen worden? Ist ein “Dachausbau leicht“ - mit einer Gewichtszunahme von maximal 720 kg/m² - möglich? Prüfen von Fundamenttiefe, Mörtelfestigkeit - Bebauungsbestimmungen Welches Potenzial hat das Gebäude? Lässt die festgelegte Gebäudehöhe laut Bebauungsplan einen Dachausbau oder gar eine Aufstockung zu? - Lage Die Herstellungskosten für einen Dachgeschoßausbau sind überall relativ gleich hoch. Wird der Ausbau nicht zur Eigennutzung durchgeführt, so ist die Lage der Liegenschaft für die Verwertbarkeit relevant. Die erzielbaren Preise für Verkauf oder Vermietung schwanken zwischen den Wiener Innen- und Außenbezirken stark. - Architektur Die architektonische Gestaltung ist mit der MA 19 (Stadtgestaltung) abzustimmen. Besonders bei Gründerzeithäusern und noch mehr in den Schutzzonen nimmt die MA 19 Einfluss auf die Gestaltung. 2. Potenziale und Herausforderungen dargestellt an einigen beispielhaften Projekten SPITALGASSE 25 Baujahr 2003 Gebäude im 9. Bezirk - Potenzial Aufgrund der Bebauungsbestimmungen konnten an der Spitalgasse zwei Geschoße und ein Dachgeschoß, in der Seitengasse ein Geschoß und ein Dachgeschoß neu hergestellt werden. - Herausforderung Signifikante Form, die sich aus den zurückspringenden Terrassen im 1. Geschoß und aus der vorgeschriebenen Dachschräge im Dachgeschoß ergibt. Das gesamte Projekt wurde als reiner Holzbau realisiert, wobei eine Holzbaufirma alle Gebäudeteile als Fertigelemente auf die Baustelle geliefert, mittels Autokran auf das Gebäude gehoben und dort zusammengesetzt hat. MEIDLINGER HAUPTSTRASSE 15 Baujahr 2005 Gebäude im 12. Bezirk - Potenzial Es war die Aufstockung von einem Geschoß und einem Dachgeschoß möglich. - Herausforderung Es waren zwei Büros geplant, wobei eine attraktive Architektur - das neue Gebäude sollte Werbeträger sein – gewünscht wurde. Das Dachgeschoß greift über die Baulinie und bildet sozusagen den oberen Abschluss des Platzes, an dem das Gebäude steht. Die beiden Büros sind so organisiert, dass jedes Ausblick auf den Platz hat. LAINZER STRASSE 80 Baujahr 2007 Gebäude im 13. Bezirk - Potenzial Es war nur ein Dachgeschoß in der vorhandenen Hülle möglich, die auf maximal auf 45° angesteilt werden durfte. - Herausforderung Dieses schöne Hietzinger Wohnhaus hat eine klar strukturierte Fassade – im Erdgeschoß befindet sich ein Geschäftslokal, darüber drei Wohngeschoße und ein Dachgeschoß. Das Dachgeschoß sollte in seiner Form belassen werden, damit der Gesamteindruck des Gebäudes nicht verändert wird. Um den Wohnungen viel Licht, Luft und Weitblick zu verschaffen, wurden klar ablesbare Baukörper aus Glas und Stahl in das Dach eingeschnitten. An den aussichtsreichen Ecken wurden Terrassen ausgeschnitten. Durch die architektonischen Maßnahmen entstanden im Inneren spannende Raumgebilde. ST. VEITGASSE 4- 6 Baujahr 2005 gediegene Stadtvilla in einer Villengegend im 13. Bezirk - Potenzial Es war nur ein Satteldach mit 45° zulässig. - Herausforderung Der Dachaufbau sollte eine „neue Krone“, einen neuen Abschluss, für das dreistöckige Gebäude sein. Aufgrund des hervorragenden Rundblicks vom Gebäude - man sieht von allen Himmelrichtungen ins Grüne - war die Entwurfsidee, rundum laufende Terrassen anzuordnen. Die Lochblechverkleidungen der Terrassengeländer bilden das neue Gesimse. Großzügige Verglasungen holen den Außenraum ins Innere. MARIAHILFER STRASSE 27 Baujahr 2009 Wohn- und Geschäftshaus im 6. Bezirk - Potenzial Durch das bestehende hohe Mansardendach war nur mehr Ausbau der vorhandenen Dachhülle notwendig. - Herausforderung Das dunkle Volumen sollte erhellt werden. Ein Netz aus durchschimmerndem Metallgewebe zeichnet das Mansardendach nach. Dahinter wurden die Wohnräume zurückversetzt und frei angeordnet. Das Metallgewebe ist gleichzeitig Dachhülle, Sonnenschutz und Geländer für Terrassen. Großflächige Glaselemente geben Ausblicke zur pulsierenden Stadt. Nach innen sind die Räume zum neu geschaffenen ruhigen Atrium hin orientiert. HELLWAGSTRASSE 4 – 8 Baujahr 2012 ein E-förmiger Gebäudekomplex aus den 80-iger Jahren mit Flachdach im 20. Bezirk - Potenzial Die Gebäudehöhe nach den Bebauungsbestimmungen ist schon durch den Bestand erreicht. - Herausforderung Es stellte sich die Frage: Wie kann ein Dachgeschoßausbau auf so einem Gebäudekomplex aussehen? Ein Satteldach wäre unpassend gewesen. Der neue Baukörper besteht aus einer rhythmischen Abfolge von senkrechten und schrägen Außenwandflächen mit dazwischen liegenden, zurückspringenden Terrasseneinschnitten. Zwei vorgeblendete Holzlaminatstreifen im Parapetbereich und am oberen Dachrand verbinden die unterschiedlichen Elemente. Das Projekt wurde als reiner Holzbau in Fertigteilelementen realisiert. 3. Schlußanmerkung Die Dächer der Stadt bilden eine eigene Landschaft. Die Dachzone ist in mehrfacher Hinsicht spannend - vor allem Licht, Luft und Ausblicke bieten besondere Möglichkeiten. Nicht umsonst werden Filmszenen und Werbeshootings oft auf Dächern gedreht. Ich halte es daher für wichtig, architektonisch hochwertige Lösungen zu finden, die dieser besonderen Situation gerecht werden. Ein Satteldach mit Gaupe ist mit Sicherheit zu wenig. Holzbaupreis NÖ 2012 Fachvortrag "Dachausbauten in Wien - Herausforderungen und Potenziale" Referent: Architekt DI Heinz Lutter Architekt DI Lutter ZT GmbH, Schottenfeldgasse 23/DG, 1070 Wien www.lutter.at Fotos und Renderings Anna Blau cy architecturevisualization KG Wolfgang Simlinger Margherita Spiluttini Architekt DI Lutter ZT GmbH MitarbeiterInnen der gezeigten Projekte DI Thomas Beutl, DI Maya Bischof, Jürgen Depaul, DI Julia Heisenberg, Elvis Hrustemovic, Christoph Köhler, Arch DI Barbara Kübler, Ing Gerhard Lichtenwallner, Mag arch Nikolaus Michel, Mag arch Rainer Mitterer, Admir Memisoski, Philipp Müllner, Stefan Obertscheider, DI Mitra Pourazim, DI Romy Raimundo-Magalhaes, Arch DI Bernhard Roider, Arch DI (FH) Florian Rödl, Mag arch Michaela Ruttmann, DI Andreas Scharler, Mag arch Monika Steiner, DI Andreas Westhausser