Islam in Südafrika - Konrad-Adenauer

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Kerstin von Bremen
Islam in Südafrika
Länderbüro
60 Hume Road
Südafrika
Dunkeld 2196 / Johannesburg
Tel.: (0027)11 214 2900
Fax: (0027)11 214 2913/4
[email protected]
Bei aktuellen Diskussionen über den
sudanischen
Islam steht zumeist die arabische
islamischer Gelehrsamkeiten. Erst im
Region
18. Jahrhundert setzte sich der Islam
im
Zentrum
der
Aufmerksamkeit. Insbesondere nach
im
dem 11.
heilige
Region,
September
die
mit
Verbindung
ist dies die
„dem
gebracht
Islam“
wird.
Afrika
Nilsudan
neue
durch
Männer
Zentren
Händler
getragen
und
zur
in
Mehrheitsreligion durch. Während die
Die
Sahara die Verbindung zwischen dem
Muslime aber, die aus Afrika, Indien,
Sudan
Zentralasien
herstellt, ist der indische Ozean die
und
Südostasien
und
den
stammen, werden zur vermeintlichen
Verbindung
„Peripherie“
ostafrikanischen
1
der
islamischen
der
zwischen
Küste
der
mit
den
afrikanische
Ländern der arabischen Halbinseln
Kontinent wird hierbei unterschätzt.
und Indien. Der Einfluss hier lässt
Der Islam hat jedoch in Afrika eine
sich
sehr lange Geschichte. Er ist keine
nachweisen, die entweder arabische
neue
oder indische Einflüsse aufweist.
gezählt.
Gerade
Welt
Maghrebländern
Erscheinung,
die
erst
seit
kurzem Fuß fasst.
Wenn
über
durch
die
Rechtsschule
In Südafrika erreichte der Islam erst
einen
vorgeblichen
im
19.
Jahrhundert
eine
afrikanischen Islam gesprochen wird,
nennenswerte Größe. Aber genauso
muss man sich bewusst sein, dass es
wie in den anderen afrikanischen
so etwas wie „den einen“
Gebieten
beschränkten
Einfluss
und
Entwicklungen zu unterschiedlich, so
zunächst
nur
dass
Regionen. Dies ist auch noch heute
2
Afrika nicht gibt.
sie
hervorgebracht
Dafür sind die
auch
Ausprägungen
Islam in
verschiedene
des
haben.
arabisch-islamischen
Welt
Islam
Von
die
auf
sich
der
Ausbreitung
einige
wenige
in Südafrika zu beobachten.
der
In letzter Zeit ist es vielleicht ein
geprägt
wenig deutlicher ins Bewusstsein der
entwickelten sich in den Ländern des
Europäer
gerückt,
dass
auch
der
Islam in Afrika nicht als unbeachtete
1
2
Loimeier, Roman: in: africa spectrum 37 (2002)
2, S. 105.
Ders.: Gibt es einen afrikanischen Islam? Die
Muslime in Afrika zwischen lokalen
Lehrtraditionen und translokalen
Rechtsleitungsansprüchen, in: africa spectrum
37 (2002) 2, S. 175.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
Größe gewertet werden kann. Die
jüngsten Entwicklungen im Sudan
haben uns deutlich gezeigt, welche
Kraft
der
Islam
in
scheinbar
2
peripheren
Gebieten
derartige
spielt.
Eine
über
die
Diskussion
indonesischen
Inselwelt
und
malaysischen
Südafrika.3
nach
scharî`a (islamisches Recht auf der
Anlaufpunkt dort war die Kapregion,
Grundlage des Korans), die zu den
in der auch noch heute vorwiegend
Konflikten
und
Muslime leben, deren Vorfahren aus
es
dem ostasiatischen Raum stammten.
zwischen
Südsudan
geführt
Nordhat,
gibt
selbstverständlich in Südafrika nicht,
Unter
da der Islam dort eine vollständig
befanden
sich
einige
andere
Gelehrte,
die
die
historische
Entwicklung
den
Neuankömmlingen
Grundlagen
wesentlich schwächer vertreten ist.
muslimischen Gemeinschaften in der
Auch die Mehrzahl der Muslime in
Kapregion legten.4 Von 1860 an kam
Südafrika strebt nicht den Islam als
die zweite Gruppe der muslimischen
Staatsideologie
Einwanderer
Dennoch
hat
die
spirituellen
durchmachte als im Sudan und auch
an.
für
religiöse
nach
entstehenden
Südafrika.
Bei
auch hier der Islam einen großen
dieser Gruppe handelte es sich um
Einfluss
Plantagenarbeiter
auf
die
politischen
und
später
um
Dies
Kaufleute aus Indien.5 Sie siedelten
verwundert umso mehr, wenn man
sich in der Region um Durban an. Die
die
dritte
Entscheidungen
des
Stärke
Landes.
der
Gemeinschaft
islamischen
betrachtet.
Denn
Gruppe
nördlichen
kam
aus
Regionen
Afrikas,
gegenüber dem Christentum nimmt
hauptsächlich
der
geringen
Sansibar.6 Die vierte Gruppe setzte
Prozentsatz ein, der im Grunde die
sich im 19. Jahrhundert aus einer
politische Stärke nicht rechtfertigt.
größeren
Islam
nur
einen
3
4
Historischer Abriss
Der Islam hat in Südafrika schon
eine längere Tradition. Sein Einzug in
5
die Gesellschaft lässt sich in vier
Phasen
unterteilen.
Die
ersten
Muslime kamen 1658 als Sklaven
und
politische
Gefangene
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
der
6
Zahl
aus
den
von
Malawi
und
schwarzen
Tayob, Abdulkader: Islam in South Africa, in:
Encyclopaedia of Islam, London 1960, S. 730.
Günther, Ursula: Lesarten des Islam in Südafrika.
Herausforderungen im Kontext des soziopolitischen Umbruchprozesses von Apartheid zur
Demokratie, in: africa spectrum 37 (2002) 2
(zukünftig zitiert als: Günther, Ursula: Lesarten
des Islam in Südafrika), S. 160.
Shell, Robert C-H.: Islam in Southern Africa
1652-1998, in: Nehemia Levtzon / Randal
L.Powels (Hrsg.): The History of the Islam in
Africa, Athen, London, Cape Town 2000, S. 339f.
Günther, Ursula / Inga Niehaus: Islam in South
Africa. The Muslims’ Contribution in the Struggle
against Apartheid and the Process of
Democratisation, in: Thomas Bierschenk, Georg
Stauth (Hrsg.): Islam in Africa, Münster 2002, S.
71.
3
Südafrikanern zusammen, die zum
7
der
den
Kontakt
zwischen
den
Insbesondere ab
unterschiedlichen Gruppen innerhalb
der Mitte der 1970er Jahre erwies
der Muslime Südafrikas ermöglichte.
sich
attraktive
In der Apartheidideologie standen die
Alternative, weil er als eine nicht-
Coloured in der „Rassenpyramide“
weiße und nicht-christliche Religion
unterhalb
den
mit dem Potential einer Ideologie des
indische
oder
Widerstandes galt.
Herkunft
Die regionale Konzentration auf die
Personenkreis,
Provinzen
indonesisch-malaysischen
Islam übertraten.
der
Islam
als
KwaZulu-Natal
und
Western Cape lässt sich auch noch
heute
feststellen.
Zwar
ist
in
stammte,
Indians,
die
eine
indo-pakistanische
besaßen.
der
wurde
aus
der
9
Coloured zugezählt.
Der
dem
Archipel
Gruppe
der
Dies traf dann
Johannesburg ebenfalls eine große
zumeist eigentlich auch auf die in der
muslimische
ansässig,
Kapregion ansässigen Muslime zu.
wie
vor
Dennoch
die
Muslime
dennoch
Gemeinde
bleiben
Kapstadt
und
auffälligsten
Muslime
nach
Durban
Standorte,
wichtige
in
politische
gesellschaftspolitische
innehaben.
In
der
denen
und
Positionen
8
wurden
eher
die
als
dortigen
Cape
Malay
bezeichnet. Dieser Begriff ging auf
eine
ethische
Klassifizierung
der
Briten im frühen 19. Jahrhundert
zurück. Sie hatten im Laufe der Zeit
Zeit
des
Anti-Apartheid-
die
Bedeutung
einer
exklusiven
muslimische
Identität erhalten.10 Da die Gruppe
Gemeinde erst relativ spät Stellung,
der Cape Malay als friedlich und
obwohl sie als Nicht-Weiße ebenfalls
regierungstreu galten, standen sie
massiven
mit den Indians auf gleicher Stufe.
kampfes
bezog
die
Repressalien
ausgesetzt
war. Die „Rassenklassifizierung“ des
Im
Regimes
Bevölkerung
künstliche
licher
sorgte
zwar
Trennung
Gruppen,
für
eine
unterschied-
dennoch
war
sie
Gegensatz
zum
7
9
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
genossen
Beispiel
Bildung
Ebd.
Shell, Robert C-H.: Islam in Southern Africa
1652-1998, in: Nehemia Levtzon / Randal
L.Powels (Hrsg.): The History of the Islam in
Africa, Athen, London, Cape Town 2000, S. 341.
der
schwarzen
sie
noch
beträchtliche Privilegien. Sie besaßen
auch wiederum der Ausgangspunkt,
8
zu
und
Zugang
zu
konnten
guter
sozial
Günther, Ursula: Lesarten des Islam in Südafrika,
S. 164f.
10
David, Achmat: From Complacency to Activism.
The Changing Political Mood of the Cape Muslims
from 1940-1985, Cape Town 1985.
4
angingen.13
angesehene Berufe ausüben. Hierin
Apartheidregime
ist auch einer der Gründe für ihre
mit Beginn der 1980er verstärkte
heutige
sich
Stärke
südafrikanischen
innerhalb
der
Gesellschaft
zu
sehen.
Im
die
Bereitschaft
muslimischer
Individuen
Organisationen,
Zuge
der
Aufarbeitung
der
Doch
sowohl
als
auch
Anti-Apartheids-
bewegungen beizutreten.
eigenen Geschichte kritisieren heute
Diese veränderte Grundhaltung war
viele
wesentlich
Südafrikaner,
Angehörige
darunter
der
auch
muslimischen
für
Engagement
das
der
politische
muslimischen
Gemeinde, die damalige Haltung der
Gemeinschaft in der Ära nach dem
Muslime.
politischen Umsturz. Auch wurde und
Um
nicht
aufzufallen,
unangenehm
verschloss
die
wird
nach
wie
vor
der
muslimische Gemeinde in Südafrika
Transformationsprozess in Südafrika
vor
aktiv
der
sozialen
und
politischen
von
der
muslimischen
Situation die Augen. Man sah keine
Gemeinde mitgetragen.
Veranlassung, den Status quo zu
Allerdings zeigt der Blick auf die
verändern , vor allem da die freie
muslimischen Organisationen, dass
Religionsausübung
im Grunde von „der muslimischen
geschränkt war.
nicht
ein-
11
Gemeinde“
als
Einheit
nicht
Neben der islamischen Revolution in
gesprochen werden kann. Hier haben
Iran 1979 war im wesentlichen die
sich, zum Teil vor 1990, zum Teil
Einführung
aber
des
Dreikammer-
auch
erst
danach,
parlaments in Südafrika 1983 und
herausgebildet,
die damit verbundenen Wahlen 1984
Gegensatz
der auslösende Faktor dafür, dass die
Demokratisch-orientierte
muslimische
Organisationen
entschloss,
Gemeinde
zueinander
wie
der
im
stehen.
„Muslim
Youth Movement“ oder der „Call of
schon
Islam“ riefen ihre Mitglieder dazu
vereinzelte Gruppen, die gegen das
auf, bei den ersten demokratischen
Zuvor
gab
aktiv
deutlich
zu
werden.12
politisch
sich
die
Gruppen
es
13
11
12
Günther, Ursula: From Apartheid to Democracy.
Islam in South Africa, in: ISIM Newsletter 13
(12/2003), S. 46f.
Günther, Ursula: Lesarten des Islam in
Südafrika, S. 167.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
Hier sind z.B. das Cape Muslim Youth Movement
(gegründet 1957) und Al-Jihaad (gegründet
1960) zu nennen. (Günther, Ursula / Inga
Niehaus: Islam, Politics, and Gender during the
Struggle in South Africa, in: Chidester, Davis /
Abdulkader Tayob / Wolfram Weisse (Hrsg.):
5
Wahlen für den ANC (African National
Südafrika
Congress)
(Pan
eigentlichen Größe äußerst auffallend
Africanist Congress) als ehemalige
ist. Sowohl in der Wirtschaft als auch
Widerstandsbewegungen
in
oder
den
PAC
zu
stimmen.
„Qibla“
der
gemessen
Politik
an
nimmt
ihrer
sie
eine
einflussreiche Stellung ein. Dies hat,
hingegen
rief
zu
einem
seine
Wurzeln
in
der
Zeit
der
Boykott der Wahlen auf. In den
Apartheid. Es gab auch schon damals
folgenden
wichtige
Jahren
Organisation
wurde
zunehmend
die
Gruppen
in
den
radikaler.
muslimischen Zentren Südafrikas, die
Ursprünglich war sie 1979 als eine
zwar nicht in die Politik drängten,
militante
jedoch insbesondere die Bildung und
pro-schiitische
Bewegung
im Kontext der iranischen Revolution
die islamischen Lehren steuerten.
gegründet worden. Als Ziel hatte sie
Im Gegensatz zu manch anderen
sich die Transformation Südafrikas in
Gruppen,
einen muslimischen Staat gesetzt .
heidregime wesentlich benachteiligt
wurden,
Einfluss
auf
politische
Entwicklungen
die
gab
Unterschiede
durch
es
das
Apart-
trotz
aller
zwischen
den
muslimischen Gruppen ein starkes
Zusammengehörigkeitsgefühl. Neben
Wenn man die Bevölkerungsstruktur
den Moscheen waren insbesondere
an sich betrachtet, besitzt der Islam
die
keine
Garanten
nennenswerte
Südafrika.
Nur
Bevölkerung
Größe
1,5
gehören
%
in
der
Privatschulen
für
Reproduktion
eine
der
die
soziale
islamischen
Islam
Identität.15 Das Selbstverständnis der
an.14 35,8 % hingegen nannten bei
Muslime in Südafrika als Teil der
der
der
islamischen Welt ist sehr ausgeprägt.
Chris-
Die meisten Muslime sind schon seit
Frage
dem
islamischen
nach
Religionszugehörigkeit
das
tentum.
Auffallend
muslimische
Generationen Südafrikaner, dennoch
ist
jedoch,
dass
die
Gemeinschaft
in
verstehen sie sich zu aller erst als
Muslime
und
dann
erst
als
Südafrikaner.
14
Religion, Politics, and Identity in a Changing
South Africa, Münster 2004, S. 105.
Statistics South Africa: Census 2001. Primary
tables South Africa, Pretoria 2004.
Bei der Befragung von 1996 waren noch 1,4%
Muslime gezählt worden.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
15
Sadouni, Samadia: Integration and Islamic
Education in South Africa, in: ISIM Newsletter 14
(6/2004), S. 18f.
6
Doch
darf
radikalen
das
nicht
Einstellung
mit
einer
Insbesondere die Indians sind in der
gleichgesetzt
Wirtschaft sehr erfolgreich tätig. Sie
werden. Bis jetzt gibt es nach wie vor
wurden
daher
keine hinreichende Definition eines
ernstzunehmende
„afrikanischen“ Muslims. Ein Muslim
den
weißen
schon
früh
als
Konkurrenz
von
Südafrikanern
wahr-
18
spricht von sich selber als „Muslim“
genommen.
und nicht als „afrikanischer Muslim“,
Ein weiterer Grund, weshalb Muslime
„Malay Muslim“ oder „Indian Muslim“,
selbst
obwohl
zustellen
sind.
kleine
wichtige Stellung innehaben, ist auf
Unterschiede
fest-
ihre Standorte zurückzuführen.19 Es
Die
Muslime
in
ist eine große Konzentration in den
großen
Städten
asiatischen und ostasiatischen Raum
Durban
und
kamen, haben jedoch in den meisten
festzustellen.
Fällen
Zudem
Herkunftsland
eigentliche
eine
den
Südafrika, deren Vorfahren aus dem
den
Minderheit
in
insbesondere
Rechtslehren
als
Bezug
zu
verloren.
Einflussquelle
ihrem
16
Die
kommt
wie
auch
bekleiden
Kapstadt,
Johannesburg
vergleichsweise
viele Muslime politische Ämter und
haben
bedeutsame
gesellschafts-
mittlerweile aus den arabischen und
politische Ämter inne. Als Beispiel
nordafrikanischen Regionen. Es gibt
wird
enge
und
genannt. Er ist der Vorsitzende des
auch viele der islamischen Religions-
ANC im Western Cape seit 1998 und
und
seit
Wirtschaftbeziehungen
Rechtsgelehrten
(„ulama“)
hier
häufig
dem
Ebrahim
22.
Rasool
April
2004
pflegen ihre Kontakte zur arabischen
Premierminister der Provinz Western
Welt. Die meisten der „ulamas“ sind
Cape. Interessant ist nicht nur die
an ägyptischen oder auch saudischen
Tatsache, dass er Muslim ist, sondern
17
vor allem dass er auch in seiner
Universitäten ausgebildet worden.
Dennoch kann noch lange nicht von
Position
einer
Interaktion
Identitätsverlagerung
in
Richtung Arabertum die Rede sein.
als
Politiker
zwischen
für
Religion
eine
und
dem öffentlichen Bereich eintritt. Die
neue politische Ordnung Südafrikas
16
17
Rafudeen, Auwais: Towards forging an „African“
Muslim Identity, in: Religions Studies UCT 2003.
Günther, Ursula: Die Bedeutung des Islam im
subsaharischen Afrika, in Afrika-Jahrbuch 1998,
S. 55f.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
18
19
Sadouni, Samadia: Integration and Islamic
Education in South Africa, in: ISIM Newsletter 14
(6/2004), S. 18.
Günther, Ursula: Lesarten des Islam in
Südafrika, S. 162.
7
solle
seiner
unbedingt
Meinung
die
staatlichen
nach
nicht
Kapstadt,
aus
dem
muslimische
Religion
Leben
ausschließen.
Durban
und
Pretoria
Radiostationen.
Radio
Islam und Voice of the Cape sind als
Vielmehr solle der Staat versuchen,
konservative Stimmen, Radio
aus
und
allen
Religionen
das
Beste
The
Voice
eher
23
als
786
liberale
Die Inhalte der
herauszuziehen und dieses dann in
Stimmen bekannt.
den Dienst des nationalen Interesses
Programme sind sehr weit gefasst
stellen.20 Die Rolle der Kirchen dürfe
und behandeln sowohl religiöse und
nicht nur als die eines „Wachhundes
rechtwissenschaftliche
über die Gesellschaft“21 verstanden
auch Themen des normalen Alltages.
werden. Vielmehr müsse ein sich
Somit
ergänzendes
Zusammenspiel
auch mit, den Islam weiter in die
zwischen
und
Familien hinein zutragen und somit
Politikern
religiösen
helfen
die
Fragen
als
Radiosendungen
Aktivisten zustande kommen, das in
das
einem gemeinsamen Wertekonsens
unterstützen.
stattfindet und nicht nur mit der
Auch im politischen Alltag ist der
Stimme des Pragmatismus in einem
Einfluss des Islams zu spüren. Der
bestimmten Moment spricht.22
Nahostkonflikt nimmt einen hohen
In diesem Zusammenhang sind auch
Stellenwert
die Sendezeiten im Fernsehen und im
Diskussion ein. Inwieweit sich das
Radio zu sehen, die den jeweiligen
auch
religiösen Gemeinden gemäß ihrer
Regierung auswirkt und wie weit hier
proportionalen Größe innerhalb der
der Einfluss muslimischer Politiker zu
südafrikanischen
tragen kommt, müsste noch näher
Gesellschaft
Gemeinschaftsgefühl
auf
in
die
der
zu
öffentlichen
Außenpolitik
der
zugeteilt werden. So stehen auch der
untersucht werden.
islamischen
In verschiedenen Interviews wurde
Gemeinde
anteilmäßig
Sendezeiten zur Verfügung. Darüber
immer
hinaus gibt es aber auch in den vier
muslimischer Gesprächspartner auf
größten
die
Städten
Johannesburg,
wieder
Sympathie
von
mit
Seiten
den
Palästinensern im Nahostkonflikt und
20
21
22
Chidester, Davis / Abdulkader Tayob / Wolfram
Weisse (Hrsg.): Religion, Politics, and Identity in
a Changing South Africa, Münster 2004, S. 6.
Rasool, Ebrahim: Religion and Politics in South
Africa, in: Annual Review of Islam in South
Africa, 5/2002.
Ebd.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
23
Haron, Muhammed: The South African Muslims
Making (Air)Waves during the Period of
Transformation, in: Chidester, Davis /
Abdulkader Tayob / Wolfram Weisse (Hrsg.):
8
auch
der
während
irakischen
des
Bevölkerung
mit
aufgenommen
hin-
werden kann. Dies war schon einmal
gewiesen. Verschiedene muslimische
vom Apartheidregime 1987 versucht
Hilfsorganisationen haben sich für die
worden.
Unterstützung
irakischen
verschiedene
Auch
die
Organisationen dagegen gewehrt, da
Ermordung des Hamas-Führers im
sie in dem Entgegenkommen der
April
in
damaligen Regierung den Versuch
Reaktionen
sahen, anerkannte „ulamas“ in das
moderate
System zu integrieren und somit die
Islamisten haben sich deutlich gegen
Zustimmung muslimischer Gemein-
ein derartiges Handeln seitens Israels
schaften zum bestehenden Regime
ausgesprochen und die Ermordung
zu bekommen.
verurteilt.
Islamisches Recht ist aber schon seit
Bevölkerung
der
eingesetzt.
2004
durch
Südafrika
Israel
heftige
ausgelöst.
der
Irakkrieges
Verfassung
Selbst
Unter
Berücksichtigung
wirtschaftlichen
muslimischen
hat
Stärke
der
hatten
sich
muslimische
außerhalb
der
staatlichen
in
Strukturen praktiziert worden. Daher
Südafrika und auch ihrer aktiven
sind sich alle Gruppen einig, dass das
Teilnahme am politischen Leben liegt
Familienrecht auch legal anerkannt
die Vermutung nahe, dass sie auch
werden muss. Als wichtigste Gruppen
auf die Politik Südafrikas eine, wenn
können
nicht
Council, Jamiat ul-'Ulama und Jamiat
enorme
Gemeinschaften
Jahren
Allerdings
so
doch
spürbare
Einflussnahme ausüben können.
ul-'Ulama
werden.
Islam
innerhalb
der
hier
süd-
afrikanischen Gesellschaft
24
das
Muslim
Transvaal
Judical
genannt
Uneinig hingegen sind sie
sich nach wie vor bei Fragen der
direkten Ausführung. Wer darf als
Rechtsbeauftragter
innerhalb
der
Der Islam ist mittlerweile sehr tief in
Kommunen
der
Problem der Polygamie konnte nicht
südafrikanischen
verwurzelt.
das
zufrieden stellend gelöst werden. Bis
jetzt konnte noch keine Einigung
wie
das
Zeit
Auch
wieder Diskussionen aufgekommen,
und
jüngster
sein?
sind
ob
In
Gesellschaft
tätig
muslimische
Familienrecht in die südafrikanische
Religion, Politics, and Identity in a Changing
South Africa, Münster 2004, S. 136ff.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
24
Niehaus, Inga: The Muslim Minority and Civil
Society in South Africa, in: Mitchell, Gordon /
Eve Mullen (Hrsg.): Religion and the Political
Imagination in a Changing South Africa, Münster
2002, S. 127.
9
zwischen
den
muslimischen
verschiedenen
Gruppen
erzielt
Islam
geben
dürfe
und
nur
ein
politisches System, das auf religiösen
werden.
Werten
Aber eine derartige Diskussion zeigt,
anerkannt werden kann.26
dass
Eine andere Organisation, die vor
der
Islam
sich
in
die
basiert,
Muslimen
Gesellschaft integriert und von der
allem
südafrikanischen
aufmerksam machte, ist „PAGAD“,
anerkannt
wird.
islamischem
wurden,
Gesellschaft
werden vom
Gewalt
nach
People
geschlossen
Drugs.
Gesetz her
Bürgerinitiative
Ehen,
Recht
durch
von
die
against
Sie
auf
sich
Gangsterism
wurde
and
1996
als
muslimischer
anerkannt.
Gemeinden
Es gibt jedoch auch andere Formen
wurden ihr auch Verbindungen zu
muslimischer Gruppierungen, die sich
„Qibla“
ganz
Taliban-Gruppen
provokant
gegen
das
gegründet.
und
sogar
Kontakte
in
nachgesagt.
voran ist „Qibla „zu nennen. Wie
Staat
oben schon erwähnt wurde, wollte
Kriminalität
und
die
Drogenhandel
vorzugehen.
Organisation
die
ersten
zu
Afghanistan
südafrikanische System stellen. Allen
die
Später
PAGAD
sprach
Fähigkeit
ab,
dem
gegen
insbesondere
Daher
1994
nahmen sie die Justiz selber in die
verhindern. Sie sah sich nicht in der
Hand. Sie gingen mit Gewalt gegen
Lage, einen Staat zu unterstützen,
Drogenbanden vor. Der Kampf gegen
der
Drogen und Gangster gipfelte in der
demokratischen
die
Wahlen
Rechte
schützte
und
Homosexueller
Prostitution
und
Ermordung
Abtreibung billigte. Dies wurde als
Rashaad
eine
1996.27
Verletzung
der
moralischen
Werte und der Prinzipien des Islams
25
Staggie
Gangsterbosses
am
4.
August
PAGAD kann zwar nicht als eine rein
Cassiem,
muslimische Organisation angesehen
Gründungsmitglied der „Qibla“, stellt
werden, da ihr Ziel keine islamische
noch
Ausrichtung hatte. Doch waren die
angesehen.
heute
Staates
in
Ahmed
des
die
Legitimität
Frage,
da
Meinung
nach
keine
zwischen
Politik
und
es
des
seiner
Trennung
Religion
im
Gründe
Wertvorstellungen
Ebd., S. 124.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
in
islamischen
verwurzelt.
Die
Mitglieder PAGADs begründeten ihr
26
25
tief
Ebd., S. 125.
10
Vorgehen durch den Koran. Dieser
Ziels
schreibe vor, dass jeder Muslim die
ebenfalls mit dem Bombenanschlag
Pflicht habe, sich gegen Unrecht zu
am 25. August 1998 auf die Filiale
wehren
dagegen
der amerikanischen Restaurantkette
einzusetzen. Dies habe man auch in
„Planet Hollywood“ in Kapstadt in
den Zeiten der Apartheid getan und
Verbindung
sich erfolgreich für einen Umbruch
konnte
engagiert. Die Freiheiten des „neuen“
nachgewiesen
Staates begünstige aber auch solche
Veränderung PAGADs machte sich
Gruppen, die Gewalt in Form von
auch daran deutlich, dass nun auch
Drogen
die
Lokale und Bars des Nachtlebens in
einbrachten.
Kapstadt im Mittelpunkt der Kritik
und
und
sich
Kriminalität
Gesellschaft
mit
in
einherging.
PAGAD
gebracht.
nie
etwas
wird
Allerdings
Stichhaltiges
werden.
Insbesondere durch Drogen sah die
standen.
muslimische Gemeinde ihre Kinder
verurteilten Nachtclubs als moralisch
nun aufs Neue bedroht. Da der Staat
verwerflich.
in ihren Augen zu schwach war, um
amerikanische
vor diesen „Gangstern“ zu schützen,
angefeindet.
sahen sie es als ihre Aufgabe, dem
Stimmungen machten sich breit.
kriminellen
zu
Mittlerweile spielt PAGAD keine große
Allerdings griffen sie hierbei
Rolle mehr. Die Organisation scheint
setzen.
28
Treiben
ein
Ende
Die
radikalen
Die
Mitglieder
Insbesondere
Lokalitäten
wurden
Anti-amerikanistische
ebenfalls auf Gewalt zurück, um die
durch
Kriminellen
Die
innere Zersplitterung und auch durch
sowohl
die Kriminalisierung ihrer Aktionen
nicht-
die meisten ihrer Mitglieder verloren
muslimischer Gemeinden schlug in
zu haben. Dennoch hatte die Gruppe
Ablehnung um.
einen
Auch innerhalb der PAGAD fand ein
öffentliche
Wandel
limischer Gemeinschaften innerhalb
zu
anfängliche
muslimischer
statt.
vertreiben.
Sympathie
als
Die
auch
gemäßigteren
Kräfte distanzierten sich zunehmend
negative
großen
Medienberichte,
Einfluss
auf
Wahrnehmung
die
mus-
uns außerhalb der Zivilgesellschaft.
von der Gruppe, so dass hiermit auch
eine Veränderung des ursprünglichen
27
28
Ebd., S. 125.
Interview mit Nadthmie Edries am 10.07.2004,
Kapstadt.
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
Fazit
Gemessen an ihrer effektiven Größe
hat
die
muslimische
Gemeinde
11
großen
Einfluss
in
der
Einflussnahme muslimischer Gemein-
südafrikanischen Gesellschaft. Viele
schaften
auf
Muslime haben sich schon zu Zeiten
dungen
ausübt,
des
genauer untersucht werden. Es wäre
Apartheidregimes
politisch
politische
müsste
interessant,
politische Ämter übernommen.
südafrikanischen
Muslimische Parteien wie die African
insbesondere
Muslim
Party
keine
Nahost-Konflikt betreffend, gehandelt
starke
Unterstützung.
den
hat und ob man daraus Schlüsse auf
haben
Bei
in
wie
die
Regierung,
Situationen
eine
Western Cape erreichte die AMP nur
Entscheidungen durch den Islam in
0,7
%
aller
Stimmen.
National
ein
Beispiel von Premierminister Ebrahim
Insbesondere
Rasool
praktizierende
sondert
sich
die
Gewicht
muslimische Gemeinde politisch nicht
Entscheidungs-
ab,
positionen
sondern
ist
südafrikanischen
Teil
Staates.
des
politischen
Südafrika ziehen kann. Der Islam ist
spielt die Partei keine Rolle. Wie das
zeigt,
der
den
Wahlen von 2004 in der Provinz
29
Prägung
prüfen,
noch
engagiert und nach dem Umsturz
(AMP)
zu
Entschei-
in
dann,
Südafrika.
wenn
viele
Moslems
und
innehaben,
Führungsund
sich
Gruppen
sowohl mit Südafrika als ihrer Heimat
wie Qibla und PAGAD, die ganz direkt
und auch mit der arabischer Welt als
gegen den Staat und die staatliche
religiöser Ausrichtung, identifizieren
Ordnung
können.
vorgehen,
Massenbewegung
sind
der
keine
südafri-
kanischen Muslime. Der Islam ist ein
Teilbestand Südafrikas. Er ist schon
seit langer Zeit dort verwurzelt und
er
hat
auch
Neuanfang
seinen
Südafrikas
Beitrag
zum
eingebracht.
Er ist also als integraler Bestandteil
der Gesellschaft zu werten.
Dies ist auch in der Politik zu spüren.
Wie
29
genau
sich
jedoch
die
Election Results:
http://www.elections.org.za/Elections2004_Stati
c.asp?radResult=50&selProvince=9
Konrad-Adenauer-Stiftung
Länderbüro Südafrika
12
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