Haustechnik für ein Bürogebäude im Passivhaus

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Rochard: Haustechnik für ein Passiv-Bürogebäude
Entire solar architecture
Haustechnik für ein Bürogebäude im Passivhaus-Standard
Ulrich Rochard, Johannes Werner, Tübingen
Wärmeversorgung aus Nahwärmenetz, Kälteerzeugung mittels Erdsondenfeld,
Wärmeabgabe und Kühlung über Betonkerntemperierung.
Zusammenfassung
In Ulm entsteht derzeit im Auftrag der Software AG Stiftung ein Bürogebäude im Passivhaus-Standard
mit ca. 6980 m² Nettogrundfläche (ohne Tiefgarage), das von der Entire Software AG genutzt werden
wird. Neben der Nutzung definiert vor allem die Qualität der Gebäudehülle die Anforderungen an die
zu installierende Haustechnik, deshalb wurden Haustechnik und Bauphysik kontinuierlich mit der
Planung der Architekten abgestimmt. Hochwertiger Wärmeschutz und funktionell dimensionierte
Glasflächen reduzieren sommerliche wie winterliche äußere Lasten. Bei der Verglasung der
Atriumkuppel wirkten sich zusätzlich Anforderungen zur Tagesbelichtung atriumorientierter Büros stark
aus.
Das Gebäude besitzt eine mechanische Lüftung mit Wärmerückgewinnung, die Außenluft kann mittels
Erdwärme gekühlt bzw. vorgewärmt werden. Die Wärmeversorgung erfolgt aus einem Nahwärmenetz
mit KWK mit vorrangiger Abwärmenutzung von Kälteaggregaten für Küche und EDV-Zentrale. Die
Wärmeversorgung und Kühlung der Räume erfolgt mittels Betonkerntemperierung (BKT). Die Kälte
wird über ein Erdsondenfeld bereitgestellt, das direkt an die BKT gekoppelt ist.
Das Gebäude soll vom Passivhaus Institut zertifiziert werden. Das Gebäude wird im Rahmen des
Solarbaumonitorprogramms des Bundeswirtschaftministeriums vom Steinbeis-Transferzentrum Ulm
untersucht und dokumentiert werden. Erdwärmenutzung und Kunstlichtsteuerung werden von der
Deutschen Bundesstiftung Umwelt gefördert. Bei Abfassung des Tagungsbeitrags ist die
Ausführungsplanung noch nicht vollständig abgeschlossen.
((Hier Abbildung 1 einfügen))
Energetisches Gebäudekonzept
Explizite Randbedingungen für die Konzeption der haustechnischen Anlagen werden im allgemeinen
vom Bauherrn und der vorgesehenen Gebäudenutzung festgelegt. Darüber hinaus bestimmen jedoch
implizit thermische Eigenschaften des Gebäudes und seiner Hülle in hohem Maße darüber, welche
anlagentechnischen Maßnahmen zur Beheizung, Kühlung, Lüftung und Beleuchtung notwendig sind.
Haustechnik hat in diesem Sinne die Aufgabe, die wärmetechnischen und raumklimatischen
Eigenschaften eines Gebäudes und insbesondere seiner Hülle zu einem funktionierenden
Gesamtsystem bezüglich Raumklima, Lüftung und Beleuchtung zu ergänzen.
Gute Gesamtlösungen erfordern eine integrale Planung. Schon der ursprüngliche Wettbewerbsbeitrag
wurde daher von den Architekten unter Einbeziehung von Fachplanern interdisziplinär entwickelt. Für
das Bauvorhaben wurde das Ingenieurbüro ebök vom Bauherrn mit der Planung von Wärmeschutz,
Schallschutz, Raumakustik sowie Heizung, Lüftung und Sanitär beauftragt, die Erdsonden werden in
Zusammenarbeit mit dem Ingenieurbüro Huber, Zürich, dimensioniert. Das Ingenieurbüro Volz,
Ehningen, führt die Elektroplanung durch, die Gesellschaft für Licht und Bautechnik, Dortmund, hat in
Fragen der Tagesbelichtung beraten.
Bei Gebäuden im Passivhaus-Standard ist Ort und Art der Einbringung der noch notwendigen
Restheizleistung im Raum zur Einhaltung guten thermischen Raumklimas in der Heizperiode ohne
Belang. Solare Lasten im Sommer können bei sinnvoller Dimensionierung der transparenten
Fassadenteile und Anordnung beweglicher Sonnenschutzvorrichtungen so klein gehalten werden,
dass Fensterlüftung für gutes Raumklima auch im Sommer ausreicht [2]. Entscheidend für die
Notwendigkeit eines Kühlsystems ist dann vor allem die Höhe der internen Wärmelasten. Im
Gegensatz zu Wohnnutzung können die Lasten in Bürogebäuden aufgrund hoher Personendichte,
intensiver Ausstattung mit Rechnern und hohen Beleuchtungsanforderungen an Arbeitsplätzen so
hoch liegen, dass anlagentechnische Kühlmaßnahmen notwendig sind.
Wärmeschutz
Das Gebäude in Form eines Wankelrotors mit dem innenliegenden Atrium ist mit einem A/V-Verhältnis
2
von 0,22 sehr kompakt. Je m Energiebezugsfläche nach PhPP (EBFPhPP) resultieren nur 1,2 m²
Hüllfläche mit einem mittleren Wärmedurchgangskoeffizient bei 0,37 W/m²K. Dies liegt 62% unter dem
nach EnEV zulässigen Grenzwert für den spezifischen Transmissionswärmeverlust H´T. Die Büros
sind zweizeilig angeordnet, das Atrium übernimmt dabei neben seinen anderen vielfältigen Funktionen
technisch gesehen die Tagesbelichtung der innenorientierten Büros sowie die Frischluftversorgung
der Regelgeschosse. Dies sind günstige Voraussetzungen für eine wirtschaftliche Umsetzung des
hohen Wärmeschutzstandards.
Von den Architekten war ein weitgehend wärmebrückenfreies Konstruktionskonzept vorgeschlagen
worden, an einigen Details bestand jedoch Klärungsbedarf bezüglich Notwendigkeit und Aufwand zu
weiterer Wärmebrückenminimierung. Wärmebrücken ergeben sich z.B. bei einer Pfahlgründung der
Bodenplatte und der massiven Treppenhäuser vor allem im Bereich des Durchtritts der Pfähle durch
die außenliegende Dämmschicht. Dreidimensionale rechnerische Wärmestromanalysen ergaben
unter den gegebenen Randbedingungen (durchstoßene Dämmschichtdicke 30 cm bzw. 20 cm und
angrenzende Erdreichtemperatur) eine ausreichende Sicherheit gegen Tauwasserbildung und
Schimmelpilzwachstum ohne zusätzliche Dämmmaßnahmen. Bezogen auf die Fläche der
Bodenplatte ergeben diese Wärmebrückenzuschläge ein ? U = 0,012 W/m²K. Weitere Wärmebrücken
bilden z.B. die Tragkonstruktion der Wartungsstege sowie die konstruktiv notwendigen
Aluabstandshalter der Verglasung der Atriumkuppel. Aufgrund der rechnerischen Untersuchungen
konnten in der Regel gut abgestimmte Details gefunden werden. Insgesamt ergibt sich ein
hüllflächenbezogener Wärmebrückenzuschlag von ? U <0,002 W/m²K, dies ist 96% geringer als der
Zuschlag nach EnEV bei Ausführung gemäß DIN4108 Bbl.2.
Als weiterer Detailpunkt soll hier noch kurz die korrekte physikalische Behandlung der
Transmissionswärmeverluste von Verglasungen bei geneigtem Einbau erwähnt werden. Der amtliche
Kennwert UGlas,Bundesanzeiger ist nur bei vertikaler Scheibenposition zutreffend, mit zunehmender
Abweichung von der Vertikalen vergrößert sich der Wärmedurchgang. Für die vorgesehene
Zweifachwärmeschutzverglasung der Atriumkuppel mit Ug,Banz 1,2 W/m²K ergibt sich bei einer Neigung
von 5° gegen die Horizontale ein Ug von 1,5 W/m²K (Berechnung nach EN673 unter Berücksichtigung
der baurechtlich vorgesehenen Zuschläge für Rechenwerte). Dies ist eine Zunahme um 20%, die in
der Energiebilanz und bei der Auslegung der Haustechnik berücksichtigt werden muss.
Belichtung und Sonnenschutz
Der Wärmeeintrag über Glasflächen beeinflusst wesentlich eine mögliche Überhitzung bzw. den
Kühlbedarf von Gebäuden. Auch bei Ausstattung mit guten beweglichen Sonnenschutzsystemen ist
der Wärmeeintrag noch bedeutend höher als über gut gedämmte opake Flächen. Die Erfordernisse
einer guten Tagesbelichtung waren daher zusammen mit gestalterischen Aspekten ein wesentliches
Entwurfskriterium bei Ausstattung der Fassade mit Fensterflächen. Im Mittel stehen 0,26 m²
Fensterfläche je Quadratmeter EBFPhPP zur Verfügung, der Fensteranteil an der gesamten Hülle liegt
bei 22%. Der Tageslichtquotient nach DIN 5034 beträgt in einem außenliegenden Büro 2%, die
anteilige Tageslichtnutzungszeit 68%.
Alle transparenten vertikalen Fassadenflächen haben außenliegende Jalousien als beweglichen
Sonnenschutz. Zwecks verbesserter Tageslichtnutzung ist eine Jalousiestellung möglich, die im
oberen Drittel die Solarstrahlung an die Raumdecke reflektiert, während der untere Teil zwecks Blendund Sonnenschutz vollständig geschlossen ist. Der Energieeintrag kann damit um etwa 3/4 des Werts
bei offenen Jalousien reduziert werden.
Bei der Auswahl der Verglasung der Atriumkuppel erwiesen sich die Anforderungen aus dem
sommerlichen Sonnenschutz und der Tagesbelichtung innenliegender Büroflächen gegenüber der
Heizwärme als bestimmende Faktoren. Zum einen ist bei bedecktem Himmel ein hoher
Tageslichtdurchlassgrad der Verglasung von 70% notwendig, um auch noch in innenliegenden Büros
der ungünstig gelegenen Eingangsebene einen Tageslichtquotient von 1% zu erreichen; die anteilige
Tageslichtnutzungszeit beträgt hier immerhin noch etwa 25%. Bei direkter Sonneneinstrahlung ist eine
Reduktion der Solarlast auf weniger als 25% bei noch ausreichender Tagesbelichtung sicherzustellen.
Vorgesehen ist hierzu eine Zwei-Scheiben-Wärmeschutzverglasung (Ug,BANZ: 1,2 W/m²K, gDIN67507:
50%) mit integriertem Sonnenschutzrollo, das in geschlossenem Zustand über einen
Tageslichtdurchlass von 13% bei einem g-Wert von 17% verfügt. Durch Schließen des
Sonnenschutzes kann der Energieeintrag hier um etwa 2/3 reduziert werden. An den Arbeitsplätzen
hinter den einfachverglasten Innenfassaden zum Atrium muss bei Bedarf ein lokaler Blendschutz
montiert werden.
Wärmelasten im Sommerfall
Um den Stromeinsatz für Beleuchtungszwecke klein zu halten, wurde neben den oben beschriebenen
Maßnahmen für eine ausreichende Tageslichtnutzung auf eine effiziente Beleuchtungstechnik
geachtet. In den Außenbüros und Schulungsräumen werden zusätzlich tageslichtabhängige
Kunstlichtsteuerung sowie Präsenzmelder eingesetzt.
Die Entire Software AG als späterer Nutzer wurde zeitig über den großen Einfluss des
Effizienzstandards der gewählten Büroausstattung auf die Höhe des Stromverbrauchs sowie der
internen Wärmelasten hingewiesen. So ergibt sich beispielsweise durch den Einsatz von TFTFlachbildschirmen statt herkömmlicher Kathodenstrahl-Bildschirme eine Vielzahl von Vorteilen:
geringere Blendgefahr durch höhere Leuchtdichte, verbesserte Strahlungsfreiheit, geringerer
Platzbedarf, verringerter Stromverbrauch, verbessertes Raumklima durch kleinere Wärmelasten.
Weitere Verbesserungen lassen sich durch Geräte mit geringem Standby-Verbrauch erzielen. Wichtig
ist hierbei eine Information der Mitarbeiter, dass der Standby-Modus auch aktiviert und nicht
stattdessen beispielsweise ein „Bildschirmschoner“ gestartet wird. Bei der Ausstattung der Teeküchen
ist der Einsatz von Geräten der besten Effizienzklasse vorgesehen. Wenn das Kriterium der
Energieeffizienz bei der Beschaffungspolitik und Mitarbeiterschulung generell berücksichtigt wird,
kann dieses Potential mit seinen großen Synergieeffekten schon innerhalb weniger Jahre zu einem
hohen Anteil umgesetzt werden. Im sommerlichen Auslegefall ergeben sich beispielsweise folgende
Wärmelasten:
?
Tagesmittel Außenbüro: Personen 5 W/m², Solar 6 W/m², ergänzendes Kunstlicht 0,5 W/m²,
Bürogeräte 11 W/m², total 22,5 W/m². Während der 10-stündigen Nutzungszeit liegt die Last bei
ca. 50 W/m².
?
Schulungsraum: Personen 8 W/m², Solar 3,5 W/m², ergänzendes Kunstlicht 5 W/m², Geräte
13 W/m², total 29,5 W/m². Während der 10-stündigen Nutzungszeit liegt die Last bei ca. 75 W/m².
Lüftung
((Hier Abbildung 2 einfügen))
Dimensionierung: Alle Aufenthaltsräume des Gebäudes sind entsprechend den Anforderungen der
Arbeitsstättenrichtlinien über Fenster zu lüften. Die mechanische Lüftungsanlage könnte daher unter
Betrachtung der Anforderungen in der Heizperiode auf die hygienisch erforderliche Luftmenge von
20 m³/h je Person ausgelegt werden. Unter Berücksichtigung der Sommerbedingungen, wo höhere
Raumluftfeuchten sich ungünstig auf die Behaglichkeit auswirken, wurde für den Auslegefall eine
Luftmenge von 25 m³/h je Regel-Arbeitsplatz berücksichtigt. In Sonderbereichen wie z.B.
Seminarräumen, in denen z.B. bei zeitweiser Abdunklung Fensterlüftung wenig praktikabel ist, sind
auch höhere Volumenströme möglich. Nebenräume haben eine kontinuierliche Grundlüftung. Im
Auslegefall werden 29‘000 m³/h gefördert.
Luftführung: Die Außenluft wird im Grünbereich neben dem Gebäude erfasst und durch ein 28 m
langes Betonrohr (lichter Durchmesser 1,8 m, Erdüberdeckung 2 m) in die unterirdische Zuluftzentrale
geleitet. Das Rohr wirkt als Luft-Erd-Wärmetauscher (EWT); der Wärmeeintrag während der
Heizperiode beträgt 4,3 MWh/a, der Kälteeintrag im Sommer 2,6 MWh/a. In der Zentrale kann die Luft
über einen Wärmetauscher mit Hilfe der Erdsonden weiter vorgewärmt bzw. angekühlt werden.
Anschliessend strömt sie weiter über den Wärmetauscher der Wärmerückgewinnung, einen Feinfilter
F7, die Nacherwärmung aus der Fernheizung und einen Schalldämpfer in den zentralen Zuluftkanal
unter dem Boden des Gartengeschosses. In der Zuluftzentrale erfolgt auch eine Befeuchtung auf
einen Mindestwert von 25% r.F.. Zusammen mit den internen Feuchtelasten im Gebäude wird so auch
im Winter eine Raumluftfeuchte von 30% nicht unterschritten. Die Befeuchtung erfolgt über
Sprühdüsen, die notwendige Wärmezufuhr liefert der Fernwärmeanschluss.
((hier Abbildungen 3 und 4 einfügen))
Die Sonderbereiche im Gartengeschoss und die Küche werden direkt aus dem Zuluftkanal unter dem
Gartengeschoss versorgt, die Frischluftmenge für die Regelgeschosse wird über hochinduktive
Luftdurchlässe, die in Frischlufttürmen in zwei Ecken des Atriums angeordnet sind, ins Atrium
eingeblasen. Der Luftzustand im Atrium wird messtechnisch bezüglich Qualität und Temperatur
überwacht. Bei Bedarf kann der Luftzustand durch zusätzliche Lüftung über die Anlage oder durch
Öffnen von Lüftungsklappen korrigiert werden. Die zum Atrium orientierten Büros haben
schallgedämmte Luftdurchlässe, für die Räume an der Außenfassade sind Überströmkanäle im Kern
der Decken einbetoniert. Alle Aufenthaltsräume sowie Funktions- und Nebenräume sind an das
Abluftsystem angeschlossen. Die Menge der abgesaugten Abluft bestimmt das Maß der aus dem
Atrium (Ausnahme Sonderräume siehe oben) nachströmenden Frischluft.
Rauchen ist nur in jeweils einem abgeschlossenen „Meeting point“ je Geschoss erlaubt, bei dem
gewählten System führt jedoch Rauchen in den mit Zu- und Abluft ausgestatteten Räumen nicht zu
Beeinträchtigungen anderer Räume. In den Räumen an der Außenfassade kann auch zusätzlich über
Fenster gelüftet werden.
Die Abluft wird zangenförmig in Kanälen unter den Gangdecken zu den vertikalen Abluftschächten in
den Gebäudeecken geführt. Die Abluftzentrale befindet sich auf dem Dach und enthält Filter,
Abluftventilator, Wärmetauscher sowie Schalldämpfer. Die Abluft der Küche wird aus
brandschutztechnischen Gründen getrennt erfasst und ohne Wärmerückgewinnung über Dach
ausgeblasen.
Das Luftkanalnetz wird aus runden bzw. rechteckigen Lüftungskanälen aus verzinktem Stahlblech
hergestellt. Die Abluftleitungen aus der Betriebsküche werden fettdicht ausgeführt. Bei allen
Durchdringungen von Decken oder Wänden mit Brandschutzanforderungen werden
Brandschutzklappen mit F-90-Zulassung eingesetzt. Alle Räume werden durch TelefonieSchalldämpfer akustisch voneinander entkoppelt. Die Lüftungskanäle haben keine
Temperaturdifferenz zum Gebäude und werden nicht wärmegedämmt.
Regelung: Die Anlage erlaubt eine zweistufige, zeitabhängige Regelung des Volumenstroms im
Gesamtgebäude von ca. 4200 m³/h als Grundlüftung und bis 13‘600 m³/h bei Normalbetrieb in den
Büroräumen. Sonderbereiche im Gartengeschoss mit stark abweichenden Nutzungscharakteristiken
haben eine bedarfsgeregelte Lüftung (Schulungsräume und Fitnessbereich mit Präsenzmeldern,
Casino mit Luftqualitätssensor) und können den Volumenstrom um bis zu 6000 m³/h anheben, eine
Kapazität von weiteren 9500 m³/h wird für die Küchenlüftung vorgehalten. Der Luftzustand im Atrium
wird, wie oben dargestellt, ebenfalls überwacht und geregelt.
Wärmerückgewinnung: Zur Wärmerückgewinnung wird ein Kreislaufverbundsystem (KVS)
eingesetzt. Dies erlaubt eine räumlich unabhängige Führung von Zu- und Abluftströmen. Der
Wärmekreislauf zwischen den beiden Luftströmen wird über einen hydraulischen Kreislauf mit
Rohrweite DN65 realisiert. Dies verschlechtert zwar wegen der zusätzlichen
Wärmeübergangsprozesse die Effizienz des Wärmeübertrags, erlaubt jedoch verkürzte
Luftkanalführungen und verringert den Platzbedarf in den Bürogeschossen. Zuluftkanäle im Gebäude
liegen nur noch unter der Bodenplatte des Gartengeschosses, Abluftkanäle verlaufen horizontal unter
den Decken der Erschließungsgänge und werden in den Installationskernen der Gebäudeecken
vertikal nach oben und innerhalb der Wärmedämmung auf der obersten Geschossdecke zur
Abluftzentrale geführt. Für die Bürolüftung beträgt der vorgesehene Wärmebereitstellungsgrad des
Gesamtsystems aus EWT, Erdsonden und KVS ca. 84%, für den Anteil der Küchenlüftung wird nur
die Vorerwärmung im EWT und durch die Erdsonden mit 35% wirksam. Als gewichtetes Mittel ergibt
sich ein Wärmebereitstellungsgrad von 75%.
Für den Winterfall wird die Balance der in einem großen Regelbereich variierenden Außen- und
Fortluftmengen durch eine kontinuierliche Erfassung des Fortluftstroms und einer entsprechenden
Nachführung des Zuluftventilators bewerkstelligt. Bei Bedarf (z.B. Luftqualität oder Sommerkühlung im
Atrium) sind auch disbalancierte Zustände möglich.
Sommerlüftung Atrium: An den vertikalen Süd- und Nord-West-Seiten des Glasdaches können die
RWA-Klappen (Rauch-Wärme-Abzugsanlage) mit einer effektiven Öffnungsfläche von jeweils 8 m² zur
Schachtentlüftung des Atriums geöffnet werden. Die Verglasungsebene mit dem beweglichen
Sonnenschutz liegt eine Geschosshöhe über dem obersten Regelgeschoss. Das im Sommer unter
Solareinstrahlung entstehende Warmluftpolster im Atriumdach kann durch folgende Mechanismen
abgelüftet werden:
?
durch Querlüftung über die gegenüberliegenden RWA-Klappen,
?
durch einen vorgekühlten Zuluftüberschuß im Atrium,
?
durch ergänzende Schachtlüftung im Atrium. Dazu sind im Gartengeschoss über den
Fluchtwegen Außenluftklappen und in den „Meeting points“ motorisch gesteuerte Fenster
vorgesehen, die bei Bedarf auch außerhalb der Arbeitszeiten geöffnet werden können.
Die massiven Fluchttreppenhäuser sind nicht ins System der Betonkernaktivierung einbezogen. Zur
nächtlichen Wärmeabfuhr im Sommer kann eine Schachtlüftung über die Zuluftklappen im
Gartengeschoss und die RWA-Klappen im Kopf der Treppenhäuser erfolgen.
Raumwärmeverteilung
Entscheidungskriterien: Aufgrund der, trotz Optimierung, vergleichsweise hohen internen
Wärmelasten bei der geplanten Nutzung (Softwareentwicklung und Schulung) war die Frage der
Gebäudekühlung entscheidend bei der Auswahl des Verteilsystems. Als wesentlicher passiver
Baustein zur Begrenzung des Kühlaufwands wurde auf eine Abhängung der massiven Decken
verzichtet, so dass deren Wärmeträgheit wirksam werden kann. Eine Wärmeabfuhr mittels freier
Nachtlüftung konnte jedoch trotzdem nicht realisiert werden – aus zwei Gründen:
?
Die Nutzung des Atriums und der vertikalen Fluchtreppenhäuser als großflächige vertikale
Abluftschächte würde ein nächtliches Öffnen der Büro- und Flurtüren erfordern. Dies ist in diesem
Bürogebäude mit sicherheitstechnisch erforderlichen Zugangskontrollen zwischen einzelnen
Bereichen nicht möglich.
?
Bei voller durchgehender Nutzung während der üblichen Arbeitszeiten (Auslegefall, siehe oben)
sind die Wärmelasten für eine freie Nachtlüftung zu hoch. Zudem wäre die allein in Decke und
Fußboden zur Verfügung stehende zugängliche Speichermasse zu klein, um den
Temperaturanstieg über Tag ausreichend zu begrenzen.
Soll die notwendige Kälte mit möglichst geringem Exergieaufwand zur Verfügung gestellt werden, sind
Flächenkühlsysteme vorteilhaft, bei denen nur kleine Temperaturdifferenzen zur gewünschten
operativen Raumtemperatur notwendig ist. Dies vermeidet auch Schwitzwasserprobleme, zudem sind
Flächenkühlsysteme physiologisch vorteilhaft. Die notwendige installierte Spitzenleistung lässt sich
außerdem verringern, wenn Überschusswärme zeitweise abgepuffert werden kann.
Betonkernaktivierung: Diese Betrachtungen führten zum System der thermischen Bauteilaktivierung
(auch Betonkerntemperierung BKT genannt), bei dem wasserführende Rohrregister in die Decken mit
einbetoniert werden. Die gewählte Deckenstärke von 28 cm erlaubt ein weites Stützenraster mit
flexiblen Raumaufteilungsmöglichkeiten, bietet gute Basiswerte für Luft- und Trittschallschutz und
ermöglicht im statisch wenig beanspruchten Betonkern die Installation der Rohrregister und der radial
verlaufenden Zuluftkanäle zu den Außenbüros. Aufgrund der entfallenden Luftkanalkreuzungen mit
den tangential unter den Gangdecken verlaufenden Abluftkanälen konnte die lichte Rohbauhöhe der
Regelgeschosse wie bei rein fenstergelüfteten Gebäuden gewählt werden.
((Hier Abbildung 5 einfügen))
Zur Planung der raumklimatischen Eigenschaften unter Auslegebedingungen (wie operative
Temperaturen, Temperaturasymmetrien, vertikale Lufttemperaturgradienten) wurde ein
computergestützes Berechnungsmodell nach Glück [3] eingesetzt. Die Auslegung der BKT-Register
erfolgte nach dem Verfahren von Koschenz und Lehmann [4].
2
In den Betondecken sind ca. 350 Kunststoffrohrregister mit insgesamt etwa 5000 m Fläche verlegt.
Der Anschluss an das Verteilsystem erfolgt im Deckenbereich der Flure bzw. in den abgehängten
Deckenbereichen im Gartengeschoss. Außerdem wird auf der Bodenplatte im Gartengeschoss eine
Fußbodenheizung mit ca. 830 m² Fläche installiert. Die Vorlauftemperatur dieser Kreise wird zentral
geregelt. Zusätzlich werden thermoaktive Akustikdecken in den Schulungsräumen/Gartengeschoss
angeschlossen, um dort kurzfristige Lastspitzen abfahren zu können. Diese Zusatzkreise werden über
Raumthermostate gesteuert.
Die Verteilung erfolgt mit einem Zweileiter-System aus Stahlrohren DN 32 bis DN 200. Die
Bürogeschosse werden über Steigstränge in den vertikalen Installationsschächten in den drei
Gebäudeecken erschlossen. Die Steigstränge Nord und Südwest werden von der Zentrale über den
Zuluftkanal in der Technikebene angefahren. Die Erschließung der Bürogeschosse erfolgt von den
Installationsschächten in den Ecken zangenförmig über die angrenzenden Flure. Das gesamte
Verteilnetz hat eine Länge von insgesamt ca. 1600 m. Als zentrale Pumpe wird eine energieeffiziente
3
Trockenläuferpumpe mit einer Auslegungsleistung von 85 m /h bei 400 mbar eingesetzt. Das Verteilnetz wird auf Auslegungstemperaturen von maximal 25 °C im Heizfall und minimal 18 °C im Kühlfall
mit einer Spreizung von 1,2 K ausgelegt. Mit den geringen Vorlauftemperaturen im Heiz- wie Kühlfall
bleiben die Komfortbedingungen auch in Räumen mit von den Auslegebedingungen abweichenden
internen Lasten im Komfortbereich. Eine raumweise Regelung ist standardmäßig nicht notwendig.
2
Die gebäudemittlere Kühllast im Auslegefall beträgt ca. 25 W/m EBFPhPP und ist damit höher als die
gebäudemittlere Heizlast im Auslegefall nach PhPP. Dies passt gut mit der Leistungscharakteristik
einer thermisch aktivierten Decke zusammen, bei der aufgrund physikalischer und physiologischer
Randbedingungen die Kühlleistung höher als die Heizleistung ist. Ein zusätzliches
Heizwärmeverteilsystem, wie es in Gebäuden mit üblichen Dämmstandards noch notwendig wäre,
kann entfallen. Die Technik der Betonkernaktivierung zeigt insgesamt starke Synergieffekte mit dem
Passivhaus-Standard, was technische Vereinfachungen bei Wärmeversorgung, Kühlung und
Regelung erlaubt.
Energieversorgung
Wärmeversorgung: Die Wärmeversorgung des Gebäudes erfolgt über einen Fernwärmeanschluss.
Die projektierte Fernwärmeanschlussleistung beträgt ca. 120 kW. Der Anschluss erfolgt an eine
Übergabestation mit 2 Heizkreisen (Betonkerntemperierung und Zuluft-Nacherhitzer) und einem
Speicherladekreis für die Warmwasserbereitung. Die Übergabestation ist mit einer
Vorlauftemperaturregelung für die beiden Heizkreise und einer Vorrangschaltung zur
Warmwasserbereitung ausgestattet. Die Fernwärme wird in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt.
Warmwasserbereitung: Die Warmwasserbereitung für das Gartengeschoss (hauptsächlich Duschen
und Betriebsküche) erfolgt zentral in einem Wasser-Wasser-Durchlauferhitzer, der aus einem
Pufferspeicher mit 1000 Litern Inhalt angefahren wird. Im unteren Teil des Pufferspeichers erfolgt eine
Vorerwärmung durch die Abwärme der Kälteaggregate, der obere Teil wird durch Fernwärme auf
Solltemperatur gehalten. Die Warmwasserbereitung in den Bürogeschossen erfolgt dezentral durch
Elektro-Boiler, da der Verbrauch dort relativ gering ist.
Abwärmenutzung: Zur Kühlung des zentralen EDV-Raums sowie für die Kühlzellen der
Betriebsküche sind elektrisch betriebene Kompressionskälteaggregate vorgesehen. Die
Kälteaggregate werden mit wassergekühlten Verflüssigern betrieben, so dass die Abwärme für die zur
Vorerwärmung des Trink-Warmwassers und nachgeschaltet zur Betonkerntemperierung genutzt oder
auf das KVS-System (siehe Abschnitt Wärmerückgewinnung) aufgeschaltet werden kann (siehe
Abbildung Haustechnikschema). Während der Heizperiode ersetzt sie so einen Teil des
Fernwärmebezugs, im Sommer wird Überschuß-Wärme über einen Bypass im KVS auf die Fortluft
übertragen.
Kühlung: Zur Abführung von überschüssiger Wärme werden Erdsonden als Wärmesenke für die
Betonkerntemperierung eingesetzt. Zur Abführung der projektierten Kälteleistung von 120 kW ist auf
dem Grundstück ein Sondenfeld mit ca. 40 Bohrungen à 100 m Tiefe vorgesehen. Gebäudeseitig wird
der wassergefüllte Erdsonden-Kreislauf an das Verteilnetz der Betonkerntemperierung und über einen
Wärmetauscher mit Frostschutzvorrichtung vor dem Wärmetauscher des Kreislaufverbundsystems an
die Zuluft (zur Erwärmung oder Kühlung) angeschlossen. Durch die bivalente Nutzung (Wärmesenke
im Sommer, Wärmequelle zur Außenluftvorwärmung im Winter) wird die thermische Regeneration des
Erdreichs unterstützt.
Fotovoltaikanlage: In die Abdichtungsbahn des mit leichtem Gefälle geführten Flachdachs ist eine
PV-Anlage mit 15kW Peak-Leistung integriert, der Jahresertrag beträgt ca. 12‘000 kWh.
Gebäudeautomation
Zur Datenerfassung und zur Regelung verschiedener Anlagen ist eine DDC-Regelung vorgesehen.
Sie ermöglicht zum einen eine Verbrauchserfassung (z.B. Wasserverbrauch, Stromverbrauch
einzelner Anlagenteile usw.) zum anderen die Regelung folgender Anlagen:
Lüftungsanlage
?
Abgleich von Zuluft- und Abluftvolumenstrom auf Grundlage der Volumenstrommessung.
?
Außenluftbefeuchtung.
?
Luftqualitäts- und Temperaturmessung im Atrium und entsprechende Regelung des
Zuluftventilators sowie der Lüftungsklappen für zusätzliche natürliche Lüftung.
?
Sollwertvorgabe für die Wärmerückgewinnung durch Kreislaufverbundsystem in Abhängigkeit von
der Zuluft- und der Ablufttemperatur.
Betonkerntemperierung
?
Regelung der Vorlauftemperatur.
?
Zuschaltung von Fernwärme oder von Erdsonden.
?
Umschaltung der Abwärmenutzung der Kälteaggregate.
Verschattung
?
Fassadenweise Ansteuerung der außenliegenden Jalousien mehrmals pro Tag; manuelle
Einstellung je Raum ist an den Arbeitsplätzen jederzeit möglich
.
?
Zentrale Steuerung des Sonnenschutzes in der Atriumkuppel; manuelle Einstellung ist von einer
zentralen Stelle aus möglich.
Kennwerte Energie und Kosten
Der Heizwärmebedarf unter Standardnutzungsbedingungen nach PhPP beträgt 15 kWh/m²a, die von
den Erdsonden zu deckende jährliche Kühlarbeit ca. 12 kWh/m²a) berechnet nach Monatsverfahren
aus EN832. Nach derzeitiger Schätzung ist unter Berücksichtigung der Abwärmenutzung aus den
Kälteaggregaten mit folgenden jährlichen Verbräuchen für den Betrieb von Heizung, Lüftung,
Befeuchtung und zentraler wie dezentraler (elektrischer) Warmwasserbereitung zu rechnen:
Fernwärmebezug 100‘000 kWh/a, Technik- und Heizstrom 11‘000 kWh/a, Wasser Luftbefeuchtung
2
126 m³/a. Daraus resultieren jährliche Verbrauchskosten von rund 14200 € bzw. 1,8 € je m
Nettogrundfläche oder 34 € je Arbeitsplatz. Nicht enthalten ist in diesen Betrachtungen Strom für
Beleuchtung, Aufzüge, Nutzerausstattungen sowie die Prozessenergie für die Betriebsküche.
Nach BKI 2000 [1] betragen die mittleren Vergleichskosten je BGFDIN277 für KG400DIN276 bei einem
Bürogebäude mit mittlerem Ausstattungsstandard ca. 23% der Kosten KG300+400. Die
Kostenberechnungen für die Kostengruppen 410 (Gas, Wasser, Abwasser), 420 (Wärmeversorgung),
430 (Lufttechnische Anlagen) und 480 (Gebäudeautomation) nach liegen bei ca. 90% bezogen auf
den entsprechenden aktuellen Vergleichswert des Baukosteninformationszentrums der Deutschen
Architektenkammern [1].
Der jährliche Primärenergieeinsatz für die oben betrachteten Energiedienstleistungen beträgt rund
278‘000 kWh, das entspricht rund 47 kWh/m² EBFPhPP. Davon entfallen 1/3 auf den Fernwärmebezug
und 2/3 auf den Strombezug aus dem Netz. Die Befeuchtung hat einen Anteil am Gesamtbetrag von
¼. Die PV-Anlage substituiert gut 10% des hier angegebenen Primärenergieeinsatzes.
Verfasser
Ulrich Rochard, Dipl.-Ing. (FH), Johannes Werner, Dipl.-Phys.
Ingenieurbüro ebök GbR
Reutlinger Str. 16, D-72072 Tübingen
Tel. 0049 (0)7071 9394 0, Fax 0049 (0)7071 9394 99
E-mail: [email protected], Web:www.eboek.de
Quellen
[1] Baukosteninformationszentrum Deutscher Architektenkammern (Hrsg.): Baukosten 2000; BKI
Stuttgart 2000
[2] Feist, Wolfgang: Passivhaus Sommerklima Studie, PHI Darmstadt 1998
[3] Glück, Bernd: Wärmetechnisches Raummodell – gekoppelte Berechnungen und
wärmephysiologische Untersuchungen; Verlag C.F.Müller Heidelberg 1997
[4] Koschenz, Markus; Beat Lehmann: Thermoaktive Bauteilsysteme tabs; EMPA Dübendorf 2000
Bildlegenden
Abbildung 1: Attraktiver Arbeitsplatz für 420 Mitarbeiter.
Abbildung 2: ((ebs_hls_6000.xls bzw. dxf-Datei)) Prinzipschema Haustechnik.
Abbildung 3: Erdreichwärmetauscher.
Abbildung 4: Bau des Zuluftkanals unter dem Atrium.
Abbildung 5: Anschlüsse eines Registers zur Betonkerntemperierung.
Entire Solar Architecture - Haustechnikschema
³
³
³
³
³
Zwischenstand 11/2001
Ingenieurbüro ebök, Tübingen
ebs_hls_6000.xls Funktionsschema
Entire Solar Architecture - Haustechnikschema
³
³
³
³
³
Zwischenstand 11/2001
Ingenieurbüro ebök, Tübingen
ebs_hls_6000.xls: Schema schwarz
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