DAUGAVPILS UNIVERSITĀTE GATIS OZOLIŅŠ LATVIEŠU TAUTASDZIESMU TOTĒMISKĀ SIMBOLIKA (RADĪBU, KRUSTĪBU UN KĀZU RITUĀLI) Totemic Symbolism of Latvian Folk Songs (Birth, Baptism, and Wedding Rituals) Totemische Symbolik der lettischen Volkslieder (Geburts-, Taufe- und Hochzeitsrituale) Promocijas darba kopsavilkums Daugavpils 2006 ALLGEMEINE CHARAKTERISTIK DER PROMOTIONSARBEIT Die vorliegende Promotionsarbeit ist einem der widerspruchsvollsten Themen der lettischen Folklore - dem Totemismus gewidmet. Bei der Analyse der Volkslieder sieht der größte Teil der Folkloristen in ihnen die Relikte der mit dem Totemismus verbundenen Vorstellungen, andere gebrauchen diesen Begriff überhaupt nicht, indem sie auf seinen eklektizistischen Charakter hinweisen. Wenn sie doch diesen Begriff gebrauchen, dann verbinden sie ihn mit den Materialien der lettischen Folklore nicht. Der entscheidende Faktor, der den Anstoß zur Akzeptierung oder Ablehnung der totemischen Relikte in den lettischen Volksliedern gegeben hat, war in vielen Fällen die Anschauung der Anthropologen über die Entstehung des Totemismus, über die Problematik des Inhaltes und der Funktionalität in traditionellen Gesellschaften. Noch ein bedeutender Faktor war die wissenschaftliche Vorgehensweise der Folkloristen, in deren Rahmen der Totemismus akzeptiert oder abgelehnt wurde. Im Allgemeinen ist das auch für die Folkloristen in der ganzen Welt typisch. Auch ein Teil der westlichen Forscher äußern sich über die eventuellen Relikte des Totemismus in der Folklore der europäischen Völker sehr vorsichtig, indem sie sehr strikte Grenzen dieses Terminus setzen. Im Kontext der Kulturforschung der traditionellen Gesellschaften ist es heutzutage sehr wichtig, die vorhergehende Erfahrung der Interpretationen des Totemismus zu erproben. Auf solche Weise ist es möglich, einen anderen Standpunkt in Bezug auf die Problematik des Totemismus in den lettischen Volksliedern zu bilden. Bei der Forschung eines engeren Problems der lettischen Volkslieder - des Totemismus, wird es möglich, breitere soziale und kulturelle Prozesse herauszuforschen, die die Weltsymbolik der Dainas generiert haben. Dabei ist man seit Mitte des 20. Jh. in den geisteswissenschaftlichen und sozialen Wissenschaften der Einsicht, dass man die größten Forschungserfolge dann haben kann, wenn man nicht nur die Probleme der Entstehung der Symbole, sondern auch die aktiven Formen ihrer Existenz im Rahmen einer bestimmten Gesellschaft forscht. Auf solche Weise ist es erforderlich, zwei bedeutende Forschungsrichtungen zu vereinigen. Im Rahmen einer Richtung wird die Entstehungsgeschichte des Symbols betrachtet, im Rahmen der zweiten - funktionale Aspekte des Symbols im religiösen und sozialen Bereich der Gesellschaften. Es muss auch hervorgehoben werden, dass nicht die Symbolik der Texte der lettischen Volkslieder als solche mein Forschungsziel ist, sondern die soziale Funktion der Symbole, bzw. das, was das Symbol im Moment seiner Realisierung aktiviert, welche Vorstellungen es wiederherstellt, bewahrt und während des Rituals überliefert. Doch ist die Frage darüber, ob es dem Forscher immer gelingt, eine adäquate Interpretation der Funktionalität der Symbole in den Texten der Dainas zu finden, eine der diskutabelsten, weil es nicht mehr möglich ist, sich aktiv in den Prozess des Texteproduzierens einzuschalten und den Standpunkt der Teilnehmer der Rituale und der Erzähler selbst herauszuforschen. Ungeachtet des Vorhandenseins von zwei bedeutenden Problemen in der Promotionsarbeit (Eklektizismus der totemischen Tatsachen und Interpretationen, Adäquatheit der Interpretation der totemischen Symbole in den Texten der Dainas) ist es möglich, den Anwendungsbereich der totemischen Symbole genau zu beschreiben und zu formulieren - das Verwndschaftensystem. In der vorliegenden Promotionsarbeit wird es demonstriert, dass das lettische Volkslied Elemente verschiedener Traditionen bewahrt hat, die sich um eine bestimmte rituelle Tätigkeit zentrieren. Die Texte, die Elemente den totemischen Vorstellungen bewahrt haben, sind hauptsächlich mit Übergangsritualen verbunden, in denen das neugeborene Kind während der Geburtsund Tauferituale zum ersten Mal sozialisiert wird, indem man es in den Kreis bestimmter Verwandten aufnimmt. Während der Hochzeitsrituale erweitert sich der Verwandtenkreis der Person, gleichzeitig nimmt auch die Zahl der Pflichten, die rechtliche und soziale Verantwortung zu. Da die totemische Symbolik eine der ältesten Symbolengruppen der lettischen Volkslieder ist, dann ist die Fahndung nach den totemischen Elementen in Dainas Teil eines breiteren Totemismus und des Erkenntnisprozesses der damit verbundenen sozialen und religiösen Vorstellungen, die auch heutzutage an Aktualität nicht verloren haben. Die Forschung der Rituale der lettischen Volkslieder durch das Totemismusprisma eröffnet viele Möglichkeiten für eine eingehendere Forschung des Verwandschaftssystems und der sozialen Organisation. Gegenstand der Forschung Das Forschungsobjekt der Promotionsarbeit ist der Totemismus und die Symbolik des Totemismus in den Geburts-, Taufe- und Hochzeitsritualen der lettischen Volkslieder. In der Forschung wird die Entstehung der totemischen Symbolik, ihr Zusammenhang mit den früheren Stadien der Baltengesellschaften und ihren sozialen Aspekten. Es ist nicht möglich, die totemische Symbolik der lettischen Volkslieder zu analysieren ohne das Heranziehen von eingehenden und systematischen Forschungen des totemischen Komplexes und der Interpretationen. Der Totemismus und die totemische Symbolik werden in der vorliegenden Promotionsarbeit als Komplex archaischer Vorstellungen analysiert, in den verschiedene Ideen der sozialen und religiösen Vorstellungen integriert sind und die einen bestimmten Platz, eine bestimmte Funktion und Bedeutung in den Ritualen haben. Ziel und Aufgaben der Forschung Das Hauptziel der vorliegenden Arbeit liegt nicht im Beweisen der Existenz der nicht entlehnten Verbindung zwischen, z. B., den totemischen Traditionen der australischen Gesellschaft und der totemische Symbolik der lettischen Volkslieder, sondern in der Aufdeckung der sozialen Aspekte des Totemismus, bzw., in der Charakterisierung des Totemismus als eines Systems, das die Institute der Kulturtraditionen der sozialen Gruppen, soziale und religiöse Institute generiert, bewahrt und tradiert. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist, die Forschungsgeschichte des Totemismus, die Hauptprobleme der Forschung, die Elemente des totemischen Komplexes und die Funktionen der totemischen Symbolik in den Ritualen der lettischen Volkslieder zu charakterisieren. In der Promotionsarbeit wird die Hypothese aufgestellt, dass die totemische Symbolik der lettischen Volkslieder ein Gegenstück zum Kern des totemischen Komplexes bildet - die Verwandschaftenstruktur und ein daraus folgendes Modell des sozialen Verhaltens. Um die gesetzten Ziele zu erreichen und die aufgestellte Hypothese zu beweisen, werden in der Promotionsarbeit folgende Aufgaben realisiert: 1. Es werden die bedeutendsten Interpretationen des Totemismus analysiert, die die Entwicklung der Totemologie im letzten Viertel des 19. Jh. wiederspiegeln. Besondere Aufmerksamkeit wird auf die neuesten Lösungen der totemischen Problematik in der sozialen und strukturellen Anthropologie gerichtet. Auf der Basis dieser Materialien wird die Beschreibung der totemischen Probleme durchgeführt, auch die Hauptelemente des totemischen Komplexes aufgedeckt. Es wird sich die bisherige Tradition der Auffassung und der Interpretation der totemischen Symbolik angeeignet. 2. Es werden die Texte der lettischen Volkslieder systematisch durchgesehen, die Dainas sorg fältig ausgewählt, die a priori mit den Relikten des Totemismus verbunden werden könnten. Die Gesamtheit der Texte verbindet sich hauptsächlich mit den bedeutendsten Übergangsritualen. Während dieser Rituale wird das Individuum zum Subjekt der verwandtschaftlichen und sozialen Beziehungen. 3. Auf Grund der sozialanthropologischen Vorgehenweise in der Folkloristik wird die theoretische Konzeption der Promotionsarbeit ausgearbeitet. Auf der Grundlage der theoretischen Konzeption wird der analytische Teil der Promotionsarbeit ausgearbeitet. Theoretische Grundlage und Forschungsmethode Die theoretische Grundlage der Promotionsarbeit ist die anthropologische Vorgehensweise in der Forschung des Totemismus, die Mitte des 20. Jh. A. R. Radcliffe-Brown und C. Levi-Strauss ausgearbeitet haben. Es werden auch die bisherige Tradition der Totemismusforschung in der lettischen Folkloristik und Hinweise der Archeologen auf die möglichen Relikte in Betracht gezogen, die in der archeologischen Materialien Lettlands vorhanden sind. Auf dieser Grundlage wird die Forschungsmethode ausgearbeitet, deren Kern die Idee ist, dass Totems Verwandschaftssymbole in den Übergangsritualen sind, die die Gesellschaft und soziale Institute generiert, den Platz der Person in der sozialen Struktur determiniert. Eine bedeutende Rolle bei der Auswahl der Forschungsgrundlage spielt der Umstand, dass der Totemismus eine heterogene Bildung der Anthropologie ist. Bei der Anwendung der Forschung der Funktionalität der totemischen Symbole im Ritual ist es möglich, die Notwendigkeit zu vermeiden, den "echten" Totemismus vom "unechten" zu trennen und das lettische Volkslied als eine bedeutende Komponente der Rituale zu charakterisieren, in deren Rahmen die totemische Symbolik ein "Fenster" zur Welt der archaischen Vorstellungen ist. Novität der Forschung Bei der Auswertung der Novität der Promotionsarbeit im Kontext der Forschung der lettischen Volkslieder muss man bemerken, dass es in der lettischen Sprache nicht viele bedeutende Forschungen zum Thema Totemismus und totemische Gesellschaften durchgefürt sind. Die ersten zwei Teile der Promotionsarbeit sind eine bis jetzt ausführlichste Betrachtung der Interpretationen des Totemismus und des totemischen Komplexes in der lettischen Sprache. Ungeachtet dessen, dass es über die Totems in der lettischen Folklore schon seit den 90-er Jahren des 19. Jh. geschrieben wurde, wurden spezielle der totemischen Problematik gewidmete Texte und einzelne eingehendere Forschungskapitel nur von A. Švābe (1923) und J. Kursite (1996,1999) gefasst. In anderen Forschungen erscheinen eventuelle Relikte des Totemismus in der lettischen Folklore nur als ein peripheres Problem. Deswegen war eine systematische Übersicht des bisher Gemachten in diesem Bereich erforderlich, um feste Grundlage für die weiteren Lösungen des Problems in den lettischen Volksliedern zu schaffen. Die Forschung der Geschichte des Inhalts und der Problematik der Totemologie hat die Formulierung einer neuen Vorgehnsweise im Bereich der Lösung der totemischen Probleme in den lettischen Volksliedern gefördert. Die Analyse der Totems als funktionelle Aspekte der Symbole oder Kods der sozialen Strukturen gab die Möglichkeit, mehrere Übergangsrituale aus anderer Sicht zu beschreiben und die symbolischen Bedeutungen der Naturarten im Kontext der Logik der myhtischen Denkweise zu erklären. INHALTSDARLEGUNG DER PROMOTIONSARBEIT In der Einleitung der Forschung wird in konzentrierter Form die Problematik der Promotionsarbeit dargelegt, ihre theoretische Grundlage skizziert und begründet, die Aktualität des ausgewählten Themas aufgedeckt. Es wird auch eine Übersicht über die Struktur der Arbeit gegeben. 1. Kapitel. Totemologie: Geschichte, Inhalt, Problematik Obwohl die erste Beschreibung des totemischen Systems schon Ende des 18. Jh. erschien, wurde der Begriff "Totemismus" in der wissenschsftlichen Literatur erst in den 70-er Jahren des 19. Jh. eingeführt, aber eingehendere akademische Forschungen wurden im ersten Viertel des 20. Jh. gemacht. Im letzten Viertel des 19. Jh. und Anfang des 20. Jh. beschäftigten sich die Wissenschaftler vorwiegend mit dem Problem der Entstehung des Totemismus. Originelle und argumentierte Erklärungen wurden von einer Reihe der damals bedeutenden Religionsforscher und Kulturanthropologen (E.B. Tylor, A. Lang, F.B. Jevons, W. Robertson Smith, J. G. Frazer, A.K. Haddon, E. Durkheim, F. Boas) angeboten. Eine bedeutende Rolle in den ersteren Interpretationen spielten die Beschreibungen der australischen Gesellschaften, unter denen eine besondere Bedeutung im totemischen Kontext die Werke von B. Spencer und F. Gillen, A. Howitt, K. Strehlow, K. Langloh Parker hatten. Gerade in den Werken der Forscher der ersten Generation, die sich mit der traditionellen Kultur der australischen Gesellschaften beschäftigten, gewann der totemische Kern Kontur: der Totemismus ist ein System, das religiöse und soziale Institute generiert, strukturiert und tradiert. Der nächste bedeutende Schritt in der Forschung des Totemismus ist das Werk des Kulturanthropologen A. A. Goldenweiser "Analytische Studien des Totemismus", in dem der Totemismus als heterogene Erscheinung der Kultur charakterisiert wird, der in der Vielfältigkeit seiner Entstehung und der ihn bildenden Elemente nicht mehr als das erste universelle Stadium der Religion der Menschheit erklärt werden kann. Auf der Basis der Erkenntnisse von Goldenweiser ist sehr oft eine weitere Lösung dieses Problems in einer der produktivsten Etappen (Anfang der 20-er Jahre des 20. Jh.) zu beobachten, wenn bedeutende Forscher des Totemismus (W. Schmidt, R. Swanton, W. Wundt, W.H.R. Rivers, E. Reuterskiöld, N.W. Thomas, F. Graebner, R. Thurnwald u.a.) in der Zeitschrift "Anthropos" ihre Meinung äußern.Wenn auch Diskussionen und unterschiedliche Meinungen die Forschung des Totemismus positiv beeinflussten, blieben doch fundamentale Widersprüche, die zum größten Teil von der Verschiedenheit der methodologischen Vorgehensweisen in der Rekonstruktion der Entwicklung der Religionen und Gesellschaften bestimmt wurden. Ein bedeutender Wechsel im Bereich der Interpretationen des Totemismus ist in der Mitte des 20. Jh. mit den Namen des sozialen Anthropologen A. R. Radkliffe-Brown und des strukturellen Anthropologen C. Levi-Strauss verbunden. Trotz ihrer unterschiedlichen Schlussfolgerungen - A. R. RadcliffeBrown bliebt beim Begriff des Totemismus, C. Levi-Strauss lehnt ihn ab, sind beide der Ansicht, dass die Totems während der Rituale die Denkprozesse ihrer Teilnehmer aktivieren, indem sie eine Reihe logischer Reflexionen hervorrufen. Das begründet, erneuert und festigt das traditionelle Flandlungsmodell in der Gesellschaft auf verschiedensten Stufen: Natur und Kultur, Individuum und Gesellschaft, soziale Gruppe und Welt der Götter usw. In den acht Unterkapiteln des ersten Kapitels werden näher 20 Theorien des Totemismus charakterisiert, die eine bedeutende Rolle bei der Lösung der Probleme der Totemologie spielen. E. B. Tylor betrachtete den Totemismus als eine der drei Formen des Tierenanbetens neben dem Fetischismus und der Tierkult (Zoolatrie). Die Entstehung des Totemismus verbindet er mit der Vorstellung von der Verkörperung der Ahnenseelen in einem Tier oder einer Pflanze. W. Robertson Smith war der Einsicht, dass das Totem ein vergöttlichter Klan ist; seine Opferung während des Rituals festigt die verwandschaftlichen Beziehungen der Klanmitglieder. F. B. Jevon war der Meinung, dass sich die Menschen vereinigten, um in den harten Bedingungen der Natur auszuhalten, wo gefährliche und mysteriöse Kräfte herrschen, und zum Symbol ihrer Gemeinschaft eine Pflanze oder ein Tier auswählten. S. Reinach betrachtet den Totemismus als eine Art der religiösen Kult, in der eine besondere Ehre Tieren, Bäumen und Pflanzen erwiesen wird, die als Verwandte und Freunde der Menschen angesehen werden. Mit der Zeit verwandeln sich die ursprünglich natürlichen Arten, die als Totems dienen, in Haustiere und Kulturpflanzen. E. Durkheim charaktisiert den Totemismus als die elementarste Form der Religion, aber das Totem als Symbol, das religiöse Gefühle hervorruft, deren Kern das Bewustsein der Person ist, dass sie zu einer sozialen Gruppe zugehört, die als das größte Heiligtum betrachtet wird. Im Rahmen der Psychoanalyse versuchte S. Freud, den ursprünglichen Sinn des Totemismus zu herauszufinden. Der Totemismus ist eine der Varianten des Edip-Komplexes, was die zwei wichtigsten Verbote des Totemismus schafft: 1) das Totem nicht zu töten, weil sich in ihm die Seelen der gestorbenen Ahnen verkörpert sind; 2) keine sexuellen Beziehungen mit dem Angehörigen des eigenen Totems zu haben. Wenn auch A.L. Kroeber die große Bedeutung des Werks von S. Freud "Totem und Tabu" anerkennt, unterzieht er einer begründeten Kritik seine Ansichten, die in der Forschung in großen Zügen wiederspiegelt wird. Der Autor der Promotionsarbeit stimmt den Schlussfolgerungen von A.L. Kroeber in der Hinsicht zu, dass S. Freud die psychoanalytischen Grenzen seiner Forschung behalten und den Totemismus als Überreste des Infantilismus charakterisieren und nicht auf die Geschichtlichkeit prätendieren sollte. In der Genese der Ansichten von S. Freud nahm einen bedeutenden Platz die Konzeption der "Seele" von W. Wundt ein, die als innere geistige Prozesse der Gesellschaft charakterisiert wird. Den Totemismus betrachtet W. Wundt als Verschmelzung von zwei Ideen in ein einheitliches System der Vorstellungen: die frühere - die Seele des totemischen Tieres ist ein Ahne und die spätere - die Seele des totemischen Tieres ist ein Schutzgeist. W. Schmidt hat sich mit der Problematik des Totemismus in Rahmen der Theorie "des Kulturkreises" befasst, indem er der Ansicht war, dass der Totemismus konstant mit den Elementen des gesellschaftlichen Lebens verbunden ist, die einen einheitlichen "totemischen Kulturkreis" bilden. In einem ausführlichen kulturgeschichtlichen Werk (bei der Ausschaltung (Eliminierung) der diesem Kulturkreis nicht entsprechenden Elemente der Religion, Ethik und Wirtschaft) wird sich der Totemismus in seiner ursprünglichen Klarheit und Einheitlichkeit entfaltet. E. Reuterskiöld verbindet die früherste Komponente der primitiven Religion - den Totemismus mit der Gesellschaft der Jäger und Sammler, in der die Vorstellung von der allgemeinen Macht der Natur (Mana) bestand. Später, nachdem sich die Gesellschaft in kleine soziale Segmente aufgelöst hatte, wurde auch die "allgemeine Macht" verteilt, und jede soziale Gruppe nahm besondere Beziehungen mit einem Teil der Natur auf, der zu ihrem "Privatbesitz", zum totemischen Emblem, zum verwandschaftlichen Symbol wurde. Im Rahnem der Konzeption des Vitalismus von R. Duso betrachtete man den Totemismus als eine der Elementen der Lebensprinzipien. Bei der Vollziehung der Vermehrungsrituale wird die Vitalität der Natur aktiviert, aber zu den Totems werden die Naturarten ausgewält, die in sich die größte Vitalität, die Lebenskraft verkörpern. Indem R. Karutz die Terminologie der Religion zu vereinfachen versuchte, führte er einen zusammenfassenden Begriff "Emanismus" ein. Auch der Totemismus wurde in diesen Terminus eingeschlossen. Damit versteht man die Verkörperung einer in der Natur existierenden Macht oder Kraft in eine Pflanze oder ein Tier. In Anlehnung an die Materialien der afrikanischen Völker führte H. Baumann in den 30-er Jahren des 20. Jh. den Terminus "Protototemismus"ein. Er meint, dass das älteste Thema der Folklore die Beziehungen zwischen dem Menschen und Tier ist. Dem Protototemismus zugrunde liegt die Konzeption der engen Beziehungen zwischen dem Menschen und Tier, die in solchen archaischen Elementen der traditionellen Kultur wie Metamorphosen, TiereAhnen, Tierentänze und Vermehrungsrituale zum Vorschein kommen. Zur Weiterentwicklung und Ergänzung der Konzeption des Protototemismus haben H. Petri und A. Jensen beigetragen. Nach gründlichen Forschungen in Arnemland stellte H. Petri fest, dass der Totemismus in der Auffasung der Australier in Arnemland ein allumfassendes System der Anschauungen über den Sinn der Existenz der Natur und der Menschen, die wictigste Quelle des geistigen, wirtschaftlichen und sozialen Lebens ist. Bei der Forschung der Marindengesellschaft in Neuguinea charakterisiert A. Jensen den Protototemismus als die früherste Etappe in der Entwicklung des Totemismus, der die kultische Symbolik der Totems charakteristisch ist und in der der Ahne des sozialen Segmentes auch der totemische Ahne und Kulturheld ist, der für alle wichtigsten Strukturen des religiösen, sozialen und gesellschaftlichen Lebens Grundlage schafft. Im Rahmen der mythopoetischen Tradition wird es angenommen, dass die allumfassende Dominanz der Kultur der Urgesellschaften und der Anfang der Genese das mytische Denken ist, das ein synkretistisches Weltmodell charakterisiert. Der Mensch der Urgesellschaften kann sich selbst von der Umwelt noch nicht trennen; er anthropomorphisiert Natur und Götter. Die erste anthropomorphische Gestalt, die im synkretistischen Modell der mythischen Welt entsteht, sei der totemische Ahne gewesen. Im Rahmen dieser Tradition werden in der Promotionsarbeit die wichtigsten Erkenntnise der Forschungen von J. Meletinsky, J. Kotlara und J. Kostjuhins näher betrachtet und charakterisiert. In der Mitte des 20. Jh. war in der Frage der totemischen Problematik das auf dem Gebiet der sozialen Anthropologie Erreichte sehr wichtig. Im Rahmen einer der Richtungen der sozialen Anthropologie - Funktionalismus, der am adäquatesten von B. Malynowski repräsentiert wird, ist man der Ansicht, dass die totemischen Vorstellungen von der Überzeugung der Menschen entstehen, dass die Naturarten als gefährlich, begeisterungswert oder einfach schmackhaft konkretisiert werden. Diese Überzeugung erzeugt Kult und religiöses Verhältnis, Verbote und Ehrfurcht, Idee gegenseitiger Verwandschaft und Verantwortung. Dagegen A.R. Radkliffe-Brown ist der Meinung, dass die wichtigste Funktion des Totemismus die Integration der Oppositionen in eine einheitliche Gesellschaft ist. Auf solche Weise werden Naturarten zu Totems nicht, weil sie schmackhaft sind oder Angst, Respekt oder Begeisterung hervorrufen, sondern, weil sie Denkprozesse anregen, an Natur und Gesellschaft als ein intergriertes System verschiedener einzelner Elemente zu denken erlauben. Zu einer sehr ähnlichen Meinung kam auch C. Levi-Strauss. Bei ausführlicher Betrachtung der Geschichte des Totemismus und eines Teiles der Interpretationen kam er zur Schlussfolgerung, dass die prinzipiellste Frage des Totemismus die Motivation der Entstehung des Symbolismus der Naturarten ist. Wenn man auf diese Frage Antwort finden würde, wäre es möglich, alle mit dem Totemismus verbundenen Probleme zu lösen. Wenn auch in akademischen Kreisen die Vorstellung besteht, dass C. Levi-Strauss den Totemismus vernichtet hat, ist sie nur teilweise korrekt. Er hat den Totemismus als ein universelles religiöses oder soziales Institut demontiert, doch hat er die Totems als Kodes der Klassifikation der Natur, der Götter und der menschlichen Gesellschaft akzeptiert. Die Analyse des totemischen Komplexes von C. Levi-Strauss hat bedeutend die Forschungen von den sozialen Anthropologen R. Firth, M. Fortes, E.E. Evans-Pritchard über die Struktur der traditionellen Gesellschaften beeinflusst. Ihrer Meinung nach ist der Kern des Totemismus die mentalen Tätigkeiten, die im Denkprozess zwei Reihen miteinander verbinden: Natur und Kultur, aber die Totems sind die Kodes solcher Reflexionen. 2. Kapitel. Elemente des totemischen Komplexes Im zweiten Kapitel werden die Elemente des totemischen Komplexes charakterisiert: Arten des Totemismus, ihre Verbreitung, totemische Mythen und Rituale. Das Fehlen der Einhelligkeit in der Frage darüber, was man als Totemismus bezeichnen muss, hat auch die Entstehung der Unklarheiten in der Klassifikation des totemischen Inhalts verursacht. Es bestehen viele Versuche der Klassifikation des totemischen Komplexes. Die gelungensten sind die, die mit der Region verbunden sind, z. B., mit Australien, weil der Inhalt des Totemismus sehr vielfältig und regional geprägt ist. In der Promotiosarbeit wird in großen Zügen die von J. Haekel angebotene Klassifikation des Totemismus charakterisiert. Etwas ausführlicher werden die Arten des Totemismus in Anlehnung an die Daten der australischen Forscher beschrieben und analysiert, besonders an die australische Gesellschaft charakterisierenden Forschung von A.P. Elkin, H. Petri und R. und K. Berndt. Die Aneignung der australischen Materalien ist doppelt bedeutend, weil die totemischen Vorstellungen der australischen Gesellschaften am ausführlichsten beschrieben sind. Obwohl sie genetisch nicht mit den lettischen Volksliedern verbindbar sind, doch trägt das zur Forschung der Rituale und Funktionen ihrer Symbole in den lettischen Volksliedern bei. In Anlehnung an die australische Etnologie ist es möglich, den Totemismus in mehrere Arten oder Formen einzuteilen. Das charakteristischste Merkmal des individuellen Totemismus sind besondere Beziehungen zwischen Person und Naturart, die gewöhnlich als Schutzgeist und Helfer charakterisiert wird. Die Varianten des individuellen Totemismus werden auch im Nagualisms, Schamanismus und in der Kult der Stammherrscher festgestellt. Den individuellen Totemismus vererbt oder gewinnt man während des Initiationsrituals. Das bedeutendste Merkmal des Geschlechtstotemismus ist das Bestehen eines besonderen mit einem Geschlecht verbundenen Totems. Die Beleidigung, Verletzung oder Tötung des gegengeschlechtlichen Totems wird als Angriff gegen das Mitglied des eigenen Geschlechts angesehen. Die Funktion des geschlechtlichen Totemismus liegt nicht nur in der Verkörperung der Geschlechtersolidarität, sondern auch in der Vereinigung von zwei Geschlechten in ein Einheitliches. Im moeties Totemismus teilt sich das Volk in zwei Teile, indem es sich auf das Verwandschaftssystem stützt. Jeder Teil hat seine eigenen Totems. Moeties präsentieren nicht nur zwei Teile eines Volkes, sondern auch die Prinzipien der exogamen Ehe, wenn der Ehepartner unbedingt aus moeties kommen soll, d. h., es müssen sich die Totems ihrer moeties unterscheiden. Eine ähnliche soziale Funktion, aus der sich Besitzerrecht auf Boden oder Jagdstück aus einen Teil der mythischen Erbschaft und der Kulten u. ä., ergibt, charakterisiert auch den Totemismus der Sektionen und Subsektionen. In seinem Rahmen teilt sich das Volk in vier oder acht miteinander verbundene soziale Segmente. Der Totemismus der Klane ist eine der am meisten beschriebenen und klassischen Arten des Totemismus. Die charakteristischen Elemente dieser Art sind: das Totem des Klans darf man nicht töten und als Lebensmittel gebrauchen, weil das Totem der Klanahne ist. Das wäre dann dem Selbstkanibalismus gleich. Die Angehörigen des Totems sind verpflichtet, Fruchtbarkeit der Naturart ihres Totems zu fördern, indem sie Vermehrungsrituale durchführen. Im Rahmen des lokalen Totemismus bestimmen die Angehörigheit einem Totem die geistige Verbindung mit dem totemischen Zentrum, das sich im vom Klan bewohnten Territorium befindet. Der Art des lokalen Totemismus ist der Totemismus der Träume sehr ähnlich, der hauptsächlich bei den Völkern des Zentralen Australiens fixiert ist. Die im Traum oft gesehne Tiere oder Pflanzen werden als alter ego des Menschen angesehen, die helfen, vor Gefahr warnen und beschützen. Das Totem der Träume verbindet sich auch mit den mythischen Ereignissen der Traumzeit, indem es eine tiefere Verbindung der Australier mit ihrer Vergangenheit herstellt. Der vielfache, auch klassifizierende Totemismus, der sehr verbreitet, aber wenig geforscht ist, trägt zur Systematisierung der Vorstellungen von der Einrichtung der Welt bei. Der Totemismus der Kult repräsentiert einen Teil vom gemeinsamen religiösen Erbe des Volkes, das jeder einzelnen Kultgruppe anvertraut ist. Ein bedeutender Bestandteil des totemischen Komplexes sind totemische Mythen und Rituale, die ein Teil der "heiligen Erbschaft" der australischen Gesellschaften sind, die sich während der Traumzeit herausbildet hat. Die totemischen Mythen der Australier sind Lieder, die auf den totemischen Plätzen während der heiligen Rituale gesungen werden. Das Lied (Mythus) ist immer Bestandteil eines breiteren Zyklus und teilt sich in zwei Gruppen: 1) Lieder, die von den mythischen Ahnen vererbt und ewig sind und 2) Lieder, die heutzutage geschaffen sind, deren Autor bekannt ist und das totemische Lied im Traum von seinem Totem erhalten hat. Die Australier sind der Meinung, dass Mythen Beispiele einer korrekten sozialen Handlung sind. Sie decken das auf, das heilig und ewig ist. In der Promotionsarbeit werden mehrere totemische Mythen der Australier in Arnemland analysiert; es wird ihr Inhalt und Sinn im Kontext der modernen Australier enhüllt. Totemische Mythen und Rituale sind sehr eng miteinander verbunden, weil fast aller australischen Rituale und alltäglichen Verhaltensmodelle ihre Entsprechungen (Prototype) im Mythus haben. Der Mythus erklärt den Kontext und die Funktionen der Vollführung der symbolischen Handlungen während des Rituals. Das Ziel der australischen totemischen Rituale ist vorweigend praktisch: verwandschaftliche und soziale Beziehungen zu festigen, Zusammenarbeit der sozialen Gruppe zu fördern. Doch die Australier selbst formulieren nie die Ziele ihrer Rituale pragmatisch, nur als Fortsetzung der Tradition. Sie vollführen Rituale nur deswegen, weil ihre Ahnen der Traumzeit so gemacht haben. In der ethnologischen Literatur wurde die größte Beachtung dem Ritual des Inthichium geschenkt, das der Förderung der Fruchtbarkeit der totemischen Art gewidmet ist, und dem Ritual Korroborri, während dessen die Wanderungen der mythischen Ahnen der Traumzeit nacherzählt, gesungen und theatralisiert dargestellt werden. Es werden die Motive und der Sinn ihrer Handlungen erklärt. 3. Kapitel. Entwicklung der totemischen Konzeption in der lettischen Folkloristik In der lettischen Folkloristik wurde bis heute die Problematik des Totemismus wenig analysiert. Die Toterns werden gewöhnlich im Rahmen einer breiteren Konzeption charakterisiert. Das trägt zur Entwicklung der Geschichte des Totemismus der lettischen Folklore bei. Die ersten Hinweise über die Totems in lettischen Folklore sind in den Artikeln von K. Kasparsons und M. Bruņinieks zu finden, in denen der Totemismus vom Standpunkt der Kulturanthropologie des letzten Viertels des 19 Jh.behandelt wird. K. Kasparsons und M. Bruninieks betrachten den Totemismus als eines der frühersten Stadien der Religion. In Anlehnung an die Erkenntnisse der Religionsoziologen (E. Durkheim, L. Levi-Briel) befasste sich A. Švābe mit der Problematik des Totemismus in lettischen Volkliedern. Im Jahre 1923 akzeptiert A. Švābe in seinem Artikel "Eiche und Linde in der lettischen Religion" den imperativistischen Charakter des Totemismus, der Sinn und Bedeutung der rituellen Handlungen begründet. Er dachte, dass die Totems der Urletten - Eiche und Linde - völlig den australischen Totems entsprechen, weil auch sie Geschlecht, Familie und Person symbolisieren. Die Totems der Eiche und Linde überwinden während des Rituals symbolisch Widersprüche, Feindseligkeit der Stämme und Geschlechter, vereinigen Gesellschaften. In den 90-er Jahren der 20 Jh. hat J. Kursīte auf die eventuellen Totems der lettischen Folklore hingeweisen. J. Kursite befasst sich mit der Problematik der lettischen Folklore hauptsächlich im Kontext der von M. Gimbutas rekonstruierten matrizentrischen Kultur der Alten Europa. Eine besondere Beachtung hat sie der totemischen Symbolik im Initiationsritual und der Art der Geschlechtertotemismus geschenkt. Die Lösung der totemischen Problematik von K. Kasparsons, M. Bruņinieks, A. Švābe und J. Kursite bilden eine bedeutende Reihe der Interpretationen der Texte der lettischen Folklore, dabei eröffnet die von J. Kursite und A. Švābe ausgearbeitete Verbindung der totemischen Symbolik mit den Übergangsritualen weite Perspektiven für die weiteren Forschungen der religiösen und sozialen Aspekte der totemischen Symbole. 4. Kapitel. Totems - Verwandschaftssymbole in den lettischen Volksliedern In Anlehnung an die Analyse der totemischen Interpretationen und die Texte der lettischen Volkslieder wird im vierten Kapitel der Promotionsarbeit eine originelle Theorie des Totemismus der Rituale in den lettischen Volksliedern angeboten. Zugrunde ihrer theoretischen Novität liegt die Idee, die sehr bedeutend fast in allen Interpretationen des Totemismus ist, aber in Bezug auf die Analyse der lettischen Volklieder wird sie konsequent zum ersten Mal angewandt. Gemäßt den methodologischen Prinzipien der sozialen und strukturellen Anthropologie wird der Totemismus als symbolische Nachbildung des sozialen Systems im Rahmen des Kodes der Naturarten charakterisiert, aber die Totems - als Verwandschaftssymbole. Die Totems als Verwandschaftssymbole, die das Modell des sozialen Verhaltens der Person inspirieren, sind die Kodes der die Gesellschaften und ihre Kulturen generierenden Strukturen, der Prototyp sozialer Beziehungen, symbolische Darstellung der weltlichen und sozialen Gesetzmäßigkeiten in der Ritualen der Volkslieder. Im ersten Unterkapitel des vierten Kapitels wird die totemische Symbolik der Geburts - und Tauferituale in den lettischen Volksliedern analisiert. In traditionellen Kulturen spielen diese Rituale eine bedeutende soziale Rolle. Diese Rituale sind für das Kind ein symbolischer Übergang von der Natur in die Kultur, es wird in die Verwandschaftsstruktur aufgenommen, was später seinen sozialen Status, seine Rechte und Pflichten bestimmt. Im Rahmen der Geburtsrituale wurde die totemische Symbolik in den Volksliedern festgestellt, in denen im Rahmen des anthropogenen Mythus von der Enstehung des Kindes/Menschen aus Wasser, Boden und Totem erzählt wird. Die Entstehung des Menschen aus Wasser wird als Ritual des Kindesfischens dargestellt, das in der totemischen Fischsymbolik bezeichnet wird. Dagegen die Entstehung des Menschen aus Boden wird im totemischen Kode der Insekten oder Vögel dargestellt, wenn das Neugeborene vom Boden gehoben, in Kleider eingewickelt und nach Hause gebracht wird. In einigen Volksliedern wird das Kind im Anemonenbusch, unter dem Apfelbaum u. ä. gefunden, das vom Vorhandensein der totemischen alter ego Idee in den lettischen Volksliedern zeugt. In allen Motiven dominiert ein stark ausgeprägter sozialer Aspekt. Das Neugeborene wird als eine in der Zukunft bedeutende, wirtschaftlich aktive und sozial verantwortliche Persönlichkeit aufgefasst die auch weiter gleichmäßige Entwicklung und Solidarität des Stammes sichern, sich in den traditionellen Vorstellungen von der Welt auskennen, moralische Normen und religiöse Traditionen erben wird. Das Tauferitual ist ein dauerndes und bedeutendes Ereignis, das mehrere alltägliche und magisch bedeutende Episoden enthält; ein Teil von denen ist mit archaischen Vorstellungen verbunden. Das Tauferitual ist eines der wichtigsten in den Beziehungen zwischen Brüdern und Schwestern einer Generation. Auf solche Weise wird nicht nur die schon existierende verwandschaftliche Verbindung bestätigt; man nimmt auch aktiv an der Aufnahme eines neuen Verwandten in den Stamm teil, so wird das Gefühl der gegenseitigen Pflichten und der Verantwortung der Stammesmitglieder gestärkt. Ein vager Hinweis auf totemische Vorstellung ist in den Texten zu treffen, die mit dem Gehen der Taufeltern zum Tauferitual verbunden ist. Parallele Handlungen oder auf dem Wege getroffene Tiere (z. B., Ameise, Bärin) können teilweise mit dem totemischen Ahnen verbunden werden. In den Volksliedern der Tauferituale kann man das früher existierte Ritual des Loskaufes des Taufkindes fixieren, in dem die Anwendung der Symbolik des totemischen Fuches festzustellen ist. Eine der zentralen Episoden im Tauferitual ist Namengebung und Tanz mit dem Taufkind, in der auch der breiteste Gebrauch der totemischen Symbolik in den lettischen Taufeliedern zu finden ist. Die Bezeichnung des Taufkindes als Eiche oder Linde zeugt nicht nur von den totemischen Relikten, sondern auch von den sozialen Vorstellungen, die damit verbunden sind. Das Pflanzen von Eichen oder Linden in der Mitte des Zimmers simbolisiert soziale Prozesse das Kind wird in den Kreis des Stammes aufgenommen, der weiter für das Kind sorgt, es erzieht; auf solche Weise wird die Fortsetzung des Stammes (Familie) gesichert. Die Verwandschaft oder elementare soziologische Vorstellungen werden manchmal im Kode der Bäume dargestellt, der oft als Idee der besonders archaischen lettischen Volkslieder angesehen und mit dem Totemismus verbunden wird. Die Relikte der Geschlechterto-temismus sind auch beim Hacken der Wiegestange und beim Hängen der Wiege zu beobachten. Die Eiche ist das totemische Symbol des Jungen, die Linde - des Mädchens. Im zweiten Unterkapitel des vierten Kapitels wird ausführlich die totemische Symbolik der Heirats- und Hochzeitsrituale beschrieben und analysiert. Heiraten und Hochzeit bedeuten ernsthafte Veränderungen auf dem individuellen und sozialen Niveau, weil Eheschließung als soziales Institut nicht nur das persönliche Leben verändert, sondern auch die wirtschaftlichen Interessen und gegenseitige Solidarität berührt. In einem Teil der Texte werden die Teilnehmer der Heirats- und Hochzeitsrituale im symbolischen Kode der Natur bezeichnet. Die Darstellung der Teilnehmer der Heirats- und Hochzeitsrituale im symbolischen Kode der Natur widerspiegelt grundsätzlich die Verwandschaftsstruktur, Beziehungen und Emotionen, die sich daraus ergeben. Die Stufe der Verwandschaft aktualisiert die daraus folgenden Pflichten und Rechte, die das Individuum respektieren muss. Die Darstellung der Verwandschaftsstruktur im symbolischen Kode der Natur formuliert noch genauer die Pflichten des Individuums und die Sphäre der Rechte im Rahmen einer sozialen Gruppe und aktiviert mentale und emotionelle Welt des Individuums. Also ist eine der wichtigsten Funktionen der Symbole in den lettischen Volksliedern die Aktualisierung der in verschiedenen Zeitaltern implizierten soziologischen und psychologischen Vorstellungen in der lettischen traditionellen Kultur. Eine nähere Betrachtung der Texte zeugt davon, dass es sich in den lettischen Heirats- und Hochzeitsliedern konstante strukturelle Paare im Kode der Natur herausbilden (z. B., Eiche und Linde, Habicht und Rebhuhn, Huhn u. a., Wolf und Schaf, Ziege, verschnittener Eber und Schwein), die verschiedenartige sozial bedeutende und psychologisch wichtige Komponenten enthalten. Die Funktion der Symbolik der Tiere, Vögel, Fische, Insekten u. ä. liegt darin, sich ins Gedächtnis des Individuums wesentliche Faktore des sozialen Lebens zurückzurufen, deren Beachtung während der Heirats- und Hochzeitsrituale obligatorisch ist. Ein Teil der Texte wird als standartisierte Modelle des Verhaltens des sozialen Lebens charakterisiert, die die Handlung des Individuums während der Rituale erklären und einschäten. Die tiefste und breiteste Anwendung der Pflanzentotems ist in den Texten der Heirats- und Hochzeitsrituale der lettischen Volkslieder mit Schilf (Rohren) verbunden, aber unter den Totems der Bäume dominieren Eiche und Linde. Im Rahmen des Geschlechtertotemismus ist die Eiche das totemische Symbol eines jungen Mannes, des Freiers, aber die Linde - einer jungen Frau, der Braut. Ein Teil der lettischen Folkloristen charakterisiert Eiche und Linde als klassische Totems der Volkslieder (K. Kasparsons, A. Švābe, H. Erdmane, J. Kursīte). In der Fortsetzung der Tradition wird jede Naturart, die zur symbolischen Darstellung der Verwandschaft gebraucht wird, in der Promotionsarbeit als Totem oder totemisches Symbol angesehen. Bei einer genaueren Formulierung ist das Totem in den lettischen Volksliedern ein im Kode der Natur bezeichneter Begriff des Verwandschaftssystems, der auf die wirtschaftlichen und psychologischen Aspekte der Eheschließung als die zentralsten im Heirats- und Hochzeitsritual hinweist. In den Episoden des Heiratsrituals sind mit den totemischen Vorstellungen, z. B., Aussuchen der Braut, Verstecken der Braut in der Linde, rituelles Necken der Linden und Eichen, Schmücken der Linden und Eichen vor der Hochzeit verbunden. Die Hochzeit wird in mehreren Texten als Zusammenkommen der Eiche und Linde aufs ganze Leben betrachtet. In der Promotionsarbeit werden näher auch andere floristische totemische Symbole betrachtet und analysiert (Faulbaum, Apfelbaum, Birke, Esche, Ahorn, Kiefer, Tanne, Erle u. a.), indem man ihren Zusammenhang mit Geschlecht, Alter oder sozialer Gruppe im Betracht zieht. In den rituellen Heirats- und Hochzeitsliedern, die von der Ehe der Menschen erzählen, werden die Braut und der Bräutigam nicht in echten Namen genannt, sondern im totemischen Kode der Vögel oder Tiere bezeichnet. Das am meisten gebrauchte symbolische Paar im Heiratsritual der lettischen Volkslieder ist Habicht und Rebhuhn, Bachstelze, Huhn, Schnellente, Meise, Schneeammer, Waldschnepfe. Im erwähnten Paar ist Habicht im totemischen Kode der Vögel die symbolische Bezeichnung des Freiers (Bräutigams), aber Rebhuhn, Bachstelze, Huhn, Schnellente, Meise, Schneeammer, Waldschnepfe - die Bezeichnungen einer jungen Frau, der Braut. Habicht als Vogel "von oben" verkörpert in sich Jäger, seine Kraft, Schnelligkeit, Unbarmherzigkeit, aktiven Anfang: ihm werden die auf der Erde wohnenden Vögel gegenübergestellt, die Passivität verkörpern: Rebhuhn, Huhn, Schnellente, Meise, Schneeammer, Waldschnepfe, deren natürliche Umwelt mit Boden, Acker, Feld, Wasser verbunden ist. In der mythischen Denkweise wird der Hanicht, indem er die obere Welt, die Welt des Himmels und die männlichen Götter bezeichnet, den Klassifikatoren der unteren, erdigen und matrizentrischen Götter - den Vögeln der Erde oder des Gewässers - gegenübergestellt. Im Rahmen der mythischen Denkweise sind Vögel nicht nur Klassifikatore der kosmischen Zonen, sondern auch Symbole der sozialen Strukturen, die unmittelbar die Vorstellungen von Vögeln als Urahnen und Totems der Stämme bekräftigen. Im Vergleich mit der Anwendung der totemischen Symbolik der Bäume und Vögel werden im Rahmen der Korpora der betrachteten Texte viel seltener die totemischen Symbole der Tiere gebraucht. Von den seltener erwähnten zoomorphischen Totems werden am häufigsten Schwein (Bache) als Totem des weiblichen Geschlechts und Wolf und Bär als Totems des männlichen Geschlechts gebraucht. Wolf und Bär nehmen einen bedeutenden Platz in der Folklore vieler europäischer Völker ein. Doch gibt es in den betrachteten Texten nur einzelne Hinweise auf ein tieferes mythisches Substrat, obwohl man seinen Zusammenhang mit dem Totemismus mit voller Sicherheit bestätigen kann. Im abschließenden Teil der Promotionsarbeit werden Schlussfolgerungen angeboten, in denen in großen Zügen die Hauptprobleme und ihre möglichen Lösungsvarianten dargestellt werden. Es werden auch die Ergebnisse der Analyse der lettischen Volkslieder zusammengefasst, wie auch die Novität der Forschung im Kontext der totemischen Interpretationen gezeigt.