architectum 03/2015

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I N T E R N AT I O N A L E S M A G A Z I N F Ü R Z I E G E L A R C H I T E K T U R
03 2015
www.architectum.com
#17
RENOVIERUNG
02 | EDITORIAL | IMPRESSUM
32
CHRISTOF DOMENIG
CEO CLAY BUILDING MATERIALS EUROPE
EDITORIAL
LIEBE LESERINNEN UND LESER
Nicht nur in der Mode, auch beim Bauen gibt es Trends. So ist aktuell die Renovierung und
Sanierung von bestehenden Gebäuden sowie die urbane Nachverdichtung ein wichtiges
Thema. Zum einen zieht es die Menschen immer mehr in die Städte. Dadurch wächst der
Bedarf an innerstädtischem Wohn- und Lebensraum. Adaptierungen und Erweiterungen
von Gebäuden sowie Dachausbauten sind eine gute Alternative zum Neubau, um neuen
Raum zu schaffen und Gebäude oder sogar ganze Stadtteile aufzuwerten. Zum anderen
helfen Sanierungen dabei, den Energieverbrauch zu senken und – ganz wichtig – unser
kulturelles Erbe zu bewahren. Wesentlich für die Identität einer Stadt oder Region ist dabei
der Baustoff Ziegel, denken wir dabei an die wunderbaren Dachlandschaften in Südeuropa
oder die Backsteinfassaden in Nordeuropa. Ziegel sind nicht nur ein high-performance
Baustoff, sondern sind unendlich variabel und passen sich daher an jedes Bauvorhaben
an. Und Ziegel sind einfach schön. Überzeugen sie sich selbst davon.
In dieser architectum Ausgabe finden Sie eine Reihe inspirierender Projekte – von der
­Modernisierung von Einfamilienhäusern bis hin zur Sanierung historischer Gebäude –, die
die Palette an Möglichkeiten und Lösungen, die Ziegel bieten, anschaulich machen.
Viel Vergnügen wünscht,
Christof Domenig
IMPRESSUM
HERAUSGEBER Wienerberger AG, 1100 Wien VERLAG Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH, 1120 Wien
CHEFREDAKTION Rita Kremsner (Wienerberger AG) MITARBEIT Nancy Christaens (BE), Marion Kuzmany (AT), Gabriela Lohse
(CH), Arnaud Mounier-Duchamp (FR), Bianca Murphy (DE), Jolanda Stam (NL), Alexa Uplegger (DE), Nicky Webb (UK)
FOTOGRAFIE Jens Krüger, Gerhard Zwickert, Anja Castens (8 – 9), Ruud Peijnenburg (12 – 13), Antje Forejt (14 – 15), Christian Senti,
Zurich (16 – 17), Christoph Große (20 – 21), Liesbet Goetschalckx (22 – 23), Sven-Erik Tornow (26 – 27)
GRAFIK UND DESIGN Simon Jappel (Österreichischer Wirtschaftsverlag) DRUCK Stiepan & Partner Druck GmbH,
Hirtenbergerstraße 31, 2544 Leobersdorf PRODUKTION Ueberreuter Print & Packaging GmbH
WIENERBERGER AG
CLAY BUILDING MATERIALS EUROPE
A-1100 Wien, Wienerberg City
Wienerbergstraße 11
T +43 (1) 601 92-10551
[email protected]
www.clay-wienerberger.com
www.architectum.com
twitter.com/architectum
youtube.com/wienerbergerofficial
INHALT | 03
06
28
22
08
16
E INFAM ILIE NH A US
04
06
NEWS
ARCHITEKTUR PROFITIERT VON
KOMPLEXITÄT
Interview Matija Bevk
M E H R FA M ILIE N H A U S
08
10
12
DENKMALGERECHT SANIERT
14
SCHWERINER SCHMUCKSTÜCK
16
18
HAUSERWEITERUNG MIT FINESSE
20
CHARAKTERSTARKER ­ERSATZNEUBAU
Wand / Fassade | Brandenburg | Deutschland
FACELIFTING
Fassade | Straßburg | Frankreich
VERSCHÖNERUNG
IM HANDUMDREHEN
Dach / Fassade | Lisse | Niederlande
Wand | Schwerin | Deutschland
Fassade | Zürich | Schweiz
RENOVIERUNG BEDEUTET NACH
VORNE SCHAUEN
Fassade | Ottignies | Belgien
Wand | Berlin | Deutschland
ÖFFE NT LIC H E NUT ZUNG
22
EIN ORT ZUM TREFFEN
UND LESEN
24
VOM RANDBEZIRK
ZUM STADTTEILZENTRUM
26
FRÜHE MODERNE ARCHITEKTUR
Dach / Fassade | Nooderwijk | Belgien
Pflasterklinker | Amsterdam | Niederlande
Dach | Dresden | Deutschland
H IS T ORIS C H E GEBÄ UDE
28
32
HISTORISCHES JUWEL
34
EIN WIEDERGEBORENER PALAST
Dach | Schloss Ebreichsdorf | Österreich
GESCHICHTSTRÄCHTIGE ARCHITEKTUR
IM EINKLANG MIT DER GEGENWART
Dach | Chideok Gedenkkapelle | Großbritannien
Dach | Justizpalast Laon | Frankreich
04 | NEWS | PRODUKTNEUHEITEN
KEYMER – IN SICHEREN HÄNDEN!
Keymer, die aus dem 16. Jahrhundert stammende Marke für
handgefertigte Dachziegel, gehört nun zur Wienerberger Gruppe.
Mit dem neuen Hauptsitz im Werk in Ewhurst, ist die Marke nun in
sichere Händen gelangt, da hier ihre traditionellen Techniken und ihr
Erbe bewahrt werden. Um die neue Stellung der Marke innerhalb
des Unternehmens zu feiern, wurde der sehr geschätzte „Keymer
Specification Guide“ umgestaltet und aktualisiert. Der kostenlose
76-seitige Leitfaden ist eine Zusammenstellung von Keymers
Geschichte, Produkten und Verlegetechniken. Exemplare können per
Email an [email protected] bestellt werden.
www.wienerberger.co.uk
NACHHALTIG DÄMMEN MIT
­P OROTON-WDF
Das Wärmedämmsystem Poroton-WDF ist eine massive Ziegelwand,
gefüllt mit dem natürlichen, mineralfaserfreien Dämmstoff Perlit. Es
wurde von der Wienerberger Joint Venture Schlagmann speziell für
die energetische Sanierung bestehender Gebäuden entwickelt und
ist sowohl für die Innen- als auch für die Außendämmung geeignet. Poroton-WDF ist einfach und sicher in der Verarbeitung, bietet
hohen Brandschutz, ist kaum schadenanfällig und langlebig. Zudem
­werden alle Aspekte einer baubiologisch sinnvollen und ökologischen
­Wärmedämmung erfüllt.
www.poroton-wdf.de
SAINT-VINCENT, FAMILIENZUWACHS
BEI ALÉONARD
Symbolhafte Dachdeckung von Wienerberger Frankreich: Aléonard,
seit 1872 spezialisiert auf die Produktion traditioneller Dachziegel, ist
ein allgemein bekannter Begriff bei Dachsanierungen von Baudenkmälern und außergewöhnlichen Villen in Frankreich. Als Neuzugang
zur Premium-Marke Aléonard ist der Dachziegel Saint-Vincent vor
allem für traditionelle Dachformen gedacht. Saint-Vincent Dachziegel
mit einer Stärke von 12 mm, einer gebogenen oder geraden Form,
Abmessungen von 16 x 24 und 16 x 27 cm sind in 5 Farben erhältlich. Der Dachziegel basiert auf dem Fachwissen von Aléonard und
soll sich mit seiner unregelmäßigen und gezackten Kante sowie der
historisch und rustikal anmutenden Struktur für regionale Identitäten
eignen. Für eine perfekte Verarbeitung ist unterschiedliches Dachzubehör erhältlich.
www.wienerberger.fr
STUDIE | NEWS | 05
KOSTEN-NUTZEN-ANALYSE BESTÄTIGT:
GEBÄUDEHÜLLE ZUERST
Wie erhöht man die Energieeffizienz bestehender Gebäude und begrenzt damit sowohl den
Klimawandel als auch die Betriebskostenabrechnung der Bewohner? Mit dieser Frage im
Hintergrund richtete Wienerberger Belgien einen Teststandort im belgischen Spiere ein. Die
umfangreiche Renovierung des um 1900 erbauten Einfamilienhauses ist nun abgeschlossen. In Zusammenarbeit mit Experten wurde
diese Studie als eine der ersten mit dem Ziel
durchgeführt, die Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf den Netto-Energiebedarf und den
Komfort zu bestimmen.
Die Ergebnisse sprechen für sich: Die energetische Sanierung der Gebäudehülle als erster
Schritt ist die optimale Wahl, um die Steigerung
der Energieeffizienz und der Renovierungskosten in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen.
Im Testfall wurde der Netto-Energieverbrauch
von 410 auf 79 kWh/m² reduziert, was einer
Verbesserung von ca. 80 % entspricht, wobei
die Kosten für die Renovierung und Isolierung
des Dachs und der Fassade, einschließlich der
neuen Holzbauten, lediglich 40 % der gesamten
Renovierungskosten ausmachten.
www.wienerberger.be
06 | MATIJA BEVK
ARCHITEKTUR PROFITIERT
VON KOMPLEXITÄT
Bevk Perovic Architekten, ein junges und aufstrebendes Architekturbüro aus Ljubljana, wurde
1997 von Matija Bevk und Vasa J. Perovic gegründet. Das Büro wurde bereits mit zahlreichen
Preisen ausgezeichnet, darunter dem renommierten Mies van der Rohe Award für junge,
aufstrebende Architekten im Jahr 2007. Das Portfolio des Büros umfasst Projekte unterschiedlicher
Größenordnungen, von großen Wohnungsbauprojekten und öffentlichen Gebäuden bis hin
zu privaten Einfamilienhäusern in ganz Europa. Im folgenden Interview erläutert Matija Bevk,
Gründungspartner und Jurymitglied des Brick Award 2016, die wesentlichen Aspekte und
Herausforderungen von „urban infill“-Architektur.
Sie haben in den letzten Jahren zahlreiche städtische Projekte in verschiedenen Ländern geplant und umgesetzt. Was sind aus Ihrer Sicht
die wesentlichen Aspekte für erfolgreiche „urban infill“ Projekte?
Wie bei anderen Projekten ist auch hier die architektonische Idee das
entscheidende Element, darauf folgt die Ausformulierung der Architektur. Es geht dabei nicht nur um Farben und Oberflächen; dies sind die
abschließenden Gestaltungselemente der Architektur und meiner Meinung nach wäre es falsch, sich sofort diesen optischen bzw. haptischen
Themen zuzuwenden. Die Hauptfragen bei der innerstädtischer Nachverdichtung sind, wie der Neubau auf seine unmittelbare Umgebung reagiert, wie er die gegebenen Bedingungen für seine eigene Ausformulierung nutzt (oder missbraucht), welches Innenraumkonzept aufgebaut
werden kann und wie der Neubau einen Dialog mit dem umliegenden
Stadtgefüge eingeht. Urban infill Projekte bieten immer auch die Gelegenheit, die Beziehungen zwischen Nutzern, Gebäude und Stadt zu
analysieren und neu zu definieren.
Und was sind die Herausforderungen?
Alle sogenannten Herausforderungen – oder Probleme, wenn man
es so nennen will – sind gleichzeitig auch Potenziale und Inspiration.
Beschränkungen und Bedingungen sind eigentlich ein Rahmen für die
Arbeit des Architekten. Wenn wir mal ehrlich sind, dann liegt die schwierigste Aufgabe eher darin, ein Gebäude auf einem vollkommen freien
Grundstück zu entwerfen, ohne finanzielle oder sonstige Beschränkungen und mit einem „Freibrief“ seitens des Bauherrn. Ich glaube, dass der
Architekt (oder die Architektur) von Komplexität und Einschränkungen
INTERVIEW | 07
Das Gebäude ist nicht nur es „selbst“ – ein Gebäude – sondern eine Gelegenheit,
einen Teil der Stadt zu renovieren, wiederaufzubauen und neu zu beleben, indem
die Berührungspunkte von Gebäude und der umliegenden Stadtstruktur intensiviert
werden.
profitiert – wenn man vor diesen nicht davonläuft, sondern die Chance
ergreift und die Herausforderung annimmt.
Wie können Renovierungen und Sanierungen einen Beitrag zur
Nachverdichtung leisten? Berücksichtigen Stadtplaner und Architekten heute den „alten“ Gebäudebestand?
Der alte Bestand ist heute in einer weitaus besseren Position als in
der Vergangenheit – wir reißen nicht mehr so viel ab wie früher. Es hat
sich gezeigt, dass Projekte, die den Bestand „umschließen“ viel leichter
akzeptiert werden. Das mag daran liegen, dass wir gerne eine Verbindung zur Vergangenheit haben, oder weil diese Projekte eine höhere
interne Komplexität erlangen, was wiederum eine Voraussetzung für die
erfolgreiche Entwicklung von urbanem Leben ist.
Altbauten sind oftmals Ziegelgebäude. Ist die Qualität der Bausubstanz und des Baumaterials ein wichtiger Faktor?
Selbstverständlich ist das ein wichtiger Faktor. Architektonische Qualitäten, die sich auf die materielle „Definition“ eines Gebäudes zurückführen lassen, sind bedeutend – aus sentimentalen und auch grundlegenden, konstruktiven Gründen. Alte Gebäude sind oft mit ebenso
nützlichen wie schönen konstruktiven Lösungen gebaut worden. Viele
Altbauten wurden für andere Zwecke erbaut – als Lagerhäuser, Werkstätten, Fabriken – und aufgrund dieser relativen „Offenheit“ können wir
sie heute neuen Nutzungen zuführen. Ziegel ist dabei das Schlüsselelement, das dies ermöglicht.
An welchen innerstädtischen Nachverdichtungsprojekten arbeiten
Sie gerade?
Momentan arbeiten wir (zusammen mit B-architecten) an einem solchen Projekt für die Erasmus Universität in Brüssel. Das Grundstück
befindet sich in einem früheren Gewerbegebiet direkt in der Innenstadt.
Bei diesem Sanierungs- und Erweiterungsprojekt suchen wir nach einer
Wechselwirkung zwischen neuen und alten Gebäuden, zwischen neuen
und alten Funktionen sowie zwischen dem neuen Komplex und dem
Stadtgefüge. Das Gebäude bietet die Möglichkeit, einen Teil der Stadt
wiederherzustellen und neu zu beleben, indem die Berührungspunkte
von Gebäude und der umliegenden Stadtstruktur intensiviert werden.
Dieses Projekt wird in Ziegel ausgeführt, allerdings in einer anderen Farbe und mit anderem Erscheinungsbild als im Bestand – wir bezwecken
eine starke „Präsenz“ und einen Kontrast statt der Angleichung an das
bestehende Gebäude.
08 | WAND / FASSADE | BRANDENBURG | DEUTSCHLAND
DENKMALGERECHT SANIERT
Die historische Burgmühle mit Kornspeicher in Brandenburg an der Havel blickt auf eine
700-jährige Tradition zurück. 2002 fast vollständig abgebrannt und teilweise eingestürzt, sind
nach der Sanierung 64 hochwertige Eigentumswohnungen sowie zwei Gewerbeeinheiten in bester
Wasserlage entstanden.
V
erantwortlich für das Sanierungsprojekt zeichnete Bernd Jansen,
Geschäftsführer der Jansen Immobilien GmbH. „Nach Auflagen
des Denkmalschutzes sollte der Charakter des Industriedenkmals
auf der Dominsel erhalten bleiben.“ Der Investor entschied sich für den
Systemanbieter Wienerberger und dessen hochwertige keramische
Baustofflösungen, die für eine denkmalgerechte Sanierung geeignet
sind und zugleich die Anforderungen des mehrgeschossigen Wohnungsbaus bezüglich Schall-, Brand- und Wärmeschutz erfüllen.
INNENSTADT-IDYLLE MIT WASSERBLICK Da die Fassade des
Gebäudeensembles in weiten Teilen erhalten geblieben war, musste
diese nicht komplett erneuert werden. Für die Ergänzung der vorhandenen Ziegel war es aus bauphysikalischer Sicht notwendig, auf einen
gleichwertigen keramischen Baustoff zu setzen, um eine Mischbauweise zu vermeiden. So wurden beschädigte Verblender an der Fassade
von Hand ausgestemmt und durch die farblich abgestimmten, glatten
Strangpressziegel Schleswig rubinrot sowie Heide rot nuanciert von
Wienerberger ersetzt.
Für die Hintermauer wurden 36,5 Zentimeter starke Poroton-Planziegel-T12 eingesetzt. Dieser vollkeramische Ziegel kommt durch seine
ökologischen Eigenschaften dem historischen Mauerwerksbestand am
nächsten. Aufgrund erhöhter Anforderungen an den Schallschutz wurden
für den Bau der Innenwände Schallschutzziegel MZ 5 DF-1,8 und MZ 6
DF-1,8 verarbeitet sowie Ziegeldecken eingebaut, die für Objekte dieser
Art geeignet sind. Im Giebelbereich entschied sich der Bauherr für wärmedämmende Poroton-T8-24,0-MW mit integrierter Mineralwolle. Weiterer
Vorteil dieses Ziegels ist die Platzersparnis durch schlanke Abmessungen. Die monolithische Gesamtkonstruktion nach dem Wiederaufbau
garantiert den Eigentümern eine gute Wertanlage, gesundes Raumklima
und alle Vorteile einer nachhaltigen Bauweise. Hochwertig saniert, ist die
Burgmühle ein faszinierender architektonischer Blickfang geworden. Wo
einst Korn verarbeitet wurde, wird jetzt modern gewohnt und gearbeitet.
MEHRFAMILIENHAUS | 09
INFO
PROJEKT
Sanierung der Burgmühle in
­Brandenburg an der Havel,
Deutschland
ARCHITEKT
S&P Sahlmann Planungsgesellschaft
für Bauwesen, Potsdam
BAUHERR
Projektentwicklung Jansen
­Immobilien, Brandenburg an der Havel
FASSADE
Terca Strangpressziegel Schleswig
rubinrot und Heide rot nuanciert
(beide glatt)
WAND
Poroton-T8-MW 24,0; Poroton-T12;
Schallschutzziegel MZ 5 DF-1,8 und
MZ 6 DF-1,8; Ziegeldecken 13+6 und
18+6
010 | FASSADE | STRASSBURG | FRANKREICH
FACELIFTING
Wie bringt man ein Studentenwohnheim aus den 1960er Jahren energetisch auf den aktuellen Stand
und gibt gleichzeitig seinem Äußeren ein frischeres und gepflegteres Erscheinungsbild? Das Straßburger Architekturbüro Urbane Kultur hat mit Terca Klinkern eine passende Antwort gefunden.
D
as in den 1960er Jahren nach den Regeln der Charta von Athen
und der „funktionalen Stadt“, die Le Corbusier am Herzen lag,
erbaute Alfred-Weiss-Studentenwohnheim war in zweifacher Hinsicht renovierungsbedürftig: Einerseits war die Umgestaltung der Innenräume erforderlich, um den Studenten trotz der begrenzten ­Fläche den
Komfort von Einzelzimmern zu bieten. Andererseits musste die Außenhülle renoviert werden, um die aktuellen Anforderungen an die Wärmedämmung einzuhalten und das Gebäude gleichzeitig einem erfolgreichen Facelifting zu unterziehen.
ZIEGEL BIETEN WÄRMEDÄMMUNG UND EIN NEUES AUSSEHEN
Die 208 renovierten Arbeits-Schlafzimmer, von denen jedes kleiner als
10 m² ist, weisen nun drei Verbesserungen auf: ein Badezimmer, optimierte Lagerflächen sowie größere Fenster, die das Blickfeld erweitern
und das beklemmende Raumgefühl beseitigen. Die einzige Lösung zur
Einhaltung der thermischen Anforderungen war eine Isolierung von au-
ßen. Die gewählte Variante, die dem Wohnheim gleichzeitig auch ein
ganz neues Aussehen verleiht, ist der Terca Sichtziegel, der als äußere
Verblendung eingesetzt wurde.
VERBINDUNG VON MODERNE UND TRADITION In Kombination
mit Dämmmaterial erhöhen Ziegel die Isolierungsleistung. Gleichzeitig
bieten sie akustischen Komfort, eine langlebige Fassade und schützen
das Gebäude gegen die Witterung und äußere Einwirkungen. Aus ästhetischer Sicht ermöglichen Terca Ziegel eine Kombination aus Moderne und Tradition. Der Ziegel dient nicht nur der Korrektur sondern schafft
durch das Farbspiel und die Verlegeart auch dynamische Effekte auf der
Fassade.
Dies war auch das Ziel von Urbane Kultur, einem Architekturbüro,
das über umfangreiche Erfahrungen im Umbau von kommunalen Gebäuden, (Wasser-)Sporteinrichtungen und Kulturzentren sowie von
Schulen und Betreuungszentren für Kinder verfügt. Philippe Dahan,
MEHRFAMILIENHAUS | 011
Architekt und Büropartner, fasst die Entscheidungen
dieses Sanierungsprojekts zusammen: „Hinsichtlich
der Außenkonstruktion hatten wir es mit einem Gebäude zu tun, dessen Geometrie nicht perfekt und
dessen thermisches Verhalten drastisch veraltet war.
Außerdem mussten wir uns mit einer Veränderung
des Gebäudesockels auseinandersetzen, der zuvor
offen war und nun bis zum Boden hinunter eingefasst
wurde. Zu diesem Zweck wurde ein U-förmiges Metallprofil zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten
Obergeschoss eingefügt. Neben seinen thermischen
Eigenschaften und seiner Langlebigkeit und in einer
Gegend, in der dieses Material bereits present ist,
gibt der Terca Ziegel – den wir hier in einer warmen
weißen Farbe und mit dem Joints Vifs® TrockenfugenMauersystem vermauert haben, um einen abstrakten
graphischen Effekt zu erzielen – dem Gebäude ein
ruhiges, solides, sachliches Erscheinungsbild. Das
Baumaterial hat zudem einen weiteren Vorteil, der für
diese Art von Sanierungsprojekt entscheidend ist: es
erlaubt die Korrektur von strukturellen Mängeln und
vertikalen Abweichungen.“
INFO
PROJEKT
Renovierung des Alfred-WeissStudentenwohnheims in Straßburg,
Frankreich
ARCHITEKT
Urbane Kultur
BAUHERR
Strassbourg CROUS
FASSADE
Terca Terre blanche
012 | DACH / FASSADE | LISSE | NIEDERLANDE
VERSCHÖNERUNG IM HANDUMDREHEN
Die „Vogelwijk” Stadthäuser in Lisse wurden in den späten 1960er Jahren erbaut. Nach mehr als
50 Jahren benötigten die solide gebauten, aber hinsichtlich ihrer Ausstattung überholten Häuser
unbedingt ein optische Aufwertung und eine Anpassung an aktuelle energetische Anforderungen.
Woningstichting Stek wurde mit der Sanierung der fünf quadratischen Wohnblöcke betraut. Mit
raffinierten Änderungen gelang ihnen ein umfangreiches Facelifting und eine Verbesserung der
Wohnbedingungen in allen 218 Häusern.
MEHRFAMILIENHAUS | 013
N
icht nur die Verbesserung des Wohnkomforts und
des Erscheinungsbildes der Wohnsiedlung stand
auf dem Plan sondern auch eine Individualisierung
der Gebäude. Die Sanierungsarbeiten mussten in den
auch weiterhin bewohnten Häusern durchgeführt werden. Deshalb wurden die 218 Gebäude in fünf Typen
unterteilt, die sich im Ausmaß der Wand- und Dachisolierung unterschieden. Für jeden Haustyp wurde eine
spezielle Herangehensweise entwickelt und auf den Zustand der Immobilie abgestimmt. Die Stek Corporation
legte großen Wert auf den Erhalt der Liegenschaften.
Alle Häuser wurden an aktuelle energetische Anforderungen angepasst und von einem EPA Berater mit einem
„Ökostrom“-Label ausgezeichnet.
SANIERUNG VON 218 BEWOHNTEN HÄUSERN
„Dieses umfangreiche Instandsetzungsprojekt, das 218
Einfamilienhäuser umfasste, die während der Durchführung der Arbeiten weiterhin bewohnt blieben, erforderte sorgfältige Planung und Vorbereitung“, sagt George
Altena von der Coen Hagedoorn Construction Group.
„Um schnell und effizient arbeiten zu können, haben wir
in einem leer stehenden Haus zunächst einen Testlauf
durchgeführt. Es wurden Skizzen erstellt und ein Pilotprojekt entwickelt.“ Die Fassaden und Dächer wurden
auf der Grundlage dieses Pilotprojekts vorgefertigt. Um
Unannehmlichkeiten gering zu halten, wurden die Fassaden und Dächer in nur einem Tag ausgetauscht. Nach
drei Tagen waren die Arbeiten an der Vorder- und Rückwand sowie am Dach abgeschlossen. Ältere Menschen,
Personen mit Asthma oder Gehbeschwerden konnten
vorübergehend in einem von Stek Wonen zur Verfügung
gestellten Gästehaus wohnen.
ZIEGEL ERMÖGLICHEN EINHEIT IN DER VIELFALT
Ron Baltussen von Hooyschuur Architects erläutert das
Designkonzept: „Die Ziegelverblendung der Häuser war
von schlechter optischer Qualität und nahezu identisch,
wohingegen Bauunternehmen und Mieter eine gewisse
Individualisierung anstrebten. Wie weit sollte das also
gehen? Der soziale Wohnungsbau in den Niederlanden
mag etwas langweilig erscheinen, aber es strahlt Ruhe
und Zusammenhalt aus. Also haben wir auf dieser Basis
angefangen und nach einer Balance zwischen persönlichem Ausdruck und Gemeinsamkeit gesucht. Die Häuserzeilen sind noch immer in Blocks zu je acht bis zwölf
Gebäuden unterteilt, allerdings haben wir jeden Block in
eine Art Gemälde verwandelt. Indem wir das Mauerwerk
in unterschiedlichen aber zueinander passenden Farben
ausgeführt haben, erzielten wir den gewünschten Effekt.
Kurz gesagt: Individualisierung innerhalb eines gemeinsamen Erscheinungsbildes. Wenn man im Auto an den
Wohnblöcken vorbeifährt, wird man dies nicht erkennen
können. Fährt man allerdings mit dem Fahrrad vorbei,
werden die Farbunterschiede erkennbar. Und wenn man
zu Fuß unterwegs ist, ist die beabsichtigte Individualität
deutlich zu erkennen.“
AUFWENDIGE GESTALTUNG UND EXAKTE
AUSFÜHRUNG Rien van Amerongen, Berater bei
Gevel & Wand Wienerberger fügt hinzu: „Bei diesem
­
Projekt wurde entschieden, die Außenhaut durch massive Sichtziegel zu ersetzen. Eine Alternative hierzu ist
der SlimBrick, ein schmälerer Ziegel, der mehr Platz für
die Isolierung lässt. Aber auch normale Sichtziegel bieten eine angemessene, robuste Renovierungslösung.
Es war schön, einen Beitrag zu diesem Auswahlprozess
leisten zu können. Die Bauarbeiter haben in Lisse hervorragende Arbeit geleistet, und das mit einem fantastischen Prozessmanagement. Das Projekt wurde von einem guten Architekten geplant. Er wusste genau, wie er
mit den unterschiedlichen Ziegeln eine feine Farbpalette
schaffen konnte.
INFO
PROJEKT
Vogelwijk Sanierungsprojekt, Lisse,
Niederlande
ARCHITEKT
Ron Baltussen, Hooyschuur Architects,
Wormerveer
BAUHERR
Woningstichting Stek, Lisse
BAUUNTERNEHMEN
Coen Hagedoorn Construction Group,
Huizen
FASSADE
Terca korallenrot, beige-rot und Mastic
DACH
Koramic Madura – schiefergrau engobiert
und naturrot
FERTIGSTELLUNG
2014
014 | WAND | SCHWERIN | DEUTSCHLAND
SCHWERINER SCHMUCKSTÜCK
Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble befindet sich in der Schweriner Altstadt. Es wurde im
Auftrag des Großherzogs Paul Friedrich von Mecklenburg um 1842 als repräsentatives Hotel nach
dem Entwurf des Schinkel Schülers Georg Adolf Demmler errichtet. Aus denkmalpflegerischen
Gründen wurden 2011 die aufwendigen Stuck- und Fachwerkfassaden an der Innenseite mit
­Poroton-WDF gedämmt.
MEHRFAMILIENHAUS | 015
Das denkmalgeschützte Gebäude in der Schweriner Altstadt
wurde 1842 als repräsentatives Hotel erbaut und besteht aus
drei Gebäudeteilen.
Gebäudeteilen: einem viergeschossigen Eingangsgebäude mit schmuckreich gestalteter Putzfassade, einem angeschlossenem Fachwerk-Mittelbau, der vor
der Sanierung vier-, jetzt zweigeschossig ist, sowie
dem Gebäude in der Klosterstraße 5. Die Baukörper
bilden zusammen einen halboffenen Innenhof.
KOMFORT IM RAHMEN DES DENKMALSCHUTZES Das Nutzungskonzept des neuen
Eigentümers sah vor, dass im Zuge der denkmalgerechten Instandsetzung komfortable Wohnungen in unterschiedlichen Größen von 60 bis 184 m²
Wohnfläche entstehen. Alle Wohnungen sollten mit
einem Balkon oder einer Gartenterrasse ausgestattet werden. Der Einbau neuer Aufzuganlagen sollte
die barrierefreie Erschließung für jedes Geschoss ermöglichen. Zur Aufwertung der Außenraumqualität
war – trotz des Denkmalstatus – der Abbruch von
zwei Geschossen des Mittelbaus angedacht, so dass
ein begrünter, heller Innenhof entstehen konnte. Die
Schweriner Architektin Antje Forejt begann 2011 mit
Analyse, Planung und Durchführung der Sanierungsarbeiten.
Z
ehn Jahre nach der Errichtung des luxuriös ausstaffierten Hotels wurde der Betrieb eingestellt.
Danach musste der Gebäudekomplex wechselnde Nutzungen und eine Vielzahl von Um- und
Anbauten über sich ergehen lassen. Seit den 1990er
Jahren stand der Gebäudekomplex dann komplett
leer. Darunter litt die Bausubstanz erheblich. Mit dem
Eigentümerwechsel im Jahr 2011 wurde das Ensemble nachhaltig und sensibel saniert und einer zeitgemäßen Wohn- und Gewerbenutzung zugeführt.
Das Ensemble Schlossstraße 12/Klosterstraße 5 befindet sich in direkter Nachbarschaft zu den
Schweriner Regierungsgebäuden. Es besteht aus drei
SANIERUNG
UNTER
NACHHALTIGEN
­G ESICHTSPUNKTEN Ein sorgfältig geplantes
energetisches Konzept war für die Sanierung im Rahmen des Denkmalschutzes dringend geboten. Die
Dämmung hinter den Fassaden mit Schieferbekleidung wurde mit einer 16 Zentimeter dicken Außendämmung versehen. An die Innenseite der maroden
und feuchten Stuck- und Fachwerkfassaden wurde
die keramische Wärmedämmfassade Poroton-WDF
von Schlagmann angebracht. Der kapillaraktive, diffusionsoffene Dämmstoff ermöglichte eine funktionstüchtige Innendämmung der Außenwand.
Nach Beendigung der Sanierungsarbeiten erläutert Antje Forejt ihren Ansatz: „Die denkmalgerechte Instandsetzung des Gebäudes zielte in jeglicher
Hinsicht darauf ab, die bestmögliche Lösung unter
Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes, der Stadtentwicklung, des Bauträgers und der
heutigen technischen Anforderungen zu realisieren.“
INFO
PROJEKT
Sanierung eines Wohn- und
­Geschäftshauses in Schwerin,
Deutschland
ARCHITEKT
Antje Forejt, forejt architekten,
Schwerin
BAUUNTERNEHMEN
Schelfbau GmbH & Co. KG
WAND
POROTON-WDF, 18 cm
FLÄCHE
2.177 m2
Weiterführende Informationen zum Thema PorotonWDF sind unter www.poroton-wdf.de verfügbar.
FERTIGSTELLUNG
2014
016 | WAND / FASSADE | ZÜRICH | SCHWEIZ
D
ie Stadtviertel am nördlichen Rand von Zürich waren einst ländliche Gemeinden, die erst im Zuge der Industrialisierung urbanisiert wurden. Dies führte zum Bau einer Vielzahl von Siedlungen
für die Arbeiter der großen Industrieunternehmen. Das im Jahr 1930 im
Stadtviertel Affoltern gebaute Arbeiterhaus ist ein typisches Beispiel dieser Zeit: um eine größtmögliche Fläche des kleinen Grundstücks für die
Selbstversorgung aus eigenem Anbau zu nutzen, wurde das Haus mit
dem Nachbargebäude an der Grundstücksgrenze verbunden.
VERDOPPLUNG DES VOLUMENS Folglich entsprach nun das verfügbare Raumangebot nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Da eine
Baugenehmigung für einen Erweiterungsbau und die Aufstockung eines zusätzlichen Geschosses vorlag, wurde das Haus umgebaut und
vergrößert. Zielsetzung des Umbaus war die Schaffung von zwei ZweiZimmer-Wohnungen mit geräumigen Grundrissen. Zu diesem Zweck
wurde das Gebäude aufgestockt und ein würfelförmiger Anbau auf der
Hofseite hinzugefügt. So wurde jedes Stockwerk um 20 m² vergrößert,
wobei das oberste Stockwerk eine Terrasse auf dem Dach des Anbaus
erhielt. Der offene Grundriss verbindet den Anbau und den Altbau und
schafft die ursprünglich beabsichtigten großzügigen Räume, insbesondere da das Gebäudevolumen von 410 m³ auf 870 m³ mehr als verdoppelt wurde.
NUTZUNG KERAMISCHER BAUMATERIALIEN FÜR WÄNDE
UND DACH Das zusätzliche Stockwerk und die Wand, die den Anbau
vom Nachbauhaus trennt, wurden aus Mauerziegeln gebaut. Dies war
eindeutig die vorteilhafteste Lösung, da es einfach und kostengünstig
im Bau war und im Falle des Anbaus zudem den erforderlichen Brandschutz- und Schalldämmungsgrad bot. „Die Verwendung von Ziegeln
ermöglichte es uns, das ursprüngliche Materialkonzept des Gebäudes
beizubehalten und gleichzeitig in logischer Weise aufzuwerten”, erklärt
die Architektin Martina Roth. Das neue Dach, das nun einen Stock höher
liegt und damit die gleiche Firsthöhe wie das Nachbargebäude aufweist,
wurde mit dunkelgrauen Dachziegeln eingedeckt. Somit hat der Umbau
das frühere Arbeiterhaus in ein elegantes Gebäude mit einem stimmigen
Farbkonzept verwandelt. Das graue Dach passt hervorragend zu den
rot gefärbten Holzlatten des Anbaus und der Fassade des Altbaus, die
in schlichtem Weiß ausgeführt wurde.
EINFAMILIENHAUS | 017
HAUSERWEITERUNG MIT FINESSE
Durch einen geschickt positionierten Anbau und die Aufstockung um ein weiteres Geschoss wurde ein kleines Arbeiterhaus in ein elegantes Stadthaus mit
zwei großzügigen Wohnungen auf zwei Ebenen verwandelt. Die Wände wurden
auf Ziegeln gemauert, und ein neues Ziegeldach schließt den erfolgreichen
Umbau nach oben hin ab.
INFO
Das Arbeiterhaus wurde in ein
­e legantes Stadthaus verwandelt.
PROJEKT
Umbau und Erweiterung eines
­Stadthauses in Zürich, Schweiz
ARCHITEKT
Imroth GmbH, www.imroth.ch
BAUHERR
Margrith Roth, Zürich
DACH
Plano Dachziegel
WAND
Swissmodul
FLÄCHE
218 m²
Mehr Informationen unter
www.architectum.com
018 | FASSADE | OTTIGNIES | BELGIEN
RENOVIERUNG BEDEUTET NACH
VORNE SCHAUEN
In dem zweistufigen Umbauprojekt für eine Scheune realisierte der Architekt Xavier van der Heyden
ein großzügiges Heim für eine Familie, das sich als harmonische Mischung aus Alt und Neu präsentiert. Das Geheimnis hinter dieser erfolgreichen Umwandlung? Ein logischer Masterplan und die
Liebe zu natürlichen Materialien ermöglichten die Verflechtung von zeitgemäßem Design und einer
reichen Architekturtradition.
R
enovierungen benötigen manchmal eine langfristige Planung, insbesondere wenn Anforderungen, Flexibilität, Nachhaltigkeitsziele und
das verfügbare Budget in Einklang gebracht werden
müssen. Dieses Projekt veranschaulicht dies hervorragend. Im Jahr 2002 hatte der Architekt Xavier van
der Heyden eine Scheune mit Unterkellerung zu einem kompakten Wohnhaus umgebaut. Von Anfang
an hatte der Architekt die Bedürfnisse einer größeren
Familie berücksichtigt. Die eigentlichen Wohnräume
sowie der vertikale Treppenaufgang mit Eingangstür
und Flur wurden hinzugefügt; mit dem entsprechenden Budget würde dieser Bereich als Mittelpunkt für
einen später zu ergänzenden Anbau genutzt werden.
Genau dieser Gebäudeteil wurde nun verwirklicht.
HARMONISCHES GANZES Mit Raffinesse in der
Gestaltung als auch hinsichtlich der verwendeten Materialien gelang es dem Architekten, aus dem alten und
neuen Teil ein zusammenhängendes Ganzes zu schaf-
EINFAMILIENHAUS | 019
Dank der aufgeklebten Sichtziegel
und der bündig in die Außenwand
eingelassenen Fallrohre zeigt der neue
Baukörper ein durchgängig modernes
Erscheinungsbild.
Die überlegte Positionierung des
neuen Gebäudeteils schafft einen an
der Gartenseite gelegenen privaten
Innenhof.
fen und sie dennoch deutlich unterscheidbar zu belassen. Eine eindrucksvolle Komponente ist die Wahl des
Terca Blue Paepesteen als Sichtziegel für den neuen
Gebäudeteil. Der gebrannte Ziegel bewirkt eine klare
Unterscheidung zwischen dem Anbau und dem roten
Mauerwerk der ehemaligen Scheune. Diese eigene
Identität wird durch die verwendete Dünnbettverlegung und die bündig in die Fassade eingelassenen
Regenfallrohre betont. Gleichzeitig verdeutlichen die
durch die zweifach gebrannten Ziegel an der Fassade
des ursprünglichen Gebäudeteils erzeugten dunklen
Farbakzente, dass die beiden Außenwände zusammengehören. „Der Terca Ziegel stellt einen Bezug her
zu den Farbtönen, die man bei den Ziegeln der Scheune erkennen kann”, erklärt der Architekt.
Diese Differenzierung lässt sich auch an anderen
Details erkennen. Der neue Gebäudeteil ist höher,
seine Frontseite liegt näher an der Straße und reicht
weiter in den Garten hinein, so dass ein geschützter
Innenhof in der Ecke entsteht, in der beide Baukörper
zusammentreffen. Eine Einheit entsteht dann durch
die typischen Giebeldächer und die Fensterrahmen
aus Aluminium.
GESUND UND NACHHALTIG Selbstverständlich ist der Anbau sehr gut isoliert und unter Nachhaltigkeitsaspekten geplant. Architekt Xavier van
der Heyden nennt die Vorteilen des keramischen
Baumaterials: „Ziegel dienen als temporärer Wärmespeicher und geben die Wärme nur langsam wieder
ab. Dadurch tragen sie zum Komfort der Bewohner
über das ganze Jahr hinweg bei. Keramische Baumaterialien eignen sich hervorragend für nachhaltige
Architektur: die Gewinnung der Rohstoffe und die
Produktion erfolgen in der Umgebung, und die Produkteigenschaften tragen zur Schaffung einer angenehmen und gesunden Wohnumgebung bei.“
Zudem sorgt eine Erdreich-Wärmepumpe im Anbau für Kühlung im Sommer und warme Luft zum
Heizen im Winter. Sonnenschutzverglasung verhindert eine Überhitzung an heißen Tagen, lässt aber
gleichzeitig im Winter Sonnenstrahlen ins Haus einfallen. Die Architektur verknüpft die Gestaltung mit
Vorteilen für die Bewohner.
INFO
PROJEKT
Umbau eines Einfamilienhauses in
Ottignies, Belgien
ARCHITEKT
Atelier XVDH - Xavier van der Heyden,
Ottignies
BAUHERR
Architekt X. van der Heyden
FASSADE
Terca Blauwe Paepesteen
020 | WAND | BERLIN | DEUTSCHLAND
CHARAKTERSTARKER ERSATZNEUBAU
Am Rande Berlins befand sich die einstige Büdnerei aus dem Jahre 1873, ein bauernhofähnliches
Anwesen von Kolonisten mit wenig Land. In Absprache mit den Denkmalpflegern entschieden sich
die Beteiligten für die wirtschaftlichste Variante – Abriss und Ersatzneubau im ursprünglichen Stil.
D
as Ergebnis ist ein modernes Einfamilienhaus
mit historischem Charme, in dem sich alte und
neue Elemente wiederfinden. Nach historischem Vorbild wurden die Sprossenfenster und die
Eingangstür sowie das Krüppelwalmdach und der
Natursteinsockel wiederhergestellt. Die Bauherren
wünschten sich eine natürliche und zugleich hochwärmedämmende Gebäudehülle. Die Wahl fiel auf
den mit Perlit verfüllten Poroton-Ziegel T8-P von der
Wienerberger Joint Venture Schlagmann.
TRADITION UND MODERNE Durch die Holztür
gelangt man direkt in den für Büdnerhäuser typischen
Querflur, welcher denkmalschutzgerecht in das neue
Haus integriert wurde. Von dort gehen eine Einliegerwohnung sowie Zugänge zu Arbeitszimmer und
Küche ab. Das gesamte Erdgeschoss wirkt durch offene Türbögen großzügig und hell. Die freiliegenden
Ziegel in den Bögen wurden beim Abriss geborgen
und verleihen dem Gebäude nicht nur einen rustikalen Charakter. Insgesamt ist ein wunderschönes Unikat traditioneller Ziegelarchitektur wiedererstanden.
Die Raumreserve unterm Dach wurde zeitgemäß im
Maisonettestil erschlossen. Wohn- und Schlafraum
sowie das moderne Bad mit Holzsauna befinden sich
jetzt in der ersten Etage.
EINFAMILIENHAUS | 021
Links: Charaktervolles Büdnerhaus: Haustür, Sprossenfenster,
­K rüppelwalmdach und Steinsockel wurden in Übereistimmung
mit historischen Details wiederhergestellt.
Links: Alte und neue Elemente finden
sich im gesamten Haus wieder.
Innenansicht mit freiliegenden Ziegeln
in der Küche.
Der erhaltene Keller wurde saniert und
veranschaulicht nun die Qualität der
Architektur im 19. Jahrhundert.
Die Fußböden im gesamten Haus sind gefliest,
eine optimale Lösung für die mit Gasbrennwertkessel betriebene Fußbodenheizung. Zusammen mit der
Gebäudehülle aus energieeffizienten Ziegeln sind geringe Betriebskosten garantiert. Darüber hinaus sorgt
der Wandbildner neben optimalem Schallschutz für
angenehmes Wohn- und Raumklima: Gebrannter Ton
und die Füllung aus Perlit dünsten keine Schadstoffe
aus. Dieser Aspekt war der jungen Familie besonders
wichtig. Auch in Sachen Brandschutz sind Ziegel erste Wahl. Der werthaltige Wandbaustoff bietet beste
Voraussetzungen für weitere 200 Jahre im neuen
Büdnerhaus.
Dass Tradition und Moderne sich nicht ausschließen müssen, zeigt dieser Ersatzneubau eindrucksvoll:
Denkmalschutzbestimmungen wurden eingehalten
und trotzdem ein moderner, hochwertiger Lebensraum geschaffen.
INFO
PROJEKT
Ersatzneubau des Büdnerhauses in
Berlin, Deutschland
ARCHITEKT
Dipl.-Ing. Mariola Dieckmann
BAUHERR
Bianca und Michael Lies, Berlin
WAND
Poroton-T8-P
NETTO-NUTZFLÄCHE
315 m²
022 | DACH / FASSADE | NOODERWIJK | BELGIEN
EIN ORT ZUM TREFFEN
UND LESEN
Die Identität eines Dorfkerns wird oftmals von einem
einzigen Gebäude bestimmt, welches das allgemeine
Erscheinungsbild prägt. In dem kleinen Dorf Noorderwijk
hatte diese Rolle das frühere Rathaus übernommen, das
später zu einem Gemeindesaal mit Bücherei umfunktioniert
wurde. Seine Haupteigenschaften sind die warme,
einladende und mit weinroten Tonziegeln verkleidete
Außenhülle sowie der starke Kontrast, in dem diese zum
Glasanbau steht.
A
ls Noorderwijk mit der nahegelegenen Stadt Herentals zusammengelegt wurde, verlor das Rathaus seine ursprüngliche Funktion. Während man bemüht war, eine neue Funktion zu finden,
wurde das Gebäude vorübergehend als Umkleide für den Umweltdienst
der Gemeinde und gelegentliches als Büro für die Polizei des Bezirks
genutzt. Nach einer gründlichen Analyse der Möglichkeiten und Anforderungen beschlossen die Kommunalverwaltungen den Umbau und die
Erweiterung des ehemaligen Rathauses in ein Gemeindezentrum und
eine Stadtbücherei. Zudem mussten die Gestalter Parkmöglichkeiten für
die Fahrzeuge des örtlichen Roten Kreuzes und des Umweltdienstes in
den Komplex integrieren.
GEBÄUDESTRUKTUR BIETET FUNKTIONALE FLEXIBILITÄT Der
Auftrag wurde an das Designstudio Bert Gebruers - Peter Jannes vergeben. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt entschieden die Archi-
tekten, dass das Bestandsgebäude die Funktion des Gemeindezentrums übernehmen würde. Die Hauptmerkmale des Gebäudes sind
seine archetypische Gebäudeform, der große Baukörper, das einfache
Tragwerk und der markante symmetrische Grundriss mit dem mittigen
Treppenaufgang und einigen Räumen zu beiden Seiten. Die Struktur des
Gebäudes eignete sich ideal für die Einrichtung getrennter Räumlichkeiten für, zum Beispiel, eine Musikschule, Versammlungsräume und ein
Sozialhilfezentrum.
MONOLITHISCHES UND KRAFTVOLLES ERSCHEINUNGSBILD
Etliche Veränderungen waren notwendig, um das imposante alte Gebäude für die neue Nutzung vorzubereiten. Das Gebäude wurde isoliert, alle
außenliegenden Holzbauten wurden erneuert und die Holzbalken wurden
durch Hohlelemente aus Beton ersetzt. Die tragenden Wände blieben unberührt. Die weinroten glasierten Dachziegel, mit denen das gesamte nun-
ÖFFENTLICHE NUTZUNG | 023
mehrige Gemeindezentrum eingedeckt ist, stärken die
beeindruckende Erscheinung des Gebäudes. Wie der
Architekt betont, „verleiht die Ausführung des Daches
und der Wand in demselben Material dem Gebäude
ein monolithisches und kraftvolles Erscheinungsbild”.
Zudem untermalt diese Gestaltung den Kontrast zum
transparenten quaderförmigen Neubau, der rechtwinklig zum Altbau und parallel zur Straße verläuft. Der
Bereich, in dem Alt- und Neubau zusammentreffen,
wurde geschickt als gemeinsamer Eingang mit Platz
für sanitäre Einrichtungen gestaltet.
Der Architekt konzentrierte sich außerdem auf
Nachhaltigkeitsaspekte. Da der Energieverbrauch
ein wichtiger Gesichtspunkt war, erwies sich eine
keramische Fassade als vorteilhaft: „Eine Fassaden-
verkleidung mit Ziegeln vereinfacht die Isolierung des
Bestandsgebäudes“, begründet der Architekt seine
Materialwahl. Außerdem griff man auf die Möglichkeiten nachhaltiger Haustechnik zurück: Wärmepumpe
und Brennwertkessel für die Heizungsanlage, ein
Solarheizkessel für die Warmwasserbereitung, ein
Belüftungssystem mit Wärmerückgewinnung in der
Bücherei und im Gemeindezentrum, Lamellen-Fensterläden als Sonnenschutz und zur Temperaturregulierung, maximale natürliche Belichtung verbunden
mit energieeffizienter, sensorgesteuerter künstlicher
Beleuchtung und ein Regenwasser-Auffangsystem.
Diese Entscheidungen wurden von lokalen Vereinigungen sehr begrüßt, da sie zweifellos die Knüpfung
dauerhafter sozialer Kontakte fördern.
INFO
PROJEKT
Umbau in Gemeindezentrum und
Bücherei, Noorderwijk, Belgien
ARCHITEKT
Ontwerpbureau Bert Gebruers –
Peter Jannes bvba, Olen, Belgien
BAUHERR
Stadt Noorderwijk
DACH UND FASSADE
Koramic Pottelberg 301
Biberschwanzziegel, weinrot, glasiert
024 | PFLASTERKLINKER | AMSTERDAM | THE NETHERLANDS
VOM RANDBEZIRK
ZUM STADTTEILZENTRUM
Oostpoort war lange ein benachteiligter Teil der Stadt: flache Gebäude, Gewerbebetriebe
und Freiflächen. Nach der Entstehung von Geschäften, Büros und Wohnungen musste diese
Gegend zum neuen Zentrum von Amsterdams Osten werden. Die Pläne waren ehrgeizig, aber
nicht unlogisch angesichts der bereits hohen Konzentration an vorhandenen Einrichtungen: das
Bezirksamt, das MuzyQ Musikgebäude, Amsterdam CBD, Sporthalle, Schwimmbad, Grundschule
und der Bahnhof Muiderpoort. Prognosen zufolge soll sich die aktuelle Zahl der Einwohner
vervierfachen.
D
ie Ausgangssituation war zweischichtig: einerseits entstanden viele neue Einrichtungen und
Büros, andererseits wies die Gegend aber eine
schwache sozioökonomische Struktur auf. Teilweise
entstand die Vision für dieses Stadtentwicklungsprojekt aus den Verhandlungen zwischen der Vorstadt im
Osten und dem Projektentwickler OCP.
Im Jahr 2013 konkretisierte das Projektbüro Ost
das Vorhaben: „Es wird insgesamt weniger Wohnungen geben, dafür mehr Privathäuser und weitläufigere, grünere öffentliche Bereiche. Mehr als 80 soziale
Mietwohnungen werden verfügbar sein. Dieses neue
Vorhaben spiegelt die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt besser wieder und wird schrittweise entwickelt,
so dass es wesentlich schneller umgesetzt werden
kann. Das neue Vorhaben soll Käufer und Mieter ansprechen, die ein urbanes Leben in einem grünen,
gepflegten Wohngebiet mit geringem Verkehrsaufkommen führen möchten.“
INFO
PROJEKT
Entwicklung von Oostpoort,
­Amsterdam, Niederlande
ARCHITEKT
Soeters Van Eldonk architects,
­Amsterdam
BAUHERR
Stadtverwaltung Amsterdam,
Bezirk Ost
PFLASTERUNG
Terca Rosa Wasserstich DF
FERTIGSTELLUNG
2014
VERTRAUTE PLÄTZE UND EINKAUFS­
STRASSEN In Oostpoort-Ost entstehen 30 am Kai
gelegene Villen entlang der Straße Ringvaart, 70 herrschaftliche Häuser, 35 frei finanzierte, zum Verkauf
stehende Wohnungen und 84 Sozialmietwohnungen.
Zusätzlich zu den Häusern werden Gastronomiebetriebe im historischen Ammonia-Gebäude der Oostergasfabriek, einer früheren Gasfabrik, eingerichtet.
Das neue Wohngebiet im östlichen Teil bildet die
Verbindung zum lebendigeren westlichen Teil, in dem
zahlreiche Hochhäuser entstanden, in denen früher
Wohnungen und ein Einkaufsviertel mit einer Tiefgarage untergebracht waren.
ALLES WAS EINE STADT AUSMACHT Eine
Vielzahl von Agenturen trug zu der ausgeglichenen
Planung bestehend aus Industriegebäuden, frischen
neuen Strukturen und der beabsichtigten Intimität
bei. Der Städtebauarchitekt Sjoerd Soeters erläutert:
„Oostpoort hat die Atmosphäre eines intimen Stadtkerns. Die öffentlichen Bereiche, die Straßen und
Plätze sind kompakt, so dass sich die Menschen dort
erkennen können. Wir bringen all das zusammen,
was eine Stadt zu einer Stadt macht. Die Gegend
wird ein echtes Viertel von Amsterdam mit einer Mischung aus historischen Gebäuden und der passenden Pflasterung werden.“
ÖFFENTLICHE NUTZUNG | 025
026 | DACH | DRESDEN | DEUTSCHLAND
FRÜHE MODERNE
­A RCHITEKTUR
Gebäude wie das Dresdener Hans-Erlwein-Gymnasium
erzählen ihre eigene Geschichte, von der Gestaltungsidee,
dem Baustil ihrer Entstehungszeit sowie der sich
wandelnden Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung.
Von 2012 – 2014 wurde der mittlerweile denkmalgeschützte
Bau umfassend saniert.
V
on 1912 bis 1914 erbaute man das
Schulgebäude im Dresdener Stadtteil
Gruna unter der Leitung vom damaligen Dresdener Stadtbaurat Hans Erlwein.
Bis heute besteht es aus dem Nord- und
dem Südflügel sowie einem dazwischenliegenden zurückgeschobenen Verbindungsbau mit Speiseraum im Sockelgeschoss,
einer Turnhalle im 1. OG und Durchgängen
im 2. und 3. OG. Neben Keller und Dachgeschoss umfasst der gesamte Riegel fünf
Stockwerke. Während die beiden Flügel als
markante Eckbauwerke mit klar strukturierter Fassade das Gebäude dominieren,
zeichnet sich der Verbindungsbau durch
einen gebogenen Vorbau mit Balkon aus.
MARKANTES DACH Passend zur
einprägsamen Architektur stellen die jeweiligen Dächer einen charakteristischen
Gebäudeabschluss dar. Über einem durch
langgezogene Gauben unterbrochenen
Mansarddach thront zusätzlich ein Walmdach. Das umlaufende Gesims an der
Traufe trennt optisch zwischen fünftem
Obergeschoss und Dachgeschoss. Auch
das Dach des Verbindungsbaus ist zweigeteilt: Im unteren Bereich ebenfalls ein
klassisches Mansarddach, straßenseitig
unterbrochen durch fünf Fledermausgauben; den oberen Bereich bildet ein sehr
steiles Satteldach, dessen First rund 15 m
unterhalb der Firstlinie der beiden Gebäudeflügeldächer im hinteren Bereich des jeweiligen Walms endet.
IDEAL KOMBINIERT Mit der in 2012 –
2014 durchgeführten Sanierung unter der
Planung von Elbcontor Architekten, Dresden, war zugleich auch ein für den zukünftigen Schulbetrieb notwendiger Umbau
verbunden. Zur energetischen Sanierung
der Gebäudehülle, unter anderem mit neuen Fenstern, kam auch die komplette Erneuerung des gesamten Daches hinzu.
Die Dachdeckung erfolgte mit dem
­Koramic Flachdachziegel Alegra 12 in tiefschwarz engobiert. Er entsprach den Vorgaben des Denkmalschutzes. Daneben
kam der sowohl farblich wie auch von der
Profilierung passende Koramic Flachdachziegel E32 an allen Mansarddachflächen
zum Einsatz. Er bot bei der Ausbildung
der Fledermausgauben dank des speziellen Sortimentes an A-Keilen sowie rechtsbzw. linksflügeligen Formziegeln Vorteile.
ÖFFENTLICHE NUTZUNG | 027
INFO
PROJEKT
Sanierung des Hans-Erlwein-Gymnasiums in Dresden,
Deutschland
ARCHITEKT
Elbcontor Architekten, Dresden
BAUHERR
Stadt Dresden
DACHDECKER
Zimmereihandwerk Aufbau GmbH, Chemnitz
DACH
Koramic Alegra 12 - tiefschwarz engobiert, E32, Sturmfix
DACHFLÄCHE
2.950 m2
FERTIGSTELLUNG
2014
028 | DACH | SCHLOSS EBREICHSDORF | ÖSTERREICH
HISTORISCHES
JUWEL
Der Zahn der Zeit hat auch am historischen Juwel Schloss Ebreichsdorf in Österreich
genagt. Das Dach des Wasserschlosses, das auf eine lange Geschichte (1294)
zurückblicken kann, war undicht, der Wassereintritt bedrohte die Bausubstanz. Daraufhin
beschlossen die Eigentümer, die Familie Drasche-Wartinberg, die rund 2.800 m² große
Dachfläche aufwändig und originalgetreu zu sanieren.
HISTORISCHE GEBÄUDE | 029
030 | DACH | SCHLOSS EBREICHSDORF | ÖSTERREICH
D
ie im 16. Jahrhundert zur Renaissanceburg und
dem heutigem Wasserschloss Ebreichsdorf
umgebaute Wehrburg aus dem 13. Jahrhundert wurde einer aufwändigen Dachrestaurierung unterzogen. Die Familie Drasche-Wartinberg ergriff die
Inititive zu dieser Jahrhundertinvestition und erzielte
in Kooperation mit dem Denkmalamt und der Firma
„Tondach“ ein vorbildlich originalgetreues Resultat.
Nora Drasche-Wartinberg beschreibt in folgendem
Interview spannende familiäre Hintergründe sowie
Details zu den Sanierungsarbeiten.
Wurde das Denkmalamt bei der Dachsanierung
eingebunden? Wenn ja, welche waren die Hauptkriterien? Welche Anforderungen waren an die
Baustoffe, um eine größtmögliche Originaltreue
zu erzielen?
Nora Drasche-Wartinberg: Ja, das Schloss steht
unter Denkmalschutz und das Denkmalamt wurde
selbstverständlich eingebunden. Die dort zuständigen Kunsthistoriker zeigten sich äußerst kooperativ
und beteiligten sich mit Rat und Tat. Die Vorgaben
von Seiten des Denkmalamtes waren die Verwendung des historisch richtigen Materials Tonziegel in
der Form von Wiener Taschen – nicht Biberschwanz
– und die Sanierung der Kamine und Türme sowie der
Dachgaupen in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild.
Es gibt ja einen historischen Zusammenhang zwischen Ihrer Familie, der Firma Wienerberger und
dem Schloss Ebreichsdorf. Bitte um eine kurze
Erläuterung. Hatte dies einen Einfluss auf die Entscheidung, welcher Dachziegel verwendet wird?
Nora Drasche-Wartinberg: Der Ururgroßvater
meines Mannes, Heinrich Drasche hat von seinem
Onkel und Großindustriellen Alois Miesbach die
­Wienerberger Ziegelwerke übernommen, die er 1869
zur ­
Wienerberger AG und einem der größten und
fortschrittlichsten Unternehmen Österreich-Ungarns
aufbaute. Schloss Ebreichsdorf wurde 1909 von der
Familie Drasche erworben und wird bis heute privat als Familiensitz genutzt. Der Kontakt zur Firma
­Wienerberger und die Entscheidung zur Verwendung
HISTORISCHE GEBÄUDE | 031
Die Besonderheit der Lösung für die
Dachdeckung historischer Gebäude
ist die Mischung aus drei Dachziegelformaten sowie deren angeraute
Oberfläche, die ein historisches
Erscheinungsbild ermöglicht. Die
Farbe Antik wurde gezielt abgestimmt
und entsprechend bemustert, um zum
bestehenden Dach zu passen.
der Tondach- Ziegel lagen auf der Hand, waren aber
nicht der einzige Entscheidungsgrund. Wir sind zur
Firma Tondach nach Gleinstätten gefahren, um uns
hinsichtlich Material und Farben beraten zu lassen.
Die Vorschläge von „Tondach“ und unsere Auswahl
wurden dann mit dem Denkmalamt abgestimmt.
Zum Einsatz kam schlussendlich das „Wiener Tasche
Altstadtpaket“ in drei Farben und drei Längen, die von
den Dachdeckern willkürlich gelegt wurden, um bewusst eine Asymmetrie zu erzielen. Das neue Dach
sollte nicht wie ein unnatürlich orangeroter Fleck auf
dem alten Schloss sitzen!
Wie lange dauerten die Arbeiten und wie wurden
sie durchgeführt?
Nora Drasche-Wartinberg: Es wurden m
­ ehrere
Kostenvoranschläge eingeholt, unter denen wir die
Firma Greil aus Lienz am besten befunden haben.
Die Sanierungsarbeiten mussten aufgrund der das
Schloss umgebenden Wassergräben ohne Gerüst
erfolgen. Die Arbeiten am Turm wurden wie von
Bergsteigern an Seilen hängend absolviert. Um den
alten Dachstuhl aus dem 16. Jahrhundert wiederzuverwenden musste die ursprüngliche Lattung samt
der alten Ziegel entfernt werden, wofür eigens ein Lift
installiert wurde. Die Baustelle zur Sanierung der großen Dachfläche von 2.800 m² mit zwei Türmen und
mehreren Kaminen dauerte über 3 Sommer.
Mit der Dachsanierung des Schlosses haben Sie
einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der historischen Substanz gesetzt. Wurde dieser Aufwand
von der Öffentlichkeit wertgeschätzt bzw. haben
Sie Unterstützung bekommen?
Nora Drasche-Wartinberg: Die Entscheidung zu
dieser Jahrhundertinvestition wurde von uns selbst
getroffen, wobei wirklich meinem Mann für seine Initiative zu danken ist. Wir erfuhren eine sehr positive
Wertschätzung von unser gesamten Umgebung und
erhielten auch finanzielle Unterstützungen von Seiten
des Landes und Denkmalamtes, aber der Löwenanteil wurde von uns selbst getragen.
Mehr Informationen unter
www.architectum.com
INFO
PROJEKT
Dachsanierung Schloss Ebreichsdorf,
Österreich
BAUHERR
Drasche-Wartinberg‘sche
­Gutsverwaltung, Ebreichsdorf
DACHDECKER
Reinhard GREIL GmbH, Dölsach
DACH
TONDACH Altstadtpaket
„Tasche“, Engobe antik
DACHFLÄCHE
2.800 m2
AUSFÜHRUNG
April 2011 bis Juni 2013
032 | DACH | CHIDEOK GEDENKKAPELLE | GROSSBRITANNIEN
GESCHICHTSTRÄCHTIGE ARCHITEKTUR IM
EINKLANG MIT DER GEGENWART
Die Chideock Gedenkkapelle, Teil des Manor of Chideock, ist ein geschichtsträchtiges Gebäude.
Die Kirche begann ihr Leben als einfache Scheune, die im Laufe des 17. Jahrhunderts, am
Höhepunkt des Englischen Bürgerkriegs, als sicherer Ort für katholische Andachten genutzt wurde.
Nach der kriegerischen Auseinandersetzung wurde die Scheune in eine überwältigende Kirche
verwandelt, an der nun vielen Menschen Gefallen finden.
D
ie Chideock Gedenkkapelle, ein Teil des Manor
of Chideock, zeugt von der frühen englischen
und Religionsgeschichte. Ursprünglich als einfache Scheune auf den Ländereien des Herrenhauses erbaut, wurde sie in Folge des Bürgerkrieges zu
einem geheimen Ort, an dem katholische Gottesdienste abgehalten wurden. Bis Humphrey Weld, und
dann sein Sohn Charles, die Scheune in eine wunderschöne Kirche umbauen ließen, die der Jungfrau
Maria, der Königin der Märtyrer und St. Ignatius, dem
Gründer des Jesuitenordens, gewidmet ist.
Dieses besondere Projekt stellte die Beteiligten vor
enorme technische und ästhetische Herausforderungen. Die beeindruckende Kuppel der Kapelle musste
HISTORISCHE GEBÄUDE | 033
erneuert werden und sollte fortan mehr im Einklang
mit dem ursprünglichen Stil des Gebäudes stehen.
Irgendwann im Laufe ihrer Geschichte war das ursprüngliche Dach der Scheune repariert bzw. gegen
ein neues ausgetauscht worden, das vielleicht den
Regen abhalten konnte, aber sicherlich nicht der Architektur des Bauwerks gerecht wurde.
Im Juni 2013 schloss sich die Eigentümerin der
Kapelle, Gaby Martelli, mit dem Architekten Andrew
Stone und dem Hautunternehmer und Spezialisten für
Baudenkmäler Magenta Building Repair zusammen,
um den vorsichtigen Prozess zur Wiederherstellung
der früheren Pracht der Kirche in Angriff zu nehmen.
Natürlich haben sich Bautechnik und Materialien seit
dem Bau der Kirche enorm verändert, dennoch wollten der Architekt und die Eigentümer erreichen, dass
sowohl Material als auch Bauweise die ursprüngliche
Gestaltung, wo immer möglich, wiedergeben.
Mit dieser Zielsetzung im Kopf und nach einigen
Besuchen in Fabriken mit der Absicht, Handwerker
bei ihren traditionellen Arbeitsmethoden zu beobach-
ten, wählte der Architekt Sandtoft, Wienerbergers britische Dachziegel-Marke, als Lieferant der Tondachziegel aus. Auf Basis umfangreicher Fachkenntnisse
im Bereich Denkmalpflege als Teil seines „Heritage
Service“, entwickelte das Unternehmen Sandtoft
zwei maßgeschneiderte Tondachziegel für die Kuppel. Der erste ist ein Falzziegel, der speziell dafür
entworfen und jenen Originalziegeln nachempfunden
wurde, die in der Scheune gerettet werden konnten
(noch aus der Zeit bevor sie zur heutigen Kirche umgebaut wurde). Diese Ziegel wurden in zwei Farben,
rot und schwarz, hergestellt, so dass auf dem fertigen
Dach ein auffallendes und komplexes Zickzack-Muster ausgeführt werden konnte. Das zweite Produkt ist
ein gelbbrauner Firstziegel mit einem spiralförmigen
Profil an der Fassade.
Das Resultat ist eine Architektur, die nicht nur die
Vergangenheit ehrt und im Einklang mit der Gegenwart steht, sondern sich darüber hinaus auch in der
Zukunft bewähren wird.
Die beiden Farben der Dachziegel,
die dem Dach ihr charakteristisches
Muster verleihen, veranschaulichen
die Idee hinter der Restaurierung der
Kuppel.
INFO
PROJEKT
Sanierung der Chideock Gedenk­
kapelle, Großbritannien
ARCHITEKT
Andrew Stone, Dorset
BAUHERR
Gaby Martelli
DACH
maßgefertigte Sandtoft Dachziegel –
rot und schwarz
FERTIGSTELLUNG
2014
034 | DACH | JUSTIZPALAST LAON | FRANKREICH
EIN WIEDERGEBORENER PALAST
Einst der Bischofssitz neben dem Dom, wurde das Gerichtsgebäude von Laon, der denkmalgeschützte „Justizpalast“, im Jahre 2004 beinahe geschlossen. Eine beispielhafte Zusammenarbeit
und ein außergewöhnliches Sanierungsprojekt – gekrönt von einem mit Aléonard Patrimoine Ziegeln
gedeckten Dach – haben dem Gebäude nun neues Leben eingehaucht.
A
uf einem felsigen Hügel gelegen dominieren die
Altstadt und der Dom von Laon das umliegende Tal und sind weithin sichtbar. Im Herzen dieses denkmalgeschützten Bereichs war der „Palais de
Justice“ aufgrund der provisorischen Dachdeckung
aus Schiefer und rotem Stahlblech ein fortwährendes
Ärgernis für die Einwohner. Das änderte sich im Jahr
2011, als der Staatsanwalt und das Justizministerium
beschlossen, rund vier Millionen Euro in die Renovierung des Daches zu investieren. Dieses Projekt dauerte mehr als zwei Jahre und beinhaltete die Sanierung der 3.226 m² großen Dachfläche mit Aléonard
Dachziegeln.
Im Laufe seiner Geschichte hat dieses Gebäude,
das Überreste aus dem 12. Jahrhundert und eine
schöne Renaissance-Fassade umfasst, keine Geringeren als Heinrich IV., Katharina von Médici, Anne von
Österreich und Ludwig XIV. beherbergt.
DACHZIEGEL MIT ÄSTHETISCHEN QUALITÄTEN
Folglich gebührte dem Gebäude eine entsprechende
Sorgfalt und Aufmerksamkeit und ein Dach im Einklang mit seiner prestigeträchtigen Geschichte. So
wurde entschieden, Aléonard Patrimoine Ocré Lichen
Dachziegel zu verwenden. Diese Dachziegel, die insbesondere aufgrund ihrer ästhetischen Qualitäten
geschätzt werden, wurden in drei unterschiedlichen
Größen und verschiedenen Farbnuancen ausgewählt, damit das Ergebnis dem historischen Charakter des Gebäudes so nahe wie nur möglich kommt.
HISTORISCHE GEBÄUDE | 035
Die drei unterschiedlichen Größen des
nuancierten Aléonard Patrimoine Ocré
Lichen Dachziegels erzeugen einen
Effekt, der hervorragend zum historischen Charakter des Gebäudes passt.
INFO
PROJEKT
Restaurierung des Daches des „Palais
de Justice“ in Laon, Frankreich
ARCHITEKT
Monsieur Plantinet, Bâtiments de
France-Architekten
BAUHERR
Justizministerium
DACHDECKER
José Faucheux Crépy
DACH
Koramic Aléonard Patrimoine Ocré
lichen
FLÄCHE
3.226 m²
EIN PROJEKT, DAS GROSSES HANDWERK­
LICHES GESCHICK ERFORDERT
José Faucheux, der einzige Dachdecker im Department Aisne, der für Arbeiten an historischen
Denkmälern qualifiziert ist, wurde aus acht Wettbewerbern für diesen Auftrag ausgewählt. Für diese Arbeit wurde er sogar mit einem Preis bei den Trophées
Aléonard ausgezeichnet. Dies war sicherlich ein Auftrag, den er so schnell nicht vergessen wird:
„Meine fünfzehn Gesellen und ich sind sehr stolz
auf unsere Arbeit in diesem Projekt. Obwohl wir nahezu die Hälfte unserer Zeit an Projekten zum Erhalt
von Baudenkmälern arbeiten, passiert es uns nicht
jeden Tag, dass wir an einem Dach dieser Größe arbeiten dürfen. Es ist immer eine große Freude für uns,
mit traditionellen Arbeitsweisen und edlen Materialien
wir Blattgold, Kupfer, Blei und natürlich Aléonard Patrimoine Dachziegel zu arbeiten. Es war für uns ein
echtes Erlebnis. Die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium, dem „Bâtiments de France“-Architekten,
Monsieur Plantinet, anderen Baufirmen und dem Unternehmen Wienerberger, vertreten durch Stéphane
Raux und Pascal Harang, war beispielhaft. Bei diesem altehrwürdigen, aber extrem steilen Dach, das
jedem Wetter und stürmischen Winden ausgesetzt
ist, haben wir große Sorgfalt an den Tag gelegt, um
eine ästhetisch ansprechende Arbeit auszuführen,
insbesondere bei der Verjüngung der Dachziegel für
die Türmchen. Dabei wurde jeder Dachziegel mit zwei
Kupfernägeln befestigt. Echte Wertarbeit!“
www.architectum.com
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