I N T E R N AT I O N A L E S M A G A Z I N F Ü R Z I E G E L A R C H I T E K T U R 03 2015 www.architectum.com #17 RENOVIERUNG 02 | EDITORIAL | IMPRESSUM 32 CHRISTOF DOMENIG CEO CLAY BUILDING MATERIALS EUROPE EDITORIAL LIEBE LESERINNEN UND LESER Nicht nur in der Mode, auch beim Bauen gibt es Trends. So ist aktuell die Renovierung und Sanierung von bestehenden Gebäuden sowie die urbane Nachverdichtung ein wichtiges Thema. Zum einen zieht es die Menschen immer mehr in die Städte. Dadurch wächst der Bedarf an innerstädtischem Wohn- und Lebensraum. Adaptierungen und Erweiterungen von Gebäuden sowie Dachausbauten sind eine gute Alternative zum Neubau, um neuen Raum zu schaffen und Gebäude oder sogar ganze Stadtteile aufzuwerten. Zum anderen helfen Sanierungen dabei, den Energieverbrauch zu senken und – ganz wichtig – unser kulturelles Erbe zu bewahren. Wesentlich für die Identität einer Stadt oder Region ist dabei der Baustoff Ziegel, denken wir dabei an die wunderbaren Dachlandschaften in Südeuropa oder die Backsteinfassaden in Nordeuropa. Ziegel sind nicht nur ein high-performance Baustoff, sondern sind unendlich variabel und passen sich daher an jedes Bauvorhaben an. Und Ziegel sind einfach schön. Überzeugen sie sich selbst davon. In dieser architectum Ausgabe finden Sie eine Reihe inspirierender Projekte – von der ­Modernisierung von Einfamilienhäusern bis hin zur Sanierung historischer Gebäude –, die die Palette an Möglichkeiten und Lösungen, die Ziegel bieten, anschaulich machen. Viel Vergnügen wünscht, Christof Domenig IMPRESSUM HERAUSGEBER Wienerberger AG, 1100 Wien VERLAG Österreichischer Wirtschaftsverlag GmbH, 1120 Wien CHEFREDAKTION Rita Kremsner (Wienerberger AG) MITARBEIT Nancy Christaens (BE), Marion Kuzmany (AT), Gabriela Lohse (CH), Arnaud Mounier-Duchamp (FR), Bianca Murphy (DE), Jolanda Stam (NL), Alexa Uplegger (DE), Nicky Webb (UK) FOTOGRAFIE Jens Krüger, Gerhard Zwickert, Anja Castens (8 – 9), Ruud Peijnenburg (12 – 13), Antje Forejt (14 – 15), Christian Senti, Zurich (16 – 17), Christoph Große (20 – 21), Liesbet Goetschalckx (22 – 23), Sven-Erik Tornow (26 – 27) GRAFIK UND DESIGN Simon Jappel (Österreichischer Wirtschaftsverlag) DRUCK Stiepan & Partner Druck GmbH, Hirtenbergerstraße 31, 2544 Leobersdorf PRODUKTION Ueberreuter Print & Packaging GmbH WIENERBERGER AG CLAY BUILDING MATERIALS EUROPE A-1100 Wien, Wienerberg City Wienerbergstraße 11 T +43 (1) 601 92-10551 [email protected] www.clay-wienerberger.com www.architectum.com twitter.com/architectum youtube.com/wienerbergerofficial INHALT | 03 06 28 22 08 16 E INFAM ILIE NH A US 04 06 NEWS ARCHITEKTUR PROFITIERT VON KOMPLEXITÄT Interview Matija Bevk M E H R FA M ILIE N H A U S 08 10 12 DENKMALGERECHT SANIERT 14 SCHWERINER SCHMUCKSTÜCK 16 18 HAUSERWEITERUNG MIT FINESSE 20 CHARAKTERSTARKER ­ERSATZNEUBAU Wand / Fassade | Brandenburg | Deutschland FACELIFTING Fassade | Straßburg | Frankreich VERSCHÖNERUNG IM HANDUMDREHEN Dach / Fassade | Lisse | Niederlande Wand | Schwerin | Deutschland Fassade | Zürich | Schweiz RENOVIERUNG BEDEUTET NACH VORNE SCHAUEN Fassade | Ottignies | Belgien Wand | Berlin | Deutschland ÖFFE NT LIC H E NUT ZUNG 22 EIN ORT ZUM TREFFEN UND LESEN 24 VOM RANDBEZIRK ZUM STADTTEILZENTRUM 26 FRÜHE MODERNE ARCHITEKTUR Dach / Fassade | Nooderwijk | Belgien Pflasterklinker | Amsterdam | Niederlande Dach | Dresden | Deutschland H IS T ORIS C H E GEBÄ UDE 28 32 HISTORISCHES JUWEL 34 EIN WIEDERGEBORENER PALAST Dach | Schloss Ebreichsdorf | Österreich GESCHICHTSTRÄCHTIGE ARCHITEKTUR IM EINKLANG MIT DER GEGENWART Dach | Chideok Gedenkkapelle | Großbritannien Dach | Justizpalast Laon | Frankreich 04 | NEWS | PRODUKTNEUHEITEN KEYMER – IN SICHEREN HÄNDEN! Keymer, die aus dem 16. Jahrhundert stammende Marke für handgefertigte Dachziegel, gehört nun zur Wienerberger Gruppe. Mit dem neuen Hauptsitz im Werk in Ewhurst, ist die Marke nun in sichere Händen gelangt, da hier ihre traditionellen Techniken und ihr Erbe bewahrt werden. Um die neue Stellung der Marke innerhalb des Unternehmens zu feiern, wurde der sehr geschätzte „Keymer Specification Guide“ umgestaltet und aktualisiert. Der kostenlose 76-seitige Leitfaden ist eine Zusammenstellung von Keymers Geschichte, Produkten und Verlegetechniken. Exemplare können per Email an [email protected] bestellt werden. www.wienerberger.co.uk NACHHALTIG DÄMMEN MIT ­P OROTON-WDF Das Wärmedämmsystem Poroton-WDF ist eine massive Ziegelwand, gefüllt mit dem natürlichen, mineralfaserfreien Dämmstoff Perlit. Es wurde von der Wienerberger Joint Venture Schlagmann speziell für die energetische Sanierung bestehender Gebäuden entwickelt und ist sowohl für die Innen- als auch für die Außendämmung geeignet. Poroton-WDF ist einfach und sicher in der Verarbeitung, bietet hohen Brandschutz, ist kaum schadenanfällig und langlebig. Zudem ­werden alle Aspekte einer baubiologisch sinnvollen und ökologischen ­Wärmedämmung erfüllt. www.poroton-wdf.de SAINT-VINCENT, FAMILIENZUWACHS BEI ALÉONARD Symbolhafte Dachdeckung von Wienerberger Frankreich: Aléonard, seit 1872 spezialisiert auf die Produktion traditioneller Dachziegel, ist ein allgemein bekannter Begriff bei Dachsanierungen von Baudenkmälern und außergewöhnlichen Villen in Frankreich. Als Neuzugang zur Premium-Marke Aléonard ist der Dachziegel Saint-Vincent vor allem für traditionelle Dachformen gedacht. Saint-Vincent Dachziegel mit einer Stärke von 12 mm, einer gebogenen oder geraden Form, Abmessungen von 16 x 24 und 16 x 27 cm sind in 5 Farben erhältlich. Der Dachziegel basiert auf dem Fachwissen von Aléonard und soll sich mit seiner unregelmäßigen und gezackten Kante sowie der historisch und rustikal anmutenden Struktur für regionale Identitäten eignen. Für eine perfekte Verarbeitung ist unterschiedliches Dachzubehör erhältlich. www.wienerberger.fr STUDIE | NEWS | 05 KOSTEN-NUTZEN-ANALYSE BESTÄTIGT: GEBÄUDEHÜLLE ZUERST Wie erhöht man die Energieeffizienz bestehender Gebäude und begrenzt damit sowohl den Klimawandel als auch die Betriebskostenabrechnung der Bewohner? Mit dieser Frage im Hintergrund richtete Wienerberger Belgien einen Teststandort im belgischen Spiere ein. Die umfangreiche Renovierung des um 1900 erbauten Einfamilienhauses ist nun abgeschlossen. In Zusammenarbeit mit Experten wurde diese Studie als eine der ersten mit dem Ziel durchgeführt, die Auswirkungen einzelner Maßnahmen auf den Netto-Energiebedarf und den Komfort zu bestimmen. Die Ergebnisse sprechen für sich: Die energetische Sanierung der Gebäudehülle als erster Schritt ist die optimale Wahl, um die Steigerung der Energieeffizienz und der Renovierungskosten in ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen. Im Testfall wurde der Netto-Energieverbrauch von 410 auf 79 kWh/m² reduziert, was einer Verbesserung von ca. 80 % entspricht, wobei die Kosten für die Renovierung und Isolierung des Dachs und der Fassade, einschließlich der neuen Holzbauten, lediglich 40 % der gesamten Renovierungskosten ausmachten. www.wienerberger.be 06 | MATIJA BEVK ARCHITEKTUR PROFITIERT VON KOMPLEXITÄT Bevk Perovic Architekten, ein junges und aufstrebendes Architekturbüro aus Ljubljana, wurde 1997 von Matija Bevk und Vasa J. Perovic gegründet. Das Büro wurde bereits mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet, darunter dem renommierten Mies van der Rohe Award für junge, aufstrebende Architekten im Jahr 2007. Das Portfolio des Büros umfasst Projekte unterschiedlicher Größenordnungen, von großen Wohnungsbauprojekten und öffentlichen Gebäuden bis hin zu privaten Einfamilienhäusern in ganz Europa. Im folgenden Interview erläutert Matija Bevk, Gründungspartner und Jurymitglied des Brick Award 2016, die wesentlichen Aspekte und Herausforderungen von „urban infill“-Architektur. Sie haben in den letzten Jahren zahlreiche städtische Projekte in verschiedenen Ländern geplant und umgesetzt. Was sind aus Ihrer Sicht die wesentlichen Aspekte für erfolgreiche „urban infill“ Projekte? Wie bei anderen Projekten ist auch hier die architektonische Idee das entscheidende Element, darauf folgt die Ausformulierung der Architektur. Es geht dabei nicht nur um Farben und Oberflächen; dies sind die abschließenden Gestaltungselemente der Architektur und meiner Meinung nach wäre es falsch, sich sofort diesen optischen bzw. haptischen Themen zuzuwenden. Die Hauptfragen bei der innerstädtischer Nachverdichtung sind, wie der Neubau auf seine unmittelbare Umgebung reagiert, wie er die gegebenen Bedingungen für seine eigene Ausformulierung nutzt (oder missbraucht), welches Innenraumkonzept aufgebaut werden kann und wie der Neubau einen Dialog mit dem umliegenden Stadtgefüge eingeht. Urban infill Projekte bieten immer auch die Gelegenheit, die Beziehungen zwischen Nutzern, Gebäude und Stadt zu analysieren und neu zu definieren. Und was sind die Herausforderungen? Alle sogenannten Herausforderungen – oder Probleme, wenn man es so nennen will – sind gleichzeitig auch Potenziale und Inspiration. Beschränkungen und Bedingungen sind eigentlich ein Rahmen für die Arbeit des Architekten. Wenn wir mal ehrlich sind, dann liegt die schwierigste Aufgabe eher darin, ein Gebäude auf einem vollkommen freien Grundstück zu entwerfen, ohne finanzielle oder sonstige Beschränkungen und mit einem „Freibrief“ seitens des Bauherrn. Ich glaube, dass der Architekt (oder die Architektur) von Komplexität und Einschränkungen INTERVIEW | 07 Das Gebäude ist nicht nur es „selbst“ – ein Gebäude – sondern eine Gelegenheit, einen Teil der Stadt zu renovieren, wiederaufzubauen und neu zu beleben, indem die Berührungspunkte von Gebäude und der umliegenden Stadtstruktur intensiviert werden. profitiert – wenn man vor diesen nicht davonläuft, sondern die Chance ergreift und die Herausforderung annimmt. Wie können Renovierungen und Sanierungen einen Beitrag zur Nachverdichtung leisten? Berücksichtigen Stadtplaner und Architekten heute den „alten“ Gebäudebestand? Der alte Bestand ist heute in einer weitaus besseren Position als in der Vergangenheit – wir reißen nicht mehr so viel ab wie früher. Es hat sich gezeigt, dass Projekte, die den Bestand „umschließen“ viel leichter akzeptiert werden. Das mag daran liegen, dass wir gerne eine Verbindung zur Vergangenheit haben, oder weil diese Projekte eine höhere interne Komplexität erlangen, was wiederum eine Voraussetzung für die erfolgreiche Entwicklung von urbanem Leben ist. Altbauten sind oftmals Ziegelgebäude. Ist die Qualität der Bausubstanz und des Baumaterials ein wichtiger Faktor? Selbstverständlich ist das ein wichtiger Faktor. Architektonische Qualitäten, die sich auf die materielle „Definition“ eines Gebäudes zurückführen lassen, sind bedeutend – aus sentimentalen und auch grundlegenden, konstruktiven Gründen. Alte Gebäude sind oft mit ebenso nützlichen wie schönen konstruktiven Lösungen gebaut worden. Viele Altbauten wurden für andere Zwecke erbaut – als Lagerhäuser, Werkstätten, Fabriken – und aufgrund dieser relativen „Offenheit“ können wir sie heute neuen Nutzungen zuführen. Ziegel ist dabei das Schlüsselelement, das dies ermöglicht. An welchen innerstädtischen Nachverdichtungsprojekten arbeiten Sie gerade? Momentan arbeiten wir (zusammen mit B-architecten) an einem solchen Projekt für die Erasmus Universität in Brüssel. Das Grundstück befindet sich in einem früheren Gewerbegebiet direkt in der Innenstadt. Bei diesem Sanierungs- und Erweiterungsprojekt suchen wir nach einer Wechselwirkung zwischen neuen und alten Gebäuden, zwischen neuen und alten Funktionen sowie zwischen dem neuen Komplex und dem Stadtgefüge. Das Gebäude bietet die Möglichkeit, einen Teil der Stadt wiederherzustellen und neu zu beleben, indem die Berührungspunkte von Gebäude und der umliegenden Stadtstruktur intensiviert werden. Dieses Projekt wird in Ziegel ausgeführt, allerdings in einer anderen Farbe und mit anderem Erscheinungsbild als im Bestand – wir bezwecken eine starke „Präsenz“ und einen Kontrast statt der Angleichung an das bestehende Gebäude. 08 | WAND / FASSADE | BRANDENBURG | DEUTSCHLAND DENKMALGERECHT SANIERT Die historische Burgmühle mit Kornspeicher in Brandenburg an der Havel blickt auf eine 700-jährige Tradition zurück. 2002 fast vollständig abgebrannt und teilweise eingestürzt, sind nach der Sanierung 64 hochwertige Eigentumswohnungen sowie zwei Gewerbeeinheiten in bester Wasserlage entstanden. V erantwortlich für das Sanierungsprojekt zeichnete Bernd Jansen, Geschäftsführer der Jansen Immobilien GmbH. „Nach Auflagen des Denkmalschutzes sollte der Charakter des Industriedenkmals auf der Dominsel erhalten bleiben.“ Der Investor entschied sich für den Systemanbieter Wienerberger und dessen hochwertige keramische Baustofflösungen, die für eine denkmalgerechte Sanierung geeignet sind und zugleich die Anforderungen des mehrgeschossigen Wohnungsbaus bezüglich Schall-, Brand- und Wärmeschutz erfüllen. INNENSTADT-IDYLLE MIT WASSERBLICK Da die Fassade des Gebäudeensembles in weiten Teilen erhalten geblieben war, musste diese nicht komplett erneuert werden. Für die Ergänzung der vorhandenen Ziegel war es aus bauphysikalischer Sicht notwendig, auf einen gleichwertigen keramischen Baustoff zu setzen, um eine Mischbauweise zu vermeiden. So wurden beschädigte Verblender an der Fassade von Hand ausgestemmt und durch die farblich abgestimmten, glatten Strangpressziegel Schleswig rubinrot sowie Heide rot nuanciert von Wienerberger ersetzt. Für die Hintermauer wurden 36,5 Zentimeter starke Poroton-Planziegel-T12 eingesetzt. Dieser vollkeramische Ziegel kommt durch seine ökologischen Eigenschaften dem historischen Mauerwerksbestand am nächsten. Aufgrund erhöhter Anforderungen an den Schallschutz wurden für den Bau der Innenwände Schallschutzziegel MZ 5 DF-1,8 und MZ 6 DF-1,8 verarbeitet sowie Ziegeldecken eingebaut, die für Objekte dieser Art geeignet sind. Im Giebelbereich entschied sich der Bauherr für wärmedämmende Poroton-T8-24,0-MW mit integrierter Mineralwolle. Weiterer Vorteil dieses Ziegels ist die Platzersparnis durch schlanke Abmessungen. Die monolithische Gesamtkonstruktion nach dem Wiederaufbau garantiert den Eigentümern eine gute Wertanlage, gesundes Raumklima und alle Vorteile einer nachhaltigen Bauweise. Hochwertig saniert, ist die Burgmühle ein faszinierender architektonischer Blickfang geworden. Wo einst Korn verarbeitet wurde, wird jetzt modern gewohnt und gearbeitet. MEHRFAMILIENHAUS | 09 INFO PROJEKT Sanierung der Burgmühle in ­Brandenburg an der Havel, Deutschland ARCHITEKT S&P Sahlmann Planungsgesellschaft für Bauwesen, Potsdam BAUHERR Projektentwicklung Jansen ­Immobilien, Brandenburg an der Havel FASSADE Terca Strangpressziegel Schleswig rubinrot und Heide rot nuanciert (beide glatt) WAND Poroton-T8-MW 24,0; Poroton-T12; Schallschutzziegel MZ 5 DF-1,8 und MZ 6 DF-1,8; Ziegeldecken 13+6 und 18+6 010 | FASSADE | STRASSBURG | FRANKREICH FACELIFTING Wie bringt man ein Studentenwohnheim aus den 1960er Jahren energetisch auf den aktuellen Stand und gibt gleichzeitig seinem Äußeren ein frischeres und gepflegteres Erscheinungsbild? Das Straßburger Architekturbüro Urbane Kultur hat mit Terca Klinkern eine passende Antwort gefunden. D as in den 1960er Jahren nach den Regeln der Charta von Athen und der „funktionalen Stadt“, die Le Corbusier am Herzen lag, erbaute Alfred-Weiss-Studentenwohnheim war in zweifacher Hinsicht renovierungsbedürftig: Einerseits war die Umgestaltung der Innenräume erforderlich, um den Studenten trotz der begrenzten ­Fläche den Komfort von Einzelzimmern zu bieten. Andererseits musste die Außenhülle renoviert werden, um die aktuellen Anforderungen an die Wärmedämmung einzuhalten und das Gebäude gleichzeitig einem erfolgreichen Facelifting zu unterziehen. ZIEGEL BIETEN WÄRMEDÄMMUNG UND EIN NEUES AUSSEHEN Die 208 renovierten Arbeits-Schlafzimmer, von denen jedes kleiner als 10 m² ist, weisen nun drei Verbesserungen auf: ein Badezimmer, optimierte Lagerflächen sowie größere Fenster, die das Blickfeld erweitern und das beklemmende Raumgefühl beseitigen. Die einzige Lösung zur Einhaltung der thermischen Anforderungen war eine Isolierung von au- ßen. Die gewählte Variante, die dem Wohnheim gleichzeitig auch ein ganz neues Aussehen verleiht, ist der Terca Sichtziegel, der als äußere Verblendung eingesetzt wurde. VERBINDUNG VON MODERNE UND TRADITION In Kombination mit Dämmmaterial erhöhen Ziegel die Isolierungsleistung. Gleichzeitig bieten sie akustischen Komfort, eine langlebige Fassade und schützen das Gebäude gegen die Witterung und äußere Einwirkungen. Aus ästhetischer Sicht ermöglichen Terca Ziegel eine Kombination aus Moderne und Tradition. Der Ziegel dient nicht nur der Korrektur sondern schafft durch das Farbspiel und die Verlegeart auch dynamische Effekte auf der Fassade. Dies war auch das Ziel von Urbane Kultur, einem Architekturbüro, das über umfangreiche Erfahrungen im Umbau von kommunalen Gebäuden, (Wasser-)Sporteinrichtungen und Kulturzentren sowie von Schulen und Betreuungszentren für Kinder verfügt. Philippe Dahan, MEHRFAMILIENHAUS | 011 Architekt und Büropartner, fasst die Entscheidungen dieses Sanierungsprojekts zusammen: „Hinsichtlich der Außenkonstruktion hatten wir es mit einem Gebäude zu tun, dessen Geometrie nicht perfekt und dessen thermisches Verhalten drastisch veraltet war. Außerdem mussten wir uns mit einer Veränderung des Gebäudesockels auseinandersetzen, der zuvor offen war und nun bis zum Boden hinunter eingefasst wurde. Zu diesem Zweck wurde ein U-förmiges Metallprofil zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Obergeschoss eingefügt. Neben seinen thermischen Eigenschaften und seiner Langlebigkeit und in einer Gegend, in der dieses Material bereits present ist, gibt der Terca Ziegel – den wir hier in einer warmen weißen Farbe und mit dem Joints Vifs® TrockenfugenMauersystem vermauert haben, um einen abstrakten graphischen Effekt zu erzielen – dem Gebäude ein ruhiges, solides, sachliches Erscheinungsbild. Das Baumaterial hat zudem einen weiteren Vorteil, der für diese Art von Sanierungsprojekt entscheidend ist: es erlaubt die Korrektur von strukturellen Mängeln und vertikalen Abweichungen.“ INFO PROJEKT Renovierung des Alfred-WeissStudentenwohnheims in Straßburg, Frankreich ARCHITEKT Urbane Kultur BAUHERR Strassbourg CROUS FASSADE Terca Terre blanche 012 | DACH / FASSADE | LISSE | NIEDERLANDE VERSCHÖNERUNG IM HANDUMDREHEN Die „Vogelwijk” Stadthäuser in Lisse wurden in den späten 1960er Jahren erbaut. Nach mehr als 50 Jahren benötigten die solide gebauten, aber hinsichtlich ihrer Ausstattung überholten Häuser unbedingt ein optische Aufwertung und eine Anpassung an aktuelle energetische Anforderungen. Woningstichting Stek wurde mit der Sanierung der fünf quadratischen Wohnblöcke betraut. Mit raffinierten Änderungen gelang ihnen ein umfangreiches Facelifting und eine Verbesserung der Wohnbedingungen in allen 218 Häusern. MEHRFAMILIENHAUS | 013 N icht nur die Verbesserung des Wohnkomforts und des Erscheinungsbildes der Wohnsiedlung stand auf dem Plan sondern auch eine Individualisierung der Gebäude. Die Sanierungsarbeiten mussten in den auch weiterhin bewohnten Häusern durchgeführt werden. Deshalb wurden die 218 Gebäude in fünf Typen unterteilt, die sich im Ausmaß der Wand- und Dachisolierung unterschieden. Für jeden Haustyp wurde eine spezielle Herangehensweise entwickelt und auf den Zustand der Immobilie abgestimmt. Die Stek Corporation legte großen Wert auf den Erhalt der Liegenschaften. Alle Häuser wurden an aktuelle energetische Anforderungen angepasst und von einem EPA Berater mit einem „Ökostrom“-Label ausgezeichnet. SANIERUNG VON 218 BEWOHNTEN HÄUSERN „Dieses umfangreiche Instandsetzungsprojekt, das 218 Einfamilienhäuser umfasste, die während der Durchführung der Arbeiten weiterhin bewohnt blieben, erforderte sorgfältige Planung und Vorbereitung“, sagt George Altena von der Coen Hagedoorn Construction Group. „Um schnell und effizient arbeiten zu können, haben wir in einem leer stehenden Haus zunächst einen Testlauf durchgeführt. Es wurden Skizzen erstellt und ein Pilotprojekt entwickelt.“ Die Fassaden und Dächer wurden auf der Grundlage dieses Pilotprojekts vorgefertigt. Um Unannehmlichkeiten gering zu halten, wurden die Fassaden und Dächer in nur einem Tag ausgetauscht. Nach drei Tagen waren die Arbeiten an der Vorder- und Rückwand sowie am Dach abgeschlossen. Ältere Menschen, Personen mit Asthma oder Gehbeschwerden konnten vorübergehend in einem von Stek Wonen zur Verfügung gestellten Gästehaus wohnen. ZIEGEL ERMÖGLICHEN EINHEIT IN DER VIELFALT Ron Baltussen von Hooyschuur Architects erläutert das Designkonzept: „Die Ziegelverblendung der Häuser war von schlechter optischer Qualität und nahezu identisch, wohingegen Bauunternehmen und Mieter eine gewisse Individualisierung anstrebten. Wie weit sollte das also gehen? Der soziale Wohnungsbau in den Niederlanden mag etwas langweilig erscheinen, aber es strahlt Ruhe und Zusammenhalt aus. Also haben wir auf dieser Basis angefangen und nach einer Balance zwischen persönlichem Ausdruck und Gemeinsamkeit gesucht. Die Häuserzeilen sind noch immer in Blocks zu je acht bis zwölf Gebäuden unterteilt, allerdings haben wir jeden Block in eine Art Gemälde verwandelt. Indem wir das Mauerwerk in unterschiedlichen aber zueinander passenden Farben ausgeführt haben, erzielten wir den gewünschten Effekt. Kurz gesagt: Individualisierung innerhalb eines gemeinsamen Erscheinungsbildes. Wenn man im Auto an den Wohnblöcken vorbeifährt, wird man dies nicht erkennen können. Fährt man allerdings mit dem Fahrrad vorbei, werden die Farbunterschiede erkennbar. Und wenn man zu Fuß unterwegs ist, ist die beabsichtigte Individualität deutlich zu erkennen.“ AUFWENDIGE GESTALTUNG UND EXAKTE AUSFÜHRUNG Rien van Amerongen, Berater bei Gevel & Wand Wienerberger fügt hinzu: „Bei diesem ­ Projekt wurde entschieden, die Außenhaut durch massive Sichtziegel zu ersetzen. Eine Alternative hierzu ist der SlimBrick, ein schmälerer Ziegel, der mehr Platz für die Isolierung lässt. Aber auch normale Sichtziegel bieten eine angemessene, robuste Renovierungslösung. Es war schön, einen Beitrag zu diesem Auswahlprozess leisten zu können. Die Bauarbeiter haben in Lisse hervorragende Arbeit geleistet, und das mit einem fantastischen Prozessmanagement. Das Projekt wurde von einem guten Architekten geplant. Er wusste genau, wie er mit den unterschiedlichen Ziegeln eine feine Farbpalette schaffen konnte. INFO PROJEKT Vogelwijk Sanierungsprojekt, Lisse, Niederlande ARCHITEKT Ron Baltussen, Hooyschuur Architects, Wormerveer BAUHERR Woningstichting Stek, Lisse BAUUNTERNEHMEN Coen Hagedoorn Construction Group, Huizen FASSADE Terca korallenrot, beige-rot und Mastic DACH Koramic Madura – schiefergrau engobiert und naturrot FERTIGSTELLUNG 2014 014 | WAND | SCHWERIN | DEUTSCHLAND SCHWERINER SCHMUCKSTÜCK Das denkmalgeschützte Gebäudeensemble befindet sich in der Schweriner Altstadt. Es wurde im Auftrag des Großherzogs Paul Friedrich von Mecklenburg um 1842 als repräsentatives Hotel nach dem Entwurf des Schinkel Schülers Georg Adolf Demmler errichtet. Aus denkmalpflegerischen Gründen wurden 2011 die aufwendigen Stuck- und Fachwerkfassaden an der Innenseite mit ­Poroton-WDF gedämmt. MEHRFAMILIENHAUS | 015 Das denkmalgeschützte Gebäude in der Schweriner Altstadt wurde 1842 als repräsentatives Hotel erbaut und besteht aus drei Gebäudeteilen. Gebäudeteilen: einem viergeschossigen Eingangsgebäude mit schmuckreich gestalteter Putzfassade, einem angeschlossenem Fachwerk-Mittelbau, der vor der Sanierung vier-, jetzt zweigeschossig ist, sowie dem Gebäude in der Klosterstraße 5. Die Baukörper bilden zusammen einen halboffenen Innenhof. KOMFORT IM RAHMEN DES DENKMALSCHUTZES Das Nutzungskonzept des neuen Eigentümers sah vor, dass im Zuge der denkmalgerechten Instandsetzung komfortable Wohnungen in unterschiedlichen Größen von 60 bis 184 m² Wohnfläche entstehen. Alle Wohnungen sollten mit einem Balkon oder einer Gartenterrasse ausgestattet werden. Der Einbau neuer Aufzuganlagen sollte die barrierefreie Erschließung für jedes Geschoss ermöglichen. Zur Aufwertung der Außenraumqualität war – trotz des Denkmalstatus – der Abbruch von zwei Geschossen des Mittelbaus angedacht, so dass ein begrünter, heller Innenhof entstehen konnte. Die Schweriner Architektin Antje Forejt begann 2011 mit Analyse, Planung und Durchführung der Sanierungsarbeiten. Z ehn Jahre nach der Errichtung des luxuriös ausstaffierten Hotels wurde der Betrieb eingestellt. Danach musste der Gebäudekomplex wechselnde Nutzungen und eine Vielzahl von Um- und Anbauten über sich ergehen lassen. Seit den 1990er Jahren stand der Gebäudekomplex dann komplett leer. Darunter litt die Bausubstanz erheblich. Mit dem Eigentümerwechsel im Jahr 2011 wurde das Ensemble nachhaltig und sensibel saniert und einer zeitgemäßen Wohn- und Gewerbenutzung zugeführt. Das Ensemble Schlossstraße 12/Klosterstraße 5 befindet sich in direkter Nachbarschaft zu den Schweriner Regierungsgebäuden. Es besteht aus drei SANIERUNG UNTER NACHHALTIGEN ­G ESICHTSPUNKTEN Ein sorgfältig geplantes energetisches Konzept war für die Sanierung im Rahmen des Denkmalschutzes dringend geboten. Die Dämmung hinter den Fassaden mit Schieferbekleidung wurde mit einer 16 Zentimeter dicken Außendämmung versehen. An die Innenseite der maroden und feuchten Stuck- und Fachwerkfassaden wurde die keramische Wärmedämmfassade Poroton-WDF von Schlagmann angebracht. Der kapillaraktive, diffusionsoffene Dämmstoff ermöglichte eine funktionstüchtige Innendämmung der Außenwand. Nach Beendigung der Sanierungsarbeiten erläutert Antje Forejt ihren Ansatz: „Die denkmalgerechte Instandsetzung des Gebäudes zielte in jeglicher Hinsicht darauf ab, die bestmögliche Lösung unter Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes, der Stadtentwicklung, des Bauträgers und der heutigen technischen Anforderungen zu realisieren.“ INFO PROJEKT Sanierung eines Wohn- und ­Geschäftshauses in Schwerin, Deutschland ARCHITEKT Antje Forejt, forejt architekten, Schwerin BAUUNTERNEHMEN Schelfbau GmbH & Co. KG WAND POROTON-WDF, 18 cm FLÄCHE 2.177 m2 Weiterführende Informationen zum Thema PorotonWDF sind unter www.poroton-wdf.de verfügbar. FERTIGSTELLUNG 2014 016 | WAND / FASSADE | ZÜRICH | SCHWEIZ D ie Stadtviertel am nördlichen Rand von Zürich waren einst ländliche Gemeinden, die erst im Zuge der Industrialisierung urbanisiert wurden. Dies führte zum Bau einer Vielzahl von Siedlungen für die Arbeiter der großen Industrieunternehmen. Das im Jahr 1930 im Stadtviertel Affoltern gebaute Arbeiterhaus ist ein typisches Beispiel dieser Zeit: um eine größtmögliche Fläche des kleinen Grundstücks für die Selbstversorgung aus eigenem Anbau zu nutzen, wurde das Haus mit dem Nachbargebäude an der Grundstücksgrenze verbunden. VERDOPPLUNG DES VOLUMENS Folglich entsprach nun das verfügbare Raumangebot nicht mehr den heutigen Erfordernissen. Da eine Baugenehmigung für einen Erweiterungsbau und die Aufstockung eines zusätzlichen Geschosses vorlag, wurde das Haus umgebaut und vergrößert. Zielsetzung des Umbaus war die Schaffung von zwei ZweiZimmer-Wohnungen mit geräumigen Grundrissen. Zu diesem Zweck wurde das Gebäude aufgestockt und ein würfelförmiger Anbau auf der Hofseite hinzugefügt. So wurde jedes Stockwerk um 20 m² vergrößert, wobei das oberste Stockwerk eine Terrasse auf dem Dach des Anbaus erhielt. Der offene Grundriss verbindet den Anbau und den Altbau und schafft die ursprünglich beabsichtigten großzügigen Räume, insbesondere da das Gebäudevolumen von 410 m³ auf 870 m³ mehr als verdoppelt wurde. NUTZUNG KERAMISCHER BAUMATERIALIEN FÜR WÄNDE UND DACH Das zusätzliche Stockwerk und die Wand, die den Anbau vom Nachbauhaus trennt, wurden aus Mauerziegeln gebaut. Dies war eindeutig die vorteilhafteste Lösung, da es einfach und kostengünstig im Bau war und im Falle des Anbaus zudem den erforderlichen Brandschutz- und Schalldämmungsgrad bot. „Die Verwendung von Ziegeln ermöglichte es uns, das ursprüngliche Materialkonzept des Gebäudes beizubehalten und gleichzeitig in logischer Weise aufzuwerten”, erklärt die Architektin Martina Roth. Das neue Dach, das nun einen Stock höher liegt und damit die gleiche Firsthöhe wie das Nachbargebäude aufweist, wurde mit dunkelgrauen Dachziegeln eingedeckt. Somit hat der Umbau das frühere Arbeiterhaus in ein elegantes Gebäude mit einem stimmigen Farbkonzept verwandelt. Das graue Dach passt hervorragend zu den rot gefärbten Holzlatten des Anbaus und der Fassade des Altbaus, die in schlichtem Weiß ausgeführt wurde. EINFAMILIENHAUS | 017 HAUSERWEITERUNG MIT FINESSE Durch einen geschickt positionierten Anbau und die Aufstockung um ein weiteres Geschoss wurde ein kleines Arbeiterhaus in ein elegantes Stadthaus mit zwei großzügigen Wohnungen auf zwei Ebenen verwandelt. Die Wände wurden auf Ziegeln gemauert, und ein neues Ziegeldach schließt den erfolgreichen Umbau nach oben hin ab. INFO Das Arbeiterhaus wurde in ein ­e legantes Stadthaus verwandelt. PROJEKT Umbau und Erweiterung eines ­Stadthauses in Zürich, Schweiz ARCHITEKT Imroth GmbH, www.imroth.ch BAUHERR Margrith Roth, Zürich DACH Plano Dachziegel WAND Swissmodul FLÄCHE 218 m² Mehr Informationen unter www.architectum.com 018 | FASSADE | OTTIGNIES | BELGIEN RENOVIERUNG BEDEUTET NACH VORNE SCHAUEN In dem zweistufigen Umbauprojekt für eine Scheune realisierte der Architekt Xavier van der Heyden ein großzügiges Heim für eine Familie, das sich als harmonische Mischung aus Alt und Neu präsentiert. Das Geheimnis hinter dieser erfolgreichen Umwandlung? Ein logischer Masterplan und die Liebe zu natürlichen Materialien ermöglichten die Verflechtung von zeitgemäßem Design und einer reichen Architekturtradition. R enovierungen benötigen manchmal eine langfristige Planung, insbesondere wenn Anforderungen, Flexibilität, Nachhaltigkeitsziele und das verfügbare Budget in Einklang gebracht werden müssen. Dieses Projekt veranschaulicht dies hervorragend. Im Jahr 2002 hatte der Architekt Xavier van der Heyden eine Scheune mit Unterkellerung zu einem kompakten Wohnhaus umgebaut. Von Anfang an hatte der Architekt die Bedürfnisse einer größeren Familie berücksichtigt. Die eigentlichen Wohnräume sowie der vertikale Treppenaufgang mit Eingangstür und Flur wurden hinzugefügt; mit dem entsprechenden Budget würde dieser Bereich als Mittelpunkt für einen später zu ergänzenden Anbau genutzt werden. Genau dieser Gebäudeteil wurde nun verwirklicht. HARMONISCHES GANZES Mit Raffinesse in der Gestaltung als auch hinsichtlich der verwendeten Materialien gelang es dem Architekten, aus dem alten und neuen Teil ein zusammenhängendes Ganzes zu schaf- EINFAMILIENHAUS | 019 Dank der aufgeklebten Sichtziegel und der bündig in die Außenwand eingelassenen Fallrohre zeigt der neue Baukörper ein durchgängig modernes Erscheinungsbild. Die überlegte Positionierung des neuen Gebäudeteils schafft einen an der Gartenseite gelegenen privaten Innenhof. fen und sie dennoch deutlich unterscheidbar zu belassen. Eine eindrucksvolle Komponente ist die Wahl des Terca Blue Paepesteen als Sichtziegel für den neuen Gebäudeteil. Der gebrannte Ziegel bewirkt eine klare Unterscheidung zwischen dem Anbau und dem roten Mauerwerk der ehemaligen Scheune. Diese eigene Identität wird durch die verwendete Dünnbettverlegung und die bündig in die Fassade eingelassenen Regenfallrohre betont. Gleichzeitig verdeutlichen die durch die zweifach gebrannten Ziegel an der Fassade des ursprünglichen Gebäudeteils erzeugten dunklen Farbakzente, dass die beiden Außenwände zusammengehören. „Der Terca Ziegel stellt einen Bezug her zu den Farbtönen, die man bei den Ziegeln der Scheune erkennen kann”, erklärt der Architekt. Diese Differenzierung lässt sich auch an anderen Details erkennen. Der neue Gebäudeteil ist höher, seine Frontseite liegt näher an der Straße und reicht weiter in den Garten hinein, so dass ein geschützter Innenhof in der Ecke entsteht, in der beide Baukörper zusammentreffen. Eine Einheit entsteht dann durch die typischen Giebeldächer und die Fensterrahmen aus Aluminium. GESUND UND NACHHALTIG Selbstverständlich ist der Anbau sehr gut isoliert und unter Nachhaltigkeitsaspekten geplant. Architekt Xavier van der Heyden nennt die Vorteilen des keramischen Baumaterials: „Ziegel dienen als temporärer Wärmespeicher und geben die Wärme nur langsam wieder ab. Dadurch tragen sie zum Komfort der Bewohner über das ganze Jahr hinweg bei. Keramische Baumaterialien eignen sich hervorragend für nachhaltige Architektur: die Gewinnung der Rohstoffe und die Produktion erfolgen in der Umgebung, und die Produkteigenschaften tragen zur Schaffung einer angenehmen und gesunden Wohnumgebung bei.“ Zudem sorgt eine Erdreich-Wärmepumpe im Anbau für Kühlung im Sommer und warme Luft zum Heizen im Winter. Sonnenschutzverglasung verhindert eine Überhitzung an heißen Tagen, lässt aber gleichzeitig im Winter Sonnenstrahlen ins Haus einfallen. Die Architektur verknüpft die Gestaltung mit Vorteilen für die Bewohner. INFO PROJEKT Umbau eines Einfamilienhauses in Ottignies, Belgien ARCHITEKT Atelier XVDH - Xavier van der Heyden, Ottignies BAUHERR Architekt X. van der Heyden FASSADE Terca Blauwe Paepesteen 020 | WAND | BERLIN | DEUTSCHLAND CHARAKTERSTARKER ERSATZNEUBAU Am Rande Berlins befand sich die einstige Büdnerei aus dem Jahre 1873, ein bauernhofähnliches Anwesen von Kolonisten mit wenig Land. In Absprache mit den Denkmalpflegern entschieden sich die Beteiligten für die wirtschaftlichste Variante – Abriss und Ersatzneubau im ursprünglichen Stil. D as Ergebnis ist ein modernes Einfamilienhaus mit historischem Charme, in dem sich alte und neue Elemente wiederfinden. Nach historischem Vorbild wurden die Sprossenfenster und die Eingangstür sowie das Krüppelwalmdach und der Natursteinsockel wiederhergestellt. Die Bauherren wünschten sich eine natürliche und zugleich hochwärmedämmende Gebäudehülle. Die Wahl fiel auf den mit Perlit verfüllten Poroton-Ziegel T8-P von der Wienerberger Joint Venture Schlagmann. TRADITION UND MODERNE Durch die Holztür gelangt man direkt in den für Büdnerhäuser typischen Querflur, welcher denkmalschutzgerecht in das neue Haus integriert wurde. Von dort gehen eine Einliegerwohnung sowie Zugänge zu Arbeitszimmer und Küche ab. Das gesamte Erdgeschoss wirkt durch offene Türbögen großzügig und hell. Die freiliegenden Ziegel in den Bögen wurden beim Abriss geborgen und verleihen dem Gebäude nicht nur einen rustikalen Charakter. Insgesamt ist ein wunderschönes Unikat traditioneller Ziegelarchitektur wiedererstanden. Die Raumreserve unterm Dach wurde zeitgemäß im Maisonettestil erschlossen. Wohn- und Schlafraum sowie das moderne Bad mit Holzsauna befinden sich jetzt in der ersten Etage. EINFAMILIENHAUS | 021 Links: Charaktervolles Büdnerhaus: Haustür, Sprossenfenster, ­K rüppelwalmdach und Steinsockel wurden in Übereistimmung mit historischen Details wiederhergestellt. Links: Alte und neue Elemente finden sich im gesamten Haus wieder. Innenansicht mit freiliegenden Ziegeln in der Küche. Der erhaltene Keller wurde saniert und veranschaulicht nun die Qualität der Architektur im 19. Jahrhundert. Die Fußböden im gesamten Haus sind gefliest, eine optimale Lösung für die mit Gasbrennwertkessel betriebene Fußbodenheizung. Zusammen mit der Gebäudehülle aus energieeffizienten Ziegeln sind geringe Betriebskosten garantiert. Darüber hinaus sorgt der Wandbildner neben optimalem Schallschutz für angenehmes Wohn- und Raumklima: Gebrannter Ton und die Füllung aus Perlit dünsten keine Schadstoffe aus. Dieser Aspekt war der jungen Familie besonders wichtig. Auch in Sachen Brandschutz sind Ziegel erste Wahl. Der werthaltige Wandbaustoff bietet beste Voraussetzungen für weitere 200 Jahre im neuen Büdnerhaus. Dass Tradition und Moderne sich nicht ausschließen müssen, zeigt dieser Ersatzneubau eindrucksvoll: Denkmalschutzbestimmungen wurden eingehalten und trotzdem ein moderner, hochwertiger Lebensraum geschaffen. INFO PROJEKT Ersatzneubau des Büdnerhauses in Berlin, Deutschland ARCHITEKT Dipl.-Ing. Mariola Dieckmann BAUHERR Bianca und Michael Lies, Berlin WAND Poroton-T8-P NETTO-NUTZFLÄCHE 315 m² 022 | DACH / FASSADE | NOODERWIJK | BELGIEN EIN ORT ZUM TREFFEN UND LESEN Die Identität eines Dorfkerns wird oftmals von einem einzigen Gebäude bestimmt, welches das allgemeine Erscheinungsbild prägt. In dem kleinen Dorf Noorderwijk hatte diese Rolle das frühere Rathaus übernommen, das später zu einem Gemeindesaal mit Bücherei umfunktioniert wurde. Seine Haupteigenschaften sind die warme, einladende und mit weinroten Tonziegeln verkleidete Außenhülle sowie der starke Kontrast, in dem diese zum Glasanbau steht. A ls Noorderwijk mit der nahegelegenen Stadt Herentals zusammengelegt wurde, verlor das Rathaus seine ursprüngliche Funktion. Während man bemüht war, eine neue Funktion zu finden, wurde das Gebäude vorübergehend als Umkleide für den Umweltdienst der Gemeinde und gelegentliches als Büro für die Polizei des Bezirks genutzt. Nach einer gründlichen Analyse der Möglichkeiten und Anforderungen beschlossen die Kommunalverwaltungen den Umbau und die Erweiterung des ehemaligen Rathauses in ein Gemeindezentrum und eine Stadtbücherei. Zudem mussten die Gestalter Parkmöglichkeiten für die Fahrzeuge des örtlichen Roten Kreuzes und des Umweltdienstes in den Komplex integrieren. GEBÄUDESTRUKTUR BIETET FUNKTIONALE FLEXIBILITÄT Der Auftrag wurde an das Designstudio Bert Gebruers - Peter Jannes vergeben. Bereits zu einem sehr frühen Zeitpunkt entschieden die Archi- tekten, dass das Bestandsgebäude die Funktion des Gemeindezentrums übernehmen würde. Die Hauptmerkmale des Gebäudes sind seine archetypische Gebäudeform, der große Baukörper, das einfache Tragwerk und der markante symmetrische Grundriss mit dem mittigen Treppenaufgang und einigen Räumen zu beiden Seiten. Die Struktur des Gebäudes eignete sich ideal für die Einrichtung getrennter Räumlichkeiten für, zum Beispiel, eine Musikschule, Versammlungsräume und ein Sozialhilfezentrum. MONOLITHISCHES UND KRAFTVOLLES ERSCHEINUNGSBILD Etliche Veränderungen waren notwendig, um das imposante alte Gebäude für die neue Nutzung vorzubereiten. Das Gebäude wurde isoliert, alle außenliegenden Holzbauten wurden erneuert und die Holzbalken wurden durch Hohlelemente aus Beton ersetzt. Die tragenden Wände blieben unberührt. Die weinroten glasierten Dachziegel, mit denen das gesamte nun- ÖFFENTLICHE NUTZUNG | 023 mehrige Gemeindezentrum eingedeckt ist, stärken die beeindruckende Erscheinung des Gebäudes. Wie der Architekt betont, „verleiht die Ausführung des Daches und der Wand in demselben Material dem Gebäude ein monolithisches und kraftvolles Erscheinungsbild”. Zudem untermalt diese Gestaltung den Kontrast zum transparenten quaderförmigen Neubau, der rechtwinklig zum Altbau und parallel zur Straße verläuft. Der Bereich, in dem Alt- und Neubau zusammentreffen, wurde geschickt als gemeinsamer Eingang mit Platz für sanitäre Einrichtungen gestaltet. Der Architekt konzentrierte sich außerdem auf Nachhaltigkeitsaspekte. Da der Energieverbrauch ein wichtiger Gesichtspunkt war, erwies sich eine keramische Fassade als vorteilhaft: „Eine Fassaden- verkleidung mit Ziegeln vereinfacht die Isolierung des Bestandsgebäudes“, begründet der Architekt seine Materialwahl. Außerdem griff man auf die Möglichkeiten nachhaltiger Haustechnik zurück: Wärmepumpe und Brennwertkessel für die Heizungsanlage, ein Solarheizkessel für die Warmwasserbereitung, ein Belüftungssystem mit Wärmerückgewinnung in der Bücherei und im Gemeindezentrum, Lamellen-Fensterläden als Sonnenschutz und zur Temperaturregulierung, maximale natürliche Belichtung verbunden mit energieeffizienter, sensorgesteuerter künstlicher Beleuchtung und ein Regenwasser-Auffangsystem. Diese Entscheidungen wurden von lokalen Vereinigungen sehr begrüßt, da sie zweifellos die Knüpfung dauerhafter sozialer Kontakte fördern. INFO PROJEKT Umbau in Gemeindezentrum und Bücherei, Noorderwijk, Belgien ARCHITEKT Ontwerpbureau Bert Gebruers – Peter Jannes bvba, Olen, Belgien BAUHERR Stadt Noorderwijk DACH UND FASSADE Koramic Pottelberg 301 Biberschwanzziegel, weinrot, glasiert 024 | PFLASTERKLINKER | AMSTERDAM | THE NETHERLANDS VOM RANDBEZIRK ZUM STADTTEILZENTRUM Oostpoort war lange ein benachteiligter Teil der Stadt: flache Gebäude, Gewerbebetriebe und Freiflächen. Nach der Entstehung von Geschäften, Büros und Wohnungen musste diese Gegend zum neuen Zentrum von Amsterdams Osten werden. Die Pläne waren ehrgeizig, aber nicht unlogisch angesichts der bereits hohen Konzentration an vorhandenen Einrichtungen: das Bezirksamt, das MuzyQ Musikgebäude, Amsterdam CBD, Sporthalle, Schwimmbad, Grundschule und der Bahnhof Muiderpoort. Prognosen zufolge soll sich die aktuelle Zahl der Einwohner vervierfachen. D ie Ausgangssituation war zweischichtig: einerseits entstanden viele neue Einrichtungen und Büros, andererseits wies die Gegend aber eine schwache sozioökonomische Struktur auf. Teilweise entstand die Vision für dieses Stadtentwicklungsprojekt aus den Verhandlungen zwischen der Vorstadt im Osten und dem Projektentwickler OCP. Im Jahr 2013 konkretisierte das Projektbüro Ost das Vorhaben: „Es wird insgesamt weniger Wohnungen geben, dafür mehr Privathäuser und weitläufigere, grünere öffentliche Bereiche. Mehr als 80 soziale Mietwohnungen werden verfügbar sein. Dieses neue Vorhaben spiegelt die Nachfrage auf dem Wohnungsmarkt besser wieder und wird schrittweise entwickelt, so dass es wesentlich schneller umgesetzt werden kann. Das neue Vorhaben soll Käufer und Mieter ansprechen, die ein urbanes Leben in einem grünen, gepflegten Wohngebiet mit geringem Verkehrsaufkommen führen möchten.“ INFO PROJEKT Entwicklung von Oostpoort, ­Amsterdam, Niederlande ARCHITEKT Soeters Van Eldonk architects, ­Amsterdam BAUHERR Stadtverwaltung Amsterdam, Bezirk Ost PFLASTERUNG Terca Rosa Wasserstich DF FERTIGSTELLUNG 2014 VERTRAUTE PLÄTZE UND EINKAUFS­ STRASSEN In Oostpoort-Ost entstehen 30 am Kai gelegene Villen entlang der Straße Ringvaart, 70 herrschaftliche Häuser, 35 frei finanzierte, zum Verkauf stehende Wohnungen und 84 Sozialmietwohnungen. Zusätzlich zu den Häusern werden Gastronomiebetriebe im historischen Ammonia-Gebäude der Oostergasfabriek, einer früheren Gasfabrik, eingerichtet. Das neue Wohngebiet im östlichen Teil bildet die Verbindung zum lebendigeren westlichen Teil, in dem zahlreiche Hochhäuser entstanden, in denen früher Wohnungen und ein Einkaufsviertel mit einer Tiefgarage untergebracht waren. ALLES WAS EINE STADT AUSMACHT Eine Vielzahl von Agenturen trug zu der ausgeglichenen Planung bestehend aus Industriegebäuden, frischen neuen Strukturen und der beabsichtigten Intimität bei. Der Städtebauarchitekt Sjoerd Soeters erläutert: „Oostpoort hat die Atmosphäre eines intimen Stadtkerns. Die öffentlichen Bereiche, die Straßen und Plätze sind kompakt, so dass sich die Menschen dort erkennen können. Wir bringen all das zusammen, was eine Stadt zu einer Stadt macht. Die Gegend wird ein echtes Viertel von Amsterdam mit einer Mischung aus historischen Gebäuden und der passenden Pflasterung werden.“ ÖFFENTLICHE NUTZUNG | 025 026 | DACH | DRESDEN | DEUTSCHLAND FRÜHE MODERNE ­A RCHITEKTUR Gebäude wie das Dresdener Hans-Erlwein-Gymnasium erzählen ihre eigene Geschichte, von der Gestaltungsidee, dem Baustil ihrer Entstehungszeit sowie der sich wandelnden Bedeutung für die städtebauliche Entwicklung. Von 2012 – 2014 wurde der mittlerweile denkmalgeschützte Bau umfassend saniert. V on 1912 bis 1914 erbaute man das Schulgebäude im Dresdener Stadtteil Gruna unter der Leitung vom damaligen Dresdener Stadtbaurat Hans Erlwein. Bis heute besteht es aus dem Nord- und dem Südflügel sowie einem dazwischenliegenden zurückgeschobenen Verbindungsbau mit Speiseraum im Sockelgeschoss, einer Turnhalle im 1. OG und Durchgängen im 2. und 3. OG. Neben Keller und Dachgeschoss umfasst der gesamte Riegel fünf Stockwerke. Während die beiden Flügel als markante Eckbauwerke mit klar strukturierter Fassade das Gebäude dominieren, zeichnet sich der Verbindungsbau durch einen gebogenen Vorbau mit Balkon aus. MARKANTES DACH Passend zur einprägsamen Architektur stellen die jeweiligen Dächer einen charakteristischen Gebäudeabschluss dar. Über einem durch langgezogene Gauben unterbrochenen Mansarddach thront zusätzlich ein Walmdach. Das umlaufende Gesims an der Traufe trennt optisch zwischen fünftem Obergeschoss und Dachgeschoss. Auch das Dach des Verbindungsbaus ist zweigeteilt: Im unteren Bereich ebenfalls ein klassisches Mansarddach, straßenseitig unterbrochen durch fünf Fledermausgauben; den oberen Bereich bildet ein sehr steiles Satteldach, dessen First rund 15 m unterhalb der Firstlinie der beiden Gebäudeflügeldächer im hinteren Bereich des jeweiligen Walms endet. IDEAL KOMBINIERT Mit der in 2012 – 2014 durchgeführten Sanierung unter der Planung von Elbcontor Architekten, Dresden, war zugleich auch ein für den zukünftigen Schulbetrieb notwendiger Umbau verbunden. Zur energetischen Sanierung der Gebäudehülle, unter anderem mit neuen Fenstern, kam auch die komplette Erneuerung des gesamten Daches hinzu. Die Dachdeckung erfolgte mit dem ­Koramic Flachdachziegel Alegra 12 in tiefschwarz engobiert. Er entsprach den Vorgaben des Denkmalschutzes. Daneben kam der sowohl farblich wie auch von der Profilierung passende Koramic Flachdachziegel E32 an allen Mansarddachflächen zum Einsatz. Er bot bei der Ausbildung der Fledermausgauben dank des speziellen Sortimentes an A-Keilen sowie rechtsbzw. linksflügeligen Formziegeln Vorteile. ÖFFENTLICHE NUTZUNG | 027 INFO PROJEKT Sanierung des Hans-Erlwein-Gymnasiums in Dresden, Deutschland ARCHITEKT Elbcontor Architekten, Dresden BAUHERR Stadt Dresden DACHDECKER Zimmereihandwerk Aufbau GmbH, Chemnitz DACH Koramic Alegra 12 - tiefschwarz engobiert, E32, Sturmfix DACHFLÄCHE 2.950 m2 FERTIGSTELLUNG 2014 028 | DACH | SCHLOSS EBREICHSDORF | ÖSTERREICH HISTORISCHES JUWEL Der Zahn der Zeit hat auch am historischen Juwel Schloss Ebreichsdorf in Österreich genagt. Das Dach des Wasserschlosses, das auf eine lange Geschichte (1294) zurückblicken kann, war undicht, der Wassereintritt bedrohte die Bausubstanz. Daraufhin beschlossen die Eigentümer, die Familie Drasche-Wartinberg, die rund 2.800 m² große Dachfläche aufwändig und originalgetreu zu sanieren. HISTORISCHE GEBÄUDE | 029 030 | DACH | SCHLOSS EBREICHSDORF | ÖSTERREICH D ie im 16. Jahrhundert zur Renaissanceburg und dem heutigem Wasserschloss Ebreichsdorf umgebaute Wehrburg aus dem 13. Jahrhundert wurde einer aufwändigen Dachrestaurierung unterzogen. Die Familie Drasche-Wartinberg ergriff die Inititive zu dieser Jahrhundertinvestition und erzielte in Kooperation mit dem Denkmalamt und der Firma „Tondach“ ein vorbildlich originalgetreues Resultat. Nora Drasche-Wartinberg beschreibt in folgendem Interview spannende familiäre Hintergründe sowie Details zu den Sanierungsarbeiten. Wurde das Denkmalamt bei der Dachsanierung eingebunden? Wenn ja, welche waren die Hauptkriterien? Welche Anforderungen waren an die Baustoffe, um eine größtmögliche Originaltreue zu erzielen? Nora Drasche-Wartinberg: Ja, das Schloss steht unter Denkmalschutz und das Denkmalamt wurde selbstverständlich eingebunden. Die dort zuständigen Kunsthistoriker zeigten sich äußerst kooperativ und beteiligten sich mit Rat und Tat. Die Vorgaben von Seiten des Denkmalamtes waren die Verwendung des historisch richtigen Materials Tonziegel in der Form von Wiener Taschen – nicht Biberschwanz – und die Sanierung der Kamine und Türme sowie der Dachgaupen in ihrem ursprünglichen Erscheinungsbild. Es gibt ja einen historischen Zusammenhang zwischen Ihrer Familie, der Firma Wienerberger und dem Schloss Ebreichsdorf. Bitte um eine kurze Erläuterung. Hatte dies einen Einfluss auf die Entscheidung, welcher Dachziegel verwendet wird? Nora Drasche-Wartinberg: Der Ururgroßvater meines Mannes, Heinrich Drasche hat von seinem Onkel und Großindustriellen Alois Miesbach die ­Wienerberger Ziegelwerke übernommen, die er 1869 zur ­ Wienerberger AG und einem der größten und fortschrittlichsten Unternehmen Österreich-Ungarns aufbaute. Schloss Ebreichsdorf wurde 1909 von der Familie Drasche erworben und wird bis heute privat als Familiensitz genutzt. Der Kontakt zur Firma ­Wienerberger und die Entscheidung zur Verwendung HISTORISCHE GEBÄUDE | 031 Die Besonderheit der Lösung für die Dachdeckung historischer Gebäude ist die Mischung aus drei Dachziegelformaten sowie deren angeraute Oberfläche, die ein historisches Erscheinungsbild ermöglicht. Die Farbe Antik wurde gezielt abgestimmt und entsprechend bemustert, um zum bestehenden Dach zu passen. der Tondach- Ziegel lagen auf der Hand, waren aber nicht der einzige Entscheidungsgrund. Wir sind zur Firma Tondach nach Gleinstätten gefahren, um uns hinsichtlich Material und Farben beraten zu lassen. Die Vorschläge von „Tondach“ und unsere Auswahl wurden dann mit dem Denkmalamt abgestimmt. Zum Einsatz kam schlussendlich das „Wiener Tasche Altstadtpaket“ in drei Farben und drei Längen, die von den Dachdeckern willkürlich gelegt wurden, um bewusst eine Asymmetrie zu erzielen. Das neue Dach sollte nicht wie ein unnatürlich orangeroter Fleck auf dem alten Schloss sitzen! Wie lange dauerten die Arbeiten und wie wurden sie durchgeführt? Nora Drasche-Wartinberg: Es wurden m ­ ehrere Kostenvoranschläge eingeholt, unter denen wir die Firma Greil aus Lienz am besten befunden haben. Die Sanierungsarbeiten mussten aufgrund der das Schloss umgebenden Wassergräben ohne Gerüst erfolgen. Die Arbeiten am Turm wurden wie von Bergsteigern an Seilen hängend absolviert. Um den alten Dachstuhl aus dem 16. Jahrhundert wiederzuverwenden musste die ursprüngliche Lattung samt der alten Ziegel entfernt werden, wofür eigens ein Lift installiert wurde. Die Baustelle zur Sanierung der großen Dachfläche von 2.800 m² mit zwei Türmen und mehreren Kaminen dauerte über 3 Sommer. Mit der Dachsanierung des Schlosses haben Sie einen wichtigen Beitrag zur Erhaltung der historischen Substanz gesetzt. Wurde dieser Aufwand von der Öffentlichkeit wertgeschätzt bzw. haben Sie Unterstützung bekommen? Nora Drasche-Wartinberg: Die Entscheidung zu dieser Jahrhundertinvestition wurde von uns selbst getroffen, wobei wirklich meinem Mann für seine Initiative zu danken ist. Wir erfuhren eine sehr positive Wertschätzung von unser gesamten Umgebung und erhielten auch finanzielle Unterstützungen von Seiten des Landes und Denkmalamtes, aber der Löwenanteil wurde von uns selbst getragen. Mehr Informationen unter www.architectum.com INFO PROJEKT Dachsanierung Schloss Ebreichsdorf, Österreich BAUHERR Drasche-Wartinberg‘sche ­Gutsverwaltung, Ebreichsdorf DACHDECKER Reinhard GREIL GmbH, Dölsach DACH TONDACH Altstadtpaket „Tasche“, Engobe antik DACHFLÄCHE 2.800 m2 AUSFÜHRUNG April 2011 bis Juni 2013 032 | DACH | CHIDEOK GEDENKKAPELLE | GROSSBRITANNIEN GESCHICHTSTRÄCHTIGE ARCHITEKTUR IM EINKLANG MIT DER GEGENWART Die Chideock Gedenkkapelle, Teil des Manor of Chideock, ist ein geschichtsträchtiges Gebäude. Die Kirche begann ihr Leben als einfache Scheune, die im Laufe des 17. Jahrhunderts, am Höhepunkt des Englischen Bürgerkriegs, als sicherer Ort für katholische Andachten genutzt wurde. Nach der kriegerischen Auseinandersetzung wurde die Scheune in eine überwältigende Kirche verwandelt, an der nun vielen Menschen Gefallen finden. D ie Chideock Gedenkkapelle, ein Teil des Manor of Chideock, zeugt von der frühen englischen und Religionsgeschichte. Ursprünglich als einfache Scheune auf den Ländereien des Herrenhauses erbaut, wurde sie in Folge des Bürgerkrieges zu einem geheimen Ort, an dem katholische Gottesdienste abgehalten wurden. Bis Humphrey Weld, und dann sein Sohn Charles, die Scheune in eine wunderschöne Kirche umbauen ließen, die der Jungfrau Maria, der Königin der Märtyrer und St. Ignatius, dem Gründer des Jesuitenordens, gewidmet ist. Dieses besondere Projekt stellte die Beteiligten vor enorme technische und ästhetische Herausforderungen. Die beeindruckende Kuppel der Kapelle musste HISTORISCHE GEBÄUDE | 033 erneuert werden und sollte fortan mehr im Einklang mit dem ursprünglichen Stil des Gebäudes stehen. Irgendwann im Laufe ihrer Geschichte war das ursprüngliche Dach der Scheune repariert bzw. gegen ein neues ausgetauscht worden, das vielleicht den Regen abhalten konnte, aber sicherlich nicht der Architektur des Bauwerks gerecht wurde. Im Juni 2013 schloss sich die Eigentümerin der Kapelle, Gaby Martelli, mit dem Architekten Andrew Stone und dem Hautunternehmer und Spezialisten für Baudenkmäler Magenta Building Repair zusammen, um den vorsichtigen Prozess zur Wiederherstellung der früheren Pracht der Kirche in Angriff zu nehmen. Natürlich haben sich Bautechnik und Materialien seit dem Bau der Kirche enorm verändert, dennoch wollten der Architekt und die Eigentümer erreichen, dass sowohl Material als auch Bauweise die ursprüngliche Gestaltung, wo immer möglich, wiedergeben. Mit dieser Zielsetzung im Kopf und nach einigen Besuchen in Fabriken mit der Absicht, Handwerker bei ihren traditionellen Arbeitsmethoden zu beobach- ten, wählte der Architekt Sandtoft, Wienerbergers britische Dachziegel-Marke, als Lieferant der Tondachziegel aus. Auf Basis umfangreicher Fachkenntnisse im Bereich Denkmalpflege als Teil seines „Heritage Service“, entwickelte das Unternehmen Sandtoft zwei maßgeschneiderte Tondachziegel für die Kuppel. Der erste ist ein Falzziegel, der speziell dafür entworfen und jenen Originalziegeln nachempfunden wurde, die in der Scheune gerettet werden konnten (noch aus der Zeit bevor sie zur heutigen Kirche umgebaut wurde). Diese Ziegel wurden in zwei Farben, rot und schwarz, hergestellt, so dass auf dem fertigen Dach ein auffallendes und komplexes Zickzack-Muster ausgeführt werden konnte. Das zweite Produkt ist ein gelbbrauner Firstziegel mit einem spiralförmigen Profil an der Fassade. Das Resultat ist eine Architektur, die nicht nur die Vergangenheit ehrt und im Einklang mit der Gegenwart steht, sondern sich darüber hinaus auch in der Zukunft bewähren wird. Die beiden Farben der Dachziegel, die dem Dach ihr charakteristisches Muster verleihen, veranschaulichen die Idee hinter der Restaurierung der Kuppel. INFO PROJEKT Sanierung der Chideock Gedenk­ kapelle, Großbritannien ARCHITEKT Andrew Stone, Dorset BAUHERR Gaby Martelli DACH maßgefertigte Sandtoft Dachziegel – rot und schwarz FERTIGSTELLUNG 2014 034 | DACH | JUSTIZPALAST LAON | FRANKREICH EIN WIEDERGEBORENER PALAST Einst der Bischofssitz neben dem Dom, wurde das Gerichtsgebäude von Laon, der denkmalgeschützte „Justizpalast“, im Jahre 2004 beinahe geschlossen. Eine beispielhafte Zusammenarbeit und ein außergewöhnliches Sanierungsprojekt – gekrönt von einem mit Aléonard Patrimoine Ziegeln gedeckten Dach – haben dem Gebäude nun neues Leben eingehaucht. A uf einem felsigen Hügel gelegen dominieren die Altstadt und der Dom von Laon das umliegende Tal und sind weithin sichtbar. Im Herzen dieses denkmalgeschützten Bereichs war der „Palais de Justice“ aufgrund der provisorischen Dachdeckung aus Schiefer und rotem Stahlblech ein fortwährendes Ärgernis für die Einwohner. Das änderte sich im Jahr 2011, als der Staatsanwalt und das Justizministerium beschlossen, rund vier Millionen Euro in die Renovierung des Daches zu investieren. Dieses Projekt dauerte mehr als zwei Jahre und beinhaltete die Sanierung der 3.226 m² großen Dachfläche mit Aléonard Dachziegeln. Im Laufe seiner Geschichte hat dieses Gebäude, das Überreste aus dem 12. Jahrhundert und eine schöne Renaissance-Fassade umfasst, keine Geringeren als Heinrich IV., Katharina von Médici, Anne von Österreich und Ludwig XIV. beherbergt. DACHZIEGEL MIT ÄSTHETISCHEN QUALITÄTEN Folglich gebührte dem Gebäude eine entsprechende Sorgfalt und Aufmerksamkeit und ein Dach im Einklang mit seiner prestigeträchtigen Geschichte. So wurde entschieden, Aléonard Patrimoine Ocré Lichen Dachziegel zu verwenden. Diese Dachziegel, die insbesondere aufgrund ihrer ästhetischen Qualitäten geschätzt werden, wurden in drei unterschiedlichen Größen und verschiedenen Farbnuancen ausgewählt, damit das Ergebnis dem historischen Charakter des Gebäudes so nahe wie nur möglich kommt. HISTORISCHE GEBÄUDE | 035 Die drei unterschiedlichen Größen des nuancierten Aléonard Patrimoine Ocré Lichen Dachziegels erzeugen einen Effekt, der hervorragend zum historischen Charakter des Gebäudes passt. INFO PROJEKT Restaurierung des Daches des „Palais de Justice“ in Laon, Frankreich ARCHITEKT Monsieur Plantinet, Bâtiments de France-Architekten BAUHERR Justizministerium DACHDECKER José Faucheux Crépy DACH Koramic Aléonard Patrimoine Ocré lichen FLÄCHE 3.226 m² EIN PROJEKT, DAS GROSSES HANDWERK­ LICHES GESCHICK ERFORDERT José Faucheux, der einzige Dachdecker im Department Aisne, der für Arbeiten an historischen Denkmälern qualifiziert ist, wurde aus acht Wettbewerbern für diesen Auftrag ausgewählt. Für diese Arbeit wurde er sogar mit einem Preis bei den Trophées Aléonard ausgezeichnet. Dies war sicherlich ein Auftrag, den er so schnell nicht vergessen wird: „Meine fünfzehn Gesellen und ich sind sehr stolz auf unsere Arbeit in diesem Projekt. Obwohl wir nahezu die Hälfte unserer Zeit an Projekten zum Erhalt von Baudenkmälern arbeiten, passiert es uns nicht jeden Tag, dass wir an einem Dach dieser Größe arbeiten dürfen. Es ist immer eine große Freude für uns, mit traditionellen Arbeitsweisen und edlen Materialien wir Blattgold, Kupfer, Blei und natürlich Aléonard Patrimoine Dachziegel zu arbeiten. Es war für uns ein echtes Erlebnis. Die Zusammenarbeit mit dem Justizministerium, dem „Bâtiments de France“-Architekten, Monsieur Plantinet, anderen Baufirmen und dem Unternehmen Wienerberger, vertreten durch Stéphane Raux und Pascal Harang, war beispielhaft. Bei diesem altehrwürdigen, aber extrem steilen Dach, das jedem Wetter und stürmischen Winden ausgesetzt ist, haben wir große Sorgfalt an den Tag gelegt, um eine ästhetisch ansprechende Arbeit auszuführen, insbesondere bei der Verjüngung der Dachziegel für die Türmchen. Dabei wurde jeder Dachziegel mit zwei Kupfernägeln befestigt. Echte Wertarbeit!“ www.architectum.com