und ZERTIFIZIERUNGSSYSTEME Planen und Bauen im

Werbung
GESTALTUNG
NACHHALTIGKEITS- und ZERTIFIZIERUNGSSYSTEME
Planen und Bauen im internatinalen Kontext – Potential Rheinland-Pfalz
Prof. Dipl.-Ing. Kurt Dorn, Prof. Dr.-Ing. Matthias Sieveke, Stud. MA. Dipl.-Ing. (FH) Bianca Klinger, Stud. MA. B.A. Man Tseng
Lui, Stud. MA. B.A. Lukas Witalinski
146
Im Jahre 2008 wurde in Deutschland ein Instrument zur Beurteilung und Zertifizierung
nachhaltiger Gebäudekonzepte vorgestellt. Das
„Gütesiegel Nachhaltiges Bauen“ der deutschen
Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB) verfolgt einen umfassenden, ganzheitlichen Ansatz
zum energetisch optimierten Planen und Bauen.
Nicht nur ökologische und energetische Aspekte
werden zur Beurteilung eines Qualitätsstandards
herangezogen, sondern auch funktionale und
soziale Komponenten sowie prozess- und standortspezifische Faktoren.
gleich“ hatten wir Gelegenheit, entsprechend
Nationalität bzw. nationalen Bezug unserer Studierenden, das Asiatische (Casbee), das Englische (Leed) und das Amerikanische (Breeam)
Zertifizierungssysteme im Vergleich zu Anforderungen und Zertifizierung des DGNB heranzuziehen.
Der Begriff der Nachhaltigkeit, der heutzutage
zeitgeistbedingt inflationär im Gebrauch ist, wird
wie folgt definiert: „Nachhaltigkeit ist die Konzeption einer dauerhaft zukunftsfähigen Entwicklung
der ökonomischen, ökologischen und sozialen Dimension menschlicher Existenz.
Diese drei Säulen der Nachhaltigkeit stehen miteinander in Wechselwirkung und bedürfen langfristig einer ausgewogenen Koordination“(Vgl.
Enquete Kommission; Schutz des Menschen und
der Umwelt)
Abb.1 Parameter der Nachhaltigkeit (DGNB)
Seit 1987 wird im internationalen Kontext nach
messbaren Systemen gesucht, die eine Reduzierung des Energieverbrauches versprechen.
Im Rahmen unseres Masterseminars „Bauweisen und Konstruktionen im internationalen Ver-
Abb. 3 Internationale Systeme der Zertifizierung
Abb.2 Entstehungszeit unterschiedlicher, internationaler Zertifizierungssysteme
HOCHSCHULBERICHT 2011 FACHHOCHSCHULE TRIER
147
Abb.4 Abhängigkeiten und Parameter einzelner Zertifizierungssysteme
Abb.5 Prädikate und Bewertung der unterschiedlichen Zertifizierungssysteme
Die Zielsetzungen und Prädikate der Nachhaltigkeit sind gestaffelt. Je nach Anspruch lassen sich
ähnlich wie im sportlichen Wettkampfwesen unterschiedliche Platzierungen realisieren. Prinzipien
des Marketings wirken hier unmittelbar, einher-
gehend aber auch eine Sensibilisierung der Bauschaffenden. Im Rahmen unserer Analysen wurden schwerpunktmäßig folgende Fragestellungen
behandelt. Welche Parameter spielen je nach Verortung eine tragende Rolle? Wie sind unterschied-
GESTALTUNG
148
lichen soziokulturelle Wichtungen zu verstehen?
Lassen sich durch das Bewusstsein der Energieproblematik seit dem Brundland Report 1987
Rückschlüsse auf gezielte Marketinginstrumente
herleiten und wenn ja, welche sind ökonomisch
erfolgreich? Im Rahmen unserer Studien und Recherchen zeigte sich, dass Zertifizierungen nach
DGNB hinsichtlich der weichen Faktoren, z.B.
Orts- und Sozialaspekte am ausdifferenziertesten
zu sehen ist. Da die Zielsetzungen der DGNB sehr
hoch angeordnet werden, das Erreichen der Maximalziele aber nur mit einer Anhebung der Baukosten erreicht werden kann, gehen nationale und internationale Immobilienfonds vermehrt dazu über,
sich nach dem amerikanischen System „Leed“
zertifizieren zu lassen. Trotz umfangreicher Recherche erhielten wir keine Aussagen über Kostendifferenzen zwischen DGNB zertifizierten und
nicht zertifizierten, nach üblichen gesetzlichen Bedingungen (EnEV) erstellten Gebäuden.
Beim Thema Nachhaltigkeit im Baubereich steht
immer der Begriff des ganzheitlichen Betrachtens
im Vordergrund. Im welchem Zusammenhang
stehen Religion, Stadt, Stadtteil, Quartier, Bereich, Gebäudegruppe, Gebäude und Detail in Bezug auf die Säulen der Nachhaltigkeit zueinander?
Gerade in einem sowohl baulich als auch land-
schaftlich prägenden Kulturraum wie der Region
Mosel – Saar ist ein sensibler Umgang mit vorhandener Bausubstanz erforderlich. Zeitgemäße,
energetische Anforderungen an Gebäude verlangen nach einer Auseinandersetzung im bestehenden Kontext. Offensichtlich ist, dass z.B. die größte Maßstabsebene, die Klimazone Auswirkungen
auf die Grundrisszonierung des Gebäudes und
auf die kleinsten Ebene, die Detailausbildung und
die bautechnischen Systeme, hat. Detailentwicklungen, in der Regel gewachsen aus einer handwerklichen Tradition, bedürfen eines sorgsamen
und sensiblen Umgangs.
Das momentane Allheilmittel der Fassadendämmung als energetisch einzig einzusetzende Lösung zur Vermeidung von Energieverlusten wird
kritisch hinterfragt. Gerade im Bestand werden
durch das flächige Aufbringen von Dämmsystemen Maßstäblichkeit und Gliederung von Fassaden negiert und damit auch Stadtbilder nachhaltig zerstört. Die in den nächsten Jahren zu
erwartende Entsorgungsproblematik sollte jedem
Bauschaffenden bekannt und bewusst sein. Bauwerke sind komplexe energetische Systeme, die
sich nicht auf einen Teilbereich reduzieren lassen.
Nach Reyner Banham sollten Gebäude hinsichtlich ihrer Konzeption, Detailausbildung und Mate-
Abb.6 Zulässiger Primärenergiebedarf (im Vgl. zur EnEV 2007)
HOCHSCHULBERICHT 2011 FACHHOCHSCHULE TRIER
rialität auf die Bedingungen des Ortes reagieren.
Durch Ausnutzung des lokalen Energieangebots
lässt sich der energetische Bedarf minimieren.
Gerade in einem an Sonnenstunden reichen Land
wie Rheinland- Pfalz sind hier Chancen und Entwicklungen zu sehen. In einer mehr ländlich geprägten, vom Tourismus und Weinbau definierten
Region sollte die Bautradition, die im energetisch
sinnvollen Kontext steht, aufgegriffen und mit
heutigen Bautechniken, gerade im Detail, weiter
entwickelt werden.
Als Fachrichtung Architektur der Institutsgruppe
„Integrale Planung“ bieten wir ein Forum mit
dem Ziel, das Thema der Nachhaltigkeit in all
seinen Ausprägungen zu behandeln. Sichtweisen des zeitgemäßen Planens und Bauens, der
Projektentwicklung und der Administration, aber
auch soziokulturelle Fragestellungen werden thematisiert.
Im Rahmen eines im Mai 2011 an der Hochschule Trier durchgeführten Symposiums wurde dem
breitgefächerten Themenkanon Rechnung getragen.
Die Räumlichkeiten am Paulusplatz waren der geeignete Ort um Fachvorträge aber auch Diskussionen, gerade über die Bedeutung dieser Themenstellung in Rheinland Pfalz, durchzuführen.
Eine rege Beteiligung über Hochschulgrenzen
hinweg unterfütterte unser Anliegen. Unter dem
Leitwort der Nachhaltigkeit gaben namhafte Referenten aus Wirtschaft und Administration, aber
auch aus Kirche und Gesellschaft, Einblicke in Ihr
Tun.
Um das Thema und die Notwendigkeit in Rheinland- Pfalz und im benachbarten Ausland weiter
zu etablieren, ist im nächsten Jahr eine Fortführung dieser wissenschaftlichen Veranstaltungsreihe geplant.
Kontakt
Prof. Dipl.-Ing. Kurt Dorn
Fachbereich Gestaltung Fachrichtung Architektur Integrale Planung
Standort Trier/Schneidershof
Telefon: +49 651 8103-267
E-Mail: [email protected]
Prof. Dr.-Ing. Matthias Sieveke
Fachbereich Gestaltung Fachrichtung Architektur Integrale Planung
Standort Trier/Schneidershof
Telefon: +49 651 8103-267
E-Mail: [email protected]
[email protected]
www.integrale-planung.eu
Abb.7 Ankündigung Symposium Nachhaltigkeit
149
Herunterladen