Visualisierungen: Meyer Dudesek, Zürich PROJEKTE Das Büro Enzmann Fischer AG aus Zürich ver- das erste Obergeschoss des Spezialtraktes von mochte mit seinem Projekt «Winterlinde» die Jury den restlichen Geschossen. zu überzeugen. Die Architekten, die beispiels- Mit einer raumhohen Verglasung machen die weise jüngst das Postbetriebsgebäude in Luzern ­Architekten das erste Obergeschoss zu einem zu einer Universität und Hochschule umbauten, Schaufenster, in dem die Bibliothek sichtbar wird. nehmen sich nun dem Und auch an der WestfasBäumlihof an. Ihr Entwurf sade gewähren sie Einfür die Neuorganisation blick ins Gebäude: Durch Die neuen Sichtbezüge des würfelförmigen Speeinen doppelgeschossigen durch das ganze Gebäude verglasten Säulengang zialtrakts, an den die drei weiteren Schulhaustrakte werden die Eingangshalle ermöglichen eine gute windmühlenartig angeund die offen geführte Orientierung. schlossen sind, sieht Haupttreppe sichtbar. vor, die öffentliche und «Der neue Haupteingang René Betschart, Architekt bei Enzmann Fischer AG zentrale Funktion des Geund die Erschliessung der bäudes hervorzuheben. zentralen Halle sind präSo planen sie den Haupteingang der Schulan- zise in den Bestand eingefügt und bewirken in lage an die nordwestliche Ecke des Spezial- angenehm unspektakulärer Art und Weise eine trakts, was die Jury als «sinnvoll» lobt. In ­dieser grosse Aufwertung der Anlage», zitiert Thomas Richtung befinden sich auch keine 200 Meter Blanckarts das Lob der Jury. entfernt die Bushaltestelle und der Veloweg. Ein Im Innern des Spezialtrakts verbindet eine dreineues Vordach markiert hier den Eingang. Von geschossige Eingangshalle die Eingangsebene aussen unterscheiden sich das Erdgeschoss und mit dem Foyer zur Aula im 1. Untergeschoss und « ➣ Schulsanierung Bäumlihof Basel » Zu den Drei Linden Primarschule Die Anforderungen, die der Kanton Basel-Stadt für die Sanierung seiner grössten Schulanlage an die Wettbewerbsprojekte stellte, waren hoch: Neben einer neuen Erscheinung sollte das Gefüge auch zu einem Vorbild punkto Nachhaltigkeit werden. Das Büro Enzmann Fischer AG gewann mit seinem Vorschlag «Winterlinde» und einem speziellen Kühlungskonzept. An der Westfassade schaffen die Architekten einen doppelgeschossigen Einblick: Die Eingangshalle und die Haupttreppe werden sichtbar. Von Michael Hunziker D as Gymnasium und die Sekundarschule Bäumlihof aus den 70er-Jahren liegen ­zwischen den städtischen Agglomerationen von Basel und Riehen in einer, wie es die Schulleitung ausdrückt, «grünen Oase», umgeben von Schrebergärten und unweit des Waldes Erlenpark. Täglich wird die Schulanlage von über 700 Schülerinnen und Schülern und von etwa 90 Lehrpersonen frequentiert. Was den Betrieb betrifft, ist die Bäumlihof-Anlage aber alles ­andere als «grün». Aus technischen und funktionalen Gründen sind die Gebäude nicht mehr zeit­ gemäss. Nachdem der Kanton entschied, dem 34 baublatt 34-35 Klassentrakt Turnhallentrakt ­ armos-Konkordat beizutreten, muss die Anlage H nun baulich, energetisch und organisatorisch an die veränderten Nutzungsbedürfnisse angepasst werden. In einem anonymen Wettbewerb im ­selektiven Verfahren suchte Basel-Stadt deshalb nach Lösungen für die umfassende Sanierung der vier Schultrakte und des Turnhallengebäudes. Attraktivität steigern, grün bauen «Der Kanton will eine Vorbildfunktion im Bereich Nachhaltigkeit wahrnehmen», sagt Thomas ­Blanckarts, Vorsitzender der Jury und Leiter des Hochbauamts. Dementsprechend mussten die Verfasserteams dem sparsamen Energie- und Ressourcenverbrauch eine hohe Priorität einräumen. «Ziel war es, einen Lösungsvorschlag zu ­erhalten, der den Standard ‹Minergie-P-Eco­Modernisierung für Bauten vor 2000› erreichen kann». Neben den organisatorischen Veränderungen des Raumprogramms war laut Blanckarts zudem eine wichtige Aufgabe, die Attraktivität des Schulstandortes durch Architektur und Erscheinungsbild zu steigern. Und nicht zuletzt musste die Aufrechterhaltung des Schulbetriebs während der Sanierung gewährleistet werden. Nr. 3, Freitag, 20. Januar 2012 linktipp Spezialtrakt Klassentrakt Klassentrakt Auf baublatt.ch/baeumli finden Sie den Jurybericht. Nr. 3, Freitag, 20. Januar 2012 0 25 m Windmühlenartig sind die Klassentrakte mit dem Spezialbau verbunden. Der gesamte Komplex erhält ein einheitliches Erscheinungsbild. baublatt 35 25.01.2012 11:21:23 PROJEKTE Längsschnitt A–A Fassadenschnitt 25 m Unterricht Unterricht 4 Gemeinschaftsraum Mensa Atrium 0 Foyer Aula Eine gedämmte Holzkonstruktion mit einer hinterlüfteten Verkleidung aus Faserzementplatten bildet die neue Gebäudehülle. Die Eingangshalle verbindet die Eingangsebene mit dem Foyer zur Aula im 1. Untergeschoss und das Atrium im 1. Obergeschoss. Erdgeschoss ➝ ➝ Gruppenraum Lernen A A Luftraum Aula Mensa Kassettendecke als Pult ➝ Sitzung ➝ Aufenthaltsraum GRUNDRISS ERDGESCHOSS 1 5 das Atrium im 1. Obergeschoss. «So erhalten wir eine der Bedeutung des zentralen Gebäudes ­a ngemessene grosszügige Eingangssituation. Wir schaffen einen kommunikativen Aufenthaltsbereich und die neuen Sichtbezüge durch das ganze Gebäude ermöglichen eine gute Orientierung», sagt Architekt René Betschart von Enzmann ­Fischer. Die Aula im 1. Untergeschoss, die Mensa im Erdgeschoss und die Räumlichkeiten der Schulleitung und der Lehrerschaft würden dadurch auch für Besucher leicht auffindbar. Im 1. Obergeschoss öffnen die Architekten die Räume zum Atrium hin, was den öffentlichen Charakter dieses Bereichs verstärkt. Das Atrium überspannen sie mit einer verglasten Kassettendecke, die als Pultdach leicht erhöht aufgesetzt wird. Das Dach ist auch Teil des Klimatisierungs- konzepts. Über die seitlichen Lüftungsöffnungen soll die Nachtauskühlung während der Sommer­monate erfolgen. «Das System ist den ‹Badgirs›, persischen Windfängern aus dem arabischen Raum nachempfunden und ermöglicht eine ­effektive Nachtauskühlung bei minimalstem Energieaufwand», sagt Betschart. Wie bis anhin soll der Bäumlihof durch Fernwärme der Industriellen Werke Basel beheizt werden. Die hochgedämmte hinterlüftete Fassade aus vorfabrizierten Holzelementen mit einer Verkleidung aus Faserzementplatten ist laut Jury «sorgfältig konzipiert» und verleihe der Fassade die «erforderliche Festigkeit». Die Rhythmisierung mit der horizontalen Bänderung der Flächen führt «gekonnt zu einer Verfeinerung des Erscheinungsbilds der Schulanlage» und vermag dieser «eine erneuerte Identität mit gutem Erkennungswert» verleihen. Einziger Kritikpunkt der Jury: «Die gewählte Fassadenkonstruktion ergibt einen 10m 3./4. Obergeschoss ➣ 1./2. Obergeschoss Bibliothek Sitzung Unterricht Gruppenräume Gemeinschaftsraum Der Spezialtrakt bietet ein zusätzliches Raumangebot, während sich die Massnahmen bei den Klassentrakten hauptsächlich auf eine neue Gebäudehülle beschränken. Atrium Büros / Schule Sitzung G R U N D R I S S 1. O B E R G E S C H O S S 1 5 10m 36 baublatt 36-37 0 G R U N D R I S S 4. O B E R G E S C H O S S 1 5 Kommunikativer Aufenthaltsbereich: Im 1. Obergeschoss befindet sich das Atrium. hohen Wert an grauer Energie.» Was jedoch durch die Langlebigkeit der Faserzementverkleidung relativiert wird. Ein weiterer Vorteil der Fassadenkonstruktion ist die verkürzte Bauzeit: «Durch die vorfabrizierte Elementbauweise, wie sie heute im Holzbau ­üblich ist, kann die Fassade in kurzer Zeit wieder verschlossen und der Innenausbau früher in Nachgefragt Philipp Fischer (links) ­­ und René Betschart vom Büro Enzmann Fischer AG sind für das Projekt Bäumlihof verantwortlich. Geantwortet hat René Betschart. Das Büro Enzmann Fischer hat viel Erfahrung im Umgang mit Schulbauten. Was ist beim Bäumlihof speziell? Das grosse Atrium im Hauptgebäude ist durch seine Lage im 1. Obergeschoss sehr schlecht auffindbar. Durch eine neue dreigeschossige Eingangshalle möchten wir die Schüler, Lehrpersonen und Besucher auf kurzem und attraktivem Wege ins Herz der Anlage führen. Durch die Öffnung der Räume zum Atrium hin wird dieses schon beim Herantreten an das Gebäude erfahrbar. A­ ngriff genommen werden», erläutert Betschart. Damit Baulärm den Unterricht nicht stört, ist eine enge Koordination zwischen Bau- und Schulbetrieb erforderlich. «Wir schlagen vor, jeweils ­einen Gebäudetrakt vollständig auszulagern. Etwa­ 20 Schulklassen sollen in Provisorien untergebracht und die restlichen auf die übrigen Gebäude verteilt werden.» Zudem ist die Ferienzeit für die Was war die grösste Herausforderung? Bei der Bearbeitung des Atriums wurde die Intensität der Interventionen kontrovers diskutiert. Wir entschlossen uns für eine Lösung, die neben der Verbesserung der bauphysikalischen Bedingungen mit einer massvollen Nutzflächenerweiterung auch betrieblichen Mehrwert schafft. Die überkreuzte Anordnung der eingeführten Raumschichten ermöglicht neue Sichtbezüge. Die Strenge des bisherigen Atriums weicht einer vielschichtigen und kommunikativen Schullandschaft. Wie kamen Sie auf das Lüftungskonzept des Badgirs? Der Vorschlag kam von unserem Partner 3-Plan Haustechnik. Die Nutzung des Kamineffektes Bauarbeiten intensiv zu nutzen. Der Kanton schätzt die Kosten der Sanierung des Bäumlihofs auf 70 Millionen Franken. Heisst der Souverän das Projekt gut, erhält die «Oase» zwischen den beiden Ballungszentren Basel und Riehen im Sommer 2016 eine vorbildliche Schulanlage. Sowohl was zeitgemässe Lernräume betrifft als auch den schonenden Umgang mit Ressourcen. n … bei Enzmann Fischer AG im Atrium ermöglicht uns die Installationen für die Abluft zu minimieren und somit Raum und Kosten zu sparen. Dem Kanton Basel-Stadt war ein neues Erscheinungsbild wichtig. Wovon liessen Sie sich für die Fassade inspirieren und weshalb? Wir wollten an die Materialität der ­bestehenden Betonfassade anknüpfen. Durch die Überlagerung mit einer vertikalen Struktur sollten ­jedoch die bisher additiv aneinandergesetzten, eigenständigen Gebäudetrakte stärker mit­ einander verbunden und in eine Grossform ­überführt werden. Inspirieren liessen wir uns vom Economist Building aus den 60er-Jahren von Alison und Peter Smithson in London. Hier wird der Robustheit der Struktur und des ­M aterials eine feine Fassadendetaillierung ­entgegengesetzt, die der Klarheit und Strenge Eleganz verleiht. (mh) 20 m 10m Nr. 3, Freitag, 20. Januar 2012 Nr. 3, Freitag, 20. Januar 2012 baublatt 37 25.01.2012 11:21:31