Somatoforme und dissoziative Störungen

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Somatoforme und
dissoziative Störungen
Systematik der Kinder- und Jugendpsychiatrie
Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie
Inhalt und Gliederung
Jeweils für somatoforme und dissoziative Störungen
1. Definition, Klassifikation, Häufigkeit
2. Klinisches Bild und Diagnostik
3. Ätiologie
4. Therapie
5. Verlauf
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
Somatoforme Störungen
1.
2.
3.
4.
5.
Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Definition
• Rezidivierende und vielgestaltige körperliche Symptome
• Symptome sind nicht durch eine körperliche zugrunde
liegende Krankheit bedingt
• stehen nicht unter bewusster Kontrolle
• Beschwerden können chronifizieren
• Anlass für vielfältige ärztliche Untersuchungen
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Klassifikation
• Im Kindesalter hauptsächlich Beschwerden des MagenDarm-Trakts (nicht Somatisierungsstörungen)
• In der Adoleszenz vereinzelt bereits hypochondrische
Störungen, somatoforme autonome Funktionsstörungen,
anhaltende somatoforme Schmerzstörungen
Klassifikation nach ICD-10
• Somatisierungsstörung (F45.0)
• Undifferenzierte Somatisierungsstörung (F45.1)
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Klassifikation
zu Klassifikation nach ICD-10
• Hypochondrische Störung (F45.2)
• Somatoforme autonome Funktionsstörung (F45.3)
Herz und kardiovaskuläres System (F45.30)
oberer Gastrointestinaltrakt (F45.31)
unterer Gastrointestinaltrakt (F45.32)
respiratorisches System (F45.33)
Urogenitalsystem (F45.34)
sonstige Organe oder Organsysteme (F45.38)
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Klassifikation
zu Klassifikation nach ICD-10
• Anhaltende somatoforme Schmerzstörung (F45.4)
• Sonstige somatoforme Störung (F45.8)
• Nicht näher bezeichnete somatoforme Störung (F45.9)
Klassifikation nach DSM-5
• Somatic Symptom Disorder (Somatische Belastungsstörung)
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Häufigkeit
• Wenige Daten in Deutschland
• Bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen
Prävalenz von 2,7 %
• Einzelne Symptome höhere Raten
10-70 % der Kinder rezidivierende Kopfschmerzen
10-25 % der Kinder rezidivierende Bauchschmerzen
• Mädchen sind mit zunehmendem Alter häufiger betroffen
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17. 11. 2015
D. Wenzler
Somatoforme Störungen
1.
2.
3.
4.
5.
Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
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17. 11. 2015
D. Wenzler
2. Klinisches Bild
Rom-lll Klassifikation (seit 2006)
Diagnosekriterien für das Reizdarmsyndrom
• Für mindestens drei Tage pro Monat
• während der vergangenen drei Monate
• rezidivierende abdominelle Schmerzen oder abdominelles
Unwohlsein
• in Assoziation mit mindestens zwei der folgenden Faktoren:
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2. Klinisches Bild
• 1. Besserung der Beschwerden nach der Defäkation
• 2. Beginn der Beschwerden in Assoziation mit einer
Änderung der Stuhlfrequenz
• 3. Beginn der Beschwerden in Assoziation mit einer
Änderung der Stuhlkonsistenz
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2. Klinisches Bild
Das Reizdarmsyndrom kann in drei Subgruppen unterteilt
werden:
• Reizdarmsyndrom mit Obstipation (RDS-O)
• Reizdarmsyndrom mit Diarrhoe (RDS-D)
• Reizdarmsyndrom mit wechselndem Stuhlverhalten
innerhalb von Stunden oder Tagen (RDS-M)
Nach den Rom-III-Kriterien wird diese Unterteilung anhand
der Stuhlform vorgenommen.
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2. Klinisches Bild
• Häufigstes Symptom im Kindesalter rezidivierende
Bauchschmerzen
• häufig begleitet von Erbrechen, Kopfschmerzen, Fieber,
Blässe, Müdigkeit (vgl. Schulphobie/Trennungsangst)
• beträchtliche Variabilität hinsichtlich Dauer und Frequenz
• ungewöhnlich häufig Zeichen emotionaler Störungen (Angst,
Depression) und Unreife
• ähnliche Beschwerden oder andere körperliche Symptome
mit psychischer Überlagerung bei den Eltern sind häufig
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2. Klinisches Bild
• Andere Zeichen sind gastrointestinale Symptome wie
Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoen
• Kinder mit rezidivierendem Erbrechen sind häufig als
ungewöhnlich ängstlich, depressiv, schnell regredierend,
irritiert, teils feindselig und abhängig von der Mutter
beschrieben worden
• Haltung der Mutter teils überprotektiv, teils auch ablehnendfeindselig
• Ab der Adoleszenz wird Bild vielgestaltiger
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2. Klinisches Bild
• Es können sich Somatisierungsstörungen mit
gastrointestinalen Beschwerden und abnormen
Hautempfindungen entwickeln
• Charakteristisch ist ein chronisch-fluktuierender Verlauf mit
multiplen und unterschiedlichen körperlichen Symptomen
• Überwiegen des weiblichen Geschlechts
• Hypochondrische Störungen (anhaltende, besorgte
Beschäftigung mit möglichen körperlichen Krankheiten)
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D. Wenzler
2. Klinisches Bild
• Es setzen meist intensive ärztliche Konsultationen mit
häufigem Arztwechsel ein
• Häufig familiäre Krankheitsbelastung
• Häufig auftretende ängstliche Besorgnis um Gesundheit kann
Krankenrolle verfestigen
• Ziel: frühzeitiges Erkennen der psychischen Dimension des
Geschehens
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2. Diagnostik
• Anamneseerhebung, Exploration
• Beobachtung des Kindes, sowie der Eltern und Familie
• sollten noch keine organischen Untersuchungen erfolgt sein,
sollten diese zügig und eher sparsam erfolgen
• Testpsychologische Untersuchung (v. a. bei
Leistungsproblemen in der Schule)
• evtl. strukturierte Erfassung der Symptome mittels Tagebuch
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2. Diagnostik
Komorbide Störungen
• Depression (!)
• Angst (!)
• Zwangsstörungen
• Suchterkrankungen
• Persönlichkeitsstörungen
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D. Wenzler
2. Diagnostik
Differentialdiagnosen
• Organische Differentialdiagnosen, v. a. bei Bauchschmerzen
• Komorbidität dissoziativer und somatoformer Beschwerden
• Schulverweigerung
• Schulphobie (emotionale Störung mit Trennungsangst)
• Angststörungen
• depressive Störungen
• Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom
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17. 11. 2015
D. Wenzler
Somatoforme Störungen
1.
2.
3.
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5.
Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
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D. Wenzler
3. Ätiologie
Multifaktorielle Genese
• z. B. kann ein gastrointestinaler Infekt bei rezidivierenden
Bauchschmerzen einer somatoformen Störung vorausgehen
• Auslöser beim Kind nicht selten intrafamiliäre, bzw.
psychosoziale Belastung
• (evtl. Misshandlung/Missbrauch)
• Biologische Prädisposition, psychophysiologische Mediatoren
• Modelllernen: Eltern häufig ähnliche Symptome
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3. Ätiologie
• Familiäre Faktoren (psychische und somatische Krankheit,
Überprotektivität, übermäßige Betonung der schulischen
Leistungsfähigkeit)
• Orientierung an elterlichen Modellen oder Überzeugungen
• das Symptom kann in Familien mit defizitären
Kommunikations- und Interaktionsformen eine Funktion
(z. B. die der Konfliktvermeidung) einnehmen
• iatrogene Faktoren für Entwicklung und Aufrechterhaltung
durch unnötige medizinische Untersuchungen, inkorrekt
gestellte Diagnosen und somit unangemessene Therapie
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D. Wenzler
Somatoforme Störungen
1.
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3.
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
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D. Wenzler
4. Therapie
Wichtigste beratende und therapeutische Maßnahme:
• Verhinderung ständiger ärztlicher Konsultationen mit
Durchführung einer aufwändigen, ausschließlich somatisch
orientierten Diagnostik und oft wirkungslosen Therapie
• bei Schmerzen verhaltenstherapeutische Verfahren, soziales
Kompetenztraining, Entspannungsverfahren
• Selbstregistrierung der Schmerzen durch das Kind
• Verstärkung von Beschwerdefreiheit
• Reduktion von Aufmerksamkeit für Symptome
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D. Wenzler
4. Therapie
• Chronifizierung vermeiden
• Förderung ablenkender Aktivitäten
• Ignorieren von Schmerzäußerungen
• Vermeidung der Krankenrolle und darauffolgendem
Krankheitsgewinn
• Entwicklung von Bewältigungsfertigkeiten durch
Entspannung, positive Selbstverstärkung, Ablenkung und
positive bildhafte Vorstellungen
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17. 11. 2015
D. Wenzler
4. Therapie
• Problemlösetraining für zukünftige Schmerzen
• Ermunterung zur Teilnahme an Alltagsaktivitäten
• meist ambulant möglich, teilweise stationär nötig
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D. Wenzler
Somatoforme Störungen
1.
2.
3.
4.
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
5. Verlauf
• bei der Mehrzahl der betroffenen Kinder günstig
• bei ca. 1/3 leichte Persistenz
• in einigen Fällen kommt es zur Entwicklung anderer
Störungen wie Angst-, depressive und Essstörungen
• die Prognose wird in der Adoleszenz und bei zunehmender
Chronifizierung ungünstiger als im Kindesalter
• rezidivierende Bauchschmerzen chronifizieren häufig
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17. 11. 2015
D. Wenzler
Dissoziative Störungen
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Fall
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Definition
• Unter „Dissoziative Störungen“ werden der Verlust oder
Veränderungen körperlicher Funktionen (hierbei der
Sensitivität, Sensorik, Motorik, des Bewusstseins)
verstanden, die eine körperliche Erkrankung vermuten
lassen, während die Symptomatik tatsächlich Ausdruck eines
psychischen Konflikts oder Bedürfnisses ist
• (im Gegensatz zur Somatoformen Störungen, dort
autonomes Nervensystem )
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Definition
• Die Symptome stehen nicht unter willentlicher Kontrolle
und lassen sich nicht durch bekannte organische
pathophysiologische Mechanismen erklären
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Definition
• teilweiser oder völliger Verlust der Integration eines
Körperteils oder einer Körperfunktion
• Dissoziative Störungen wurden früher als
Konversionsstörungen bezeichnet
• Ursprünglich psychoanalytische Annahme, dass sich ein
emotionaler Konflikt in einem körperlichen Symptom
ausdrückt, d. h. konvertiert
• Synonyme waren Hysterie und hysterische Neurose
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Definition
• Symptome wie Lähmungen, Gangauffälligkeiten, Blindheit,
Verlust von Visus und Sehschärfe, Taubheit, Aphasie,
Schluckstörungen, Anfälle, Sensibilitätsstörungen,
Bewusstseinsstörungen
• lassen neurologische Krankheit vermuten, von denen
dissoziative Störungen sich jedoch durch psychische
Wirkfaktoren unterscheiden
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Klassifikation
Klassifikation nach ICD-10
• F44.0 dissoziative Amnesie
• F44.1 dissoziative Fugue
• F44.2 dissoziativer Stupor
• F44.3 Trance und Besessenheitszustände
• F44.4 dissoziative Bewegungsstörungen
• F44.5 dissoziative Krampfanfälle
• F44.6 dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen
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1. Klassifikation
zu Klassifikation nach ICD-10
• F44.7 dissoziative Störungen, gemischt
• F44.8 andere dissoziative Störungen
• F44.9 nicht näher bezeichnete dissoziative Störung
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D. Wenzler
1. Klassifikation
• Die Klassifikation im ICD-10 ist sehr stark auf die
Symptomatik bei Erwachsenen ausgerichtet
• enthält im Gegensatz zum DSM-5 nicht die
Depersonalisationsstörung, da hierbei nach ICD-10 nur
Teilbereiche der persönlichen Identität betroffen sind und
diese Störungen nicht mit Leistungseinbußen in den
Bereichen Wahrnehmung, Gedächtnis oder Bewegung
einhergehen
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Klassifikation
Im DSM-5:
• Dissoziative Identitätsstörung
• Dissoziative Amnesie
• Depersonalisations- und Derealisationsstörung
• andere dissoziative Störungen
• nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen
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17. 11. 2015
D. Wenzler
1. Klassifikation
Unter allen Formen sind für das Kindes- und Jugendalter von
besonderer Bedeutung
• Dissoziative Bewegungsstörungen (F44.4)
• Dissoziative Krampfanfälle (F44.5)
• Dissoziative Sensibilitäts- und Empfindungsstörungen (F44.6)
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D. Wenzler
1. Häufigkeit
• Die Häufigkeit hat über Jahrzehnte hinweg abgenommen
• 1-2 % der stationären Aufnahmen in kinder- und
jugendpsychiatrischen Kliniken
• häufiger in vorindustriellen Gesellschaften bzw.
Übergangsgesellschaften
• häufiger bei Migranten (z. B. Gastarbeiterpopulation)
• typisches Manifestationsalter im Jugend- und frühen
Erwachsenenalter
• weibliches Geschlecht überwiegt
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17. 11. 2015
D. Wenzler
Dissoziative Störungen
1.
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Fall
Somatoforme und dissoziative Störungen
17. 11. 2015
D. Wenzler
2. Klinisches Bild
• Symptome treten vornehmlich, aber nicht immer akut auf
• Bahnende Funktion haben
- Vorangehende körperliche Störung oder gleichzeitig
bestehende körperliche Krankheit (z. B. Epilepsie)
- Modelle mit echten körperlichen Symptomen oder
Konversionssyndromen
- extreme psychosoziale Belastungen
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D. Wenzler
2. Klinisches Bild
• ausgeprägter Mangel an subjektiver Betroffenheit (la belle
indifférence) im Kontrast zur schweren körperlichen Störung
• häufig Züge einer „histrionischen Persönlichkeitsstruktur“
• häufig bestehen gleichzeitig weitere Symptome im Sinne
einer Somatisierung
• relevante Probleme oder Konflikte werden in der Regel
geleugnet
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D. Wenzler
2. Klinisches Bild
• Primärer Krankheitsgewinn (innerer Konflikt/inneres
Bedürfnis bleibt außerhalb des Bewusstseins)
• Sekundärer Krankheitsgewinn (Rolle des Kranken, Befreiung
von Pflichten, sichert Zuwendung, macht bestimmte
Aktivitäten nicht mehr möglich)
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2. Diagnostik
• Diagnostisch wegweisend Inkongruenz von Symptomen und
körperlichem Befund
• Beschwerden folgen nicht den anatomisch-physiologischen
Zusammenhängen
• Anamnese, Verlauf, Beobachtung der Symptomatik
• Diagnosestellung oft schwierig, teilweise Fehldiagnosen
• Falsch positive Diagnosen weniger als 10 %, z. B. aufgrund
relativ undifferenzierter Symptome bei Multipler Sklerose
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17. 11. 2015
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2. Diagnostik
Differentialdiagnosen:
• Krankheiten und Organveränderungen, bei denen psychische
Faktoren beteiligt sind
• Somatisierungsstörungen
• Schizophrenien
• Hypochondrien
• Vorgetäuschte Störungen
• Dissoziative Erlebnis- und Verhaltensmuster bei emotional
instabiler Persönlichkeitsstörung, PTBS
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17. 11. 2015
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Dissoziative Störungen
1.
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Fall
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17. 11. 2015
D. Wenzler
3. Ätiologie
• Zur Erklärung der dissoziativen Störungen sind verschiedene
theoretische Modelle vorgeschlagen worden
• In der psychodynamischen Betrachtungsweise wird die
Störung als symbolischer Ausdruck unbewusster Konflikte
verstanden
• Begünstigende Faktoren sind Modelle mit Krankheiten, bzw.
dissoziativen Störungen, histrionische Anteile beim Patienten
oder bedeutsamen Bezugspersonen, erhöhte Suggestibilität
und Zeichen einer emotionalen und/oder intellektuellen
Retardierung
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17. 11. 2015
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3. Ätiologie
• extreme psychosoziale Belastungen und Traumata als
Auslösefunktion
• Missbrauch, Vernachlässigung
• mögliche genetische Disposition
• Fehlen protektiver Faktoren und sozialer Unterstützung
• einige Ansätze weisen drauf hin, dass im Symptom eine
nonverbale Kommunikation in der Sprache der Krankheit als
ein sozial akzeptiertes Symbol zum Ausdruck kommt
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3. Ätiologie
• Ziel besteht im Verstehen dieses Symbols und nicht in der
Aufdeckung unbewusster Konflikte
• Kultureller Kontext nicht bedeutungslos, da vor allem in den
vorindustriellen und Übergangsgesellschaften das Phänomen
der dissoziativen Störungen häufiger beobachtet wird
• In den Industriegesellschaften ist seit mehreren Jahrzehnten
eine epochale Abnahme der Häufigkeit dieses Störungsbildes
zu vermerken
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Fall
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17. 11. 2015
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4. Therapie
• in der Regel stationäre Behandlung
• individuelle Psychotherapie
• Elternarbeit
• klinische Erfahrungen lassen eine Übernahme des Konzepts
der Krankenrolle für die therapeutische Arbeit als sinnvoll
erscheinen
• in diesem Konzept lassen sich somatische und psychiatrische
Behandlungsanteile kombinieren
• Physiotherapie je nach Krankheitsbild
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4. Therapie
• Ziel aller Maßnahmen besteht in allmählichem Abbau der
Krankenrolle
• Verhaltenstherapeutische Techniken
• einerseits Abbau des sekundären Krankheitsgewinns (die aus
der Umwelt stammenden Verstärker in Form von Zuwendung
durch andere Patienten, Mitarbeiter, Bezugspersonen
müssen unter Kontrolle gebracht werden)
• andererseits Verstärkung in zunehmendem Maße der
Übernahme gesunder Funktionen und normalen Verhaltens
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17. 11. 2015
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4. Therapie
Leitlinien für die auf der Diagnostik aufbauende Therapie:
• Ausgiebige Erörterung der Sorgen der Familie hinsichtlich
körperlicher Symptome
• Darlegung physiologischer Mechanismen für erklärbare
Symptome
• Keine Infragestellung der Glaubwürdigkeit der Angaben des
Kindes
• Vermeidung der Etikettierung der Symptome als
„psychischen Ursprungs“
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4. Therapie
• Psychologische Faktoren werden von Kind und Familie eher
bedeutsam für die Aufrechterhaltung als für die Ursache des
Symptoms anerkannt
• Verlagerung der Therapie vom körperlichen zum
psychologischen Fokus in Anpassung an die
Veränderungsmöglichkeiten der Familie
• Betonung des oft langsamen, aber meist erfolgreichen
Therapieverlaufs
• Berücksichtigung anderer Kontexte, speziell der Schule
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17. 11. 2015
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4. Therapie
• Einsatz von Tagebucheintragungen zur Erfassung des
Symptomverlaufs
• Reduktion von Behinderung und psychosozialer
Einschränkung
• Entwicklung aktiver Bewältigungsfertigkeiten für Kind und
Familie als zentrale Aufgabe der Therapie
• Bescheidene Anfangsziele und graduelle Steigerung der Ziele
um eine Normalisierung der Aktivitäten zu erreichen
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17. 11. 2015
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4. Therapie
• Behandlung komorbider Störungen, speziell Angst und
Depression
• Gegebenenfalls medikamentöse Behandlung je nach
Ausprägungsgrad komorbider Störungen
• Beteiligung von Familie und Bezugspersonen
• Graduelle Verlagerung der Verantwortlichkeit für den
Therapieerfolg vom Therapeuten zu Kind und Eltern
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
Fall
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D. Wenzler
5. Verlauf
• Der Verlauf der korrekt diagnostizierten dissoziativen
Störungen ist in der Regel durch eine schnelle Remission
innerhalb von Monaten gekennzeichnet
• Langzeitprognose kann ungünstig sein
• 50 % der Fälle chronifizieren
• hierdurch können sekundäre Komplikationen wie z. B.
Inaktivitätsatrophien bei Lähmungen entstehen
• bei ca. 1/3 entwickeln sich andere psychische Störungen
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17. 11. 2015
D. Wenzler
5. Verlauf
• kurze Krankheitsdauer bis zur Diagnosestellung und Therapie
prognostisch günstig
• unter den verschiedenen dissoziativen Symptomen scheinen
psychogene Anfälle eine vergleichsweise ungünstige
Prognose zu haben
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Definition, Klassifikation, Häufigkeit
Klinisches Bild und Diagnostik
Ätiologie
Therapie
Verlauf
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