(Konversionsstörungen): Intervention

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Somatoforme und dissoziative Störungen (Konversionsstörungen): Intervention
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Rief, W. (1998). Somatoforme und dissoziative Störungen
(Konversionsstörungen): Intervention. In Baumann, U. & Perrez, M.
(Hrsg.). Klinische Psychologie – Psychotherapie (2. Aufl.) (S. 941951). Bern: Verlag Hans Huber.
Kapitel 38.3
Somatoforme und dissoziative Störungen
(Konversionsstörungen):
Intervention
Zusammengefasst von:
Claudia Heldner
Rue d’Or 24
1700 Fribourg
026 321 29 35
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Somatoforme und dissoziative Störungen (Konversionsstörungen): Intervention
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1. Empirische Basis klinisch-psychologischer Interventionen bei
somatoformen Störungen und dissoziativen Störungen (S. 942)
Hypochondrie
Zu dieser Untergruppe liegen mehr Vorschläge zu klinisch-psychologischen Interventionen
vor als zu multiplen somatoformen Störungen.
Keller (1983): Zentrale inhaltliche Belastungsmerkmale: Ausführliche Information über das
Entstehen der Symptomatik durch psychophysiologische Prozesse, Herausarbeiten der
Bedeutung von selektiver Wahrnehmung auf Körperempfindungen, Massnahmen zur
Angstbewältigung Depressionsbewältigung. Das Vorliegen von Persönlichkeitsstörungen geht
mit schlechteren Therapieverläufen einher.
Visser und Bouman (1992): Ihre Therapie lehnt sich stark an die Angstbehandlung an. Die
Therapie beinhaltete verhaltenstherapeutische Massnahmen (Exposition in vivo) und eine
Phase der kognitive Therapie (Ableitung angstauslösender Kognitionen, Beurteilung derer
Glaubwürdigkeit, erarbeiten von Alternativerklärungen, Förderung nichtkathastrophisierender Bewertungsprozesse). Der Abbau der hypochondrischen Ängste ging
während der Expositionstherapie schneller voran.
Stern und Fernandez (1991): In ihrem Gruppenprogramm setzten sie zwei Schwerpunkten:
Aufdecken der symptomaufrechterhaltenden Funktionen (Suchen nach Rückversicherung bei
medizinischem Personal oder bei der Familie) und die Funktion der
Aufmerksamkeitsfokussierung auf körperliche Prozesse.
Salkovskis (1995) (einzige randomisierte Studie und genügend grosser Stichprobe): Die
Gruppen mit kognitiver Verhaltenstherapie (irrationale Annahmen erarbeiten) und die Gruppe
mit einem Stressmanagementprogramm (Bewältigung von möglichen Auslösesituationen)
schnitten im Vergleich zu einer Wartegruppe erfolgreicher ab.
Gemeinsame Merkmale psychologischer Therapieansätze bei Hypochondrie sind:
• Prozesse der Umattribution der Bewertung von körperlichen Empfindungen
• Adäquate Informationen liefern (besonders in der Anfangsphase)
• Beruhigungen mit der Zeit unterlassen (der Patient kann so selbstständig Strategien
zur Beruhigung entwickeln)
• Verhaltensexperimente einsetzten
• Expositionstherapie in angstauslösenden Situationen
• Einbezug von Familienmitglieder (wegen inadäquater Rückmeldung)
Barsky et al. (1988) nennen vier Interventionsebenen bei Hypochondrie:
• Aufmerksamkeitsfokussierung und Entspannung (Aufmerksamkeitslenkung als
mögliche Copingstrategie)
• Kognitionen und Symptomattribution (Mechanismen der selbsterfüllten Prophezeiung,
Einfluss persönlicher Ursachenmodelle auf die Wahrnehmung und Bewertung
körperlicher Missempfindungen)
• Situative Aspekte (Abhängigkeit der Wahrnehmungs- und Bewertungsprozesse vom
situativen Kontext)
• Dysphorischer Affekt (Erarbeitung aktiver Maßnahmen zur Selbstverstärkung und der
Stimmungsaufhellung)
Somatoforme Störungen allgemein
Rief et al. (1995): Durch einen psychotherapeutischen Ansatz kann selbst bei einer hoch
chronifizierten Stichprobe eine Verbesserung in der somatoformen Symptomatik als auch bei
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komorbiden Erkrankungen (Depression, Angst) erreicht werden. Als negativer Prädiktor
zeigte sich jedoch Komorbidität.
Smith et al. (1995): Entwickelten einen Leitfaden. Darin enthalten sind folgende
Aufforderungen: Informationen zum Verlauf der Störung liefern, regelmäßige ärztliche
Behandlung in festen Zeitabständen realisieren, stationäre Einweisungen und operative
Eingriffe vermeiden. Weiter boten Rief et al. ein Kurzzeittherapieprogramm (8 Sitzungen) an.
Diese zeigte ebenfalls deutliche Verbesserungen.
Dissoziative Störungen (Konversionsstörungen)
Bei der Entstehung dieser Störung spielen traumatische Erfahrungen eine wichtige Rolle.
Interventionsansätze, wie sie für die posttraumatische Belastungsstörung von Relevanz sind,
können deshalb auch hier eingesetzt werden. Der wissenschaftliche Beleg steht aber noch aus.
2. Empirische Basis psychopharmakologischer Interventionen (S. 945)
Psychopharmakologische Medikamente:
• Hoher Einsatz von niedrig-potenten Neuroleptika (Fluspirilen). Die Gefahr von
Langzeitschäden (z.B. Spätdyskinesien) ist noch unklar.
• Tranquilizer (z.B. vom Benzodiazepin-Typus). Hier besteht die Gefahr der
körperlichen und psychischen Abhängigkeit.
• Antidepressiva zur Zeit am häufigsten verschrieben (da hohe Komorbidität zu
depressiven Erkrankungen)
3. Ein Therapiemodell zur psychologischen Behandlung beim
Somatisierungssyndrom (S. 945)
Der Therapieleitfaden zur psychologischen Behandlung umfasst fünf Aspekte.
3.1 Beziehungsaufbau und diagnostische Maßnahmen (S. 945)
Behandlerseite: Hilflosigkeit und Unklarheit über das Störungsbild
Patientenseite: erhöhte Klagsamkeit und negative Beziehungserwartungen
Warwick (1995) nennt vier Punkte der Unzufriedenheit beim Patienten:
1. Die Patienten mit Hypochondrie und Somatisierung haben zahlreiche medizinische
Untersuchungen hinter sich. In der Diagnostikphase sollte deshalb immer wieder
betont werden, dass eine zufriedenstellende Erklärung der Probleme gesucht wird
(nicht nach Ausschlussdiagnostik vorgehen).
2. Die Patienten nehmen nach der Behandlung eine selektive Interpretation der Aussagen
des Fachmannes vor (negativer Bewertungsprozess). Die Patienten sollten deshalb
mündlich und schriftlich eine Zusammenfassung der Sitzung geben.
3. Den Patienten wird oft das Gefühl vermittelt, sie seien Simulanten.
4. Patienten beginnen die Behandlung oft fremdmotiviert. Deshalb ist es wichtig, zu
Beginn die Ängste und Erwartungen an eine psychologische Therapie zu
thematisieren.
Der Patient kommt erst dann zu einer vertauensvollen therapeutischen Beziehung, wenn er
wahrnimmt, dass sein Behandler alle körperlichen Beschwerden und Behandlungsversuche
kennt. Wichtig ist auch die Exploration der subjektiven Krankheitsattributionen und des
Gesundheitsbegriffs des Patienten. Wichtig ist weiter, etwas über die zusätzlichen
Komponenten und Konsequenzen der Erkrankung zu erfahren (körperliches Schonverhalten,
checking behavior, Einstellungen und Verhaltensweisen von Personen des sozialen Umfelds,
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Selbstbild des Patienten) und die Stärken und Schwächen auf Seiten des Patienten als auch
seines sozialen Umfelds zu berücksichtigen (Kommunikationsverhalten, soziales
Stützsystem). Wichtig in der Diagnostikphase sind Symptomtagebücher (körperliches
Wohlbefinden, Aktivitäten, emotionale Befindlichkeit, Gedanken). Daraus lassen sich
störungsrelevante Informationen gewinnen.
3.2 Zieldefinitionen (S. 947)
Es ist wichtig, realistische Zieldefinitionen vorzunehmen, die sowohl wichtige
Lebensbereiche als auch verschiednen Abstufungen umfassen.
3.3 Umattribution des organischen Krankheitsmodells des Patienten (S. 947)
Es gilt, dass organische Krankheitsmodell des Patienten zu bestätigen, ihn jedoch
aufzufordern dieses kritisch zu hinterfragen und weitere Krankheitsmodelle zu überprüfen. Es
gibt verschiedene Techniken, auf das Krankheitsmodell Einfluss zu nehmen:
• Symptomtagebuch: Veranschaulicht, dass die Beschwerden nicht immer gleich
schlimm sind und das sie mit der emotionalen Befindlichkeit zusammenhängen.
• Verhaltensexperimente: Durch Beispiele soll der Patient zur Einsicht gelangen, dass
viele körperliche Empfindungen entstehen, die nicht ein schweres Krankheitszeichen
sind. Fokussierung der Aufmerksamkeit auf einfache Körperbelastungen soll
verdeutlichen, wie viel schwieriger solche Vorgänge werden, wenn man seine
Aufmerksamkeit darauf fokussiert. So auch die Fokussierung der Aufmerksamkeit auf
körperinnere Prozesse.
• Biofeedback: Dabei werden dem Patienten körperliche Signale (z.B. Herzrate) so
zurückgemeldet, dass er am Computer direkte Veränderungen wahrnehmen kann (z.B.
bei Entspannung).
3.4 Verhaltensänderungen (S. 948)
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Die Häufigkeit der Arztbesuche zurückschrauben oder diese wenigstens zeitkontingent
(nach einem festen Zeitplan) durchführen.
Das soziale Umfeld und der Behandler sollten nicht das Bedürfnis nach
Rückversicherung erfüllen, sondern mit dem Patienten selbständige
Bewältigungsmöglichkeiten besprechen.
Es kann sinnvoll sein, nicht zu früh auf eine Reduktion der Kontrollverhaltensweisen
zu drängen, sondern diese einleitend noch verstärken.
Vor der eigentlichen Verhaltensänderung sollte eine Phase der kognitiven
Vorbereitung und Herstellung der motivationalen Voraussetzung erfolgen. Hierzu
sollte der Krankheitskreislauf aufgezeigt und mit dem Patienten bearbeitet werden
(Bewertung als krankErhöhung von SchonverhaltenReduktion der körperlichen
Belastbarkeiterhöhte Neigung zum Erleben körperlicher Missempfindungen).
3.5 Weitere Maßnahmen zur psychischen Stabilisierung (S. 949)
Kommunikationsverfahren sowie Verfahren zum Erwerb von sozialer Kompetenz sind
ebenfalls wichtig, um den Aufbau eines adäquaten sozialen Stützsystems zu fördern. Da oft
traumatische Erlebnisse in der Krankheitsvorgeschichte vorzufinden sind, ist es ein Ziel, die
belastenden Erinnerungen in der Intensität als auch in der Häufigkeit des Sich-Aufdrängens
zu reduzieren, wie auch die Generalisierungsphänomene zu verringern.
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