Diplomarbeit Erfolgsrate bei Kniegelenkpunktion in Abhängigkeit von der Punktionstechnik und dem Erfahrungsgrad des Arztes eingereicht von Esther Ensat Mat.Nr.: 9611056 zur Erlangung des akademischen Grades Doktor der gesamten Heilkunde (Dr. med. univ.) an der Medizinischen Universität Graz ausgeführt am Univ.-Klinik für Unfallchirurgie unter der Anleitung von Dr. med. univ. Otmar Leithgöb (interner Betreuer) Ass.-Prof. Dr. med. Pichler Wolfgang (Zweitbetreuer) Graz,am……………… (Unterschrift) Eidesstattliche Erklärung Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich übernommenen Stellen als solche kenntlich gemacht habe. Gleichheitsgrundsatz Um nicht den Lesefluss durch eine ständige Nennung beider Geschlechter zu stören, wird entweder eine geschlechtsneutrale Formulierung verwendet oder es wird nur eines der beiden Geschlechter angegeben. Im letzteren Fall sind selbstverständlich beide Geschlechter gemeint. Graz, am ……………….. (Unterschrift) i Danksagung Ich möchte diese Arbeit meinen Großeltern Irmgard und Karl Gebeneter widmen, die immer an mich geglaubt haben, Interesse an meiner Arbeit zeigten, die geduldig mit mir waren und mich auch finanziell sehr unterstützt haben. Ohne sie wäre vieles nicht möglich gewesen. Mein Dank gilt auch meiner Mutter Marlene Watzinger. Ich möchte mich an dieser Stelle auch bei jenen Personen bedanken, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit geholfen haben. Mein Dank gilt meinen Betreuern Herrn OA Dr. Otmar Leithgöb, der mir mit hilfreichen Ratschlägen zur Seite stand, und Privatdozent Dr. Wolfgang Pichler für die Bereitstellung des Themas. Vielen herzlichen Dank auch an Univ. Prof. Dr. Friedrich Anderhuber vom Institut für Anatomie Graz, ohne dessen Hilfe eine Durchführung dieser Arbeit gar nicht möglich gewesen wäre. Vielen Dank auch an Christopher für die Hilfe bei der Erstellung der Tabellen und Diagramme. Natürlich dürfen auch all jenen, die mich bei der Erstellung dieser Arbeit und auch während des Studiums emotional und moralisch unterstützt haben, nicht vergessen werden. Sie hatten immer ein offenes Ohr und aufbauende Worte für mich. Danke Philipp, danke Anja, danke Andrea (auch für den Koffeinschub zu jeder Tages- und Nachtzeit). ii Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis………………………………………………………………...S. v Abbildungsverzeichnis…………………………………………………………………S. vi Tabellenverzeichnis…………………………………………………………………….S. vii Zusammenfassung……………………………………………………………………...S. 1 Abstract………………………………………………………………………………...S. 2 1. Einleitung……………………………………………………………………….S. 3 2. Die Anatomie des Knies……………………………………………………..S. 5 2.1 Das Kniegelenk…………………………….…………………………………S. 5 2.1.1 Gelenkkapsel………………………………………………………………….S. 6 2.1.2 Bänder………………………………………………………………………...S. 7 2.1.3 Menisci………………………………………………………………………..S. 10 2.1.4 Schleimbeutel…………………………………………………………………S. 10 2.1.5 Mechanik……………………………………………………………………...S. 12 2.2 Gefäße………………………………………………………………………...S. 13 2.2.1 Arterien……………………………………………………………………….S. 13 2.2.2 Venen…………………………………………………………………………S. 15 3. Die Kniegelenkpunktion………………………………………………….....S. 17 3.1. Indikationen…………………………………………………………………..S. 17 3.2. Kontraindikationen………………………………………………………...…S. 17 3.3. Durchführung einer Kniegelenkpunktion………………………………….…S. 18 3.4. Punktionstechniken………………...…………………………………………S. 20 3.5. Komplikationen……………………………………………………………….S. 21 4. Material und Methoden……………………………………………………..S. 22 iii 5. Ergebnisse…………………………………………………………………....S. 24 6. Diskussion………………………………………………………………...….S. 31 7. Anhang…………………………………………………………………….....S. 36 7.1 Literaturverzeichnis……………………………………...………...……….....S. 36 7.2 Curriculum vitae………………………….....………………….…………......S. 39 iv Abkürzungsverzeichnis AL anterolateral AM anteromedial AP anterior-posterior LP lateral-patellar MP medial-patellar SP suprapatellar-lateral TEP Totalendoprothese v Abbildungsverzeichnis Abbildung 2.1.1 Rechtes Knie mit eröffneter Gelenkkapsel……………….…...….S. 6 Die Patella ist nach unten geklappt (Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus, Lernatlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, 2007 Georg Thieme Verlag, S. 444) Abbildung 2.1.2 Rechtes Kniegelenk in Beugestellung..............................................S. 8 Ansicht von vorne nach Entfernung der Gelenkkapsel und der Patella (Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus, Lernatlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, 2007 Georg Thieme Verlag, S. 442) Abbildung 2.1.4 Ausdehnung der Gelenkhöhle………………….……………..…...S. 11 Rechtes Knie, Ansicht von lateral. Darstellung der Gelenkhöhle durch Injektion eines flüssigen Kunststoffes in das Kniegelenk (Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus, Lernatlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, 2007 Georg Thieme Verlag, S. 444) Abbildung 2.2.1 a Gefäßversorgung des Kniegelenks………………………...…….S. 14 Rechtes Bein, Ansicht von vorne (Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus, Lernatlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, 2007 Georg Thieme Verlag, S. 519) Abbildung 2.2.1 b Arterien der Kniekehle..................................................................S.14 Rechtes Bein, Ansicht von hinten (Quelle: Schünke, Schulte, Schumacher: Prometheus, Lernatlas der Anatomie, Allgemeine Anatomie und Bewegungssystem, 2007 Georg Thieme Verlag, S. 519) vi Tabellen- und Diagrammverzeichnis Tabelle 1 Rate an intra- und periartikluären Injektionen (Facharzt)……….…….S. 24 Tabelle 2 Rate an intra- und periartikluären Injektionen (Anfänger)…………....S. 25 dddd Tabelle 3 Rate an intra- und periartikluären Injektionen bei Knien mit Gelenkersatz (Facharzt)…………………………………….………………..….…S. 27 Tabelle 4 Rate an intra- und periartikluären Injektionen bei Knien mit Gelenkersatz (Anfänger)………………………………………………………..…S. 28 Tabelle 5 Übersicht über verschiedene Studien………………………………….….S. 32 Diagramm 1 Vergleich zwischen Fachärzten und Anfänger bei Punktionen durch zwei verschiedene Portale …………………………………….………S. 26 Diagramm 2 Vergleich von Punktionen durch Fachärzte bei Knien mit und ohne Gelenkersatz…………………………………………………………….S. 29 Diagramm 3 Vergleich von Punktionen durch Anfänger bei Knien mit und ohne Gelenkersatz ………………………...………………………………….S. 30 vii Zusammenfassung Einleitung. Die Injektion von Medikamenten wie Kortikosteroiden, Viscosupplementation mit Hyaluronsäure oder Lokalanästhetika bei Schmerzen in das Kniegelenk, gehört zu den Routinetätigkeiten von Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen, aber auch von Allgemeinmedizinern. Ziel dieser Studie war es, die Häufigkeit von intra- und periartikulären Injektionen – also die Erfolgsrate und Fehlerquote von Kniegelenkpunktionen - zu eruieren. Material und Methoden. Für diese Kadaverstudie wurden an insgesamt 251 Kniegelenken Injektionen mit Methylenblau durchgeführt, um intra- von extraartikulären Injektionen zu unterscheiden. Um zu eruieren, welchen Einfluss der Ausbildungsgrad und die Erfahrung des Mediziners auf das Ergebnis haben, wurde ein Teil der Injektionen von einem Medizinstudenten im Praktischen Jahr durchgeführt und der andere Teil von zwei Unfallchirurgen. Darüber hinaus wurde der Einfluss von zwei verschiedenen Punktionstechniken auf eine erfolgreiche intraartikuläre Injektion dokumentiert. Zum einen wurde der infrapatellar-laterale, zum anderen der suprapatellar-laterale Zugang gewählt. Ergebnisse. Die Erfolgsrate der intrartikulären Injektionen war bei den beiden Fachärzten erwartungsgemäß höher als beim Anfänger. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass auch die Punktionstechnik für ein positives Outcome eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Bei der Durchführung der Injektionen durch den suprapatellaren Zugang erreichten die Spezialisten eine Trefferquote von 95,6%. Wurde durch das anterolaterale Portal injiziert, lag der Anteil an erfolgreichen intrartikularen Injektionen bei 93,4%. Fazit. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die akkurate Platzierung der Nadel im Gelenkinnenraum selbst für einen Spezialisten eine Herausforderung darstellt und keine Garantie auf Erfolg gegeben werden kann. Liegt kein Gelenkerguss vor, besteht die Möglichkeit, ein Lokalanästhetikum oder physiologische Kochsalzlösung zu injizieren und diese dann wieder zu aspirieren, um so die intraartikuläre Position der Nadel sicherzustellen. 1 Abstract Introduction. Injections of drugs into the knee joint, such as corticosteroids, viscosupplementation with hyaluronic acid or local anaesthetics into the knee to alleviate pain, are routinely performed by orthopaedic surgeons, rheumatologists and even general practitioners. The purpose of this study was to determine the frequency of intra- and periarticular injections – more precisely the success rate and the error rate of knee joint punctures. Material and methods. In this cadaver, study a total of 251 knee joint were injected with methylen blue in order to distinguish intra- from extra-articular injections. In order to determine the influence of a physicians’ level of training and practical experience on the results, one part of the injection were performed by a student doing her practical year and the other part by two orthopaedic surgeons. Furthermore, two different puncture positions were compared to assess their influence on successful intra-articular injection: the infrapatellar-lateral portal and the suprapatellar-lateral portal. Results. As expected, the study found that the success rate on intra-articular injections was higher when performed by the specialists than when performed by the inexperienced student. What is more, the findings suggest that the puncture position plays a decisive role achieving a positive outcome. The orthopaedic surgeons achieved a 95.6% success rate when performing injections through the suprapatellar portal and a success rate of 93.4% when entering through the anterolateral portal. Conclusion. In conclusion, the accuracy of needle placement into the intra-articular space is a challenge even for skilled specialists and there is no guarantee for success. In the absence of an articular effusion, it is possible to inject and aspirate a local anaesthetic or physiologic salt solution in order to ensure an accurate intra-articular placement of the needle. 2 1. Einleitung Das Knie ist das größte Gelenk des menschlichen Körpers und in dieser Rolle auch eines der meist beanspruchten. Bei jedem Schritt lastet etwa das Dreifache des Körpergewichts auf diesem Gelenk. So ist es wenig verwunderlich, dass gerade das Kniegelenk häufig zu Problemen führt. Es ist zum Beispiel eines der am häufigsten von Arthrose betroffenen Gelenke. Knorpelschäden, Meniskusläsionen oder chronische Arthritis, aber auch chronische Überbeanspruchung durch Sport oder Übergewicht können zum Auftreten von Gelenkergüssen führen. Dies macht dann eine Punktion des Gelenks zur Aspiration des Ergusses erforderlich. Doch auch die Injektion von Medikamenten wie Kortikosteroiden, Viscosupplementation mit Hyaluronsäure oder Lokalanästhetika bei Schmerzen gehört zu den routinemäßigen Tätigkeiten von Orthopäden, Unfallchirurgen und Rheumatologen, aber auch von Allgemeinmedizinern. Gerade durch die komplexe Anatomie des Kniegelenks ist eine Punktion bei kleinen Ergüssen oder ohne Vorliegen eines Ergusses auch für erfahrene Ärzte eine Herausforderung. Die Aspiration von Synovialflüssigkeit bei einem Gelenkerguss ist beweisend für die korrekte Platzierung der Nadel. Doch macht eine akute Verletzung oder ein chronisches Leiden die Injektion eines Therapeutikums notwendig, so ist für die exakte intraartikuläre Verabreichung von diesem viel Routine und Übung erforderlich. Anatomische Orientierungspunkte müssen dann genügen, um die richtige Position für die Injektion zu finden1,2. Selbst dann kann es vorkommen, dass die Injektion periartikulär verabreicht wird, was zu teils schwerwiegenden Komplikationen führen kann1,3-5. Lediglich die Aspiration der zuvor injizierten Flüssigkeit weist dann auf eine intraartikuläre Nadelposition hin. Einige Studien haben sich schon mit der akkuraten intraartikulären Positionierung der Nadel ohne vorliegenden Gelenkerguss am Knie beschäftigt3,6-10, wobei der Anteil der extraartikulären Injektionen von 3%8 bis 34%3 reicht. Es wurden auch verschiedene Methoden erforscht, um die Anzahl der intraartikulären Injektionen zu erhöhen. In den meisten Fällen ist dazu aber Bildgebung nötig z.B. Ultraschall oder Röntgen3,6,7,9,10. 3 Aber nicht nur das Kniegelenk ist Ziel diverser Studien. Zahlreiche Arbeiten befassen sich der Punktion von andere Gelenke11-15. Das Ziel dieser Studie war es primär, die Häufigkeit von periartikulären Injektionen zu eruieren. Dabei wurde einerseits ermittelt, inwiefern der Ausbildungsgrad und die Erfahrung des Mediziners zu erfolgreichen intraartikulären Injektionen beitragen. Außerdem wurden die Punktionen mit zwei verschiedenen Techniken durchgeführt und die Ergebnisse anschließend miteinander verglichen. 4 2. Die Anatomie des Knies 2.1 Das Kniegelenk, Articulatio genus Beim Kniegelenk handelt es sich um das größte Gelenk des menschlichen Körpers, an dem auch die größten und längsten Knochen beteiligt sind: das Femur mit seinem distalen Ende, der Tibiakopf und die Patella, welche das größte Sesambein ist. Es wird aus zwei Gelenken zusammengesetzt, der Articuatio femorotibialis, dem eigentlichen Kniegelenk, und der Articulatio femoropatellaris. Die Articuatio femorotibialis wird auch als bikondyläres Gelenk bezeichnet, da sich sowohl am Femur als auch an der Tibia je zwei Kondylen befinden. Die Gelenkflächen, sind am Femur der Condylus medialis und der Condylus lateralis, an der Tibia die Facies articularis superior, welche weitestgehend plan ist. Um die Inkongruenz zwischen den Gelenkflächen auszugleichen findet man im Kniegelenk einerseits Gelenkknorpel und andererseits zwei Minisci, welche praktisch als transportable Gelenkpfanne fungieren und die Kontaktfläche, und somit auch die Kraftübertragungsfläche, zwischen Femur und Tibia vergrößern. An der Articuatio femoropatellaris sind die Patella, die an ihrer Facies articularis eine Führungsleiste aufweist, und das Femur mit seiner Facies patellaris beteiligt. An dieser befindet sich eine Führungsrinne. Da die Hauptbewegung eine um die transversale Achse durchgeführte Flexion und Extension ist, spricht man von einem Schaniergelenk oder Ginglymus. In Beugestellung ist jedoch auch eine Rotation der Tibia möglich, weshalb das Kniegelenk korrekt als Schanierradgelenk oder Trochoginglymus bezeichnet wird. 5 2.1.1 Gelenkkapsel Abbildung 2.1.1 Rechtes Knie mit eröffneter Gelenkkapsel Die Patella ist nach unten geklappt Die Kapselansatzlinie liegt am Femur vorne etwa 2 cm proximal der Knorpel-KnochenGrenze, medial und lateral der Facies patellaris ist sie nur geringfügig (1-2 mm) von der Gelenkfläche entfernt. Sie zieht nahe an der Knorpelfläche der Kondylen nach hinten. Die Fossa intercondylaris und auch die Kreuzbänder liegen außerhalb der Kapsel. Im Bereich der Menisci ist die Kapsel unterbrochen. 6 An der Tibia verläuft die Kapselansatzlinie an der Knorpel-Knochen-Grenze, wobei die Meniskushörner sich außerhalb der Kapsel befinden. Auch an der Patella entspringt die Kapsel am Knorpelrand. Ventral wird die Kapsel durch eine Fortsetzung der Sehne des Musculus quadriceps femoris verstärkt. Sie zieht, die Patella mit einschließend, bis zur Tuberositas tibiae und wird als Ligamentum patellae bezeichnet. Lateral und medial des Ligamentum patellae ziehen ebenfalls zwei Faserzüge aus der Sehne des Musculus quadriceps femoris zur Tibia, das Retinaculum patellae mediale bzw. laterale, der sogenannte Reservestreckapparat. An den Seiten verstärkt das Ligamentum collaterale tibiale bzw. fibulare die Kapsel, hinten findet man das Ligamentum popliteum obliquum als Kapselverstärker. Es zeigen sich an der Hinterseite zahlreiche Öffnungen in der Kapsel für den Durchtritt von Gefäßen. 2.1.2 Bänder Die Bänder des Kniegelenks kann man in extra- und intraartikuläre unterteilen. Zu den extraartikuläre Bändern zählen das Ligamentum collaterale tibiale und fibulare, das Ligamentum patellae, die beiden Retinacula, das Ligamentum popliteum obliquum und das Ligamentum popliteum arcuatum. Die beiden Seitenbänder, das Ligamentum collaterale tibiale und fibulare, sind typisch für ein Schaniergelenk, da sie das Knie in der Frontalebene stabilisieren und somit die seitliche Aufklappbarkeit verhindern. Das Ligamentum collaterale tibiale hat seinen Ursprung am Epicondylus medialis femoris und zieht knapp am Gelenkspalt zu seinem Ansatz an der Tibia. Dabei gibt es auch Fasern zum medialen Meniskus ab, mit dem es verwachsen ist. Das Ligamentum collaterale fibulare entspringt am Epicondylus lateralis femoris und zieht mit einiger Entfernung vom Gelenkspalt zum Caput fibulae. Das Ligamentum patellae ist, wie schon oben erwähnt eine Fortsetzung der Sehne des Musculus quadriceps femoris, die ab der Patella als Ligamentum patellae bezeichnet wird und an der Tuberositas tibiae ansetzt. Das Retinaculum patellae mediale setzt sich aus dem Musculus rectus femoris und dem Musculus vastus medialis fort, zieht nach distal und medial, verschwindet unter dem Ligamentum collaterale tibiale und setzt sehr medial an der Tibia an. 7 Abbildung 2.1.2 Rechtes Kniegelenk in Beugestellung Ansicht von vorne nach Entfernung der Gelenkkapsel und der Patella Das Retinaculum patellae laterale setzt sich ebenfalls aus dem Musculus quadriceps femoris fort, und zwar genauer aus dem Musculus rectus femoris und dem Musculus vastus lateralis. Es zieht in einem nach lateral konvexem Bogen, verstärkt durch den Tractus iliotibialis zur Tuberositas tractus iliotibialis tibiae , auch Tuberculum Gerdy genannt. Die Bezeichnung Reservestreckapparat haben die beiden Retinacula aus dem Grund, da sie eine oberflächliche, aus longitudinalen Fasern bestehende Schicht haben, die vom Oberzum Unterschenkel verläuft, und eine tiefere, transversal verlaufende Schicht, die von den Epikondylen zum Seitenrand der Patella verläuft. Diese beiden Schichten ermöglichen beim Bruch der Patella noch eine leichte Streckung. Außerdem stabilisieren sie die Patella in ihrer Gleitbahn. 8 An der Rückseite, im Bereich der Kniekehle, befinden sich das Ligamentum popliteum obliquum und das Ligamentum popliteum arcuatum. Wie bereits erwähnt verstärkt das Ligamentum popliteum obliquum die Kapsel an der Rückseite. Es zieht, gebildet aus Fasern des Musculus semimembranosus, vom Tibiakopf nach lateral und proximal zur Rückfläche des Femur. Das Ligamentum popliteum arcuatum verläuft, wie der Name schon erahnen lässt, bogenförmig vom Condylus medialis femoris zum Caput fibulae und kreuzt dabei das schräg verlaufende Ligamentum popliteum obliquum im rechten Winkel. Intraartikulär befinden sich zwei vor allem für die Stabilität des Knies in gebeugtem Zustand bedeutende Bänder, das Ligamentum cruciatum anterius und das Ligamentum cruciatum posterius. Das Ligamentum cruciatum anterius zieht von der Area intercondylaris anterior tibiae zur medialen Seite des lateralen Femurkondylus. Es zieht also von vorne unten medial nach hinten oben lateral. Das stärkere der beiden Bänder, das Ligamentum cruciatum posterius, inseriert an der Area intercondylaris posterius und zieht von dort zur lateralen Seite des medialen Femurkondylus, zieht also von hinten unten lateral nach vorne oben medial. Ebenfalls an dieser Stelle zu erwähnen sind zwei kleinere intraartikuläre Bänder, das Ligamentum meniscofemorale posterius, auch Wrisberg’sches Band genannt, und das Ligamentum transversum genus. Letzteres verbindet die beiden Menisci, welche später noch besprochen werden, an ihrer Vorderseite miteinander. Das Ligamentum meniscofemorale posterius ist bei ca. 70 % der Menschen vorhanden16. Es zieht vom Hinterhorn des lateralen Meniskus hinter dem hinteren Kreuzband zum medialen Femurkondylus und dient der Fixation des lateralen Meniskus. Nur bei etwa 50 % der Menschen findet man das Ligamentum meniscofemorale anterius, das Ligamentum Humphry, welches ebenfalls vom Hinterhorn des lateralen Meniskus, jedoch vor dem hinteren Kreuzband, zum medialen Femurkondylus zieht16. 9 2.1.3 Menisci Um die Inkongruenz zwischen den artikulierenden Flächen von Femur und Tibia auszugleichen, findet man im Kniegelenk nicht nur den Gelenkknorpel, sondern auch zwei aus Bindegewebe bestehende und mit Faserknorpel überzogene halbmond-förmige Scheiben, die Menisci. Ihr Querschnitt ist keilförmig. Durch sie wird die Kontaktfläche zwischen Femur und Tibia vergrößert und damit auch die Kraftübertragungsfläche. Jeder Meniskus besitzt ein Cornu anterius und ein Cornu posterius, welche außerhalb der Kapsel liegen und über die die Menisci am Tibiaplateau fixiert sind. Bei Bewegung der Kondylen werden die Menisci in Relation zur Tibia mit den Kondylen mitbewegt. Der Meniskus medialis ist größer und besser fixiert als der Meniskus lateralis. Die Fixierung erfolgt außer über das vordere und hintere Horn auch noch über das Ligamentum collaterale mediale, von welchem Fasern zum medialen Meniskus ziehen. Der Meniskus lateralis ist fast ringförmig, die beiden Ansatzpunkte liegen also sehr nahe an der Eminentia intercondylaris tibiae. Die nur variabel auftretenden meniscofemoralen Bänder, welche bereits bei den intraartikulären Bändern besprochen wurden, spielen bei der Befestigung des lateralen Meniskus nur eine untergeordnete Rolle. Durch die fehlende Fixierung am Seitenband, ist der laterale Meniskus deutlich beweglicher als der mediale. Das Ligamentum transversum genus verbindet das Vorderhorn des lateralen Meniskus mit dem Vorderhorn des medialen Meniskus. 2.1.4 Schleimbeutel Unter Bursen versteht man laut Definition mit Flüssigkeit gefüllter Hohlräume, die sich häufig in der Nähe von Knochenvorsprüngen oder Muskelansätzen finden um die dort entstehende Reibung zu minimieren. Beim Knie gibt es zahlreiche entweder mit der Gelenkhöhle kommunizieren oder nicht kommunizierende Bursen. Vor der Patella findet man unter der Haut die Bursa praepatellaris subcutanea, unter der Fascie die Bursa praepatellaris subfascialis und unter der Sehne des Musculus quadriceps 10 femoris die Bursa praepatellaris subtendinea. Es handelt sich um nicht kommunizierende Bursen, die nur in seltenen Fällen alle drei vorhanden sind. Abbildung 2.1.4 Ausdehnung der Gelenkhöhle Rechtes Knie, Ansicht von lateral. Darstellung der Gelenkhöhle durch Injektion eines flüssigen Kunststoffes in das Kniegelenk Oberhalb der Patella befindet sich eine in den meisten Fällen mit dem Kniegelenk kommunizierende Bursa, die Bursa suprapatellaris. Sie wird, um ein Einklemmen zu verhindern, vom Musculus articularis genus, wie der distale Anteil des Musculus vastus intermedius auch bezeichnet wird, gespannt. Die distal der Patella gelegene Bursa infrapatellaris subcutanea, die zwischen Haut und Lig. patellae liegt, und die Bursa infrapatellaris profunda, zwischen Ligamentum patellae und Tibia gelegen, sind hingegen nicht kommunizierende Bursen. 11 Auch in der Regio genus posterior findet man einige überwiegend kommunizierende Bursen. Im Verlauf der embryonalen Entwicklung stülpt sich die Kapsel teilweise um die Sehne des Musculus popliteus. Der so entstandene Recessus subpopliteus ist somit ein kommunizierender, die Sehne liegt allerdings nie intraartikulär, sie wird vielmehr teilweise vom Recessus umgeben. Sowohl unter der Ursprungssehne des medialen als auch unter der Ursprungssehne des lateralen Kopfes des Musculus gastrocnemius befindet sich ein Schleimbeutel, wobei die Bursa subtendinea musculi gastrocnemii medialis von größerer Bedeutung ist. Sie kommuniziert nämlich nicht nur regelmäßig mit der Gelenkhöhle, sondern, bedingt durch die anatomische Nähe, auch mit der Bursa musculi semimembranosi, die sich zwischen der Sehne des Musculus semimembranosus und dem Condylus medialis befindet. Durch den Zusammenschluss dieser beiden Bursen entsteht die Bursa gastrocnemio-semimembranosa, die, bei vermehrter Produktion von Gelenkflüssigkeit, u.a. durch chronisch-entzündliche Prozesse, und dadurch erhöhtem intraartikulärem Druck, oft nachgibt und eine zystische Aussackung ausbildet, die sogenannte Arthrocele loco typico. 2.1.5 Mechanik Die im Kniegelenk durchführbaren Bewegungen sind zum einen Flexion und Extension und zum anderen, allerdings nur bei gebeugtem Knie, eine Rotation. Die Flexion und die Extension werden um eine transversale Achse durchgeführt, die durch die Kondylen des Femurs verläuft. Diese Beugeachse ist, bedingt durch den unterschiedlichen Krümmungsradius der Kondylen, eine wandernde. Bei Streckung des Knies wandert die Achse nach vorne und oben. Bei Beugung wandert sie nach hinten und unten und liegt somit näher an den Gelenkflächen, da der Krümmungsradius der Kondylen dorsal kleiner ist. Aus diesem Grund spricht man bei der Bewegung von einer Streckung in die Beugung auch von einer Roll-Gleit-Bewegung. Die Femurkondylen wechseln, gelenkt von den Kreuzbändern, von einer Abroll- in eine Gleitbewegung. Der Bewegungsumfang beträgt für die Extension 0° und für die Flexion 120° bis 150°. 12 Die Rotation erfolgt um eine longitudinale Achse und ist nur in Beugestellung möglich, da die Seitenbänder hierbei entspannt sind. Bei gestrecktem Knie ist auf Grund der gespannten Kollateralbänder keine Rotation durchführbar. Die Rotationsachse ist etwas nach medial verlagert. Sie verläuft vom lateralen Abhang des Epicondylus medialis zum Malleolus medialis tibiae. Bei 90° flektiertem Knie ist ein Innenrotation von etwa 30° und eine Außenrotation von etwa 40° möglich. Wird das Kniegelenk vollständig extendiert, kommt es automatisch zur Schlußrotation. Dabei rotiert die Tibia um 5° nach außen. Dies dient der Sicherung des Gelenks und macht auch einen amuskulären Stand möglich. 2.2 Gefäße 2.2.1 Arterien Zahlreiche miteinander anastomosierende Arterien bilden ein regelrechtes Gefäßnetz, das Rete articulare genus, über welches das gesamte Kniegelenk versorgt wird. Den Hauptanteil an diesem Gefäßnetz liefert die Art. poplitea, die Fortsetzung der Art. femoralis. Sie gibt folgende Äste ab: 1. Arteria genus superior medialis 2. Arteria genus superior lateralis 3. Arteria genus inferior medialis 4. Arteria genus inferior lateralis Alle vier Äste ziehen von dorsal nach ventral und anastomosieren dort. Eine weitere aus der Arteria poplitea abgehende Arterie ist die Arteria genus media. Sie ist allerdings nicht an dem ventralen Arteriennetz beteiligt, sondern durchbricht dorsal die Kapsel und zieht zu den Kreuzbändern, die sie versorgt. Vor ihrem Übergang in die Arteria poplitea gibt die Arteria femoralis im Canalis adductorius die Arteria genus descendens ab. Sie gibt unter anderem Rami articulares zum Rete articulare genus ab. Von der Arteria tibialis anterior, einem Endast der Arteria poplitea, ziehen die Arteria recurrens tibialis anterior und die Arteria recurrens tibialis posterior nach proximal zum Rete articulare genus. 13 Abbildung 2.2.1 a Gefäßversorgung des Kniegelenks Rechtes Knie, Ansicht von vorne Abbildung 2.2.1 b Arterien der Kniekehle Rechtes Bein, Ansicht von hinten 14 2.2.2 Venen Im Bereich der Kniekehle vereinigen sich die tiefen Venen des Unterschenkels zur Vena poplitea. Auch durch die oberflächliche Vena saphena parva erhält sie einen Zufluss. Die Vena poplitea ist im Gegensatz zu den meisten anderen Beinvenen nicht paarig sondern einzeln angelegt. Sie liegt der gleichnamigen Arterie oberflächlich an. 2.3 Nerven Die Innervation der Gelenkkapsel, der Bänder und aller weiteren das Kniegelenk umgebenden Strukturen erfolgt weitgehend über zahlreiche Rami articulares, die von den großen Hauptstämmen abzweigen. So versorgt der Nervus femoralis über eben solche den proximalen Anteil des Kniegelenks an der Streckseite. Auch der Nervus saphenus gibt einen Ramus articularis ab, der die mediale Knieregion versorgt. Dieser Ramus articularis teilt sich in einen Ramus infrapatellaris superior und in einen Ramus infrapatellaris inferior. Beide ziehen medial nach distal, um dort bogenförmig nach lateral zur Knieaußenseite zu ziehen. Der Ramus infrapatellaris inferior tut dies auf Höhe der Tuberositas tibiae. Die Lage des Ramus infrapatellaris superior auf seinem Weg nach lateral ist insofern wichtig, da er den Gelenkspalt medial des Ligamentum patellae kreuzt, einem Bereich, der als anteromedialer Arthroskopiezugang genutzt wird. Der laterale Bereich des Kniegelenks wird ebenfalls über einen Ramus articularis versogt, der aus dem Nervus peroneus communis entstammt. Bei Kniegelenkpunktionen von suprapatellar lateral besteht die Gefahr, diesen Nervus peroneus communis (oder auch Nervus fibularis communis) zu verletzen. Die sensible Innervation der Haut der Regio genus anterior erfolgt hauptsächlich über den Nervus femoralis und über den Nervus saphenus, einen rein sensiblen Ast des Nervus femoralis. 15 Die Rami cutanei anteriores des Nervus femoralis versorgen nicht nur die Haut an der ventralen Seite des Oberschenkels, sie ziehen auch bis zur Regio genus anterior und machen dort einen Großteil der sensiblen Versorgung aus im proximalen Abschnitt aus. Der Nervus saphenus innerviert den medialen Anteil der Haut in der vorderen Knieregion. Über die bereits oben erwähnten, epifaszial verlaufenden Rami infrapatellares versorgt der Nervus saphenus die Haut der Regio infrapatellaris. Einen kleinen Anteil an der sensiblen Innervation der Haut der Regio genus anterior haben noch der Ramus cutaneus des Nervus obturatorius, der die medial-proximal gelegenen Hautareale der vorderen Knieregion versorgt und der Nervus cutaneus femoris lateralis. Letzterer wird aus den Rami anteriores der Spinalnerven L2 und L3 gebildet und zieht, die laterale und ventrale Oberschenkelregion versorgend bis zum Knie, wo er das lateralproximale Hautareale der vorderen Knieregion versorgt. 16 3. Die Kniegelenkpunktion Das Kniegelenk ist jenes Gelenk des menschlichen Körpers, welches mit Abstand am häufigsten punktiert wird. Kniegelenkpunktionen werden entweder zu therapeutischem oder diagnostischem Zweck durchgeführt. 3.1 Indikationen Die Indikation zur Kniegelenkpunktion sollte immer sorgfältig abgewogen werden, da bei der Durchführung doch ein gewisses Risiko einer Infektion besteht. Da jedoch die rasche Behandlung bei einer bestehenden Kniegelenkinfektion das Knie vor gravierenderen Schäden bewahren kann, sollte bei jeder unerklärbaren Monarthritis eine Gelenkpunktion durchgeführt werden. Zu den therapeutischen Indikationen einer Punktion des Kniegelenks zählen: • Hämatomentfernung • Druckentlastung bei einem schmerzhaftem Gelenkerguss, z.B. nach Trauma • Das Einbringen von Medikamenten, wie etwa Kortikosteroide, Hyaluronsäure oder Lokalanästhetika, in das Gelenk Diagnostische Indikationen für eine Kniegelenkpunktion sind: • Materialgewinnung bei V.a. Gelenkinfektion oder Hämarthrose • Unklare Gelenkergüsse • Unklare Monarthritis • Kristallinduzierte Arthropathie, z.B. Gicht 3.2 Kontraindikationen Nicht nur für Kniegelenkpunktionen im Speziellen, sondern für intraartikuläre Punktionen im Allgemeinen, gibt es, wie für jeden chirurgischen Eingriff, einige Kontraindikationen. Handelt es sich um eine intraartikuläre Injektion stellt folgendes eine Kontraindikation dar: 17 • Infektionen • Hautläsionen über der Einstichstelle (die Haut soll auch auf Grund von dadurch entstehenden Mikroläsionen nicht rasiert werden) • Hauterkrankungen • Schwerwiegende Gerinnungsstörungen bzw. orale Antikoagulation • Ein unkooperativer Patient Es handelt sich dabei allerdings um relative Kontraindikationen, die zu beachten sind, wenn es sich um eine Injektion handelt. Ist allerdings eine Gelenkpunktion notwendig, ist diese oft nicht aufschiebbar und kann trotz der angeführten Kontraindikationen durchgeführt werden. Allerdings sollte dann bei etwaigen Veränderungen der Haut darauf geachtet werden, nicht direkt in diese zu stechen17. 3.3 Durchführung einer Kniegelenkpunktion Es gibt trotz der relativ einfachen Technik einer Kniegelenkpunktion, einige wichtige zu beachtende Punkte, um die Komplikationsrate so gering wie möglich zu halten. Zuerst erfolgt eine ausführliche Aufklärung des Patienten über den Eingriff und mögliche Komplikationen, wie Blutungen, Verletzungen von Haut und Nerven, Infektionen und Allergien. Diese Aufklärung muss auch dokumentiert werden. Nun legt sich der Patient mit entkleideten Beinen auf den Rücken auf eine Liege. Damit das Knie beim liegenden Patienten leicht gebeugt ist, wird in die Kniekehle eine Polsterrolle gelegt. Wird eine Gelenkinjektionen im Sitzen durchgeführt, besteht die Gefahr einer inkorrekten Platzierung der Nadel und dadurch einer Injektion in den subpatellaren Fettkörper, da hier kaum ein Widerstand spürbar ist18. Die Haut wird auf vorliegende Läsionen oder andere Pathologien untersucht. Eventuell störende Haare werden mit einer Schere gekürzt. Danach werden die Grenzen der Patella ertastet und je nach gewähltem Zugangsweg (siehe unten) wird die Punktionsstelle markiert und die Haut anschließend ausreichend mit einem Antiseptikum benetzt, das mindestens eine Minute einwirken muss. Der Durchführende zieht in der Zwischenzeit sterile Handschuhe an, darf die Haut an der geplanten Injektionsstelle nun aber trotzdem 18 nicht mehr berühren (No-touch-Technik). Auch soll die Kommunikation der Anwesenden auf ein Minimum beschränkt werden, um das Infektionsrisiko durch die Atemwege zu reduzieren17. Die zu punktierende Stelle kann mit einem Lokalanästethikum umspritzt werden. Das vorbereitete Equipment sollte aus einer Einmalkanüle (0,7-1,2 mm), einer 10 ml Einmalspritze für Injektionen (gefüllt mit dem zu injizierendem Pharmazeutikum) bzw. zwei 30-60 ml Einmalspritze für Aspirationen, aus sterilen Tupfern und einem Pflaster bestehen. Ein weiteres mögliches Utensil wäre ein Dreiwegehahn. Bei einem großen Gelenkerguss, der einen Spritzenwechsel notwendig macht oder wenn eine Aspiration in Kombination mit anschließender therapeutischer Injektion durchgeführt werden soll, ist das Vorhandensein eines 3-Wegehahns eventuell hilfreich um beim Spritzenwechsel die Sterilität zu bewahren und ein Herausfließen von Synovialflüssigkeit aus dem Nadelende zu vermeiden19. Man setze nun die Kanüle an der markierten Stelle an und führt sie durch die mit der anderen Hand gespannte Haut ein. Die Aspiration von Synovialflüssigkeit ist ein sicheres Zeichen, dass sich die Kanülenspitze im Gelenkraum befindet. Da jedoch nicht jede Gelenkpunktion einen Erguss als Ursache hat und sich somit oft keine zu aspirierende Flüssigkeit in Gelenk befindet, ist gerade bei Injektionen die Erfahrenheit des Arztes von großer Bedeutung. Eine Injektion sollte immer gleichmäßig erfolgen, ohne Widerstand durchführbar sein und für den Patienten weitestgehend schmerzfrei ablaufen. Nach der Injektion bzw. Aspiration wird die Kanüle zurückgezogen, die Haut wird gereinigt und ein Pflaster wird auf die Punktionsstelle geklebt. Bei Knieleiden, welche kein Erguss bedingt – sie werden im Englischen als „dry knee diseases“ bezeichnet-, besteht immer eine gewisse Unsicherheit ob der exakten Nadelposition. Um in so einem Fall eine akkurate intraartikuläre Injektion zu gewährleisten, besteht die Möglichkeit, die Injektion ultraschallgezielt durchzuführen. Im et al.15 berichten, dass nur 77,3% der blind, also ohne Ultraschall durchgeführten Injektionen in den Gelenkraum erfolgten. Bei der Gruppe mit den ultraschallgezielten Injektionen lag der Anteil der erfolgreich durchgeführten Injektionen hingegen bei 95,6%. 19 3.4 Punktionstechniken Es gibt verschiedene Techniken, ein Kniegelenk zu punktieren. Die Wahl des Zugangs hängt meist von der Präferenz des Mediziners ab. Zuerst ist es wichtig, die anatomischen Orientierungpunkte zu palpieren. Dabei kennzeichnet man die laterale und die mediale Patellakante, die proximal gelegene Basis der Patella und die distal gelegene Apex. Der anteromediale und der anterolaterale Zugang werden vor allem für Injektion, weniger zur diagnostischen Punktion genutzt. Dabei ist das Knie 90° gebeugt, die Nadel wird einen Fingerbreit proximal der Tibiakante, lateral bzw. medial des Ligamentum patellae, im Dreieck zwischen Femurcondyl, Tibiakante und Patellasehne angesetzt und die Punktion erfolgt in Richtung Kniezentrum. Es besteht hierbei das Risiko, die Menisci mit der Nadel zu verletzen. Der anterolaterale Zugang wird auch als Standard Arthroskopiezugang genutzt. Bei gestrecktem Knie und entspannter Oberschenkelmuskulatur, so dass Patella locker verschieblich ist, erfolgt die Punktion von suprapatellar lateral am liegenden Patienten. Die Punktionsstelle liegt etwa 1,5 cm proximal und 1,5 cm lateral des proximalen Patellapols, der Einstichswinkel beträgt 45° zur Horizontalen. Die gleiche Technik ist auch von suprapatellar medial durchführbar. Eine weitere Möglichkeit ist die Kniegelenkpunktion von lateral patellar bzw. medial patellar. Wiederum liegt der Patient mit gestrecktem Knie und entspannter Oberschenkelmuskulatur, so dass Patella locker verschieblich ist auf dem Rücken. Lateral bzw. medial der Patella, auf Höhe der Patellamitte, erfolgt die Punktion schräg zwischen die Gelenkflächen der Articulatio patellofemorale. Die Nadelführung ist nahezu horizontal, also etwa in Richtung der gegenüberliegenden Patellamitte. Sie weicht nur geringfügig nach dorsal ab. Das ganze wird gerade bei einem kleinen Erguss etwas erleichtert, wenn die Patella bei der Punktion durch Druck auf den gegenüberliegenden Patellarand zur Punktionsseite verschoben wird. 20 3.5 Komplikationen Trotz langjähriger Erfahrung, penibler Vorbereitung und Durchführung kann es immer wieder zu Komplikationen kommen: • Infektionen (die Angaben über das Risiko variieren von 1:10.0001 bis 1:50.00020) • Blutung • Lokale Schmerzen • Knorpeltrauma • Sofortiges Wiederauftreten eines Ergusses nach der Aspiration • Inkorrekte Platzierung der Nadel mit paraartikulärer Injektion in das umgebende Weichteilgewebe kann je nach injiziertem Material bis zur Arthrophie von Weichteilen- und Fettgewebe führen. • Lokale Hautatrophie (bei Injektion von Kortikoiden) • Bei 1-2 % der Personen20 tritt 6-12 Stunden nach der Injektion von Kortikoiden eine Entzündungsreaktion durch Steroidkristalle (= flare) auf, die die Gelenkschmerzen noch verstärkt. 21 4. Material und Methoden Für diese Kadaverstudie wurden insgesamt 251 Knie (126 rechte und 125 linke) von 126 Leichen herangezogen. Alter zum Zeitpunkt des Todes und Geschlecht wurden nicht erhoben. Die Leichen wurden zuvor nach der Methode von Thiel konserviert. Diese spezielle Konservierungstechnik wurde über 30 Jahre am Institut für Anatomie an der Universität Graz entwickelt. Sie bewahrt die natürliche Farbe, die Konsistenz, Flexibilität und Plastizität des Gewebes. Die Gelenke bleiben im vollen Bewegungsumfang frei beweglich22. Ein Medizinstudent im Praktischen Jahr und zwei geübte und erfahrene Fachärzte für Unfallchirurgie mit 15 Jahren Berufserfahrung führten die Kniegelenkpunktionen durch. Es wurde nicht nur die Treffergenauigkeit der Injektionen durch Mediziner mit unterschiedlichem Ausbildungsgrad miteinander verglichen, sondern auch zwei verschiedene Punktionstechniken. Zum einem wurde der anterolaterale Zugang gewählt, zum anderen der suprapatellar-laterale Zugang. Die Punktion von suprapatellar-lateral erfolgte nach Palpierung der anatomischen Strukturen bei gestrecktem Bein etwa 1,5 cm proximal und 1,5 cm lateral der Patellabasis im 45° Winkel. Bei der Punktion durch den anterolateralen Zugang hing der Unterschenkel der Leiche über die Kante des Seziertisches, so dass das Bein etwa 90° gebeugt war. Danach wurden die Orientierungspunkte palpiert und die Injektion erfolgte lateral der Patellasehne, einen Fingerbreit proximal der Tibiakante, in Richtung Kniezentrum. Die beiden Spezialisten punktierten insgesamt 136 Knie (68 rechte und 68 linke), der Anfänger punktierte 115 Knie (58 rechte und 57 linke), wobei an jedem Knie beide Punktionstechniken durchgeführt wurden. 12 der 136 Knie, die durch die routinierten Mediziner punktiert wurden, waren durch Prothesen ersetzt worden (7 rechte und 5 linke). Von den 115 durch den Anfänger punktierten Knien waren es 8 mit Prothesen ersetzte Knie (5 rechte und 3 linke). Auch diese insgesamt 20 Knie mit Gelenkersatz wurden miteinbezogen. Die Injektionen erfolgte mit einer 21-gauge (0,8 mm) Kanüle von 50 mm Länge. Diese wurde auf einer 10 ml Injektionsspritze befestigt. Bei jeder Punktion wurde 1 ml Methylenblau injiziert. Danach wurde das Gelenk entlang des Stichkanals eröffnet und 22 dokumentiert, ob sich der injizierte Farbstoff intraartikulär oder im umgebenden Weichteilgewebe, dem Hoffa’schen Fettkörper, den Menisci oder etwa dem Kreuzband befand. 23 5. Ergebnisse Für diese Studie wurden insgesamt 251 Knie von 126 Leichen punktiert. Dabei wurde Methylenblau injiziert. Die zwei Fachärzte punktierten insgesamt 136 Kniegelenke, 115 Gelenkpunktionen wurden vom Studenten im 6. Studienjahr ausgeführt. Die Gesamtzahl der periartikulären Injektionen betrug durch den anterolateralen Zugang 45 von 251, was einer Rate von 17,9% entspricht, und durch den suprapatellaren 32 von 251, ein Anteil von 12,8%. Betrachtet man die Mediziner mit unterschiedlichem Ausbildungsgrad getrennt, so hatten die Spezialisten bei der anterolateralen Punktionstechnik eine Fehlerrate von 6,6% (9 von 136 Injektionen waren periartikulär) und bei der suprapatellaren eine Fehlerrate von 4,4% (6 von 136 Injektionen waren nicht intraartikulär) (Tabelle 1). Tabelle 1 Portal Injektionen gesamt IA EA AL SP 136 136 127 130 9 6 Erfolgsrate 93,38% 95,59% Rate an intra- und periartikluären Injektionen (Facharzt) 24 Der Anteil an periartikulären Injektionen war beim Anfänger erwartungsgemäß um einiges höher. Er betrug durch das anterolateralen Portal 31,3%, also 36 von 115 Injektionen waren nicht intraartikulär, und durch den suprapatellaren Zugang 22,6%, was 26 von 115 Injektionen entspricht (Tabelle 2). Tabelle 2 Portal Injektionen gesamt IA EA AL SP 115 115 79 89 36 26 Erfolgsrate 68,70% 77,39% Rate an intra- und periartikluären Injektionen (Anfänger) Dadurch ist bei dieser Studie deutlich zu erkennen, dass die Erfahrung und der Grad der Ausbildung des Mediziners bei Kniegelenkpunktionen eine wesentliche Rolle spielt. Immerhin betrug die Rate an akkurat gesetzten intraartikulären Injektionen bei den Spezialisten durch das anterolaterale Portal 93,4% (l27/136), hingegen waren nur 68,7% (79/115) der Injektionen mit dieser Technik beim Anfänger erfolgreich. Etwas geringer, aber dennoch deutlich fiel der Unterschied an intraartikulären Injektionen bei Durchführung der Injektionen durch den suprapatellaren Zugang aus. Einer Trefferquote von 95,6% (130/136) bei den durch die Routiniers ausgeführten intraartikulären Punktionen steht ein Anteil von 77,4% (89/115) an intraartikulären Injektionen durch den Anfänger gegenüber (Diagramm 1). 25 Diagramm 1 Vergleich zw. Fachärzten (rot) und Anfängern (blau) bei Punktionen durch AL- und SP- Portal 95,59% 93,38% 77,39% 68,70% AL SP AL SP Nicht nur der Ausbildungsgrad der Durchführenden scheint eine Rolle bezüglich akkurat platzierter Punktionen zu spielen, sondern auch die zwei unterschiedlichen Punktionstechniken liefern differierende Ergebnisse. Bei den Experten war die Anzahl an fehlplazierten Injektionen durch den anterolateralen Zugang 9, was einer Rate von 6,6% entspricht. Die Zahl der inakkurat gesetzten Injektionen durch den suprapatellaren Zugang betrug hingegen 6, also ein Anteil von 4,4% (Tabelle 1, Seite 24). Etwas deutlicher war der Unterschied zwischen den beiden Punktionstechniken beim Anfänger. Anterolateral punktiert betrug die Zahl der periartikulär gesetzten Injektionen 36, das sind 31,3%. Die Zahl an extraartikulären Injektionen durch das suprapatellare Portal betrug 26, ein Anteil von 22,6% (Tabelle2, Seite 25). Daraus lässt sich erkennen, dass sowohl bei den Geübten als auch beim Ungeübten die Rate an akkuraten intraartikulären Injektionen durch den suprapatellaren Zugang höher war als durch den anterolateralen, wobei dieser Unterschied beim Anfänger etwas deutlicher ausfiel. Hier betrug die Rate der suprapatellar durchgeführten Injektionen 77,4% und die der anterolateralen durchgeführten 68,7%. Bei den Spezialisten war der Anteil der präzise 26 durchgeführten Injektionen von suprapatellaren 95,6 % und von anterolateral 93,4% (Diagramm 1, Seite 26). Die Fehlerquote war somit mit 31,3% (36/115) am höchsten bei den Gelenkpunktionen durch das anterolaterale Portal, durchgeführt vom Studenten im 6. Studienjahr. Die durch die routinierten Fachärzte erfolgten Injektionen, ausgeführt durch den suprapatellaren Zugang, hatten mit 95,6% (130/136) die höchste Erfolgsrate (Diagramm 1, Seite 26). Einen weiteren interessanten Aspekt lieferte das Ergebnis der Punktionen durchgeführt an Kniegelenken mit Gelenkersatz. Insgesamt betrug der Anteil an Knieprothesen 8% (20/251). Bei den Routiniers waren es 12 von 136, was einen Anteil von 8,8% entspricht, bei den Anfängern 8 von115, das entspricht 7%. Die Rate an inakkurat platzierten Injektionen war sowohl bei den Spezialisten als auch beim Anfänger wesentlich höher als bei den Knien ohne Gelenkersatz. 3 von 12 Injektionen durch das suprapatellare Portal waren bei den Geübten nicht intraartikulär, das sind 25%. Anterolateral injiziert lag die Zahl mit 5 von12 noch etwas höher und das Maß an periartikulären Injektionen somit bei 41,7% (Tabelle 3). Tabelle 3 Portal Injektionen gesamt IA EA AL SP 12 12 7 9 5 3 Erfolgsrate 58,33% 75,00% Rate an intra- und periartikluären Injektionen bei Knien mit Gelenkersatz (Facharzt) 27 Noch höher lag die Fehlerquote beim Ungeübten. Durch den suprapatellaren Zugang injiziertes Methylenblau wurden in 5 von 8 Fällen extraartikulär dokumentiert, also 62,5%. Am höchsten aber war die Zahl an inakkuraten Injektionen durch das anterolaterale Portal. 6 von 8 Punktionen waren nicht im Gelenkinnenraum, was 75% entspricht (Tabelle 4). Tabelle 4 Portal Injektionen gesamt IA EA AL SP 8 8 2 3 6 5 Erfolgsrate 25,00% 37,50% Rate an intra- und periartikluären Injektionen bei Knien mit Gelenkersatz (Anfänger) Auch bei diesem Vergleich ist das Outcome an akkurat durchgeführten Injektionen durch die beiden Fachärzte besser als beim Anfänger. Auch die Punktionen durch das suprapatellare Portal liefern ein besseres Ergebnis als die Punktionen durch das anterolaterale. Bei der suprapatellaren Punktionstechnik betrug die Trefferquote bei den Fachärzten 75% (9/12), beim Studenten 37,5% (3/8). 58,3% (7/12) war der Anteil der intraartikulären Injektionen durch den anterolateralen Zugang bei den Spezialisten, wogegen dieser Anteil beim Anfänger nur 25% (2/8) betrug. Das suprapatellare Portal lieferte also auch bei Knien mit Gelenkersatz eine höhere Erfolgsrate. 28 Erstaunlich ist allerdings der Unterschied zwischen Injektionen in ein Knie mit und in ein Knie ohne Prothese. So betrug der Anteil an von den Spezialisten durchgeführten intraartikulären Injektionen durch das suprapatellare Portal bei Knien ohne Gelenkersatz 95,6% (130/136) und nur 75% (9/12) bei Knien mit TEP. Noch deutlicher war der Unterschied an intraartikulären Injektionen durch das anterolaterale Portal, mit 93,4% (127/136) bei Knien ohne Prothese und nur 58,3% (7/12) bei Knien mit Gelenkersatz (Diagramm 2). Diagramm 2 Vergleich von Punktionen durch Fachärzte bei Knien mit und ohne Gelenkersatz 95,59% 93,38% 75,00% 58,33% AL SP ohne Prothese AL SP mit Prothese Auch der Anfänger hatte einige Probleme den Farbstoff bei Knien mit TEP exakt zu injizieren. Durch die suprapatellare Punktionstechnik wurde bei 77,4% (89/115) der Knie ohne Prothese und bei 37,5% (3/8) der Knie mit Prothese eine erfolgreiche intraartikuläre Injektion durchgeführt. Anterolateral injiziert betrug der Anteil an intraartikulären Treffern bei Knien ohne TEP 68,7% (79/115) und gar nur 25% (2/8) bei Knien mit Gelenkersatz (Diagramm 3, Seite 30). 29 Diagramm 3 Vergleich von Punktionen durch Anfänger bei Knien mit und ohne Gelenkersatz 77,39% 68,70% 37,50% 25,00% AL SP AL ohne Prothese SP mit Prothese Es war somit bei mit Prothesen versehenen Knien deutlich schwieriger eine akkurate intraartikuläre Injektion durchzuführen als bei solchen ohne. 30 6. Diskussion Um den größtmöglichen Nutzen für den Patienten durch eine Kniegelenkpunktion zu erzielen ist es wichtig, dass diese exakt in den intrartikulären Raum erfolgt. Vor allem bei der Injektion von Therapeutika ist die exakte Positionierung der Nadel im Gelenkraum sinnvoll. Obwohl anscheinend der Effekt von injiziertem Kortikosteroiden auf Knieschmerzen unabhängig von der intra- oder extraartikulären Einbringung ist3, ist es doch bei anderen Therapeutika, wie z.B. Hyaluronsäure wichtig, dass diese, um ihre Wirkung zu zeigen, in den intraartikulären Gelenkraum injiziert werden. Wir untersuchten an 251 Knien die Exaktheit von Kniegelenkpunktionen. Verglichen wurde die Abhängigkeit der präzisen intraartikulären Injektion sowohl von der Punktionstechnik als auch von der Erfahrung und dem Ausbildungsgrad des Mediziners. Zwei Fachärzte und ein Student im Praktischen Jahr führten die Injektionen jeweils durch das anterolaterale und das suprapatellare Portal durch. Wie erwartet war die Erfolgsrate an intraartikulären Injektionen bei den Spezialisten höher als beim Anfänger. Durch den suprapatellaren Zugang durchgeführte Punktionen erbrachten einen intraartikulären Anteil von 95,6%. Die Durchsicht der Literatur zeigt, dass verschiedene Studien sich mit der Präzision von intraartikulären Injektionen beschäftigt haben. Die Ergebnisse weichen teilweise sehr voneinander ab (Tabelle 5, Seite 32). Jones et al. führten eine Studie durch, bei der 109 Patienten ein Glucocorticoid gemischt mit einem Kontrastmittel nach vorangegangener Aspiration injiziert wurden. Die Punktionen führten 5 Rheumatologen mit unterschiedlicher Berufserfahrung durch. Über den Zugang gibt es keine Angaben. Es wurden nicht nur Knie, sondern auch andere Gelenke, wie z.B. Schulter, Knöchel, Ellbogen oder das Acromioclaviculargelenk punktiert. Danach wurde ein Übersichtsröntgen des Gelenks gemacht. Nur 66% der blind durchgeführten Knieinjektionen waren intraartikulär. Die Ärzte mit mehr Erfahrung hatten keine besseren Resultate als ihre jüngeren Kollegen. Außerdem zeigte sich, dass die Wirkung des Kortikoids dieselbe war, egal ob es intra- oder extraartikulär injizierte wurde3 (Tabelle 5, Seite 32). 31 Tabelle 5 Studie Jones et al.3 Jackson et al.9 Bliddal7 Im et al.6 Esenyel et al.21 Luc et al.8 Portal k.A. AL AM LP SP MP MP AL AM MP LP LP Injektionen gesamt 59 80 80 80 56 45 44 78 78 78 78 33 IA EA 39 57 60 74 51 43 34 66 57 44 58 32 Erfolgsrate 17* 23 20 6 5 2 10 12 21 34 20 1 66,10% 71,25% 75,00% 92,50% 91,07% 95,56% 77,27% 84,62% 73,08% 56,41% 74,36% 96,97% Übersicht über verschiedene Studien, die sich mit der Präzision von intraartikulären Injektionen befassen *) 3 Versuche nicht eindeutig Bei Jackson et al. wurde 80 Patienten mit symptomatisch degenerativen Kniegelenken von einem Orthopäden ein Hyaluronsäurepräparat und Kontrastmittel injiziert. Patienten mit einem Erguss wurden ausgeschlossen. Jeder bekam je drei Injektionen in wöchentlichen Abständen durch jeweils ein anderes Punktionsportal, anterolateral, anteromedial und lateral patellar. Die Platzierung der Nadel im Gelenk wurde mit einem Bildwandler kontrolliert, es wurde Kontrastmittel injiziert und durch ein Kontrollröntgen geprüft, ob dieses auch intraartikulär war. Daraufhin wurden Synvisc injiziert. 93% der Injektionen durch den lateral patellaren Zugang waren intraartikulär. Das wurde mit der Tatsache erklärt, dass bei Punktionen durch dieses Portal am wenigsten Weichteilgewebe durchstochen werden muss, um in den Gelenkraum zu gelangen9 (Tabelle 5). Bliddal untersuchte eine Möglichkeit zur Überprüfung der exakten Nadelposition bei 38 Patienten mit Osteoarthritis, bei denen klinisch kein Erguss erkennbar war. Dafür injizierte er den Patienten über den suprapatellar lateralen Zugang über ein Jahr neben Lidocain und 32 einem Kortikosteroid auch 5 ml Luft in das Kniegelenk. Die Luft wurde an Stelle eines Kontrastmittels verwendet. Danach wurde mittels seitlichem und ap Röntgen die korrekte Platzierung überprüft, da sich bei intraartikulären Injektionen ein scharf begrenzter Schatten an Luft in der Bursa suprapatellaris zeigte, während extraartikuläre Luft sich im umgebenden Gewebe diffus verteilte7 (Tabelle 5, Seite 32). Im et al. injizierten 89 Patienten mit Osteoarthritis, die keinen Erguss aufwiesen, entweder blind oder ultraschallgezielt Hyaluronsäure und Kontrastmittel durch das medial patellare Portal. Danach wurde ein Röntgen gemacht. Die Gruppe der ultraschallgezielt durchgeführten Injektionen war mit einer Rate von 95,6% natürlich höher als die Rate der blind durchgeführten Injektionen (77,3%)6 (Tabelle 5, Seite 32). Esenyel et al. verglichen vier häufig verwendete Punktionsstellen am Knie, das anteromediale, anterolaterale, medial patellare und das lateral patellare Portal. Ein Orthopäde mit 15 Jahren Berufserfahrung injizierte in 156 Knie an 78 frischen Leichen Methylenblau und eröffnete anschließend das Gelenk entlang des Stichkanals. Die Rate an intraartikulären Injektionen war durch den medial patellaren Zugang signifikant niederer als durch die anderen drei Zugänge (56%). Die periartikulären Injektionen landeten vor allem im Hoffa Fettkörper21 (Tabelle 5, Seite 32). Auch Luc et al. überprüften die exakte Nadelposition bei 33 Patienten mit Osteoarthritis und ohne Erguss. Nach der Injektion von 1 ml Lidocain durch den lateral patellaren Zugang wurde die Spritze entfernt, die Nadel aber im Gelenk belassen und auf einen Rückfluss des injizierten Lidocain gewartet. Blieb dieser aus, wurde die Position der Nadel geändert und die Prozedur wiederholt, bis es zu einem Rückfluss kam. Danach wurde durch dieselbe Nadel Kontrastmittel injiziert und eine Röntgenaufnahme seitlich und ap gemacht, um die Position der Nadel zu überprüfen. In 32 von 33 Fällen erfolgte ein Rückfluß8 (Tabelle 5, Seite 32). Einzig Waddel et al. hatte eine 100%ige Erfolgsrate bei den durchgeführten Knieinjektionen durch den anterolateralen Zugang. Allerdings wurde die Studie an 20 33 gesunden Knien von 11 gesunden Probanten durchgeführt, was eine Injektion sicher einfacher machte, als bei durch Osteoarthritis oder Arthrose deformierten Gelenken10. Jones et al. hatten mit nur zwei Drittel an intraartikulären Injektionen eine doch sehr niedrige Rate, obwohl auch Patienten mit Ergüssen in die Studie miteinbezogen wurden und jede Injektion erst einer vorangegangenen Aspiration folgte3. Eine vermutete Erklärung für die Abweichung dieser Ergebnisse von unseren ist möglicherweise die Tatsache, dass in der Studie ja lediglich dokumentiert wurde, ob sich Methylenblau im intraartikulären Raum befand. Es wurde kein Kontrastmittel verwendet und dadurch auch keine radiologische Kontrolle durchgeführt, die schon kleine Mengen in den umgebenden Strukturen am Röntgenbild sichtbar macht. Vielleicht liegt es auch daran, dass bei der Punktion an einer Leiche weniger Hemmungen des Durchführenden und keinerlei Reaktionen wie Schmerzäußerung oder Bewegungen vorhanden sind und deshalb eine korrekte Punktion leichter fällt. Allerdings überprüften auch Esenyel et al. Zugänge für Gelenkpunktionen an Leichen, und sie hatten zumindest beim medial patellaren eine Erfolgsrate von nur 56%21, was vielleicht am Zugang selbst lag. In den anderen betrachteten Studien lag der Anteil an intraartikulären Injektionen bei über 90%. Allerdings wurde hier durchwegs Bildgebung verwendet, die wieder einige Nachteile hat. So ist Kontrastmittel teuer und kann auch nicht mit jeder Substanz für intraartikuläre Injektionen gemischt werden. Außerdem kommt es bei jedem Röntgen zu einer Strahlenbelastung des Patienten. Beim Ultraschall fällt zwar die Strahlenbelastung weg, doch das Equipment ist teuer und es ist ein erfahrener und dafür ausgebildeter Mediziner für die Bedienung notwendig. In dieser Studie wurde durch Injektionen mit Methylenblau in insgesamt 251 Kniegelenke nicht nur die Erfolgsrate von Kniegelenkpunktionen durch zwei verschiedene Zugangswege - dem anterolateralen und dem suprapatellar-lateralen Portal- untersucht, sondern auch der Einfluss des Ausbildungsgrads und der Erfahrung des Mediziners auf das Ergebnis. Zu diesem Zweck wurde ein Teil der Injektionen von einem Medizinstudenten im Praktischen Jahr durchgeführt und der andere Teil von zwei erfahrenen und geübten Unfallchirurgen. 34 Die Erfolgsrate der intrartikulären Injektionen war bei den beiden Fachärzten erwartungsgemäß höher als beim Anfänger. Darüber hinaus konnte festgestellt werden, dass auch die Punktionstechnik für ein positives Outcome eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Bei der Durchführung der Injektionen durch den suprapatellaren Zugang erreichten die Spezialisten eine Trefferquote von 95,6%, der Student hingegen nur 77,4%. Wurde durch das anterolaterale Portal injiziert, lag der Anteil an erfolgreichen intrartikularen Injektionen bei 93,4% bei den Fachärzten und bei 68,7% beim Anfänger. Wesentlich komplizierter scheint die akkurate Platzierung der Nadel im Gelenkinnenraum bei Knien mit Gelenkersatz zu sein. So betrug der Anteil an von den Spezialisten durchgeführten intraartikulären Injektionen durch das suprapatellare Portal bei Knien mit TEP 75% und nur 37,5% beim Anfänger. Anterolateral injiziert betrug der Anteil an intraartikulären Treffern bei Knien mit Gelenkersatz bei den Fachärzten 58,3% und gar nur 25% beim Studenten. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die akkurate Platzierung der Nadel im Gelenkinnenraum selbst für einen Spezialisten eine Herausforderung darstellt und keine Garantie auf Erfolg gegeben werden kann. Auch in dieser Studie gab es weder durch eine bestimmte Punktionstechnik noch durch einen der beiden Fachärzte mit jahrelanger Berufserfahrung eine 100%ige Trefferquote bei den intraartikuläre Injektionen. Liegt kein Gelenkerguss vor, dessen Aspiration ja beweisend für die korrekte Platzierung der Nadel im Gelenkraum wäre, besteht die Möglichkeit ein Lokalanästhetikum oder physiologische Kochsalzlösung zu injizieren. Diese aspiriert man dann wieder, um so Sicherheit über die korrekte Position der Nadel zu bekommen, eventuelle Nebenwirkungen durch extraartikuläre Injektionen zu vermeiden bzw. die volle Wirkung des injizierten Materials auf das Gelenk zu erhalten. 35 7. Anhang 7.1 Literaturverzeichnis [1] Zuber TJ . Knee Joint Aspiration and Injection. Am Fam Physician 2002; 66; 8: 14971500 [2] Roberts W. Knee aspiration and injection. Physican Sportsmed 1998; 26:93-94. [3] Jones A, Regan M, Ledingham J, Pattrick M, Manhire A, Doherty M. 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Marlene Watzinger Geschwister: Dr. Florian Ensat, Stephanie Watzinger Telefon: +43/650/94 60 424 E-Mail: [email protected] Sprachenkentnisse: Muttersprache Deutsch sehr gute Englischkenntnisse in Wort und Schrift Grundkenntnisse in Französisch und Italienisch 39 Schullaufbahn: 1984 - 1988: Volksschule Eisteich, Graz 1988-1996: Sacré Coeur Gymnasium, Graz Abschluss: Matura 1996 Sprachaufenthalte: Sommer 1988: Schweden (ein Monat Englischcamp) Sommer 1992: Brighton (England) Sommer 1993: Malta (drei Wochen Englischcamp) 1994: ein Trimester Internatsaufenthalt in Woldingham (England) Studium: ab 1996: Studium an der MedUni Graz 10/2004 Neubeginn des Studiums nach längerer Krankheit mit Umstieg in den neuen Studienplan 3. Abschnitt: 01.10.- 05.11.2010 Allgemeinmedizin Famulatur bei Dr. Wehle,Tobelbad 15.11.- 24.12.2010 Fächergruppe 1 (Chirurgie) an der Klinik und Poliklinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München (Leitungr: Prof. Machens) 10.01.-18.02.2011 Fächergruppe 2 (Innere Medizin) an der Poliklinik für Präventive und Rehabilitative Sportmedizin am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München ( Leitung: Prof. Halle) 28.02.-01.04.2011 Fächergruppe 3 an der Universitätsklinik für Dermatologie und Venerologie (Vorstand: Prof. Aberer) Universitätslehrgänge: Klinisch-topographische Anatomie der Eingeweide Klinisch-topographische Anatomie der Extremitäten Klinisch-topographische Anatomie der Kopf-Hals-Region 40 Oxitativer Stress und Ernährung Zertifikat „Modern Methods for Measuring Body Composition“ Zertifikat “Common Invasive Procedures I und II” Diplomarbeit: an der Abteilung für Unfallchirurgie zum Thema: Erfolgsrate bei Kniegelenkpunktionen in Abhängigkeit von Punktionstechnik und dem Erfahrungsgrad des Arztes. (Betreuer: OA Dr. Otmar Leithgöb) Famulaturen: 02/2009: Dermatologie (LKH Graz, Prof. Aberer) Dauer: 2 Wochen 07/2009: Dermatologie (LKH Graz, Prof. Aberer) Dauer: 2 Wochen 08/2009: Plastische Chirurgie (LKH Graz, Prof. Scharnagl) Dauer: 4 Wochen 02/2010: Unfallchirurgie (LKH Graz, Prof. Schildhauer) Dauer: 4 Wochen 08/2010: Anästhesie (BHB Graz Marschallgasse, Prim. Weber) Dauer: 4 Wochen Berufserfahrung: 05/1999-09/2006: geringfügige Beschäftigung bei Dr. Herbert Watzinger 2001-2006: Frei Mitarbeiterin des Art & Fashion Team Graz 2003-2011: geringfügige Beschäftigung bei Antenne Steiermark GmbH 03/2007-06/2010: geringfügige Beschäftigung bei Human.technologie Styria GmbH 11 u. 12/2008 u.2009: geringfügige Beschäftigung bei Timefor Touristik Management GmbH Und zahlreiche weitere Promotiontätigkeiten für diverse andere Firmen Graz, 2011 41 der