Moderne Wärmedämmung an historischer Fassade

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BAuen&wohnen
Hauseigentümer – Ausgabe Nr. 11 – 15. Juni 2013
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Dämmputz – Eine energetische Sanierung mit Dämmplatten ist bei Altbauten aufwendig und kann das Erscheinungsbild der
Fassade entstellen. Einen Ausweg bietet ein neu entwickelter Dämmputz, der seit einigen Monaten auf dem Markt ist.
Moderne Wärmedämmung
an historischer Fassade
Links: Der Aerogel-Dämmputz hat einen neuen Weg eröffnet, die markanten Fenstergewände zu erhalten. Rechts: Die ehemalige Mühle in Sissach – heute als Wohnhaus genutzt – nach der Sanierung.
S
issach im Oberbaselbiet. Wenige Schritte abseits der Hauptgasse steht das Haus, das über
Jahrhunderte als Mühle diente,
dann im Jahr 1905 diese Funktion
BenediKt Vogel
Fachjournalist, im Auftrag des BFE
verlor und in ein Wohnhaus umgebaut wurde. Vor gut fünf Jahren
wechselte das kantonal denkmalgeschützte Gebäude mit seinem steilen
Giebeldach und den prägnanten
Fenstergewänden die Hand. Die neuen Eigentümer beschlossen, das von
sechs Parteien bewohnte Objekt
«energetisch zukunftsfähig» zu machen, erzählt Emil Franov, der die
Sanierung als Energie-Fachplaner
betreut hat.
Problematische Dämmplatten
Heute versorgt eine mit Stückholz und Pellets befeuerte Zentralheizung die Bewohner des Hauses
mit Wärme und Warmwasser. Eine
kontrollierte Wohnungslüftung
sorgt für die Wärmerückgewinnung
aus der Abluft. Die Fenster sind
dreifach verglast, Kellerdecke und
Estrichboden wurden auf klassische
Art gedämmt, aber mit Mehrstärke,
um Verluste durch die Fassade zu
kompensieren.
Eine Herausforderung stellte hingegen die Wärmedämmung der
Aus­senwand dar. Die Fenster sind
von Gewänden aus Sand- und Kalkstein umrahmt. Beim Einsatz gebräuchlicher Dämmplatten mit zehn
bis zwanzig Zentimetern Stärke hätten die Fenstergewände aufgedop-
pelt oder abgeschlagen werden müssen – ein originales Schmuckelement der Fassade wäre verändert
bzw. preisgegeben worden. Eine
Dämmung an der Innenseite der
Mauern, wie sie in solchen Fällen
gern als Ausweg empfohlen wird, ist
bauphysikalisch problematisch.
Energieverbrauch halbiert
Eine Lösung fand Emil Franov
mit dem von der Materialforschungsanstalt Empa und der Firma Fixit neu entwickelten Dämmputz auf Aerogel-Basis. Dieser kann
so dünn aufgetragen werden wie der
bisherige Putz, verfügt aber über
viel bessere Dämmwerte. Er wurde
erst an einer Kellerwand getestet,
dann im Sommer 2012 für die Fassadensanierung verwendet. Franov
zieht eine positive Bilanz: «Der
Energieverbrauch des 700 Jahre alten Gebäudes konnte halbiert werden und liegt nun zwischen dem
Minergie- und dem Minergie-PStandard.»
Zufrieden ist auch Walter Niederberger, stellvertretender Denkmalpfleger des Kantons Baselland, der
das Projekt begleitet hat. «Dank des
Dämmputzes konnte bei der Sanierung der ehemaligen Mühle in
Sissach wieder ein stimmiges Bild
hergestellt werden. Die neue Deckputzstruktur passt sogar besser
zum Gebäude als die alte.» Der alte,
zementhaltige Putz, von dem Niederberger spricht, war 1975 aufgebracht worden. Damals stand das
Haus im Sissacher Dorfkern noch
nicht unter Denkmalschutz. So wurde bei der Fassadensanierung kein
historischer Putz verwendet, wie
das heute für denkmalgeschützte
Objekte geboten ist.
Vom Pilotversuch in den Markt
Im Sommer 2012 kam der Putz bei
drei Pilotprojekten zum Einsatz – neben dem denkmalgeschützten Gebäude in Sissach bei einem Reihenhaus und einem alten Bauernhaus im
Kanton Zürich. Die Sanierungen haben bestätigt, dass der neue Dämmputz schon bei einer Auftragsstärke
von vier bis sechs Zentimetern – also
der Stärke historischer Verputze –
eine gute Dämmwirkung erzielt,
auch wenn diese nicht an jene der
(wesentlich dickeren) Dämmplatten
heranreicht. Der Dämmputz erlaubt
es, Fenstergewände und Türeinfassungen als historisches Schmuckelement zu erhalten.
Mit einem Wert von unter
30 mW ⁄ mK dämmt der neue Putz
mehr als doppelt so gut wie die bisher auf dem Markt verfügbaren
Dämmputze. Diese enthalten entweder organische Leichtzuschläge
wie Styroporkügelchen oder Korkgranulat (70 – 80 mW ⁄ mK), oder
aber mineralische Leichtzuschläge
wie Perlit, Bims oder Blähglasgranulat (80 – 90 mW ⁄ mK).
Dreissig Prozent teurer
Ein Arbeiter bringt den neuen Dämmputz auf der Fassade des Sissacher Wohnhauses auf.
BILDer Carbotec Ag
«Unser Produkt ist reif für den
Markt. Wir wollen damit nicht nur
einen anständigen Verkaufserfolg
erzielen, sondern auch einen Beitrag
zur Schonung der Energieressourcen leisten», sagt Severin Hartmeier, Produktmanager Putze bei der
Fixit AG. Der Dämmputz habe seine Alltagstauglichkeit bewiesen. Er
kann maschinell aufgespritzt werden, und er kann in einem Arbeitsgang und ohne Putzträger bis zu
BILDer Benedikt Vogel
acht Zentimeter dick aufgetragen
werden. Auch lässt er Wasserdampf
gut diffundieren, und weil er dank
seiner mineralischen Zusammensetzung über einen hohen ph-Wert
verfügt, hält er Pilze und Ungeziefer fern.
Die vom Fixit-Produktmanager
aufgezählten Vorzüge haben allerdings ihren Preis. Der AerogelDämmputz ist laut Hartmeier rund
dreissig Prozent teurer als ein herkömmlicher organischer Dämmputz
und auch noch fünfzehn Prozent
teurer als ein mineralischer Dämmputz.
Palette aus Aerogel-Produkten
Bei Neubauten bleiben die deutlich günstigeren Dämmplatten erste Wahl. Bei Altbausanierungen
aber bietet der Dämmputz eine Alternative, zusammen mit anderen
neuen Produkten auf Aerogel-Basis
wie Dämmmatten aus Faserflies und
einblasbarer Dämmstoff für Mauerzwischenräume. Die Zweckmässigkeit solcher Dammmatten hat kürzlich ein vom Bundesamt für Energie
(BFE) unterstütztes Sanierungsprojekt in der Stadt Zürich unter Beweis
gestellt.
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