26. Fachtagung Nutzung des Untergrunds zum Heizen und Kühlen: Speichern und regenerieren Yverdon, 23.11.2016 UTES in Europa Aktueller Überblick über die Situation in Europa Burkhard Sanner Past President European Geothermal Energy Council, Brüssel www.egec.org UTES – Einsatzziele und Definitionen • Wärmespeicherung Wärmequelle: Solar, Abwärme, Batch-Prozesse, … • Kältespeicherung Kältequelle: Außenluft im Winter oder kühlen Nächten, … • Wärme- und Kältespeicherung Meist in Verbindung mit Wärmepumpen European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES – Einsatzziele und Definitionen Beim Einsatz von Wärmepumpen ist eine Abgrenzung des Anteils „Speicher“ und „Wärmeentzug/-einleitung“ oft nicht klar. In IEA ECES Annex 8 wurde vor fast 20 Jahren eine Definition vorgeschlagen: - Man spricht von thermischen Untergrundspeichern, wenn weniger als 25% des jährlichen thermischen Energieumsatzes mit dem das Speichervolumen umgebenden Erdreich ausgetauscht wird. (größere Erdwärmesondenanlagen würden danach oft unter den Begriff UTES fallen) Bei UTES wird nach IEA ECES Annex 12 als HochtemperaturSpeicher angesehen, wenn die Entladetemperatur über 50 °C liegt. European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES – Einsatzziele und Definitionen Die einzige Richtlinie zu UTES in Europa ist immer noch VDI 4640-3:2001. Darin heißt es u.a.: - Ein Speicherzyklus ist dabei definiert als der Zeitraum vom Beginn des Beladevorgangs bis zum Ende des Entladevorgangs. - Es ist außerdem zur Definition als Speicher notwendig, dass die jeweilige thermische Energie bewusst zur späteren Verwendung in den Untergrund eingebracht wird. European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES – Grundsätzliche Bauarten Das technische ABC der unterirdischen thermischen Energiespeicher ATES BTES CTES d ni cht w eite r be han delt (Aquifer Termal Energy Storage) (Borehole Thermal Energy Storage) (Cavern Thermal Energy Storage) Erdwärmesonden-Speicher Kavernenspeicher Grundwasser u. Gestein als Speicher Gestein als Wärmespeicher künstliche Hohlräume im Fels erwünschte Untergrundeigenschaften: - mittlere bis hohe hydraulische Leitfähigkeit und Transmissivität - hohe Porosität - kein oder geringer Grundwasserfluß erwünschte Untergrundeigenschaften: - hohe spezifische Wärme - mittlere Wärmeleitfähigkeit - kein Grundwasserfluß erwünschte Gesteinseigensch.: - geringe Wärmeleitfähigkeit - hohe Felsstabilität - Fels nicht löslich/laugbar d na Beispiele: - Gneis, Granit, andere magmatische Gesteine, harte Sedimentgesteine Wi r Beispiele: - Porenaquifere in Sand, Kies o.ä.; Esker (Oser) - Kluftaquifere in Kalkstein, Sandstein, magmat. u. metamorphen Gesteinen Beispiele: - Sedimente wie Tonschiefer, Mergel, Tonstein etc.; Kalkstein, Sandstein, u.ä. kann ebenfalls geeignet sein - magmatische Gesteine wie Granit, Gabbro, etc; manche Metamorphite chfo lgen Aquiferspeicher European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wärmespeicherung, wie es begann: Der Gedanke der Speicherung von Wärme im Untergrund wurde schon vor gut 50 Jahren geäußert: Brun, G. (1964): La régularisation de l'énergie solaire par stockage thermique dans le sol. Revue Générale de Thermique 44 Kley, W. & Nieskens, H.G. (1975): Möglichkeiten der Wärmespeicherung in einem Porengrundwasserleiter und technische Probleme bei der Rückgewinnung der Energie. Z. Dtsch. Geol. Ges. 126, 397-409, Hannover Solarthermie Abwärme (z.B. aus Kraftwerken) European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wärmespeicherung, wie es begann: Die ersten europäischen Versuchsprojekte zur Wärmespeicherung im Untergrund Anlagen mit praktischer Anwendung Jahr Projekt Temperatur Bauart 1982 SPEOS, LausanneDorigny, CH 69 °C ATES, Abwärme 1982 Hørsholm, DK 100 °C ATES, Abwärme 1983 Vaulruz, CH 53 °C DTES hor., Solarthermie 1983 TU Luleå, Luleå, SE 65 °C BTES, Abwärme 1984 Groningen, NL 50 °C BTES, Solarthermie 1986 Rümlang, CH 43 °C BTES, Versuch 1987 Le Plaisir / ThivervalGrignon, FR 150 °C ATES, Versuch European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wärmespeicherung, wie es begann: Die erste praktische Umsetzung von Wärmespeicherung im Untergrund in der Schweiz wurde in den 1980er Jahren verwirklicht, vom Einfamilienhaus bis zur Industrieanlage: Nasch, P. (1980): Resultat d'exploitation d'un chauffage de villa par thermopompe avec captage solaire et accumulation terrestre. OFEN etude no. 17, 483-500, Berne Hadorn, J.C., Chuard, P. & Chuard, D. (1985): The Vaulruz project, first experimental results. Proc. 2nd WS on SAHPGCS Wien, 15-28, Ispra Matthey, B. (1988): Accumulateur saisonnier de chaleur solaire de 20'000 m3 par sondes verticales sous un bâtiment industriel à MeyrinGenève. Proc. 4th int. Conf. Energy Storage JIGASTOCK 88, 561-565, AFME, Paris European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wärmespeicherung, wie es begann: Im Zusammenhang mit saisonaler Speicherung von Solarwärme und Abwärme wurden in den 1980er Jahren mehrere Übersichts- und Lehrschriften veröffentlicht, in denen UTES jeweils eine wesentliche Rolle spielte: Bruck, M., Heindl, W., Koch, H. & Schattschneider, P. (1981): Grundlagen für die Entwicklung eines Dimensionierungsverfahrens für Bodenspeicher. 185 S., dbv-Verlag, Graz SIA (1989): Wegleitung zur saisonalen Wärmespeicherung. SIA/BfE, Hrg. Hadorn, J.-C., Document D 028 d, Zürich Dalenbäck, J.-O. (ed.) (1990): Central Solar Heating plants with seasonal storage, status report. 105 S., SCBR D14:1990, Stockholm European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wärmespeicherung, wie es begann: Erstmals real durchgeführt wurde die Speicherung von Abwärme aus der Stromerzeugung (Kraft-Wärme-Kopplung) seit 1991 im ATES der Universität Utrecht: • Ladetemperatur maximal 90 °C • Aquifer mehr als 200 m tief Diese Anlage war jedoch nur gut zehn Jahre in Betrieb, danach wurde die KWK-Anlage stillgelegt und der Aquiferspeicher verlor seine Wärmequelle. Anlage funktionierte grundsätzlich; auftretende Probleme: • Rücklauftemperaturen aus dem Nahwärmenetz zu hoch • Dichtheitsprobleme an einem der Brunnen European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Kältespeicherung, wie es begann: In Gegenden mit ergiebigen Grundwasserleitern wurden Grundwasserbrunnen schon lange z.B. zur Prozesskühlung in der Industrie eingesetzt. Um den Grundwasservorrat zu schonen, wurde das erwärmte Wasser häufig wieder in den Untergrund zurückgeleitet. In den Niederlanden führte dies zu einer kontinuierlichen Erwärmung in einigen Regionen. Es wurden Ideen entwickelt, im Winter kaltes Wasser in den Untergrund einzuleiten. Die erste Kältespeicheranlage mit Grundwasser (ATES) nahm 1987 in einer Zeitungsdruckerei (Rotationsmaschinen) den Betrieb auf; Rückkühlung durch Kühlturm an kalter Außenluft im Winter. Diese erste Anlage hatte Anfangs Probleme mit der Rückkühlung, da nach Inbetriebnahme mehrere milde Winter folgten. European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Kältespeicherung, wie es begann: Die ersten Aquifer-Kältespeicher in Europa Jahr Projekt Kühlleistung Kältequelle 1987 Perscombinatie, Amsterdam, NL 450 kW Kühlturm 1987 SAS Frösundavik, Solna, SE 2000 kW WP + Zuluftvorw. 1990 Triangeln, Malmö, SE 1500 kW Wärmepumpe 1990 Sparven Telestation, Malmö, SE 800 kW Kühlturm 1991 BAM Büro, Bunnik, NL 330 kW Kühlturm 1992 Bürogebäude Schiedam, NL 880 kW Zuluftvorwärmung 1992 Hyllie, Malmö, SE 70 kW WP + Kühlturm Ab 1992 viele weitere Anlagen in den Niederlanden und Schweden 1996 CERA Bank, Leuven, BE 1000 kW Kühlturm European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wo gibt es heute entsprechende Anlagen? UTES im klassischen Sinne (bewusste Wärme- oder Kältespeicherung): • Niederlande • Schweden • Belgien • Deutschland • Dänemark • Schweiz UTES als große Erdwärmesondenfelder / erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen: • Schweden • Norwegen • Finnland • Schweiz • Deutschland • Italien • Spanien • Ungarn • Türkei • Rumänien • und einzelne andereswo European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Wo gibt es heute entsprechende Anlagen? Größte Erdwärmesondenfelder: European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa Es gibt keine allgemeine Statistik zu UTES in Europa, nur in den Niederlanden und Schweden gibt es Zahlen. In den Country Update Reports für EGC 2016 wurde für diese beiden Länder ein zusätzliche Tabelle zu UTES erprobt. European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Niederlande Tabelle zu UTES in den Niederlanden, EGC 2016: EGC 2016 Country Update Report NL, Bakema & Schoof European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Niederlande Zuwachs von Aquiferspeichern (ATES) in den Niederlanden Nur wenige ATES mit höherer Temperatur; neue Marktchance dafür in Kombination mit Geothermie und Niedertemperatur-Fernwärme. Niedertemperaturheizungen erlauben niedrigere Speichertemperaturen von rund 50 °C (statt 90 °C in den 1990er Jahren) EGC 2016 Country Update Report NL, Bakema & Schoof European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Schweden Tabelle zu UTES in Schweden, EGC 2016: EGC 2016 Country Update Report SE, Gehlin & Andersson European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Schweden Größenverteilung der Aquiferspeicher (ATES) in Schweden Als Grundwasserleiter dienen Esker (Oser), Sand- und Kalksteine ATES meist als Kältespeicher: - 12-16 °C auf der warmen Seite - 4-8 °C auf der kalten Seite EGC 2016 Country Update Report SE, Gehlin & Andersson European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Schweden Größte Aquiferspeicher (ATES) in Schweden: • Arlanda Airport Kältespeicherung mit 2-3 °C (Luftvorwärmung, Schneeschmelzen) Wärmespeicherung mit 20-25 °C (Abwärme der Klimaanlagen) Grundwasserkörper in einem Esker Rund 10 MW Leistung, keine Wärmepumpen • Fernkälteversorgung Stockholm Kurzzeitspeicher mit 15 MW zur Abdeckung von Spitzen an heißen Tagen EGC 2016 Country Update Report SE, Gehlin & Andersson European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Schweden Erdwärmesondenspeicher (BTES) sind in Schweden meistens große erdgekoppelte Wärmepumpenanlagen. Dazu 1 reiner Kältespeicher und 2 Hochtemperaturspeicher: • Karlskrona Kältespeicherung in einer KWK-Anlage 108 Erdwärmesonden je 200 m tief 800 kW Kälte zur Kühlung des Generators im Sommer • Anneberg Solarthermie-Speicher, Nahwärme in Wohngebiet, keine Wärmepumpen, nach 12 Jahren 40 % solarer Deckungsanteil • Emmaboda Xylem Speicherung von Abwärme aus einer Gießerei für Heizen von Fabrikgebäuden EGC 2016 Country Update Report SE, Gehlin & Andersson European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES in Europa - Schweden Erdwärmesondenspeicher (BTES) für Xylem in Emmaboda Giesserei Eingespeiste bzw. entzogene Wärme (MWh) 500 0 -500 -1000 -1500 nur bis September 2015 -2000 -2500 Wärmeeintrag -3000 Wärmeentzug -3500 2010 Test-EWS 2011 2012 2013 2014 Speicherladung (nach Daten von Nordell et al., 2015) European Geothermal Energy Council www.egec.org 2015 Neue Entwicklungen bei UTES • Optimierung durch Systemsimulation • Einbindung in Wärme-Kälte-Netze auf niedrigem Temperaturniveau („Anergienetze“) • UTES in stillgelegten Bergwerken • Wiederaufleben von UTES mit höherer Temperatur • Mitteltiefe und tiefe Speicher mit höheren Temperaturen European Geothermal Energy Council www.egec.org Neue Entwicklungen bei UTES Vorschlag von 2001 für ein Niedrigtemperaturnetz zum Heizen und Kühlen eines geplanten Gewerbegebiets am ICE-Bahnhof Limburg Süd, DE Verbraucher 1 Verbraucher 2 - - Verbraucher 4 - + 18 °C 27 °C 29 °C 20 °C 15-18 °C 15-18 °C Erdwärmesondenfeld 20 °C Erdwärmesondenfeld 15-18 °C Verbraucher 3 15-18 °C 11 °C Verbraucher 5 • Basiert auf mehreren EWS-Feldern + 12 °C Verbraucher 10 12 °C + • Speicherung von Abwärme eines IT-Centers • Ausgleich von Sommer- und Winter-Bedarf Verbraucher 9 Verbraucher 6 Erdwärmesondenfeld - 28 °C 9 °C + Verbraucher 8 Verbraucher 7 - + 12 °C 30 °C 15-18 °C 15-18 °C 26 °C Details der Anbindung und Regelung müssen noch optimiert werden 23 °C + Heizen (Wärme ins Gebäude) - Kühlen (Wärme aus Gebäude) Temperaturen nur als Beispiel 3.3.2001 Sa Detail Anbindung UBeG Umwelt Baugrund Geothermie Geotechnik European Geothermal Energy Council www.egec.org Neue Entwicklungen bei UTES Beispiel eines Wärme-/Kälte-Speichers auf Basis Grubenwasser Bohrung in die Strecken des aufgelassenen Bergwerks, Heerlerheide, 2006 Graphik: Mijnwater BV European Geothermal Energy Council www.egec.org Neue Entwicklungen bei UTES Ideen zu Hochtemperatur-Wärmespeicher auf Basis Grubenwasser GZB-Vorschlag zu HT-ATES in der Grube Prosper-Haniel, Bottrop, DE • bis 1200 m tief • 80-90 °C Beladetemperatur • 3,5 MW thermische Leistung Graphik: Hahn et al., 2016 European Geothermal Energy Council www.egec.org Neue Entwicklungen bei UTES Mitteltiefe und tiefe Speicher mit höheren Temperaturen • Studien und Simulationen für BTES bis 1000 m tief (TU Darmstadt) • Studien für >1 km tiefen ATES in Ungarn (Geothermal Express) • Studien für 2 km tiefen und 450 m tiefen ATES in den Niederlanden (TNO / Univ. Utrecht) European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES Forschung und Entwicklung UTES in der „Cross-Cutting Roadmap“ der RHC-Platform (March 2014) European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES Forschung und Entwicklung UTES in the „Common Roadmap“ der RHC-Platform (June 2014) European Geothermal Energy Council www.egec.org UTES Forschung und Entwicklung Update durch das Geothermal Panel der RHC-Platform (Nov. 2016) • A large scale prototype of UTES with deep wells (>1 km) and higher temperature in relevant environment (Teil der Liste für Tiefengeothermie, gemeint sind dabei Vorhaben in der Größenordnung des ATES in Neubrandenburg und tiefer, z.B. unter Verwendung aufgelassener Öl- oder Gasbohrungen) Im laufenden Arbeitsprogramm Horizon 2020 für 2015-16 kommt UTES nicht explizit vor, lediglich über Komponenten wie Erdwärmesonden, oder als mögliche Komponenten in Smart Grids. Die Formulierung des Arbeitsprogramms 2018-20 hat gerade begonnen. European Geothermal Energy Council www.egec.org Zusammenfassung • UTES gibt es in Europa seit den 1980er Jahren • Kältespeicherung und Kälte-/Wärmespeicherung sind heute vor allem in den Niederlanden und Schweden verbreitet • Beim Einsatz von Wärmepumpen in großen Erdwärmesondenfeldern fehlt eine genaue Abgrenzung Speicher / Wärmeentzug • Hochtemperatur-Wärmespeicher sind immer noch selten (Probleme mit Wasserchemie, Materialien, Verlusten) • Neue Entwicklungen mit Systemoptimierung, „Anergienetzen“, mitteltiefen bis tiefen Speichern mit höherer Temperatur • CTES (Kavernenspeicher) wird in der Form stillgelegter Bergwerke wieder untersucht und genutzt European Geothermal Energy Council www.egec.org Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit ! Wo ist der Untergrundspeicher? BTES Neckarsulm Amorbach Heating & cooling demand (RDP-Scenario) Renewable heating & cooling potential European Geothermal Energy Council www.egec.org