PHARMAZIE

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PHARMAZIE
Guter Impfschutz auf weiten Reisen
Durchfall ist auf Fernreisen die häufigste Befindlichkeitsstörung , doch die lästigen Symptome klingen
meist nach einigen Tagen von selbst wieder ab. Viele Infektionen verlaufen erheblich schwerer. Umso
wichtiger ist eine individuelle Beratung vor Reiseantritt. Dabei sollte der Apotheker Reiseart und dauer sowie Komorbiditäten berücksichtigen.
»Sie sollten Ihre Kunden so beraten, dass diese mit großer Freude verreisen und gesund
wiederkommen«, empfahl Professor Dr. Thomas Weinke vom Klinikum Ernst von Bergmann in
Potsdam.
Der häufigsten Reiseerkrankung, der Diarrhö, kann man gut vorbeugen. Doch laut einer Studie
befolgen nur 3 Prozent der Fernreisenden die bekannten Regeln zu Ernährung und Hygiene und
meiden rohe ungeschälte Nahrungsmittel und Trinkwasser. 95 Prozent akzeptierten Getränke mit
Eiswürfeln, 90 Prozent aßen Salate und 80 Prozent tranken Leitungswasser. Dabei wäre die
konsequente Befolgung der Ernährungsregeln an den ersten Reisetagen besonders wichtig, denn die
meisten Durchfallerkrankungen setzen nach drei bis fünf Tagen ein. Weitaus häufigster Erreger sind
Enterotoxin produzierende Escherichia-coli-Stämme (ETEC), die nicht entzündliche wässrige
Durchfälle auslösen. Andere Übeltäter sind Salmonellen, Shigellen, Campylobacter, Rotaviren,
Amöben oder Lamblien.
In der Regel reicht eine orale Rehydratation (ORS) zur Therapie aus. Notfalls könne man auch zu
gesüßten Getränken und salzigem Gebäck greifen, sagte der Mediziner. Um die hohe Stuhlfrequenz zu
reduzieren und Krämpfe zu mildern, kann man Motilitätshemmer wie Loperamid (nicht bei blutigen
Stühlen, Fieber, Kleinkindern) und Probiotika wie Saccharomyces-Hefen ergänzen. Antibiotika sind
nur bei einer Dysenterie mit Fieber und blutigem Durchfall indiziert, betonte Weinke. An erster Stelle
stehen Chinolone wie Ciprofloxacin, gefolgt von Azithromycin (zum Beispiel bei Reisen in
Südostasien), Cotrimoxazol und Ampicillin.
Eine Cholera-Infektion spielt für den Normaltouristen meist keine Rolle. Dennoch ist der orale
Totimpfstoff interessant, da er auf Grund der Ähnlichkeit der Choleratoxin-B-Untereinheit mit dem
hitzelabilen ETEC-Toxin durch eine immunologische Kreuzreaktion teilweise auch vor ETECInfektionen schützen kann (Beispiel Dukoral®). Sinnvoll könnte der Impfstoff für Menschen mit
Vorerkrankungen, zum Beispiel mangelnder Magensäureproduktion oder chronisch entzündlichen
Darmerkrankungen, bei Dauereinnahme von Protonenpumpenblockern und Immunsupprimierte sein,
sagte Weinke.
Jede Fernreise sollte Anlass sein, den Schutz gegen Diphtherie, Tetanus und Polio (Asien, Afrika)
aufzufrischen. Dank der äußerst erfolgreichen Impfkampagnen gegen Poliomyelitis seit den 1960erJahren ist die Krankheit fast ausgerottet. Fatalerweise gab es 2004/05 eine neue Polio-Welle in
Nigeria, die von dort die Sahelzone, den Jemen und Ägypten erfasste. »Wer dorthin reist, muss
unbedingt geimpft sein.«
Große Bedeutung bei Reisen ins tropische Afrika und Teile Südamerikas hat der Schutz vor
Gelbfieber. Die Erkrankung ist zwar sehr selten, verläuft aber oft tödlich, erklärte der Mediziner. Eine
Impfung (Beispiel Stamaril®), die in Deutschland nur die zugelassenen Gelbfieberimpfstellen geben
dürfen, schützt zehn Jahre. Wer bei einem längeren Aufenthalt im tropischen Afrika engen Kontakt zu
Einheimischen hat, sollte sich auch vor Meningokokken schützen. Dafür steht eine tetravalente
Polysaccharid-Vakzine bereit (Beispiel Mencevax®). Kontrovers wird über die Tollwutgefahr
diskutiert. »Wenn Tollwut ausbricht, endet sie immer tödlich.« Jährlich sterben weltweit etwa 60.000
Menschen daran. Während in Afrika und Indien hauptsächlich wilde Hunde das Virus übertragen,
gehen 90 Prozent der humanen Tollwutfälle in den USA auf das Konto infizierter Fledermäuse. In
Deutschland werden jährlich 12 bis 15 tollwütige Fledermäuse identifiziert, berichtete Weinke. Füchse
werden mit Ködern gegen Tollwut geimpft. Die heutigen Impfstoffe bezeichnete der Experte als
effektiv und sicher (Beispiel: Rabivac®, Rabipur®, Tollwut Impfstoff HDC®). Nach dreimaliger
Impfung geben sie auch bei unbemerkter Infektion Sicherheit. Die postexpositionelle Behandlung ist
in fernen Ländern nur selten möglich. Tollwut-Immunglobulin, das nach einem Biss benötigt wird,
stehe fast nie zur Verfügung, sagte Weinke. Er sehe daher eine Indikation für Langzeitreisende und
Rucksackurlauber in Endemiegebiete.
Doch nicht nur ferne Kontinente bergen Gefahren. Kontaminiertes Trinkwasser oder Lebensmittel sind
Hauptquelle für Hepatitis-A-Virus-Infektionen. »Salopp gesagt, steigt das Risiko östlich der Oder und
südlich der Alpen.« In einer Studie war ein Viertel der in Italien und Spanien angebotenen
Schalentiere mit HAV infiziert. Die Impfstoffe schützen effektiv und eignen sich auch für Lastminute-Urlauber (Beispiele: Havrix®, Vaqta®, Havpur®).
Wer in Süddeutschland, Österreich, Tschechien oder dem Baltikum wandern will, sollte sich vor
FSME schützen, denn diese Länder gelten als Hochendemiegebiete für das von Zecken übertragene
Virus. Das Schnellimpfschema über 21 Tage eignet sich auch für kurz entschlossene Urlauber, ist aber
nur für Encepur® zugelassen, nicht für den Mitbewerber FSME Immun®. Die
Postexpositionsprophylaxe ist nicht mehr im Handel. Da Zecken häufig auch Borrelien übertragen,
sollte man sie möglichst rasch mit einer speziellen Zange oder spitzen Fingernägeln entfernen, riet
Weinke.
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