ExWoSt-Informationen zum Forschungsfeld Schadstoffminderung im Städtebau 14.8 Mehr Klimaschutz im Städtebau durch Qualitätsmanagement Fachtagung im Vorfeld von URBAN 21 – Weltkonferenz zur Zukunft der Städte – im Juli 2000 in Berlin Experimenteller Wohnungs- und Städtebau ein Forschungsprogramm des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen betreut vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Forschungsfeld „Schadstoffminderung im Städtebau“ Forschungsfeldbetreuung Forschungsassistenz Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Projektleitung: Dr. Gerhard Wagner Postfach 20 01 30 53131 Bonn Telefon: (02 28) 82 63 09 Telefax: (02 28) 82 62 66 B.&S.U. Beratungs- und Service-Gesellschaft Umwelt mbH Dr. Armand Dütz Dipl.-Ing. Doris Lorenz Postfach 21 02 28 10559 Berlin Telefon: (0 30) 39 04 2–0 Telefax: (0 30) 39 04 2–31 Herausgeber, Herstellung, Selbstverlag und Vertrieb Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Postfach 20 01 30 53131 Bonn Telefon: (02 28) 82 62 09 Telefax: (02 28) 82 62 66 Die vom Autor vertretene Auffassung ist nicht unbedingt mit der des Herausgebers identisch. Nachdruck nur mit genauer Quellenangabe gestattet. Es wird um Zusendung von 2 Belegexemplaren gebeten. Bearbeitung Doris Lorenz Jürgen Rummel Zitierweise Schriftleitung Wendelin Strubelt Hans-Peter Gatzweiler ExWoSt-Informationen zum Forschungsfeld „Schadstoffminderung im Städtebau” Nr. 14.8 Auslieferung: März 1999 ISSN 0937-1664 Inhalt Seite Vorwort Begrüßung Dr. Sven von Ungern-Sternberg Eröffnung III V Lothar Meyka Mehr Klimaschutz im Städtebau durch Qualitätsmanagement. Schadstoffminderung als Baustein einer nachhaltigen Stadtentwicklung Themenblock 1 1 Qualitätsstandards in städtebaulichen Planungsverfahren Dr. Sven von Ungern-Sternberg Planung und Umsetzung eines neuen Stadtteils als Niedrigenergiestadt: Freiburg-Rieselfeld 2 Gunter Amesberger Planung und Umsetzung eines neuen Stadtteils als Solarstadt: Linz-Pichling (Österreich) 4 Dr. Günter Braun Umsetzung stadtplanerischer Qualitätsstandards aus der Sicht eines Investors in Freiburg-Rieselfeld 6 Katrin Fahrenkrug Umsetzung von Qualitätsstandards im kombinierten Architekten-Bauträger-Gutachter-Wettbewerb: Modellvorhaben Greifswald-Ostseeviertel Ryckseite 8 Themenblock 1: Ergebnisse 11 Themenblock 2 13 Qualifizierung und Qualitätskontrolle bei Planung und Bauausführung Werner Eicke Hennig Innovative Aus- und Weiterbildungsprogramme für Architekten, Ingenieure und Handwerker. Erfahrungen aus dem IMPULS-Programm Hessen 14 Klaus Siegl Qualitätssicherung und Vermarktung als Aufgabe der Information und Beratung. Modellvorhaben Freiburg-Rieselfeld 16 Hans-Peter Kubach Qualitätskontrolle bei der Planung und Umsetzung durch die Bauaufsicht 18 Themenblock 2: Ergebnisse 21 Themenblock 3 23 Qualifizierung und Qualitätskontrolle bei Planung und Bauausführung Norbert Fisch Solarunterstützte Nahwärmeversorgung in Neubausiedlungen 24 Jost Eberhard Solare Optimierungspfade für Neubausiedlungen. Modellvorhaben Saarbrücken - Franzenbrunnen 26 Wilfried Rahe Solarsiedlung und Wirtschaftlichkeit aus der Sicht des Investors 28 Gisela Stete Möglichkeiten der Schadstoffminderung im Verkehrsbereich in städtebaulichen Wettbewerben 31 Gerd Würdemann Anforderungen an den Verkehr im Städtebau 34 Silvia Weiß Engagement für Qualitäten zwischen Neubau und Sanierung 37 Helmut Asche Motivation eines Wohnungsunternehmens zur Erschließung hoher Schadstoffminderungspotentiale im Alt- und Neubau 39 Klaus Müschen Einsatz von Kontrollinstrumenten im Rahmen privatwirtschaftilcher Betreibermodelle 42 Achim Zielke Neues industrielles solares Bauen in Fertigbauweise 44 Themenblock 4 49 Qualitätsvereinbarungen in der städtebaulichen Entwicklung Manfred Fuhrich Qualitätsvereinbarungen als Instrument der Erfolgskontrolle städtebaulicher Entwicklung 50 Harald Kissel Qualitätsverbesserung bei Maßnahmen der Schadstoffminderung durch lokale Agenda 21: Viernheim 52 Beate Weber Qualitätsvereinbarungen zur Schadstoffminderung als „Stadt der Zukunft“: Modellstadt Heidelberg 54 Themenblock 4 : Ergebnisse 57 Themenblock 5 59 Qualitätssicherung im baulichen Wärmeschutz Herbert Ehm Von der Wärmeschutzverordnung zur Energiesparverordnung 60 Conrad U. Brunner Anforderungen des baulichen Wärmeschutzes und Erfahrungen mit der Qualitätssicherung in der Schweiz 62 Claus Kahlert Qualitätsfallen auf dem Weg zur Niedrigenergiebauweise 65 Hans Peters Chancen und Perspektiven der Baustoffhersteller bei Einführung der Energiesparverordnung 67 Elisabeth Scholdra Die neue Energiesparverordnung im Verhältnis zum Nutzerverhalten 69 Gerd Hausen Schadstoffminderung im Altbau. Vernachlässigte Zukunftschancen 72 Themenblock 5: Ergebnisse 75 Exkursionen Exkursion 1 Empfang der Stadt-Freiburg im Stadtteil Rieselfeld, Kepler-Gymnasium 78 Exkursion 2 Besichtigung der Övolutionshäuser in Durbach-Ebersweiher 79 Exkursion 3 Solartour in und um Freiburg i.Br. 81 Vorwort Um die im Rahmen des Forschungsfeldes gewonnenen Erkenntnisse und Erfahrungen des Qualitätsmanagements beim Planen und Bauen der Fachöffentlichkeit zu präsentieren und gemeinsam zu diskutieren, veranstaltete das Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau vom 18. – 20. Mai 1998 ein Seminar in Freiburg im Breisgau zum Thema „Mehr Klimaschutz im Städtebau durch Qualitätsmanagement – Schadstoffminderung als Baustein einer nachhaltigen Stadtentwicklung”. Über das Forschungsfeld hinaus wurden zudem externe Forschungs- und Praxiserfahrungen aus dem In- und Ausland vorgestellt. Diese Fachtagung im Vorfeld von URBAN 21 – der Weltkonferenz zur Zukunft der Städte – im Juli 2000 in Berlin, trägt gleichzeitig zur Umsetzung der Ergebnisse der Weltsiedlungskonferenz HABITAT II, die im Juni 1996 in Istanbul stattfand, auf nationaler Ebene bei. Der Themenkomplex qualitätssichernder Maßnahmen bei der Planung und Umsetzung klimaschützender Maßnahmen im Städtebau wurde unter dem Blickwinkel der folgenden fünf Themenschwerpunkte näher betrachtet: – Qualitätsstandards im städtebaulichen Planungsverfahren – Qualifizierung und Qualitätskontrolle bei Planung und Bauausführung – Qualitätssicherung in einzelnen städtebaulichen Handlungsbereichen – Qualitätsvereinbarungen in der städtebaulichen Entwicklung – Qualitätssicherung im baulichen Wärmeschutz Freiburg im Breisgau wurde bewußt als Tagungsort gewählt, da hier am Beispiel des Niedrigenergie-Stadtteils Freiburg/Rieselfeld die Qualitätsanforderungen auf dem Weg vom Grundsatzbeschluß der städtebaulichen Entwicklung bis hin zur Realisierung der Stadtstrukturen und Gebäude modellhaft durchlaufen wurde. Sowohl die Optimierung als auch die Umsetzung schadstoffmindernder Maßnahmen sind hier anschaulich und authentisch erfahrbar. Exemplarisch für das Forschungsfeld präsentierten neben dem Modellvorhaben Freiburg i.Br. die Modellvorhaben Greifswald, Mainz sowie Nauen und Saarbrücken Ergebnisse einzelner Elemente des Qualitätsmanagements. Parallel zur Vortragsreihe wurde die Tagung begleitet von einer Ausstellung über städtebauliche Projekte und über Handlungsfelder des kommunalen Klimaschutzes sowie Komponenten der solaren Energienutzung. Exkursionen zur Besichtigung des NiedrigenergieStadtteils Freiburg/Rieselfeld, der Övolutionshäuser Weberhaus in Durbach-Ebersweiher sowie von solaren Projekten in der Stadt Freiburg und der Vorführung eines Prüftests zur Luftdichtigkeit der Gebäudehülle (Blower-Door-Verfahren) ergänzten die Fachvorträge durch praktische Beispiele. Gerhard Wagner ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 III Dr. Sven von Ungern-Sternberg Bürgermeister von Freiburg i.Br. bei der Eröffnung der Fachtagung (Quelle: B.& S.U., Berlin) Begrüßung Bereits Mitte der 80er Jahre war die Stadt Freiburg bei der Erarbeitung des lokalen Energieversorgungskonzeptes in einem Forschungsfeld des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau sowie des Bundesministeriums für Forschung und Technologie beteiligt. Freiburg gehörte nun wiederum zu den bundesweit zwölf Modellstädten im Rahmen des Forschungsfeldes „Schadstoffminderung im Städtebau” und hat dabei am Beispiel des neuen Stadtteils Rieselfeld integrierte Konzepte der Siedlungs-, Gebäude- sowie Versorgungs- und Verkehrsplanung untersucht. Für den Aufbau dieses derzeit größten baden-württembergischen Siedlungsvorhabens und ebenso für das Konversionsprojekt der Umgestaltung der früheren französischen Vauban-Kaserne zu einem neuen Stadtteil gibt diese Untersuchung wertvolle Hinweise und Anregungen und eröffnet einen interessanten Dialog zwischen Planern, Bauherren und Projektforschern. Seit jeher hat ein wirksamer Klimaschutz mit dem Ziel der CO2-Reduzierung einen hohen Stellenwert in der Stadtpolitik. Das lokale Energieversorgungskonzept der Stadt Freiburg setzt neben der Forderung nach Energieeinsparung auf den Einsatz umweltfreundlicher und regenerativer Energieträger und -verfahren. Freiburg ist Mitglied im „Klimabündnis” und gehört zu den Erstunterzeichnern der sog. „Saitama-Deklaration”, welche die Städte zu einer nachhaltigen Reduktion der CO2-Emissionen verpflichtet. Diesen weltweit anerkannten Zielsetzungen sind das Bürgermeisteramt und der Gemeinderat mit einem Bündel von Maßnahmen inzwischen nähergekommen. In der Umsetzung dieser Grundsatzentscheidungen fördert die Stadt gemeinsam mit den Stadtwerken und privaten Partnern durch eigene Programme und günstige Einspeisevergütungen den Einsatz der Solarenergie. Freiburg gehört heute in der Zahl und Leistung der installierten Sonnenkraftwerke bundesweit zu den führenden Städten. Der vom Gemeinderat beschlossene Grundsatz der Niedrigenergiebauweise findet inzwischen auch bei anderen Neubauvorhaben Anwendung und hat Modellcharakter für künftige Standards. Weitere Bausteine des Energieversorgungskonzepts sind der Einsatz von Blockheizkraftwerken zur Fernwärmeversorgung sowie der Bau eines Wärmeverbundkraftwerkes in Public-Private-Partnership mit einem Freiburger Industrieunternehmen. Diese Anlage führt zu einer erheblichen Reduzierung der Schadstoffbelastung als ein Quantensprung im Klimaschutz und steigert den Anteil der Eigenstromerzeugung auf fast 50 % als ein wichtiger Schritt zur Rekommunalisierung der Energieversorgung. Beispielhaft sind schließlich der Freiburger zeitvariable Direktpreistarif für elektrische Energie sowie die Ausstattung der Haushalte mit Energiesparlampen zu nennen, welche Stromsparen belohnen und zu deutlichen Verbrauchsrückgängen geführt haben. Die hier genannten Beispiele haben vielfältige ökonomische, ökologische, städtebauliche und soziale Wechselwirkungen und Auswirkungen auf unser Siedlungsvorhaben Rieselfeld und Vauban-Kaserne. Gemeinderat und Bürgermeisteramt nehmen von der Fachtagung „Mehr Klimaschutz im Städtebau durch Qualitätsmanagement” sowohl Anregungen für die eigenen Planungsprozesse mit und hoffen, daß die Freiburger Beispiele in anderen Kommunen Impulse für integrierte Planungsprozesse geben. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 V Lothar Meyka, Referatsleiter im BMBau beim Grundsatzreferat (Quelle: B.&S.U., Berlin) Eröffnung Mehr Klimaschutz im Städtebau durch Qualitätsmanagement – Schadstoffminderung als Baustein einer nachhaltigen Stadtentwicklung – 1. These: Ein wirksamer Klimaschutz zählt zu den zentralen Handlungsfeldern einer nachhaltigen Entwicklung. 3. These: Ungeachtet der positiven Zwischenbilanz sind zusätzliche Anstrengungen notwendig, um das nationale Klimaschutzziel zu erfüllen Die Zukunft der Menschheit und ihrer natürlichen Lebensgrundlagen wird davon abhängen, inwieweit es gelingt, eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten. Für die Erfüllung des Reduktionszieles von 25 % im Jahr 2005 sind weitere Schritte notwendig, die sich auf das gesamte Spektrum des nationalen Klimaschutzprogramms beziehen, wie ökonomische Instrumente, ordnungsrechtliche Anforderungen, Forschung und Entwicklung sowie weitere flankierende Maßnahmen. 2. These: Die internationale Vorreiterrolle Deutschlands im Klimaschutz wird wesentlich getragen von einer innovativen, marktwirtschaftlich orientierten Politik Die Bundesregierung setzt bei ihrer Klimaschutzpolitik auf das Konzept der ökologischen und sozialen Marktwirtschaft. Die Kräfte des Marktes sollen für den Klimaschutz aktiviert und genutzt werden. Insoweit dienen Gebote und Verbote als Ordnungsprinzip nur der wirkungsvollen Abwehr unmittelbarer Gefahren. Im Mittelpunkt steht die Verantwortung des einzelnen, die auch durch entsprechende staatliche Anreize mobilisiert werden soll. Mit über 150 Maßnahmen ist die CO2-Reduktion seit 1990 systematisch vorangetrieben worden. Blickt man auf das Verhältnis der energiebedingten CO2-Emissionen zum Bruttoinlandsprodukt, so sanken zwischen 1990 und 1996 die CO2-Emissionen in Deutschland um 19 %. Damit wurden Wirtschaftswachstum und Energieverbrauch entkoppelt. International gibt es kein vergleichbares Industrieland, das so viel an CO2-Reduktion erreicht hat. Neben den Bereichen Energieversorgung, Verkehr, neue Technologien sowie Landwirtschaft und Forsten spielt der Gebäudebereich für die CO2-Minderung eine besonders wichtige Rolle. Fast ein Drittel der gegenwärtig in Deutschland durch Verwendung fossiler Energieträger entstehenden CO2-Emissionen (rd. 900 Mio. t/a) entfällt auf den Gebäudebereich (Heizungs- und Klimaanlagen, Warmwasserbereitung). Beim Endenergieverbrauch sind es sogar rund 37 %. Weitere wichtige Schritte zur Energieeinsparung und CO2-Reduzierung im Gebäudebereich sind die Novellierung der Heizungsanlagen-Verordnung, die Novellierung der Wärmeschutzverordnung sowie die Fortführung und Aufstockung der vier Programme der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). 4. These: Klimaschutz schafft und sichert Arbeitsplätze insbesondere im Gebäudebereich Modernisierungs- und Instandsetzungsinvestitionen, die zugleich wesentlich der Energieeinsparung und CO2Minderung dienen, sind ein stabilisierender Faktor des Schadstoffminderung im Städtebau VI Bau- und Wohnungsmarktes. Der Anteil am gesamten Wohnungsbauvolumen lag 1997 bereits bei 50 % gegenüber rund 25 % im Jahre 1970. Künftig werden Modernisierungs- und Sanierungsinvestitionen in den Wohnungsbestand noch an Bedeutung gewinnen, da der Instandsetzungsbedarf bei rund 164 Mrd. DM liegt. Mit den Maßnahmen zur CO2-Minderung im Gebäude bereich verbinden sich daher bedeutende Beschäftigungschancen im Bereich des Umweltschutzes und des Baugewerbes, die auf jährlich rund 75 000 Arbeitsplätze bis etwa 2010 geschätzt werden, vor allem bei kleinen und mittleren Betrieben vor Ort. 5. These: Die neue Energieeinsparverordnung setzt wichtige Maßstäbe im qualitativen Bereich Im Zuge der Vorarbeiten an der Novelle ist allen Beteiligten schnell klar geworden, daß eine Fortschreibung der Wärmeschutzverordnung nicht bei einer bloßen Verschärfung der Anforderungen stehenbleiben kann. Vielmehr ist eine qualitative Weiterentwicklung geboten: – durch einen nach einheitlichen Kriterien ermittelten Grenzwert für den Energiebedarf des Gebäudes; – durch eine Anbindung der Verordnung an die Europäische Norm EN 832, die hilft, die Vorschrift von „technischem Ballast” zu befreien, und gleichzeitig der europäischen Marktöffnung im Baubereich dient; – durch Übergang der Anforderungsmethodik auf energiebezogene Kennwerte mit dem Ziel, daß ein umfassender Energiepaß für das Gebäude entsteht. Es muß sichergestellt werden, daß die energetischen Nachweise und damit die Energiepässe von sachkundigen Stellen und in Übereinstimmung mit der tatsächlichen Gebäudeausführung aufgestellt werden. Das Energieeinsparungsgesetz, auf dessen Grundlage die Wärmeschutz- und die künftige Energieeinsparverordnung erlassen werden, enthält die Voraussetzungen für eine Übertragung der Vollzugsaufgaben auf Sachverständige. Eine weitere Dimension der Qualitätssicherung betrifft die verwendeten Bauprodukte, insbesondere ihre energetischen Eigenschaften. Die neue Energieeinsparverordnung soll gewährleisten, daß nur gesicherte Eigenschaften der energierelevanten Produkte zur Anrechnung zugelassen sind. 6. These: Qualitätsmanagement und Qualitätsstandards sind für den Bund als Bauherr der Regierungsbauten in Berlin ein wichtiges Thema Die Bundesregierung hat sich verpflichtet, bei Neu- und Umbaumaßnahmen in ihren Liegenschaften den Energieverbrauch vorbildlich zu senken. Hilfreich für die Umsetzung dieser Zielsetzung waren folgende Punkte: – Fester Bestandteil von Wettbewerbsauslobungen war ein „Leitfaden zur energetischen, ökologisch und wirtschaftlich ausgewogenen Gestaltung der Neubauten – – – – – des Bundes in Berlin”; die Überprüfung der Einhaltung der energetischen Vorgaben durch einen unabhängigen Energiebeauftragten; eine Deckung von 15 % des Energiebedarfs der Gebäude aus regenerativen Quellen, soweit dies in technischer und wirtschaftlicher Hinsicht vertretbar ist; eine Unterschreitung der Energieverbrauchswerte der Wärmeschutzverordnung 1995 um 20 bis 40 %; die Erarbeitung eines ganzheitlichen Energiekonzeptes für jede Liegenschaft, mit dem Ziel der Minimierung des Energiebedarfs, geringer Umweltbelastung und Nutzung erneuerbarer Energien; die Schaffung eines Energieverbundes für die Parlamentsbauten im Spreebogen mit Blockheizkraftwerken auf Rapsölbasis, unterstützt durch zwei AquiferSpeicher, die innerhalb des Energieverbundes eine saisonale Verlagerung von überschüssiger Abwärme und Umweltkälte ermöglichen; – die Errichtung aktiver solarer Anlagensysteme durch die Installation von über 11 000 m² Photovoltaik zur Stromerzeugung und ca. 800 m² Solarkollektoren für die Warmwasserbereitung. 7. These: Energiecontracting eröffnet neue Perspektiven für effizientes Energiemanagement auf Bundesliegenschaften Mit Contracting-Modellen können in vielen Bereichen (z. B. Liegenschaften der öffentlichen Hand, Krankenhäuser, kleine und mittlere Unternehmen) unterschiedliche Hemmnisse (z. B. Trennung zwischen Vermögensund Verwaltungshaushalt, ausgeschöpfte Kreditlinien) abgebaut werden. Beim Energiecontracting wird privates Kapital und Wissen eingesetzt, um den Energieverbrauch und damit die CO2-Emissionen von Gebäuden über ein effizientes Energiemanagement zu senken. Hierfür eignen sich insbesondere hochtechnisierte Liegenschaften, rd. 100 zivile Liegenschaften des Bundes kommen in Betracht. Das Gesamteinsparpotential wird auf 20 bis 30 Mio. DM/a geschätzt, das Investitionsvolumen der Firmen wird bei 100 Mio. DM liegen, die erwarteten Umweltentlastungen entsprechen den um 20 bis 30 % verringerten Energieverbräuchen. 8. These: Modellvorhaben ebnen den Weg für einen fortschrittlichen klimaschützenden Städtebau Eine besondere Schrittmacherfunktion erfüllen Pilotprojekte, die neue Entwicklungen anstoßen, wie die zwölf Modellvorhaben, die im Rahmen des Ressortforschungsprogramms „Experimenteller Wohnungsund Städtebau” die Aufgabe hatten, integrierte Konzepte von Siedlungs-, Gebäude- sowie Versorgungs- und Verkehrsplanung unter dem Oberziel der CO2-Minderung zu entwickeln und zu erproben. Für das Forschungsfeld ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 konzentrierten sich die Maßnahmen zur Schadstoffminderung auf den Energiebedarf und die Wärmeversorgung sowie den Verkehr. Siedlungsstruktur und Raumnutzung bieten zahlreiche Ansatzpunkte für eine langfristige Minderung der energetischen Nachfrage und den Einsatz schadstoffmindernder Techniken. Ziel der dreijährigen Forschungs- und Erprobungsphase war zum einen die Überprüfung und Weiterentwicklung der relevanten Rahmensetzungen des Bundes im Städtebau und Wohnungswesen und zum anderen die Entwicklung und Erprobung beispielhafter Lösungswege zu Gunsten der Energieeinsparung und Schadstoffminderung. 9. These: Das fortentwickelte Raumordnungs- und Städtebaurecht des Bundes sichert den Rahmen für eine zukunftsfähige Raum- und Siedlungsentwicklung unter dem Aspekt der Energieeinsparung und CO2-Minderung Mit der Novellierung des Städtebau- und Raumordnungsrechts zum 01.01.1998 wurden die Ziele der nachhaltigen Stadtentwicklung wirksamer verankert und die Belange erneuerbarer Energien gestärkt. Für heute geplante Gebäude mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von 80 und mehr Jahren ist davon auszugehen, daß während der Nutzung eine grundlegende Umstellung der Energieversorgung auf regenerative Energien einzukalkulieren ist. Zunehmend dynamisch verlaufende Entwicklungen, wie z. B. im Bereich aktiver und passiver Solarenergienutzung, müssen also verstärkte Berücksichtigung finden. VII 10. These: Die Modellvorhaben zeigen, daß nachhaltige Stadtentwicklung der Schlüssel zur Mobilisierung nennenswerter CO2-Minderungspotentiale ist In den Modellvorhaben wurden Energiebilanzen erstellt, die Aufschluß über den Umfang und die Wirkung der jeweiligen Maßnahmenprogramme beinhalten. Im Ergebnis lassen sich folgende Minderungserfolge festhalten: – Die wärmetechnische Sanierung im Gebäudebestand brachte eine CO2-Minderung von bis zu 60 bis 80 %. – Im Neubau eröffneten flächensparende kompakte Bauweisen ein Potential von bis zu 30 % CO2-Minderung. – Im Verkehrsbereich konnte im Neubaubereich ein CO2-Minderungspotential von 5 bis 6 %, im Bereich historischer Stadtkerne von bis zu 20 % erschlossen werden. – Im Bereich der Energieversorgung konnte in Neubaugebieten CO2-Minderung von 20 bis 40 % erreicht werden, im Gebäudebestand wurden CO2-Minderungspotentiale von über 50 % ermittelt. Die Modellvorhaben haben gezeigt, daß ein nachhaltiger Städtebau in der Lage ist, durch Bündelung und Integration unterschiedlicher Maßnahmen und Bereiche Synergieeffekte zugunsten der Schadstoffminderung zu aktivieren. Voraussetzung ist allerdings ein durchgängiges Qualitätsmanagement sowohl im Planungsprozeß als auch bei der Bauausführung. Insgesamt wurden ausgewogene Lösungen mit Vorbildcharakter entwickelt, die nachgefragt werden und marktgängig sind. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 1 Themenblock 1 Qualitätsstandards in städtebaulichen Planungsverfahren Referate: – Planung und Umsetzung eines neuen Stadtteils als Niedrigenergiestadt: Freiburg-Rieselfeld Dr. Sven von Ungern-Sternberg, Baubürgermeister von Freiburg im Breisgau – Planung und Umsetzung eines neuen Stadtteils als Solarstadt: Linz-Pichling (Österreich) Gunter Amesberger, Projektmanagement „Solar City” Pichling, Linz – Umsetzung von Qualitätsstandards im kombinierten Architekten-Bauträger-Wettbewerb: Modellvorhaben Greifswald-Ostseeviertel Katrin Fahrenkrug, Institut Raum & Energie, Hamburg-Wedel – Umsetzung stadtplanerischer Qualitätsstandards aus der Sicht eines Investors in Freiburg-Rieselfeld Dr. Braun, Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG, Wiesbaden Im Anschluß an das Grundsatzreferat des Bundesbauministeriums wurden im ersten Themenblock Planung und Umsetzung der neuen Stadtteile Freiburg-Rieselfeld als Niedrigenergiestadt und Linz-Pichling (Österreich) als Solar-City vorgestellt. Derartige Planungen, die auch für mittlere und kleinere Kommunen von Bedeutung sind, können beispielhafte Antworten auf folgende Fragen geben: Nach welchen Prinzipien und welcher Zukunftsvorstellung bzw. -verantwortung soll gebaut werden, wie organisiert man den Planungs- und Bauprozeß, die Partizipation der Bürgerschaft und wie finanziert man das Ganze? Welche Verfahrensformen die Sicherung von Qualitätsstandards effektiv gewährleisten, wurde am Beispiel des kombinierten Architekten-BauträgerGutacher-Verfahrens für den Stadtteil Greifswald-Ostseeviertel aufgezeigt. Blick auf den Stadtteil „Freiburg-Rieselfeld“ Quelle: B.& S.U., Berlin Schadstoffminderung im Städtebau 2 Planung und Umsetzung eines neuen Stadtteils als Niedrigenergiestadt: Freiburg-Rieselfeld Dr. Sven von Ungern-Sternberg Technisches Rathaus Fehrenbachallee 12 79106 Freiburg Unser Ziel war, das Projekt Rieselfeld in einer Gesamtschau der unterschiedlichen Qualitätsziele mit all ihren Zielkonflikten und gegenseitigen Abhängigkeiten zu entwickeln. Es galt, kurzfristige und längerfristige Auswirkungen abzuwägen, Aspekte der Daseinsvorsorge, der Schonung natürlicher Ressourcen wie auch die ökonomischen Rahmenbedingungen zu beleuchten und in die Entscheidungsprozesse gleichberechtigt mit einzubeziehen. Städtebaulicher Ideenwettbewerb Im Sommer 1991 wurde ein städtebaulicher und landschaftsplanerischer Ideenwettbewerb ausgelobt, um städtebauliche Konzepte für den neuen Stadtteil mit seinen Naht- und Übergangszonen zum Naturschutzgebiet sowie zu der bestehenden Bebauung zu finden. Der preisgekrönte Entwurf gruppiert um die mittig durch das Gebiet geführte Stadtbahn eine dichte sonnenorientierte Blockrandbebauung, die sich zu den Stadträndern hin auflöst. Entlang dieser Ost-West-Trasse sind die wichtigen zentralen Infrastruktureinrichtungen angeordnet. Die Bebauung geht von einem fünfgeschossigen Wohnbogen über zu einer klassischen Blockstruktur bis hin zu zwei- bis viergeschossigen Reihenhäusern. Methodischer Ansatz des Projektmanagements Innerhalb der hoheitlichen Verwaltung wurde, dem Baudezernenten unterstellt, ein städtisches Projektmanagement gebildet, das ämter- und dezernatsübergreifend die administrativen Ressourcen bündelt. Parallel dazu tagt kontinuierlich eine gemeinderätliche „Arbeitsgruppe Rieselfeld“, die den Vollzug der politischen Vorgaben überwacht sowie die Entscheidungen im Bauausschuß und Gemeinderat vorbereitet. Zugleich ist die bürgerschaftliche Beteiligung mit dem Projektmanagement und der gemeinderätlichen Arbeitsgruppe Rieselfeld verbunden. Das gesamte Rieselfeld steht in vollem Eigentum der Stadt Freiburg. So ist die Stadt über den Verkauf von Grund und Boden in der Lage, die notwendigen öffentlichen Infrastrukturmaß- nahmen in Höhe von ungefähr 280 Mio. DM als In-sich-Geschäft, vom städtischen Haushalt abgekoppelt, zu erbringen. Politische Vorgaben und Ziele Eine an den Bedürfnissen der Bevölkerung ausgerichtete Konzeption für neue Stadtteile bedarf der frühzeitigen Diskussion von Leitlinien mit klaren städtebaulichen und gesellschaftlichen Zielen, die vom Gemeinderat politisch verbindlich festgelegt werden. Bei diesen Zielen gibt es drei Ebenen: Zum einen die Vorgaben, die als hoheitliche Festsetzungen im öffentlichen Recht gegenüber jedermann verbindlich in der Bauleitplanung ausgewiesen werden. Zum zweiten eine Reihe von Zielen, die zwar nicht in der Bauleitplanung verankert, aber über privatrechtliche Verträge verbindlich gemacht werden können. So darf nur an Investoren Grund und Boden verkauft werden, die sich verpflichten, den Beschluß des Freiburger Gemeinderats zur Niedrigenergiebauweise auch anzuwenden. Drittens gibt es eine Menge von Einzelpunkten, die nicht in einer stringenten Form zwingende Voraussetzung für den Abschluß eines Kaufvertrages sind. Diese werden in den individuellen Vertragsverhandlungen als Empfehlung eingebracht. Es ist inzwischen gängige Praxis, daß die Stadt Freiburg mit den jeweiligen Grundstückskäufern eine freiwillige Qualitätsvereinbarung zur Sicherung dieser Ziele abschließt. Mit Bauantrag bzw. Kenntnisgabeverfahren geben Architekt und Investor eine ausgefüllte „Checkliste Qualität” ab, in der die jeweiligen gebäudespezifischen Qualitätsmerkmale dargestellt werden. Organisation der Vielfalt Der neue Stadtteil soll von der fatalen Entmischungsideologie im Städtebau Abschied nehmen, indem sowohl die verschiedenen Bereiche Arbeiten und Wohnen als auch die unterschiedlichen Gruppen unserer Bevölkerung zusammengeführt werden. Städteplanung ist unverzichtbar „social engineering”, die Aufgabe des in städtischer Hand befindlichen Pro- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 jektmanagements ist die Schaffung der Voraussetzungen und Rahmenbedingungen, die Vielfalt erleichtern und nicht erschweren, weshalb die Entwicklung des Stadtteils nicht in die Hände eines oder einiger weniger externer Projektträger gegeben werden darf. Das Projektmanagement organisiert durch Planung und Marketing eine breite Mischung einzelner Bauträger und künftiger Eigentümer. Qualität des neuen Stadtteils Wenn wir keine Siedlung wollen, sondern einen Stadtteil, so treten über das Angebot von Wohnungen umfassende Einrichtungen der Infrastruktur hinzu. Dies kann nur dann geschaffen und gehalten werden, wenn eine ausreichende städtebauliche Dichte und damit eine angemessen große Mantelbevölkerung auf engem Raum vorhanden ist. Eine Grundschule und ein Gymnasium haben bereits ihren Betrieb aufgenommen. Darüber hinaus ist besonders wichtig, daß es auch im Einkaufsbereich Angebote im Stadtteil selbst gibt. Hier gilt der Grundsatz „small is beautiful“. Mehrere Geschäfte sind bereits eröffnet. Im Projektmanagement wird bei der Vermarktung Investoren, die bereit sind, derartige kommerzielle Nutzungen vorzusehen, eine Priorität eingeräumt. Ergänzend tritt ein eigenes kleines Gewerbemischgebiet im 2. Bauabschnitt des neuen Stadtteils hinzu. Seit September 1997 ist die Straßenbahn in Betrieb, d.h. ein Jahr nach dem Einzug der ersten Einwohner des ersten Bauabschnittes. Für die neuen Bewohner des Stadtteils besteht von Anfang an eine leistungsstarke und bequeme Alternative zum Auto. Zudem ist die Planung des neuen Stadtteils fußgänger- und fahrradfreundlich, alle Wohngebiete sind als Tempo-30-Zonen ausgewiesen. Für den ruhenden Verkehr sind Stellplätze in Form von größenmäßig überschaubaren Tiefgaragen wohnungsnah geplant. In einzelnen Bauabschnitten ist darüber hinaus ein Experiment für „autofreie Nachbarschaften” vorgesehen, das eng mit der selbstverwalteten Bürgerbeteiligung auf freiwilliger Basis abgestimmt und entwickelt wird. Bereits beim Wettbewerb mußten energetische Belange, z. B. eine möglichst gute Nutzung der Solarenergie, berücksichtigt werden; hierfür hat der 1. Preisträger einen Sonderpreis für Energie bekommen, was 3 entsprechend in die Bauleitplanung eingeflossen ist. Noch größere Bedeutung im Rahmen der Energiepolitik haben Maßnahmen des Energiesparens. Daher beschloß der Gemeinderat, städtische Grundstücke nur an Investoren abzugeben, wenn diese zumindest die Wohngebäude mit einer Energiekennzahl von 65 kWh/m2 und Jahr errichten (nach Freiburger Verfahren, die einer Energiekennzahl von ca. 50 kWh/m²*a nach der WärmeschutzVO 1995 entspricht). Die Niedrigenergiebauweise ist heute akzeptiert und taucht als Vermarktungsargument in allen Vermarktungsunterlagen der Bauträger auf. Niemand diskutiert mehr über die Mehrkosten von 1 bis 3 %. Interessant waren die Untersuchungsergebnisse der Vor-Ort-Kontrollen, wonach die Abweichungen in den Bauausführungen oftmals nichts mit der Niedrigenergiebauweise zu tun haben, sondern alt eingeführte DIN-Normen und Regeln der Baukunst nicht eingehalten werden. Diese Problematik muß für die Politik ein wichtiger Punkt bei der Novellierung der Wärmeschutzverordnung sein. Betrachten wir nun das Gesamtergebnis der Schadstoffbilanz im Rieselfeld, so wurde im Vergleich zu einem konventionellen Baugebiet (Trend) eine CO2 -Minderung von jährlich 52 % erzielt. Auch die Nahwärmeversorgung über ein Blockheizkraftwerk trägt hierzu bei. Blick auf den Stadtteil „Freiburg-Rieselfeld“ Quelle: B.&S.U., Berlin Schadstoffminderung im Städtebau 4 Stand der Vermarktung Die ersten beiden Bauabschnitte mit einem Volumen von knapp 2 200 Wohnungen sind bis heute zu zwei Dritteln vermarktet. Der offizielle Beginn der Vermarktung im dritten Bauabschnitt hat jetzt begonnen. Neben den üblichen Wohnpro- jekten liegt der Schwerpunkt der städtischen Zielsetzungen bei den weiteren Bauabschnitten in Modellprojekten für kostenund flächensparendes Bauen unter besonderer Berücksichtigung passiver und aktiver energetischer Belange. Ein weiterer Schwerpunkt liegt in der Eigentumsbildung für Familien. Planung und Umsetzung eines neuen Stadtteils als Solarstadt: Linz-Pichling (Österreich) Gunter Amesberger Projektmanagement „Solar City“ Linz-Pichling Hauptstraße 1–5 A–4041 Linz Die Projektidee entstand 1990, als die Stadt Linz beschloß, die Niedrigenergiebauweise im sozialen Wohnbau zu etablieren. 12 000 Wohnungssuchende in Linz und das Bewußtsein für Ressourcenschutz waren schlagende Argumente für eine nachhaltige, ökologische Stadtteilkonzeption. Die Idee für den Bau einer „Solar City” war geboren. Der Süden der Stadt, der Raum Pichling, kam dabei als einzig mögliches Stadterweiterungsgebiet in Frage. 1992 wurde der österreichische Städteplaner Prof. Roland Rainer mit der Erstellung eines umfassenden städtebaulichen Rahmenkonzeptes, dem Masterplan für den Wohnbezirk Linz-Pichling, beauftragt. Dieser Masterplan sieht ein Siedlungspotential von 5 000 bis 6 000 Wohnungen mit der gesamten Infrastruktur in diesem Bereich vor. Ein Jahr später wurde vom Linzer Gemeinderat eine Energiestudie für das Wohnen in Pichling – Beispiel für das dritte Jahrtausend – in Auftrag gegeben. Acht gemeinnützige Bauvereinigungen konnten inzwischen für eine Mitarbeit gewonnen werden, so daß insgesamt 1 500 Wohnungen auf einer Fläche von etwa 34 ha gebaut werden sollen. Ziele, Strategien, Umsetzung Der Name „Solar City Pichling” steht für eine umfassende Nutzung der Kraft der Sonne. Die Spannweite reicht von der direkten Nutzung zur Verbesserung des individuellen Komforts und des Pflanzenwachstums bis hin zur Nutzung als Energielieferant. Kompakte, weitestgehend nach Süden ausgerichtete Bauweise, intelligente Fassaden, natürliche Belüftung und Belichtung sowie optimale Wärmespeicherung kennzeichnen die Aspekte des solaren Bauens. Die Heizenergie wird auf < 40 kWh/m²*a (Nettowohnnutzfläche) beschränkt. Die Energieversorgung wird weitestgehend auf regenerativer Basis erfolgen. Strom und Wärme werden durch ein Mehrstoff-Motorheizkraftwerk erzeugt, das mit Biogas und Pflanzenöl betrieben wird (Kraft-Wärme-Kopplung mit regenerativen Brennstoffen). Zusätzlich wird Warmwasser durch thermische Sonnenkollektoren erzeugt. Spitzen werden durch Fernwärme (Kraft-Wärmekopplung auf nicht-regenerativer Brennstoffbasis) abgedeckt. Die Planungsvorgaben für die Wohnbauten gelten im besonderen Maß für die öffentliche Infrastruktur. Die geplanten Schulen, Kindergärten sowie das multifunktionale Zentrum werden Musterbeispiele für ressourcenschonende Solararchitektur. Zu diesem Zweck wurden 1997 und 1998 EU-weite Architektenwettbewerbe ausgeschrieben. Innerhalb der Siedlung wird dem Fußgänger- und Radfahrverkehr die größte Priorität eingeräumt. Der motorisierte Individualverkehr soll zum Teil in einer zweiten Ebene geführt werden. Sammelgaragen sorgen für die Lösung des Parkproblems. Die Anbindung an das Stadtzentrum soll durch ein schnelles, schienengebundenes Verkehrsmittel sowie durch eine Straßenbahn erfolgen. Im Sinne einer umweltfreundlichen Siedlungsentwicklung wird die Entsorgung in die Gesamtüberlegungen mit einbezogen. Biogene Abfallstoffe wie zum Beispiel Fäkalien werden über eine Vakuumkanalisation in einer Co-Fermentation entsorgt. Das dabei entstehende Biogas dient als Treibstoff für das Mehrstoff-Motorheizkraftwerk. Der anfallende Biodünger wird ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 in der umgebenden Landwirtschaft verwendet. Das Grauwasser, also das Wasser von Duschen, Spül- und Waschmaschinen, wird örtlich in einem bepflanzten Sandbettfilter gereinigt und dem nächsten Bach zugeführt, das Regenwasser vor Ort versikkert. Die soziostrukturelle Gesamtplanung reicht von Maßnahmen einer ausgewogenen Mischung der Rechtsformen (Miete, Eigentum, Mietkauf), einer durchmischten Altersstruktur der künftigen Bewohner und einer Berücksichtigung eines entsprechenden Ausländeranteiles bis hin zur Zusammenführung von Generationen in räumlicher Nähe und der Partizipation der künftigen Nutzer, gefördert durch die Einführung eines Stadtteilmanagements als sozialplanerische Anschubhilfe (Preview Center vor Ort). Um eine Umsetzung gemäß der Ziele zu gewährleisten, wurden die Anforderungen der Stadt Linz mit jedem der zwölf Bauträger konkret verhandelt, in privatrechtlichen Qualitätsvereinbarungen festgeschrieben und in die Grundstückskaufverträge integriert. Beim Konzept zur Berücksichtigung frauenspezifischer Belange steht insbesondere der Aspekt „subjektive Sicherheit” im Zentrum der Betrachtungen. Hierbei wird die soziale Nähe durch mögliche Sicht- und Rufkontakte, ein Belichtungs- und Beleuchtungskonzept sowie aus den Wohnungen scheinendes Licht berücksichtigt. Integrierender Bestandteil des Gesamtprojektes ist eine landschaftsplanerische Gestaltung unter Einbeziehung der bestehenden und neu zu schaffenden Elemente. Ziel ist ein multifunktionales und differenziertes Freiraumangebot. 1997 wurde hierzu ein Ideenwettbewerb zur Landschaftsplanung ausgelobt. 5 Es bestehen folgende Hauptproblembereiche mit den entsprechenden Lösungsansätzen: – Die hohen Investitionskosten erfordern eine vorausschauende Finanzpolitik. Private Investoren werden eingebunden. Für die von den Architekten geplanten neuen Bauteile und Baukonstruktionen werden neue Geschäftsbeziehungen der Bauträger im gesamten EU-Raum notwendig. – Es fehlen Erfahrungswerte über den Betrieb des geplanten Energiever- und -entsorgungssystems im sozialen Wohnungsbau dieser Größenordnung. Durch das Stadtteilmanagement werden Schulungen durchgeführt. – Bei einigen Partnern besteht Angst vor Neuem und fehlt das Bewußtsein über die Chance des Projektes. Ein laufender Dialog und Informationsaustausch ist hier Lösungsansatz. – Das Angebot an sozial erschwinglichen Wohnungen übersteigt bereits mancherorts die Nachfrage. Das Ziel lautet daher: Koordiniertes Vorgehen aller Beteiligten, hohe Ansprüche an Qualität und Preis, gepaart mit einem zielgruppenspezifischen Marketing. Resultate und Erfahrungen Das Projekt steht am Beginn der Umsetzungsphase. Alle Zwischenziele wurden erreicht und die Planungen in weiten Bereichen abgeschlossen. Die Einstellung der handelnden Personen insbesondere zu Städtebauliches Modell „Solar City“ Linz-Pichling Projektorganisation Für die Abwicklung des Projektes wurde eine interdisziplinäre Projektgruppe als zentrale koordinierende Stelle sowie ein Projektbeirat als beratendes Organ eingerichtet. Der Beirat, besetzt mit Spitzenvertretern der Politik, Verwaltung, der beteiligten Verbände und Unternehmen, bindet alle diese Institutionen in das Projektgeschehen ein und zieht sie damit in die Verantwortung. Für das Gesamtprojekt wurde eine eigene Corporate Identity festgelegt und koordinierte Marketingmaßnahmen abgestimmt. Quelle: Herzog, Th. (Hrsg.): Solarenergie in Architektur und Stadtplanung, München 1996, S. 180 Schadstoffminderung im Städtebau 6 dem komplexen Vorhaben und seinen einzelnen Aspekten hat sich teils grundlegend geändert. Eine endgültige Bewertung wird jedoch erst nach dem Bau bzw. nach der erfolgten Besiedlung erfolgen können. So konnte im Zuge der Auseinandersetzung mit der Frage der Energieversorgung ein umfassendes Verständnis für Solarenergie gewonnen werden. Umsetzung stadtplanerischer Qualitätsstandards aus der Sicht eines Investors in Freiburg-Rieselfeld Dr. Günter Braun Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVAG Salierstraße 6 65189 Wiesbaden Vorstellung der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG (ZVK) Die ZVK hat die Verpflichtung, die gesetzlichen Renten der Arbeitnehmer des Baugewerbes aufzustocken, und zahlte 1996 an 355 000 Beihilfeempfänger Leistungen in Höhe von rd. 630 Mio. DM. Sie hat zur Sicherung ihres Vermögens einen Immobilienbesitz, der durch den Wohnungsbau in Freiburg auf ca. 10 000 Wohnungen erweitert wurde. In zwei Bauabschnitten wurden 301 Wohnungen im sozialgeförderten Wohnungsbau, vier frei finanzierte Wohnungen und ein Geschäftshaus errichtet. Die 249 Wohnungen aus dem ersten Bauabschnitt sind seit dem Sommer 1997 zu ca. 90 % bezogen. Die übrigen Wohnungen im zweiten Bauabschnitt werden bis Oktober 1998 fertiggestellt sein. Das Geschäftsgebäude wird im Dezember des Jahres zum Bezug freigegeben. Die Architekten für den ersten Bauabschnitt, das dänische Büro C.F. Möller sowie der in Freiburg ansässige Architekt Herr Rosenstiel wurden nach einem beschränkt ausgeschriebenen Architektenwettbewerb beauftragt. Mit der Ausführung des zweiten Bauabschnittes wurde der Architekt Herr Lehmann aus Offenburg betraut. Städtebaulicher Qualitätsstandard „Im Rieselfeld“ Der architektonische Anspruch an die zu errichtenden Gebäude ergab sich zum einen aus den Vorgaben des Bebauungsplanes, zum anderen durch die Vorstellung der ZVK, anspruchsvolle Gebäude zu errichten. Die Wohnqualität des gesamten Baugebietes ergibt sich schließlich auch aus der Qualität der einzelnen Häuser. Die Kleinteiligkeit der Baufelder und die Schaffung städtebaulicher Innenräume waren Vorgaben, die auch den Vorstellungen der ZVK entsprachen. Die im ersten Bauabschnitt ausgewählten elf Baufelder wurden in Absprache mit der Stadt Freiburg in einer Art „Flickenteppich“ über den gesamten ersten Bauabschnitt des Bebauungsplanes verteilt. Die Idee „Arbeiten und Wohnen“ im Rieselfeld wurde von uns aufgenommen, indem wir zusätzlich zu den Wohnungen ein Geschäftshaus errichteten. Hervorzuheben für die Wohnqualität unserer Mieter ist auch die Schaffung der notwendigen Infrastruktur, wie z. B. die Errichtung von Schulen und Kindergärten sowie die verkehrstechnische Anbindung des Rieselfeldes an die Stadt. Gerade der Umweltschutzgedanke hat zu der Entscheidung beigetragen, im Rieselfeld zu bauen, da sich die ZVK verpflichtet sieht, zeitgemäß und mit innovativen Techniken zu bauen. Die ZVK war daher gerne bereit, die im Grundstückskaufvertrag festgeschriebene Energiekennzahl von 65 kWh/m2 pro Jahr für ihre Gebäude zu realisieren. Ergänzend zum Niedrigenergiehausstandard sieht die ZVK jedoch auch die Notwendigkeit eines Blockheizkraftwerkes (BHKW) als Grundlage des Gesamtenergiekonzeptes für das Rieselfeld, um das Ziel der Schadstoffminimierung im Städtebau zu realisieren. Für die Einsparung an Heizenergie nahm die ZVK auch höhere Investitionskosten in Kauf. Daß wir uns dadurch die Senkung der Nebenkosten zugunsten unserer Mieter erhoffen, ist aus wirtschaftlicher Sicht ein weiteres Argument, wobei sich die Energiepreise in einem wirtschaftlich vertretbaren Rahmen bewegen müssen. Auch leidet die Glaubwürdigkeit des städtischen Gesamtkonzeptes, wenn die Heizkosten nicht deutlich niedriger sind als in konventionell gebauten Häusern. Zur Erfüllung der geforderten standards der Häuser wurden teams ausgewählt, die sowohl volle Architektur als auch QualitätsPlanungsqualitätstechnisch ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 ausgereifte Lösungen anbieten. Um speziell die Problematik der Niedrigenergiebauweise im Geschoßwohnungsbau zu lösen, wurde das Tübinger Ingenieurbüro ebök zur Betreuung des Bauvorhabens verpflichtet. Außerdem stellten wir den Architekten einen Bauphysiker zur Seite, der speziell die Probleme der Wärmebrücken und das bauphysikalische Verhalten der einzelnen Bauteile prüfen sollte. So wurde z. B. die Planung der Lichtlenkung im zur Errichtung kommenden Büro- und Geschäftshaus von Mitarbeitern des Instituts für Licht- und Bautechnik an der Fachhochschule Köln (ILB) und der Gesellschaft für Licht- und Bautechnik in Köln entwikkelt. Dieses Geschäftshaus mit seinen Büros und Praxen zeichnet sich durch ein sehr modernes, stromsparendes Lichtlenksystem, ein sog. „intelligentes“ Gebäudeinstallationssystem (BUS-System), und die Möglichkeit äußerst individueller Raumgestaltung aus. Hierdurch werden Stromkosten gespart und eine zu starke Erwärmung der Räume durch Sonneneinstrahlung vermieden. Hochqualifizierte Fachleute standen den Architekten somit schon in der Planungsphase zur Verfügung und führten während der Entwicklung der Gebäude zu Lösungen, die bauphysikalisch und wirtschaftlich optimiert sind. Außerordentlich wichtig war uns, daß die Werkplanung vor Baubeginn weitestgehend fertiggestellt war, da eine baubegleitende Planung nur Kompromißlösungen nach sich zieht. 7 Während der Ausführungsphase erfolgt die Einweisung der ausführenden Firmen nicht nur durch die Architekten und deren Bauleitung sowie durch die oben genannten Fachplaner. Laufende Dialoge zwischen Firmen und Fachplanern über die Art der Ausführung waren ein weiterer Schritt zur Optimierung der Gebäude. Eine stufenweise Abnahme von Teilleistungen läßt ein rechtzeitiges Nachbessern im Bedarfsfalle zu. Die Endkontrolle durch die Architekten und Fachplaner nach Fertigstellung der Leistungen und die dann vorgefundene Qualität bestätigt die Richtigkeit dieser Vorgehensweise. So wurde z. B. die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle durch das sog. Blower-Door-Verfahren überprüft. Leckagen konnten damit festgestellt und beseitigt werden. Nachdem unsere Häuser fast ein Jahr bewohnt sind, können wir feststellen, daß die Niedrigenergiehäuser den erwarteten Qualitätsstandard mehr als voll erfüllen. Eine über eine Heizperiode durchgeführte Testreihe zu den Heizverbräuchen bestätigt den niedrigen Verbrauch. Der tatsächliche Verbrauch liegt um fast 10 kWh/m2 pro Jahr unter der vorgegebenen Energiekennzahl. Aufgrund unserer Erfahrungen mit dem Bauvorhaben Rieselfeld wird von uns in anderen Wohnungsbauvorhaben diese Art der Niedrigenergiebauweise ebenfalls rea- Blick auf die von der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes errichteten Wohngebäude Quelle: ZVK Wiesbaden Schadstoffminderung im Städtebau 8 lisiert. Jedoch werden wir in der Wahl der zu bebauenden Grundstücke noch kritischer geographische Gegebenheiten und Vorgaben aus bestehenden Bebauungsplänen berücksichtigen. Hier liegt ein großes Potential, für passive Energiesparmaßnahmen günstigere Voraussetzungen, wie z. B. die Ausrichtung der Gebäude zum Sonnenstand, ein günstiges Verhältnis der Außenhülle des Gebäudes zum umbauten Volumen etc., zu schaffen. Mehraufwand im Bereich des Attikaumganges nach sich und erzeugt ein ungünstiges Verhältnis der Außenhülle zum umbauten Raum. Diese Bauweise ist energietechnisch relevant und zieht höhere Baukosten nach sich. Das gleiche gilt für die unter das Gebäude „geschobenen“ Tiefgaragen, die im Verhältnis zum Wohngebäude kalte Bereiche sind. Diese Schnittstelle energietechnisch vernünftig zu lösen, bedarf eines erhöhten Aufwandes. Als wesentlich sehen wir die Ausrichtung der Baufelder zum Sonnenstand an, um auch Solargewinne zu erreichen. Die Vorgaben, die der Bebauungsplan Rieselfeld den Architekten gibt, konterkarieren aus unserer Sicht allerdings in einigen Bereichen das Ziel, kostengünstig Niedrigenergiehäuser zu bauen. So vergrößert z. B. das vorgeschriebene Attikageschoß die Gebäudehülle, zieht einen bautechnischen Innovative Architektur unter dem Gesichtspunkt der Niedrigenergiebauweise wird leider beschränkt durch die Vorgabe des Bebauungsplanes zur Ausgestaltung der Gebäudehülle. Weniger stringente Vorgaben aus dem Bebauungsplan würden sicherlich dazu führen, das Thema „Niedrigenergiehaus“ noch vielfältiger zu interpretieren. Umsetzung von Qualitätsstandards im kombinierten Architekten-Bauträger-Gutachter-Wettbewerb – Modellvorhaben Greifswald-Ostseeviertel Ryckseite – Katrin Fahrenkrug Raum & Energie – Institut für Wirtschafts-, Regional- und Energieberatung GmbH Hafenstraße 32 22880 Wedel / Hamburg Städtebauliches Leitbild Ausgangspunkt für eine nachhaltige Stadtentwicklung ist ein tragfähiges, politisch verankertes städtebauliches Leitbild. Unter den Strategieansätzen eines vorsorgenden Umweltschutzes und einer stadtverträglichen Mobilitätssteuerung kann der Orientierungsrahmen für das Leitbild nur die „Stadt der kurzen Wege” sein, d.h. eine Stadt resp. einzelne Stadtteile mit verträglicher Dichte und ausgewogener Mischung zwischen Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Versorgung. Zentrales Schlüsselprojekt für die Konkretisierung und Umsetzung des städtebaulichen Leitbildes „Greifswald – Stadt der kurzen Wege” ist die Entwicklung des Ostseeviertels Ryckseite als „kompakter Stadtteil”. Qualitätssteuerung durch das Architekten-Bauträger-Gutachterverfahren Bei der Umsetzung qualitätvoller, schadstoffmindernder Neubaukonzepte klaffen Anspruch und Wirklichkeit oft weit aus- einander. Gründe hierfür sind u.a. aufwendige und teilweise unzureichende Festsetzungsmöglichkeiten mit den zur Verfügung stehenden formellen städtebaulichen Instrumenten, Akzeptanzprobleme bei Investoren und Käufergruppen, fehlende fachübergreifende Planungsstrukturen, unzureichender politischer Rückhalt zur Durchsetzung energetisch optimierter Bauvorhaben sowie die Aufweichung städtebaulicher Entwicklungsziele und Wettbewerbsergebnisse mit Hinweis auf vermeintliche Nachfrage- und Kostenstrukturen. Aufbau des kombinierten ArchitektenBauträger-Gutachterverfahrens Die wesentlichen Charakteristika des Architekten-Bauträger-Gutachterverfahrens (A-B-G-Verfahrens) lassen sich stichwortartig wie folgt zusammenfassen: – Bei Wettbewerben finden nur gemeinsame Angebote von Architekten und Bauträgern Berücksichtigung. Die Teilnahme ist zumeist auf eine Anzahl von sechs bis acht Anbietern beschränkt. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 – Für die Ausarbeitung der Entwürfe erhalten die Anbieter eine Bearbeitungsgebühr gemäß HOAI, die durch die Anzahl aller Anbieter geteilt wird. Ein Preisgeld wird nicht gezahlt, Wettbewerbsanreiz ist die Baugarantie. – Den zu erarbeitenden Angeboten liegt ein Anforderungskatalog mit Schwerpunkt in der Vorgabe von gebäudebezogenen Standards zugrunde, städtebauliche Vorgaben werden frühzeitig festgelegt. – Die Angebote sind mit einem verbindlichen Festpreis zu kalkulieren, optional kann eine feste Kostenobergrenze im Vorfeld festgelegt werden, Mehr-/Minderkosten für Zusatzleistungen sind auszuweisen. – Die Angebote werden unter Beteiligung der zuständigen Baugenehmigungsbehörde einer Vorprüfung unterzogen, um rechtliche Schwierigkeiten zu beheben. Der spätere Normalprüfungsgang wird zeitlich verkürzt. – Die abschließende Bewertung und Auswahl der Angebote erfolgt durch einen Gutachterausschuß auf der Grundlage des Anforderungskataloges. – Nach Auswahl werden die Grundstücke den Gespannen zeitlich beschränkt an die Hand gegeben und unter Beibehaltung der vorgelegten Form und des Festpreises direkt zur Bebauung gebracht. – Für das laufende Qualitätsmanagement und Koordinierung des Umsetzungsprozesses begleiten regelmäßige Koordinationssitzungen unter Teilnahme der Architekten und Bauträger sowie der Erschließungsträger und des Auftraggebers /der Kommune die Realisierungsphase. Vorteile des Verfahrens Das Verfahren gewährleistet eine hohe Qualitätssicherung und Kostensicherheit zwischen Planung und Bauergebnis, da die Standards und Preise fix sind und Reibungsverluste durch enge Kooperation zwischen Architekten und Bauträgern minimiert werden. Möglichkeiten zur Durchsetzung energieorientierter Maßnahmen Die Schnittstelle zur Implementierung richtungsweisender schadstoffreduzierender Maßnahmen in das Verfahren liegt bei der Ausgestaltung des Anforderungskatalo- 9 ges. Hierüber werden Aspekte der Wärmeversorgung und höhere Anforderungen an Wärmestandards / Energieeinsparungen ebenso wie Strategien zur Verkehrsreduzierung integriert. Das Instrument „kombiniertes Gutachterverfahren” kann von der Stadt / Auftraggeber hinsichtlich Umfang und Verbindlichkeit energetischer Anforderungen variabel eingesetzt werden, so daß die Vorgaben entweder als Mindestanforderungen verpflichtend vom Teilnehmergespann in das Leistungs- und Festpreisangebot aufgenommen werden müssen oder als Zusatzangebote mit Ausweis der Mehr-/Minderkosten Eingang finden können. Einerseits sind die städtischen Entscheidungsträger/Auftraggeber bei Vorbereitung des Wettbewerbs frühzeitig aufgefordert, konsequent Ziele energiegerechten Wohnungs- und Städtebaus mit anderen städtebaulichen Zielsetzungen abzuwägen. Ein Pluspunkt des Verfahrens liegt darin, daß für sich genommen „weiche“ städtebauliche Anforderungen über die Art der Implementierung in das Verfahren zu „harten“ Vorgaben für die Anbieter werden. So können über den B-Plan schwierig zu verankernde Festsetzungen im Wettbewerbsverfahren durchgesetzt werden. Als entscheidender Vorteil greift hier die notwendige frühzeitige Zusammenarbeit von Architekt und Unternehmer; nachträgliche Qualitätsreduzierungen, wie sie im Normalverfahren häufig vorkommen, sind weitestgehend ausgeschlossen. Verfahrensschwierigkeiten Schwierigkeiten gegenüber herkömmlichen Verfahren liegen vor allem im Bereich der Vertragsgestaltung als auch der Verfahrensabwicklung, da die Grundstücke dem Bauträger nur zeitlich beschränkt an die Hand gegeben werden. Auftraggeber resp. Stadt bleiben somit umfassende Steuerungsmöglichkeiten erhalten. Zur Vermeidung etwaiger Reibungsverluste ist eine frühzeitige und gezielte Schulung aller Beteiligten (insbesondere der Liegenschaftsämter) zum „handling“ des Verfahrens erforderlich. Für den Werkvertrag zwischen Bauträger und Käufer als auch für den Grundstücksvertrag zwischen Stadt und Käufer ist die Ausarbeitung verbindlicher Musterkauf- bzw. -werkverträge zu empfehlen. Besonderer Wert ist dabei auf ein optimales Ineinandergreifen beider Vertragselemente zu legen. Die Mehrkosten Schadstoffminderung im Städtebau 10 des Verfahrens betragen weniger als ein Prozent, für den effektiven Einsatz des Verfahrens ist eine Größe des Bauvorhabens von etwa 100 und mehr Wohneinheiten erforderlich. Zielsetzungen im „Ostseeviertel Ryckseite” Die Stadt Greifswald bringt im Ostseeviertel Ryckseite eine ca. 25 ha große Fläche als Komplettierung einer bestehenden Plattenbausiedlung zur Bebauung. In mehreren Bauabschnitten werden im Rahmen einer energiebedarfs- und verkehrsreduzierten Siedlungsstruktur sowie eines kosten- und flächensparenden Wohnungsbaus 450 – 550 WE im Mehrfamilienhausbau, als Reihenhäuser und im Randbereich als Einzelhausbebauung entstehen, ergänzt durch integrierte Dienstleistungseinrichtungen und Altenwohnungen. Einsatz des Gutachterverfahrens Das vorgestellte Gutachterverfahren hat in Greifswald folgende spezifische Ausprägungen: – Das Plangebiet ist in kommunalem Besitz. – Das Gebiet wird in mehreren getrennten Bauabschnitten zur Bebauung gebracht. – Für jeden Bauabschnitt wird ein kombiniertes Gutachterverfahren durchgeführt. – Die wohnungs- und städtebaulichen Ziele für das Ostseeviertel finden über die Ausschreibungsunterlagen Eingang in den Wettbewerb. Hofsituation der Niedrigenergiehäuser Ryckseite/Greifswald – Die Bauträger leisten als Generalunternehmer die Vermarktung der Gebäude. – Der Erwerb der Grundstücke erfolgt durch die Hauskäufer direkt von der Stadt. Für die Stadt ergibt sich der Vorteil, daß die Realisierung des Plangebietes in getrennten teilgebietsbezogenen Gutachterverfahren die Möglichkeit einer fortlaufenden Optimierung des Verfahrens eröffnet. Für den Abwägungsprozeß im Wettbewerbsverfahren sind flankierende Instrumente des Qualitätsmanagements erforderlich: – Frühzeitige Information aller am Wettbewerb Beteiligten über Ziele des Klimaschutzes; – Bereitstellung umfassender Informationsmaterialien zum Klimaschutz als Wettbewerbsaufgabe zu den Auslobungsunterlagen; – Aufnahme konkreter Anforderungen zur Energieeinsparung in den Auslobungstext; – Interdisziplinär zusammengesetztes Preisgericht unter Einbindung externer Berater; – Bereitstellung von Abwägungsinstrumenten für Energiebelange; – Standardisierte Prüfkriterien. In dem Modellvorhaben der Hansestadt konnte gegenüber dem herkömmlichen Wohnungsneubau in Greifswald und Umgebung ein Schadstoffminderungspotential von 37 % erschlossen werden. Das ist maßgeblich auf die Möglichkeiten der Qualitätssicherung über das ArchitektenBauträger-Gutachterverfahren und seinen Möglichkeiten, die mit der städtebaulichen Rahmenplanung beschlossenen Zielsetzungen durchzusetzen, zurückzuführen. Als entscheidender Vorteil greift hier die notwendige frühzeitige Zusammenarbeit von Architekten und Unternehmern. Einbindung des Gutachterverfahrens Quelle: Endbericht des Modellvorhabens Greifswald-“Ostseeviertel Ryckseite“, Greifswald 1996 Qualitätsmanagement für „mehr Klimaschutz im Städtebau” muß die Ebenen „Planungsoptimierung“, „Umsetzungsoptimierung“ und „Nutzungsoptimierung“ umfassen sowie als Querschnittsaufgabe und kontinuierlicher Prozeß angelegt sein, der durch integrierte, ressortübergreifende Planungsstrukturen und tragfähige Kommunikationsstrukturen zwischen Politik, Verwaltung und weiteren Akteuren der Stadt geprägt wird. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 11 Themenblock 1 Qualitätsstandards in städtebaulichen Planungsverfahren Ergebnisse: Verdichteter, urbaner Städtebau ist der Schlüssel zum städtebaulichen Klimaschutz Die Nachfrage nach Wohn- und Gewerberaum wächst weiterhin. Der Wohn- und Gewerbeflächenzuwachs ist in Städten und entlang von Siedlungsachsen zu konzentrieren, um einen attraktiven und leistungsfähigen öffentlichen Personennahverkehr zu gewährleisten und damit Schadstoffminderungseffekte gegenüber einer wachsenden Siedlungsdispersion zu erzielen. Hierfür ist die Siedlungs- und Regionalpolitik mit der Verkehrsplanung eng zu koppeln, innerstädtische Brachflächen sind wieder einer Nutzung zuzuführen. Den Imageproblemen des Geschoßwohnungsbaus (Second-Best-Lösung) ist im Zuge einer Wertediskussion zu begegnen. Verdichteter, urbaner Städtebau weist neben den verkehrsmindernden Effekten den geringsten spezifischen Energiebedarf pro m2 Wohnfläche auf und ermöglicht zudem eine energieeffiziente Versorgung. Prozeßmoderation und Planungsmangement sind Qualitätsvoraussetzungen Die kommunalen Vertreter sowie Planer und Investoren müssen frühzeitig zusammenarbeiten, um ein gegenseitiges Verständnis zu schaffen und Anforderungen zu optimieren. Zielkonflikte sind in einem moderierten Prozeß einer Abwägung zuzuführen, u. a. mit Berücksichtigung des Marktes als Regulativ. Die Einbindung des Klimaschutzes im Städtebau und Hochbau kann sich erst dann weiter etablieren, wenn die Verknüpfung der Fachdisziplinen – von der Stadtund Infrastrukturplanung über den Hoch- und Tiefbau bis hin zur Haustechnik – gewährleistet wird. Hierfür ist ein Fachteam aus Planern, Ingenieuren und Architekten zu bilden. Ein umfassendes Stadtteilmanagement von der Planung über die Vermarktung bis hin zur sozial-ökologischen Betreuung der Bewohner ist erforderlich, um Qualitätsstandards des Klimaschutzes im Städtebau erfolgreich von der Planung bis zur gelebten Praxis umzusetzen. Klimaschutz ohne Mehrkosten Die Mehrkosten im Wohnungsneubau betragen für die Realisierung der Niedrigenergiebauweise (30 % unter der Wärmeschutzverordnung 1995) zwischen 2 bis 6 % mit fallender Tendenz. Damit liegen die zusätzlichen Kosten weit unter den üblichen Marktschwankungen der Baukosten und können durch andere Rationalisierungsmaßnahmen aufgefangen werden. Gute Beispiele als Vorbilder Als Anreiz für Investoren, den Prinzipien des städtebaulichen Klimaschutzes zu entsprechen, dienen Vorzeigeobjekte (v.a. der öffentlichen Hand). Vorgaben zur Unterschreitung des zulässigen Energiebedarfes erfahren somit eine hohe Akzeptanz und führen zu einem Qualitätswettbewerb. Handlungsanforderungen: – Ausrichtung der Wohnungsbau-, Eigenheimförderung und des Steuerrechts (z.B. Kilometerpauschale) an den Grundsätzen des verdichteten, urbanen Städtebaus – Festsetzen von Kennwerten für den gesamten Primärenergiebedarf einer Siedlung über den Raumwärmebedarf hinaus und Einfordern einer solaren Optimierung (aktiv und passiv) – Vermarktung guter Beispiele des städtebaulichen Klimaschutzes – Initiierung eines Werte- und Bewußtseinswandels (Kampagnen über die Medien) ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 13 Themenblock 2 Qualifizierung und Qualitätskontrolle bei Planung und Bauausführung Referate: – Innovative Aus- und Weiterbildungsprogramme für Architekten, Ingenieure und Handwerker: Erfahrungen aus Impuls-Programm Hessen Werner Eicke-Hennig, Programmleiter, Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt – Qualitätssicherung und Vermarktung als Aufgabe der Information und Beratung: Modellvorhaben Freiburg-Rieselfeld Klaus Siegl, Geschäftsstelle Rieselfeld, Freiburg im Breisgau – Qualitätskontrolle bei der Planung und Umsetzung durch die Bauaufsicht MR Hans-Peter Kubach, Vertreter der Fachkommission Bauaufsicht der ARGEBAU, Stuttgart Um sich neuen Anforderungen zu stellen und diese weiterentwickeln zu können, ist Qualifizierung einerseits und Qualitätskontrolle andererseits – vergleichbar zweier Seiten einer Medaille – erforderlich. Im zweiten Themenblock wurden hierfür die Kenntnisse und Erfahrungen aus dem Qualifikationsprogramm des Landes Hessen und den Aktivitäten der Stadt Freiburg im Rahmen des Stadtteils Rieselfeld dargestellt sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Qualitätskontrolle durch die Bauaufsicht der ARGEBAU gegenübergestellt. Qualifikations-Programm Rationelle Stromnutzung und Niedrigenergiebauweise Hessen Logo des Impuls-Programms Hessen Schadstoffminderung im Städtebau 14 Innovative Aus- und Weiterbildungsprogramme für Architekten, Ingenieure und Handwerker – Erfahrungen aus dem IMPULS-Programm Hessen – Werner Eicke Hennig IMPULS-Programm Hessen / Institut Wohnen und Umwelt Schleiermacherstraße 8 64347 Darmstadt Der Heizwärmebedarf von Niedrigenergiehäusern liegt mit 30 bis 70 kWh/m² Wohnfläche und Jahr rd. 50 bis 70 % unter der Wärmeschutzverordnung von 1984. Die Niedrigenergiebauweise wird mit der zur Jahrtausendwende kommenden Novelle der Wärmeschutzverordnung (Energiesparverordnung 2000) zur Bauaufgabe für Architekten. Danach gehört der „energetische Gebäudeentwurf” als zusätzliche Aufgabe zum Tätigkeitsfeld des Architekten. Die Verbesserung der fachlichen Kompetenz im Wachstumsmarkt Ökologie setzt für einige Jahre eine Qualifikationsphase voraus. IMPULS-Programme liefern Beiträge zum modernen Berufsbild des Architekten. Nach dem erfolgreichen Schweizer Vorbild (Impuls-Programme zur Fortbildung im Baubereich über 19 Jahre) wurden mittlerweile durch vier Bundesländer (NRW, Hessen, Berlin, Schleswig-Holstein) Fortbildungsprogramme für Architekten, Ingenieure und Handwerker gestartet. Sie sind ein gutes Angebot für die Aneignung der neuen Qualifikationen. Impuls-Programme setzen bei der Förderung der beruflichen Kompetenz an: Experten erarbeiten qualitativ hochwertige Seminare, welche das notwendige Grundlagenwissen praxisgerecht und didaktisch gut aufbereitet vermitteln. Die erarbeiteten Seminare werden Verbänden und Weiterbildungsorganisationen angeboten, damit diese im Rahmen ihrer eingespielten und akzeptierten Weiterbildungskanäle die Zielgruppen erreichen. IMPULS-Programm Hessen seit 1996 Das Programm will Impulse für die rationelle Stromverwendung und die Niedrigenergiebauweise in Hessen geben und hierzu eine Qualifizierungsoffensive starten, um durch ein breit gefächertes Fortbildungsangebot die Strom- und Heizenergieeinsparung in Hessen zu einem Dauerthema zu machen. Das IMPULS-Programm Hessen (IPH) stellt die Energieeinsparung als eigenständiges Thema in den Vordergrund der beruflichen Weiterbildung. Da Erfahrungen und Projekte zur rationellen Energienutzung bei vielen Ingenieuren, Architekten und Investoren in Hessen vorhanden sind, bietet das IPH eine Plattform für den fachlichen Austausch. Aufbau des IMPULS-Programms Das IMPULS-Programm Hessen ist eine Initiative des Hessischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Jugend, Familie und Gesundheit und wird vom Institut Wohnen und Umwelt (IWU) durchgeführt. Es untergliedert sich in die Fachbereiche „Rationelle Stromnutzung“ und „Niedrigenergiebauweise“ beim Neubau. Pro Jahr stehen ca. 2,0 Mio. DM zur Verfügung (5,6 Mio. Einwohner in Hessen; 8 500 Architekten, 2 500 Ingenieurbüros). Die Laufzeit ist zunächst bis Ende 1999 festgelegt. Das Programm wird durch eine Kommission aus Vertretern der zuständigen Berufsorganisationen, Kammern und Verbände begleitet und sucht die Kooperation mit den Verbänden und den Kammern. Es bezieht somit die Kenntnisse und Anforderungen der Berufsgruppen in seine Programminhalte ein. Konkreter Nutzen für die Teilnehmer am IMPULS-Programm Da die rationelle Energienutzung gute Chancen für Beschäftigung und den Marktzugang bei Planungs- und Beratungsleistungen bietet, ermöglicht die Teilnahme am IPH eine rasche und umfassende Information über neue Technologien und Lösungen zur rationellen Energienutzung. Zum einen soll die Nachfrage nach kostengünstigen und energiesparenden Investitionen gefördert werden, zum anderen schafft das Wissen aus dem IMPULS-Programm für Planer eine gute Grundlage für die Marktausweitung. Für Investoren bietet es Transparenz über die Techniken und organisatorischen Ansätze, mit denen Einsparerfolge verläßlich erreicht werden können. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 Ein Qualifikationsangebot für viele Berufsgruppen Das Weiterbildungsangebot wendet sich vor allem an Berufsgruppen und Investoren, deren Planungen und Entscheidungen einen Einfluß auf die Entwicklung des Energieverbrauchs in Hessen haben: – Architekten, Bauingenieure, Stadtplaner, – Beratende Ingenieure, Statiker, Energieberater, – Bauverwaltungen, Gebietskörperschaften, Energiebeauftragte, – Wohnungsbaugesellschaften und -verwaltungen, – Haus- und Grundeigentümer, Banken und Versicherungen, Investoren und Projektentwickler, 15 Die Arbeitsweise – Aus der Praxis für die Praxis Begleitende Kommission Programmleitung Austausch Anregungen Vertreter aus den Verbänden der Wirtschaft und Berufsverbände Projektverantwortliche, freie Architektur- und Ingenieurbüros Drucktest; Vorstellung Demonstrationsbauten; Stromeinsparung in der Industrie, Integrale Gebäudeplanung – Stromsparcheck etc. Seminar-Arbeitsgruppe Experten aus der Berufspraxis Architekten, Ingenieure Seminarersteller (Architekt/Ingenieur über Ausschreibung) – Bauhandwerk, Sanitär-, Heizungs-, Klimatechnikhandwerk, – Betreiber von Energieanlagen, Industrie- und Gewerbebetriebe. Die Belange der Berufspraxis werden auf mehreren Ebenen eingebunden. Neben der begleitenden Kommission ist auch die Seminarerstellung durch Einbindung von Architekten und Ingenieurbüros geprägt. Sämtliche Materialien werden in Arbeitsgruppen geprüft, in denen Architekten, Ingenieure und ein Didaktiker das Impulsteam und den Seminarersteller unterstützen, wodurch ein hohes fachliches Niveau und der Praxisbezug sichergestellt werden. Seminare – Praxisgestützte Themenwahl Das Impuls-Programm bietet aufbereitete Seminarthemen und verfügt über einen qualifizierten Referentenpool, organisiert Termine und Öffentlichkeitsarbeit, stellt die Seminarmaterialien. Die Weiterbildungsträger und Verbände verankern die Seminare in ihren Weiterbildungs- und Tagungsprogrammen, wie sich umgekehrt durch die Kooperation mit den Weiterbildungsträgern und Verbänden die Themenwahl und der Themenzuschnitt entwickelt. Ergänzt werden die Seminare zu den Themen „Vielfacher Nutzen durch Rationelle Stromnutzung” und „Das Niedrigenergiehaus – Die Zukunft des Bauens” durch vielfältige weitere Informationsangebote wie Workshops, Foren, Demonstrationsmaßnahmen, eigenes Mailing, Internet-Angebot u. a. Eingliederung der Seminare in bestehende Weiterbildungsprogramme. Eigene Seminar- und Vortragsreihen des IPH (In Verbindung mit den hessischen Kammern, Berufsverbände, Wirtschaftsverbände, Einzelinstitutionen, Kommunen etc.) Fazit Impuls-Programme bewähren sich auch in Deutschland als Qualifikationsprogramme für Architekten, Ingenieure, Handwerker und Entscheidungshilfen für Investoren. Sie sind geeignet, als „Informationsplattform“ in den jeweiligen Bundesländern für eine Reihe von Jahren einen Qualifikationsprozeß zu unterstützen, ohne den die Einsparverordnung 2000 (Niedrigenergiestandard) weitgehend nur auf dem Papier Bestand haben würde. Für Architekten, Stadtplaner und Ingenieure bieten sie eine gute Möglichkeit, die fachliche Qualifikation im Hinblick auf die neuen Anforderungen des ökologischen Bauens zu verbreitern. Schadstoffminderung im Städtebau 16 Qualitätssicherung und Vermarktung als Aufgabe der Information und Beratung – Modellvorhaben Freiburg-Rieselfeld – Klaus Siegl Geschäftsstelle Rieselfeld Bauverwaltungsamt Freiburg Fehrenbachallee 12 79106 Freiburg i.Br. Mit Planung, Entwicklung und Realisierung des neuen Stadtteils Rieselfeld sind vielfältige Erwartungen verbunden, so daß sich die Frage stellt, wie die hohen Qualitätsansprüche auch tatsächlich umgesetzt werden. Diese Frage ist gerade zum jetzigen Zeitpunkt angesichts des sehr engen Wohnungs- und Immobilienmarktes von großer Bedeutung, da Qualitätsmerkmale als wichtiges Akquisitionsargument in ihren Auswirkungen auf die Kostensituation für Mieter und Eigennutzer zu sehen sind. Der für das Projekt Rieselfeld vielleicht wichtigste Zielsatz lautet: „Kommunikation statt Sanktion”, da sich Qualitätsstandards und Qualitätsziele nur dann umsetzen lassen, wenn alle an diesem Prozeß Beteiligten die Möglichkeit haben, diesen Prozeß mit zu entwickeln. Bausteine und Maßnahmen Folgende Bausteine und Maßnahmen, insbesondere zur Schadstoffminderung, wurden im Laufe des Modellvorhabens eingeleitet bzw. umgesetzt. Im Bereich der ordnungsrechtlichen Möglichkeiten – privatrechtliche Regelungen mit Androhung von Sanktionen (zunächst wurde Baustopp und Nutzungsuntersagung festgelegt, jetzt ist die Einführung einer Vertragsstrafe beschlossen); – Bebauungsplan mit Option für Solarenergienutzung (Baufenster für Energieanlagen auf den Dächern). Im Rahmen der Bauherren-Beratung und -Betreuung – Erstprojektbetreuung; – Baufach – Symposien; – Fachbibliothek; – Konzeption und Stufenplan zur Qualitätssicherung; – Durchführung von qualitätssichernden Maßnahmen. Im Bereich Marketingmaßnahmen und Umweltmanagement – ca. 3 000 Gespräche mit potentiellen Investoren; – Vorbereitungen zur Durchführung des Wettbewerbs „Stadthaus 21"; – Vorbereitungen zum Bau eines autofreien Quartiers mit zunächst 90 Wohneinheiten; – Broschüre und Checkliste „Qualität im Rieselfeld – Planungsempfehlungen”. Im Bereich der Solarenergienutzung – Diplomarbeit „Thermische Solarenergie” im Geschoßwohnungsbau am Beispiel des Neubaugebietes Rieselfeld; – Projekt „Regiosolarstromanlage” auf dem Dach des Kepler-Gymnasiums; – private Einzelprojekte; – Broschüre zu Solarprojekten in Freiburg. Im Zuge der geplanten Verbraucherberatung und Bewohnermotivation – Im neuen Stadtteil wurde eine Kontaktstelle (K.I.O.S.K.) für die Bewohner mit intensiver Quartiersarbeit aufgebaut, in der auch Verbraucher- und Mobilitätsberatung stattfinden wird. – Eine Ausleihe von Strommeßgeräten und Lampenkoffern wurde eingerichtet. – Die Bildung einer Einkaufsgemeinschaft für Stromspargeräte wurde initiiert. – Das Car-Sharing Angebot besteht. Der Stellplatz für ein Gemeinschaftsauto ist bei K.I.O.S.K. – Die Vorbereitung einer Mobilitätsaktion läuft. Damit sollen gezielt Arbeitnehmern – insbesondere aus dem angrenzenden Gewerbegebiet Haid – Wohnungsmöglichkeiten im Rieselfeld angeboten werden, damit Wege und Fahrten reduziert werden. Vermarktung Die Durchführung des Modellvorhabens bedingte einen ständigen Abgleich der Forschung mit der Realität. Die Kontrolle und Beurteilung der einzelnen Bauvorhaben waren wichtige Bausteine, deren Inhalte in den vielfältigen Planungs- und Vermarktungsgesprächen mit großer Effizienz eingesetzt werden konnten. Hier war natürlich Überzeugungsarbeit notwendig, daß Energieeinsparung die Ressourcen schont und Schadstofffreisetzungen vermeidet, mit einer baulich besseren Qualität der Wert der Immobilie erhöht wird, die Bewohner geringere Heizkosten haben und die Im- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 17 mobilie sich aufgrund der Qualitätsmerkmale leichter verkaufen läßt. Zeitlicher und technischer Ablauf der Qualitätssicherung im Bauvorhaben Freiburg-Rieselfeld Qualitätssicherung Um die Einhaltung des vertraglich vereinbarten NEH-Standards von 65 kWh/m² im Jahr zu bestätigen, wurde ein erstes vereinfachtes Prüfverfahren entwickelt, welches vom Grundstückseigentümer umfangreiche Unterlagen einfordert: – Kopie des Energiebedarfskennwertnachweises nach Freiburger Verfahren (analog zum Nachweis nach Wärmeschutzverordnung), – Berechnung nach Wohn- und Nutzflächen gem. DIN 277 und Zweiter Berechnungsverordnung (wie bei Baugesuch), – ein Satz Werkpläne mit farbiger Markierung der thermischen Gebäudehülle, – Beschreibung des Lüftungskonzeptes und – prinziphafte Darstellung von Bauteilanschlüssen. Zeitlicher Aufwand in Stunden (h) pro Bauvorhaben (grobe Schätzung!) Diese Art der Prüfung läuft seit Sommer 1996 durch ein von der Stadt beauftragtes Büro. Die ersten Ergebnisse waren leider nicht nur positiv. Die konkreten Plausibilitätsprüfungen ergaben, daß einzelne Fehler beim Nachweis des Energiebedarfskennwertes „Heizwärme“, z. B. falsche Flächenaufnahme oder Fenster- und Dämmstoffdaten, immer wieder auftreten. Um dem entgegenzuwirken, hat sich die Stadt Freiburg entschlossen, künftig noch gezielter auf die Einhaltung der geltenden Regeln der Technik hinzuweisen, verstärkt die frühzeitige Einschaltung eines Energieplaners zu empfehlen sowie ein Infoblatt über die typischen „Stolpersteine” bei Planung, Berechnung und Umsetzung herauszugeben und auf die Prüfung der NEHKriterien während der gesamten Bauzeit hinzuweisen. Seit Mitte 1997 verpflichten sich im Grundstückskaufvertrag die Erwerber, den rechnerischen NEH-Wärmeschutznachweis nach Freiburger Verfahren und die Bauausführung von einem Sachverständigen für Wärmeschutz oder einem Prüfingenieur für Baustatik überprüfen zu lassen. Daneben wird die Stadt Freiburg in den nächsten Monaten das konkrete Gespräch mit den betreffenden Berufsständen suchen, um auch hier einen kritischen und konstruktiven Dialog zu beginnen. Insgesamt kann nur ein auf Einsicht basierendes Verhalten des einzelnen Bauherrn zu einem dauerhaften Umsetzungserfolg führen. Routinekontrolle 2h 2h–4h 1h 2h Detailkontrolle bei Unstimmigkeiten 12 h 16 h – 18 h 11 h 3h 2. Stufe 3. Stufe 4. Stufe Technischer Ablauf pro Bauvorhaben 1. Stufe Bauantrag Baugenehmigung Wärmebrückenkonzept (M 1:10) Flächen, Kennwerte und Energiekennzahl rechnerisch prüfen Rohbau Flächen prüfen veredelter Rohbau nach und während Einbau von Fenstern und Dämmstoffen Brauchbarkeitsnachweise, Kennwerte von Dämmstoffen, Kontrolltests Haustechnikarbeiten Unterscheidung: beheizte und unbeheizte Zone, Einbau der Lüftungsanlage Resümee und Ausblick Im Durchschnitt wird im Rieselfeld tatsächlich eine Heizenergieeinsparung gegenüber den Mindestanforderungen nach Wärmeschutzverordnung von über 20 % erzielt. Von Fraktionen des Gemeinderates werden noch höhere Anforderungen zur NEH-Bauweise diskutiert. Im Grundstücksvertrag wurden auch die Regelungen zur Kontrolle und Vertragsstrafen neu festgelegt. In Zukunft wird die gezielte Information, Beratung und Schulung der Bewohner sehr wichtig werden, da sie letztlich mit ihrem Verhalten entscheiden werden, auf welchem Niveau sich die verursachten Schadstoffmengen bewegen werden. Insgesamt kann aus heutiger Sicht ein positives Resümee gezogen werden. Wir werden uns aber mit dem Erreichten nicht zufrieden geben und die Strategie der kleinen praxisorientierten Schritte mit unserem Leitsatz „Kommunikation statt Sanktion” konsequent weiterverfolgen. Begehung vor Ort, Brauchbarkeitsnachweise überprüfen Plausibilität, Blower-DoorMessung Begehung vor Ort, Brauchbarkeitsnachweise überprüfen Thermografie Schadstoffminderung im Städtebau 18 Qualitätskontrolle bei der Planung und Umsetzung durch die Bauaufsicht Hans-Peter Kubach Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg Theodor-Heuss-Straße 4 70179 Stuttgart Aufgaben der Bauaufsicht Das Regelwerk des Bauordnungsrechts greift bei der Umsetzung komplexer städtebaulicher Planungs- und Entscheidungsprozesse; es wird vollzogen, wenn bauliche Anlagen errichtet, geändert oder abgerissen werden. „Qualitätskontrolle durch die Bauaufsicht“ kann sich ausschließlich darauf erstrecken, zu prüfen, ob ein Bauvorhaben die baurechtlichen sowie die anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung und den Abbruch von baulichen Anlagen einhält. Die Entwicklung des Bauordnungsrechts Die bauordnungsrechtlichen Vorschriften sind in allen Ländern in den Landesbauordnungen verankert. Sie enthalten die materiell-rechtlichen Anforderungen an bauliche Anlagen, verfahrensrechtliche Vorschriften sowie Bestimmungen über die Aufgaben und Befugnisse, die den Bauaufsichtsbehörden zugewiesen sind. Seit 1990 haben die Länder ihre Bauordnungen mit dem Ziel novelliert, baurechtliche Verfahren zu vereinfachen, zu beschleunigen, auf entbehrliche Prüfungen zu verzichten, die Behörden zu entlasten und die Eigenverantwortung der am Bau beteiligten Privaten zu stärken. Materiell-rechtliche Anforderungen Das Bauordnungsrecht dient primär der Gefahrenabwehr: Bauliche Anlagen sind so zu errichten, daß die öffentliche Sicherheit oder Ordnung, insbesondere Leben und Gesundheit, nicht gefährdet werden. Inzwischen haben jedoch auch sozialpolitische und ökologische Zielsetzungen Eingang gefunden, in den Landesbauordnungen werden nun auch die natürlichen Lebensgrundlagen als elementar schützenswerte Rechtsgüter besonders hervorgehoben. Ökologische Standards in den Landesbauordnungen Die Mittel des Bauordnungsrechts zur Förderung des Umweltschutzes sind begrenzt; nicht berücksichtigt werden können Anforderungen z. B. des Immissionsschutz-, Naturschutz- oder Wasserrechtes und Maßnahmen, die nicht in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallen. Den sich hieraus ergebenden Rahmen für die Verwirklichung ökologischer Zielsetzungen füllen die Bauordnungen der Länder unterschiedlich aus. In der Novelle 1996 der LBO Baden-Württembergs wurden zahlreiche Regelungen verankert, die ökologischen Zielen dienen: z.B. wurden bei Vorhaben zur Energieeinsparung Abweichungen von den baurechtlichen Vorschriften erleichtert; bei der Stellplatzverpflichtung ist die Leistungsfähigkeit des ÖPNV zu berücksichtigen, Ablösebeträge können zur Förderung des ÖPNV und des Fahrradverkehrs verwendet werden. Beispiel: Verwendung von Bauprodukten Die Länder haben die EU-Bauproduktenrichtlinie einheitlich in ihren Bauordnungen umgesetzt. So sind z. B. Bauprodukte, die besondere wärmeschutztechnische Eigenschaften aufweisen müssen, in das bauordnungsrechtliche Verwendbarkeitsund Übereinstimmungsnachweisverfahren eingebunden. Die Bauprodukte sind in der vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin, bekanntgemachten Bauregelliste A geführt und müssen mit dem Übereinstimmungszeichen (Ü-Zeichen) gekennzeichnet sein. Damit sind die wärmeschutztechnischen Eigenschaften dieser Bauprodukte für ihre Verwendung eindeutig definiert und unterliegen einem baurechtlichen Nachweisverfahren. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 Beispiel: Wärmeschutz Die Bauordnungen enthalten Grundanforderungen an den Wärmeschutz baulicher Anlagen und z. T. Einzelanforderungen für Bauteile. Die Anforderungen dienen dem Schutz des Gebäudes vor klimabedingten Feuchteschäden und damit der Bauerhaltung sowie dem Gesundheitsschutz für die Bewohner (baulicher Wärmeschutz nach DIN 4108). Über diese Gewährleistung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen hinaus verlangt die auf der Grundlage des Energieeinsparungsgesetzes erlassene Wärmeschutzverordnung im Interesse der Energieeinsparung einen erhöhten baulichen Wärmeschutz. Behördliche Kontrolle: Baugenehmigungsverfahren und Bauabnahmen Im herkömmlichen Baugenehmigungsverfahren hat die Baurechtsbehörde zu prüfen, ob die öffentlich-rechtlichen Vorschriften eingehalten sind. Zu den materiell-rechtlichen Vorschriften gehören alle Vorschriften des öffentlichen Rechts, die Anforderungen an das Bauvorhaben enthalten, insbesondere – planungsrechtliche Vorschriften (BauGB, BauNVO, B-Plan); – bauordnungsrechtliche Vorschriften (LBO und Folgevorschriften); – sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften (z. B. Immissionsschutzrecht, Naturschutzrecht, Wasserrecht). Damit umfaßt die präventive Kontrolle auch die Einhaltung öffentlich-rechtlicher, ökologisch orientierter Vorschriften. Widerspricht das Vorhaben den einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften, so kann die Baugenehmigung nicht erteilt werden. Was die Bauausführung angeht, bleibt es dem Ermessen der Baurechtsbehörde überlassen, ob und in welchem Umfang sie Bauzustandsbesichtigungen bzw. Bauabnahmen durchführt. 19 Eigenverantwortlichkeit / Übertragung von Prüfaufgaben an Dritte Da behördliche Prüfungen nicht überall und umfassend möglich und nötig sind, sollten behördliche Kontrollen überall dort zurückgenommen werden, wo eine Erfüllung der Anforderungen auch ohne behördliche Kontrollen erwartet werden kann. Insbesondere das Modell der Eigenverantwortlichkeit hat über das sog. Baufreistellungsverfahren Eingang in die Bauordnungen der Länder gefunden. Bauplanungsrechtlich und bautechnisch einfachere Bauvorhaben werden demnach von der Genehmigungspflicht freigestellt. Im Geltungsbereich von qualifizierten Bebauungsplänen ist nur noch die Kenntnisgabe/Anzeige gegenüber der Gemeinde bzw. Baurechtsbehörde erforderlich. Der Bauherr bzw. sein Planverfasser übernehmen selbst die Verantwortung für die Einhaltung der öffentlich-rechtlichen Vorschriften. So hat der Planverfasser in Baden-Württemberg schriftlich zu bestätigen, daß sein Entwurf den öffentlich-rechtlichen Vorschriften entspricht. Bei „einfachen“ Vorhaben (insbesondere Wohngebäude geringer Höhe) kann ferner auf die Prüfung der Standsicherheits-, Wärmeschutz- und Schallschutznachweise verzichtet werden. Voraussetzung für einen Prüfverzicht ist allerdings, daß der Ersteller der einschlägigen Nachweise bestimmte Qualifikationsanforderungen aufweist. Bei schwierigeren Vorhaben (Wohngebäude mittlerer Höhe, Hochhäuser, Sonderbauten), bei denen auf eine bautechnische Prüfung nicht verzichtet werden kann, besteht die Möglichkeit, diese auf qualifizierte Sachverständige, wie etwa die Prüfingenieure, zu übertragen. Qualitätssicherung und „schlanker Staat“– ein Zielkonflikt? Bund und Länder haben sich verstärkt dem Ziel „schlanker Staat“ verschrieben; in vielen Bereichen wird staatliches Handeln im normativen und administrativen Bereich Schadstoffminderung im Städtebau 20 zurückgenommen. Andererseits werden immer neue Regelungen und Instrumente gefordert, um gerade im Umweltbereich höhere Standards zu erzielen. Da die neuen Baufreistellungsverfahren mit der Übertragung von bisher staatlichen Pflichten auf die am Bau Beteiligten sich bewährt haben, dürften weitere Initiativen zur Deregulierung, Privatisierung und Kostensenkung im Bauwesen folgen. Öffentlich-rechtliche Qualitätssicherung wird künftig verstärkt eigenverantwortlich durch private Beteiligte bzw. qualifizierte Sachverständige erfolgen müssen. Voraussetzung dafür sind möglichst einfache, vollzugstaugliche Vorschriften. Nur klare, praxisgerechte Vorgaben, Information und Aufklärung bieten die Gewähr, daß innovative Regelungen zur Schadstoffminderung bei den am Bau Beteiligten auf Akzeptanz stoßen und qualifiziert umgesetzt werden. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 21 Themenblock 2 Qualifizierung und Qualitätskontrolle bei Planung und Bauausführung Ergebnisse: Handlungsanforderungen: Druck von oben durch Verordnungen und Druck von unten durch Marktnachfrage zwingt die am Bau Beteiligten zur Qualifizierung – Durchführung von Initiativprogrammen der Aus- und Weiterbildung in der Stadt- und Regionalplanung zum städtebaulichen Klimaschutz sowie der Moderation und dem Management städtebaulicher Prozesse Nach dem erfolgreichen Schweizer Vorbild werden auch in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Berlin Impuls-Programme vor allem für die Planung und Ausführung von Niedrigenergiehäusern und das Stromsparen in Gebäuden durchgeführt. Die Inhalte werden den teilnehmenden Planern, Ingenieuren und Handwerkern dabei praxisnah von Fachleuten vermittelt sowie unter Verwendung von vielfältigen Anschauungsmaterialien und Simulationstechniken visualisiert. Durch Durchführung öffentlicher Energiediskussionstische oder die Etablierung von Stromsparlabel beim Verbraucher sind Beispiele für öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Aktivierung der Nachfrage nach mehr Klimaschutz im Städtebau. Die Einklagbarkeit von Qualitätsstandards, zum Beispiel der Luftdichtigkeit der Gebäudehülle nach DIN 4108, Teil 7, führt ebenfalls zu einer erhöhten Qualifizierungsbereitschaft der Architekten und Bauausführungen. Dabei ist das Zusammenspiel von Handlungsinstrumenten aus Gesetzen und Verordnungen (Sanktionen und Kontrollen) sowie baupraktischer Forschung, Förderanreizen und Beratungsinfrastrukturen (Information und Motivation) am wirkungsvollsten. Die Deregulierung im Planungs- und Bauwesen bedarf flankierender Maßnahmen zur Sicherung der Qualität Die Baupraxis widerspricht vielfach den Regelungen der Verordnungen des Bundes und der Länder, insbesondere auch beim Wärmeschutz. Durch die Deregulierung im Planungs- und Bauwesen ist zunächst eine Verstärkung dieser Diskrepanz zu erwarten. Die Stärkung der Eigenverantwortung bedarf demnach einer kontinuierlichen Weiterbildung und Information der am Bau Beteiligten. – Einrichtung eines Beratungsprogramms für Klimaschutz im Städtebau, gerichtet an Kommunen und regionale Planungsverbände, vergleichbar dem Förderprogramm des BMWi zur Energie-Vor-OrtBeratung – Aufbereitung neuer Gesetze und Verordnungen für die Akteure im Vollzug sowie Investoren/Nutzer (Marktnachfrage) zur Verbreitung des Standes der Technik – in Verbindung mit Kammern und Verbänden ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 23 Themenblock 3 Qualifizierung und Qualitätskontrolle bei Planung und Bauausführung Referate: – Solarunterstützte Nahwärmeversorgung in Neubausiedlungen Prof. Dr.-Ing. Norbert Fisch, TU Braunschweig – Solare Optimierungspfade für Neubausiedlungen: Modellvorhaben Saarbrücken-Franzenbrunnen Jost Eberhard, Heide & Eberhard, Bonn – Solarsiedlung und Wirtschaftlichkeit aus der Sicht des Investors: Freiburg-Schlierberg Wilfried Rahe, Immoconsult, Freiburg im Breisgau – Möglichkeiten der Schadstoffminderung im Verkehrsbereich in städtebaulichen Wettbewerben Gisela Stete, Büro Frank und Stete, Darmstadt – Anforderungen an den Verkehr im Städtebau: Ergebnisse aus dem ExWoSt-Forschungsfeld „Städtebau und Verkehr“ Gerd Würdemann, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – Engagement für Qualitäten zwischen Neubau und Sanierung: Stadtkernsanierung in Nauen Silvia Weiß, Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft mbH, ASUM Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Mieterberatung gGmbH, Berlin – Motivation eines Wohnungsunternehmens zur Erschließung hoher Schadstoffminderungspotentiale in Alt- und Neubau Helmut Asche, Prokurist, Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft Berlin mbH – Einsatz von Kontrollinstrumenten im Rahmen privatwirtschaftlicher Betreibermodelle Dr. Klaus Müschen, Energieleitstelle beim Senat für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie, Bonn – Neues Industrielles solares Bauen in Fertigbauweise Achim Zielke, Pressesprecher des Deutschen Fertighausbaus Der dritte Themenblock wurde der Qualitätssicherung in den verschiedenen städtebaulichen Handlungsbereichen unter dem Aspekt der Schadstoffminderung gewidmet. Die einzelnen Handlungsbereiche reichen von der solaren Energienutzung in der Stadtplanung und Architektur, den Anforderungen an den Stadtverkehr und die Altbausanierung bis zu zielführenden Energieversorgungs- und Contractinglösungen. Neue Qualitäten des solaren Bauens durch industrielle Vorfertigung haben diesen Themenblock abgeschlossen und zur Besichtigungsfahrt zu den „ÖvolutionsHäusern“ der Firma WeberHaus übergeleitet (s. Exkursion 2). Handlungsbereiche im Rahmen des Leitbildes der „Nachhaltigen Stadtentwicklung“ Quelle: BMBau (Hrsg.): Klimaschutz und Städtebau – Mehr Klimaschutz durch städtebauliche Wettbewerbe, Bonn o.J. Nachhaltige Stadtentwicklung Gestalt Funktion Umwelt Städtebau Verkehr – verträgliche Dichte – Funktionsmischung – Polyzentralität – Vorrang für den Umweltverbund – push & pullMaßnahmen Soziales Ökonomie Energieversorgung – effiziente Energieversorgung – Energieträger-Substitution (CO2-arm) – Nutzung regenerativer Energien Bautechnik und -physik GebäudeTypologie – Kompaktheit – Orientierung, aktive und passive Solarnutzung – keine Verschattung (- Wärmeschutz) Schadstoffminderung im Städtebau Schadstoffminderung im Städtebau 24 Solarunterstützte Nahwärmeversorgung in Neubausiedlungen Prof. Dr.-Ing. Norbert Fisch TU Braunschweig – Institut für Gebäude und Solartechnik Mühlenpfordstraße 23 38106 Braunschweig Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Gebäude und Solartechnik Heßbrühlstraße 15 70656 Stuttgart Die Nutzung der Sonnenenergie zur Beheizung von Wohnsiedlungen ist weder technisch noch finanziell utopisch, wie die ersten drei in Betrieb befindlichen solaren Großanlagen mit Langzeit-Wärmespeicher, die zur Erzielung eines 50 bis 70 %igen solaren Deckungsanteils erforderlich sind, in Deutschland zeigen. Die Entwicklung, Planung, Bau und Erprobung dieser Speicher war ein Schwerpunkt der Pilotprojekte, die im Rahmen des BMBFFörderprogramms SOLARTHERMIE 2000 (Teilprogramm 3 „Solare Nahwärme“) gefördert wurden. Diese sind in Friedrichshafen und Hamburg seit Ende 1996 und in Neckarsulm-Amorbach seit November 1997 in Betrieb.1 Pilotprojekte „Solarunterstützte Nahwärmeversorgung mit Langzeit-Wärmespeicher“ Das Wohngebiet in Hamburg besteht aus 124 Reihenhäusern. Das Gebiet in Friedrichshafen setzt sich aus acht vierstöckigen Gebäudeblöcken mit ca. 580 Wohneinheiten zusammen. Beiden Projekten gemeinsam ist ein Heißwasserspeicher, der Kollektorfelder auf den Mehrfamilienhäusern in Friedrichshafen als eingegrabener Betonbehälter realisiert wurde. Die Investitionskosten für das komplette Solarsystem betragen in Friedrichshafen rund 11 000 DM pro Wohneinheit, die solaren Wärmepreise liegen bei 30 bis 40 Pf/kWh (ohne Förderung) und damit doppelt so hoch wie bei großen Systemen ohne Langzeit-Wärmespeicher. Dies macht deutlich, daß ein Bedarf an günstigen Speicherkonzepten besteht und hier weitere Forschungs- und Entwicklungsarbeit geleistet werden muß.2 Ein weiteres Speichersystem stellt der KiesWasserspeicher mit 8 000 m³ Volumen (entspricht 5 300 m³ Wasseräquivalent) dar. Hier übernimmt die Kiesfüllung die tragende Funktion, daher sind keine seitlichen Betonwände erforderlich. Die Dichtheit des Speichers wird durch eine 2,5 mm dicke PE-HD-Folie gewährleistet. Die Baukosten des Kies/Wasser-Wärmespeichers in der Pilotanlage Solaris Chemnitz lagen bei etwa 280 DM/m³ (Wasseräquivalent).3, 4 Zur Senkung der Kosten bei der Installation thermischer Solaranlagen entwickeln gegenwärtig einige Hersteller sogenannte ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 25 Kollektordächer, die Kollektor und Dach inklusive Sparren und Wärmedämmung als integriertes Bauteil enthalten. Diese Fertigdachelemente werden im Werk komplett gefertigt und mit dem Kran auf das Haus gelegt. Mit diesem Konzept lassen sich die Montagezeiten drastisch reduzieren und rund 20 bis 30 % Kosteneinsparung erzielen. Zukünftige Projekte und Schlußfolgerung Gegenwärtig sind weitere Demonstrationsprojekte in Planung bzw. Vorbereitung, unter anderem in Hannover-Kronsberg, Rostock, Berlin und Bielefeld. Im Zuge dieser Projekte soll die Systemtechnik für große Solaranlagen weiterentwickelt werden. Inbesondere sollen neue Wärmespeicherkonzepte (z. B. Aquifere) entwickelt und erprobt werden. Welcher Speichertyp – Heißwasserbecken, vertikale Erdsonden oder Aquifer – am günstigsten ist, wird bestimmt von der örtlichen Hydrogeologie, der Projektgröße und den Baukosten. Die Erdsonden- und Aquifer-Wärmespeicher erfordern einige 10 000 m³ Volumina, denn die Seitenwände und meist auch die Decke können nicht wärmegedämmt werden. So kommen diese Speichertypen erst bei Wohngebieten mit mindestens 600 bis 800 Wohneinheiten (je nach Wärmedämmstandard der Gebäude) in Frage, während Erdbeckenspeicher bereits für Siedlungen ab rund 100 bis 150 Wohneinheiten eingesetzt werden können. Der Bau neuer solarunterstützter Nahwärmesysteme mit fortschrittlichen oder neuen saisonalen Speicherkonzepten, eine Weiterentwicklung an den Flachkollektoren und eine Verbesserung der Systemtechnologie werden der thermischen Sonnenenergie in Zukunft einen breiten Markt eröffnen. Die Wohnsiedlungen, die wir heute planen und bauen, sollten mit einer zukunftsorientierten und flexiblen Energieversorgung ausgerüstet werden. Bei der Erstellung von Bebauungsplänen bzw. der Auslobung von städtebaulichen Wettbewerben wird leider immer noch einer Solarisierung zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. In diesem Stadium der Planung von Wohnsiedlungen lassen sich ohne Mehraufwand Energieeinsparungen von 5 bis 15 % erzielen. Die heute noch oft realisierten Einzelheizungen in Verbindung mit einer Gasversorgung genügen im Vergleich zu einer Nahwärmeversorgung nicht dem Anspruch einer flexiblen Brennstoffwahl oder dem kostengünstigen Einsatz regenerativer Energieträger in der Zukunft. (1) Schulz, M.E.; Seiwald, H.; Fisch, M. N.: Central solar heating plants with seasonal storage, The first pilot plants in Germany. 4th Europeaan Conference on Solar Energy in Architecture and Urban Planning, Berlin, March 1996; S. Stephens & Associates, United Kingdom (2) Guigas, M.; Kübler, R.; Lutz, A.; Schulz, M. E.; Fisch, M. N.; Hahne, E.: Solar unterstützte Nahwärmeversorgung mit und ohne Langzeitwärmespeicherung. Forschungsbericht zum BMBF-Vorhaben 032 - 8867 C, Institut für Thermodynamik und Wärmetechnik (ITW), Universität Stuttgart, 6/1995 (3) Urbanek, T.: Solarunterstützte Nahwärmeversorgung – Pilotanlage SOLARIS Chemnitz Statusbericht, Solarunterstützte Nahwärmeversorgung – Saisonale Wärmespeicherung Neckarsulm, 1998, im Druck, Steinbeis TZ/EGS, Stuttgart (4) Pfeil, M.; Koch, H.; Hahne, E.: Solaranlagen mit Langzeitwärmespeicher zur Heizungsunterstützung und Brauchwassererwärmung Otti-Technologie-Kolleg, 7. Symp. Thermische Solarenergie, Tagungsband, S. 350 Daten der Wohngebiete und Solaranlagen in Hamburg, Friedrichshafen und Neckarsulm Wohngebiet HamburgBramfeld FriedrichshafenWiggenhausen NeckarsulmAmorbach II Gebäudetyp Reihenhäuser Mehrgeschoß Mehrgeschoß Anzahl der Gebäude/Wohnungen Gesamte Wohnfläche m2 124/124 14 800 8/586 39 500 noch im Ausbau noch im Ausbau Wärmedämmstandard Gesamtgasverbrauch (Ref. ohne Solar) bezogen auf Wohnfläche MWh/a kWh/(m2*a) Hamburg ‘92 1 686 114 20 % u. WSVO ’95 4 106 104 25 % u. WSVO ‘95 im Ausbau im Ausbau Kd kWh/(m2*a) 3 837 978 3 717 1 177 --- Kollektorfläche Speichervolumen Vor-/Rücklauftemperatur Gasverbrauch (mit Solar) m2 m3 ºC/ºC MWh/a 3 000 4 500 60/30 860 5 600 12 000 70/40 2 191 5 700 55 000 70/40 -- bezogen auf Wohnfläche Solarer Deckungsanteil kWh/(m2*a) % 58 50 55 47 44 51 Klima Heizgradtage Globalstrahlung in Horizontalebene Solaranlage Schadstoffminderung im Städtebau 26 Solare Optimierungspfade für Neubausiedlungen – Modellvorhaben Saarbrücken - Franzenbrunnen – Jost Eberhard Planungsbüro Heide & Eberhard Prinz-Albert-Straße 24 53113 Bonn Energieorientiertes Bauen fängt mit den geeigneten städtebaulichen Vorgaben an und reicht über den Gebäudeentwurf und die Bauphysik bis hin zu der versorgungstechnischen Ausführung eines Gebäudes. In den folgenden sieben Thesen werden die notwendigen Anforderungen an städtebauliche Vorgaben beschrieben. 1 Energienutzen und Energiesparen beim Neubau Die energie- und schadstoffrelevanten Wirkungen des Bauens müssen frühzeitig bei der städtebaulichen und der baulichen Planung sowie der technischen Ausführung berücksichtigt werden. Häufig wird der Anspruch z.B. an behagliches Wohnen einseitig mit Technik und Energiezufuhr gewährleistet und die damit verbundenen Umweltbelastungen als gegeben hingenommen. Der Mangel an Energiebewußtsein bei der städtebaulichen Planung und beim architektonischen Entwurf kommt zustande, weil er scheinbar leicht durch Technik und Energiezufuhr ausgeglichen werden kann. Umweltbelastungen infolge unterschiedlicher Entscheidungen bei der Wahl der Technik und der Energieverwendung Mehr Technik, mehr Fremdenergie … Fensterlose Räume Eher 10 t/a Co2 pro Haushalt (ohne Auto) Träge Heizung Dauerlüften Heizenergie Beleuchtung: Strom Lüften Behagliches Wohnen Frische Luft Kontrollierte Lüftung Wärmerückgewinnung Wärmezufuhr Passivorientierung, Dämmung Licht, Komfort … Umweltbelastung Neubauwohnung ? Sonnenorientierung, Zonierung der Nutzungen Flinke Heizung, Kollektoren Variabler Sonnenschutz, PV-Anlage Eher 2 t/a Co2 pro Haushalt (ohne Auto) optim. Baukonzept, Solarenergie … Der Städtebau nimmt großen Einfluß auf Art und Umfang der Energieverwendung und der Solarenergienutzung. Durch Festlegungen in der Bauleitplanung, insbesondere in den Bebauungsplänen, kann das Neubaugeschehen in eine gewünschte Richtung gelenkt werden. Aus der Folge von Einzelentscheidungen können sich in der Summe erhebliche Unterschiede ergeben, obwohl bei dem subjektiv empfundenen Nutzen kein Unterschied zu verzeichnen ist. 2 Städtebauliches Erschließungskonzept und solares Bauen Die Entscheidung für ein bestimmtes Erschließungskonzept ist häufig das Rückgrat einer städtebaulichen Entwurfsidee. Es wirkt sich unmittelbar auf die Orientierung von Gebäuden und Grundrissen und damit auf die Eignung für eine aktive und passive Solarenergienutzung aus. Vor allem sind Ost-West-orientierte Gebäudezeilen zu kritisieren. Sie führen in Verbindung mit traufständiger Bauweise und einer Bebauung beiderseits der Straße zu Mängeln, die durch eine nachträgliche Firstdrehung nicht behoben werden können. Bei südorientierten Gebäudeanordnungen wird dagegen nicht immer auf eine Vermeidung von Verschattungen und eine geeignete Dachneigung für eine aktive Solarenergienutzung geachtet. Bei einer bewußten Auswahl des geeigneten Erschließungsprinzips ist es möglich, ein Konzept zu verfolgen, das eine energieorientierte Bauweise optimal unterstützt, den Erschließungsaufwand vermindert und die Spielräume einer ökologisch verträglichen Architektur vorzeichnet. Dabei gilt es, die qualitativen Wechselwirkungen zwischen der städtebaulichen Erschließung und den Zielen der Energieeinsparung und der Solarenergienutzung gegeneinander abzuwägen. So kann der bewußte Verzicht auf eine ganzjährige Verschattungsfreiheit durch eine höhere Nutzungsdichte und niedrigere Herstellungskosten aufgewogen werden, wenn die übrigen energetischen Rahmenbedingungen optimal gelöst werden. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 3 Städtebauliche Nutzungsdichte und geeignete Gebäudetypen Für eine optimale solare Nutzung beim Neubau ist die Festlegung der gewünschten städtebaulichen Nutzungsdichte, die Auswahl und die sorgfältige architektonische Gestaltung geeigneter Gebäudetypen notwendig. Mit Blick auf die Energieeinsparverordnung, die nochmals steigende Qualitätsanforderungen an den Wärmeschutz und die Energiebereitstellung bringt, stellen sich zwei Fragen: ñ Wie sollen vermeintliche Mehrkosten eines energiesparenden, solaren Bauens verkraftet werden, wenn zuerst einmal „wie gehabt“ geplant und entworfen wird und am Ende zusätzliche Anforderungen erfüllt werden müssen? – Liegt in einer frühzeitigen Integration von Energie, Verkehr und Umwelt in die städtebauliche Planung die Chance, zum Vorteil aller Beteiligten besser, kostengünstiger und zukunftssicher zu bauen? Beispiele aus dem aktuellen Baugeschehen belegen, daß sich sowohl im verdichteten Flachbau als auch im Geschoßbau städtebauliche und architektonische Optimierungsmöglichkeiten, die sich bei einer sorgfältigen Ausgestaltung in Richtung Sonnenorientierung, Kompaktheit und Verbesserung des A/V-Verhältnisses erzielen lassen. 4 Zukünftige Perspektiven der solaren Versorgung im Neubau Konventionelle Versorgungslösungen führen bei einem künftig weiter abnehmenden Raumwärmebedarf im Neubau nicht mehr zum Ziel. Tragfähige Zukunftslösungen sind erzielbar, wenn integrierte Konzepte (Städtebau, Architektur, Haustechnik und Energieversorgung) an den Beginn der Planung gestellt werden. Bei einem Jahresheizwärmebedarf von nur noch 35 kWh/m²*a Wohnfläche (oder weniger), also einem Niedrigenergie-Standard bei verdichteter Bauweise, sinkt die Wärmedichte so stark, daß eine leitungsgebundene Versorgung nach herkömmlichen wirtschaftlichen Kriterien nicht mehr möglich ist. Mit den heute gegebenen Mitteln des Baurechts kann eine Niedrigenergiebauweise oder bestimmte Brennstoff- sowie Elektrokennziffern oder eine aktive Sonnenenergienutzung in der Bauleitplanung nicht verankert werden. Hier braucht es neue in- 27 strumentelle Ansätze, wie eine Mischkalkulation im Wärmemarkt etwa nach dem Muster der kostendeckenden Einspeisevergütung für Solarstrom. 5 Den Neubau auf die Zukunft vorbereiten Tragfähige Lösungen für solares Bauen können teilweise direkt realisiert werden, müssen z.T. auch nur für die Zukunft gesichert werden. Notwendig ist in jedem Fall ein geeigneter rechtlicher Rahmen. Im Hinblick auf rechtliche Festlegungen können Städte und Gemeinden derzeit bereits in der Bauleitplanung besondere Anforderungen an eine energiesparende, solare Neubautätigkeit stellen, z. B. indem sie vorsehen, daß – Gebäude und geneigte Dächer zur Sonne hin ausgerichtet werden, – Baugebiete auf sonnenarmen Nordhängen vermieden werden oder – Vorgaben zur Bepflanzung eine Winterverschattung der Gebäude verhindern. Konkrete Qualitätsziele für solare Nutzungen bzw. wirksame örtliche Klimaschutzpolitik können die Kommunen aber bei der Aufstellung von Bebauungsplänen nicht vorgeben. Hier fehlen den Kommunen klare Regelungsbefugnisse. 6 Städtebauliche Instrumente für Solarenergie beim Neubau Eine Orientierung des Städtebaus am Ziel der solaren Nutzung wird nur dann optimal gelingen, wenn städtebauliche Planung und Verfahren durch innovative Instrumente ergänzt werden. Im Saarland beispielsweise sieht die novellierte Landesbauordnung vor, daß ergänzend zur Wärmeschutzverordnung eine bestimmte Zahl von „Ökopunkten“ aus einer zur Wahl stehenden Liste von ergänzenden Optimierungsmaßnahmen zu erbringen ist. Der Bauherr kann anhand dieser Liste individuell Vorteile und Profitchancen prüfen und Anregungen aufnehmen. Im Ergebnis kann der Qualitätsstandard der Neubauten in vielfältiger Weise angehoben werden. Schadstoffminderung im Städtebau 28 7 Wirtschaftliche Vergütung im solaren Wärmemarkt Mehr aktive Solarenergienutzung beim Neubau kann nur durch eine bessere Vergütung im Wärmemarkt in Gang gesetzt werden. Sowohl die traditionelle energiewirtschaftliche Mischkalkulation als auch das Modell der kostendeckenden Einspeisevergütung für Solarstrom weisen den Weg dorthin. Bei der energiewirtschaftlichen Mischkalkulation vergleichbar der Strom- und Erdgasversorgung, stehen relativ wenige Tarife einer Vielzahl unterschiedlich kostenintensiver Produktionsarten gegen- über. Eine vergleichbare Regelung für Niedertemperaturwärme aus solarthermischen Anlagen ist derzeit jedoch noch nicht vorstellbar. Eine tragfähige Weiterentwicklung der örtlichen Energieversorgung könnte u.a. darin liegen, die kostendeckende Einspeisevergütung auch im Wärmemarkt offensiv anzuwenden. Mit einer kostendeckenden Vergütung, die auf alle Wärmekunden im Versorgungsgebiet umgelegt wird, läßt sich dagegen der Markt heute noch nicht einzelnen wirtschaftlichen solaren Versorgungsmodellen öffnen. Solarsiedlung und Wirtschaftlichkeit aus der Sicht des Investors Wilfried Rahe Immoconsult Rathausgasse 2 79098 Freiburg Innovative und zukunftsfähige Siedlungskonzepte gehören zu den wesentlichen Zukunftsaufgaben. Gefragt ist die zielstrebige Umsetzung ästhetisch ansprechender, ökologisch ausgerichteter und ökonomisch sinnvoller Gesamtsysteme. Häuser mit innovativer und ressourcenschonender Solar- und Gebäudetechnik müssen als Teil eines ganzheitlichen Siedlungskonzeptes bezahlbar und kostengünstig zu betreiben sein. Diesen Anspruch erfüllt die „Solarsiedlung am Schlierberg“. Erstmals in Deutschland wird mit ca. 126 Reihenhäusern in 24 Reihenhauszeilen eine kostengünstige Reihenhausanlage erstellt, die durch passive Solarenergie, aktiven Photovoltaik-Einsatz, ein ökologisches Sanitär- und ein konsequentes Gebäudekonzept eine positive Jahres-Energiebilanz aufweist. Ergänzt wird das städtebauliche Konzept durch das Sonnenschiff, einem Wohn- und Dienstleistungsgebäude entlang der westlichen Siedlungsgrenze, das einen großen Teil der auszuweisenden Stellplätze der Siedlung beherbergen und als Schallschutz dienen wird (siehe Abb. 1). Im Sonnenschiff sind 62 Wohnungen sowie 26 Gewerbeeinheiten mit insgesamt 4 700 m² Nutzfläche geplant. Das Gesamtkonzept Die 148 Reihenhäuser im „Plusenergiehaus-Konzept“ (davon 22 Penthäuser auf dem Sonnenschiff) entsprechen einem flächensparenden, energiegewinnenden und kostenminimierenden Doppel-/ Reihenhauskonzept. Die Südseite der Dachterasse wird von einem aus Photovoltaikmodulen bestehenden Solardach überschattet. Das „Plusenergiehaus“ hat eine erhöhte Wärmedämmung und wird unter Verwendung von besonderen Wärmeschutzisolierverglasungen errichtet. Durch weitere Maßnahmen wird eine optimale Ausnutzung der eingesetzten Heizenergie und der Sonnenenergie ermöglicht (Lüftungs-Heizungssystem mit Wärmerückgewinnung, nutzungsabhängiger Einzelraumregelung, Warmwasseranschlüsse für Spül- und Waschmaschine). Die Warmwasserversorgung erfolgt über eine Nahwärmeversorgung, gespeist aus zentraler Sonnenkollektoranlage mit 500 m² Kollektorfläche und einem Blockheizkraftwerk. Um den Reihenhäusern die nicht solar abgedeckte restliche Energie zuzuführen bzw. die notwendigen Entsorgungsleistungen auf möglichst umweltschonendem Wege zu garantieren, sind folgende weitere Maßnahmen und Einrichtungen vorgesehen: ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 29 Abbildung 1 Siedlungskonzept „Solarsiedlung am Schlierberg“ Quelle: Informationsbroschüre zum Projekt „Solarsiedlung am Schlierberg“, Freiburg; INSTAGUnternehmensgruppe – Eine Vakuumanlage erzeugt im Fäkalleitungssystem einen Unterdruck. Flüssige und feste Abfälle können so mit weitaus weniger Wasserverbrauch (knapp 1 Liter pro Spülgang) transportiert werden. Ferner gelangt in Toiletten und Waschmaschinen Regen- statt Trinkwasser zum Einsatz. – Biogasgenerator zur Nahwärmeversorgung. Für die „Solarsiedlung am Schlierberg“ ist ein zentraler Biogasgenerator geplant, der zum einen durch das Vakuumsystem versorgt wird, zum anderen auch mit kompostierbaren Küchen- und Gartenabfällen wie Rasen- und Heckenschnitt gespeist wird. Das unter weitgehendem Luftabschluß gewonnene Biogas wird in einem kleinen – Blockheizkraftwerk zu nutzbarer Wärmeenergie für die Versorgung der Siedlung verwandelt. Der organische Rest aus dem Biogasgenerator kann als wertvoller Dünger in der Landwirtschaft eingesetzt werden. Das Verkehrskonzept sieht vor, durch eine verkehrsberuhigte Gestaltung der Straßen und mehrfach genutzten Sammelgaragen (im „Sonnenschiff“) sowie vielfältigen Angeboten rund um den Umweltverbund die Immobilie mobil zu machen. Als Realisierungszeitraum werden die kommenden zwei Jahre bis 2000 veranschlagt. Das „Plusenergiehaus“ Neben dem Energiegewinn durch eine konsequente Solararchitektur zeichnet sich das „Plusenergiehaus“ durch die Modulbauweise aus. Die Haustypen eignen sich für ein-, zwei- oder dreiseitige Grenzbebauungen und können flächensparend zu Doppel- und Reihenhäusern gruppiert werden. Je nach Anforderung können die aus vorgefertigten Bauteilen gebildeten Einheiten gestapelt werden, so daß zwei- oder mehrgeschossige Häuser entstehen. Bevorzugt werden nachwachsende und recyclingfähige Materialien, insbesondere Holz. Durch die Verlagerung weiter Teile der Arbeiten von der Baustelle in die Werkstatt und den hohen Vorfertigungsgrad werden große Präzision und damit Bauwerke mit hoher Qualität erzielt. Durch die Modulbauweise und das energetische Konzept kann so einerseits der Kostenrahmen eines konventionell errichteten Einzel-, Doppel- oder Reihenhauses eingehalten werden, andererseits ist das Gebäude energetisch so ausgelegt, daß im Jahresmittel eine positive Bilanz erreicht wird und damit eine signifikante Kostenersparnis bei den laufenden Bewirtschaftungskosten verbunden ist. Der berechnete Heizenergiebedarf nach dem voraussichtlichen Freiburger-Passivhaus-Wärmeschutznachweis erreicht für Schadstoffminderung im Städtebau 30 die „Plusenergiehäuser“ zwischen 8 und 12 kWh/m² und Jahr bei Reihenmittelhäusern bzw. 10 und 24 kWh/m² und Jahr bei Reihenendhäusern. Die Preis- und Kostensituation stellt sich am Beispiel eines zweigeschossigen Standardhauses mit ausgebauten Dachgeschoß (insgesamt 119,10 m² Wohnfläche) folgendermaßen dar (siehe Abb. 2): Abbildung 2 Detail der „Solarsiedlung am Schlierberg“ Quelle: Informationsbroschüre zum Projekt „Solarsiedlung am Schlierberg“, Freiburg; INSTAG-Unternehmensgruppe Kaufpreis davon 716 858 DM Grundstücksanteil Grundstück (ca. 143 m2) Erschließung und Hausanschlüsse Außenanlagen 174 800 DM 23 220 DM 26 396 DM 224 416 DM davon Hausanteil Haus davon Anteil für DG-Ausbau PV-Anlage Grundversion (3,68 kWp) 431 631 DM 49 000 DM 60 811 DM 492 442 DM Mehrkosten PV-Vollausbau (5,06 kWp) 14 634 DM Preis DM/m2 Wohnfläche bezogen auf Hausanteil 4 135 DM/m2 Preis DM/m2 Wohnfläche bezogen auf Gesamtkaufpreis 6 019 DM/m2 Diese Preise entsprechen der Obergrenze der in Freiburg i.Br. üblichen Immobilienpreisen. Allerdings ist das ökologische Sanitärkonzept derzeit nur mit Fördermitteln für ein Publikum mit entsprechenden hohen Ansprüchen realisierbar. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 31 Möglichkeiten der Schadstoffminderung im Verkehrsbereich in städtebaulichen Wettbewerben Einführung Die Planung und Realisierung neuer Stadtquartiere gehört zu den zukunftsbedeutsamen Aufgabenfeldern von Stadtentwicklung, die die Möglichkeit bieten, Schadstoffminderung „von Anfang an” zu thematisieren. Das gilt auch bzw. gerade für den Verkehrsbereich. Auf der Ebene von Stadtquartieren gilt es, die Vorteile kompakter, nutzungsgemischter Strukturen verbunden mit attraktiven Angeboten für die Verkehrsmittel des Umweltverbundes und der Möglichkeit zum Verzicht auf die Autonutzung als Wert zu begreifen und die Planung daran zu orientieren. Städtebauliche Wettbewerbe, die in der Regel den Auftakt zur Realisierung eines neuen Stadtquartiers bilden, bieten die Chance zur frühzeitigen, direkten und konsequenten Berücksichtigung energie- relevanter Planungskriterien, da über die festgelegten Strukturen und Prinzipien eine hohe oder eine geringe Schadstoffbelastung zu erwarten ist. Gisela Stete Frank + Stete Büro für Stadtplanung und Verkehrsplanung Sandbergstraße 65 64285 Darmstadt Grundlagen Die spezifischen Kfz-Schadstoffemissionen in einem (Stadt-)Gebiet werden durch sich wechselseitig beeinflussende stadtstrukturelle, geographische, wirtschaftliche, fahrzeugtechnische und verhaltenspsychologische Faktoren sowie verkehrspolitische Rahmenbedingungen bestimmt (siehe Abb.). Im wesentlichen sind Stadt(teil)struktur und Verkehrsinfrastruktur bzw. Verkehrsnetze mit planerischen Mitteln und Instrumenten zu lenken, die i.d.R. im Rahmen des städtebaulichen Wettbewerbs bearbeitet werden. Der lokalen Handlungsebene Ausgewählte Einflußfaktoren auf die spezfischen Kfz-Schadstoffemissionen in Städten Straßennetz Kapazität, Maschendichte, Gestalt, Raumwiderstand, Dichte, Gestaltung, . . . Wirtschaftsstruktur Konzentrationsgrad, Fertigungstiefen, Anteile primärer, sekundärer, tertiärer Sektor, . . . Stadt-/Siedlungs-/Raumstruktur Fläche, Flächennutzung, Funktionsmischung (Gelegenheitsverteilung), Einwohnerzahl, Einwohnerdichte, . . . Lagebedingungen, Topographie Verkehrsverhalten der Bevölkerung Benutzungsstruktur der Verkehrsmittel (modal-split), Verhaltensweisen im MIV (Fahrzeugauslastung, Fahrweise etc.), Nachfrage der Angebote im Umweltverbund, Mobilitätsverhalten, . . . Verkehrsbetrieb des MIV Verkehrsleitsysteme des fließenden und ruhenden Verkehrs, Verkehrsorganisation, Stellplatzsituation, . . . spezifische Kfz-Schadstoff-Emissionen einer Stadt / Siedlung Verkehrspolitik Priorisierungen, Öffentlichkeitsarbeit monetäre Steuerungsinstrumente (bei Kfz- und Kraftstoff-Steuer, Verwendung von Ablösesummen, Parkraum- und Straßenbewirtschaftung, Zuschüsse für Umweltverbund etc.), gesetzliche Regelungen (Stellplatzsatzung etc.), . . . Fahrzeug-Parameter technisch-konstruktive Bedingungen (energetischer Wirkungsgrad, Verhältnis Nutzlast/Fahrzeugmasse, . . .) Betriebszustand, Katalysatoreinsatz, . . . Frank + Stete, Darmstadt Verkehrsnetze des Umweltverbundes Bedienungsqualität und Erschließungsgrad des ÖPNV, Maschenweite von Rad- und Fußverkehrsnetzen, Sicherheit der Netzelemente, Veknüpfungen untereinander, . . . mit planerischen Mitteln und Instrumenten zu beeinflussen mit planerischen Mitteln und Instrumenten nur bedingt oder indirekt zu beeinflussen mit planerischen Mitteln und Instrumenten nicht zu beeinflussen Quelle: Stete, G.: Möglichkeiten und Grenzen der Schadstoffminderung im Verkehrsbereich; in: Inform. z. Raumentwickl., (1997) H. 4/5, S. 233 Schadstoffminderung im Städtebau 32 Stadt- und Verkehrsplanung kommt somit eine wesentliche Rolle bei der Schadstoffminderung im Verkehrsbereich zu. Die Strategien zur Emissionsminderung im Verkehr lassen sich überwiegend unter den sog. “drei V” – Vermeidung, Verlagerung und Verträgliche Abwicklung – zusammenfassen, wobei eine integrative Betrachtung von Siedlungsplanung und Verkehrsplanung Grundvoraussetzung für diesen Handlungsansatz ist: – Verkehrsvermeidung zielt über bestimmte räumliche Anordnungsstruktur auf die Reduzierung von motorisiertem Individualverkehr durch die Verkürzung von Wegelängen und der Bildung von Wegekettenbildung. – Verkehrsverlagerung bedeutet, daß Wege anstatt mit dem Privat-Pkw mit schadstofffreien oder schadstoffärmeren Verkehrsmitteln (zu Fuß, mit dem Rad, mit öffentlichen Verkehrsmitteln) zurückgelegt werden. – Verträgliche Abwicklung zielt auf den Verkehrsanteil, der sich weder vermeiden noch verlagern läßt, sondern mit gezielten Strategien wie z.B. flächenhaften Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung und Hierarchisierungs- und Zonierungskonzepten stadtverträglicher zu gestalten ist. Aspekte der Stadtplanung und des Städtebaus Für den Verkehr und seine Reduzierungspotentiale auf Stadtteilebene sind folgende stadtplanerischen und städtebaulichen Einflußgrößen relevant: – Lage und Größe des Gebietes: Innenstadtnahe Gebiete weisen kurze Wege und eine gute ÖPNV-Erschließung auf, der MIV beeinträchtigt aber Wohnqualität und den nicht-motorisierten Verkehr. Periphere Lagen dagegen weisen längere Wege zu allen Zielen außerhalb des eigenen Stadtteils auf. Bei neuen Gebieten besteht die Chance, einen Stadtteil von vornherein konsequent mit MIV-reduzierender Zielsetzung zu planen. Voraussetzung dafür ist die infrastrukturelle Autonomie eines Stadtteils, was eine Mindestgröße von ca. 8 000 bis 10 000 Einwohnern erfordert. – Art und räumliche Verteilung der Nutzungen (Nutzungsmischung): Die Nutzungsmischung im Quartier ist auf die Bedürfnisse und die Größenordnung der Wohnbevölkerung abzustimmen, weshalb der „Zwang“ zur Pkw-Benutzung durch eine sinnvolle Nutzungsmischung abgebaut werden kann. – Dichte oder Kompaktheit des Gebietes: Kompakte Stadtteile mit höherer Bebauungsdichte erzeugen weniger verkehrsbedingte Emissionen als flächenintensive Stadtteile mit geringer Bebauungsdichte. Deshalb entsprechen verkehrssparsame Siedlungsstrukturen immer auch den Zielen eines ressourcenschonenden und umweltverträglichen Städtebaus. Aspekte des Verkehrs Im Rahmen von Entwürfen für Stadtquartiere ist im Verkehrsbereich eine differenziertere Betrachtung erforderlich; hier sind die Netze der verschiedenen Verkehrsmittel getrennt zu behandeln sowie die Priorisierung einzelner Verkehrsmittel in den verschiedenen Stufen der Binnenerschließung zu beachten. Im Binnenverkehr eines Stadtteils und für Wege in benachbarte Stadtteile und in die Landschaft stellt der Fuß- und Radverkehr die wichtigste Alternative zum Kfz-Verkehr dar. Das Fuß- und Radverkehrsnetz sollte das Hauptgerüst der inneren Erschließung sein, wobei – alle wichtigen Ziele auf möglichst kurzen, direkten Wegen miteinander zu verknüpfen sind, – das Hauptverkehrsnetz für Fußgänger und Radfahrer weitestgehend vom MIV freizuhalten ist, – die Durchgängigkeit des Netzes zu gewährleisten ist, – eine ausreichende Dimensionierung der Fuß- und Radverkehrsflächen sowie weiterer möglicher Funktionen wie Kinderspiel oder Aufenthalt zu gewährleisten ist, – die Wege durch Bereiche mit hoher Aufenthaltsqualität und sozialer Kontrollmöglichkeit zu führen sind. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 Dem ÖPNV kommt als Alternative zum Pkw im Ziel- und Quellverkehr eine besondere Bedeutung zu. In einem neuen Stadtquartier muß das ÖPNV-Angebot rechtzeitig vorhanden und attraktiv sein. Es zeichnet sich aus durch: – möglichst zentrale Erschließung des Stadtteils, mit direkter Anbindung der Bereiche mit Wohnfolgeeinrichtungen, – eigene Trassen oder Netzelemente (Busspuren, separater Gleiskörper für Straßenbahn etc.), – kurze Wege zur Haltestelle zu Fuß und mit dem Fahrrad (max. 400 m), – Lage der Haltestelle in belebtem Umfeld, – gute Zugänglichkeit der Haltestelle, d.h. direkt, barrierefrei, bequem und übersichtlich, – Aufenthaltsflächen, Wetterschutz sowie Fahrradabstellmöglichkeiten an den Haltestellen, – bequemer, unbehinderter Einstieg in die Verkehrsmittel. Für die MIV-Erschließung ist zu beachten, daß je nach verkehrsplanerischem Ansatz ein und dieselbe Bebauungsstruktur flächenhaft uneingeschränkt mit dem MIV erschlossen oder völlig autofrei sein kann. Unter den Aspekten der Emissionsminderung sind folgende Faktoren relevant: – Straßennetz-Merkmale (Straßenlänge, Straßennetzdichte, Fahrbahnfläche, Straßendurchlässigkeit, . . . ): Ein schadstoffminimierendes Straßennetz für den MIV zeichnet sich demnach durch eine möglichst geringe Länge bzw. Fahrbahnfläche aus. – Form des Straßennetzes: Gleichmäßige, undifferenzierte Netze mit geringen Maschenweiten führen zur Übererschließung und wirken MIV-fördernd, minimierte, hierarchisch aufgebaute Netzformen wirken Kfz-reduzierend. Sie zeichnen sich aus durch einen geringen Wert für das Verhältnis „Straßennetzlänge / Werktagsbevölkerung” (als MIVNetzkennzahl). Ein hierarchisch aufgebautes und „verästeltes” Straßennetz ermöglicht dem Ziel- und Quellverkehr 33 kurze Wege und unterbindet die direkte Verbindung der einzelnen „Erschließungsarme” untereinander (Binnenverkehr) für den MIV. – Flächenhafte Geschwindigkeitsreduzierung (z.B. Tempo-30-Zonen) kann die Luftschadstoffbelastung insgesamt um 10 bis 20 % verringern. – Straßenraumgestaltung: mit unterstützenden Gestaltungsmaßnahmen kann eine Geschwindigkeitsreduzierung um bis zu 30 % und damit eine günstigere Schadstoffbilanz erreicht werden. Über das Stellplatz- oder Parkraumkonzept gilt es, Chancengleichheit der Verkehrsmittel durch gleich weite Wege zur ÖPNV-Haltestelle und zum Kfz-Stellplatz (konzentrierte Parkraumkonzepte: Blockgaragen mit 80 bis 150 Stellplätzen oder größere Quartiers-Sammelgaragen) zu schaffen. Fazit Zwischen den verschiedenen Einflußfaktoren auf die Schadstoffemissionen eines Gebietes besteht ein komplexes Beziehungsgefüge mit gegenseitigen Korrelationen, Kausalitäten und Synergieeffekte, so daß sich die Wirkung einzelner Faktoren weder klar gegeneinander abgrenzen noch exakt quantifizieren läßt. Fest steht jedoch, daß gezielte Maßnahmenbündel zu Synergieeffekten führen, die in ihrer Gesamtwirkung die Summe der Einzelwirkungen übersteigen können. Für städtebauliche Wettbewerbe bedeutet dies eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit der verschiedenen Fachplanungen. Ziel ist nicht die einseitige Optimierung von Einzelaspekten wie Baustruktur, Gebäudeform oder Grünkonzept, sondern die Entwicklung von ganzheitlichen Lösungen. Dabei sind zu verkehrlichen Aspekten wie z.B. Netzhierarchie, ÖPNV-Führung und Haltestellen genauso differenzierte Aussagen zu treffen wie zu städtebaulichen Aspekten. Im Verkehrsbereich ist verstärkt die Alltagsmobilität innerhalb eines Quartiers in das Zentrum der Betrachtung zu stellen. Schadstoffminderung im Städtebau 34 Anforderungen an den Verkehr im Städtebau Gerd Würdemann Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Am Michaelshof 8 53177 Bonn Prolog: Wachsende Mobilitätsansprüche und weniger Verkehr – oder: Energiesparende Verkehrsvermeidung – ein Leit- oder Trugbild? Energiesparende Verkehrsvermeidung braucht „verkehrssparsame Siedlungsstrukturen” im Sinne einer Verringerung von Distanzen, denn Siedlungsflächenwachstum und räumlich entmischte Nutzungen bzw. Monostrukturen verstärken den Verstädterungsprozeß der Landschaft und die Abhängigkeit von Verkehrs- und Transportaufwand. Aufzubrechen ist hierfür die subjektiv relativ preisgünstige Auto-Mobilität und enorme Konsumstimulation, die dem Autobesitz zugeschrieben wird. Des weiteren die „naturgemäß” überforderte, um flüssigen Autoverkehr bemühte kurzfristig sektorale Betrachtungsweise von Stadtund Verkehrsplanung, die die Ungleichzeitigkeit der Auswirkungen und Folgeschäden des Verkehrs in der Stadtregion oft übersieht und zu spät bemerkt. Der Versuch, die Folgen des Verkehrswachstums verträglicher zu gestalten, greift deshalb zu kurz. Politik und Planung müssen darauf hinwirken, die Verursachungsbereiche von Transport und Verkehr zu beeinflussen und das Wachstum der Ballungsräume und der Verkehre (nicht Wachstum überhaupt) unter Kontrolle zu bringen. Doch der Versuch der Politik, die Aussicht auf unendlich steigerbare Verkehrsmobilität zu suggerieren, ist ungebrochen. Die Stadtregion und Stadt(rand)wirklichkeit müssen Bestandteil im Planungsprozeß sein Durch schnelle Verbindungen geschrumpfte „Entfernungen” ermöglichen ein vielfältiges Spektrum von erreichbaren Möglichkeitsräumen oder Erlebniswelten, eine Ausdehnung der Siedlungsfläche ins weitere Umland mit der Folge einer weiteren Dominanz automobil-induzierter Wegeketten. Verkehrssparsames Verhalten kann sich bei diesem Angebot disperser Siedlungsstrukturen nicht entwickeln. Die verkehrsbedingten Belastungen sind die Folge auf vorgegebene Rahmenbedingungen wie Bodenpreise, Transportkosten, Wohnungsbauförderung, Förderprogramme. Vor diesem Hintergrund ist als ein erster offensiver Schritt in Richtung Verkehrssparsamkeit eine sowohl verkehrliche Sensibilisierung der Städtebauer und Raumordner bei raumbedeutsamen Entscheidungen als auch städtebauliche Sensibilisierung der Verkehrsplaner notwendig. Für den Planungsprozeß sind die Wechselwirkungen zwischen Städtebau und Verkehr herauszuarbeiten und zu nutzen, denn das Ziel verkehrssparsamer Siedlungsstrukturen kann nur interdisziplinär und ressortübergreifend erreicht werden. Die Modellgemeinden/-regionen als Erkenntnisgrundlage Zu den Erfahrungen und Erwartungshaltungen nach Ablauf und Auswertung der Forschungsaktivitäten in den unterschiedlichen städtebaulichen, verkehrlichen und personellen Modellvorhaben ist feststellbar: – Die Modellvorhaben zeigen, daß stadtbzw. regionsspezifische Maßnahmenbündel zu entwickeln sind, die sich am jeweiligen örtlichen Entwicklungspotential und nicht an der vermeintlichen bzw. tatsächlichen „Konkurrenz”- bzw. „Vorbild-Stadt” orientieren. – Die Wirkungszusammenhänge zwischen Siedlungs-, Bevölkerungs- und Wirtschaftsstruktur, individuellen Lebensstilen einerseits und dem Verkehrsverhalten andererseits sind derart komplex, daß Ex-post-Analysen, Zustandsbeschreibungen und Szenarien nicht alle relevanten Einflußgrößen erfassen können. – Allen Projektträgern kann eine innovationsfreundliche Bereitschaft unterstellt werden; die kommunale Praxis zeigt, daß „fortschrittlichen” kommunalen Alleingängen sowohl bei der Stadtentwicklung als auch bei der Verkehrsgestaltung enge Grenzen gesetzt sind. Denn: • Die lokalen Entscheidungsträger und Akteure sind in ihrer Handlungs- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 freiheit durch traditionelle Denkmuster, den Blick auf Fördermöglichkeiten, Arbeitsplätze, städtebauliche Maßnahmen, Wohnungsbau u.ä. und die interkommunale/interregionale Konkurrenzsituation erheblich eingeschränkt. Daneben besteht eine enge Abhängigkeit zwischen kommunalen Initiativen und Rahmenbedingungen durch den Bund und die Länder. Das Forschungsfeld als Experiment und Impulsgeber Im Forschungsfeld wurde deutlich, daß die Hemmnisse für die Entwicklung und Umsetzung integrierter Konzepte für Städtebau und Verkehr vor allem durch eine Neuorientierung der am Planungsprozeß mitwirkenden Planer und Entscheidungsträger vermindert bzw. aufgehoben werden kann. In Anlehnung an die für die Verkehrsberuhigung aufgestellte Erkenntnis gilt: „Verkehrs- und damit Energievermeidung beginnt im Kopf ” Der Begriff „Vermeidung” zielt dabei auf Veränderung des Verkehrsverhaltens und nicht auf Verzicht. Allerdings setzt die angestrebte Veränderung eine Denkwende voraus, die durch den positiv belegten Begriff „Verkehrssparsamkeit” unterstützt werden soll. „An die Nachwelt” sind folgende Empfehlungen weiterzugeben: ) Die Ressource Raum muß in den Mittelpunkt nachhaltiger Planung gerückt werden, denn nicht Symptome, sondern die verkehrsaufwand-steigernden Entwicklungstrends sind zu stoppen ) Raumüberwindung durch schnelle Verkehrswege schafft zwar neue Teilnahmechancen an anderen Orten, aber mit dem motorisierten Individualverkehr werden gravierende Raumbeeinträchtigungen in Stadt und Region produziert und die Nutzungsvielfalt vor Ort zerstört. ) Der Abbau von Verkehrsbelastungen bei gleichzeitiger Mobilitätssicherung ist abhängig von einer gesellschaftlichen Wertediskussion, denn nachhaltiges Handeln erfordert 35 ) Verkehrs- und transportsparende Strukturen erfordern integrierte Strategien und Maßnahmenkonzepte für Städtebau und Verkehr. Handlungsfelder für ein Miteinander von Städtebau und Verkehr Als Fazit lassen sich folgende Konzeptvorstellungen als Handlungsfelder für eine lebenswerte und verkehrssparsame Zukunft in Stadt und Region aus den Einsichten des Forschungsfeldes ableiten. Gebündelt zu einem Strategiekatalog, zielen die zur Diskussion – hier verkürzt – vorgestellten „Zehn Gebote zum Handeln” auf ein Miteinander von regionalen, städtebaulichen und verkehrlichen Aktivitäten. Verkehrssparsame Raumstrukturen schaffen und verkehrsmindernde Raumnutzung ermöglichen Eine günstige Raumstruktur erleichtert den Menschen verkehrssparsames Verhalten. An Verkehrssparsamkeit orientierte Verhaltensmuster tragen dazu bei, daß raum- Ansätze einer integrierten Verkehrsplanung: nicht entweder-oder, sondern und Distanzen reduzieren Umweltverbund nutzen leiser, sicherer, sparsamer . . . fahren Ausgewogene Mischung, verträgliche Dichte und hohe Wohn(umfeld)qualität als bauliche Voraussetzungen Ein hoher ÖV-Standard, gute Angebote für Fußgänger und Radfahrer als bauliche Voraussetzungen Kleine, sichere, sparsame und emissionsarme Fahrzeuge sowie eine geschwindigkeitsdämpfende Straßengestaltung als Voraussetzungen werden ergänzt durch eine verkehrssparsame Organisation. werden flankiert durch Einschränkungen im MIV. werden unterstützt durch Geschwindigkeitsbegrenzungen und Grenzwerte für Emissionen sowie Kraftstoffverbrauch. Abstimmung von Siedlungsstruktur und Verkehrsangeboten: Mischung und Dichte fördern den Umweltverbund, gute Angebote im Umweltverbund steigern die Attraktivität integrierter Standorte. Telematikkonzepte erleichtern die Bevorrechtigung des ÖV und eine verursachergerechte Kostenanlastung im MIV. ) Für die nachhaltige Gestaltung der Stadt sind Die Anlastung externer Kosten vor allem über die Mineralölsteuer beeinflußt Standortentscheidungen, erhöht die Attraktivität des Umweltverbundes und fördert eine zukunftsorientierte Fahrzeugtechnik. isolierte Lösungen von (Innenstadt-) Verkehrsproblemen zu wenig – die Stadtregion und Stadt(rand)wirklichkeit müssen Bestand- Nur bekannte und nachvollziehbar begründete Verhaltensangebote werden genutzt. Voraussetzungen einer nachhaltigen Verkehrsstruktur sind daher offene und überzeugende Informations- und Beteiligungsformen. neue Sichtweisen. teil im Planungsprozeß sein. Schadstoffminderung im Städtebau 36 strukturell mögliche Verkehrsminderungspotentiale auch zu tatsächlicher Verkehrseinsparung führen. Der unmittelbare verkehrssparende Effekt günstiger Raumstrukturen ist am deutlichsten im Versorgungs- bzw. Einkaufsverkehr nachweisbar. Bedeutung für einen günstigen „modal split” zu. Attraktive städtische Lebensräume gestalten und Wohn- und Aufenthaltsqualität verbessern Die Zukunft der Stadtregion durch ressourcenschonende und umweltfreundliche Mobilität stärken Raumstrukturelle Bedingungen bestimmen in erheblichem Maße, welche Verkehrsmittel für die Bewältigung von Ortsveränderungen überhaupt bzw. in hinreichender Qualität zur Verfügung stehen. Im regionalen Kontext erschließt vor allem eine an den Schienenverkehrswegen orientierte dezentrale Konzentration Potentiale zur Verlagerung möglichst großer Verkehrsanteile auf den Umweltverbund. Eine energiesparende innere und äußere Erreichbarkeit durch attraktive Optionen im Umweltverbund ermöglicht eine Maximierung der nichtmotorisiert zu bewältigenden Verkehrsbedürfnisse. Im städtischen Kontext kommt der Förderung polyzentraler, möglichst „ausgewogener” Strukturen durch stadtteilintegrierte Arbeitsplatz-, Einzelhandels-, Dienstleistungs- und Freizeitangebote wesentliche Die Aufwertung der Nähe kann die Chancen für den Fußgänger- und Radverkehr fördern und einen wesentlichen Beitrag für eine energiesparende innere Erreichbarkeit und somit vom Auto unabhängige Mobilität der Bewohner leisten. Eine neue Planungskultur entwickeln, die Kommunikationssperren abbaut und Akzeptanz und Konsens schafft Verkehrssparsame Siedlungsstrukturen sind als interdisziplinäre Aufgabe von Verkehrsplanung und Raum- bzw. Stadtplanung in herkömmliche Strukturen der planenden Verwaltungen nicht ohne weiteres einzupassen. Angesichts der hohen Komplexität von Wirkungszusammenhängen und Problemen sowie wegen der erheblichen Bedeutung, die der Akzeptanz insbesondere von restriktiv wirkenden Handlungsansätzen zukommt, gewinnen planungsstrategische und konsensorientierte Vorgehensweisen in der Stadt- und Verkehrsplanung an Wichtigkeit. Epilog: Die Ambivalenz unserer Optionsvielfalt – oder: Die Kunst politischen Handelns ist gefordert! Wenn diese Handlungskonzepte wirksam und glaubwürdig werden sollen, müssen wir uns zugleich der Ambivalenz zahlreicher gesellschaftlicher Optionen stellen und der bestehenden und entstehende Konflikte bewußt werden. Konfliktfreie Lösungen wird es nicht geben und, um Kommunikationsstörungen abzubauen, ist ein deutlicher Verständniszuwachs über die komplexen Wirkungszusammenhänge von Städtebau und Verkehr im Bewußtsein der Öffentlichkeit nötig. Die Umsetzung eines umfassenden KfzVerkehr-einsparenden Konzeptes hat einen langen und beschwerlichen Weg vor sich, insbesondere gegen den kurzfristigökonomischen Zeitgeist der Vergötterung der Auto-Mobilität. Gelungene Modellvorhaben, „vor Ort“ wie „vor Region“ auf den Handlungsfeldern von Städtebau und Verkehr, sind bereits erste konstruktive „Bestpractise“-Beispiele, die in den „Köpfen“ weiter wirken und den Prozeß des mühseligen Überzeugens begleiten. Qualitätssicherung im vorgestellten Handlungsbereich Verkehr im Städtebau bedeutet, städtebauliches Handeln und Mobilitätserfordernisse so zu verbinden, daß sich eine verkehrssparsamere Zukunft von Stadt und Region entwickeln kann. Die Zielsetzung Verkehrssparsame Siedlungsstrukturen ist von der Politik offensiv, mit mehr Stadtqualität, mehr Bewegungsfreiheit und Wahlfreiheit im Verkehr zu vermitteln und unterstützt die Sicherung von Teilnahmechancen in funktionsfähigen und attraktiven Stadträumen. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 37 Engagement für Qualitäten zwischen Neubau und Sanierung Das Leitbild der Nachhaltigkeit meint die kompakte Stadt, die „Stadt der kurzen Wege“, der Dichte, der Mischung, das Nebeneinander von Wohnen, Arbeiten und Freizeit, wie sie uns in Europa historisch vorgegeben und gerade in den neuen Bundesländern noch vielfach wunderbar überkommen ist und vor einer „Amerikanisierung“ zu bewahren gilt. Die kompakte Stadt ist kein ausschließlich räumliches Leitbild, sondern ein Vorgehens-, Planungs-, Prüf-, Ordnungs- und Betriebsprinzip. Die Nauener Altstadt Die deutlich sichtbare Vernachlässigung des Stadtkerns in Nauen kann in der jahrzehntelangen Ignoranz der Werte des Überkommenen durch den sozialistischen Städtebau gesucht werden. Nauen blieb in ihrem Kern die gewachsene Stadt, weniger die gelebte, da es „Besserverdienende“ nach draußen zog, die Alten und Randgruppen blieben. Ein wichtiger Teil des Wesens ist immer noch sichtbar: die Stadt der kurzen Wege. Die Ausgangssituation innerhalb der Altstadt Nauen bietet somit eine wesentliche Rahmenbedingung zur Umsetzung nachhaltiger städtebaulicher Planungen. Das Umsetzungspotential von Schadstoffminderungskonzepten wird im wesentlichen in der Abhängigkeit von der Existenz gesamtstädtischer Klimaschutz- bzw. Energiekonzepte gesehen und dabei vor allem deren Integration in das Leitbild der städtischen Politik. Die Grundsätze des Verkehrskonzeptes des Rahmenplans der Altstadt Nauen beispielsweise, wie er im Februar 1993 vorlag, wurden durch das Rahmenkonzept Straßen- und Freiräume im Dezember 1995 weiterentwickelt, detailliert untersetzt, ergänzt und in Teilen modifiziert. Dabei ist die Altstadt grundsätzlich als homogenes, auf die Anliegererschließung ausgerichtetes System zu gestalten und von jeglichem Durchgangsverkehr freizuhalten, was die Auflösung der jetzt bestehenden Hierarchisierung des Straßen- netzes bedeuten würde. Es ist eine flächenhafte Verkehrsberuhigung mit Einrichtung als Tempo-30-Zone, gemäß VZ 325, anzustreben, das Angebot des ÖPNV durch Verlegung einer innerörtlichen Buslinie über die Altstadt, den Bahnhof und Busbahnhof in die Wohngebiete zu erweitern. Die Erarbeitung des Rahmenkonzeptes Straßen- und Freiräume erfolgte in Abstimmung mit dem parallel erstellten Lärmminderungsplan. Übereinstimmung bestand vor allem darin, daß durch Verkehrsberuhigung und Reduzierung des Kraftfahrzeugverkehrs die Lärm- und Abgasemissionen in der Altstadt erheblich verringert werden müssen. Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Raumordnung (MUNR) sowie das Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr (MSWV) des Landes Brandenburg bestätigten in ihren Stellungnahmen zum Lärmminderungskonzept als auch zum Rahmenkonzept der Straßen- und Freiräume die Bedeutung eines verbindlich beschlossenen, konkreten Leitbildes für die verkehrliche Planung in Nauen und damit die Chancen eines schadstoffmindernden Städtebaus. Für das ganzheitlich angelegte Handlungskonzept wurden jedoch nur rein technische Lösung akzeptiert und damit die Handlungsbereitschaft erheblich reduziert. In der Fortschreibung des Rahmenplanes ist deshalb die Zielformulierung der Tempo-30-Zone selbst in der langfristigen Umsetzungsvariante nicht mehr enthalten. Qualitäten zwischen Neubau und Sanierung Der Umgang mit gefährdeter, wertvoller Bausubstanz hat sich in den letzten Jahren als schwieriges Problemfeld herauskristallisiert. 1995 standen etwa 50 Gebäude der Altstadt Nauens unter Einzeldenkmalschutz. Aber auch 20 % aller Gebäude mit schweren bzw. schwersten Schäden sind denkmalgeschützt bzw. als denkmalwerte Objekte eingestuft. Bei den bestandsgefährdeten Objekten sind es sogar über 50 %. Die Praxis zeigt, daß es bei der Forderung nach Erhalt oder Abriß eines, u.U. Silvia Weiß Stattbau Stadtentwicklungsgesellschaft mbH ASUM Arbeitsgruppe für Sozialplanung und Mieterberatung GmbH Berlin Schadstoffminderung im Städtebau 38 Literatur – Kessler, Wolfgang: „Wirtschaften im dritten Jahrtausend – Leitfaden für ein zukunftsfähiges Deutschland“. Publik-Forum Verlagsgesellschaft mbH 1996 – „Sanierungsgebiet Altstadt Nauen – Überarbeitung und Fortschreibung der Rahmenplanung“ – „Neubebauung Wallstraße/ Wallgasse in der Nauener Altstadt“ – Wettbewerbsausschreibung – „Neubebauung Wallstraße/ Wallgasse in der Nauener Altstadt“ KostengünstigÖkologisch-Nachbarschaftlich Bausteine des Neubauprojektes – STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH: „Bauen im Sanierungsgebiet Altstadt Nauen“ – Entwurf einer Bauherrenbroschüre, Berlin 1996 – Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung: „Informationen aus der Forschung des BBR“ Nr.1/März 1998; Bonn 1998 auch denkmalgeschützten, Gebäudes einer genauen Einzelfallprüfung bedarf, die zum Ziel hat, Argumente für oder gegen den Erhalt eines Gebäudes zu benennen. Handlungsgrundlagen Der städtebauliche Rahmenplan stellt die Ziele der Sanierung in den Bereichen Nutzungskonzept, Stadtgestaltungskonzept, Grün- und Freiflächenkonzept, Verkehrskonzept sowie Handlungs- und Maßnahmenkonzept dar. Im Handlungsund Maßnahmenkonzept wurde bereits auf die Notwendigkeit weiterführender, grundstücksbezogener Planungen sowie einer detaillierten Gestaltsatzung hingewiesen, die als Fortschreibung der Rahmenplanung verbindlich zur Beurteilung von Einzelmaßnahmen heranzuziehen sind. Die Leitbilder für die städtebauliche Neuordnung wurden u.a. in den zwölf Baufeldkonzepten weiterentwickelt und ergänzt bzw. im Detail modifiziert und korrigiert. Mit der Verabschiedung des überarbeiteten Rahmenplanes erhalten die Ergebnisse Entwicklungskonzept für das Baufeld 7 der Baufeldkonzepte zu Art und Maß der baulichen Nutzung, die Regelungen der Gestaltungsrichtlinie zur Erneuerung des Bestandes und zum Neubau von Gebäuden, die abgestimmte Konzepte zur Verkehrserschließung sowie zur Straßen- und Freiraumgestaltung den Verbindlichkeitsgrad von Sanierungszielen (siehe Abb. unten). Im Vorfeld des Abwägungsprozesses Erhalt oder Abriß/Neubau eines Gebäudes oder Gebäudeteiles müssen Grundlagen erarbeitet werden, auf deren Basis Entscheidungen getroffen werden sollen. Gerade die Wirtschaftlichkeit der Sanierung auch durch den Einsatz öffentlicher Mittel oder den außerordentlichen finanziellen Einsatz des Bauherren oder Investors ist dabei bestimmend. Ein spezielles Problem in den neuen Bundesländern, somit auch in der Nauener Altstadt, ist die relativ große Anzahl von ortsansässigen kapitalschwachen Eigentümern. Für diese Eigentümer endet die wirtschaftliche Zumutbarkeit, wenn sie die Sanierung eines Gebäudes aus eigener Kraft nicht tragen können und auch Probleme damit haben, den Eigenanteil für eine öffentliche Förderung aufzubringen. Diese Eigentümer sind dann aber auch nicht in der Lage, einen Abriß und den anschließenden Neubau zu finanzieren. Es muß daher in Zusammenarbeit mit den betreffenden Eigentümern nach sozial verträglichen Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Die Schwierigkeiten und finanziellen Unwägbarkeiten einer Sanierung, der umfangreiche Abstimmungsprozeß, um die Wünsche des Bauherren mit den städtebaulichen, denkmalpflegerischen und architektonischen Anforderungen in Einklang zu bringen, bedarf engagierter Bauherren und erfahrener Architekten, die bereit sind, sich dieser Aufgabe im Interesse der Altstadt zu stellen. Nachhaltigkeit von Qualitäten Quelle: Baufeld 7 – Altstadterneuerung in Nauen; Stattbau Berlin, o.J. Die Stärkung und Durchsetzung einer nachhaltigen Stadt- und Verkehrsentwicklung setzt zwingend Kostenwahrheit und die Anlastung externer Kosten voraus. Es setzt ebenso ein Überdenken der „Lebensstil-Leitbilder“ sowie der „Technik- und Produktionsleitbilder“ voraus. Wenn Ver- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 ständnis für den Ort die Hand des Architekten geübt und sensibel lenken oder der Sinn des Bauherren sich nicht von der Werbung für eine Moderichtung leiten läßt, 39 sondern der Sprache heimischer Baumaterialien bewußt ist, dann kann ökologisch sinnvoll, d.h. nachhaltig gebaut werden. Motivation eines Wohnungsunternehmens zur Erschließung hoher Schadstoffminderungspotentiale im Alt- und Neubau Standortbestimmung Berliner Wohnungswirtschaft Die Berliner Wohnungswirtschaft hat im Bereich der Wärmeversorgung und der Energieeinsparung in den letzten Jahren mit großer Innovationsbereitschaft dazu beigetragen, neue Technologien auf breiter Front einsatzfähig zu machen und dabei auch neue Formen der Zusammenarbeit mit Ingenieuren und Wärmelieferanten erprobt. Während die kalten Betriebskosten innerhalb weniger Jahre durch stetige Preiserhöhungen der öffentlichen Hand (Wasser/ Abwasser, Müllabfuhr, Grundsteuer) erheblich anstiegen, blieben die warmen Betriebskosten im Westberliner Wohnungsbestand nahezu konstant und gingen in Ostberlin zurück. Allerdings findet die Umstellung von Öl-Anlagen trotz energetischer Verbesserung (Modernisierung) kein positives Votum beim Mieter, da sich der Energieverbrauch zwar verringert, die Energiekosten sich aber aufgrund der Modernisierungsumlage erhöhen. Beim Einsatz von Blockheizkraftwerken refinanzieren sich die Investitionsmehrkosten aus dem Stromverkauf an die Mieter, dieser besitzt jedoch ein Widerrufsrecht zur Stromversorgung vom Betreiber oder vom EVU. Die Folge davon ist die Bevorzugung einer konventionellen Heizversorgung. Investitionen (Mehrkosten) bei einer Fassadensanierung in Wärmedämmsysteme verursacht dem Bauherren – trotz Förderung – unrentierliche Kosten, weil der Be- trag nur bedingt über die Miete refinanziert werden kann (Mietrecht und Förderungsrichtlinien). Die warmen Betriebskosten des Mieters sinken durch die Investitionen, der Schadstoffausstoß wird reduziert; somit gibt es zwei „Gewinner“ (Mieter und Umwelt) und einen „Verlierer“ (Eigentümer). Vor dem Hintergrund der politischen Vorgaben sowie der Selbstverpflichtung der Berliner Wirtschaft zur CO2-Reduktion muß die heutige Wohnungswirtschaft im Hinblick auf derartige Aufgabenstellungen neben der Ökonomie und Sozialverträglichkeit auch die Umweltverträglichkeit berücksichtigen. Motivationsebenen Dem Vermieter gibt die Senkung der Energiekosten einerseits Mieterhöhungsspielraum, andererseits sichert eine niedrige (Warm-)Miete im Wettbewerb die Vermietbarkeit. Zudem führt eine sozialverträgliche Miete (mit niedrigen Heizkosten) zu mehr Mieterzufriedenheit, wodurch wiederum die Fluktuationsrate bzw. der Leerstand sinkt. Finanziell belastet jeder Mieterwechsel den Vermieter mit ca. 5 000 DM (Verwaltungs- und Instandhaltungsaufwand). Die ökologische Grundpositionen der Wohnungswirtschaft sind 1993 in 15 Thesen formuliert worden. Darüber hinaus hat die Berliner Wirtschaft im Oktober 1997 eine „Freiwillige Vereinbarung zur CO2Minderung und zur Verbreitung von Solaranlagen“ abgeschlossen, in welcher sie sich Helmut Asche GSW Gemeinnützige Siedlungsund Wohnungsgesllschaft Kochstraße 22/23 10969 Berlin Schadstoffminderung im Städtebau 40 verpflichtet, in den nächsten fünf Jahren in Nichtwohngebäuden, Wohnungsneubauten und bei der Modernisierung von bestehenden Gebäuden solarthermische Anlagen einzubauen und durch den Einsatz anderer CO2-mindernder Technologien zur Energieeinsparung und Schadstoffminderung beizutragen. Die GSW hat die politische Zielsetzung, die CO2-Emissionen auf dem Stand von 1990 bis zum Jahre 2005 um 25 % zu reduzieren, fast erreicht (derzeit ca. 20 % CO2-Einsparung). Anlagen mit Kraftwärmekoppelung, die in einzelnen Wohnhausgruppen der GSW die Wärmeversorgung übernehmen, sind in dem Bericht 1996 noch nicht enthalten. Anpassungen im Mietrecht/Betreibermodelle Als ein Lösungsansatz kann die Einführung eines „Warmmietenspiegels“, also eine Übertragung des Vergleichsmietenprinzips auf die Warmmiete, betrachtet werden. Notwendig wäre hierzu u. a. die zusätzliche Erfassung der Heizkosten unter standardisierten Bedingungen (z. B. Wärmepaß, Energiepaß). Wohnungen mit hohem Wärmebedarf und einem Heizungssystem mit schlechtem Wirkungsgrad würden damit einen geringeren Kaltmietanteil beinhalten. Nach den geltenden Modernisierungs-/Instandhaltungsrichtlinien des Landes Berlin (1996) kann man aus dem gewährten Modernisierungszuschuß und der zulässigen geringen Mietanhebung ca. ein Drittel der erforderlichen Modernisierungskosten decken. Der Rest muß als unverzinstes Eigenkapital neben dem Instandsetzungsaufwand aufgebracht werden. Die neue Miete nach der Modernisierung (max. 10 % über Mietspiegel) muß, als Gegenleistung für den öffentlichen Zuschuß, für zehn Jahre festgeschrieben werden. Fazit: Das Modell „rechnet“ sich nicht! Als Kriterien bei anderen (freien) Finanzierungsvarianten gilt die Sozialverträglichkeit (Leerstände?) und die Zumutbarkeitsgrenze nach Miethöhegesetz. Danach ist die Zumutbarkeitsgrenze (Gebot der Wirtschaftlichkeit) bei der Modernisierungsumlage überschritten, wenn die Mieterhöhung zwei- bis dreifach so hoch ist wie die erzielten (energielosen-) Einsparungen! Der Mieterhöhungsbetrag läßt sich nur über die berechnete Energieeinsparung (Gutachten) ermitteln. Sollten die realen Investitionen für Energiesparmaßnahmen den Mieterhöhungsbetrag überschreiten, so hat diesen unrentierlichen Anteil der Bauherr (Vermieter) zu tragen. Unter den gegebenen gesetzlichen wie auch mietrechtlichen Bedingungen besteht deshalb für den Gebäudeverwalter bzw. Eigentümer im Mietwohnungsbau daher wenig Motivation, Energieverluste durch einen passiven Wärmeschutz zu reduzieren. Energieeinsparung und Emmissionsreduzierung müssen jedoch als Gebot der Zukunft verstanden werden. Hier ist konsequent nach energie- und baupolitischen Lösungen zu suchen, weil sonst Ökonomie und Ökologie unvereinbar bleiben. Solange nicht im Mietrecht die Energieeinsparungen aus baulichen Sondermaßnahmen proportional auf die Miete angerechnet werden können, bleibt das Reduktionspotential im Gebäudebestand wesentlich ungenutzt. Im Bereich der Raumheizung und Warmwasserversorgung sind in den nächsten Jahren die noch mit Kohleeinzelöfen ausgestatteten Wohnungen an Sammelheizung anzuschließen (280 000 Wohnungen, ca. 16 % des Gesamtbestandes), bestehende Heizanlagen mit „alter“ Heiz- und Regeltechnik sind zu modernisieren und der bauliche Wärmeschutz ist im Zusammenhang mit notwendigen Instandsetzungsarbeiten an der Außenhaut der Gebäude zu verbessern. Daraus erschließen sich mittelfristig CO2-Einsparungen von über 30 %. Modellprojekte im Neubausektor Die Entwicklung zukunftsweisender Technologien sowie aktive und passive Strategien der Niedrigenergiebauweise stehen im Vordergrund diverser ökologischer Modellprojekte der GSW. Mit dem Modellprojekt Berlin-Pankow (Gartenhofstadt) soll der Nachweis geführt werden, daß Ökologie und Ökonomie keine Gegensätze bilden müssen. Leitgedanke ist, unter strikter Einhaltung des Finanzierungsrahmens im sozialen Wohnungsbau, eine städtebauliche, soziale und ökologische Qualität zu entwickeln, die dem Begriff „Sustainability“, d. h. Nachhaltigkeit, ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 gerecht wird und ein zukunftsfähiges und dauerhaftes Wohnquartier erhoffen läßt (siehe Abb. 1 und 2). Mit dem Null-Heizenergie-Haus (Projekt Weinmeisterhornweg, Berlin-Spandau) und dem Verwaltungsneubau (20-geschossig) verfolgt die GSW einen weiteren Weg zur Erschließung von Schadstoffminde- 41 rungspotentialen. Neben allen Restriktionen aus finanziellen Vorgaben, Förderungs- und Mietrecht bleibt uns – wie die Modellprojekte zeigen – in unserer Funktion als Bauherr eine „produktive Vision“: „Die Experimente von heute sind die Standards von morgen!“ Quelle: GSW Berlin Abbildung 1 Modellfoto der Gartenhofstadt Berlin-Pankow Quelle : GSW Berlin Abbildung 2 Dachansicht der Gartenhofstadt Berlin-Pankow Quelle : GSW Berlin Schadstoffminderung im Städtebau 42 Einsatz von Kontrollinstrumenten im Rahmen privatwirtschaftlicher Betreibermodelle Dr. Klaus Müschen Referat VI E Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie Am Köllnischen Park 3 10179 Berlin Das Modell Das Land Berlin hat 1994 im Energiekonzept beschlossen, mindestens 25 % der CO2-Emissionen des Energiesektors bis zum Jahr 2010 einzusparen. Eine besondere Rolle spielt dabei der Gebäudebestand. Dabei handelt es sich zum einen um rund 6 000 öffentlichen Liegenschaften Berlins, zum anderen um rund 1,7 Mio. Wohnungen. Für die öffentliche Hand ist das Modell „Energiesparpartnerschaft“ entwickelt worden: private Energiedienstleister realisieren in öffentlichen Gebäuden ein Einsparpotential von rund 30 %. Energiedienstleistungen (Einspar-Contracting) werden für eine größere Zahl von Gebäuden der Bezirke, der Körperschaften und des Landesverwaltungsamtes öffentlich ausgeschrieben. Ziel ist es, über eine Mischkalkulation hochrentable mit weniger rentablen Energiesparinvestitionen, summiert über einen Pool von Liegenschaften, zu verknüpfen, die Energiedienstleistung für diesen Pool auszuschrei- Allgemeines Funktionsschema der Berliner Energie-Contracting-Modelle Erste Energiediaglose durch EnergieDienstleistungsunternehmen Vertragsverhandlungen und Ermittlung des aktuellen Energieverbrauchs Ausführliche Energiediagnose Investition der Energiespartechnik Amortisationsdauer Anpassung des Vertrages Quelle: oder Learning by doing In der Arbeitsgruppe Energiesparpartnerschaft haben acht Bezirke, fünf Hauptverwaltungen, das Landesverwaltungsamt und nachgeordnete Körperschaften wie die Oberfinanzdirektion und die Berliner Forsten zusammengearbeitet, um das Projekt auf den Weg zu bringen. Allein das war eine große Leistung, bei einer solchen Vielzahl von Beteiligten bis zum Vertragsabschluß zu kommen. Zur Schnittstellendefinition gehörte auch, laufende eigene Baumaßnahmen des Landes mit energetischen Effekten für die Einzelliegenschaften zu erfassen und bei der Vertragserarbeitung zu berücksichtigen. Rückblickend kann gesagt werden, daß zu viele Verwaltungen einzubinden waren. Weitere Pools werden möglichst nur mit einer gebäudeverwaltenden Behörde ausgeschrieben. Auf dieser Basis wäre allerdings der erste Pool nicht zustande gekommen, da einzelne Verwaltungen wegen der Unsicherheit eines Modellprojekts nur ein oder wenige Gebäude in den Pool gaben. Anlagenbesitzer und EnergieDienstleistungsunternehmen teilen sich die Ersparnisse Anlagenbesitzer erneuert den Vertrag mit verändertem Anteil an den Ersparnissen ben und für eine bestimmte Laufzeit auf einen externen Energiesparpartner zu übertragen. Dabei ist das vorhandene Energiesparpotential unter Bereitstellung von privatem Kapital zu erschließen. Die Energiesparpartner und die von ihnen zu erbringenden Leistungen finanzieren sich durch die zu erzielenden Einsparungen unter Abzug der dem Land Berlin jährlich garantierten Beträge. Das Land Berlin soll, nach einem Senatsbeschluß zur Energiesparpartnerschaft vom 04.04.1995, an zusätzlichen Einsparungen beteiligt sein, soweit ein bestimmtes Sparpotential überschritten wird. Zugleich wird verwaltungsintern eine Controllingfunktion entwickelt, um ein effizientes Energiemanagement aller öffentlichen Liegenschaften zu erreichen. Geräte gehen in das Eigentum des Besitzers über Göhringer, Peter: Energieeinsparung im Krankenhaus. In: Deutsche Bauzeitung db, (1992) 5, S. 77 Die Energiesparpartnerschaft für die beiden ersten Gebäudepools wurde von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie in einem ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 europaweiten Verfahren im Sommer 1995 öffentlich ausgeschrieben. Ergebnisse Pool I und II Aus dem Anbieterkreis wurden nach intensiven Verhandlungen zwei Bieterkonsortien ausgewählt, mit denen eine Energiesparpartnerschaft für die energetische Bewirtschaftung von jeweils einem Gebäudepool von ca. 40 Gebäuden bei einer Vertragslaufzeit von 12 Jahren begründet wird. Das Ergebnis läßt sich sehen und hat inzwischen bundesweite Aufmerksamkeit erregt: – Die Energiesparpartner garantieren dem Land Berlin für jeden Gebäudepool, dessen Energiebezugskosten im Jahr 1994 bei ca. 10 Mio. DM lagen, ab 1996 eine jährliche Energiekosteneinsparung von über 1 Mio. DM. – Das Land Berlin kann als zusätzlichen Nutzen je Gebäudepool ca. 0,5 Mio. DM jährlich an vermiedenen Instandhaltungskosten verbuchen. – Nach Ablauf der Energiesparpartnerschaft stehen die optimierten Anlagen dem Land Berlin uneingeschränkt zur Verfügung. Inzwischen haben die Energiesparpartner die Energiesparmaßnahmen umgesetzt. Aus der – noch vorläufigen – Jahresabrechnung 1996 können die ersten konkreten Ergebnisse dargestellt werden: – Energiesparpartner im Pool I ist eine Arbeitsgemeinschaft aus Bewag / Landis & Stefa. Die zu bewirtschaftenden Objekte umfassen 39 Liegenschaften mit einer Bruttogeschoßfläche von ca. 410 000 m2. Die Kosten für den Energiebezug lagen im Referenzjahr 1994 bei insgesamt rd. 9,5 Mio. DM, der Anteil für Strom lag bei etwa einem Drittel. Die geplanten Investitionen belaufen sich auf rd. 3,5 Mio. DM für diesen Pool. Zusätzlich werden laufend Instandhaltungsaufgaben für die Altanlagen durchgeführt. – Energiesparpartner im Pool II ist die ESB GmbH, eine Tochter der Saarberg Fernwärme. Die zu bewirtschaftenden Objekte umfassen 42 Liegenschaften mit einer Bruttogeschoßfläche von ca. 400 000 m2. Die Kosten für den Energie- 43 bezug lagen im Referenzjahr 1994 bei insgesamt rd. 11 Mio. DM, der Anteil für Strom lag bei etwa 4,4 Mio. DM. Im Pool II sind Maßnahmen zur Energieeinsparung mit einem Investitionsvolumen von rd. 6,3 Mio. DM und Planungsleistungen von rd. 1 Mio. DM durchgeführt worden. Bezogen auf das Referenzjahr sind bereits im Rumpfjahr 1996 etwa 18 % Kosten eingespart worden. Nach Vorlage der ersten Zahlen für 1997 wird das prognostizierte Einsparpotential von 30 % ausgeschöpft werden. Das Einsparpotential in den einzelnen Liegenschaften liegt in einer Bandbreite zwischen 5 und 60 %. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union im Oktober 1997 ist europaweit der dritte Pool ausgeschrieben worden. Die Vertragsverhandlungen sollen im zweiten Quartal des Jahres 1998 mit der Vertragsunterzeichnung abgeschlossen werden. Weitere Pools mit derzeit vier Bezirken werden vorbereitet. Die nächsten Ausschreibungen erfolgen in den kommenden Monaten. Übertragung auf die Wohnungswirtschaft Analog zum Projekt „Energiesparpartnerschaft für öffentliche Einrichtungen” sollen auch für die Wohnungswirtschaft Modellvorhaben umgesetzt werden, indem im Rahmen des Wettbewerbes private Betreiber zur Umsetzung energiesparender Maßnahmen im Wohngebäudebereich aufgefordert werden. Mit dem Modellprojekt soll insbesondere geklärt werden, wie miet- und eigentumsrechtliche Rahmenbedingungen, die Einbindung der Mieter und die Warmmietenneutralität mit den Ausschreibungsverfahren verbunden werden können. In diesem Zusammenhang formuliert das „Energiekonzept Berlin“ auch die Prüfung einer Brennstoffkennzahl (BKZ) als vorzugebende Kennzahl für eine zusätzliche Förderung. Das Brennstoffkennzahl-Verfahren soll die Grundlage für eine effektivere energetische Förderung im Städtebau schaffen. Für die ersten beiden Wohngebiete mit rd. 200 bzw. 600 Wohneinheiten hat inzwischen ein europaweites Verfahren zur Interessenbekundung stattgefunden. Schadstoffminderung im Städtebau 44 Kontrollinstrumente In den Verhandlungen und Verträgen zum Energiespar-Contracting werden sowohl Vorgaben für die angestrebte Energiekosteneinsparung als auch für die Einsparung an Energie – und gegebenenfalls auch an CO2-Emissionen – gemacht. Alle Energiesparpartner für öffentliche Gebäude sind verpflichtet, für das Controlling ein eigenes Datensystem aufzubauen und mit dem Land Berlin abzustimmen. Die Ergebnisse werden in regelmäßig tagenden Arbeitssitzungen zwischen Verwaltung und Energiesparpartnern abgestimmt. Zusätzlich läßt sich der Hauptausschuß des Berliner Abgeordnetenhauses regelmäßig über den Stand der Energiesparpartnerschaften berichten. Neues industrielles solares Bauen in Fertigbauweise Achim Zielke BDF Bundesverband Deutscher Fertighausbau e.V. Flutgraben 2 53604 Bad Honnef Solaranlagen auf Neubauten sollten baurechtliche Vorschrift werden! Das gilt sowohl für die flächendeckende Nutzung von Sonnenkollektoren zur Brauchwassererwärmung und Heizungsunterstützung als auch für den Einsatz von Photovoltaikmodulen zur Stromgewinnung. Die Mitgliedsunternehmen im Bundesverband Deutscher Fertigbau (BDF) wollen dazu ihren konstruktiven Beitrag leisten: Gefragt ist in den nächsten Jahren eine „Energiewende am Bau hin zum intelligent gebauten – umweltgerechten – Haus“. Der Anteil der Privathaushalte am jährlichen Heizenergiebedarf liegt bei rund 40 %. Schon eine einfache Solaranlage zur Brauchwassererwärmung mit 4,5 bis 6 m² Kollektorfläche für einen Vier-PersonenHaushalt spart der Umwelt Jahr für Jahr eine ganze Tonne CO2! Mit einer Solarthermieanlage läßt sich der Heizölverbrauch pro Jahr in einem Einfamilienhaus um rund 300 Liter bzw. um 300 m³ Gas senken. Der BDF würde es begrüßen, wenn die Landesbauordnungen übereinstimmend in allen Bundesländern Solaranlagen für Neubauten zur Pflicht machen würden. Kein Neubau ohne Kollektor auf dem Dach! Damit muß die Fertigbaubranche als eine von drei Haupt-Vertriebsschienen betrachtet werden – neben dem Sanitärund Klimahandwerk sowie den Baumärkten. Aus Gründen der Qualitätssicherung auf hohem Niveau und verbraucherfreundlichen Gewährleistung favorisieren die Mitgliedsunternehmen des BDF die Komplettleistung aus einer Hand – das gilt selbstverständlich auch für Sonnenkollektoren zur Brauchwassererwärmung und Heizungsunterstützung sowie für Photovoltaikmodule zur Stromgewinnung. Intelligent bauen, Ressourcen schonen Wie intelligente haustechnische Konzepte der Zukunft aussehen können, zeigen BDFMitgliedsunternehmen schon seit geraumer Zeit. Nicht von ungefähr wurde der Deutsche Solarpreis sowohl 1996 als auch 1997 jeweils an ein BDF-Mitglied vergeben. Dies läßt die Trendsetter-Funktion des modernen Fertigbaus für die gesamte Bauwirtschaft erkennen. Weitere vorbildliche Haus-Konzepte sehen Fertighäuser vor, die Energieüberschüsse produzieren statt Ressourcen zu verbrauchen. BDF-Mitgliedsunternehmen sind auf dem Weg zur Serienreife schon ein gutes Stück vorangekommen. Mit dem Start der 10 000-SolardächerInitiative Mitte August ‘97 hat der BDF ein klares Zeichen gesetzt: 10 000 neue Fertighäuser wollen die BDF-Mitgliedsunternehmen innerhalb von zwei Jahren mit Solaranlagen zur Brauchwassererwärmung ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 45 ausstatten. Bei vielen Häusern sind Sonnenkollektoren sogar serienmäßig vorgesehen. Sieben BDF-Mitgliedsfirmen bieten Solaranlagen serienmäßig im Gesamtprogramm; zwölf weitere statten mindestens einen, oft mehrere Haustypen ab Werk mit Sonnenkollektor zur Warmwasserbereitung aus. Für alle Kollektoren gelten besonders strenge Leistungsanforderungen, die vom TÜV Süddeutschland im Auftrag des BDF festgelegt wurden. Die danach ausgewählten Unternehmen haben erst kürzlich beim großen Solaranlagen-Test der Stiftung Warentest überzeugend abgeschnitten: Buderus, Ikarus Solar und Viessmann. Der Röhrenkollektor von Elco Klöckner wurde sogar Testsieger. Rund 10 000 Besucher haben 1997 die spezielle Solar-Informationstour des BDF durch die großen deutschen Fertighausausstellungen besucht. Nach unseren bisherigen Erfahrungen können wir sagen, daß die Akzeptanz in der Bevölkerung für innovative haustechnische Konzepte groß ist und das Denken keineswegs traditionsgerichtet oder gar innovationsfeindlich. BDF begrüßt Energie-Einspar-Verordnung Logo der „Solardach-Initiative des Bundesverbandes Deutscher Fertigbau e.V.“ Bei der Eigeninitiative von Bauwilligen und Vorleistungen der Fertigbauindustrie darf es allerdings nicht bleiben. Hinzu kommen müssen entsprechende politische Rahmenbedingungen. Mit der neuen Energieeinsparverordnung (EnEV) kann der Bund geeignete Rahmenbedingungen schaffen. Der BDF begrüßt die Absicht, den Energieverbrauch von Neubauten um 30 % zu senken und die Anforderungen der aktuellen Heizanlagenverordnung mit den Anforderungen der geltenden Wärmeschutzverordnung zusammenzufassen. Dies um so mehr, als die meisten Fertighäuser der BDF-Mitgliedsunternehmen schon heute den zukünftigen strengeren Standards gerecht werden. Solar-Förderung einheitlich gestalten Um energiesparendem solarem Bauen bundesweit zum Durchbruch zu verhelfen, brauchen wir baurechtliche Rahmenbe- Komponente Niedrig-Energiehaus „Övolution“ „ÖvolutionPlus“ Wärmeerzeugung Gas-Umlaufwasserheizer U 104 mit 11 kW modulierend bis 45 % Gas-Brennwertkessel GB 112 W mit 11 kW modulierend bis 30 % 40 m2 Solarkollektoren Langzeitspeicher 20 m3 Zwischenspeicher 0,8 m3 Brauchwasser bivalenter Speicher 380 ltr. 4 m2 Solarkollektoren Überdachmontage Kombispeicher 800 Ltr. 12 m2 Solarkollektoren Heizungsunterstützung Kombispeicher mit 140 Ltr. Brauchwasseranteil; zusätzl. elektr. getestete Nacherhitzer (Gas) an den Verbraucher in Küche/Bad Wärmeverteilung Flachheizkörper 55/45 Zweirohr-Sternschaltung Flachheizkörper 45/35 Zweirohr-Sternschaltung Flächenheizung Flachheizkörper 35/25 Zweirohrsternschaltung Regelungstechnik Ecomatic Raum Controler Witterungsgeführte Vorlauftemperatur mit Raumtemperatureinfluß Thermostatventile mit Fensterkontakt Einzelraumregelung über EIB.HW 4201 Zentrale Zonenventile mit Fensterkontakt Einzelraumregelung/ Totalabschaltung Zonenventile Lüftungstechnik Fensterlüftung Be- und Entlüftung mit WRG Totalabschaltung im Sommer Verriegelung über Fensterkontakt Be- und Entlüftung mit WRG Totalabschaltung im Sommer Elektroversorgung extern/intern über PV-Module für sämtliche Antriebe extern/intern über PV-Module für sämtliche Antriebe extern/intern über PV Module für sämtliche Antriebe Energiesysteme für die Projekte „Övolution“ und „ÖvolutionPlus“ Quelle: Prospekt WeberHaus Schadstoffminderung im Städtebau 46 dingungen, die Investitionen in energiesparende Hauskonzepte verläßlich honorieren. Das Nebeneinander von Bundes-, Landes- und kommunalen Solar-Fördertöpfen hat vieles unnötig kompliziert, manchen Interessenten sogar abgeschreckt, wie Fachberater berichten! Gefragt sind einheitliche – nachvollziehbare – Förderrichtlinien bundesweit. Und Fördermittel, die nicht von jetzt auf gleich versiegen. Das gilt für Solarthermie wie für Photovoltaikanlagen. Insofern apelliert der BDF, den Ökobonus in seiner bestehenden oder in abgewandelter Form über das Jahresende hinaus weiter zu gewähren. Nach der bisher geltenden Regelung erhält vom Finanzamt maximal acht Jahre lang jeweils 400 DM, wer ein Niedrig-Energie-Haus baut (das mithin höchstens 7 l Heizöl bzw. m³ Gas zum Heizen pro m² und Jahr verbrauchen darf); wer eine Solaranlage oder Erdwärmepumpe einbauen läßt, wird mit jährlich 2 % der Anschaffungskosten – höchstens 500 DM – gefördert. Insgesamt werden also bis zu 7 200 DM rückvergütet. Eine Nichtverlängerung des Ökobonus wäre jetzt, zu einem Zeitpunkt, da der Markt den Nutzen solarer haustechnischer Systeme allmählich begreift, ein Signal in die falsche Richtung. Das Bild des Hauses wandelt sich Mit dem Vordringen von Sonnenkollektoren zur Brauchwassererwärmung und Heizungsunterstützung, Photovoltaikmodulen zur Stromgewinnung, Erdwärmepumpen sowie Systemen zur kontrollierten Be- und Entlüftung wird sich das traditionelle Bild des Hauses wandeln. Hausfassaden im „PV-Look“ mögen manchen Zeitgenossen anfangs irritieren. Der BDF und seine Mitgliedsunternehmen gehen jedoch davon aus, daß der Trend zum umweltschonenden Haus mit intelligenter Gebäudetechnik anhalten wird. Längst ist die Solartechnik ihrem Schattendasein entwachsen und ins Rampenlicht der Bauöffentlichkeit getreten. Die Fertighaushersteller im BDF sind auf eine entsprechende Nachfrage eingestellt, getreu dem Motto: „Intelligent bauen, um Ressourcen zu schonen.“ ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 47 Themenblock 3 Qualitätssicherung in einzelnen städtebaulichen Handlungsbereichen Ergebnisse: Solarer Städtebau – wird den stadtgestalterischen Anforerungen gerecht Investoren- und Betreibermodelle im Gebäudebestand durch Warmmietenspiegel fördern Das Grundprinzip des solaren Städtebaus lautet: passive und aktive Solarenergienutzung optimieren und Energieverluste minimieren. Um dem Interessenkonflikt zwischen Investor und Nutzer bezüglich wirtschaftlicher Maßnahmen zur Energieeinsparung zu begegnen, ist im Mietrecht analog zur Kaltmietenbegrenzung (Mietspiegel) ein Warmmietenspiegel einzuführen. Die Investoren und Betreiber sind erst dann im großen Umfang bereit, Energiesparmaßnahmen durchzuführen, wenn es den Marktwert ihrer Immobilie berührt. Ohne eine wesentliche Verschlechterung der passiven Energiegewinne eines Niedrigenergiegebäudes herbeizuführen, kann die Orientierung bis zu 90º aus der Südrichtung erfolgen (-2 bis 4 %). Für die aktive Nutzung der Solarenergie (hier: Solarthermie) sinken die Ertragswerte bei einer SW-SO-Orientierung um ca. 5 %, bei einer Westorientierung liegen sie bereits 30 % unter dem Optimum. Solarer Städtebau – ist finanzierbar Im Mehrgeschoßwohnungsbau wird ein vierfach besseres Kostenverhältnis für die Investition und den Betrieb von solarer Nahwärme erzielt als im Einfamilienhausbau. Die Systemkosten können derzeit durch großflächige Solaranlagen und Kollektoren als Dachhaut bis auf 850 DM/m2 Kollektorfläche gesenkt werden. Solare Versorgungskonzepte werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen, weil aufgrund der Niedrigenergiebauweise die Wärmedichte derart sinkt, daß auch die Wirtschaftlichkeit einer konventionell leitungsgebundenen Wärmeversorgung systemtechnisch bedingt abnimmt. Verkehrsmindernde Siedlungsstrukturen erfordern einen Bewußtseinswandel Siedlungsstruktur und Verkehrswegenetze sind eng miteinander veknüpft und bedingen sich gegenseitig. Verkehrsmindernde Siedlungsstrukturen sind neben der Schadstoffminderung auch aus Gründen der Verkehrssicherheit und eines verminderten Flächenverbrauchs zu realisieren. Der erforderliche Bewußtseinswandel bei den Akteuren und Bewohnern ist zudem über die Kostenwahrscheinlichkeit einzelner Verkehrserschließungssysteme herbeizuführen. Handlungsanforderungen: – Verankerung eines Energiedeckungsgrades von > 10 % durch erneuerbare Energien in der Energieeinsparverordnung bzw. den Landesbauordnungen (vgl. Schweiz und Saarland) – Vermarktung guter Beispiele solaren Städtebaus unter Hervorhebung der ökologischen, ökonomischen und sozialen Handlungsspielräume – Erhöhung der Energiekosten für fossile Energieträger über Steuern bzw. Abgaben – Novellierung der Stellplatzverordnungen der Länder – von der Stellplatzpflicht zur Stellplatzbegrenzung – Ausweisung von energetischen Sanierungsgebieten zur Förderung der Energieeinsparung im Gebäudebestand – Einführung und Etablierung eines Warmmietenspiegels im Zusammenspiel mit der mietrechtilchen Begrenzung der Warmmiete ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 Themenblock 4 Qualitätsvereinbarungen in der städtebaulichen Entwicklung Referate: – Qualitätsvereinbarungen als Instrument der Erfolgskontrolle städtebaulicher Entwicklung Dr. Manfred Fuhrich, Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung – Qualitätsverbesserungen bei Maßnahmen der Schadstoffminderung durch lokale Agenda 21: Viernheim Dr.-Ing. Harald Kissel, Stadtplanungsamt Viernheim – Qualitätsvereinbarungen zur Schadstoffminderung als „Stadt der Zukunft“: Modellstadt Heidelberg Beate Weber, Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg Neue Wege hinsichtlich der Qualitätsvereinbarung sowie der Erfolgskontrolle durch Meßgrößen, die im Sinne einer nachhaltigen Schadstoffminderung und Stadtentwicklung bürgernah vermittelbar sind, werden in einigen Modellorten begangen. Hierzu hat das Bundesbauministerium ein neues Forschungsfeld „Städte der Zukunft“ aufgelegt, über das ebenso wie über die Modellorte Viernheim und Heidelberg berichtet wurde. CO2-Barometer der Stadt Viernheim Quelle: Broschüre zum Modellprojekt „Brundtlandstadt“; Hrsg.: Hessisches Ministerium für Umwelt, Jugend, Familie und Gesundheit; 2. Aufl., Wiesbaden 1997 49 Schadstoffminderung im Städtebau 50 Qualitätsvereinbarungen als Instrument der Erfolgskontrolle städtebaulicher Entwicklung Dr. Manfred Fuhrich Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung Am Michaelshof 8 53177 Bonn Rückblick Die Vorbereitungsphase im ExWoSt-Forschungsfeld „Städte der Zukunft“ ist mit der förmlichen Unterzeichnung der Qualitätsvereinbarungen zwischen BMBau und den Modellstädten am 6. Oktober 1997 abgeschlossen worden, die praktische Umsetzung in den vier Modellstädten Münster, Heidelberg, Güstrow und Dessau hat begonnen. Die Auftaktveranstaltung zum Forschungsfeld fand am 13./14. November 1997 in der Modellstadt Münster statt. Inhalte waren die fachpolitische Einordnung des Forschungsfeldes in den HABITAT-II-Folgeprozeß durch das BMBau, die Vorstellung der Ziele, Inhalte und der ausgewählten Handlungsfelder des ExWoSt-Forschungsfeldes sowie der Ausgangssituation der Modellstädte und der geplanten Aktivitäten auf dem Wege zur „nachhaltigen Stadt“. Ergänzt wurden die Vorstellungen durch eine Übersicht über die deutschen Referenzstädte, die im Rahmen des Forschungsfeldes mitwirken. Der zweite Tag des Zukunftsforums diente der Präsentation und Diskussion der ausländischen Vergleichsprojekte unter der Moderation von International Council for Local Environmental Initiatives (ICLEI). Handlungsbereiche und städtebauliche Strategien des ExWoSt-Forschungsfeldes „Städte der Zukunft“ Handlungsfeld Grundlage für die Kooperationen des BMBau mit den Modellstädten ist der von der BfLR erstellte Strategiekatolog (BfLRArbeitspapiere 2/97), der die Ergebnisse und Erfahrungen des städtebaulichen Berichtes „Nachhaltige Stadtentwicklung“ und bisheriger ExWoSt-Forschungsfelder berücksichtigt. Das Positionspapier (BfLRArbeitspapiere 1/97) verdeutlicht die Zielsetzung des ExWoSt-Forschungsfeldes. Der inhaltlichen Vorbereitung der Qualitätsvereinbarungen dienten neben einer Reihe von bilateralen Verhandlungsrunden des BMBau mit den Modellstädten verschiedene Fachgespräche mit den Modellstädten und weiteren Beteiligten. Als Ergebnis der Erörterungen wurde die Zahl der ausgewählten städtebaulichen Strategien von 25 auf 21 in fünf städtebaulichen Handlungsfeldern reduziert. Einzelne Strategien wurden stärker auf die Wechselwirkungen zwischen Städtebau und anderen Fachgebieten ausgerichtet. Wesentlicher war der Verzicht auf quantitative Orientierungswerte für bestimmte Strategien. So wird es im Bereich des „haushälterischen Bodenmanagements“ darum gehen, anstelle von vorgegebenen Werten quantitative Aussagen aus den Erfahrungen der Modellstädte abzuleiten. Städtebauliche Strategie Haushälterisches Bodenmanagement B1 B2 B3 B4 B5 Reduzierung des Zuwachses an bebauter Siedlungsfläche Wiedernutzung städtischer Brachen und leerstehender Gebäude optimale Nutzung städtebaulicher Dichte Erhaltung und Vernetzung klimawirksamer Freiflächen Reduzierung der Bodenversiegelung Versorgender Umweltschutz U1 Energieeinsparung und Ausweitung des Anteils regenerativer Energien U2 Minderung der Luftschadstoffe und der Treibhausgase U3 Schutz und Pflege des Grundwassers und lokaler Wasservorkommen U4 Stärkung von Stoffkreisläufen und Reduzierung des Restmüllaufkommens Stadtverträgliche Mobilitätssteuerung M1 M2 M3 M4 Anbindung von Wohngebieten und Arbeitsstätten an den ÖPNV Reduzierung des Flächenbedarfs des motorisierten Individualverkehrs Ausbau des Fahrradwegenetzes Erhöhung der Aufenthaltsqualität für Fußgänger/innen Sozialverantwortliche Wohnungsversorgung W1 W2 W3 W4 Ressourcenschonender, kostensparender Wohnungsbau Versorgung von Wohnungssuchenden mit besonderem Wohnungsbedarf Förderung nachbarschaftlicher Selbsthilfe Sicherung wohnungsnaher Grundversorgung Standortsichernde Wirtschaftsförderung Ö1 Ö2 Ö3 Ö4 Sicherung innerstädtischer Wirtschaftsstandorte Schaffung wohngebietsverträglicher Arbeitsplätze Stärkung und Entwicklung innerstädtischer Zentren Gezielte Standortförderung für umweltschonende Betriebe ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 51 Am prozeßbegleitenden Erfahrungsaustausch nehmen neben den Modellstädten sechs deutsche Städte als „Referenzstädte“ teil (Altenburg, Bonn, Freiburg, Neuruppin, Nürnberg, Viernheim), mit deren Unterstützung die Fortschritte in den Modellvorhaben bewertet und eingeordnet werden können. Die Referenzstädte sollen kommunalpolitisch abgesicherte Anregungen für die vielfältige Palette von städtebaulichen Strategien liefern. ICLEI wiederum wertet die Ergebnisse der europäischen Vergleichsstädte prozeßbegleitend aus und steuert den grenzüberschreitenden Informationsfluß. – Verkehrsunfälle Reduzierung der Verkehrsunfälle mit Todesfolge und Körperverletzungen; Die Modellstädte haben sich zur Umsetzung einer Reihe quantitativer Ziele verpflichtet, wobei mit Mitteln des Bundes neben Bestandsaufnahmen in erster Linie Umsetzungsmaßnahmen gefördert werden. Zentral geht es im Forschungsfeld um die Umsetzung städtebaulicher Strategien, im Mittelpunkt des Bundesinteresses steht eine prozeßbegleitende Erfolgskontrolle. Neben qualitativen Zielen wurden folgende quantitativen Ziele vereinbart: – Siedlungsfläche Reduzierung des Zuwachses an bebauter Siedlungsfläche, Orientierung: Innenentwicklung vor Außenentwicklung im Verhältnis 3 : 1; Ausblick – CO2-Ausstoß Reduzierung des CO2-Ausstoßes im Gemeindegebiet um mind. 20 % bis 2005 bzw. um mind. 50 % bis 2010; – Wassergüte Verminderung des Nähr- und Schadstoffeintrags in den örtlichen Gewässern durch Unterschreitung der EU-Vorgaben; – Trinkwasser Begrenzung des Trinkwasserverbrauchs der privaten Haushalte auf unter 110 l pro Tag und Person; – Restmüll Begrenzung des nicht verwertbaren Restmüllaufkommens der privaten Haushalte auf unter 10 Liter bzw. 2,5 kg pro Woche und Person; – Modal-Split Umweltverbund (zu Fuß, Radfahren, Nutzung des ÖPNV) zu motorisiertem Individualverkehr (MIV) im Verhältnis von 2 : 1; – Aufenthaltsqualität Erhöhung des Anteils verkehrsberuhigter Quartiere (Tempo-30-Zonen) Neben den vorbereitenden Materialien (Arbeitshefte, Positionspapier, Strategiekatalog) sind bereits die ExWoSt-Informationen 22.1 (Vorstellung des Forschungsfeldes und der Modellstädte) und 22.2 (städtebauliche Strategien, Qualitätsvereinbarung) erschienen. Die öffentliche Berichterstattung über das Forschungsfeld in Form der bewährten „ExWoSt-Informationen“ soll im Zusammenhang mit dem Aufbau der www.-Präsenz des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus über ein Online-Forum „ZukunftStadt“ im Rahmen des Forschungsfeldes „Städte der Zukunft“ ergänzt werden. Das ICLEI-Gutachten zum Thema „europäische Vergleichsprojekte“ soll in einem einschlägigen Fachverlag veröffentlicht werden, eine Publikation zum Thema „Auf der Suche nach der Stadt von morgen“ als Beitragssammlung der Forscher/innen des Forschungsfeldes ist in Vorbereitung. Für 1998 sind in jeder Modellstadt jeweils drei Koordinierungssitzungen zur Abstimmung der Arbeitsschritte und drei Zukunftswerkstätten als Erfahrungsaustausch zwischen den Vertretern der Modellstädte und der ExWoSt-Forschung geplant. Im Rahmen jährlich durchgeführter „Zukunftsforen“, am 01.10.1998 in Heidelberg zum Thema „Städte der Zukunft – Städte der Bürger’, 1999 in Güstrow und 2000 in Dessau, wird der Verlauf des Forschungsfeldes der Fachöffentlichkeit vorgestellt und zur Diskussion gestellt. Zum Weltstädtebaukongreß werden die erreichten Fortschritte in den Modellstädten einer breiten Öffentlichkeit präsentiert. Schadstoffminderung im Städtebau 52 Qualitätsverbesserung bei Maßnahmen der Schadstoffminderung durch lokale Agenda 21: Viernheim Harald Kissel Amt für Stadtentwicklung und Umweltplanung Kettelerstraße 3 68519 Viernheim – Verbesserung der klimatischen Bedingungen, Bebauungsplänen bzw. Ausführungsplanungen auch der intensiven politischen Diskussion und sind gleichzeitig Instrumente der Bürgerinformation und -beteiligung. Sie tragen wesentlich zur Verwirklichung der eingangs genannten Ziele bzw. Leitideen bei. – Erhaltung, Wiederherstellung und Verbesserung der Natur- und Landschaftsfunktionen, Verwaltungsstruktur Leitbild Die Stadt Viernheim hat Mitte der 80er Jahre das Leitbild der „ökologischen Stadtentwicklung“ mit den Zielen der – Schonung der natürlichen Ressourcen, – Schaffung gesundheitsfördernder Lebens-, Arbeits- und Umweltbedingungen sowie – Information und Beteiligung der Bürger und der lokalen Wirtschaft formuliert. Darunter subsumiert ist die Zielsetzung der Schadstoffminderung in Verbindung mit städtebaulichen Qualitätsverbesserungen, daneben sind diese Ziele nur durch eine Strategie zum sozialen Marketing umzusetzen. Um die Umsetzung des Leitbildes „ökologische Stadtentwicklung“ bzw. der „Nachhaltigen Stadtentwicklung“ zu garantieren, bedarf es einer Umstrukturierung der Verwaltung. Auch hier hat Viernheim schon früh begonnen, neue Wege zu gehen, was sich u.a. an folgenden Maßnahmen festmachen läßt: – Errichtung eines Amtes für Stadtentwicklung und Umweltplanung 1986; – Aufbau von dezernats- und ämterübergreifender Arbeitsgruppen; – Schaffung einer Energieberaterstelle bei den Stadtwerken 1991; Planungsinstrumente Die Stadtentwicklung Viernheims wird geprägt durch das Wechselspiel formaler Planungen und informeller Pläne, z.B. – dem Szenario Stadtentwicklung Viernheim 2030, – der Städtebaulichen Rahmenplanung Innenstadt, – der Grünrahmenplanung Viernheim, – der Erholungsrahmenplanung, – städtebaulichen Gutachten wie „Standort und Marktgutachten“, klimaökologische Beurteilung der Hinterbauung in innerstädtischen Baublöcken und – der Durchführung von Planungswerkstätten zu Themen wie der „Detailplanung in den Blöcken des Sanierungsgebietes“, Rathauserweiterung, Entwicklung Tivoli-Park, Wohnnutzung auf der Fläche: „OEGWagenhalle“, Entwicklung Rhein-Nekkar-Einkaufszentrum, städtebauliche Entwicklungsmaßnahme „Bannholzgraben“. Alle diese Planungen und Planungsmethoden dienten neben der Vorbereitung von – Einrichtung der Stelle des Brundtlandbeauftragten 1994; – Einrichtung des Bürgerbüros 1996; – Ämterübergreifende Mitarbeiterschulungen zu verschiedenen Umweltthemen Öffentlichkeitsarbeit Die informellen Planungen bieten die Chance, eine größere Öffentlichkeit, aber auch die Fachbehörden in den offenen Planungsprozeß mit einzubeziehen. Darüber hinaus wurde eine Reihe von öffentlich wirksamen Veranstaltungen durchgeführt, mit der ein Verständnis für unsere Ziele geweckt wurde, wie – Bürgerinformationsabende, – Ausstellungen, – Umweltwettbewerbe (seit ca. 10 Jahren) u.a. Social-Marketing-Kampagne – Brundtlandstadt Der Titel Brundtlandstadt wurde Viernheim 1994 vom Hessischen Umwelt- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 ministerium verliehen. Viernheims zukunftsweisende Energiepolitik und die ökologische Stadtentwicklung fanden Anerkennung und damit Unterstützung für effektiven Klimaschutz. Brundtlandstadt, das heißt Energiesparstadt. Brundtlandstadt, das heißt vor allem, den eingeschlagenen Weg, z.B. mit Wärme, Strom und Wasser sparsamer umzugehen, den Einsatz erneuerbarer Energien zu fördern und beim Verkehr den Umweltverbund gezielt zu verstärken, fortzusetzen. Bis zum Jahr 2010 wollen wir in Viernheim die CO2-Emissionen um mindestens 30 % senken. Der Weg zu diesem Ziel setzt sich aus vielen kleinen Schritten zusammen und kann nur unter Beteiligung aller Bürgerinnen und Bürger gelingen. Mit Beginn des Brundtlandprojekts wurden diese Aktivitäten in eine professionelle SocialMarketing-Kampagne einbezogen. Der Aufbau der Kampagne ist dreiphasig: – Im ersten Schritt geht es um die Verbreitung der Grundinformation: Brundtland – Klimaschutz – CO2 -Reduzierung sollen als zusammengehörige Begriffe gesehen werden. – Die zweite Phase soll dazu dienen, die Bürger zu einer Verhaltensänderung im Sinne des Klimaschutzes zu motivieren. – In der dritten Phase soll erreicht werden, daß die gewünschte Verhaltensänderung mit einem positiven Image verbunden ist. Zur Kampagne gehört ein äußeres Image mit wiederkehrenden Symbolen, das sogenannte Corporate design, wie ein Logo, Broschüren, Plakate, eine bunte Zeitschrift sowie der Slogan „Klimaschutz, wir sind dabei“, der im Rahmen eines Wettbewerbs ermittelt wurde. Die Kampagne wird durch eine Aktion belebt, die sich rund um ein Treibhaus dreht, das als „CO2-Barometer“ dient und als Spiel organisiert ist. An die Stelle technikorientierter Einheiten rücken konkrete Handlungsvorschläge, die auf die Einleitung einer Verhaltensänderung abzielen, wobei die Hemmschwelle, sich zu beteiligen, gering ist. Die Psychologen nennen diesen Vorgang „foot in the door“Technik, d.h. wer erst einmal dabei ist, realisiert vielleicht später noch eine andere Maßnahme. Zur Belohnung des umweltbewußten Bürgers wurde die Viernheimer Klimaschutzwährung „GRO“ eingeführt. Die bei dem Kauf energiesparender Produkte oder für 53 klimaschützende Aktivitäten ausgegebenen GRO-Rabattmarken werden in einem Heft gesammelt. Ist es voll, erhält man als Lohn des eifrigen Sammelns einen bunten CO2 -Ball aus einem CO2-Treibhaus sowie eine Energiesparlampe. Für jeweils zehn ausgegebene CO2-Bälle wird von der Stadt Viernheim ein Baum gepflanzt, der sich mit dem Fortschritt der Aktivitäten zu einem „Brundtland-Hain“ entwickeln soll, womit ein neues, dauerhaftes Symbol entsteht. Neben der GRO-Marken-Aktion wird das Brundtlandprojekt im öffentlichen und gesellschaftlichen Leben der Stadt etabliert, z. B. bei der Frühjahrsmesse oder einem Radl-Markt. Anzeige der Brundlandt-Fachgeschäfte im Klima-Magazin Klare Quelle: Broschüre zum Modellprojekt „Brundtlandschaft“; Hrsg.: Hessisches Ministerium für Umwelt, Jugend, Familie und Gesundheit; 2. Aufl., Wiesbaden 1997 Ganz im Sinne des KampagnenKonzepts ist es dabei gelungen, sowohl die breite Bevölkerung als auch wichtige Zielgruppen und Multiplikatoren für die Mitorganisation zu gewinnen. Durch die aktive Einbindung von Schulen und Vereinen erreicht die Kampagne schrittweise die gewünschte Eigendynamik. In diesem Jahr gab es erstmalig auch eine sogenannte Brundtlandperformance, einen Jazztanz zum Projekt. In Zusammenarbeit mit einer Viernheimer Wochenzeitung erscheint jetzt das Klimaschutzmagazin KLARO, in dem vier- bis fünfmal jährlich über die Klimaschutzaktivitäten in Viernheim berichtet wird. Geplant ist des weiteren eine BrundtlandHomepage im Internet sowie ein KinoWerbespot, der von Mitgliedern der Jugendstadtverordneten-Versammlung gedreht wird. Ergebnisse und Ausblick In regelmäßigen Abständen werden die Viernheimer befragt, was sie über das Projekt wissen und was sie von bestimmten Aktionen halten. Das Thema Klimaschutz hat demnach in Viernheim einen hohen Stellenwert, da 93 % der Viernheimer die Aktivitäten zum Thema Klimaschutz für „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ halten. Die Ziele des Brundtlandprojekts finden einen breiten Konsens, das Problembewußtsein für den Klimaschutz ist ausgeprägt. 66 % der Bevölkerung äußern, daß sie „stolz darauf sind, daß Viernheim Brundtlandstadt Schadstoffminderung im Städtebau 54 ist“. Die Social-Marketing-Kampagne wird von zwei Drittel der Bevölkerung als „sehr gut“ bewertet. All diese Aktivitäten verstehen wir als Agenda 21-wirksame Methoden zur Schadstoffminderung. Der Brundtlandbericht war gewissermaßen die Basis für den Umweltgipfel 1992 in Rio. Deshalb ist nicht erstaunlich, daß eine Stadt wie Viernheim, die schon seit Mitte der 80er Jahre Agenda 21 betreibt, seit 1994 Brundtlandstadt ist. Qualitätsvereinbarungen zur Schadstoffminderung als „Stadt der Zukunft“: Modellstadt Heidelberg Beate Weber Oberbürgermeisterin der Stadt Heidelberg Postfach 520 69045 Heidelberg Nach über zweijähriger intensiver Beratung, an der sich alle Organisationen, Institutionen und Verbände (Wirtschaft, Gewerkschaften, Universität, Umweltverbände, Gemeinderäte) in einem Beirat beteiligt haben, ist ein neuer Stadtentwicklungsplan „Heidelberg 2010“ entstanden, der im Februar letzten Jahres fast einstimmig vom Gemeinderat beschlossen wurde. In der Präambel wird das entscheidende Ziel so festgeschrieben: „Heidelberg strebt eine Entwicklung an, die auch in Zukunft unter Bewahrung seiner unverwechselbaren Eigenart gleichermaßen sozial verantwortlich, umweltverträglich und wirtschaftlich erfolgreich ist. Es orientiert sich dabei am Ziel der regionalen und globalen Verantwortung im Sinne der Charta von Aalborg. Die Stadt Heidelberg will damit eine nachhaltige Entwicklung einleiten.“ Mit diesem neuen Stadtentwicklungsplan haben wir alle Voraussetzungen erfüllt, die von den UN-Konferenzen zur Umwelt und Entwicklung (Rio 1992) und HABITAT II (Istanbul 1996) an eine nachhaltige Entwicklung hin zu einer „Stadt der Zukunft“ gestellt worden sind. Wir haben zudem den besonderen Vorteil, daß der Stadtentwicklungsplan als „Lokale Agenda 21“ in das Verwaltungshandeln integriert ist. Damit könnte unsere Vorgehensweise auch ein Modell für andere Städte sein. Einen besonderen Schwerpunkt unserer städtischen Umweltpolitik – und einen wichtigen Bestandteil unserer Projekte im ExWoSt-Programm „Stadt der Zukunft” – bildet der Klimaschutz. Als Startschuß zum “Klimaschutz Heidelberg - gemeinsam gegen dicke Luft” haben wir 1991 ein kommunales Konzept zur CO2-Minderung und einen Maßnahmenkatalog speziell für Heidelberg entwickelt. Seitdem ziehen wir in ca. zweijährigem Rhythmus mit den CO2Umsetzungsberichten eine Bilanz der realisierten Maßnahmen und der erzielten Auswirkungen. Mit der 1992 verabschiedeten Energiekonzeption der Stadt Heidelberg wurden Zielvorgaben für den Ausbau der Fernwärmeversorgung aus Kraft-Wärme-Kopplung, für die Nutzung erneuerbarer Energien, den Aufbau von Energieberatungsangeboten, die Berücksichtigung des Klimaschutzes in der Bauleitplanung, konkrete Qualitätsanforderungen an den Energiestandard städtischer Neubauten und Sanierungsprojekte sowie an private Bauvorhaben auf städtischem Bauland festgelegt. Die Energiekonzeption legt weiterhin Leitlinien für die energiepolitischen Ziele, Tarifgestaltung und Dienstleistungsangebote der Stadtwerke Heidelberg AG fest. Die Energiekonzeption stellt damit eine zentrale stadtinterne Qualitätsvereinbarung dar. Als Ergebnis der Heidelberger Klimaschutzkonferenz „How to Combat Global Warming” wurde 1994 eine Zielvereinbarung zur CO2-Minderung um 20 % bis zum Jahre 2005 getroffen. Der dritte CO2-Umsetzungsbericht 1996 zeigt besonders für den CO2-Ausstoß der kommunalen Liegenschaften – trotz Flächenerweiterungen – ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 bezogen auf 1987 bis 1995 eine Reduzierung um 12 %; eine weitere Reduzierung ist abzusehen. Ebenfalls erfreulich ist die Entwicklung des CO2-Ausstoßes für die private Wohnungsbeheizung, der trotz erheblichen Wohnflächenzuwachses um 2 % gesenkt wurde. In der gesamtstädtischen Bilanz konnte dennoch ein Anstieg um 3 % nicht verhindert werden. Dieser Anstieg wurde vor allem durch beträchtliche Flächenzuwächse und Neubauten von Instituten im Umfeld der Universität verursacht. Neben technischen und baulichen Maßnahmen bilden – Öffentlichkeitsarbeit (Schulungen für die städtischen Hausmeister, Fortbildungsangebote für Handwerker, den Energie-Tisch Heidelberg, den Arbeitskreis Umweltwirtschaft Rhein-Neckar, das Verkehrsforum Heidelberg oder Workshops für das Neubaugebiet Wieblingen-Süd bis hin zum Schulprojekt der E-Teams) und – Kooperation mit allen beteiligten Akteuren die Schwerpunkte des Klimaschutzkonzeptes. Das Klimaschutzziel und eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung erfordern die Information und vor allem die Motivation vieler, damit sie in ihrem jeweiligen Wirkungskreis den Umweltschutz bei allen Entscheidungen berücksichtigen. Gemeinsam ist allen diesen Ansätzen ihre erst mittel- bis langfristige Wirksamkeit und damit schwierige Bilanzierbarkeit. Die „Heidelberger Gebäudetypologie” stellt für typische Altbauten die Wärmedämmaßnahmen und die möglichen Einsparungen dar: Im Mittel ist eine Verringerung des Energiebedarfs um 75 % möglich – ausschließlich durch heute erprobte und marktverfügbare Techniken und Materialien. Um dieses Potential zu erschließen, wurde eine Bürgerberatungsstelle eingerichtet, die eine kostenlose Energieberatung anbietet. Wir haben ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem die Wärmedämmung von Außenwänden, Dächern und Fenstern sowie der Bau von Niedrigenergiehäusern und Solarkollektoren zur Warmwasserbereitung unterstützt werden. Damit alle beteiligten Akteure an einem Strang ziehen und in ihrem jeweiligen Bereich den Energiespar- und Klimaschutzgedanken berücksichtigen, entstand der 55 „Energie-Tisch Heidelberg Bauen und Sanieren”, an dem Vertreter von Handwerk, Architekten, Industrie, Wohnungsbaugesellschaften und -eigentümern, Mietern, Umweltschutzverbänden, der Verbraucherzentrale, der Stadt und der Stadtwerke seit 1995 in regelmäßigen Sitzungen gemeinsame Konzepte zur Energieeinsparung entwickeln. Resultate der Arbeit des Energie-Tisches sind die Einführung des Heidelberger Wärmepasses, die Erarbeitung der „Heidelberger Gebäudetypologie“ und die Gründung der Klimaschutzund Energieberatungsagentur Heidelberg und Nachbargemeinden gGmbH KLIBA in diesem Jahr. Zu den Hauptaufgaben der KLIBA gehört es, die Kooperation mit dem Handwerk, den Wohnungsbaugesellschaften und den Architekten zu intensivieren. Demzufolge wurde die KLIBA im Haus des Handwerks angesiedelt. Aktuelles Projekt ist eine Marktförderungskampagne für Solarkollektoranlagen zur Warmwasserbereitung in Verbindung mit einem Schulungsangebot für Handwerksbetriebe. Die Verbreitung neuer Umweltstandards bedarf neben intensiver Überzeugungsarbeit und Fortbildung vor allem praktischer Beispiele. In einem Neubaugebiet hat die städtische Wohnungsbaugesellschaft eine Niedrigenergiehaus-Wohnanlage mit 68 Wohnungen im sozialen Wohnungsbau er- Podium auf der BMBau-Fachtagung „Mehr Klimaschutz im Städtebau durch Qualitätsmanagement“ v.li.n.re.: Dr.-Ing. Harald Kissel, MD Prof. Dr.-Ing. Ehm, Fr. Beate Weber, Dr. Manfred Fuhrich Schadstoffminderung im Städtebau 56 richtet. Der Heizwärmebedarf dieser Wohnanlage liegt um über 30 % unter den Anforderungen der Wärmeschutzverordnung. Berücksichtigt man zusätzlich die Einsparung durch die Solarkollektoranlage, den Gas-Brennwertkessel und die Lüftungsanlage, so liegen die CO2-Emissionen bei nur 50 % der Emissionen konventioneller Bauvorhaben. Erfreulicherweise liegen die Baukosten im normalen Rahmen der vergleichbaren Wohnungsbauprojekte. de Anforderungen an den Energiestandard zu stellen. Ich appelliere daher an alle Beteiligten, bei der bevorstehenden Ausarbeitung der Energiespar-Verordnung den Niedrigenergiehaus-Standard konsequent umzusetzen. Gebäude sind diejenigen Investitionen in unserer Volkswirtschaft mit der längsten Nutzungsdauer. Eine weitere wichtige Forderung im Umfeld der geplanten Energiespar-Verordnung ist daher, den Städten und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, in Bebauungsplänen oder per Satzung über die Energiespar-Verordnung hinausgehen- Städte und Gemeinden können mit den dargestellten Instrumenten sowohl im Rahmen ihrer traditionellen Aufgaben als auch mit freiwilligen Maßnahmen zur Motivation von Akteuren und der Koordinierung von Projekteneffektiven Klimaschutz betreiben. Den erforderlichen Haushaltsmitteln stehen Gewinne für den Umweltschutz sowie für die örtliche Wirtschaft gegenüber. Beim kommunalen Gebäudebestand sind deutliche und rentable Senkungen der Energiekosten möglich. Eine über 50%ige Steigerung der ÖPNVNutzung und 25 % mehr Radwege in Heidelberg zeigen die Chancen einer lokal und regional betriebenen Politik des Umstiegs auf den Umweltverbund. Leider werden diese positiven Ergebnisse durch den Zuwachs der Zulassungszahlen und der stärkeren Nutzung von Autos im Endeffekt wieder konterkariert. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 57 Themenblock 4 Qualitätsvereinbarungen in der städtebaulichen Entwicklung Ergebnisse: Handlungsanforderungen: Meßbare Qualitätsvereinbarungen ermöglichen eine Erfolgskontrolle – Modellvorhaben bzw. Anschubfinanzierungen für Öko-Audit in Kommunen (insbesondere mit Klimaschutzbezug) sind zu fördern – erste Zertifizierungen sind zu vermarkten Klimarelevante Gesichtspunkte sind bei allen kommunalen Entscheidungen (von der Beschaffung bis zur städtebaulichen Planung) einzubeziehen. Aufbauend auf einer Umweltanalyse (-prüfung) sind im Rahmen eines kommunalen Öko-Audits Entwicklungsziele im Umweltprogramm festzuschreiben, aber vor allem deren Umsetzung im Umweltmanagementsystem zu dokumentieren sowie die Effekte in der Umwelterklärung darzustellen und zu validieren. Nur über vielfältige Aktionen der Öffentlichkeitsarbeit und vorbildliches Verhalten der Kommunen im Bereich des städtebaulichen Klimaschutzes kann auf der Grundlage von Erfolgskontrollen und deren Vermarktung der eingeforderte Bewußtseinswandel der Bürger und Akteure initiiert werden. Insgesamt führt dies zu einem breiten Konsens und zu mehr Problembewußtsein und damit Engagement für den Klimaschutz. Meßbare Qualitätsvereinbarungen machen den Klimaschutz im Städtebau vermittelbar Der städtebauliche Klimaschutz muß von oben gewollt und von unten betrieben werden und bedarf auf allen Ebenen viel persönlichen Engagements. Langfristige Realisierungszeiten im Städtebau sind politisch schwer zu vermitteln, eine „große Lösung“ ist jedoch nicht möglich, deshalb sind zur Motivation Zwischenerfolge herauszuarbeiten. Das Argument der Kosteneinsparung durch Energieeinsparung und damit Klimaschutz ist am einfachsten zu vermitteln. – Verpflichtung der Regionen und Kommunen zum Monitoring – Klimaschutzbericht ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 59 Themenblock 5 Qualitätssicherung im baulichen Wärmeschutz Referate: – Von der Wärmeschutzverordnung zur Energiesparverordnung Prof. Dr.-Ing. Herbert Ehm, Ministerialdirigent, Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau – Anforderungen des baulichen Wärmeschutzes und Erfahrungen mit der Qualitätssicherung in der Schweiz Conrad U. Brunner, Architektur-Energie-Umwelt, Zürich – Qualitätsfallen auf dem Weg zur Niedrigenergiebauweise Dr. habil. Claus Kahlert, ebök Tübingen – Chancen und Perspektiven der Baustoffhersteller bei Einführung der Energieeinsparverordnung Hans Peters, Geschäftsführer der Poroton-GmbH für Bundesverband Steine und Erden, Frankfurt a.M. – Die neue Energiesparverordnung im Verhältnis zum Nutzerverhalten Elisabeth Scholdra, Bundesarchitektenkammer, Bonn – Schadstoffminderung im Altbau – vernachlässigte Zukunftschance? Univ.-Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser, Universität Gesamthochschule Kassel Als Ausblick wurden im fünften Themenblock die erhöhten Qualifätsanforderungen in der neuen Energiesparverordnung vorgestellt. Erfahrungen zur Niedrigenergiebauweise im Stadtteil FreiburgRieselfeld sowie der Qualitätssicherung in der Schweiz lieferten ergänzende Hinweise zur Thematik des baulichen Wärmeschutzes. Schließlich wurden die Anforderungen der neuen Enegiesparverordnung aus der Sicht der Baustoffhersteller und der Bundesarchitektenkammer bewertet. Den Schlußpunkt der Fachtagung setzte der Vortrag zum Thema Schadstoffminderung im Altbau – vernachlässigte Zukunftschance? Energiekennwerte unterschiedlicher wärmetechnischer Standards Quelle: Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt Schadstoffminderung im Städtebau 60 Von der Wärmeschutzverordnung zur Energiesparverordnung Prof. Dr.-Ing. Herbert Ehm Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau Deichmanns Aue 53179 Bonn Die nach dem Energieeinsparungsgesetz vom Juli 1976 erlassenen Verordnungen haben neben Fördermaßnahmen dazu beigetragen, daß im Gebäudebestand bis Mitte der 90er Jahre eine Reduzierung des spezifischen nutzflächenbezogenen Heizenergiebedarfs von rd. 30 % erreicht werden konnte. Neubauten nach den Anforderungen der 2. Wärmeschutzverordnung (WSchVO) 1982/84 weisen einen Heizenergiebedarf von im Mittel 150 kWh/m2*a auf. Die 3. WSchVO, seit Anfang 1995 in Kraft, führt bei neuen Gebäuden zu einer Senkung des Heizwärmebedarfs um durchschnittlich 30 % im Vergleich zur 2. WSchVO. Ein NEH-Standard ist Gegenstand der geplanten Energieeinsparverordnung. Weiterentwicklung der Normung Eine Fortschreibung der WSchVO muß der Entwicklung im Bereich der Normung und insbesondere der europäischen Harmonisierung Rechnung tragen, wie zukünftigen Prüf- und Berechnungsnormen für die thermische Bauphysik sowie Normen für wärmeschutzrelevante Produkte. Das „wärmetechnische Verhalten von Gebäuden“ für Wohn- und wohnähnliche Nutzung wird in der europäischen Berechnungsnorm EN 832 beschrieben, an der sich die geltende Wärmeschutzverordnung mit ihrem Wärmebilanzverfahren und der internationalen Grundnorm ISO 0164 orientiert. Eine Verbindung zwischen der europäischen Norm, den national zu ergänzenden Randbedingungen sowie der in der Verordnung gewählten Heizperiodenbilanzierung stellt die deutsche Vornorm DIN V 4108-T 6 her. von einer Reihe von Vereinfachungen aus, die beim derzeitigen Anforderungsniveau keinen nennenswerten Einfluß auf die Vergleichbarkeit des Nachweisergebnisses mit Praxisergebnissen haben. Bei verschärftem Anforderungsniveau ist eine Diversifizierung vor allem hinsichtlich der unterschiedlichen Nutzungsarten der Gebäude erforderlich: Der beim Nachweis ermittelte Bedarfswert eignet sich dann besser als Prognosewert für den Energieverbrauch. Zusammenfassung der Wärmeschutzund der Heizungsanlagenverordnung zu einer „Energieeinsparverordnung“ Bei weiterer Absenkung des Wärmebedarfs gewinnt das Zusammenspiel zwischen dem Gebäude und der Heiztechnik weiter an Bedeutung. Je kleiner der Unterschied zwischen Wärmeverlusten und Fremdwärme wird, desto anspruchsvoller werden die Anforderungen an die Regelung der Heizungsanlage. Je kleiner der „Umsatz“ einer Heizungsanlage ist, desto stärker fallen Bereitschaftsverluste des Systems ins Gewicht. Vor diesem Hintergrund ist beabsichtigt, die WSchVO zu einer „Energieeinsparverordnung“ fortzuentwickeln, in die z.B. Regelungsinhalte der Heizungsanlagen-Verordnung in geeigneter Weise einbezogen werden sollen. Geltende Wärmeschutzverordnung und Fortschreibung der bauphysikalischen Randbedingungen Damit kann auch den bekannten Kritikpunkten an der geltenden Heizungsanlagen-Verordnung begegnet werden, da nunmehr ein Anreiz zu einem ganzheitlichen, energetisch günstigen Gesamtkonzept für ein Gebäude gegeben wird. Daneben wird die Heizungsanlagenverordnung hinsichtlich der Dämmregeln flexibler gestaltet, um den Erfordernissen der Wärmeversorgung von Gebäuden mit niedrigem Heizwärmebedarf Rechnung zu tragen. Die 3. WSchVO orientiert sich beim Nachweisverfahren an einer Wärmebilanz: Anforderungsgröße ist ein normierter Heizwärmebedarf, definiert als „diejenige Wärme, die ein Heizsystem unter den Maßgaben des in Anlage 1 angegebenen Berechnungsverfahrens jährlich für die Gesamtheit der beheizten Räume dieses Gebäudes bereitzustellen hat“. Sie geht Für die Einbeziehung der Regelungsziele der Heizungsanlagen-Verordnung ist eine Grundlage in Form einer Regel der Technik erforderlich. Seit 1996 wird an einer Norm zur Beschreibung und Berechnung der Effizienz von Heizungssystemen unter dem Arbeitstitel „Energetische Bewertung von heiz- und raumlufttechnischen Anlagen“ gearbeitet. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 61 Konzeption für eine künftige Energiesparverordnung Im Einklang mit der europäischen Norm soll die Hauptanforderungsgröße der künftigen Energieeinsparverordnung, der Heizenergiebedarf „Q“, sich auf Endenergie beziehen. Der ausgewiesene Energiebedarfs-Kennwert korrespondiert mit der Summe der an den Energiezählern des Gebäudes ablesbaren und zu bezahlenden Verbräuche für Heizung und ggf. Wärmewasserbereitung. Für Neubauten soll nach der künftigen Verordnung eine neue Anforderung für eine Energieeinsparung von rd. 30 % festgelegt werden. Ein Bezug allein auf die Endenergie greift allerdings zu kurz. Während bei der klassischen Zentralheizung alle Verluste für Erzeugung und Verteilung innerhalb des Gebäudes anfallen, finden sich bei einer Fernwärmeversorgung und der Elektroheizung die Äquivalente hierfür außerhalb des Gebäudes. Die Substituierbarkeit bautechnischer gegen anlagentechnische Energiesparmaßnahmen ist gezielt zu begrenzen, so daß auf baulicher Seite der gegenwärtige Standard nicht in Frage gestellt wird. Mit einer Energieträger- und heizsystemabhängigen „Plafondierung“ des Heizwärmebedarfs QH kann das Anforderungsniveau der Verordnung am „Referenzfall“ mit einer zeitgemäßen Anlagentechnik, für die Mindestanforderungen in der Verordnung enthalten sind, kalibriert werden. Beim Referenzfall teilen sich – ohne Einbeziehung der Warmwasserbereitung – die Verluste zwischen Gebäude und Anlagentechnik etwa im Verhältnis 8 : 2 auf: Der Gesamtnutzungsgrad des Heizsystems beträgt also 80 %. Eine Verbesserung der Heizungssysteme mit heutigen Techniken kann den Gesamtnutzungsgrad bis auf rd. 95 % erhöhen. Die Plafondierung ermöglicht dann mittels einer Nebenanforderung abhängig vom System bzw. dem eingesetzten Energieträger eine Berücksichtigung des Aspektes der Wirtschaftlichkeit. So erhält ein Gebäude mit einem Energieversorgungssystem, das einen hohen Anteil an erneuerbaren Energien nutzt, einen Vorteil durch Verschiebung der Grenze in Richtung höherer zulässiger Heizwärmebedarfswerte. Es handelt sich um eine primärenergetische „Bewertung“. Eine 100%ige primärenergetische Bewertung hätte zur Folge, daß bei primärenergetisch sehr günstigen Systemen auf einen energiesparenden Wärmeschutz verzichtet werden könnte und bei primärenergetisch ungünstigen Systemen wegen zusätzlicher Einsparungen die baulichen Maßnahmen so stark belastet würden, daß sie technisch-wirtschaftlich nicht mehr ausgeführt werden könnten. Ein hohes Wärmeschutzniveau muß vorhanden sein, um einen möglichst effektiven Einsatz erneuerbarer Energien zu ermöglichen. Eine Umsetzung der Anforderungen allein auf primärenergetischer Basis ist nicht möglich. Maßnahmen im Gebäudebestand Bereits in der 2. WSchVO wurden Anforderungen an bestehende Gebäude aufgenommen und in der Wärmeschutzverordnung 1994/95 fortgeschrieben. Bei- Bilanzformel nach EN 832 Q + QR = QH + QW Heizenergiebedarf Hauptanforderungsgröße der Energiesparverordnung + QT Verluste der Anlagentechnik Wärmegewinn aus Umwelt Beitrag erneuerbarer Energien Wärmebedarf für Warmwasserbereitung (optional, nur Wohngebäude) Heizwärmebedarf = Transmission + Lüftung – (interne+solare) Gewinne analog 3. WSchVO – Nebenanforderungen der Energiesparverordnung Schadstoffminderung im Städtebau 62 spielsweise muß ein Eigentümer oder Nutzer bei bestimmten Erneuerungen an Außenbauteilen oder Anlagenkomponenten energiesparende Anforderungen beachten. Die Anforderungen wurden mit der Neufassung der Verordnung 1995 um heiztechnische Maßnahmen erweitert und verschärft. Sie haben für die Umsetzung der CO2-Reduktionsziele entscheidende Bedeutung, da vor der Einführung der energiesparenden Anforderungen (1977) errichtete Gebäude etwa 90 % der gebäudebezogenen CO2-Emissionen verursachen. Im heizungstechnischen Bereich weisen bestimmte Maßnahmen eine besonders hohe Wirtschaftlichkeit auf, hier können Nachrüstungsverpflichtungen wie z.B. für vor 1978 errichtete Anlagen begründet werden. Für bauliche Maßnahmen wiederum kommen Nachrüstungsverpflichtungen aus Gründen der Wirtschaftlichkeit in der Regel nicht in Betracht. Andererseits muß der Vollzug der für bestehende Gebäude geltenden Vorschriften der Wärmeschutzverordnung und der Heizungsanlagen-Verordnung verbessert werden. Zusammenfassung Das beabsichtigte neue Anforderungsniveau kann technisch und wirtschaftlich ohne Probleme umgesetzt werden. Das Nachweisverfahren stützt sich auf die DIN EN 832 ab, alternativ ist auch eine Heizperiodenbilanzierung vorgesehen. Als Hauptanforderung ist die Begrenzung des rechnerischen Endenergiebedarf vorgesehen, als Nebenanforderung eine Plafondierung des Jahresheizwärmebedarfs. Der Ansatz wird zu einer integrierten Gebäudeplanung beitragen, so daß künftig bereits in der Vorplanung wichtige Elemente der Heizungs- und Anlagentechnik festgelegt werden müssen. Anforderungen des baulichen Wärmeschutzes und Erfahrungen mit der Qualitätssicherung in der Schweiz Conrad U. Brunner Energieplaner und Architekt CUB Architektur & Energie & Umwelt CH-8001 Zürich Einführung Die Verminderung des spezifischen Energieverbrauches für Wärme und Elektrizität (und damit die Schadstoff- und Klimabelastung) hat in den letzten 20 Jahren bei Wohn- und Verwaltungsbauten in der Schweiz eine sprunghafte Entwicklung durchgemacht. Wissenschaftliche Basis Einige der früheren Mißverständnisse, Ängste und Ammenmärchen gegen das Niedrigenergiehaus sind geklärt und inzwischen von der wissenschaftlichen Gemeinde anerkannt: Atmende Außenwände, Massenwirkung von Außen- und Innenelementen, hohe Wärmedämmung versus Sonnenbestrahlung, Wasserdampfhaushalt und Schimmelpilz bei dichteren Fensterfugen, Radonbelastung bei geringerem Luftwechsel etc. Neue Materialien, Konstruktionen und Apparate Durch Verbesserungen der Gebäudehüllen sind die spezifischen Wärmeverluste von Gebäuden von 100 W/m² auf 20 bis 30 W/ m² bei tiefsten Außentemperaturen gesunken. Dadurch sind die Beiträge der „Freien Wärme“ (Sonneneinstrahlung, elektrische und Personenwärme) für den Heizenergie- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 bedarf größer und ihre regeltechnische Beherrschung wichtiger geworden. Weitere stilbildende Innovationen betreffen den Brenner für Öl oder Gas mit kleiner und regulierbarer Wärmeleistung und sehr hoher durch die Ausnutzung des Brennwertes bei niedertemperaturigen Verteilsystemen. Innovative Quellüftungssysteme mit besserer Luftspülung bei geringerem Außenluftanteil und Wärmeverlust sind im Markt erhältlich. Außerdem sind im Bereich der Lampen und Leuchten Sprünge im Dreieck Lichtfarbe, Lichtausbeute und Designanforderungen geschehen. In Nebenbereichen, wie bei Umwälzpumpen oder raumorientierten Steuerungs-, Regelungs- und Überwachungssystemen, sind graduelle Verbesserungen erfolgt. Normen und Standards In der Schweiz sind in den drei maßgeblichen Sektoren des Energieverbrauchs in Gebäuden (Wärmebedarf und -erzeugung, elektrische Energie, Lüftungs- und Klimaanlagen) normative Grundlagen eingeführt. Im Bereich der seriellen Elektroapparate sind Anstrengungen zur Intensivierung des Labels „Energie 2000” im Gange. Wichtig sind dabei Einführungsund Schulungskurse sowie unterstützende Hilfsmittel für die Praktiker (EDV-Berechnungsprogramme, Fallbeispiele etc.), um die Akzeptanz zu verbessern und die Einführung zu beschleunigen. 63 Alternativen werden entweder freiwillige Vereinbarungen oder ökonomische Anreize oder Zertifikate gewünscht. Immerhin werden 1999 die beiden hängigen Volksinitiativen (Energie- und Umweltinitiative sowie Solar-Initiative) zur Abstimmung gelangen und möglicherweise zum erstenmal monetäre Maßnahmen ins Spiel bringen. Hindernisse und Anreize Die übrigen Hindernisse (Unkenntnis der Planer, Bauherren und Unternehmer, administrative Barrieren, geringe Verfügbarkeit und mangelnde Zuverlässigkeit neuer Technologien) sind in vielen Themenbereichen ausgeräumt. Einen wichtigen Beitrag haben dazu die staatlich geförderten Impuls-Programme zur Weiterbildung im Bereich Wärmetechnik, Elektrotechnik, Solartechnik und bauliche Erneuerung sowie zeitlich begrenzte Investitionsprogramme geliefert. In der gegenwärtigen konjunkturellen Situation und der hohen Anzahl der Beschäftigungslosen hat sich allmählich auch die Erkenntnis durchgesetzt, daß Investitionen und Ausbildungsprogramme im Bereich der Energieeffizienz eine nachhaltige Veränderung und Belebung der Beschäftigung darstellen. Bisher sind immerhin ca. 10 000 neue Arbeitsplätze direkt durch „Energie 2000”-Effekte2 ausgewiesen worden. Stand der Umsetzung am Bau Gesetzliche Vorschriften In der Arbeitsteilung Bund/Kantone wacht der Bund sorgfältig über den Nachvollzug der Bundesvorschriften auf kantonaler Ebene. Dazu wird regelmäßig eine synoptische Auswertung der kantonalen Vollzugsvorschriften im Rahmen des „Energiepolitischen Programmes”1 veröffentlicht und werden säumige Kantone öffentlich gemahnt. Wichtig ist dabei, daß es bei weitem nicht nur um die klassische Wärmedämmung, sondern um die integralen Energieeffizienz bei Gebäuden – alten und neuen – geht. Verschiedentlich ist Ermüdung und Überdruß auf politischer Ebene über die Vielzahl unterschiedlicher baupolizeilicher Energievorschriften geäußert worden. Als Die Ende der 70er Jahre mit den Impulsprogrammen „Wärmetechnische Gebäudesanierung” und „Haustechnik” eingesetzte Arbeit zur Verbesserung des Wissentransfers von Forschern zu Praktikern sowie die berufsbegleitende Ausbildungsgänge für „Energiefachleute” haben sich bewährt. Ein Fachverband der Energieberater wacht über die Sachkenntnisse seiner Mitglieder. Ein Programm „Energiestadt” zur Unterstützung der Gemeinden im Rahmen ihrer Kompetenzen, energetisch und ökologisch richtig zu handeln, ist bereits in 60 Städten etabliert. Damit soll allerdings nicht der Eindruck erweckt werden, daß überall alles perfekt läuft: Nur systematische Stichproben der Ausführung auf der Baustelle durch die vollziehenden Bauorgane kann mittelfri- (1) Bundesamt für Energie: Stand der Energiepolitik in den Kantonen, Bern 1997 (2) Infras: Beschäftigungswirkung der Ressortaktivitäten von Energie 2000 und der erneuerbaren Energien in der Schweiz, Bern 1997 Schadstoffminderung im Städtebau 64 Entwicklung der durchschnittlichen Energiekennzahlen für Wärme von ölbeheizten Wohngebäuden im Kanton Zürich Energiekennzahl in MJ/m2a Gebäudebaujahr 1980-82 800 1983-84 700 1985-86 600 1987-88 500 1989-92 400 300 200 100 50 1975-79 40 1970-74 1960-69 30 1947-59 vor 1920 20 1920-46 10 0 60 Energiebezugsfläche Mio. m2 Gebäudebaujahr Quelle: R. Kriesi, AWEL Kanton Zürich stig grobe Fehler eliminieren und das allgemeine Qualitätsniveau anheben. Quantitative Wirkung (3) T. Püntener et al.: Auswertung Baugesuche 1990 – 1997, Zürich 1998 (unveröffentlicht) (4) R. Kriesi. Die Entwicklung des spezifischen Energieverbrauchs bei Gebäuden im Kanton Zürich, Zürich 1998 (unveröffentlicht) (5) K. Eckerle, Prognos. Der Energieverbrauch 1990 – 1996, Basel 1997 Aufgrund verschiedener Langzeituntersuchungen ist es möglich, die Wirkung der Energiesparvorschriften und -programme zu belegen. Eine wichtige Datenbank wird von der Energieberatungsgruppe der Stadt Zürich (0,4 Mio. Einwohner/innen) über den baupolizeilichen Vollzug bei Neu- und Umbauprojekten3 geführt. Daraus ist abzuleiten, daß der geforderte (und 1997 neuerlich abgesenkte) Grenzwert des Heizenergiebedarfs eingehalten wird (werden muß) und daß insgesamt etwa die Hälfte sogar freiwillig 10 bis 30 % unterhalb des Grenzwertes liegen. Der so erzielte Mittelwert hat sich in der von 1992 bis 1998 beobachteten Periode leicht von 94 auf 86 % verbessert. Eine seit mehreren Jahren existierende und laufend verbesserte Datenbank ist im Kanton Zürich (1,1 Mio. Einwohner/innen) auswertbar. Dabei werden Gebäudedaten und Energieverbrauchswerte nach einheitlicher Bottom-up-Methode erfaßt, zugeordnet und ausgewertet.4 Daraus lassen sich für ölbeheizte Wohnbauten Verminderungen des spezifischen Energieverbrauchs von einem Höchstpunkt um 770 MJ/m²*a auf heute 470 MJ/m²*a (ca. 60 %) für die Gebäudegruppe 1989-1992 ableiten. Seit 1990 werden auf Stufe Schweiz von Prognos im Auftrag des Bundesamtes für Energie im Rahmen der Energieperspektiven mit den sogenannten „Ex-Post-Analysen” im Top-Down-Verfahren die Parameter des spezifischen Energieverbrauchs aller Sektoren ermittelt und quantifiziert.5 Für den Gebäudesektor sind dadurch inzwischen gut abgestützte Reihen von 1990 bis 1997 für die Entwicklung des Gebäudebestandes und deren -fläche, deren Ausrüstung, Energiesystem und -träger sowie deren spezifischen Energieverbrauch vorhanden. Korrekturen für die Preisentwicklung, das Klima etc. lassen gute Aussagen über die Beiträge der baulichen und technischen Effizienzmassnahmen sowie der erneuerbaren Energie zu. Zwischen 1990 und 1996 wird dabei im Haushaltssektor ein spezifischer Minderverbrauch aus dem Raumwärmebereich von 8,3 %, dem Warmwasserbereich von 1,5 % und von Kochen und elektrischen Geräten von 0,5 %, insgesamt 10,3 % ausgewiesen. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 65 Qualitätsfallen auf dem Weg zur Niedrigenergiebauweise Einleitung Die konsequente Einführung der Niedrigenergiebauweise im Neubau und (mit gewissen Abstrichen) im Bestand ist der entscheidende Schritt im Rahmen der Bemühungen um einen verbesserten Klimaschutz im Städtebau. Die erfreuliche Botschaft aus erfolgreichen Projekten lautet: Das Ziel läßt sich ohne exotische Materialien oder Konstruktionen erreichen. Darüber hinaus sind eine erhöhte Bauschadensfreiheit, ein verbessertes Raumklima und bessere Luftqualität Aspekte, welche sich als Synergismen der Heizenergieersparnis auch in anderen Bereichen, wie etwa der Gesundheitsvorsorge, positiv auswirken. Erfolgreiche Niedrigenergiehäuser dürfen jedoch keine Zufallsprodukte sein; sie müssen im Rahmen der heute üblichen Planungs- und Baupraxis zu üblichen Kosten (sprich: vertretbaren Mehrkosten) erstellt werden. Einen Teil dieser Mehrkosten erfordert die der erhöhten Qualität des Produkts angepaßten Aufwendungen bei Planung und Ausführung. Das Knowhow über die hierfür notwendigen Maßnahmen ist heute noch nicht Gemeingut. Hier liegt die Aufgabe einer Qualitätssicherung, die fachlich auf Defizite hinweist bzw. überzogene und teure Lösungen vermeidet. werden. Darüber hinaus sollten auch bereits in der Konzeptphase Zielwerte für die Luftdichtheit der Gebäudehülle und die Effizienz der haustechnischen Anlagen festgelegt werden. Bleibt es bei dem „Pflichtnachweis“ eines Fachplaners, so kann das gebaute Objekt den Zielwert erreichen – oder auch nicht. Häufig wird das Ziel nach dem Nachweis vergessen oder ist zumindest nicht mehr planungsrelevant. Das notwendige Übel des Nachweises, etwa nach dem Freiburger Verfahren, läßt sich zum Vorteil wenden, indem das Rechenverfahren als Planungswerkzeug genutzt wird. Immer dann, wenn die Planung eine neue Abstraktionsstufe erreicht, erfolgt eine Rückkopplung. Für die Raumwärme bedeutet dies, daß in der Entwurfsphase mit bauphysikalischen Rechenwerten operiert wird und diese in der Werkplanung mit adäquaten Konstruktionen hinterlegt werden. Nach Erarbeitung der Anschlußdetails läßt sich der Einfluß von Wärmebrücken aufzeigen und einarbeiten - die verwendeten Wärmebrückenverlustkoeffizienten sind dabei häufig ein Nebenprodukt von Untersuchungen zur Tauwasserfreiheit. Schließlich müssen die verwendeten Materialien und Ausführungsqualitäten die Planung umsetzen. Jede Änderung muß aber, unter Berücksichtigung aller erkennbarer Folgen, wohlbegründet sein, und der Entscheidungsprozeß sollte sorgfältig dokumentiert sein. Qualitätsfallen Qualitätvolle Lösungen sind nicht immer die technisch besten, sondern die der Problemstellung am besten angepaßten. In einem langen Planungs- und Bauprozeß tun sich zahlreiche Möglichkeiten auf, sich so weit vom Optimum zu entfernen, daß die Erfüllung der Mission gefährdet wird. Die Stellen, an denen diese Gefahr besonders groß ist oder weitreichende Folgen zu erwarten sind, sind Qualitätsfallen. Die Kontinuitätsfalle Am Anfang jeden Projektes sollte eine Vision stehen, aus der sich konkrete Ziele für das Vorhaben formulieren lassen. Für die Energie ist das Ziel die Reduzierung des Heizenergiebedarfs. Diese Vorgabe muß planerisch realisiert und nachgewiesen Die Kommunikationsfalle Der heute noch vielfach übliche sequentielle, architektenzentrierte Planungsablauf verhindert, daß die einzelnen Fachplaner ihren Beitrag und ihre Verantwortung für das Gelingen des Gesamtunternehmens korrekt einschätzen. Im Rahmen eines integralen Planungsansatzes bilden alle Beteiligten für die gesamte Projektlaufzeit ein Planungsteam. Dabei werden in jeder Phase die Belange aller relevanten Gewerke berücksichtigt. Beispielsweise kann bei entsprechender Qualität der Gebäudehülle und dem Einsatz einer hochwertigen Lüftung auf Heizkörper an den Außenwänden verzichtet werden, was die Wirtschaftlichkeit von Grundrissen erheblich beeinflußt. Dieser Ansatz erfordert einen erhöhten Dr. habil Claus Kahlert ebök - Ingenieurbüro für Energieberatung, Haustechnik und ökologische Konzepte Reutlinger Straße 16 72072 Tübingen Schadstoffminderung im Städtebau 66 Gegenüberstellung der Projektphasen im Rahmen eines „seriellen“ und eines „integrierten Planungsablaufes“ Planungsphase Konzeptphase Integrierter Planungsablauf Serieller Planungsablauf Architekt Bauherr Bauherr Architekt Statik Bauphysik Architekt und Fachingenieure TEAM Vorentwurfsphase Entwurfsplanung TEAM Heizung Lüftung Ausführungsplanung Architekt Bauphysik Licht Akustik Elektro Bauleitung Fachkoordination Bauleitung und Fachkoordination Zeitaufwand, welcher in der Regel jedoch durch günstigere Baukosten und eine bessere Qualitäten des Endprodukts mehr als kompensiert wird. Als weiterer Aspekt sollte nicht übersehen werden, daß die personelle Kontinuität des Planungsprozesses gestärkt wird. Die System-/ Detailfalle Kleine Ursachen besitzen oft große Folgen. Ein unzureichend gedämmter Sturz ruiniert nicht die Energiebilanz eines Hauses, kann aber zu Tauwasserausfall und Schimmelbildung führen. Gebäude sind komplexe Gebilde, deren Nutzungsqualität sich im (geplanten) Zusammenwirken verschiedener Komponenten manifestiert, für eine erfolgreiche Planung und Ausführung ist das Denken in solchen Systemen erforderlich. Wenn, wie in dem oben erwähnten Beispiel, die Schwäche einer Komponente durch eine andere Komponente ausgeglichen werden kann und dieses Zusammenspiel in seiner Struktur erkannt ist, läßt sich anhand der relevanten Kategorien, etwa Geld, Raumklima, Lufthygiene etc., abwägen, wo sich die vorhandenen Ressourcen am effektivsten plazieren lassen. Für Niedrigenergiehäuser bedeutet dies, daß ein verbesserter Wärmeschutz in der Fläche auch Wärmebrückenlösungen von ähnlicher Qualität erfordert. Ebenso sind erhöhte Anforderungen an die Luftdichtheit der Gebäudehülle zu stellen, einerseits dann, wenn Lüftungsanlagen zur Erfüllung ihrer Aufgabe solches erfordern, andererseits, weil die kleinere installierte Heizleistung Zugerscheinungen nicht mehr so „effektiv“ kompensieren kann. Die Produktfalle Heute wird am Markt eine fast unüberschaubare Palette „energiesparender Produkte“ angeboten, die Summe dieser Komponenten liefert jedoch keine optimale Energieeinsparung, lediglich maximierte Kosten. Die einzelnen Bauteile in dem System „Haus“ müssen abgestimmt zusammenwirken, um ihre Stärken entfalten zu können und damit auch kosteneffizient zu sein. Eine Wärmedämmung auf einem dämmenden Stein ist ebenso fehlangepaßt wie eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, die einem schlechten Dämmstandard über die Hürde der Wärmeschutzverordnung verhelfen soll. Im Zusammenhang mit der Produktauswahl tritt in den letzten Jahren als weiterer Aspekt die Frage der Ökobilanz zunehmend in den Vordergrund, wobei neuere Untersuchungen zeigen, daß die Nutzung eines Gebäudes den bei weitem dominierenden Faktor darstellt. Das zeigt auf, wie groß das Einsparpotential bei der Nutzung noch ist, bevor der Energieeinsatz für eine Sparmaßnahme so groß wird wie die Einsparung, die er bewirkt. In den nächsten Jahren dürfte die heute noch weit verbreitete Unsicherheit zu diesem Thema einer routinemäßigen Bilanzierung der Ökoindikatoren weichen. Die Inspektionsfalle Niedrigenergiebauweise stellt nicht nur erhöhte Anforderungen an die Planung, sie verlangt auch bei der Ausführung mehr Sorgfalt und Präzision – zusammen mit einer qualifizierten Überwachung, wobei jedoch der Baufortschritt hierdurch nicht gebremst werden darf. Da sich ein Niedrigenergiehaus mit bekannten Produkten und Techniken erstellen läßt, besteht die Haupttätigkeit der Qualitätssicherung in „vertrauensbildenden Maßnahmen“. Die Überwachung kann dann, wenn auch intensiviert, im üblichen Rahmen erfolgen. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 Die andere zentrale Aufgabe bildet eine Prüfung „zur richtigen Zeit am richtigen Bauteil“. Eine erste Prüfung der Luftdichtheit wird dann anberaumt, wenn die luftdichtende Schicht installiert, aber noch zugänglich ist. Bei Gegenwart der Handwerker können diese einerseits unmittelbar nachbessern, falls dies notwendig ist, andererseits erleben sie die Funktionsfähigkeit ihres Produkts - was in aller Regel Motivation und Sorgfalt steigert. 67 Resümee Eine Qualitätssicherung ist in erster Linie eine prozeßorientierte Unterstützung des Planungsteams, die von außen, aber auch aus dem Team kommen kann. Das Ziel, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu liefern, wird dadurch erreicht, daß einerseits an strategisch wichtigen Stellen dezidierte Impulse gesetzt werden und andererseits in kontinuierlicher Kleinarbeit ein Abgleiten in den „alten Trott“ verhindert wird. Chancen und Perspektiven der Baustoffhersteller bei Einführung der Energiesparverordnung Klimaschutz und Schadstoffkonzentrationen in städtischen Strukturen werden durch die Faktoren Verkehr, Industrie, Kleinverbraucher (Handel, Handwerk, Verwaltung etc.) und Haushalte geprägt. Daneben ist die Verwendung von unterschiedlichen Energieträgern ein entscheidender Faktor zur Beeinflussung der Emissionsfaktoren. So würde allein die Umstellung auf den schadstoffarmen Energieträger Erdgas in den Haushalten die CO2-Emissionen für die Wärmeerzeugung um ca. 30 % reduzieren. Das hier erkannte erhebliche Energie- und damit CO2-Minderungspotential im Wohnungsbestand sowie bei Neubauten führte schließlich 1994 zur dritten Novellierung der Wärmeschutzverordnung sowie zu dem Beschluß, bis zur Jahrtausendwende eine weitere Verschärfung des Anforderungsniveaus vorzunehmen. Verbindliche Vorgaben soll es nach wie vor nur für den Neubau geben, für den Gebäudebestand daneben eine Nachrüstpflicht bei der Sanierung oder dem Ersatz von Bauteilen. In Deutschland existieren zur Zeit ca. 36 Mio. Wohnungen, deren mittlerer Energieverbrauch ca. 200 kWh/m²*a für Raumwärme beträgt, als energetisch sanierungsbedürftig sind letztendlich ca. 24 Mio. Wohnungen einzuschätzen. Die Anpas- sung dieses Bestands an das Niveau der gültigen Wärmeschutzverordnung würde eine CO2-Minderung von ca. 50 % bewirken! Die entscheidenden Reduktionsmöglichkeiten liegen damit im Gebäudebestand. Unter dem Gesichtspunkt, daß Gebäude langlebige Wirtschaftsgüter sind, zunehmende Wohnflächen auch zunehmende Emissionen bedingen, ist eine Anpassung der wärmeschutztechnischen Anforderungen an den jeweiligen Stand der Bautechnik sinnvoll, auch wenn sie keinen kurzfristigen Beitrag zur CO2-Minderung liefern kann. Gebäudebestand In Deutschland werden zur Zeit ca. 150 Mrd. DM für die Sanierung und Modernisierung des Wohnungsbestandes ausgegeben, nur ein Bruchteil davon mit dem Ziel einer energetischen Sanierung. Das wesentliche Argument ist die Unwirtschaftlichkeit dieser Maßnahmen, diese liegt aber im wesentlichen an den mietund steuerrechtlichen Gegebenheiten. Dieses grundlegende Problem kann auch durch eine Energieeinsparverordnung nicht aufgehoben werden. Auch Aktionen Hans Peters Deutsche POROTON GmbH 53639 Königswinter Schadstoffminderung im Städtebau 68 Anzahl der energetisch sanierten Wohnungen im Verhältnis zum Gesamtwohnungsbestand Wohnungen (Mio.) Wohnungen Als Regelungsinstrument stößt allerdings die Energieeinsparverordnung an der Schnittstelle zur Aufklärungspflicht sowie zur Honorierung volkswirtschaftlicher und ökologischer Vorteile an ihre Grenzen. Kommunen, Länder und der Bund sind aufgefordert, ihrer Hinweis- und Förderpflicht nachzukommen. Neubau energ. saniert gem. WSchV ‘84 gem. WSchV ‘95 Quelle: Deutsche POROTON GmbH, Königswinter 1998 von Bundesländern wie die Zulassung höherer Mieten bei besonders hohem baulichen Wärmeschutz waren nicht sinnvoll, weil i.d.R. die Einsparungen beim Heizenergieverbrauch geringer sind als die zulässigen Mieterhöhungen und die höheren Renditen die baulichen Mehraufwendungen nicht abdeckten. Bei einer energetischen Sanierung des Bestands sind zukünftige Energiepreissteigerungen in Verbindung mit sowieso anfallenden Kosten bei erforderlichen Sanierungsarbeiten sowie volkswirtschaftliche, ökologische und gesundheitliche Aspekte zu berücksichtigen. Bereits die beiden erstgenannten Faktoren machen einige Verbesserungsmaßnahmen am Gebäudebestand rentabel. Insbesondere weist auch der „Dritte Bericht über Schäden an Gebäuden“ des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau auf die Notwendigkeit einer qualitativ hochwertigen Gebäudesanierung hin, die im Grundsatz mit einer energetischen Verbesserung gekoppelt sein muß. In der Gesamtbreite der Anwendungsfälle (Dach, Wand, Fenster, Keller) stehen inzwischen zahlreiche Sanierungskonstruktionen zur Verfügung. Notwendig ist, auch weitere Aspekte wie beispielsweise die Bauwerkserhaltung und den Schallschutz zu berücksichtigen. Mittlerweile stellen alle Systemanbieter qualitativ hochwertige, abgestimmte Systeme bereit, die zugleich eine deutliche Verbesserung des Lärmschutzes der Fassaden bewirken. Über 4 Mio. Menschen wollen in den nächsten Jahren Wohneigentum erwerben, wobei die entscheidenden Faktoren kostengünstige Bauweisen sowie die angemessene Ausweisung von geeignetem, preiswertem Bauland sind. Preiswertes Bauen bis hin zu 1 600 DM/m² Wohnfläche konnte durch eine ganze Reihe von Demonstrativvorhaben in massiver Bauart nachgewiesen werden. Umgesetzt wurden hierzu im wesentlichen beschleunigte Bauabläufe über optimierte Baustoffe und -verfahren oder auch elementierte Bauweisen. Die energetische Qualität der Gebäudehülle hat dabei im wesentlichen nicht gelitten. Zum energiesparenden Bauen haben Modellbauvorhaben unter industriellen Randbedingungen nachgewiesen, daß Niedrigenergiehäuser bis hin zu Null-Energiehäusern schon heute in der Praxis umzusetzen sind. Erhöhter Planungsaufwand sowie der Rückgriff auf Sonderlösungen werden mit zunehmender Erfahrung und Nachfrage zur Praxis werden und Standardlösungen weichen. Die umfangreichen Studien zu diesen Projekten zeigen deutlich die Energieeinsparpotentiale, aber auch das Preis- / Leistungsverhältnis der einzelnen Maßnahmen. Wie im Bestand sind Heizsysteme und Energieträger das größte schadstoffmindernde Potential. Hieraus ergibt sich zwingend eine übergeordnete, d. h. auf die Gesamtenergie eines Gebäudes bezogene Betrachtungsweise. Die Fortschreibung der energiesparrechtlichen Anforderungen an den Stand der Technik ist daher unbestritten und sinnvoll. Kompakte Siedlungsstrukturen mit einer optimierten Erschließung weisen erheblich geringere Emissionen aus. Neubaugebiete sollten an die Gasversorgung angeschlossen sein und eine weitgehende Nutzung von Solarenergie ermöglichen. Dies kann durch strukturelle Vorgaben und die Ge- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 69 bäudeausrichtung oftmals kostenneutral umgesetzt werden. Vorgaben zur Verwendung erneuerbarer Energien können in Bebauungspläne aufgenommen und an Fördermittel gekoppelt werden. Kurze Wege reduzieren verkehrliche Emissionen. Das beste Niedrigenergiehaus oder gar NullEnergiehaus weit vor den Toren der Stadt ist kontraproduktiv. Zusammenfassung Die wesentlichen Energie- und Schadstoffminderungspotentiale liegen im Gebäude- bestand. Nur über die Verbesserung der baulichen- und anlagetechnischen Ausstattung der vorhandenen Gebäude können effizient, zeitnah und dauerhaft Energie und damit klimarelevante Emissionen eingespart werden. Die Nachführung der ordnungsrechtlichen Anforderungen an die Weiterentwicklung der Bau- und Anlagetechnik im Neubaubereich ist ein sinnvoller Schritt im Sinne der Ressourcenschonung. Eine wesentliche CO2-Reduktion kann kurzfristig nur über eine Änderung der steuerrechtlichen Situation erreicht werden. Die neue Energiesparverordnung im Verhältnis zum Nutzerverhalten Die derzeit gültige 3. Wärmeschutzverordnung (WSchVO) ist seit 1. Januar 1995 in Kraft und orientiert sich bereits am Niedrigenergiehausstandard. Erstmals wird mit dieser Verordnung eine differenzierte Beschreibung und Zusammenfassung der Verlustgrößen (Transmissions- und Lüftungswärmeverluste) unter möglicher Einbeziehung mechanischer Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung realisierbar. Ebenso sind mögliche solare und interne Wärmegewinne einzubeziehen, der spezifische Jahres-Heizenergiebedarf ist in Anlehnung an sogenannte Energiekennzahlen zu ermitteln. Die Erfahrungen mit der baulichen Umsetzung der 3. WSchVO haben gezeigt, daß Architekten sehr wohl in der Lage sind, energetisch bessere Entwurfslösungen zu erarbeiten und auszuführen. Zur Durchsetzung des postulierten Zieles ist es aber zwingend notwendig, die geltende WSchVO in diesem Sinne weiter fortzuschreiben, da der Gebäudesektor hinsichtlich der CO2-Emissionen bzw. deren Reduktion eine entscheidende Rolle einnimmt. Bis 1997 soll von der Bundesregierung eine WSchVO-Novelle vorgelegt werden, indem bei Neubauten der Heizwärmebedarf um weitere 25 bis 35% reduziert werden soll. Es besteht weitgehende Einigkeit darüber, durch die zur Verfügung stehende Technik und durch die rasante Entwicklung bei Baumaterialien und Produkten weitere Verschärfungen auch hinsichtlich des EnEG wirtschaftlich durchsetzen zu können. Ein weiterer Grund für die angestrebte Novelle ist, daß für Wohn- und wohnähnliche Nutzung das wärmetechnische Verhalten von Gebäuden in der europäischen Berechnungsnorm DIN EN 832 dargestellt wird. Auf diese Norm hin muß daher eine deutsche Verordnung abgestimmt werden. Zur Realisierung weiterer Einsparpotentiale ist das auf größtmögliche Effizienz abgestimmte Zusammenwirken zwischen Gebäude und Heizungsanlage von großer Bedeutung. Es ist geplant, die WSchVO zu einer umfassenden Energiesparverordnung weiterzuentwickeln, in der Regelungsinhalte der Heizungsanlagen-Verord- Elisabeth Scholdra Bundesarchitektenkammer Königswinterer Straße 709 53227 Bonn Schadstoffminderung im Städtebau 70 nung in geeigneter Weise berücksichtigt werden. So wird dem allgemeinem Wunsch nach einem Energiekennwert entsprochen, der mit der Summe der an den Energiezählern des Gebäudes ablesbaren und zu bezahlenden Verbräuchen für Heizung und Warmwasserbereitung korrespondiert. Zur Berücksichtigung der unterschiedlichen Randbedingungen der einzelnen Systeme der Wärmeversorgung können laut Verordnungsgeber zwei verschiedene Wege beschritten werden: – Zum einen werden für die unterschiedlichen Arten der Wärmeversorgung auch unterschiedliche Anforderungskurven vorgegeben, deren Höhe sich streng am Gebot der Wirtschaftlichkeit des Energieeinsparungsgesetzes und an primärenergetischen Bewertungen orientiert. Aufgrund der unterschiedlich hohen Investitionskosten der Systeme, der unterschiedlichen Preise der einzelnen Energieträger und dessen Bewertung ergeben sich größere Spielräume für den baulichen Wärmeschutz. – Zum anderen kann man die systembedingten Unterschiede der Heizsysteme mit derselben Nebenanforderung egalisieren, mit der auch die Substituierbarkeit der baulichen und anlagentechnischen Energiesparmaßnahmen begrenzt wird. Durch Verschieben der daraus resultierenden Grenze soll abhängig vom verwendeten System bzw. den eingesetzten Energieträgern der Primärenergieeinfluß und der Aspekt der Wirtschaftlichkeit berücksichtigt werden. Primärenergetisch günstige Versorgungsformen sollen einen Vorteil durch Verschiebung der Grenze in Richtung höherer zulässiger Werte bezüglich des erhalQH-Jahres-Heizwärmebedarfes ten, Systeme mit großen Verlusten sollen niedriger QH-Werte bekommen. Für Maßnahmen im Gebäudebestand gelten seit der 2. WSchVO „bedingte Anforderungen”, wonach bei bestimmten Erneuerungen an Außenbauteilen oder Anlagenkomponenten energiesparende Anforderungen zu beachten sind. Generelle Nachrüstungspflichten für Maßnahmen im Bestand kommen lt. Meinung des Verordnungsgebers aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nicht in Betracht. Dabei haben Maßnahmen zur wärmetechnischen Verbesserung des Gebäudebestandes eine entscheidende Bedeutung für die Umset- zung der CO2-Reduktionsziele. Ca. 90 % der gebäudebezogenen CO2-Emissionen werden durch Gebäude, die vor Einführung der energiesparenden Anforderungen (1977) errichtet worden sind, verursacht, der Heizenergiebedarf eines wirtschaftlich optimal gedämmten Gebäudes ist nach einer durchgeführten Sanierungsmaßnahme dreimal niedriger. Das Gesamtvolumen des Gebäudebestandes und die Kopplung der energetischen Verbesserung mit ohnehin fälligen Arbeiten läßt erwarten, daß das Einsparpotential frühestens in 30 bis 50 Jahren erschlossen sein wird, auch wenn ab sofort jede Gebäudesanierung energetisch optimal ausgeführt werden würde. Ein solches Programm der wärmetechnischen Sanierung beträfe in Deutschland 15 Mio. Wohn- und Gewerbegebäude. Setzt man einen Modernisierungszyklus von durchschnittlich 30 Jahren voraus, sind umfassende Arbeiten an 500 000 Gebäuden pro Jahr zu prognostizieren. Dies entspricht etwa einem zusätzlichen jährlichen Bauvolumen von ca. 20 Mrd. DM. Zur Aktivierung des vorhandenen energetischen Einsparpotentials im Gebäudebestand erscheint es sinnvoll, von staatlicher Seite attraktive finanzielle Anreize zu schaffen, die über die bisherigen Förderprogramme weit hinausgehen. So könnten zum einen die CO2-Emissionen nachhaltig reduziert, zum anderen positive Effekte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erzielt werden. Die Architektenschaft ist also aufgefordert, sich aktiv und kompetent mit diesem Komplex auseinanderzusetzen und dieser Herausforderung positiv entgegenzutreten. Nach der Darstellung der technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen stellt sich nun die Frage, welche Rolle der Nutzer in diesem doch recht komplizierten System der unterschiedlichsten Abhängigkeiten spielt. Welche Rolle kann der Architekt als vermittelnder Moderator zwischen Gesetz und Nutzer bzw. Bauherr einnehmen? Der Energiebedarf von Gebäuden hängt u.a. mit dem Nutzerverhalten hinsichtlich seiner Lüftungsgewohnheiten zusammen. Die Luftdichtigkeit der Gebäudehülle war lange ein Stiefkind der bundesdeutschen Baudiskussion. Die Einschätzung des Themas „Luftdichtigkeit von Gebäuden“ hat sich nicht zuletzt aufgrund der fortschrei- ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 tenden Entwicklung im Niedrig-Energiehausbereich und der Zunahme von konvektionsbedingter Feuchteschäden verändert. Das tatsächliche Verhalten des Nutzers weicht jedoch mehr oder weniger stark von den erwähnten idealtypischen Bedingungen ab. Dies ist der Grund für die bei Gebäuden auftretende Streuung der im realen Betrieb gemessenen Energieverbrauchswerte gegenüber den theoretischen Rechenwerten. Bei gleicher wärmetechnischer Ausstattung können die Verbräuche um den Faktor 2 bis 9 differieren. Daraus ergibt sich die Frage: Ist der Aufwand für die Niedrigenergiebauweise (Heizwärmebedarf unter 70 kWh/(m²*a)) gesamtwirtschaftlich zu vertreten, wenn das Verhalten der Nutzer so unterschiedlich zu bewerten ist? Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die das Verhalten des Nutzers hinsichtlich seines Energieverbrauches beeinflußen. Ich möchte an dieser Stelle nur einige exemplarisch nennen, wie z. B.: – psychologisch-persönliche Faktoren beeinflussen das subjektive Temperaturempfinden; – finanziell-materielle Faktoren bestimmen die Energiekosten; – technische Faktoren beeinflussen Regelung und Wartung der Haustechnik; – gesellschaftliche Wertediskussion beeinflußt Einstellung zum Themenkreis „Ökologie“. Anhand dieser Aufzählung wird deutlich, wie komplex und wechselseitig die Abhängigkeiten sind, die letztendlich das Nutzerverhalten bestimmen. Lange Zeit wurde mit viel Skepsis und Zweifel dem Gedanken der „Energieeinsparung“ begegnet, weil das Nutzerverhalten die hohen Investitionen wieder zunichte machen würde. Die in der Zwischenzeit errichteten und im Heizenergieverbrauch gemessenen Niedrigenergiehäuser ermöglichen die Überprüfung dieser vorgebrachten Zweifel. Aufgrund von Untersuchungen und präziser Messungen des Heizenergieverbrauchs bei einer großen Anzahl von Wohnungen in konventionell errichteten Gebäuden und in Niedrigenergiehäusern ergibt sich: Die Niedrigenergiebauweise ist ein funktionsfähiges, in sich 71 Elisabeth Scholdra und MD Prof. Dr. Peter Ehm Quelle: B.&S.U., Berlin schlüssiges Konzept, das auch gesamtwirtschaftlich betrachtet die notwendige Reduzierung des Verbrauchs der Energieressourcen gewährleistet. Die berechneten Heizwärmebedarfswerte werden im Durchschnitt immer erreicht, so daß man behaupten kann, Niedrigenergiehäuser schaffen die Voraussetzung zum Energiesparen. Die Verbrauchswerte glichen sich im Durchschnitt aller Nutzer einer Wohnanlage aber wieder aus, so daß der errechnete niedrige Heizwärmeverbrauch erreicht wird. Interessanterweise wird durch den Vergleich mit älterer Bausubstanz deutlich, daß die Technik des Niedrigenergiehauses den Nutzern erst die Möglichkeit gibt, Energie einsparen zu können. Wärmedämmung, passive Solarenergienutzung, Dichtheit der Gebäudehülle und effiziente Heiztechnik erledigen die Aufgabe des Energiesparens vom Nutzer unabhängig, so daß keinerlei Einschränkungen in den Ansprüchen hinzunehmen sind. Pointiert kann man feststellen: Auch bei üblich individuell unterschiedlich ausgeprägtem Nutzerverhalten treten die angestrebten niedrigen Verbrauchswerte ein. Damit liegen die tatsächlichen Energieverbräuche von Niedrigenergiehäusern noch weit unter denen von ungedämmten, konventionell errichteten Wohngebäuden. Darüber hinaus existieren noch Einsparpotentiale durch ein weitergehendes überlegtes, umweltschonendes und sparsames Verhalten des Nutzers. Schadstoffminderung im Städtebau 72 Der Architekt hat die Verpflichtung und Verantwortung, aufgrund dieser Kenntnisse und des Wissens um dieser Zusammenhänge eindeutig zum Wohle der Gemeinschaft Stellung zu beziehen. Dabei haben Architekten durch ihre Ausbildung die besondere Fähigkeit, komplexe Anforderungen einer Bauaufgabe umweltgerecht in Architektur so umzusetzen, daß ein Inter- essenausgleich aller Beteiligten stattfindet. Die Ausbildung des Architekten als Generalist ist seine Stärke im Planungs- und Bauprozeß und beschreibt seine Rolle als Moderator. Künftig müssen Gebäude mehr als bisher funktionellen Ansprüchen genügen, längere Lebensdauer haben, weniger Energie verbrauchen, sorgfältiger gestaltet sein und sich besser in die Umgebung einfügen. Schadstoffminderung im Altbau – Vernachlässigte Zukunftschancen – Prof. Dr.-Ing. Gerd Hauser Universität Gesamthochschule Kassel Gottschalkstraße 28 34109 Kassel Ausgangslage Der Wohnungsbestand umfaßte 1990 in Deutschland 33,8 Mio. Wohneinheiten (WE) mit einer Wohnfläche von 2 698 Mio. m². Die energetische Beschreibung des Wohngebäudebestandes kann durch insgesamt 46 repräsentative Gebäudetypen erfolgen, wobei 30 Typen zur Kennzeichnung des Bestandes der alten Bundesländer und 16 für die neuen Bundesländer notwendig sind. Im flächengewichteten Durchschnitt ergibt sich für ein Normaljahr (langjährige Mittelwerte der meteorologischen Daten) für die alten Bundesländer ein Jahres-Heizwärmebedart von 162 kWh/m²*a und für die neuen Bundesländer von 204 kWh/m²*a. Einsparpotentiale (1) Born, R.; u.a.: Empirische Überprüfung der Möglichkeiten und Kosten, im Gebäudebestand und bei Neubauten Energie einzusparen und die Energieeffizienz zu steigern (ABL und NBL). Institut Wohnen und Umwelt, Darmstadt 1995. (2) Kolmetz, S. und Rouvel, L.: Nutzenergiebedarf für Raumwärme in der Bundesrepublik Deutschland. Lehrstuhl für Energiewirtschaft und Kraftwerkstechnik, Universität München Oktober 1993 Die Wärmeschutzverordnung ’95 verlangt in bestimmten Fällen bei erstmaligem Einbau, Ersatz oder Erneuerung von Außenbauteilen bestehender Gebäude die Einhaltung vorgegebener Wärmedurchgangskoeffizienten. Bei Einhaltung aller dieser Werte würde allmählich der Gebäudebestand auf das Wärmeschutzniveau der Verordnung ’95 gebracht werden. Hierdurch lassen sich für die einzelnen repräsentativen Gebäudetypen Einsparungen am Jahres-Heizwärmebedart erzielen.1 Die dabei angesetzten A/V-Werte sind entnommen.2 Multipliziert man diese spezifischen Bedarfe mit der dazugehörigen Wohnfläche und berücksichtigt einen Nutzungsgrad des Heizsystems von 0,8, ergibt sich für den gesamten Wohngebäudebestand eine jährliche Energieeinsparung von 309 Mrd. kWh. Dies entspricht einer Minderung von 63 %. Bei unveränderter Struktur der Heizenergieträger und Heizsysteme würde hieraus eine CO2-Emissionsminderung von 74 Mio. t resultieren. Könnte demgegenüber sogar das für 1999 anvisierte Wärmeschutzniveau mit einer 30 %igen Absenkung des Jahres-Heizwärmebedarfs gegenüber der WSchVO ’95 im Wohngebäudebestand erreicht werden, so betrüge die jährliche Energieeinsparung des gesamten Wohngebäudebestandes 385 Mrd. kWh, entsprechend einer Minderung von 78 %, und die CO2-Minderung beliefe sich auf 92 Mio. t. Werden demgegenüber nur wirtschaftliche Maßnahmen durchgeführt, ergeben sich bei einem Energiepreis von 0,06 DM/kWh folgende flächengewichtete Heizwärmebedarfe – alte Bundesländer 101 kWh/m²*a = -38 % Absenkung – neue Bundesländer 95 kWh/m²*a = -53 % Absenkung ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 73 Ein typisches „freistehendes Ein- und Zweifamilienhaus, Baujahr 1969 bis 1978“ Quelle: Born, R. u.a.: Empirische Überprüfung der Möglichkeiten und Kosten, im Gebäudebestand und bei Neubauten Energie einzusparen und die Energieeffizienz zu steigern (ABL und NBL). Darmstadt 1995 Bautechnische Realisierungsmöglichkeiten Die Möglichkeiten zur Realisierung des gesamten Wärmeschutzniveaus sollen an Hand des Gebäudetyps „freistehendes Einund Zweifamilienhaus 1969 bis 1978“ aufgezeigt werden. Das A/V-Verhältnis dieses Gebäudetyps beträgt 1,07 m-1, das Bruttovolumen 514 m³, die Wohnfläche 158 m² und der kmWert 0,59 W/(m²*K) (2). Nach dem Rechenansatz der WSchVO ’95 ergibt sich ein Transmissionswärmebedarf von 128 kWh/(m²*a). Um das Heizwärmebedarfsniveau der WSchVO ’95 zu erreichen, muß der Transmissionswärmebedarf auf 80,6 kWh/(m²*a) abgesenkt werden. Dies ist bereits allein durch neue wärmeschutzverglaste Fenster und durch eine 5,5 cm dicke Wärmedämmung der Außenwände in Form eines Wärmedämmverbundsystems oder einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade erreichbar. Dabei sei jedoch darauf hingewiesen, daß eine derart dünne Dämmstoffschicht nicht sinnvoll ist – vielmehr sollte gleich eine Dicke von 12 bis 15 cm realisiert werden. Um das voraussichtliche Heizwärmebedarfsniveau der Energieeinsparverordnung (ESVO) ’99 zu erreichen, muß der Transmissionswärmebedarf auf 47,2 kWh/(m²*a) abgesenkt werden. Dies kann z. B. erzielt werden, indem – alle Fenster durch wärmeschutzverglaste Fenster ausgetauscht werden, – im Dach raumseitig eine zusätzliche Untersparrendämmung von 8 cm angeordnet wird, – die Außenwände 12 cm Dämmstoff in Form eines Wärmedämmverbundsystems oder einer vorgehängten, hinterlüfteten Fassade erhalten und – die Kellerdecke unterseitig mit 4 cm Dämmstoff verkleidet wird. Hierbei handelt es sich um oftmals bewährte, praktisch umfangreich erprobte Standardlösungen zur Heizenergieeinsparung. Das Einsparpotential anlagentechnischer Maßnahmen ist dabei noch nicht berücksichtigt. Schadstoffminderung im Städtebau 74 (3) Hauser, G.: Brauchen wir künftig ein Gebäudezertifikat? DBZ 44, 1996, H. 11, S. 171–174 (4) Behring, K.; u.a.: Gesamtwirtschaftliche Wirkungen einer Wiedereinführung und Verstetigung der steuerlichen Abschreibung für energiesparende Maßnahmen im Gebäudebestand. ifo Institut, München, April 1997 (5) Hauser, G. und Hausladen, G.: Energiekennzahl zur Beschreibung des Heizenergiebedarfs von Wohngebäuden. Hrsg.: Gesellschaft für Rationelle Energieverwendung e.V., Berlin. Energiepaß-Service Hauser & Hausladen GmbH, Baunatal 1991 (6) Dritter Bericht über Schäden an Gebäuden. Deutscher Bundestag, 13. Wahlperiode, Drucksache 13 3593, Januar 1996. Des weiteren: Bundesministerium für Wirtschaft: Energiedaten ’96. Nationale und internationale Entwicklung. Bonn, Oktober 1996 Fischedick, M.; u.a.: Kritische Anmerkungen zur RWI/ifo-Studie „Gesamtwirtschaftliche Beurteilung von CO2-Minderungsstrategien“. Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie im Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen, Februar 1997 Hauser, G., Stiegel, H. u.a.: Heizenergieeinsparung im Gebäudebestand. Baucom-Verlag, Böhl-Iggelheim, September 1996 Rossin, R.; u.a.: Gebäudetypologie und spezifischer Energiebedarf für den Wohngebäudebestand in den neuen Bundesländern. Institut für Lüftung, Heizung und Grundlagen der Bautechnik, IHLGB Berlin 1991 Politische Realisierungsstrategien Die Notwendigkeit einer umfangreichen energetischen Sanierung des Gebäudebestands ist unumstritten und die technischen Lösungen sind bekannt.3 Zu deren Realisierung können folgende Mittel beitragen: – Energiesparverordnung Mit Übergangsfristen die Herbeiführung vorgegebener Jahres-Heizenergiebedarfe verlangen. (vgl. Einführung der Thermostatventile) – Energiesteuer/CO2-Abgabe Einführung einer EU-weiten Energiesteuer, die mit Kosten für energiesparende Maßnahmen verrechnet werden darf. (vgl. Abwasserabgabe) – Förderungen Anstelle direkter Förderungen indirekte Förderungen über verstetigte Abschreibungsmodelle (§ 82a ESt DV), um große Volumina privater Investitionen freizusetzen, aufgrund derer Arbeitsplätze und erhöhte Steuereinnahmen entstünden4, so daß die Staatseinnahmen die Ausgaben nahezu decken. – Mietrecht Heizkosten mit Übergangsfristen, Energieeinsparmaßnahmen sind dabei zu einem Anteil auf die Kaltmiete umlegbar. – Energiepaß verbindliche Einführung des Energiepasses, wie ihn die Gesellschaft für Rationelle Energieverwendung e.V. Berlin seit 1989 herausgibt.5 – Aus- und Fortbildung Verbesserung der Aus- und Fortbildung, da insbesondere die Kenntnisse beim Bauen im Bestand ungenügend sind, worauf bereits der dritte Bauschadensbericht der Bundesregierung6 hinweist. ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 75 Themenblock 5 Qualitätssicherung im baulichen Wärmeschutz Ergebnisse: Handlungsanforderungen: Strengere Gesetze und Verordnungen sowie Normen dienen als Werkzeuge der klimaschützenden Optimierung – Einfordern einer energetischen Optimierung als Bestandteil der Baugenehmigung und Bauabnahme analog den statischen Berechnungen und Prüfungen Im Kanton Zürich muß im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens für Alt- und Neubauten verpflichtend die Energieberatung einbezogen werden. Der Energiepaß als Erweiterung des Wärmebedarfsausweises, wie er in der Energieeinsparverordnung vorgesehen ist, ist auf dem Mieter- und Käufermarkt zu etablieren, um seine Nachfrage zu erhöhen und über das neu gewonnene Image energiesparende Maßnahmen vor allem im Gebäudebestand zu initiieren. Förderprogramme schaffen Anreize zum Handeln Für den Gebäudebestand sind Anreize zum baulichen Wärmeschutz über Förderprogramme zu schaffen (10 bis 20 %ige Zuschüsse). Diese Förderung refinanziert sich über Steuerzahlungen der beauftragten Firmen (insbesondere mittelständische Betriebe werden für derartige Maßnahmen beauftragt). Qualifizierung und Markterschließung als Aufgabe der Kammern und Verbände Weiterbildungsmaßnahmen für die am Bau Beteiligten und Ausführenden haben zum Ziel: – die Bauherren/Investoren bezüglich Energieeinsparpotentialen und deren Wirtschaftlichkeit fachkompetent zu beraten und zu motivieren sowie – die baulichen Ausführungen qualitativ zu verbessern. Hierbei übernimmt der Architekt im Gebäudebereich eine wichtige Aufgabe als Moderator und Berater der Beteiligten. Die Verbände der Bauproduktindustrie stellen umfangreiche wirtschaftliche Produktsysteme insbesondere auch zur energetischen Sanierung inklusive Informations- und Schulungsmaterial zur Verfügung. – Veröffentlichung von aufgeschlüsselten Energieverbrauchsdaten für Siedlungen und Gebäude als Orientierungsmaßstäbe (vgl. Heizspiegel München) – Weiterführung der Ökozulage des Eigenheimfördergesetzes über das Jahr 1998 hinaus unter Anpassung der Anforderungen an die Energieeinsparverordnung und der Priorisierung des Gebäudesbestandes (in Teilen bereits mit dem Regierungsbeschluß vom 27.05.1998 erfolgt) – Etablierung einer Dienstleistung für den Gebäudebestand zur Motivation der Eigentümer, energiesparende Maßnahmen durchzuführen – in Zusammenarbeit mit der Architektenkammer – Ausdehnung der Impuls-Programme zur Weiterbildung der am Bau Beteiligten in Zusammenarbeit mit Kammern und Verbänden – Hilfestellungen für den Verbraucher über Fachunternehmerbescheinigungen durch die Verbände der Baustoffindustrie ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 77 Exkursionen ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 79 Exkursion 1 Empfang der Stadt-Freiburg im Stadtteil Rieselfeld, Kepler-Gymnasium Dr. Sven von Ungern-Sternberg, Bürgermeister von Freiburg i.Br. Mit der neuen Straßenbahnlinie im Stadtteil angekommen, führte die Besichtigung zunächst auf das Dach des bereits fertiggestellten Kepler-Gymnasiums. Neben der Regiosolarstrom-Anlage (Finanzierung über Anteilscheine) galt dort dem Blick über die Dächer der Niedrigenergiestadt die Aufmerksamkeit der Teilnehmer. Abbildung 1 Blick über die Niedrigenergiestadt Freiburg-Rieselfeld Abbildung 2 Regisolarstromanlage auf dem Dach des Kepler-Gymnasiums Quelle: Quelle: B.&S.U., Berlin B.&S.U., Berlin Städtebauliche Führung durch die Niedrigenergiestadt Freiburg-Rieselfeld Demonstration einer Blower-Door-Messung in einem Niedrigenergiehaus Stadtplanungsamt Freiburg i.Br. und Geschäftsstelle Rieselfeld ebök, Ingenieurbüro für Energieberatung, Haustechnik und ökologische Konzepte In – – – Bei der Vorführung wurden die notwendigen Maßnahmen zur Durchführung der Messung erklärt und der n50-Wert der Wohnung ermittelt. Anschließend erfolgte eine „Ortung“ einzelner Leckagen, die in der Wohnung vorzufinden sind. Ergänzend wurden Angaben zur baulichen Ausführung der luftdichten Gebäudehülle gemacht. drei Gruppen mit den thematischen Schwerpunkten: Stadtgestalt, Verkehr, Freiraum Vermarktung, Projektmanagement Finanzierung, Infrastrukturausstattung wurden aufbauend auf den Tagungsbeiträgen zur Niedrigenergiestadt die Hintergründe der Planung und Umsetzung des Stadtteils vertiefend erläutert und diskutiert. Im Anschluß an die Besichtigungen wurden die Teilnehmer von der Stadt Freiburg zu einem Umtrunk im KeplerGymnasium empfangen. Schadstoffminderung im Städtebau 80 Exkursion 2 Besichtigung der Övolutionshäuser in Durbach-Ebersweiher WeberHaus GmbH, Rheinau-Linx Öko-Revolution im Hausbau – die WeberHaus Baureihe Övolution1 Mit dem Hauskonzept Övolution hat WeberHaus einen Meilenstein zum ganzheitlichen Bauen für das nächste Jahrtausend gesetzt: – flexible energetische Konzepte vom Niedrigenergiehaus über das 3-Liter-Haus bis zum Null-Heizenergiehaus (wird komplett durch regenerative Energie versorgt) – Der Mensch steht im Mittelpunkt, d. h. ein natürliches Wohnen mit mehr Komfort und persönlichem Gewinn für die Bewohner ist verwirklicht – moderne, zukunftsorientierte, von Architekt und Fachingenieuren intelligent geplante Architektur (das Bauen der Zukunft ist ein Bauen mit der Sonne) Abbildung 1 Systemkomponenten der „Övolutionshäuser“ Warmwasserkollektoren sammeln die Sonnenenergie und laden Warmwassertanks für Brauchwasser und Heizungsunterstützung. Sie sparen Energie für die Heizung und für die Warmwasserbereitung. – Nutzung regenerativer Energien und positive Ökobilanz für die Gebäude (Baustoff Holz) – aus den Ergebnissen wurde die ökonomisch und ökologisch sinnvoll machbare WeberHaus Baureihe Övolution für jedermann entwickelt und damit das solare Bauen in Deutschland serienreif gemacht. Dieses Konzept ist daher in seinem Umfang unter Berücksichtigung aller Faktoren und Randparameter einmalig. So wurde Övolution mit dem Eurosolarpreis 1997 sowie der „Goldenen DM“ für innovative Produkte ausgezeichnet. Ebenso ist die Erfahrung von früheren Forschungsvorhaben, dem Solararchitekten Rolf Disch aus Freiburg und über 7 000 von WeberHaus gebauten Niedrigenergiehäusern mit eingeflossen. Fazit: Es ist möglich, Häuser zu bauen, die, anstatt Unmengen von Ressourcen zu verbrauchen, Energie gewinnen! Intelligente Haustechnik Durch die Verwendung intelligenter Haustechnik können alle Funktionen des Hauses, wie Heizung, Lüftung, Jalousien usw., zentral gesteuert werden. Photovoltaik Photovoltaikelemente produzieren Strom aus Sonnenenergie und reduzieren ihren Energiebedarf aus dem öffentlichen Netz. Passive Solarnutzung Die nach Süden orientierten Fensterflächen ermöglichen eine hohe Gewinnrate bei der passiven Solarnutzung Wärmedämmung Optimierte Isolierung in der Holzrahmenkonstruktion minimiert die Bildung von Wärmebrücken Kontrollierte Be- und Entlüftung „Övolutions“-Häuser können mit einer automatischen Lüftung ausgestattet werden, die die verbrauchte Luft so nutzt, daß mit ihrer Abwärme wiederum frische Luft für die Wohnräume erwärmt wird. Regenwassernutzung Kostenloses Regenwasser kann mittelts einer Regenwassernutzungsanlage für die Toilettenspülung, die Waschmaschine oder die Gartenbewässerung eingesetzt werden. 1) Saisonalspeicher Die Sonnenenergie gelangt über einen einfachen Wärmetauscher in einen Langzeitspeicher (ein großer Wassertank). So wird im Sommer Energie getankt, die im Winter genutzt werden kann. Övolution ist ein Kunstnahme aus Evolution (=fortschreitende Entwicklung, sich stetig weiterentwickeln) und Ökologie (= Lehre von den Beziehungen der Lebewesen zur Umwelt). Weitere Informationen können im Internet unter: http\\www.bauforum.com abgerufen werden. Quelle: WeberHaus GmbH, Rheinau-Linx ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 Flexibles und individuelles Gebäudekonzept: vom Einfamilienhaus bis zur Reihenhausbebauung Das Gebäudekonzept sieht ein Höchstmaß an Flexibilität vor. Durch kombinierbare Bauelemente lassen sich nahezu beliebig große, individuelle Häuser und Hausgruppen realisieren. Die Möglichkeit, die Elemente auch in Reihenhauszeilen und -siedlungen einzubringen, wird nicht nur den Anforderungen der Anpassung des Produktes an unterschiedliche Bauherrennachfragen gerecht, sondern trägt auch den Bedingungen für modernes ressourcensparendes Bauen Rechnung. Ganzheitliche Produktphilosophie Ziel der neuen Hausgeneration Weber Övolution ist es, heute schon zukunftsfähige Häuser zu bauen, an die die Meßlatte strenger ökologischer Kriterien angelegt wird. Dies kann nur mit einem ganzheitlichen Ansatz erreicht werden, der auch die Bedürfnisse der Bewohner berücksichtigt. Övolutionshäuser zeigen, daß Behaglichkeit und umweltbewußtes Bauen unbedingt zusammengehören. Konkret heißt dies: Die für Solararchitektur erforderliche Öffnung von Gebäuden zur Sonne trägt unmittelbar zum Wohlbefinden der Bewohner bei. Abbildung 2 und 3 „Övolutionshaus“ in Durbach-Ebersweier 81 Neue Wirtschaftlichkeit Nicht allein der Anschaffungspreis ist relevantes Kalkül bei den Überlegungen zum Hauskauf. Entscheidend wirken sich die niedrigen Betriebskosten auch auf die Möglichkeiten der Finanzierung aus. Konkret: Eine geringe monatliche Belastung hinsichtlich Wärme- und Stromgewinnung läßt mehr Spielraum bei der Tilgung und wird bei (zu erwartenden) steigenden Energiekosten zum entscheidenden Vorzug gegenüber konventionellen Eigenheimen. Aber nicht nur hier findet die Revolution der „Häuslebauer“ statt. Der Käufer erwirbt ein Haus, das hinsichtlich Wohnqualität und ökologischer Verantwortlichkeit klar sichtbare Zeichen setzt. Schon die äußere Gestalt vermittelt die Innovationskraft der Produktphilosophie: Wir reden nicht über die Zukunft – wir haben sie bereits gebaut. Quelle: Gerhard Wagner, BBR, Bonn Schadstoffminderung im Städtebau 82 Exkursion 3 Solartour in und um Freiburg i.Br. fesa, förderverein energie- und solaragentur regio freiburg e.v. in Zusammenarbeit mit Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme Solarturm der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule Solarhaus Gundelfingen Der Solarturm mit Unterrichtsraum auf dem Gelände der Richard-Fehrenbach-Gewerbeschule dient sowohl für Ausbildungs- als auch für Demonstrations- und Forschungszwecke. Er ist ausgerüstet mit verschiedenen Systemen der aktiven und passiven Solarenergienutzung im thermischen und photovoltaischen Bereich. Die mit der Demonstrationsanalge erzeugte Wärme wird in der benachbarten Sporthalle der Schule für die Warmwasserbereitung verbraucht; der erzeugte Strom versorgt eine Solarsteckdose (für Solarroller, Solarfahrrad etc.) und wird darüber hinaus ins öffentliche Netz eingespeist. Energiesparen und Wohnkomfort schließen sich nicht aus, sondern sind zwei Aspekte eines integrativen Planungskonzeptes. Das beweist das Solarhaus Gundelfingen, das die Freiburger Baugesellschaft W94 zusammen mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme (ISE) und dem Architekten Dieter Hölken entwickelt hat. Mit den Solar-Demonstrationsanlagen wird vor allem die Ausbildung von Berufs- und Fachschülern hinsichtlich der vielfältigen Bandbreite der Solartechnologien als Hauptziel verbunden. So besitzt der Solarturm sowohl aufgeständerte und fassadenintegrierte Speicherkollektoren (70 m²) sowie verschiedene weitere Kollektoren zu Versuchszwecken als auch eine transparente Wärmedämmung (40 m²) sowie eine solargespeiste Fußbodenheizung, eine Photovoltaik-Anlage (11,8 m²) und einen Unterrichtsraum mit Meß- und Regeleinrichtungen der Solaranlagen. Ziel des Projektes ist es, die Möglichkeiten der Solarenergienutzung in einem Mehrfamilienhaus aufzuzeigen sowie eine energieeffiziente Wohnungslüftung durch Wärmerückgewinnung mittels Elektro-Wärmepumpe zu realisieren. Ein weiteres Anliegen ist die sommerliche Energieautarkie für den thermischen Energiebedarf, um damit zukünftig die Möglichkeit zu erhalten, das Nahwärmenetz in den Sommermonaten vollständig abschalten zu können (Vermeidung von Wärmeverteilverlusten in der Größenordnung des Warmwasserbedarfs). Die Finanzierung erfolgte über das Bundesministerium für Forschung und Technologie, das Wirtschaftsministerium Baden-Württemberg und die Stadt Freiburg, aber auch über Spenden der Wirtschaft und Eigenleistungen der Gewerbeschule. Durch konsequenten Wärmeschutz (k-Werte der Wände 0,13 bis 0,17 W/m²K, der Verglasung 0,4 W/m²K) sowie eine winddichte Konstruktion (nL50-Wert < 1,0), der Vermeidung von Wärmebrücken und hochwertige Eingangstüren wird der Raumwärmebedarf im Solarhaus auf 34 kWh/m²*a reduziert werden. Die Verbrauchskosten für die Heizung und Warmwasserbereitung für eine Dreizimmerwohnung wird somit lediglich etwa 150 DM pro Jahr (!) betragen. Der Energieverbrauch unterbietet damit den Niedrigenergiehaus-Standard um nochmals mehr als die Hälfte. Abbildung 1 Solarturm der Richtard-Fehrenbach-Gewerbeschule Abbildung 2 Probefahrt auf dem Solarroller Quelle: B.& S.U., Berlin Quelle: B.& S.U., Berlin ExWoSt – Information Nr. 14.8 / 1998 83 Abbildung 3 Solarhaus Gundelfingen im Rohbau Quelle: B.& S.U., Berlin In der kalten Jahreszeit sorgt eine transparente Wärmedämmung (80 m²) auf der Südfassade für eine Wohnatmosphäre, die eher an einen Kachelofen klassischer Bauart als an moderne Solartechnologie denken läßt. Solarkollektoren auf dem Dach und eine permanente Grundlüftung mit Wärmerückgewinnung (Zuführung zum Heizungssystem über Elektro-Wärempumpe) runden das solaroptimierte Konzept ab. Insgesamt entsteht somit ein gesundes und behagliches Wohnen mit niedrigstem Energieverbrauch. Das Bundesforschungsministerium förderte die Planung und Ausstattung des Projektes. Damit wurde ein attraktiver Verkaufspreis für die Wohnungen und die wissenschaftliche Begleituntersuchung ermöglicht. Die Erkenntnisse des Projektes werden nach Fertigstellung aufbereitet, so daß der Wohnungsbau der kommenden Jahre von den Erfahrungen profitieren kann.