Brandschutz: Die Fassade im Spannungsfeld zwischen Gesetzen und Gestaltung Dipl.-Ing. Stefan Bär von der obersten Bauaufsicht Rheinland-Pfalz anerkannter Sachverständiger für Brandschutz Einleitung • Rechtliche Grundlagen Aufbau – Vorschriften • Anforderungen an Fassaden LBauO MBO Sonderbauverordnungen Industriebaurichtlinie Verkaufsstättenverordnung Versammlungsstättenverordnung Schulen Hochhäuser • Sonderfassaden Zweischalige Fassade Doppelfassade WDVS Aktuelle Diskussion, Schadensfälle Berichte in den Medien Bauaufsichtliche Zulassungen/Baustoffklassen/Prüfverfahren Maßnahmen und Ausblick • Detaillösungen Bereich Brandwand Treppenraum Hinterlüftete Fassaden – Brandriegel Anschlüsse bei geschoßübergreifenden Fassaden Besondere Fassaden PV-Module sonstige brennbare Fassadenelemente oder Vorsatzschalen • Definition Außenwände / Fassade : [Quelle – Brandschutzatlas] Außenwände sind vertikale Bauteile, die das Gebäudeinnere gegenüber der äußeren Umgebung abgrenzen und so den äußeren Raumabschluss des Gebäudes bilden. Zur Außenwand gehören lichtundurchlässige und lichtdurchlässige Bauteile. Außenwände können tragend (Teil des Gebäudetragwerkes) oder nichttragend (am Gebäudetragwerk befestigt) sein. Sie müssen neben dem Klima- und Schallschutz auch bestimmte Mindestanforderungen an den Brandschutz erfüllen. • [Quelle – Wikipedia] ….. Heute wird der Begriff Fassade auch für weniger repräsentative und aufwändige Gebäudeansichten gebraucht. Er bezeichnet nicht unbedingt eine bestimmte Ansicht, sondern das wesentliche Prinzip der Gebäudehülle. Die Bezeichnung bezieht sich auf die Gestaltung (z. B. Lochfassade), Funktion (z. B. Blendfassade), das Material (z. B. Glasfassade) und die Konstruktion (z. B. Vorhangfassade). • Der Begriff wird häufig Synonym zu Außenwand verwendet. Es gibt jedoch tendenzielle Unterschiede. Spricht man von der Fassade, so geht es um die Ansicht und das wesentliche Prinzip der Gebäudehülle. Der Begriff wird in der Architektur verwendet, der Fokus liegt oft auf der Ästhetik, die Perspektive ist die des Betrachters. Der Begriff Außenwand dagegen bezeichnet das funktionale Bauteil, das den Außenraum vom Innenraum trennt. Außenwand ist ein eher technischer Begriff und impliziert häufig eine reizärmere Gestaltung. • Anforderungen an Fassaden LBauO § 28 Außenwände • (1) Nicht tragende Außenwände und nicht tragende Teile tragender Außenwände sind bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 aus nicht brennbaren Baustoffen oder feuerhemmend herzustellen. • (2) Außenflächen sowie Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe und der Unterkonstruktionen müssen bei Gebäuden der Gebäudeklasse 4 schwer entflammbar sein; Unterkonstruktionen aus normalentflammbaren Baustoffen sind zulässig, wenn der Brandschutz gewährleistet ist. • • • • • MBO § 28 Außenwände (1) Außenwände und Außenwandteile wie Brüstungen und Schürzen sind so auszubilden, dass eine Brandausbreitung auf und in diesen Bauteilen ausreichend lang begrenzt ist. (2) Nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Außenwände müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen; sie sind aus brennbaren Baustoffen zulässig, wenn sie als raumabschließende Bauteile feuerhemmend sind. Satz 1 gilt nicht für brennbare Fensterprofile und Fugendichtungen sowie brennbare Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen der Außenwandkonstruktion. (3) Oberflächen von Außenwänden sowie Außenwandbekleidungen müssen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen schwerentflammbar sein; Unterkonstruktionen aus normalentflammbaren Baustoffen sind zulässig, wenn die Anforderungen nach Absatz 1 erfüllt sind. Balkonbekleidungen, die über die erforderliche Umwehrungshöhe hinaus hochgeführt werden, müssen schwerentflammbar sein. (4) Bei Außenwandkonstruktionen mit geschossübergreifenden Hohl- oder Lufträumen wie Doppelfassaden und hinterlüfteten Außenwandbekleidungen sind gegen die Brandausbreitung besondere Vorkehrungen zu treffen. (5) Die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3. • Sonderbauverordnungen : Industriebaurichtlinie 5.10 Nichttragende Außenwände und Außenwandbekleidungen • Nichttragende Außenwände und Außenwandbekleidungen einschließlich der Dämmstoffe und Unterkonstruktionen müssen bei Industriebauten mit einer Grundfläche von mehr als 2 000 m² • - bei erdgeschossigen Industriebauten ohne selbsttätige Feuerlöschanlagen und bei mehrgeschossigen Industriebauten mit selbsttätigen Feuerlöschanlagen aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen, • - bei mehrgeschossigen Industriebauten ohne selbsttätige Feuerlöschanlagen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. • Diese Anforderungen gelten nicht für planmäßig als Wärmeabzugsflächen nach DIN 18 230-1 eingesetzte Bauteile. • aus Entwurf 2013 Verkaufsstättenverordnung § 4 Außenwände Außenwände müssen • 1. bei Verkaufsstätten ohne Sprinkleranlagen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen, soweit die Außenwände nicht feuerbeständig sind, • 2. bei Verkaufsstätten mit Sprinkleranlagen aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen bestehen, soweit die Außenwände nicht feuerbeständig sind, • 3. bei erdgeschossigen Verkaufsstätten aus mindestens schwerentflammbaren Baustoffen bestehen, soweit die Außenwände nicht mindestens feuerhemmend sind. Versammlungsstättenverordnung § 16 Wände (1) Wände müssen aus nichtbrennbaren Baustoffen hergestellt sein. Bei Außenwänden können aus Gründen des Brandschutzes feuerbeständige Stürze, Kragplatten oder Brüstungen gefordert werden. Schulen keine über die LBauO hinausgehenden Anforderungen • • • • • Hochhäuser 3.4 Außenwände Nichttragende Außenwände und nichttragende Teile tragender Außenwände müssen in allen ihren Teilen aus nichtbrennbaren Baustoffen bestehen. Dies gilt nicht für 1. Fensterprofile, 2. Dämmstoffe in nichtbrennbaren geschlossenen Profilen, 3. Dichtstoffe zur Abdichtung der Fugen zwischen Verglasungen und Traggerippen, 4. Kleinteile ohne tragende Funktion, die nicht zur Brandausbreitung beitragen. Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Außenwandbekleidungen, Balkonbekleidungen und Umwehrungen. • Querverweis zur neuen HOAI Thema : wer schuldet die Brandschutzplanung In der Leistungsbeschreibung zur Phase 2 finden wir folgende Beschreibung D.h., bei Regelbauten (Neubauten, die keine Sonderbauten sind) ohne Abweichungen ist der Brandschutz durch den Architekten zu planen/beachten. 1:1 - Anwendung der LBauO, Ausfüllen der Formblätter Baubeschreibung. Wird i.d.R. nur für Wohngebäude und einfache Bürogebäude zutreffen. • In allen anderen Fällen müssen Sie in Phase 1 den Bauherrn auf die Notwendigkeit der Einschaltung eines Brandschutzfachplaners hinweisen und ihn bei der Beauftragung unterstützen. • Sonderfassaden : Hinterlüftete zweischalige Fassade Hinterlüftungspalt bei UK Holz 50 mm bei Metall 150 mm Horizontale Brandsperren in jedem zweiten Geschoß – Restöffnung max. 100 cm²/lfm Brandsperren müssen über 30 min formstabil bleiben – z.B. Stahlblech t >= 1,0 mm Beim Überbrücken von Brandwänden – Hinterlüftungsspalt mit formstabilen Dämmstoff > 1000° schließen. Zu beachten ist hier die DIN 18516 sowie die Ziffer 2.6.5 der Musterliste der techn. Baubestimmungen. Doppelfassade Typische Beispiele sind Glasfassaden (zwei nichttragende Außenwände) sowie vorgesetzte Glasschalen vor raumabschließenden, nichtlichtdurchlässigen Wänden. Bei derartigen Doppelfassaden besteht durch eine mögliche Verrauchung des Fassadenzwischenraums und der Gefahr eines Feuerüberschlags in darüber liegende Geschosse eine besondere Risikosituation, die in der Regel ein individuelles Brandschutzkonzept erforderlich macht. Bei einer Doppelfassade rutscht die Außenwand baurechtlich gesehen in die Ebene der Außenfassade, wodurch quasi Öffnungen im Randbereich (Luftspalt) der Geschoßdecken entstehen. Dies stellt eine Abweichung zum Baurecht dar und ist im Einzelfall zu begründen bzw. zu kompensieren. Die übliche Kompensation ist der Einbau einer autom. Löschanlage im Gebäude mit verdichtetem Sprinklerschutz im Bereich der Fassade. [Bild – Brandschutzatlas] • WDVS Aktuelle Diskussion Schadensfälle in Frankfurt, Berlin oder Delmenhorst Berichte in den Medien Infos unter link http://www.feuertrutz.de/magazin/spezial/tfwdvs.html Beitrag des Norddeutschen Rundfunks http://www.youtube.com/watch?feature=player_detail page&v=AWD0HeZLufM • Bauaufsichtliche Zulassungen/Baustoffklassen/Prüfverfahren Poystyrol-Platten sind nach DIN 4102-1 in die Baustoffklasse B1 „schwer entflammbar“ eingestuft. Die Prüfung findet in sog. Brandschacht statt. Probenlänge 1,00 m, erf. Restlänge >0 bzw. 15 cm i.M. Maßnahmen Verarbeitung gem. bauaufsichtlichem Verwendbarkeitsnachweis (abZ) Brandriegel h = 20 cm über jeder Fassadenöffnung, bzw. Brandriegel in jedem 2. Geschoß • Ausblick in die Zukunft : Änderungen durch die am 01.07.2013 in Kraft getretene Bauproduktenverordnung. Hiernach müsste der Dämmstoff mit den sog. SBI-Test geprüft werden. Die Einstufung in Baustoffklassen erfolgt nach EN 13501-1. Hiernach wäre z.B. EPS nicht mehr als B-s1,d0 (entspricht B1 nach DIN 4102-1), sondern als D –s1,d0 (entspricht B2 nach DIN 4102-1) einzustufen und somit für GK 4 nicht mehr zulässig. Die Anwendung dieser Prüfung und die Prüfbedingungen sind zZ umstritten. Es bleibt abzuwarten, wie die Hersteller, die MPA´s und das DIBT damit umgehen werden. • Detaillösungen WDVS - Bereich Brandwand • WDVS – Bereich Treppenraum [Quelle : Vortrag Hr. Kotthoff 2008] • Hinterlüftete Fassaden Sonderkonstruktion – Brandsperre • Anschlüsse bei geschoßübergreifenden Fassaden [Bild – Brandschutzatlas] • Besondere Fassaden PV-Fassade in Holzminden Allianz-Arena • SolarLeaf – Fassade Hamburg • Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit Vortrag unter : www.brandschutz-baer.com