Richtlinie zur Durchführung einer dynamisch

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Richtlinie zur Durchführung einer dynamisch-thermischen
Simulationsrechnung für den Sommerlastfall in Gebäuden
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Im Planungsprozess werden große Neu- und Umbaumaßnahmen hinsichtlich des
sommerlichen Wärmeschutzes simuliert. Mit der Richtlinie sollen vertrauenswürdige
Simulationsprogramme, die zu einem zweifelsfreien Ergebnis des
Raumtemperaturprofils gegebenenfalls unter Einbeziehung der Raumluftströmungen
führen, evaluiert und für die Anwendung empfohlen werden.
Projektlaufzeit: 4. Quartal 2006 - 4. Quartal 2007
Die thermische Gebäudesimulation ist hervorragend geeignet, um das dynamische
Temperaturverhalten in Gebäuden abzubilden. Hierfür bietet der Markt heutzutage
weit entwickelte, leistungsstarke Simulationswerkzeuge. Trotz solch hochwertiger
Werkzeuge gibt es jedoch gravierende Schwachstellen bei deren Anwendung.
Während die weit verbreiteten Simulationsprogramme den eingeführten
Qualitätsanforderungen genügen, fehlen Mindestanforderungen an deren konkrete
Anwendung.
In der Vergangenheit gab es somit oft Zweifel an derartigen Gebäudesimulationen,
weil sich unter anderem nur unplausible Ergebnisse für den Ist-Zustand eines
umzubauenden Gebäudes ergaben. Die Ursachen hierfür liegen in ganz
unterschiedlichen Bereichen:
• unzutreffende Annahmen bei den klimatischen Randbedingungen
• keine oder falsche Berücksichtigung des Mikroklimas, unvollständige
Wetterdatensätze und Unterbewertung des Windeffektes, insbesondere bei
Gebäudekonzepten mit Fensterlüftung
• keine oder falsche Berücksichtigung des Nutzerverhaltens im Bezug auf die
Bedienung von Sonnenschutz und Fensterlüftung
• Überbewertung des thermischen Effektes luftgeführter, passiver Kühlsysteme
(insbesondere Nachtlüftung, aber auch hybride Lüftungssysteme mit
maschinell unterstützter Lüftung am Tag)
• keine Berücksichtigung der freien Lüftung und falsche Modellierung des
interzonalen Luftwechsels in Form von Netz-Knoten-Modellen
• unzutreffende, sowohl zu hohe als auch zu niedrige, Annahmen bezüglich der
internen Wärmelasten
• ungenügende Abbildung des Sonnenschutzkonzeptes mit einem
entsprechenden Modell für den zeit- und winkelabhängigen g-Wert
• keine Bewertung in Abhängigkeit der Raumgeometrie und -orientierung
innerhalb des Gebäudes sowie unzulässige Zusammenlegung von (kritischen)
Räumen zu größeren Zonen
• falsche Annahmen in Bezug auf die Nutzungszeit der Gebäude (häufig zu
positiv)
• Überschätzung der Wirkung interner Speichermassen (z. B. Wirkung von
Möbeln vor Innenwänden oder des vertikalen Temperaturunterschieds im
Raum)
• falsche Berücksichtigung bauphysikalischer Eigenschaften wie
Wärmeüberganskoeffizienten, Emissionswerte und solare Absorption
• unzureichende Berücksichtigung der thermischen Eigenschaften von
thermisch aktiven Bauteilsystemen TABS
Wie bereits erwähnt, sind die auf dem Markt befindlichen Simulationsprogramme in
der Lage, den an sie gestellten Anforderungen gerecht zu werden.
Auf Grundlage von Erfahrungen aus Planungsprojekten wurde eine "Richtlinie zur
Durchführung einer dynamisch-thermischen Simulationsrechnung für den
Sommerlastfall in Gebäuden" entwickelt, die künftig als Hilfestellung bei der
thermischen Gebäudesimulation herangezogen werden soll. Mit der Richtlinie
werden vertrauenswürdige Simulationsprogramme, die zu einem zweifelsfreien
Ergebnis führen, für die Anwendung empfohlen. Zudem werden die
Randbedingungen zur Durchführung der Simulationsrechnungen und deren
Auswertung dargestellt.
Auftragnehmer des Forschungsprojektes war das Fraunhofer Institut für Solare
Energiesysteme, Freiburg.
Konzept
Um die Qualität der thermischen Gebäudesimulation zu verbessern, mussten die
Schwachstellen der Simulationsprogramme identifiziert werden. Dieses geschah
anhand einer kritischen Analyse der vorhandenen Regelwerke, den Erfahrungen aus
Analysen der Betriebsergebnisse von Neubau- und Bestandsgebäuden sowie einer
umfangreichen Marktanalyse von Simulationsprogrammen. Konkrete und praxisnahe
Lösungsvorschläge zeigen eindeutig, dass die Qualität der thermischen
Gebäudesimulation bedeutend verbessert werden kann.
Projektstufen
1. Grundlagenermittlung
2. Markterhebung der Simulationsprogramme
3. Auswertung realisierter Bundesbauvorhaben
4. Entwicklung einer Richtlinie
Forschungsleitfragen
• Wo liegen heute die Schwachstellen der thermischen Gebäudesimulation?
• Welche Erfahrungen liegen aus zurückliegenden Projekten vor?
• Sind die Simulationsprogramme heute in der Lage, das sommerliche
Raumklima ausreichend genau vorherzusagen? Und mit welchen statistischen
Schwankungen ist in typischen Projekten zu rechnen?
• Wie können Simulationsergebnisse transparent, einheitlich und entsprechend
der neuesten Erkenntnisse aus Richtlinien, Normen und der Forschung
bewertet werden?
• Wie kann die thermische Gebäudesimulation effizient zur Optimierung des
Gebäudes sowie der Anlagentechnik beitragen?
• Wie kann die Qualität einer thermischen Gebäudesimulation seitens des
Anwenders sichergestellt und seitens des Auftragnehmers bewertet werden?
Ergebnisse
Die thermische Gebäudesimulation beschäftigt sich mit der Berechnung der
energetischen Situation in geplanten oder schon bestehenden Gebäuden. Im
Mittelpunkt stehen die Ermittlung des Jahresenergieverbrauches und das
dynamische Temperaturverhalten zur Bewertung der haustechnischen Anlagen und
des architektonischen Entwurfes.
Ziel der Berechnungen ist es immer, einen Zustand im Gebäude zu erzeugen, der
von der Mehrzahl der Menschen als behaglich empfunden wird. Somit ist das
wichtigste Ziel der thermischen Gebäudesimulation eine gesteigerte Behaglichkeit
bei gleichzeitiger Reduzierung der Investitions- und Betriebskosten. Bei großen
Bürogebäuden kann durch die Behaglichkeitssteigerung der über den Lebenszyklus
gesehene geringfügig erhöhte Mitteleinsatz für die energetische Optimierung in
mehrfacher Form wieder gewonnen werden. Größere Behaglichkeit führt zu
sinkenden Krankenständen sowie zu höherer Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter.
Hinzu kommt, dass die technische Gebäudeausstattung meist mit einer deutlich
geringeren Leistung auskommt.
Wird die Gebäudesimulation unter den richtigen Bedingungen eingesetzt, führt sie zu
beträchtlichen Energieeinsparungen bei Raumwärme, -kälte sowie dem Strombedarf
der Gebäude. Außerdem können Konzepte bewertet werden, die im Sommer auch
ohne konventionelle Kältetechnik ein behagliches Raumklima gewährleisten. Somit
dient die thermische Gebäudesimulation dazu, aus mehreren Planungsalternativen
die optimale energetische Lösung zu ermitteln. Sie ist jedoch nur eines der Hilfsmittel
für die energetische Optimierung des Gebäudes während der Planung. Weitere Tools
für die Entscheidungsfindung sind beispielsweise Checklisten oder multikriterielle
Entscheidungsinstrumente.
Alle diese Hilfsmittel sind zu jeweils unterschiedlichen Zeitpunkten im
Planungsprozess sinnvoll, um die energetische Effizienz eines Gebäudes, seine
Umwelt- und Nutzerfreundlichkeit sowie die Kosten zu optimieren und das
dynamische Temperaturverhalten zu bestimmen. Dennoch ist keines in der Lage, die
fehlende energetische Qualität eines architektonischen Konzepts zu kompensieren.
Anhand der Schwachstellenanalyse wurden eine Reihe von
Verbesserungspotenzialen aufgezeigt:
• Die Verwendung von Wetterdaten ist heute nicht einheitlich vereinbart.
Zukünftig sollte eine Simulation mit dem Testreferenzjahr des Deutschen
Wetterdienstes und ergänzend mit anderen Wetterdatensätzen erfolgen.
• Große Unsicherheit besteht bei der Auswertung von Raumtemperaturen
(stellvertretend für den thermischen Komfort) und die Beurteilung des
Raumklimas. Hierzu wird ein einheitliches Bewertungsverfahren in Anlehnung
an die EN 15251 vorgeschlagen.
• Obwohl die thermische Gebäudesimulation in vielen Planungsbüros heute
zum Tagesgeschäft gehört, sind einzelne Fragen (z. B. die Modellierung von
Lüftung, Wärmeübergangskoeffizienten, Nutzerverhalten, Fenstern und
Sonnenschutzsystemen) immer noch nicht einheitlich und zufrieden stellend
gelöst. Daher werden konkrete Vorschläge unterbreitet, wie mit diesen Fragen
umgegangen werden soll.
• Die Auswertung von sechs realisierten Bundesbauvorhaben unter dem Aspekt
des sommerlichen Raumklimas zeigt exemplarisch die fehlende
Standardisierung in diesem Bereich. So unterscheiden sich die Berichte zur
thermischen Gebäudesimulation, die in den Bauvorhaben durchgeführt
wurden, deutlich in ihrer Qualität. In vier dieser sechs Projekte wurden
Messkampagnen durchgeführt, die Optimierungspotenziale sowohl im Bereich
•
•
der Planung (Anwendung der Simulationswerkzeuge) als auch in den
Gebäuden selbst aufzeigten.
Die Auswertung und die vergleichende Analyse der Messkampagnen zeigt
deutlich, unter welchen Umständen passive Kühlkonzepte funktionieren. Somit
ist es notwendig, interne und solare Wärmelasten zu reduzieren, die
Wärmeabgabe (hier: Nachtlüftung) effizient zu gestalten und mit einer
ausreichend großen thermischen Speicherkapazität dafür zu sorgen, dass
Wärmeströme ausgeglichen und so hohe Raumtemperaturen vermieden
werden.
Die thermische Gebäudesimulation ist ein wichtiges Planungshilfsmittel, um
Gebäudekonzepte rechnerisch zu bewerten. Sie kann aber eine gute Planung
nicht ersetzen.
Kontakt
Hans-Peter Lawrenz
Referat II 2 - Energieeinsparung, Klimaschutz, dena
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn
Tel: +49(0)228 99.401-1331
[email protected]
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