Fotos: Heil (3) Management Der Stimulier-Eber sollte nur zu den Kontroll- und Besamungszeiten in das Abteil der abgesetzten Sauen geholt werden. Spurensuche im Deckzentrum Bei Fruchtbarkeitsproblemen lohnt es sich, genau hinzuschauen. Beraterin Anke Birkhold stellt drei Praxisfälle vor. Fall 1: Rausche kaum zu erkennen Problem: Martin Vogt (Name geändert) ärgert sich über die undeutlichen Rauschesymptome seiner Sauen und den damit verbundenen schlechten Besamungserfolg. S 30 top agrar 5/2012 Analyse: Aus dem Gespräch mit dem Betriebsleiter geht hervor, dass Unterschiede im Rauscheverhalten zwischen den Jung- und Altsauen bestehen. Die zugekauften Jungsauen zeigen eine deut- liche (Transport-)Rausche, die sich in regelmäßigem Abstand von etwa 21 Tagen wiederholt, so dass Martin Vogt die Tiere in der dritten Brunst belegen kann. Die Trächtigkeitsrate der Jungsauen liegt bei nahezu 100 %. Ganz anders sieht es hingegen bei den Altsauen aus. Sauenhalter Vogt kann den optimalen Besamungszeitpunkt kaum ermitteln, da der Duldungs- bzw. Rauschebeginn nicht zu erkennen ist. Er beginnt mit der Besamung der Altsauen deshalb lehrbuchmäßig am 5. Tag nach Foto: Kremling Foto: Birkhold Mit einem Lux-Messgerät lässt sich die Lichtintensität im Kopfbereich der Sauen messen. Die angezeigten 152 Lux sind eindeutig zu wenig. dem Absetzen. Teilweise belegt er die Tiere vier- bis fünfmal, da er auch das Ende der Brunst schwer erkennen kann. Doch trotz der mehrmaligen Besamung fällt die Trächtigkeitsrate bescheiden aus. Beim Stallrundgang wird schnell klar, dass die abgesetzten Sauen durch ihre Umgebung kaum zur Rausche stimuliert werden. Denn der Weg zwischen Abferkelstall und Deckzentrum ist sehr kurz. Zudem herrschen in beiden Bereichen Temperaturen zwischen 22 und 25° C sowie ähnliche Lichtverhältnisse. Positiver Umstallstress, z.B. durch deutliche Temperatur- und Lichtunterschiede, ist jedoch wichtig. Denn er stimuliert die Tiere. Für die Jungsauen, die Ferkelerzeuger Vogt über einen separaten Stall eingliedert, trifft dies zu. Die Lampen der Lichtleiste sollten täglich 12 bis 16 Stunden brennen. Fall 2: Keine halben Sachen! Problem: Wolfgang Müller (Name geän- zeigt sich, dass es nur einzelne Würfe mit zehn oder weniger Ferkeln gibt. Die entsprechenden Sauen haben jedoch keine gemeinsame Vorgeschichte in puncto Alter, Erkrankung, Geburtshilfe, Erst­ belegungsalter etc. Bei der Besamungsanalyse der folgenden drei Besamungsgruppen wird deutlich, dass einige Sauen bereits drei Tage nach dem Absetzen die Duldung zeigen. Dies hatte Wolfgang Müller bisher nicht beachtet, da er die Stallarbeiten sonntags Werden die Spermatuben halbiert, verschlechtert sich der Spermientransport. Frührauscher können bereits drei Tage nach dem Absetzen eine Duldung zeigen. dert) kann mit der Belegquote seiner Sauen eigentlich zufrieden sein. Er möchte jedoch auch die letzten Leistungsreserven seiner Tiere mobilisieren. Besonders die Anzahl kleiner Würfe mit weniger als zehn geborenen Ferkeln will er verringern. Analyse: Bei einer ersten Überprüfung Lösung: Martin Vogt setzt folgende Beratungsempfehlungen um: • Er fährt die Temperatur im Deckzentrum auf 20° C herunter. • Zudem tauscht er die alten Leuchtstoffröhren gegen neue aus und bringt zusätzliche Röhren an. Das führt zu einer deutlichen Erhöhung der Lichtintensität auf 250 Lux. • Betriebsleiter Vogt stallt den Eber in ein anderes Abteil um und holt ihn nur zu den Kontroll- und Besamungszeiten in das Abteil der abgesetzten Sauen. Dank dieser Veränderungen rauschen die Sauen nun viel deutlicher. Martin Vogt erkennt Brunstbeginn und -ende besser und kann die Besamungshäufigkeit auf 2,6 Tuben je Sau und Rausche reduzieren. Der hellere Arbeitsplatz erhöht zudem seine Arbeitsfreude. top agrar 5/2012 S 31 Management auf das Nötigste beschränkt. Die Sauen wurden folglich erst am Montagmorgen für rauschig befunden und dann zusammen mit der restlichen Gruppe am Dienstag besamt. Vier Monate nach der Besamungsanalyse werden die Ferkelzahlen der betreffenden Sauen ausgewertet. Es zeigt sich, dass fast alle Sauen mit kleinen Würfen eine dritte Besamungsportion erhalten haben. Wolfgang Müller führt zudem besonders frühe oder späte Besamungen (KB 1 oder KB 3) mit halben Portionen durch. Da die meisten der so besamten Sauen kleinere Würfe aufweisen, wird vermutet, dass ein Teil der Eizellen aufgrund des geringeren Tubeninhaltes nicht mehr befruchtet wurde. Denn die Tubenflüssigkeit ist entscheidend für einen erfolgreichen Spermientransport. CHECKLIS TE Besamung Lösung: Ferkelerzeuger Müller verzich- tet darauf, die Spermaportionen zu halbieren. Seitdem ist der Anteil kleiner Würfe deutlich zurückgegangen. Und dadurch, dass er die frührauschigen Sauen nun bereits montags besamt, konnte er die ohnehin gute Umrauschquote nochmals verbessern. Foto: Heil Foto: Birkhold Fall 3: Umrauscher kontrollieren Einzeln verpackte Katheter sollten mit der Plastikhülle eingeführt werden. Einweghandschuhe und Gleitgel sind bei der Geburtshilfe ein Muss! Problem: Beim regelmäßigen dreiwöchigen Betriebsbesuch des Scanner-Mitarbeiters werden Holger und Clara Münch (Namen geändert) darauf aufmerksam, dass lediglich 80 % der Sauen als tragend gescannt werden. des Ebers. Auch die Hygiene im Abferkelstall, besonders bei der Geburtshilfe und die entsprechende Geburtsnachsorge sind verbesserungswürdig. Analyse: Zunächst wird die Frage erör- tert, wie viele Sauen regelmäßig nach drei Wochen umrauschen und wie viele erst beim Scannen nach vier Wochen als nicht tragend entdeckt werden. Normalerweise sollte der Anteil regelmäßiger Umrauscher deutlich höher sein als der Anteil negativ gescannter Tiere. Seitdem sie den Scannerdienst nutzen, verzichten die Münchs jedoch auf die Umrauschkontrolle bei den Sauen. Bei einem Betriebsbesuch zum nächsten Besamungstermin stellt die Beraterin fest, dass Münchs die Arbeit im Deckzentrum sehr hektisch durchführen. Sie verzichten zudem auf die Reinigung der Scham der Sauen und auf die Fixierung S 32 top agrar 5/2012 Lösung: Holger und Clara Münch setzen folgende Beratungsempfehlungen um: • Sie kontrollieren die besamten Sauen mithilfe des Ebers 18 bis 23 Tage nach der Belegung. Regelmäßige Umrauscher werden daraufhin sofort erneut besamt. • Um den Besamungsablauf ruhiger zu gestalten, bekommen beide klare Aufgaben zugeteilt. • Sie verwenden nur noch einzeln verpackte Katheter (SafeBlue- bzw. CleanBlue-Katheter). • Die Scham der Sauen wird vor dem Belegen gereinigt. • Der Eber wird vor den Sauen fixiert. • Münchs tragen bei der Geburtshilfe ab sofort Einweghandschuhe. Die entsprechenden Sauen werden nach der Geburt behandelt. Es findet zudem eine Tempe- 250 bis 300 Lux auf Augenhöhe der Sauen (Einebenenmessung) 12 bis 16 Stunden Licht täglich Abteiltemperatur um 20°C kein Kot im Liegebereich der Sau Liegeflächen mit Hygienepulver trocknen Früh- und Spätrauscher beachten Sperma dunkel bei 15 bis 18°C lagern, einmal täglich und kurz vor der Besamung wenden Eber nur zu Kontroll- und Besamungszeiten holen Eber vor den Sauen fixieren Scham der Sauen mit speziellen Einwegtüchern reinigen spezielles Pipettengleitgel verwenden Spermaportionen niemals halbieren auf ruhigen, aber dennoch zügigen Besamungsablauf achten keine negativen Einflüsse während der Ei-Einnistungsphase Umrauschkontrolle 18 bis 23 Tage nach der Belegung auf Hygiene bei sowie nach der Belegung und der Geburt achten ratur- und Ausflusskontrolle bei diesen Tieren statt. Ergebnis: Die umgesetzten Hygiene- und Managementmaßnahmen im Deckzentrum führen zu einer deutlichen Senkung der Umrauschquote. Durch die Kontrolle mit dem Eber werden regelmäßige Umrauscher schnell wieder belegt, so dass sich die Zwischenwurfzeit der Herde insgesamt verringert. Der Anteil der azyklischen Umrauscher wird durch die verbesserte Hygiene im Abferkelstall ebenfalls reduziert. Unsere Autorin Anke Birkhold ist Expertin bei German Genetic/SZV BadenWürttemberg für Fragen rund um das Fruchtbarkeitsmanagement. Die geschilderten Fälle stammen aus ihrem Berateralltag.