Spurensuche im Deckzentrum

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Fotos: Heil (3)
Management
Der Stimulier-Eber sollte nur zu den Kontroll- und Besamungszeiten in das Abteil der abgesetzten Sauen geholt werden.
Spurensuche im
Deckzentrum
Bei Fruchtbarkeitsproblemen lohnt es sich, genau hinzuschauen. Beraterin Anke Birkhold stellt drei Praxisfälle vor.
Fall 1: Rausche kaum zu erkennen
Problem: Martin Vogt (Name geändert)
ärgert sich über die undeutlichen Rauschesymptome seiner Sauen und den
damit verbundenen schlechten Besamungserfolg.
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Analyse: Aus dem Gespräch mit dem
Betriebsleiter geht hervor, dass Unterschiede im Rauscheverhalten zwischen
den Jung- und Altsauen bestehen. Die
zugekauften Jungsauen zeigen eine deut-
liche (Transport-)Rausche, die sich in
regelmäßigem Abstand von etwa
21 Tagen wiederholt, so dass Martin Vogt
die Tiere in der dritten Brunst belegen
kann. Die Trächtigkeitsrate der Jungsauen liegt bei nahezu 100 %.
Ganz anders sieht es hingegen bei den
Altsauen aus. Sauenhalter Vogt kann den
optimalen Besamungszeitpunkt kaum ermitteln, da der Duldungs- bzw. Rauschebeginn nicht zu erkennen ist. Er beginnt mit der Besamung der Altsauen
deshalb lehrbuchmäßig am 5. Tag nach
Foto: Kremling
Foto: Birkhold
Mit einem Lux-Messgerät lässt sich die Lichtintensität im Kopfbereich der
Sauen messen. Die angezeigten 152 Lux sind eindeutig zu wenig.
dem Absetzen. Teilweise belegt er die
Tiere vier- bis fünfmal, da er auch das
Ende der Brunst schwer erkennen kann.
Doch trotz der mehrmaligen Besamung
fällt die Trächtigkeitsrate bescheiden aus.
Beim Stallrundgang wird schnell klar,
dass die abgesetzten Sauen durch ihre
Umgebung kaum zur Rausche stimuliert
werden. Denn der Weg zwischen Abferkelstall und Deckzentrum ist sehr kurz.
Zudem herrschen in beiden Bereichen
Temperaturen zwischen 22 und 25° C
sowie ähnliche Lichtverhältnisse.
Positiver Umstallstress, z.B. durch
deutliche Temperatur- und Lichtunterschiede, ist jedoch wichtig. Denn er stimuliert die Tiere. Für die Jungsauen, die
Ferkelerzeuger Vogt über einen separaten Stall eingliedert, trifft dies zu.
Die Lampen der Lichtleiste sollten täglich 12 bis
16 Stunden brennen.
Fall 2: Keine halben Sachen!
Problem: Wolfgang Müller (Name geän-
zeigt sich, dass es nur einzelne Würfe mit
zehn oder weniger Ferkeln gibt. Die entsprechenden Sauen haben jedoch keine
gemeinsame Vorgeschichte in puncto
Alter, Erkrankung, Geburtshilfe, Erst­
belegungsalter etc.
Bei der Besamungsanalyse der folgenden drei Besamungsgruppen wird deutlich, dass einige Sauen bereits drei Tage
nach dem Absetzen die Duldung zeigen.
Dies hatte Wolfgang Müller bisher nicht
beachtet, da er die Stallarbeiten sonntags
Werden die Spermatuben halbiert, verschlechtert sich der Spermientransport.
Frührauscher können bereits drei Tage
nach dem Absetzen eine Duldung zeigen.
dert) kann mit der Belegquote seiner
Sauen eigentlich zufrieden sein. Er
möchte jedoch auch die letzten Leistungsreserven seiner Tiere mobilisieren.
Besonders die Anzahl kleiner Würfe mit
weniger als zehn geborenen Ferkeln will
er verringern.
Analyse: Bei einer ersten Überprüfung
Lösung: Martin Vogt setzt folgende
Beratungsempfehlungen um:
• Er fährt die Temperatur im Deckzentrum auf 20° C herunter.
• Zudem tauscht er die alten Leuchtstoffröhren gegen neue aus und bringt
zusätzliche Röhren an. Das führt zu einer deutlichen Erhöhung der Lichtintensität auf 250 Lux.
• Betriebsleiter Vogt stallt den Eber in
ein anderes Abteil um und holt ihn nur
zu den Kontroll- und Besamungszeiten
in das Abteil der abgesetzten Sauen.
Dank dieser Veränderungen rauschen
die Sauen nun viel deutlicher. Martin
Vogt erkennt Brunstbeginn und -ende
besser und kann die Besamungshäufigkeit auf 2,6 Tuben je Sau und Rausche
reduzieren. Der hellere Arbeitsplatz erhöht zudem seine Arbeitsfreude.
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Management
auf das Nötigste beschränkt. Die Sauen
wurden folglich erst am Montagmorgen
für rauschig befunden und dann zusammen mit der restlichen Gruppe am
Dienstag besamt.
Vier Monate nach der Besamungsanalyse werden die Ferkelzahlen der betreffenden Sauen ausgewertet. Es zeigt sich,
dass fast alle Sauen mit kleinen Würfen
eine dritte Besamungsportion erhalten
haben.
Wolfgang Müller führt zudem besonders frühe oder späte Besamungen (KB 1
oder KB 3) mit halben Portionen durch.
Da die meisten der so besamten Sauen
kleinere Würfe aufweisen, wird vermutet, dass ein Teil der Eizellen aufgrund
des geringeren Tubeninhaltes nicht mehr
befruchtet wurde. Denn die Tubenflüssigkeit ist entscheidend für einen erfolgreichen Spermientransport.
CHECKLIS TE
Besamung
Lösung: Ferkelerzeuger Müller verzich-
tet darauf, die Spermaportionen zu halbieren. Seitdem ist der Anteil kleiner
Würfe deutlich zurückgegangen. Und
dadurch, dass er die frührauschigen Sauen nun bereits montags besamt, konnte
er die ohnehin gute Umrauschquote
nochmals verbessern.
Foto: Heil
Foto: Birkhold
Fall 3: Umrauscher kontrollieren
Einzeln verpackte Katheter sollten mit
der Plastikhülle eingeführt werden.
Einweghandschuhe und Gleitgel sind bei
der Geburtshilfe ein Muss!
Problem: Beim regelmäßigen dreiwöchigen Betriebsbesuch des Scanner-Mitarbeiters werden Holger und Clara
Münch (Namen geändert) darauf aufmerksam, dass lediglich 80 % der Sauen
als tragend gescannt werden.
des Ebers. Auch die Hygiene im Abferkelstall, besonders bei der Geburtshilfe
und die entsprechende Geburtsnachsorge sind verbesserungswürdig.
Analyse: Zunächst wird die Frage erör-
tert, wie viele Sauen regelmäßig nach
drei Wochen umrauschen und wie viele
erst beim Scannen nach vier Wochen als
nicht tragend entdeckt werden. Normalerweise sollte der Anteil regelmäßiger
Umrauscher deutlich höher sein als der
Anteil negativ gescannter Tiere. Seitdem
sie den Scannerdienst nutzen, verzichten
die Münchs jedoch auf die Umrauschkontrolle bei den Sauen.
Bei einem Betriebsbesuch zum nächsten Besamungstermin stellt die Beraterin
fest, dass Münchs die Arbeit im Deckzentrum sehr hektisch durchführen. Sie
verzichten zudem auf die Reinigung der
Scham der Sauen und auf die Fixierung
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Lösung: Holger und Clara Münch setzen
folgende Beratungsempfehlungen um:
• Sie kontrollieren die besamten Sauen
mithilfe des Ebers 18 bis 23 Tage nach
der Belegung. Regelmäßige Umrauscher
werden daraufhin sofort erneut besamt.
• Um den Besamungsablauf ruhiger zu
gestalten, bekommen beide klare Aufgaben zugeteilt.
• Sie verwenden nur noch einzeln verpackte Katheter (SafeBlue- bzw. CleanBlue-Katheter).
• Die Scham der Sauen wird vor dem
Belegen gereinigt.
• Der Eber wird vor den Sauen fixiert.
• Münchs tragen bei der Geburtshilfe ab
sofort Einweghandschuhe. Die entsprechenden Sauen werden nach der Geburt
behandelt. Es findet zudem eine Tempe-
250 bis 300 Lux auf Augenhöhe
der Sauen (Einebenenmessung)
12 bis 16 Stunden Licht täglich
Abteiltemperatur um 20°C
kein Kot im Liegebereich der Sau
Liegeflächen mit Hygienepulver
trocknen
Früh- und Spätrauscher beachten
Sperma dunkel bei 15 bis 18°C
lagern, einmal täglich und kurz
vor der Besamung wenden
Eber nur zu Kontroll- und
Besamungszeiten holen
Eber vor den Sauen fixieren
Scham der Sauen mit speziellen
Einwegtüchern reinigen
spezielles Pipettengleitgel
verwenden
Spermaportionen niemals
halbieren
auf ruhigen, aber dennoch
zügigen Besamungsablauf achten
keine negativen Einflüsse
während der Ei-Einnistungsphase
Umrauschkontrolle 18 bis 23
Tage nach der Belegung
auf Hygiene bei sowie nach der
Belegung und der Geburt achten
ratur- und Ausflusskontrolle bei diesen
Tieren statt.
Ergebnis: Die umgesetzten Hygiene-
und Managementmaßnahmen im Deckzentrum führen zu einer deutlichen Senkung der Umrauschquote. Durch die
Kontrolle mit dem Eber werden regelmäßige Umrauscher schnell wieder
belegt, so dass sich die Zwischenwurfzeit
der Herde insgesamt verringert. Der
Anteil der azyklischen Umrauscher wird
durch die verbesserte Hygiene im Abferkelstall ebenfalls reduziert.
Unsere Autorin
Anke Birkhold ist Expertin bei
German Genetic/SZV BadenWürttemberg für Fragen rund um
das Fruchtbarkeitsmanagement. Die
geschilderten Fälle stammen aus
ihrem Berateralltag.
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