Das Menschenbild Freires Freires - userpages

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Universität Koblenz-Landau, Campus Koblenz
Institut für Pädagogik-Schulpädagogik/Allgemeine Didaktik
Seminar: Lebensproblemzentrierter Unterricht
Wintersemester 2015/16
Dozentin: Dr. Jutta Lütjen
Protokollantinnen: Anne-Cathrin Hanika, Natalie Blechschmidt, Kerstin Kriebs
Das Menschenbild Freires
Freires Menschenbild ist durchgehend positiv. Es ist durch die existentialistische christliche
Philosophie geprägt und charakterisiert seine Befreiungspädagogik. Ständige Wiederholungen
von Entscheidungen retten demnach die Existenz des Menschen. Er ist dabei weder eine Idee
noch eine Abstraktion. Sein Dasein in der Welt, mit der er sich nicht identifizieren soll, ist
seine Existenz. Er ragt durch sein Bewusstsein aus der Welt der Objekte heraus, so kann er
über sie verfügen und sie verändern, um sich die Welt individuell zu gestalten. Die
Entscheidungsfähigkeit und der Aufgabencharakter des Menschen sind zentral der Pädagogik
von Paulo Freire. Dabei ist das Spannungsfeld zwischen den beiden Polen – die Zugehörigkeit
zur Welt und der Loslösung von dieser –wichtig. Denn nur, wenn er sich immer wieder von
dieser distanziert, kann er über sie reflektieren und so Handlungskapazität erlangen.
Die Anthropologie der Hoffnung von Freire stellt den Menschen in den Mittelpunkt
und geht von dessen Gestaltungsfähigkeit aus. Hoffnung ist ein ontologisches Bedürfnis.
Daher benötigt sie Praxis, um konkret werden zu können. Wenn Hoffnung zum Programm
wird, führt die Hoffnungslosigkeit zur Lähmung des Menschen. Das macht den Menschen
unbeweglich und kraftlos. Der Mensch gibt sich seinem unabänderlichen Schicksal hin, denn
festgelegte Programme lassen dem Menschen keinen Raum für schöpferisches Gestalten und
die Hoffnung, neue Räume zu erobern.
Bei Freire lassen sich 8 anthropologische Kategorien beobachten:
1. Der Mensch als Wesen in Situation
Freire sieht den Menschen als ein Wesen der Situationalität, denn er existiert nur in und mit
der Welt. An einem bestimmten geographischen Ort der Welt ist er in seinem soziokulturellen
Kontext mit seinen Besonderheiten verwachsen. Zusammengefasst bedeutet dies, dass der
Mensch in seiner Situation mit Zeit und Raum verbunden ist.
2. Der Mensch als Wesen mit Bewusstsein
Der Mensch ist in und mit der Welt. Durch sein Bewusstsein hat er die Fähigkeit, aus der
Natur herauszutreten, um die Welt als ein „vor ihm befindliches Objekt“ zu betrachten.
Gleichzeitig sieht er sich aber auch selbst als Teil dieser. Er betrachtet sie also als Objekt,
wenn er aus dieser heraustritt und wendet sich gleichzeitig durch sein Bewusstsein dem
Objekt zu ( Intentionalität). Aus dieser Weltbetrachtung entsteht die dialektische SubjektObjekt-Einheit.
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3. Der Mensch als Wesen der Praxis
Diese These leitet Freire aus den Bewusstseinsaspekten „Hervorragen“ und „Intendieren“ ab.
Dabei sind die Reflexion (Distanzierung vom Objekt) und die Aktion (Hinwendung zum
betrachtenden Objekt) des Menschen unzertrennlich. Sie geschehen nicht nacheinander,
sondern zur selben Zeit. Die Disharmonie von Theorie und Praxis wird so von Freire
überwunden. Die Theorie findet sich in der Praxis wieder. Die Praxis wiederum in der
Theorie.
4. Der Mensch als Integrationswesen
Für Freire ist der Mensch durch Integration mit der Welt verbunden. Dabei strebt dieser nicht
nach Anpassung, sondern einer kritischen Integration. In der Entwicklung der
Realitätserkennung befriedigt er durch schöpferisches Handeln seine Bedürfnisse. Hierbei
wird die Realität umgestaltet.
5. Der Mensch als Kulturwesen und Schöpfer der Geschichte
Freire spricht in seinem Menschenbild dem Menschen die Fähigkeit zu, selbst verantwortlich
für die Gestaltung der Welt zu sein. Dazu gehört auch, dass er die Welt nach seinem
„Belieben“ gestalten kann. Die Welt ist demnach veränderbar und stellt keine „statische“
Wirklichkeit dar und ist durchgehend Veränderung und Wandlung ausgesetzt. Der Mensch ist
zudem unvollständig.
6. Der Mensch als Wesen der Freiheit
Als Basis geht Freire von einer Vernunftbegabung des Menschen aus. Der Mensch
verwirklicht sich durch einen Akt der Schöpfung und Neuschöpfung. Zugleich befindet sich
der Mensch in einer dauerhaften kritischen Auseinandersetzung mit sich und seiner Umwelt.
Als Resultat aus dieser Auseinandersetzung bildet sich eine Entscheidungsgrundlage für alle
den Menschen betreffenden Bereiche. Der Mensch muss als Akteur Subjekt seiner
Handlungen sein. Andernfalls wird er als Getriebener zum Objekt der anderen und
dementsprechend unfrei. Die Befreiung des Menschen ist ein wesentlicher Schritt zu einem
Leben in Solidarität und Nächstenliebe.
7. Die Intersubjektivität des Menschen
Die “Ich“- Existenz des Menschen, also seine Identität erschließt bzw, ergibt sich aus der
“Wir“ Existenz.
8. Der Mensch als ein kommunikatives Wesen
Freire spricht der Kommunikation einen großen Stellenwert zu. Die Auseinandersetzung des
Menschen mit seiner Umwelt führt zu einer Bewusstwerdung seines eigenen Wesens. Durch
diesen Prozess erkennt der Mensch seine Unvollkommenheit und kann sich weiterentwickeln.
Grenzen, zuvor gesetzt durch die Umwelt und Gesellschaft, können überwunden werden,
andererseits zeigen diese „Grenzsituationen“ auch auf, dass der Mensch eben gewisse
Grenzen nicht überwinden kann. Grundvoraussetzung für den Dialog zwischen dem
Menschen und seiner Umwelt ist die Kommunikation. Die Kommunikation ist eines der
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Grundrechte des Menschen und gleichzeitig die Voraussetzung, um die Welt zu verändern.
Der Dialog selbst sollte nicht unterbrochen werden nach Freire, da jedes gesprochene Wort
die Welt verändern kann. Damit dies erfolgreich geschieht, muss der Mensch allerdings an
sich glauben, seine Position erkennen und wahrnehmen. Außerdem muss ein gegenseitiges
Vertrauen der beiden Gesprächspartner im Dialog vorhanden sein.
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