Psychotherapie im Dialog 2 • 2016 Aus der Praxis Martin grosse Holtforth • Anita C. Keller • Barbara Hochstrasser Burnout und Burnouttherapie Bildnachweis: mankale / Fotolia.com Patienten, die unter einem Burnout leiden, haben meistens ­einmal für etwas gebrannt. Das Ausgebranntsein zeigt sich ­häufig in ­Erschöpfung und innerer Distanzierung von der Arbeit. ­Psychotherapeutische Interventionen können Energie und Sinn bei der Arbeit wiederherstellen und so nachhaltig zu einer gleichzeitig produktiven und befriedigenden Arbeitstätigkeit beitragen. Folgende 3 Dimensionen von Beschwerden haben sich als gemeinsamer Nenner verschiedener Burnout-­Konzeptionen etabliert (Berger et al. 2012): 1. tiefgreifende Erschöpfung, 2. negative Einstellung und Entfremdung gegenüber der Arbeit (Depersonalisation) und 3. signifikant reduzierte Leistung, Der Begriff „Burnout“ Das von Freuden­ Demotivierung und Entfremdung vom wobei Erschöpfung die am besten erforschte berger (1974) geprägte englische Wort für Arbeitsplatz beobachteten. Komponente ist (Burisch 2014). „Ausgebranntsein“ weist darauf hin, dass ▶▶ Ein „Burnout-Stress-Syndrom“ wurde ein betroffener Mensch einmal für etwas später von Pines und Kollegen als Form gebrannt hat, d. h., sich voller Energie für des Unwohlseins bei gleichzeitig erhal­ Burnoutsymptome Nach Brugisser ihm wichtige und sinnvolle Ziele eingesetzt tener Arbeitsfähigkeit benannt, das sich (2010) lassen sich Burnoutsymptome ein­ hat. Nach lange andauernder übermäßiger zu einem klinisch relevanten Zustand teilen in Bean­spruchung der eigenen Kräfte, Ener­ eingeschränkter Leistungsfähigkeit und ▶▶ emotionale Symptome (psychische Erschöp­f ung, Niedergeschlagenheit, gien und Ressourcen hat er sich aber in subjektivem Krankheitsgefühl entwi­ einem Zustand völliger körperlicher, emo­ ckeln kann („Burnout Mental Disability“; tionaler und mentaler Erschöpfung wieder­ Pines & Maslach 1978). gefunden. Seitdem wurden Burnoutphänomene in rund ▶▶ Der Begriff des Burnout wurde von 60 unterschiedlichen Berufen und Personen­ ­Maslach und Kollegen (Maslach & ­Jackson gruppen beschrieben (­Kaschka, K ­ orczak & 1981) maßgeblich geprägt, die bei ver­ Broich 2011, Albrecht & G ­ iernalczyk 2016). schiedenen Arbeitnehmern Erschöp­fung, 26 Reizbarkeit etc.), ▶▶ körperliche Symptome (Müdigkeit, Schlaf­ störungen, häufige Erkältungen etc.), ▶▶ kognitive Symptome (Konzentrationsund Gedächtnisstörungen) ▶▶ und motivationale Symptome (Lustlosig­ keit, Resignation, Distanzierung etc.) Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Wieder mehr Energie und Sinn bei der Arbeit Psychotherapie im Dialog 2 • 2016 ▶▶ sowie Verhaltensänderungen (Leis­ 2. Burnout (reduzierte soziale Interaktion, Als empirisch gesichert gilt eine Verbindung tungsminderung, Suchtmittelkonsum, negative Einstellung zur Arbeit, Konzen­ zwischen Belastungsfaktoren bei der Ar­ sozialer Rückzug etc.). tration auf eigenen Nutzen), beit, mangelnden Ressourcen bei der Arbeit 3. depressive Symptomatik (emotional, und eigenen Stressbewältigungsressourcen Klassifikation in ICD-10 und DSM-5 In kog­nitiv, sozial und psychosomatisch) und einer erhöh­ten Wahrscheinlichkeit für der Internationalen statistischen Klassi­ und Stressreak­tio­nen und Gesundheitsprobleme 4. klinische Depression (Gefühl von Sinn­ ter Gesund­heitsprobleme (ICD-10, (WHO losigkeit, negative Lebenseinstellung, 1993) wird Burnout als „Z73.0 Burnoutsyn­ existenzielle Verzweiflung, Suizidgedan­ drom“ bzw. „Erschöpfungssyndrom“ un­ ken / -absichten). ter der R ­ ubrik „Störungen verbunden mit (­Faragher 2005, Grebner et al. 2010, Honko­ nen et al. 2006). Prädiktoren Empirisch lassen sich fol­ gende Bereiche als wesentliche Prädiktoren Schwierigkeiten bei der Lebens­bewältigung“ Epidemiologie Angaben zur Prävalenz klassifiziert. Damit ist Burnout keine eigen­ des Burnouts sind wegen unterschiedlicher (Berger, Schneller & Maier 2012, Leiter et ständige psychische Störung, sondern kann Definitionen und Kriterien schwierig. Kant al. 2011, Semmer et al. 2010, Sonnentag & mit einer solchen assoziiert sein. Auch in und Kollegen (Kant et al. 2004) verwendeten ­Frese 2013): die Neuauflage des Diagnostischen und Sta­ in den Niederlanden die ICD-10-Kriterien 1. Arbeitsbedingungen und Arbeitsüberlas­ tistischen Manuals psychischer Störungen einer Neurasthenie im Kontext einer chro­ tung (physische Bedingungen wie Lärm (DSM-5; APA 2013) wurde keine eigene Dia­ nischen Arbeitsbelastung und fanden eine oder Hitze, schlechte ergonomische gnose für das Burnout-Syndrom aufgenom­ Prävalenz von 16,4 % bzw. eine Ein-Jahres- Bedin­gungen, Arbeitsmenge und -kom­ men, was wohl auch für die Revision zur Inzidenz von 6,1 %. Mithilfe von Fragebögen plexität, Monotonie, Zeit- und Erfolgs­ ICD-11 der Fall sein wird (Nil et al. 2010). fand die Finnish Health 2000 Study in der druck, Unterbrechungen, Überstunden, arbeitstätigen Bevölkerung Prävalenzwerte Definition der DGPPN Die Deutsche von 25,2 % für ein moderates und 2,4 % für Gesellschaft für Psychiatrie und Psycho­ ein schweres Burnout (Ahola et al. 2005). therapie, Psychosomatik und Nervenheil­ kunde (DGPPN) definiert Burnout ent­ sprechend als einen Risikozustand, der Freizeitarbeit), 2. zu wenig Handlungsspielraum (Ent­ scheidungskompetenz, Kontrolle), 3. zu wenig Rückmeldungen und Wert­ Burnout und Stress infolge einer chronischen Stressbelastung oder mangelnder Erholung bei entspre­ eines möglichen Burnouts zusammenfassen schätzung (Feedback, Kritik statt Lob), 4. karrierebezogene Stressoren (Arbeits­ platzunsicherheit, schlechte Laufbahn­ Burnoutentstehung Generell kann zur aussichten), chender Prädisposition zu psychischen (z. B. Entstehung und Aufrechterhaltung psychi­ 5. zwischenmenschliche Probleme (zu Depres­sion, Angststörung, Sucht) und / oder scher Störungen das Zusammenspiel zwi­ ­wenig Teamgeist, Team- und Rollen­ somatischen Folgeerkrankungen (z. B. schen genetischer Disposition, frühkindli­ konflikte, Einzelkämpfertum, zu wenig meta­b olisches Syndrom, Diabetes, zere­ cher Prägung, Persönlichkeitsmerkmalen ­soziale Unterstützung), bro- und kardiovaskuläre Erkran­k ungen, sowie Sozialisations- und aktuellen Lebens­ 6. mangelnde Gerechtigkeit (ungleiche ­Tinnitus) führen kann (­Berger et al. 2012). bedingungen beitragen (Berger, S ­ chneller & Behand­lung der Mitarbeiter, zu wenig Je schwerer das Burnout ist, desto eher ist Maier 2012). Für Burnout ist aus psycholo­ es mit e ­ iner depressiven Störung verbunden gischer Perspektive von besonderer Bedeu­ Gegenseitigkeit), (­Ahola et al. 2005). tung, wie gut eine Person mit Stress umge­ (Wertekonflikte, zu wenig Passung zwi­ hen kann (Koehler & Koehler 2014, S. 1732). schen persönlichen und organisationel­ 7. motivational-emotionale Probleme Burnoutprozess Burnout lässt sich am len Werten, illegitime Aufgaben, Gefühle besten als phasenweiser Prozess verste­ unterdrücken oder „simulieren“ müs­ hen (Burisch 2014, Brugisser 2010), dessen Nach Zapf & Semmer (2004) ist Stress „… ein Ausmaß vom betroffenen Menschen lange subjektiv unangenehmer Spannungszustand, sen) sowie 8. Veränderungen innerhalb der Organisa­ unbe­merkt bleiben kann. Phasen des Burn­ der aus der Befürchtung entsteht, eine aver- outs sind nach Brugisser (2010): sive Situation nicht ausreichend bewältigen tion bzw. des Betriebes. 1. chronischer Stress (gesteigerter Einsatz zu können“ (S. 1011). Chronischer Stress Das Person-Environment-Fit-Modell für Ziele, zunehmende Überstunden, kann als Ausgangspunkt und wesentliche Die genannten Belastungsfaktoren lassen Erschöp­fung und vegetative Symptome Triebfeder des Burnoutprozesses angesehen sich als Bereiche der Arbeit verstehen, in als erste Warnzeichen), werden (Burisch 2014, Bruggisser 2010). ­d enen zu wenig Übereinstimmung zwi­ 27 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. fikation der Krankheiten und verwand­ Psychotherapie im Dialog 2 • 2016 Aus der Praxis schen dem Individuum und seinem Arbeits­ von Siegrist in diesem Heft). Einige Ressour­ umfeld entstehen kann (Leiter & Maslach cen der Person können aber als mögliche 1999). Entsprechend nimmt das Modell des Schutzfaktoren vor Burnout wirken, z. B. Burnouttherapie Vor der Therapie In der Fachwelt reichen Person-Environment-Fit an, dass ein gesun­ ­hoher Zeit- und Entscheidungsspielraum, Strategien zur Behandlung von Burnout von des und engagiertes Arbeitsleben grund­ gutes und motivierendes Führungsverhal­ ausschließlich arbeitsorganisatorischen sätzlich dann gelingt, wenn eine Passung ten von Vorgesetztem und Arbeitgebern Maßnahmen zur Prävention bis zu elabo­ besteht zwischen sowie soziale Unterstützung durch Kollegen rierten ambulanten und stationären Thera­ 1. den Bedürfnissen der Person und den und privates Umfeld (­Grebner et al. 2010). 2. den Fähigkeiten der Person und den Arbeits­anforderungen sowie pieprogrammen (Berger, Schneller & Maier 2012, Elkuch et al. 2010, Hochstrasser et Das Energy-Sense-Modell Eine bedürf­ al. 2008). Maßnahmen zur Burnoutpräven­ nisorientierte Perspektive nimmt das tion werden am anderen Ort beschrieben 3. den Werten der Person und den in der ­E nergy-Sense-Modell (ES-Modell) von und evaluiert (siehe Beitrag von Siegrist in Orga­nisation gelebten Werten (­Edwards & Meyer et al. (in Revision) ein, demzufolge diesem Heft; Walter, Krugman & Plaumann Shipp 2007). die Kombination zweier Eigenschaften ein 2012). Vor einer Burnouttherapie sollten Burnout ­erklärt: emotionale Erschöpfung ▶▶ eine umfängliche psychopathologische Burnout kann also einerseits als Folge eines und zynische Abkopplung (disengagement). und medizinische Abklärung bzw. Diffe­ Missverhältnisses zwischen Arbeitsanfor­ Die nicht pathologischen Gegenpole davon renzialdiagnostik, derungen und Ressourcen und andererseits sind Energie und Sinn. als „Gratifikationskrise“ (siehe Beitrag von ▶▶ Menschen fühlen sich demnach im Ar­ ▶▶ eine gründliche Anamnese auf arbeits­ organisatorischer Ebene Siegrist in diesem Heft) verstanden werden, beitsleben energetisiert, wenn sie ihre ▶▶ sowie eine ausführliche Aufklärung über wenn die persönlichen psychologischen psychologischen Grundbedürfnisse nach die Problematik und begleitende psychi­ Bedürf­n isse nach Anerkennung, sozialer Kompetenz, Autonomie und Beziehun­ sche und körperliche Störungen stehen. Einbindung, Einf lussnahme und damit gen bei der Arbeit befriedigen können. verbundenen Anliegen von Arbeitssicher­ Sie erleben ihre Arbeit als sinnvoll, wenn Multimodale und individuelle Therapie heit und Entwicklungsmöglichkeiten nicht sie das Gefühl haben, mit der Arbeit Diagnostizierte körperlicher Erkrankungen befrie­digt werden. Auf diese Weise verwan­ persönlich wichtige Anliegen, M ­ otive und psychischer Störungen sollten darauf­ delt sich über die Zeit Energie in Erschöp­ und Ziele verfolgen zu können (­Carver & hin jeweils leitliniengerecht behandelt fung und Hingebung in Zynismus. Scheier 1998, Grawe 1998, Ryan & Deci werden, inklusive indizierter psychophar­ 2008, Van den Broeck et al. 2008). makologischer Medikation (Hochstrasser Individuelle Risikofaktoren Personen ▶▶ Menschen werden hingegen zunehmend 2014, Nil et al. 2010). Je nach Schweregrad mit hohem Burnoutrisiko erscheinen in erschöpft, wenn ihre Ressourcen nicht der Symptomatik kann eine ambulante empi­r ischen Studien als eher pf lichtbe­ zur Bewältigung der hohen Arbeitsan­ oder stationäre Behandlung angezeigt sein. wusst, ehrgeizig und perfektionistisch, ha­ forderungen ausreichen und wenn sie ­G emäß der heterogenen und multifakto­ ben tendenziell überhöhte Ansprüche, sind sich ständig als inkompetent, unselbst­ riellen Ätiologie des Burnouts empfiehlt eher bereit, sich aufzuopfern und zu ver­ ständig und / oder wenig unterstützt sich eine multimodale und individuelle ausgaben. Sie sind aber auch weniger kon­ von Kollegen und Vorgesetzten erleben, Therapie (Hochstrasser 2014, Huber & Juen fliktfähig, leichter kränkbar, können sich sodass die psychologischen Bedürfnisse 2013, Nil et al. 2010). In der multimodalen generell schwerer distanzieren, sind häu­ nach Kompetenz, Autonomie und Bezie­ Therapie sowie bei Return-to-Work-Pro­ figer alleinstehend und fühlen sich weni­ hungen bei der Arbeit chronisch nicht grammen hat es sich als zentral erwiesen, ger sozial unterstützt (Koehler & Koehler befriedigt werden. den Arbeitskontext zu berücksichtigen und 2014, Rössler et al. 2013, Schramm & Berger ggf. umzugestalten, um die Passung von 2013). Diese Eigenschaften können als mög­ Person und Umfeld zu erhöhen; ebenso liche Risikofaktoren für die Entwicklung Wenn die Arbeit als immer sinnloser erlebt wichtig ist es, die Vorgesetzten einzubezie­ eines Burnout angesehen werden, die aller­ wird und für die Person diesbezüglich kein hen (Karlson et al. 2010, Haugli, Maeland & dings in längsschnittlichen Untersuchungen Ende in Sicht ist, koppelt sich die Person Magnussen 2011). weiter erhärtet werden müssten. inner­lich von der Arbeit ab und entwickelt ein Burnout (Meyer et al., in Revision). Psychotherapie bei Burnout Eine Psy­ Schutzfaktoren Die genannten Risiko­ chotherapie des Burnouts ist dann indiziert, faktoren für Burnout scheinen sich im Zuge wenn die Erfüllung sozialer Rollen erheblich gesellschaftlicher Trends in den letzten Jah­ beeinträchtigt ist und wenn die Symptoma­ ren noch verschärft zu haben (siehe Beitrag tik den Kriterien einer psychischen Störung 28 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Möglichkeiten am Arbeitsplatz, Psychotherapie im Dialog 2 • 2016 entspricht (Bruggisser 2010, Nil et al. 2010). ▶▶ Verschiedene kognitive und emotionale vierung und kognitive Umstrukturierung) Dem o. g. Energy-Sense-Modell zufolge soll Interventionen können dazu beitragen, sowie andere evidenzbasierte Übungen eine Burnouttherapie erreichen, dass der Hindernisse eines energetischen und und Anleitungen zur Selbsthilfe. Zu bear­ Patient bei der Arbeit persönlich wichtige sinnvollen Arbeitslebens therapeutisch beitende Inhalte sind: Ziele wieder mit Energie verfolgen kann. anzugehen, z. B. kognitive Interventio­nen ▶▶ Entspannung, ▶▶ Als eine erste Maßnahme, um wieder zur Bearbeitung automatischer nega­ ▶▶ Achtsamkeitsübungen, Energie zu gewinnen, sollten Patienten tiver Gedanken (Hautzinger 1997) und ▶▶ Problemlösestrategien, zu Beginn von starken Stressoren entlas­ emotionsfokussierte Interventionen zur ▶▶ zwischenmenschliche Beziehungen tet werden; eine stationäre Behandlung Bearbeitung problematischer Emotionen gewährleistet dies am konsequentesten (Auszra, Greenberg & Herrmann 2014). ▶▶ Wenn ein Patient generell unangenehme Lebens­führung (Meyer et al., in Revi­sion). ▶▶ Daraufhin sollte eine Tagesstruktur eta­ Erfahrungen vermeidet, können Acht­ bliert werden, in der sich Phasen von samkeitsübungen helfen, eine grundle­ Aktivität mit Ruhe und Erholung ab­ gend akzeptierende Haltung gegenüber Wirksamkeit von Burnoutinterventionen Korczak und Kollegen (Korczak, wechseln. Gedanken, Gefühlen und Körperzustän­ Wastian & Schneider 2012) untersuchten ▶▶ Interventionen, die gezielt der Erschöp­ den zu entwickeln, ohne von diesen die Wirksamkeit verschiedener Burnout­ fung entgegenwirken und Energie dominiert zu werden (Waadt & Acker interventionen auf der Basis systemati­ aufbauen können, sind regelmäßige 2012). scher Literaturübersichten und Metaana­ Entspannung und körperorientierte ▶▶ Bearbeitung und Wiederaufbau zwi­ lysen, randomsiert-kontrollierten Studien Inter­ventionen (Progressive Muskel­ schenmenschlicher Beziehungen und (RCT) und Kohortenstudien aus dem Zeit­ relaxation, Autogenes Training, Qi Gong, Aktivitäten können zur (Re-) Aktivie­ raum zwischen 2006 und 2011. Kognitiv- Yoga, Körpertherapie, Massagen), Bewe­ rung sozialer Unterstützung beitragen verhaltenstherapeutische Interventionen gung / Sport sowie die Wiederaufnahme (Schramm & Berger 2013). führen in den meisten Studien zur Ver­ angenehmer (bedürfnisbefriedigender) besserung der emotionalen Erschöpfung. Aktivitäten. Stressmanagementtraining und Musikthe­ ▶▶ Neben generellen Vorschlägen für eine Durch die Einbindung des Arbeitgebers in rapie zeigten inkonsistente und Qi Gong gesunde Lebensführung kann die The­ den Therapieprozess kann eine langsame, keine deutliche Wirksamkeit. Die Autoren rapie nach Bedarf durch den Aufbau feh­ der Belastbarkeit angepasste Steigerung der schließen, dass nur für die kognitive Ver­ lender Problemlösestrategien ergänzt Arbeits­t ätigkeit im Dienste einer nachhal- haltenstherapie hinreichend viele Studien werden (Bittner 2011, Hochstrasser tigen Rehabilitation die gelungene Reinte- vorliegen, die die Wirksamkeit belegen. 2014). gration am Arbeitsplatz stark begünstigen Grundsätzlich sei die Wirksamkeit von (­Berger et al. 2012, Hochstrasser 2014). Auseinandersetzung mit der Arbeit Bei Burnouttherapien aber noch unzureichend untersucht und die Datenlage sehr hetero­ der Therapie nehmen die Auseinanderset­ gen und lückenhaft. zung mit dem Arbeitsplatz und der Arbeits­ Internetgestützte Therapie Eine ambu­ tätigkeit als wesentlichem Bereich der lante Burnout-Behandlung kann auch durch Fazit Belas­t ung sowie die Auseinandersetzung eine internetgestützte Intervention unter­ Obwohl Burnout diagnostisch nicht als mit Stress, individuellen Stressoren und stützt werden. Bei subklinischer Sympto­ psychische Störung gilt, ist es ein hochrele­ Strategien der Bewältigung dieser Stresso­ matik kann sie auch als alternative Erstin­ vanter Risikozustand für körperliche und psy­ ren eine zentrale Stellung ein. tervention eingesetzt werden. Exemplarisch chische Störungen, der möglichst frühzei­ ▶▶ Um den Patienten darin zu unterstüt­ stellen wir die Online-Therapie REVIGA tig erkannt und effektiv behandelt werden zen, persönlich wichtige Werte, Motive vor (http://www.reviga.de; Meyer et al., in sollte. Burnoutinterventionen sollten mul­ und Ziele wieder engagiert zu verfolgen Revision), die auf der Basis des evidenzba­ timodal sein und an den Schweregrad, die statt sich innerlich zynisch abzukoppeln sierten Online-Therapieprogrammes gegen vorliegenden psychischen Störungen und (Waadt & Acker 2012), können zuerst Depressionen DEPREXIS24 (http://www.­ individuelle Ressourcen angepasst werden. persönliche Stärken und Präferenzen deprexis24.de; Meyer et al. 2015) sowie des Außerdem sollte der individuelle Arbeits­ zur Förderung eines hoffnungsvollen zuvor beschriebenen Energy-Sense-Modells kontext unbedingt mit einbezogen werden. bzw. optimistischen Umgangs mit den (Meyer et al., in Revision) entwickelt w ­ urde. Als Ergebnis soll ein Patient seine Arbeit Herausforder ungen des Arbeitsle­ Dieses interaktive Programm beinhaltet wieder als sinnvoll erleben und ihr enga­giert bens identifiziert und genutzt werden neben Psychoedukation Elemente der kog­ und mit Energie nachgehen können. (­Flückiger & Wüsten 2009). nitiven Verhaltenstherapie (Verhaltensakti­ 29 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. (Berger et al. 2013, Hochstrasser 2014). und soziale Unterstützung ▶▶ sowie Vorschläge für eine gesunde Psychotherapie im Dialog 2 • 2016 Das vollständige Literaturverzeichnis zu die­ sem Beitrag finden Sie im Internet unter www. thieme-connect.de/products. Klicken Sie einfach beim jeweiligen Beitrag auf „Zusatzmaterial“. Interessenkonflikt Der korrespondierende Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Prof. Dr. phil. Martin grosse Holtforth, Dipl.-Psych. Institut für Psychologie Fabrikstr. 8 CH-3012 Bern martin.grosse@ psy.unibe.ch 1990–1995 Studium Psychologie (Freie Universität Berlin / Duke University, USA); 1996–1999 Doktorat Psychologie (Universität Bern); 1999 Approbation zum Psychologischen Psychotherapeuten; 2000–2006 Habilitation Psychologie (Universität Bern); 2008 Fachpsychologe für Psychotherapie / Eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut; 2009–2014 SNF-Förderungsprofessor, Klinische Psychologie mit Forschungsschwerpunkt Psychotherapie affektiver Störungen, Universität Zürich; seit 2014 Dozent, Institut für Psychologie, Universität Bern; seit 2015 Forschungsleiter Kompetenzzentrum Psychosomatische Medizin, Universitätsspital Insel, Bern. Dr. phil. Lic. phil. Anita C. Keller 2002–2008 Studium der Psychologie (Universität Bern, Schweiz); 2008– 2012 wissenschaftliche Mitarbeiterin in diversen Projekten an Universität Basel; 2009–2013 Doktorat Psychologie (Universität Bern, Schweiz); 2013–2015 Postdoc in diversen Projekten an Universität Bern, Schweiz; seit 2015 Postdoc an Michigan State University, USA. Dr. med. Barbara ­Hochstrasser, MPH 1974–1979 Studium der Medizin (Universität Bern); 1977 Diplom in Tropenmedizin (Schweizer Tropeninstitut Basel; 1979 Approbation in Medizin, 1980 Doktorierung (Universität Bern); 1982–1983 Studium Public Health (Harvard School of Public Health, Harvard Universitiy, Boston, USA); 1983 ­Master of Public Health; 1989 Diplomate of the American Board of Psychiatry; 1991 Schweizer Facharzttitel in Psychiatry und Psychotherapie der Foederatio Medicorum Helveticorum (FMH); 1990–1996 Oberärztin Forschungsabteilung Psychiatrische Universitätsklinik Zürich mit Schwerpunkt Epidemiologie psychosomatischer Symptome; seit 1996 Chefärztin Privatklinik Meiringen, Schwerpunkt affektive Störungen und Stressfolgeerkrankungen. Beitrag online zu finden unter http://dx.doi.org/10.1055/s-0042-103842 Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Literatur Ahola K, Honkonen T, Isometsä E et al. 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