Walliser Bote Dienstag, 9. August 2011 WALLIS 7 Kultur | Hobby-Fotograf Jean-Louis Pitteloud aus Siders Sein Herz schlägt für Kirchen und Kapellen im Oberwallis SIDERS | Was bringt einen Unterwalliser dazu, alle Oberwalliser Kirchen und Kapellen zu fotografieren und die Bilder ins Netz zu stellen? «Interesse an Geschichte und Architektur, Sammelleidenschaft und das Bedürfnis, Schönes weiterzugeben», antwortet Jean-Louis Pitteloud aus Siders. LOTHAR BERCHTOLD «Ich liebe das Oberwallis, weiss religiöse Gebäude zu schätzen – und es bereitet mir Freude, diese Kostbarkeiten andern Menschen zugänglich zu machen», führt der 67-jährige Hobby-Fotograf aus. 90 Kirchen und 300 Kapellen aus dem Oberwallis hat er zwischen Januar und Juni dieses Jahres fotografiert: Innenund Aussenansicht, Orgeln, Statuen und Glasmalerei – umfangreich ist das Bilderinventar, welches Interessierte im Internet unter www. flickr.com/photos/jlp45 sich anschauen können. Nicht religiöse Aspekte führten zu dieSammlung, sondern ser Interesse an den «einladenden und Ruhe verbreitenden Stätten». «Ich konnte nicht mehr aufhören, bis…» Jean-Louis Pitteloud kennt das Oberwallis gut. Ist er dort doch gerne unterwegs in den Bergen. «Die Oberwalliser Landschaft fasziniert mich un- gemein», sagt er. Warum er im vergangenen Januar begann, dort all die Kirchen und Kapellen zu fotografieren? «Das Oberwallis hat mehr als nur Skipisten» Jean-Louis Pitteloud «Ich habe einfach Freude daran, das Ganze erwies sich als Entdeckungsreise», beginnt unser Gesprächspartner zu erzählen. «Als ich die ersten 20, 30 Kapellen fotografiert hatte, packte mich sozusagen die Sammelleidenschaft. Ich konnte nicht mehr aufhören, bis ich ‹meine Sammlung› komplett hatte», lacht er. «Rund 15 Kapellen sind stets geschlossen» «Kapellen stehen zumeist an den schönsten Stellen einer Region oder eines Dorfes. Doch diese schönen Kostbarkeiten werden im Walliser Tourismus selten zur Promotion genutzt», fährt unser Gesprächspartner fort und betont: «Der sanfte Tourismus hat Zukunft. Mit meinen Bildern will ich zeigen, dass das Oberwallis mehr hat bloss Skipisten hat.» Und was Jean-Louis Pitteloud zudem fasziniert: «Zumeist sind es Private, welche die Kapellen errichteten. Sie berappten das Ganze mit eigenen Mitteln». Und das Unterwallis? Plant Jean-Louis Pitteloud, nach der Oberwalliser Sammlung auch ein Inventar der Unterwalliser Kirchen und Kapellen zu erstellen? «Im Moment nicht», sagt er. Doch vielleicht mache er sich eines Tages an die Arbeit für ein derartiges Projekt. Worauf er hinweist: Obwohl der untere Kantonsteil um einiges grösser und bevölkerungsreicher ist, sind dort nicht viel mehr Kapellen als im Oberwallis zu finden. «Es sind ungefähr gleich viele», bemerkt Jean-Louis Pitteloud. Ob er denn bei jeder Kapelle auf «offene Türen» stiess? «Nein, rund 15 Kapellen sind stets geschlossen», berichtet der Fotograf. «Dies vor allem zum Schutz vor Diebstählen», wie er anfügt. «Mehrmals pro Woche im Oberwallis unterwegs» An die 2000 Kirchen- und Kapellenfotos – versehen mit Namen, Baujahr und kurzen Erklärungen – sind es, welche Jean-Louis Pitteloud ins Netz stellte. Bis er diese Sammlung zusammen hatte, war er oft im Oberwallis anzutreffen. «Zuweilen mehrmals pro Woche», blickt er zurück. Und da Kapellen oft nicht gerade «mitten im Dorf» stehen, waren mit dem Fotografieren fast immer Wanderungen verbunden. Ob er denn so etwas wie eine «Lieblingskapelle» habe? «Das Oberwallis ist schön und verfügt über so viele schöne Kapellen», lacht Jean-Louis Pitteloud und fährt fort: «Doch das Goms und das Saastal finde ich schon besonders reizvoll, genauso wie St. Niklaus, Riederalp und Bettmeralp.» «Ein Buch? Vielleicht eines Tages» Hat er denn nie daran gedacht, seine Fotos in einem Buch zu veröffentlichen? «Zuerst hatte ich so etwas im Sinn. Doch dann liess ich diesen Plan fallen und zog es vor, all die Fotos per Internet unter die Leute zu bringen. Doch wer weiss, vielleicht werde ich eines Tages doch noch ein Buch machen», antwortet unser Gesprächspartner. Was Jean-Louis Pitteloud ganz wichtig ist: «Ich habe Freude an all den Kapellen. Und mit meinen Fotos will ich diese schönen Stätten auch jenen Leuten zugänglich machen, denen es nicht möglich ist, diese Kapellen auch zu besuchen.» Fotosammlung von Unterwalliser Kirchen und Kapellen? «Vielleicht», meint JeanLouis Pitteloud, hier vor der St. Katharinenkirche in Siders. FOTO WB Gommer Abendmusiken | Zum Abschluss-Orgelkonzert dieses Festivals alter Musik Auf der Orgel seiner Ahnen Organist German Carlen hat das Privileg, auf Orgeln musizieren zu können, die seine Vorfahren vor einigen Hundert Jahren gebaut haben. German Carlen spielt einmal als Titularorganist die wunderbare Orgel in der Kirche Reckingen, die sein Ahne Mathäus Carlen um 1746 erbaute, eines der bedeutendsten Instrumente der Orgellandschaft Goms. Es muss German Carlen besonders berühren, beim Spiel auch immer dem kreativen Genie seines direkten Vorfahren begegnen zu dürfen. In der Ritzingerfeld-Kapelle Beim Abschlusskonzert der diesjährigen Gommer Abendmusiken spielte German Carlen nun in der Kapelle auf dem Ritzingerfeld ein sehr ansprechendes Konzert auf einer ebenfalls von seinem Vorfahren Josef Anton Carlen 1813 gebauten Orgel. Dieses bald 200 Jahre alte Werk, an dem auch Felix Carlen und – wie man vermutet – eventuell Josef Ignaz Walpen mitbauten, ist uns in alter Frische erhalten geblieben. Mit seinem Prinzipalregister, mit Mixturen und Flöten, einem immer klingenden Bass – man spricht von «angehängten Bass» – mit Su- peroktav und Pedal-Subbass 16 Fuss klingt die Orgel prächtig. Dass ihr in der untersten Oktave im Manual und Pedal die Töne Cis, Dis, Fis und Gis fehlen, entspricht durchaus einer Gepflogenheit des alten Walliser Orgelbaus. Viele Meister und Formen Die anwesenden Musikfreunde hatten das Vergnügen, im Programm dieses CarlenKonzertes Stücke alter Meister wie J. Clarke, D. Zipoli, C. Wesley, J. G. Albrechtsberger, J. M. Bach, J. S.Bach. F. Gasparini, G. F. Händel, W. Croft, G. Ph. Telemann, G. Muffat usw. zu hören. Es sind dies Komponisten, deren Werke teils in der Zeit dieses Orgelbaus entstanden sind und auch entsprechende Formen wie Fuge, Ricercare – eine iterative Form – Ciaccona, Praeludium, Gavotte, Sonata, Corrente usw. aufweisen. Organist Carlen spielte sie mit sensibler Musikalität, dicht, mit einnehmender Registrierkunst und Virtuosität, in den zweckmässig und orgelgerecht mit wenig Vorzeichen gehaltenen Stücken auch interessante Verzierungen setzend. Er, der neben seinem geschätzten Orgeldienst in Got- tesdiensten auch immer in den Gommer Abendmusiken konzertant auftritt, zeigte so in seinem heuer unter dem Titel «Fiori Musicali» (musikalische Blumen) angekündigten Schlusskonzert dieses Festivals Alter Musik verschiedene Aspekte der Orgel auf dem Ritzingerfeld auf, ihre Vielseitigkeit und ihre musikalischen Möglichkeiten. Das Flötenregister kam z. B. in einer Fantasie gMoll von Telemann sehr schön zur Geltung, die stärkeren Register, vor allem Prinzipale und Mixturen, im Werke von Gottlieb Muffat, dann auch in dem von J. C. Simon bearbeiteten Choral «Allein Gott in der Höh sei Ehr» von Johann Michael Bach oder in einer Händel-Fuge B-Dur. Die Ritzingerfeld-Orgel stellt mit ihrem schönen Prospekt eine Art Gegenstück zu den wunderbaren barocken Altären dieser Kapelle dar und trägt so zum ausserordentlichen künstlerischen Gesamteindruck bei. Diesem Gesamterlebnis dienten auch die Ausführungen von Cäsar Biderbost, der in der Konzertpause die Geschichte und die Ausstattung dieses weithin sichtbaren Barockbaus – «Ritzingerfääld, Zentrum der Wäält» – kundig erläuterag. te. Kapelle Ritzingerfeld. German Carlen spielt auf der Orgel, die Josef Anton Carlen vor bald 200 Jahren erbaute… FOTO WB