Maligne Erkrankungen der Haut

Werbung
Zum Thema
Maligne Erkrankungen der Haut
Maligne Erkrankungen haben sich in den letzten
25 Jahren zu einem zentralen Thema der Dermatologie entwickelt. Verschiedene Faktoren tragen
hierzu bei. Drei der wichtigsten sollen kurz dargestellt werden.
1. Von großer Bedeutung ist die starke Zunahme des Hautkrebses. So sind zusammen die
verschiedenen Formen des weißen Hautkrebses mit 170 000 Neuerkrankungen pro
Jahr 5–6-mal häufiger als Prostatakarzinome
oder Tumoren der Brustdrüse. Das Melanom,
vor 25 Jahren noch ein seltener Tumor, ist
heute unter den 7 häufigsten bösartigen Tumoren des Menschen. Es zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass es sehr früh und
leicht metastasiert. So steigt die Gefahr der
tödlichen Metastasierung während der ersten 4 mm (!) Dickenwachstum von etwa 5 %
bei 0,5 mm Tumordicke auf 40–50 % bei über
4 mm Tumordicke. Während manche Melanome nur sehr langsam dicker werden, können andere, so die primär nodulären Melanome, innerhalb von 4 Monaten bereits diese
Tumordicke erreichen und haben somit nach
4–6 Monaten eine 10-fach schlechtere Heilungschance als zu Beginn ihres Wachstums.
2. Die zahlenmäßige Zunahme der Krebserkrankungen der Haut und die Erkenntnis,
dass die frühe Operation sowohl bei Melanomen als auch bei spinozellulären Karzinomen und Basalzellkarzinomen von entscheidender Bedeutung für die Prognose ist, sind
wichtige Grundlagen für die Entwicklung
des Haut­tumorscreenings, das flächendeckend in Deutschland eingeführt ist. Große
Studien zeigen, dass dieses Screening die
Prognose der Patienten deutlich verbessert.
3. Die Melanomforschung hat in den letzten 10
Jahren 2 entscheidende Erkenntnisse hervorgebracht, die wesentliche Auswirkungen in
die gesamte Medizin haben.
Bei der Suche nach melanomassoziierten Genmutationen wurden hier mit die ersten “DriverMutationen“ bei soliden Tumoren definiert. Insbesondere die Genmutation im Gen BRAF Position V600 wurde als entscheidende “Driver-Muta-
tion“ erkannt. Sie zählen zu den ersten
Mutationen, die bei soliden Tumoren eine gezielte molekulare Tumortherapie erlauben. Auch
wenn diese gezielten Therapien das langfristige
Gesamtüberleben statistisch gesehen nur als
Kombinationstherapie deutlich verbessern, so
führen sie doch bei vielen Patienten auch als
Monotherapie zu einer sehr ausgeprägten
Tumorremission, verbessern deutlich die
Lebensqualität und können insbesondere bei
bedrohlichen Metastasen, so im ZNS, zur schnellen Remission führen.
Der wohl größte und wichtigste Durchbruch für
die Gesamtonkologie war die Entwicklung der
Tumorimmuntherapie aus dem Melanom heraus. Hier wurden die ersten randomisierten
“Proof of Principal-Studien“ in den Jahren 2014
und 2015 publiziert, sie haben erstmalig die
Wirksamkeit einer Tumorimmuntherapie bei soliden Tumoren in einer therapeutisch relevanten
Dosierung nachgewiesen. Anschließend konnte
dieses Therapieprinzip auch für andere Tumoren, so Nierenzellkarzinome und nicht kleinzelliges Lungenkarzinom, nachgewiesen werden.
Diesen 3 großen Themenkomplexen wird in den
Artikeln zur Diagnostik und Therapie des Basalzellkarzinoms, der spinozellulären Karzinome
und des Melanoms Rechnung getragen. Ein spezieller Beitrag findet sich zur molekularen Diagnostik. Er spiegelt wider, wie sich aufgrund
genetischer Mutationen, die sich im Melanom
finden, die therapeutisch wirksamen Strukturen
für die molekularen Therapien identifizieren
lassen. Er gibt insbesondere auch Auskunft darüber, wann welche Art der molekularen Testung
sinnvoll ist.
Die zentrale Therapie der Tumoren der Haut ist
die chirurgische Dermatologie. Da sehr viele
Tumoren dank des Hautkrebsscreenings sehr
früh entdeckt werden, ist es eine wichtige klinische Aufgabe, die chirurgischen Behandlungen
phasengerecht zu gestalten. Letztere wurden
immer wieder in klinischen Studien untersucht.
So wurden in großen Studien für das Melanom,
für das Basalzellkarzinom und für die spinozellulären Karzinome die optimalen chirurgischen
Vorgehensweisen über viele Jahre genauestens
klinikarzt 2016; 45 (4): 176–177
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
176
Zum Thema
klinikarzt 2016; 45 (4): 176–177
Tumorboards die optimalen patientenorientierten Behandlungen erarbeiten.
Literatur
von Mitarbeitern der Universitäts-Hautklinik
1
Immunotherapy: Combined immunotherapy--a new
standard in metastatic melanoma? Hauschild A, Garbe C. Nat Rev Clin Oncol 2015; 12: 439–440
2 Larkin J, Ascierto PA, Dréno B et al. Combined vemurafenib and cobimetinib in BRAF-mutated melanoma. N Engl J Med 2014; 371: 1867–1876
3 Long GV, Stroyakovskiy D, Gogas H et al. Combined
BRAF and MEK inhibition versus BRAF inhibition alone in melanoma. N Engl J Med 2014; 371: 1877–
1888
4 Ribas A, Puzanov I, Dummer R et al. Pembrolizumab
versus investigator-choice chemotherapy for ipilimumab-refractory melanoma (KEYNOTE-002): a
randomised, controlled, phase 2 trial. Lancet Oncol
2015; 16: 908–918
5 Romano E, Kusio-Kobialka M, Foukas PG et al. Ipilimumab-dependent cell-mediated cytotoxicity of regulatory T cells ex vivo by nonclassical monocytes in
melanoma patients. Proc Natl Acad Sci U S A 2015;
112: 6140–6145
6 Ulmer A, Dietz K, Hodak I et al. Quantitative measurement of melanoma spread in sentinel lymph nodes
and survival. PLoS Med 2014; 11: e1001604
7 Van Allen EM, Miao D, Schilling B et al. Genomic correlates of response to CTLA-4 blockade in metastatic
melanoma. Science 2015; 350: 207–211
8 Brantsch KD, Meisner C, Schönfisch B et al. Analysis
of risk factors determining prognosis of cutaneous
squamous-cell carcinoma: a prospective study. Lancet Oncol 2008; 9: 713–720
9 Braumüller H, Wieder T, Brenner E et al. T-helper1-cell cytokines drive cancer into senescence. Nature
2013; 494: 361–365
10 Robert C, Thomas L, Bondarenko I et al. Ipilimumab
plus dacarbazine for previously untreated metastatic
melanoma. N Engl J Med 2011; 364: 2517–2526
Prof. Dr. med. Martin Röcken
Ärztlicher Direktor, Universitäts-Hautklinik,
Eberhard Karls Universität Tübingen
Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt.
analysiert. In einem speziellen Artikel wird in
diesem Themenheft das Spektrum von den
minimal invasiven Eingriffen bei sehr frühen
Tumoren der Haut bis hin zu den routinemäßigen, täglich wiederholt anfallenden größeren
Operationen wiedergegeben. Nur kurz hingewiesen wird auf die großen Tumoroperationen,
die nur an wenigen Spezialzentren wie der Universitäts-Hautklinik Tübingen durchgeführt
werden.
Aufgrund der Gestaltung des Themenheftes
konnte auf einige große Themenkomplexe wie die
Sarkome, die malignen Gefäßtumoren und die
Merkelzellkarzinome nicht eingegangen werden.
Ein spezieller Bereich, der jedoch zunehmend an
Bedeutung gewinnt, sind die Lymphome der
Haut. Die Dermatohistologen und onkologisch
tätigen Dermatologen haben gemeinsam mit
den Hämatoonkologen und den Pathologen eine
Klassifikation der Lymphome der Haut erstellt.
Im Gegensatz zu früheren Annahmen sind
sekundäre Lymphome der Haut selten. Die meisten Lymphome der Haut entwickeln sich als primäre Lymphome der Haut, wobei die T-ZellLymphome mit ihrem Spektrum deutlich überwiegen. Aufgrund ihrer großen Bedeutung, auch
im Rahmen der Früherkennung durch den Hausarzt und den Klinikarzt, wurden die Darstellung
der T- und B-Zell-Lymphome, ihre wichtigste
Klassifikation und die entscheidenden Behandlungsmethoden in das Heft mit aufgenommen.
Aufgrund der Größe der Universitäts-Hautklinik
Tübingen ist es uns glücklicherweise möglich,
allen Patienten mit den oben genannten verschiedenen Tumorentitäten eine Behandlung
durch international anerkannte Kliniker zukommen zu lassen, die sich speziell auch als klinische
Wissenschaftler mit den einzelnen Tumorentitäten befassen. Besonders wichtig ist es dabei, dass
wir hier wöchentlich in einem Tumorboard kommunizieren, um für Patienten mit Problemtumoren die beste vorstellbare Lösung zu suchen.
Besonders dankbar sind wir hier auch für die
Unterstützung durch die Innere Medizin, die
Radioonkologie, die Radiologie und die anderen
chirurgischen Fachdisziplinen des Universitätklinikums Tübingen, mit denen wir in diesen
177
Herunterladen