BINE Informationsdienst Energieforschung – Erfolgsfaktor wirtschaftlicher Innovation In der Energietechnik ist Fortschritt kein Zufall. Brennwert-Heizkessel, Energiesparlampen oder Solaranlagen werden heute mit einer großen Produktpalette auf dem Markt angeboten. Was mittlerweile selbstverständlich erscheint, ist Ergebnis langjähriger Forschungsarbeiten. Auch heute stehen eine Fülle innovativer Konzepte und Techniken auf der Startlinie. Wieder hoffen Forscher und Entwickler, diese morgen ebenso erfolgreich auf dem Markt etablieren zu können. Um diese notwendigen Innovationsprozesse zu beschleunigen, fördert die Bundesregierung Forschung und Entwicklung moderner Energietechnologien im Rahmen des Energieforschungsprogramms. 1 Die Früchte der Forschung werden meistens erst in der Zukunft geerntet. In einer sanierten Kindertagesstätte in Wismar testet die nächste Generation bereits heute ein energieeffizientes Gebäude. Auf dem Foto sind Energieforscher zu Besuch. E ine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung ist das Rückgrat jeder modernen Volkswirtschaft. Ohne eine leistungsfähige Energieversorgung ist es nicht möglich, Wachstum, Beschäftigung und Wohlstand zu sichern. Ohne Energie gibt es keine Entwicklung. Ohne Umgestaltung der Energieversorgung gibt es keine Fortschritte beim Klimaschutz. Hierfür innovative Technologien, Produkte und Konzepte zu entwickeln, ist Aufgabe der Energieforschung. Ein wichtiger Schwerpunkt des Energieforschungsprogramms ist die Förderung von Forschung und Entwicklung im Bereich der Effizienztechnologien. Für Produkte und Dienstleistungen soll möglichst wenig Primärenergie eingesetzt werden: Kraftwerke sollen aus jeder Tonne Kohle mehr Strom herausholen. Innovative Gebäude mit guter Wärmedämmung, Gebäudetechnik und Solarenergienutzung bieten einen hohen Nutzerkomfort auch mit niedrigerem Energieverbrauch. Brennstoffzellen erzeugen Strom und Wärme in einem Prozess. Für Gebäude, Anlagen zur Energieumwandlung und Industrieprozesse gilt: Jede Modernisierung und jeder Neubau bedeuten eine Chance, in Zukunft Energiekosten zu sparen, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und zur Nachhaltigkeit des Energiesystems beizutragen. Neue Technologien zu entwickeln und Produkte auf den Markt zu bringen, ist vor allem Aufgabe der Wirtschaft. Die Bundesregierung unterstützt diesen Prozess durch das 5. Energieforschungsprogramm, das im Sommer 2005 verabschiedet wurde. Das Programm steckt den Rahmen für die Förderschwerpunkte der kommenden Jahre ab. Schwerpunkt dieses Themen-Infos ist der Bereich Effizienztechnologien des Energieforschungsprogramms, der in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) fällt. Darüber hinaus fördert die Bundesregierung noch weitere Energietechnologien, wie die erneuerbaren Energien, nukleare Sicherheits- und Endlagerforschung, die Kernfusion und technologieübergreifende Grundlagenforschung. Globale Herausforderungen Eine sichere, wirtschaftliche und umweltfreundliche Energieversorgung hat für die Volkswirtschaft eine besondere strategische Bedeutung. Von ihr hängen sowohl Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze als auch die Risiken für die Umwelt und den Schutz des Klimas ab. steigen. Viele Menschen in Entwicklungsund Schwellenländern leben noch ohne Stromversorgung und sind damit von grundlegenden Entwicklungsmöglichkeiten ausgeschlossen. Zur Bewältigung dieser Herausforderungen können innovative Energietechnologien beitragen. Die Grundlagen dafür werden in der Energieforschung erarbeitet. Ziele sind, Energie möglichst effizient zu nutzen, den Anteil der erneuerbaren Energien zu erhöhen, Innovationszyklen in der Energietechnik zu beschleunigen und damit die Wettbewerbsfähigkeit der Volkswirtschaft zu stärken sowie einen ausgewogenen Energiemix zu gewährleisten. Deutschland ist bei der Umgestaltung des Energieversorgungssystems in Richtung Nachhaltigkeit auf einem guten Weg. EJ 700 600 500 400 300 200 100 bereits modernisiert und die Stromausbeute damit verbessert. In den alten Bundesländern wird sich dieser Modernisierungsprozess der Stromerzeugung im kommenden Jahrzehnt fortsetzen. Der Beitrag der erneuerbaren Energien zum Primärenergiebedarf ist gestiegen. Die energiebedingten Schadstoffemissionen konnten seit 1990 um bis zu 95% reduziert werden, beim klimawirksamen CO2 waren es ca. 15% (Abb. 3). Trotz dieser Erfolge liegt Deutschland bei den CO2-Emissionen pro Kopf der Bevölkerung international immer noch in der Gruppe der Hauptverursacher. Damit sich das ändert, müssen sich innovative Technologien und Verfahren noch stärker auf dem Markt durchsetzen. Erforschung und Entwicklung innovativer Energietechnologien sind in erster Linie Aufgabe der Wirtschaft. Sie ist größter Nutznießer der Ergebnisse, kennt Stärken und Schwächen einzelner Technologien am besten und muss sich im internationalen Wettbewerb behaupten. Die Aufgabe des Staates ist, Rahmenbedingungen für Innovation und technischen Fortschritt zu schaffen. Für eine gezielte staatliche Förderung im Energiebereich gibt es gute Gründe: ■ Der lange Zeithorizont von der Erfindung bis zur kommerziellen Nutzung. ■ Das hohe Entwicklungsrisiko bei einzelnen Technologien, das der Markt nicht allein tragen kann. ■ Der strategische Stellenwert des Faktors Energie für Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft. 0 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 beobachtet 1970/2000: +90% Prognose weltweit 2000/2030: +66% Prognose EU-25 2000/2030: +19% 2 Prognose für den Weltenergieverbrauch bis 2030 [Quelle: IEA; EU-Kommission] Der Primärenergieverbrauch in Deutschland ist trotz Wirtschaftswachstums seit 1990 nicht mehr gestiegen und konnte – bezogen auf je 1.000 Euro Bruttoinlandsprodukt – im jährlichen Durchschnitt um 1,6% gesenkt werden. In den neuen Bundesländern wurde der Kraftwerkspark Mio. t 1000 980 Die Weltwirtschaft befindet sich in einer Umbruchphase. Als Folge der Globalisierung entwickeln sich die Volkswirtschaften in einigen Schwellenländern und jungen Industriestaaten sehr rasch, während andere Volkswirtschaften unter Druck geraten. Als eine Folge zeichnen sich für die nächsten Jahre auch große Veränderungen der weltweiten Energieversorgung ab. Prognostiziert wird eine 60- bis 80-prozentige Zunahme des globalen Energieverbrauchs bis 2030 (Abb. 2), bedingt durch die weitere Zunahme der Erdbevölkerung und das große Wirtschaftswachstum in einigen Regionen. Weltweit steigen die Nachfrage nach Erdöl und Erdgas – bei begrenzten Vorkommen – und somit auch die Energiepreise. Die Abhängigkeit der Industrieländer von Energie-Importen wächst. 960 940 920 900 880 860 840 820 800 780 760 1991 Erste Auswirkungen einer Veränderung des Erdklimas sind erkennbar. Die CO2-Emissionen in die Atmosphäre werden durch die Zunahme des Weltenergieverbrauchs weiter 2 BINE themeninfo 3 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 Energiebedingte CO2-Emissionen in Deutschland. Seit 1990 ist der Ausstoß um mehr als 15% zurückgegangen. [Quelle: BMWA, Energieindikatoren Deutschland] Energieoptimiertes Bauen für Wohnen und Arbeiten Industrie 25,2% Gewerbe, Handel, Dienstleistung 16,6% Menschen erwarten beim Wohnen und Arbeiten von einem Gebäude Komfort: eine stets angenehme Raumtemperatur, bei Bedarf Warmwasser, eine gute Luftqualität und viel Licht. Architektonisch sollen die Häuser außen und innen ansprechend gestaltet sein. Heutige Neubauten und konsequent sanierte Altbauten können die Anforderungen weitgehend erfüllen und zusätzlich noch energiesparend sein. Die Forschung arbeitet aber bereits an noch leistungsfähigeren Konzepten für die “Gebäude der Zukunft”. Diese zeichnen sich durch einen deutlich niedrigeren Energieverbrauch bei hohem Haushalte 30% Verkehr 28,2% 6 Verteilung des Endenergieverbrauchs in Deutschland 2003 auf verschiedene Verbrauchssektoren Nutzerkomfort aus. Sonstige Fernwärme 10% 6% Strom 5% kWh/m2a 400 1981: Heizkostenverordnung 350 300 1982: 1. Heizanlagenverordnung DIN 4108 1989: 2.Heizanlagenverordnung 250 1994: 3.Heizanlagenverordnung 1. WSVO 200 150 2. WSVO 2 100 3 1 50 5 1975 1. Ölpreiskrise 1980 2. Ölpreiskrise 1985 3. WSVO 4 0 1970 1990 Ölpreisverfall EnEV 6 1995 2000 2005 7 Heizölverbrauch in zentralbeheizten Mietwohnungen 1 Aachen 2 Landstuhl Öl 37% Ziel 2005 für CO2: -25% Ergebnisse diverser Forschungsprojekte Heizenergiebedarf Verteilung des Endenergieverbrauchs privater Haushalte auf verschiedene Energieträger 3 Ingolstadt/Halmstad 4 Heidenheim 5 Energieautarkes Solarhaus 6 Solarpassivhäuser 4 Der Heizölverbrauch in zentralbeheizten Mietwohnungen ging von 1970 – 2000 von ehemals etwa 430 auf 170 kWh/m2a zurück (10 kWh = 1 l Öl). Die gelben Rechtecke geben den gesetzlichen Standard für Neubauten wieder. Heizung: 30 – 35% Dach: 15 – 20% Fenster: 20 – 25% Lüftung: 10 – 20% Wand: 20 – 25% Boden: 5 – 10% 5 Gas 42% Typische Wärmeverluste eines freistehenden Einfamilienhauses (Baujahr vor 1984) Die privaten Haushalte in Deutschland verbrauchen ca. ein Drittel der Endenergie (Abb. 6, 7). Davon entfallen 77% auf die Raumheizung und 12% auf Warmwasser, den Rest teilen sich Beleuchtung, Telekommunikation, Unterhaltungselektronik und sonstige Verbräuche. Der Energieverbrauch privater Haushalte wird nicht nur durch Baustandards und Nutzerverhalten geprägt, sondern auch durch soziologische Trends. Seit Jahren sinkt die durchschnittliche Haushaltsgröße in Deutschland und der Anteil der Ein-Personen-Haushalte stieg von 7% im Jahr 1900 auf 37,3% im Jahr 2004. Von 1970 bis 2003 nahm die durchschnittliche Wohnfläche je Person von 24 auf 40,5 m2 zu. Wohngebäude sowie Gewerbe-, Industrieund Verwaltungsgebäude sind große Energieverbraucher. Im Jahr kommen weniger als 1% Neubauten zum Gebäudebestand hinzu. Etwa 90% der Gebäude sind vor 1990 entstanden und weisen – entsprechend dem damaligen Baustandard – viel zu hohe Wärmeverluste auf. Nur durch energieeffiziente Gebäude, Gebäudetechnik und elektrische Geräte lässt sich der Energieverbrauch in diesem Bereich senken. BINE themeninfo 3 Die im Jahr 2002 in Kraft getretene Energieeinsparverordnung (EnEV) hat die Energiestandards für Gebäude neu festlegt: Der Primärenergiebedarf ist zukünftig die zentrale Berechnungsgrundlage; dabei wird auch die Haustechnik einbezogen. Es gilt ein höherer Wärmeschutzstandard von Gebäuden gegenüber der alten Regelung. Die Anforderungen für den Gebäudebestand bei baulichen und anlagetechnischen Änderungen wurden verschärft sowie eine Verpflichtung zur Nachrüstung eingeführt. Ergebnisse vieler Forschungsvorhaben aus den letzten Jahren sind in der EnEV berücksichtigt worden. Fortschritte waren vor allem auf den Gebieten Dämmung der Gebäudehülle, Einsatz hocheffizienter Fenster und Fassadentechnik sowie Nutzung von Tageslicht und Solarenergie zu verzeichnen. Erfolge wurden auch bei Heizungs-, Klima- und Lüftungsanlagen, der Nah- und Fernwärmeversorgung mit integrierter Abwärme- und Solarenergienutzung sowie bei EDV-gestützten Planungsprozessen erzielt. Eine Novellierung der EnEV ist in Vorbereitung. Modernisieren bestehender Gebäude Gebäude sind zu Stein gewordener Energiebedarf. Einmal gebaut werden Wohngebäude etwa 100 Jahre genutzt. Grundlegende Modernisierungen werden nach 30 – 60 Jahren angegangen. 90% der Gebäude in Deutschland sind nicht oder kaum wärme- i gedämmt (“energetische Altbauten”) und bei ihnen ist der Abstand und der Nachholbedarf auf den technischen Stand des energieeffizienten Bauens sehr groß. Folglich lassen sich in diesem Bereich auch die größten Einspareffekte erzielen. Bislang werden Außenwände, Dach, Fenster oder die Heizungsanlage häufig erst dann erneuert, wenn Verfall droht oder sich die Gebäudeenergiepass Beim Immobilienkauf soll zukünftig die Energieeffizienzklasse ein ähnlich wichtiges Entscheidungskriterium werden, wie sie es bei Kühlschränken oder Waschmaschinen bereits ist. Dazu soll Anfang Januar 2006 ein Energiepass für Gebäude eingeführt werden, der über die energetische Qualität eines Gebäudes und seiner Gebäudetechnik Auskunft gibt. Käufer und Mieter werden damit in die Lage versetzt, vor einer Entscheidung den energetischen Standard des Gebäudes und die daraus resultierenden Energie- und Nebenkosten zutreffend einschätzen und unkompliziert vergleichen zu können. Ein saniertes, energieeffizientes Gebäude wird künftig Wettbewerbsvorteile gegenüber unsanierten Altbauten haben. Als bundeseinheitliches Muster eines Energiebedarfsausweises hat die Deutsche Energie-Agentur einen Energiepass entwickelt. Weitere Informationen: www.zukunft-haus.info kWh/(m2a) 300 Hilfsenergie Warmwasser 250 Heizung 200 150 100 50 Passivhaus KfW-40 KfW-60 EnEV 2002 WSVO 95 WSVO 84 Bestand 0 8 Entwicklung der Energiestandards (Wohnungsbau) Zahlreiche Forschungs- und Pilotprojekte haben im Vorfeld die Wirtschaftlichkeit einzelner Maßnahmen bestätigt. Ein überschaubarer finanzieller Mehraufwand in der Bauphase rechnet sich langfristig auch für die Bauherren. Höheren Bau- oder Sanierungskosten stehen in einem energieeffizienten Gebäude dauerhaft niedrigere Energiekosten, ein höherer Nutzerkomfort und Immobilienwert sowie ein verringertes Risiko künftiger Bauschäden gegenüber. Beispielsweise ist ein KfW-60-Haus energetisch um etwa ein Drittel besser als der EnEV-Standard (Abb. 8) und verursacht insgesamt ca. 2 – 4% Mehrkosten. Beim energetisch noch besseren Passivhaus liegt dieser Wert zwischen 8 – 15%. 4 BINE themeninfo 9 Muster des von der Deutschen Energie-Agentur GmbH (dena) entwickelten Energiepasses i Modernisierung von Ein- und Zweifamilienhäusern An Modernisierung interessierte Hausbesitzer und Mieter können sich mit ihren individuellen Fragen u. a. an die Energieberatungsstellen der Verbraucherverbände wenden. Ein Verzeichnis der entsprechenden Beratungsstellen kann beim BINE Informationsdienst angefordert werden. Informationen über besonders effiziente Komponenten und Verfahren aus der Forschung, z. B. Strom sparende Heizungspumpen oder Vakuumdämmung, und die Nutzung erneuerbarer Energien, z. B. Solarkollektoren, sind ebenfalls kostenfrei beim BINE Informationsdienst erhältlich. Eine Möglichkeit zur genauen Bestandsaufnahme eines Gebäudes ist eine “Energieberatung vor Ort” durch einen anerkannten Energieberater, die auch durch ein Förderprogramm des BMWA bis Ende 2006 gefördert wird (www.energiefoerderung.info). Tipps zum Weiterlesen: BINE basisEnergie Nr. 11 “Altbau – Fit für die Zukunft” und Deutsche Energie-Agentur “Modernisierungsratgeber Energie” (www.dena.de) [beide kostenfrei]. Im Buchhandel erhältlich: BINE Informationspaket “Energieeffiziente Altbauten – Durch Sanierung zum Niedrigenergiehaus” ISBN 3-8249-0794-1. ★ Neue Wege in der Innendämmung von Gebäuden Um die Wärmeverluste durch die Gebäudehülle zu senken, ist die Außendämmung der Wände das bevorzugte Verfahren. Die Innendämmung galt lange Zeit als technisch eher schwieriger Weg. Wenn Häuser eine denkmalgeschützte Fassade aufweisen, ist sie meist aber die einzige Möglichkeit. Im Rahmen eines Projektes der Energieforschung wurde eine vielversprechende Lösung für eine nachträgliche Innendämmung entwickelt: Faserdotierte Wärmedämmplatten aus Calciumsilikat, die der Wasserdampfdiffusion nur geringen Widerstand entgegensetzen. Sie verfügen über eine hohe Saugwirkung und können anfallendes “Tauwasser” zeitweise speichern. Die Platten sind wegen ihres pHWertes resistent gegen Schimmelpilz, besitzen hervorragende Brandschutzeigenschaften und lassen sich problemlos recyceln. Feuchtegehalt [kg/m2] 7 ohne kapillare Leitfähigkeit mit kapillarer Leitfähigkeit 6 5 4 3 2 1 0 3.5 Gesetzeslage verschärft hat. Durch eine konsequente Modernisierung lassen sich 50 – 80% des Energieverbrauchs einsparen und die Energiekosten dauerhaft senken. Damit kann auch ein vor 1984 errichtetes Gebäude zum Niedrigenergiehaus werden. ★ 3.75 4 4,25 4,5 4.75 5 5.25 5.5 Zeit [a] 10 Einfluss der kapillaraktiven Baustoffe auf den Feuchtegehalt Fenster und Fenstersysteme Intensive Forschungsarbeiten und eine dynamische technische Entwicklung haben in den letzten beiden Jahrzehnten zu wahren Quantensprüngen bei den wärmetechnischen und optischen Eigenschaften von Fenstern und Verglasungen geführt. Die heute üblichen Wärmeschutzverglasungen mit dünnen Silberschichten und Edelgasfüllungen ermöglichen Fenster mit deutlich verbesserten Dämmwerten. Vorbei sind die Zeiten, in denen Fenster die vorherrschende Schwachstelle der Gebäudehülle waren. Lange Zeit waren im “System Fenster” die Rahmen das Bauteil mit den schlechtesten Dämmeigenschaften. Seit Ende der 1990er Jahre wurden wärmedämmende Rahmenprofile zunehmend marktverfügbar. Ein kürzlich abgeschlossenes Forschungsprojekt untersuchte Möglichkeiten zur Optimierung der Einbausituation. Die heute möglichen, hocheffizienten Wärmeschutzverglasungen machen die einfallende Solarenergie für die Raumheizung nutzbar und sparen auch in unseren Breiten Heizenergie ein. Besonders in Büro- und Gewerbegebäuden tragen optimierte Fensterflächen – als Teil eines Gesamtkonzeptes für die Belichtung – dazu bei, die Tageslichtversorgung der Innenräume und damit auch die Energiebilanz des Gebäudes zu verbessern. 11 Forschungsarbeiten bestätigen: Die optimale Einbauposition von Fenstern mit hohem Wärmeschutz liegt im raumseitigen ersten Drittel der Dämmung. BINE themeninfo 5 Büro- und Gewerbegebäude unterscheiden sich in der Struktur des Energiebedarfs grundsätzlich von Wohngebäuden. Sie sind dichter mit Personen belegt und mit Wärme abgebenden Geräten ausgestattet. Hieraus entstehen Probleme mit der Abwärme und der Erhaltung der Luftqualität. Im Vergleich zum Wohnungsbau fällt der Energieträger Strom wegen der Lüftungsund Klimaanlagen, künstlichen Beleuchtung, Maschinen und vielen anderen Geräte besonders ins Gewicht. Viele bestehende Büro- und Gewerbegebäude sowie Bauten im Bildungs-, Kulturund Freizeitbereich wurden in Zeiten niedriger Energiepreise geplant und gebaut. Nur mit einer umfangreichen Gebäudetechnik und einem hohen Energieeinsatz können sie den notwendigen ther- i mischen und visuellen Komfort ermöglichen und die ergonomischen Anforderungen erfüllen. Die Gebäude verfügen über keine oder eine unzureichende Dämmung der Gebäudehülle. Die aus heutiger Sicht überdimensionierten Heizungs- und Lüftungsanlagen sind nicht in der Lage, sich auf flexible Arbeitszeiten und eine variable Raumnutzung einzustellen. Die unzureichende Tageslichtversorgung muss durch Kunstlicht ausgeglichen werden. Derartige Gebäudemängel sind nicht nur für die Energiekosten von Nachteil, sondern sie belasten auch die Motivation der Beschäftigten bzw. Nutzer. In zahlreichen Demonstrationsprojekten im Rahmen der Energieforschungsförderung wurden Musterlösungen für die Modernisierung unterschiedlicher Gebäudetypen entwickelt und erprobt. Förderkonzept EnSan EnSan ist ein Förderkonzept zum Thema Gebäudesanierung. Im Rahmen dieses Konzepts wurden neben Querschnittstechniken und Planungsinstrumenten für die Praxis vor allem Mustersanierungen für bestimmte Gebäudetypen entwickelt. Hierzu zählen u. a. gemischte Wohn- und Gewerbegebäude, große Wohnkomplexe, spezielle kleine Wohngebäude, Büro- und Verwaltungsgebäude, Bildungsstätten sowie Wohn- und Pflegeheime. Ergebnisse einzelner Projekte sind im Rahmen der BINE-Projekt-Infos veröffentlicht worden, eine aktuelle Gesamtübersicht über das Förderkonzept und die Demonstrationsgebäude bietet www.ensan.de ★ Kindertagesstätte Wismar Die Kindertagesstätte ist in einem 1972 errichteten Plattenbau untergebracht, der vor der Sanierung zahlreiche Schwachstellen in der Wärmedämmung der Außenhülle aufwies. Eine Thermographieaufnahme identifizierte Wärmebrücken und Undichtigkeiten, z. B. auch im Anschlussbereich der 1995 “sanierten” Fenster. In diesem Zustand verbrauchte das Gebäude 220 kWh/m2a für Heizzwecke. Die Sanierung des Gebäudes erfolgte im Rahmen eines Forschungsvorhabens (Abb. 1). Die Fassade wurde teilweise mit Vakuum-Isolations-Paneelen (VIP) gedämmt, um diese neue Technik auch in der Gebäudesanierung zu erproben. Vakuum gedämmte Fassaden zeichnen sich durch eine extrem geringe Wärmeleitfähigkeit aus. Die Paneele ermöglichen eine hohe Dämmwirkung bei vergleichbar geringen Dämmstoffstärken. Dies ist ein großer Vorteil bei beengten Platzverhältnissen oder hohen Anforderungen an den Wärmeschutz. 12 Vakuum-Isolations-Paneel (VIP) mit einem Kern aus mikroporöser Kieselsäure, einer Umhüllung aus einem schützenden Vlies und einer metallisierten Hochbarrierefolie, welche fugendicht verschweißt oder verklebt wird [Quelle: ZAE Bayern] 6 BINE themeninfo 13 Dieses Laborgebäude in Jülich verbraucht seit seiner Sanierung nicht nur wesentlich weniger Energie – es hat auch optisch gewonnen. Das Projekt ist ein Beispiel aus dem Förderkonzept EnSan zur energetischen Verbesserung der Bausubstanz. Energieeffiziente Neubauten Die Ölpreiskrisen in den 1970er Jahren haben eine rasante Entwicklung der Konzepte, Materialien und Technik für energieeffizientes Bauen in Gang gesetzt. Die Energieforschung hat hier wichtige Impulse gegeben. Heutige effiziente Wohngebäude, wie z. B. Passivhaus, 3-Liter-Haus oder KfW-40-Haus, benötigen nur noch bis zu einem Zehntel des früher üblichen Heizwärmebedarfs oder weniger. Auch gegenüber der heute gültigen EnEV liegen sie immer noch weit unter den maximal zulässigen Werten. Dabei zwingen diese modernen und energieeffizienten Gebäude die Bewohner nicht zur Askese, sondern bieten im Gegenteil bemerkenswerten Wohnkomfort. Ursprünglich bildeten sich in den 1980er Jahren zwei Richtungen des energiesparenden Bauens heraus: Die Solararchitektur, die über großflächige Fenster möglichst viel Sonnenwärme für die Gebäudeheizung nutzbar machen wollte, und die bauphysikalische Schule, die eine konsequente Wärmedämmung der Gebäudehülle als zentral ansah. Aus dieser ist u. a. die Niedrigenergiebauweise hervorgegangen. Mittlerweile ist dieser Gegensatz überholt. Gefördert u. a. durch die technischen Fortschritte bei den Fenstersystemen, wurden die Grundideen beider Konzepte in der passiv-solaren Bauweise zusammengeführt (Abb.15). Ein passiv-solares Gebäude zeichnet sich u. a. durch eine kompakte Geometrie, eine möglichst hochwertige Dämmung der Gebäude- ★ Siedlung Wiesbaden-Lummerlund in Passivbauweise In Wiesbaden wurde eine Siedlung mit 22 Passivhäusern errichtet. Die zweigeschossigen Häuser mit Pultdach stehen in 3 Reihen und die Hauptfassaden sind nach Süden ausgerichtet. Die baugleichen Häuser verfügen über die passivhaustypische hochgedämmte Gebäudehülle und Zu- und Abluftanlage mit Gegenstromwärmetauscher. Sie sind an ein Nahwärmenetz mit Kraft-Wärme-Kopplung angeschlossen. Die Häuser wurden über drei Jahre messtechnisch begleitet. Ein wichtiges Ziel war, den Einfluss des Nutzerverhaltens auf den Energieverbrauch in effizienten Gebäuden ermitteln zu können. Im ersten Jahr der Untersuchung gab es beim Heizwärmeverbrauch nutzerbedingte Streuungen zwischen 5 und 21 kWh/m2. Über alle drei Jahre lag der Durchschnitt des Heizwärmeverbrauchs zwischen 10,4 und 12,2 kWh/m2a. Ausführliche Daten über dieses Projekt und andere intelligente Energieanwendungen finden Sie u. a. bei www.energie-projekte.de 14 Passivhäuser der Siedlung Wiesbaden-Lummerlund hülle und eine innovative Verglasungs- und Fenstertechnik aus. Innere Wärmequellen, wie die Abwärme von Menschen, Geräten und Prozessen, sowie die Solarwärme werden zur Gebäudeheizung genutzt. Die Gebäudetechnik dient nur zur Restwärmebereitstellung und bindet beispielsweise thermische Solaranlagen oder Holzheizungen in die Gebäudeversorgung ein. Mitunter benötigen diese Gebäude auch keine Heizung im klassischen Sinn mehr, sondern kommen mit einer Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung aus. Viele Bewohner derartiger Häuser loben auch die gute Ausrichtung der wesentlichen Aufenthaltsräume möglichst nach Süden Luftqualität im Haus aufgrund der mechanischen Lüftungsanlage. Für Architekten und Bauherren besteht weiterhin ein hohes Maß an Gestaltungsspielraum, da sich energieeffiziente Neubauten in Massivoder Holzbauweise realisieren lassen oder als Fertighaus komplett erworben werden können. In energieeffizienten Gebäuden mit gut gedämmter Gebäudehülle können thermische Solaranlagen die Energiebilanz weiter verbessern. Je nach Auslegung können sie etwa 50 – 80% des ganzjährigen Warm- Wärmebrücken minimieren wasserbedarfs und in kombinierten Anlagen mit Heizungsunterstützung etwa 25 – 30% des Jahreswärmebedarfs abdecken. Im Zeitraum 1992 – 2004 hat sich die installierte Kollektorfläche in Deutschland verzehnfacht und die Anlagenkosten haben sich halbiert. Ende 2004 waren etwa 6,3 Mio. m2 Kollektorfläche in Deutschland installiert. Kollektoranlagen haben in den Jahren 2002/03 einen Anteil von etwa 10% am Heizungsmarkt erzielt. Weitere Informationen über solare Wärme bieten die Internetseiten: www.erneuerbare-energien.de und www.solarthermie2000plus.de Opake Transmissionsflächen (Wand, Dach, Grund) mit 20 - 40 cm Dämmung U-Werte < 0,16 W/(m2K) Fenster mit Wärmeschutzverglasung und Dämmrahmen Uw < 0,8 W/(m2K) g = 50…60 % Passive solare Gewinnung optimieren und Verschattung minimieren Luft- und Winddichtheit n50 < 0,6 h-1 Effiziente Gebäudetechnik und Nutzung regenerativer Energien Lüftungsanlage mit hocheffizienter Abluftwärmerückgewinnung Optimierte Gebäudegeometrie, ggf. sinnvolle Zonierung 15 Wichtige Maßnahmen der passiv-solaren Bauweise BINE themeninfo 7 Die Anforderungen an Gebäude für Büros, Verwaltungen, Industrie- und Gewerbebetriebe – meist zusammenfassend NichtWohngebäude genannt – sind vielschichtig: Die Vermeidung von Überhitzung im Sommer ist genauso wichtig wie die Beheizung im Winter. Eine gute Tageslichtversorgung wird nur dann von den Nutzern geschätzt, wenn es keine Probleme mit Blendung gibt. Zentralgesteuerte Lüftungs- und Heizungsanlagen können ein Gebäude zuverlässig auf Energiesparkurs halten, trotzdem möchten die Beschäftigten über individuelle Regelungsmöglichkeiten an ihrem Arbeitsplatz verfügen. Diese besonderen Anforderungen an Raumtemperatur, Beleuchtung und Luftqualität beeinflussen auch die Ergonomie der Arbeitsplätze. Durch eine frühzeitige Einbeziehung aller Fachplaner (integrale Planung) sollen diese i Anforderungen bereits im Gebäudeentwurf gelöst werden. Damit werden unergonomische Zustände bei Raumtemperatur, Beleuchtung und Luftqualität von Beginn an vermieden, anstatt diese dauerhaft durch aufwändige Gebäudetechnik unter hohem Energieeinsatz korrigieren zu müssen. Die Anforderungen an die Wärmedämmung von Büro- und Gewerbegebäuden unterscheiden sich wenig von Wohngebäuden. Ein wichtiger Unterschied ist das Risiko einer Überhitzung. In Nicht-Wohngebäuden entstehen große Wärmelasten, da tagsüber die Abwärme von Menschen, Geräten (z. B. Bürokommunikation) und einstrahlende Sonnenwärme zeitgleich anfallen. In Forschungsprojekten wurden daher Verfahren entwickelt, um derartige Wärmelasten tagsüber in Massivbauteilen zu speichern und über eine nächtliche Küh- lung mit Außenluft aus dem Gebäude zu transportieren. Auch Erdreichwärmetauscher in Kombination mit einer Lüftungsanlage sind eine mögliche Variante. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist eine optimierte Tageslichtversorgung im Rahmen eines Gesamtbelichtungskonzepts. Steuerungssysteme mit Sensoren, die den Tageslichteinfall und die Anwesenheit von Personen registrieren, tragen zu Stromeinsparungen bei der künstlichen Beleuchtung und den Lüftungsanlagen bei. Leistungsfähige Simulationsprogramme weisen bereits in der Entwurfsphase auf mögliche Optimierungsschritte hin. Im Rahmen des Förderkonzepts SolarBau sind u. a. 23 Demonstrationsgebäude entstanden, deren besonderer planerischer Aufwand mit Mitteln der Energieforschung gefördert wurde. Förderkonzept SolarBau Das Förderkonzept SolarBau setzte den Schwerpunkt auf innovative Konzepte im Nicht-Wohnungsbau. Unter anderem wurden 23 Demonstrationsgebäude von der Planung bis zur Evaluierung betreut. Zu diesen Gebäuden gehören: Büro- und Verwaltungsgebäude, Produktionshallen, Institutsgebäude für Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen sowie eine Schule und eine Werkstatt für Behinderte. Ergebnisse einzelner Projekte sind im Rahmen der BINE-Projekt-Infos veröffentlicht worden, eine aktuelle Gesamtübersicht über das Förderkonzept und die Demonstrationsgebäude bietet www.solarbau.de Tipp zum Weiterlesen: Einen themenbezogenen Überblick über die Ergebnisse des Förderkonzepts bietet das Buch: Voss/Löhnert/Herkel/Wagner/Wambsganß: “Bürogebäude mit Zukunft” ISBN: 3-8249-0883-2. 16 Ein bekanntes Gebäude im Rahmen von SolarBau ist der Neubau des Umweltbundesamtes in Dessau 8 BINE themeninfo ★ Passiv-Bürohaus Lamparter Das Bürogebäude mit 1.000 m2 Nettogrundfläche vereint die Passivhaus-Bauweise und eine bedarfsgerechte Regelung der Gebäudetechnik mit einer thermischen und photovoltaischen Nutzung der Sonnenenergie. Die Dämmstoffstärken an der Gebäudehülle betragen 24 – 35 cm und es wurden Fenster mit 3-fach Wärmeschutzverglasung und Holzrahmen eingebaut. Die Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung und vorgeschaltetem Erdreichwärmetauscher übernimmt die Gebäudeheizung. Dadurch wurde die Installation von Heizkörpern überflüssig. Durch die Fenster mit deckenbündigem Oberlichtband konnte die Tageslichtnutzung optimiert werden. Eine kleine thermische Solaranlage (4 m2) trägt zur Warmwasserversorgung bei, während die größere Photovoltaikanlage mit 8 kWp etwa 50% des Stromverbrauchs von Beleuchtung und Lüftung abdeckt. Die Baukosten dieses Demonstrationsgebäudes blieben im Rahmen eines Bürogebäudes konventioneller Bauart. 17 Bürogebäude der Firma Lamparter Forschungsschwerpunkte im Bereich “Energieoptimiertes Bauen” Die künftige Förderpolitik in diesem Bereich orientiert sich am Leitbild “Gebäude der Zukunft”. Dazu sollen im Bereich der Neubauten der Primärenergiebedarf entsprechend der technischen Möglichkeiten weiter gesenkt werden und im Modernisierungsbereich die Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung konsequenter genutzt werden. Leitbild “Gebäude der Zukunft” Aus heutiger Sicht sind zukunftsfähige Gebäude architektonisch anspruchsvolle Bauwerke mit hohem Nutzerkomfort, minimalem Primärenergiebedarf, optimierter Technikausstattung, sinnvoller Integration in größere Energieversorgungssysteme sowie insgesamt wirtschaftlicher Energiebedarfsdeckung. Die künftige Förderpolitik wird sich auf folgende Schwerpunkte konzentrieren: ■ ■ ■ ■ ■ ■ Umsetzung der Ergebnisse von Forschung und Entwicklung in Demonstrationsprojekten mit dem Ziel, die verschiedenen Elemente auf ihre Effizienz, Praxistauglichkeit und künftige Marktfähigkeit zu prüfen sowie die Übertragung der Forschungs- und Entwicklungsergebnisse in die Aus- und Weiterbildung von Fachplanern, Architekten und Handwerkern. Fortsetzung der Forschungs- und Entwicklungsarbeiten bei Erfolg versprechenden Materialien, Komponenten und Systemen der Baukonstruktion und der technischen Gebäudeausrüstung. Dazu gehören die weitere energetische Verbesserung der baulichen Hülle (z. B. hocheffiziente Wärmedämmungen mit Vakuum-Elementen) auch in Verbindung mit Solarenergienutzung über Fassaden und Fenster (z. B. schaltbare und selbst regelnde Verglasungen, Licht lenkende Strukturen zur optimalen Tageslichtnutzung) sowie innovative Konzepte der Wärmeerzeugung und -verteilung (Niedrig-Exergie-Systeme mit großflächigen Wärmetauschern zum Heizen und Kühlen, dezentrale Heizungspumpen, fortgeschrittene Wärmepumpentechnik, passive und hybride Systeme zur Luftkonditionierung). Weiterentwicklung der netzgebundenen Wärme- und Kälteversorgung von Gebäuden mit Nah- und Fernwärme aus gekoppelter Strom- und Wärmeerzeugung (auch: Modellversuche mit Brennstoffzellen), aus industrieller Abwärme, Umweltenergie und Biomasse. Damit verbunden sind auch die Modernisierung und Anpassung älterer Netze sowie die Erprobung neuartiger Strukturen (z. B. mobile Fernwärme, Fernkälte). Entwicklung und Erprobung aussichtsreicher Techniken der kurz- und längerfristigen Wärme- und Kältespeicherung für die Beheizung und Klimatisierung (z. B. thermische Untergrundspeicher, Latentwärmespeicher und thermochemische Speicherverfahren). Optimierung der zugehörigen Mess-, Steuer- und Regelungstechnik für den effizienten Betrieb der Anlagen unter Nutzung moderner Kommunikationstechniken. Dazu gehört die Weiterentwicklung von Methoden und Instrumenten zur energetischen Optimierung des “Gesamtsystems Gebäude” in der Planungsphase, bei der Inbetriebnahme und in der Betriebsführung. Übertragung der Techniken und Methoden auf die Anwendung bei der Altbausanierung (z. B. standardisierte bauliche Lösungen, angepasste Haustechnik, spezielle Baustoffe). BINE themeninfo 9 Effiziente Kraftwerke – Schlüsseltechnik im Energiesystem TWh Strom wird in Deutschland zu etwa 60% in Kraftwerken erzeugt, die 200 mit Braunkohle, Steinkohle, Erdgas oder Erdöl – also mit fossilen Energieträgern – betrieben werden. Viele dieser Kraftwerke laufen zwischen 3.000 und 8.000 Stunden pro Jahr. Jede Verbesserung 150 des Wirkungsgrades führt daher in der Summe zu großen Brennstoffeinsparungen und vermeidet Emissionen. 100 Die in den letzten Jahren gebauten Kraftwerke verfügen bereits über eine deutlich höhere Effizienz. Um diese Erfolge fortzusetzen, ist Ziel der Forschung, Kohlekraftwerke und Gas-und-Dampfkraftwerke weiter 50 zu verbessern sowie Verfahren für die Abtrennung und Speicherung von CO2 zu entwickeln. ★ Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik Seit 2002 ist im rheinischen Revier ein Braunkohlekraftwerk mit optimierter Anlagentechnik (BoA) in Betrieb. Bis zum Jahr 2010 sollen noch zwei weitere, verbesserte Blöcke folgen. Das BoA Verfahren ermöglicht einen knapp 30% höheren Wirkungsgrad und verursacht weniger Schadstoffe als die seit Jahren in der Region arbeitenden Braunkohlekraftwerke. In den beiden neuen Blöcken soll eine Wirbelschichttrocknung mit integrierter Abwärmenutzung (WTA) dazu beitragen, den Wirkungsgrad auf ca. 47% anzuheben. 46 Abgaswärme +2,3% 45,2% Kondensatordruck +1,4% Prozessoptimierung +1,6% Dampfzustände +1,6% 38 Dampfturbine +2,3% 34 Stand: 600 MW Neurath E 35,5% 19 Braunkohle 1000 MW Niederaußem K Netto-Wirkungsgrad [%] Eigenbedarf +1,5% 42 Planungsdaten zur Wirkungsgradsteigerung im BoA-Konzept. Im Betrieb erreicht der erste Block einen Wirkungsgrad von mehr als 43% (ohne WTA). [Quelle: Kallmeyer] 10 BINE themeninfo sonst. Brennstoffe (3,2%) Wasserkraft (4,5%) Windkraft (4,1%) Kernenergie (27,5%) Erdgas (10,2%) Mineralöl (1,6%) kraftwerk (Steinkohle) auf ca. 55% und beim GuD-Kraftwerk (Erdgas) auf 65% anzuheben. Ein um 1 Prozentpunkt angehobener Wirkungsgrad bedeutet bei einem üblichen Steinkohlekraftwerk, dass pro Jahr ca. 16.000 t Kohle eingespart und 43.000 t CO2 vermieden werden. Zahlreiche Kraftwerke in Deutschland und in anderen europäischen Ländern werden im kommenden Jahrzehnt in den Bereich von 40 – 50 “Dienstjahren” kommen. Üblicherweise wird ein derart altes Kraftwerk bald durch eine Neuanlage ersetzt. Dieser Modernisierungsschub des Kraftwerkparks ist eine Braunkohlen (26,1%) Kraftwerke bieten ein enormes Potenzial zur Effizienzsteigerung. Zentraler Parameter ist der Wirkungsgrad, d. h. welcher Anteil der eingesetzten Primärenergie konnte in Strom umgewandelt werden und wie viel ging im Prozess oder als Abwärme verloren. Deutsche Kraftwerke erreichen derzeit im Mittel etwa 38% Wirkungsgrad. Im letzten Jahrzehnt ans Netz gegangene neue Kohlekraftwerke liegen bereits bei 40 – 45% und neue Erdgaskraftwerke mit kombinierten Gas- und Dampfturbinen (GuD-Kraftwerke) bei 58%. Ziel der Energieforschung ist, das Wirkungsgradniveau beim Dampf- Steinkohlen (22,8%) 0 18 Bruttostromerzeugung 2004 in Deutschland nach Energieträgern große Chance zur Effizienzsteigerung des Energiesystems und wird die Energieversorgung auf Jahrzehnte prägen. Vor diesem Hintergrund hat das BMWA zusammen mit Wirtschaft und Wissenschaft das so genannte COORETEC-Konzept entwickelt. Darin werden die technologischen Grundlagen für ein emissionsarmes und längerfristig emissionsfreies fossil befeuertes Kraftwerk aufgezeigt. Zwei sich ergänzende strategische Linien werden hierbei zusammengeführt. Die eine strategische Linie der Kraftwerksforschung ist die Effizienzsteigerung. Im Dampfkraftwerk ist das mit einem höheren Temperatur- und Druckniveau im Kraftwerksprozess verbunden. Ein Forschungsschwerpunkt ist daher die Entwicklung von geeigneten Materialien für derartige Bedingungen. GuD-Kraftwerke verfügen zusätzlich zu den Dampfturbinen noch über Gasturbinen. Dampfturbinen sind in einem sekundären Dampfkreislauf installiert, während Gasturbinen direkt die kinetische Energie der heißen Verbrennungsabgase nutzen und – im Vergleich zu Dampfturbinen – wesentlich höheren Temperaturmaxima (1.200 – 1.500 °C) standhalten müssen. Um frühzeitigen Materialverschleiß an den Turbinen zu vermeiden, werden die Schaufeln mit eingeleiteter Luft gekühlt. Die Verbesserung dieser Kühlstrategien und der verwendeten Materialien ist daher ein Forschungsschwerpunkt. Die zweite strategische Linie, die bei der Kraftwerksforschung verfolgt wird, ist die CO2-Abtrennung und Speicherung. Um in Zukunft über eine gleichermaßen sichere wie Klima schonende Stromversorgung zu verfügen, reicht die alleinige Effizienzsteigerung der Kraftwerke nicht aus. Daher sollen wirksame und kostengünstige Verfahren und Techniken entwickelt werden, um das anfallende CO2 im Prozess abtrennen und sicher in geeigneten geologischen i <Förderkonzept COORETEC Im Förderkonzept COORETEC arbeiten Vertreter von Wissenschaft und Industrie in vier Arbeitsgruppen an Zukunftskonzepten für fossil befeuerte Kraftwerke und CO2-Minderungstechniken. Diese Konzepte sollen die Anforderungen des liberalisierten Strommarktes und des Klimaschutzes erfüllen sowie auch dem internationalen Wettbewerb standhalten. Die Arbeitsgruppen haben sowohl bestehende wie auch visionäre Kraftwerkstechnologien mit hohem Entwicklungsrisiko und Zeitbedarf in ihre Prüfungen und Empfehlungen einbezogen. Auch die aktuellen Forschungsergebnisse über einzelne Verfahren und Komponenten der Kraftwerkstechnik laufen in COORETEC zusammen. Formationen einlagern zu können. Eine aussichtsreiche Konzeptlinie ist das Oxyfuel-Verfahren, bei dem die Luft in ihre Bestandteile zerlegt wird, um die Verbrennung mit reinem Sauerstoff durchführen zu können. Das CO2 wird aus dem Rauchgas abgetrennt, das im Wesentlichen aus CO2 und Wasserdampf besteht. Die zweite aussichtsreiche Konzeptlinie basiert auf der Kohlevergasung. Hierbei kann das CO2 bereits vor der Verbrennung ★ abgetrennt werden. Die Kohlevergasung eröffnet noch zwei interessante Optionen: Der erzeugte Wasserstoff kann als Treibstoff im Verkehrssektor genutzt werden. Der Wasserstoff kann auch in Hybridkraftwerken eingesetzt werden, in denen klassische Kraftwerkstechnik mit der Brennstoffzellentechnologie kombiniert wird. Auch diese würden praktisch emissionsfrei aber mit sehr hohem elektrischem Wirkungsgrad arbeiten. Pilotanlage für ein CO2-freies Kraftwerk Im brandenburgischen Spremberg lässt ein Energieversorgungsunternehmen bis 2008 eine wissenschaftliche Pilotanlage zur Erforschung eines CO2-freien Braunkohlekraftwerks errichten. Eingesetzt wird das Oxyfuel-Verfahren, bei dem das CO2 aus dem Rauchgas abgetrennt und eingelagert wird. Die Ergebnisse dieser Pilotanlage sollen dazu beitragen, in einigen Jahren ein Demonstrationskraftwerk mit wettbewerbsfähigen Betriebskosten errichten zu können. Kohlekraftwerk Strom Kohle Erdreich CO2 Fels (ca. 1.000 m) Eine Übersicht über das Förderkonzept bietet www.cooretec.de Tipp zum Weiterlesen: BMWA (2003): COORETEC – Bericht der Arbeitsgruppen. BMWA Dokumentationsreihe Nr. 527, Berlin. Der Bericht steht unter www.cooretec.de zum Download. CO2-Speicher festes Gestein – Deckgestein poröses Gestein – Sandstein 20 Schema eines Kraftwerks mit CO2-Abtrennung [Quelle: Vattenfall] Forschungsschwerpunkte im Bereich “Kraftwerkstechnik” Dampfkraftwerke ■ Entwicklung neuer Werkstoffe für Prozesse mit einer Temperatur von 700 °C und einem Druck von 400 bar, insbesondere neue Verbindungs- und Dichtungstechniken. Zur Vermeidung von Dampfkorrosion werden auch neue Schutzschichten als Temperatur- und Korrosionsschutz benötigt. ■ Kostensenkung und Verkürzung der Entwicklungszeiten durch verbesserte Simulationswerkzeuge. ■ Grundlegende Erforschung möglicher technischer Störungen, der Entstehungsmechanismen von Stickoxiden und Schlacken sowie des Abbrandmechanismusses und der Luft- und Brennstoffverteilung. ■ Gleich effiziente und emissionsarme Funktionsfähigkeit der Kraftwerke auch mit unterschiedlichen Kohlequalitäten. Gas-und-Dampfkraftwerke ■ Forschungsbedarf besteht in den Bereichen Gasturbine, Verdichter, Lebensdauer und Betriebszyklen. ■ Reduzierung des Kühlluftbedarfs durch neue Kühlkonzepte. ■ Verbesserung der aerodynamischen Eigenschaften der Turbine. ■ Untersuchung neuer Wechselwirkungen zwischen einzelnen Parametern und Integration in die zukünftigen Auslegungsprozeduren. CO2-Abtrennung und Speicherung ■ Weiterentwicklung des Oxyfuel-Verfahrens. Schlüsselkomponenten sind spezielle Sauerstoffmembranen. ■ Weiterentwicklung des Verfahrens über die Kohlevergasung. Für eine Realisierung werden Gastrennmembranen für Sauerstoff, Kohlendioxid und Wasserstoff und neue Gasturbinen für Wasserstoff als Arbeitsfluid benötigt. ■ Katasterartige Erfassung geeigneter Lagerstätten in Deutschland sowie Bewertung ihrer Speicherkapazität, ihres Langzeitverhaltens, etwaiger Wechselwirkungen mit Mineralien und Sicherheitsszenarien. BINE themeninfo 11 Brennstoffzellen – emissionsarm Wärme und Strom erzeugen Das Prinzip der Brennstoffzelle ist einfach: Bei der Verschmelzung von Wasserstoff und Sauerstoff wird in einem einzigen Schritt Strom und Wärme gewonnen. Brennstoffzellen gelten als eine mögliche Schlüsseltechnologie einer nachhaltigen Energieversorgung. Sie könnten das Versorgungssystem grundlegend verändern. Forscher in aller Welt arbeiten sehr intensiv an dieser Technik. Auch im 5. Energieforschungsprogramm sind Brennstoffzellen ein Schwerpunkt. Aber es besteht Anlass zu Optimismus. Aktuelle Forschungs- und Entwicklungsarbeiten konzentrieren sich darauf, systematisch die noch vorhandenen Defizite und Schwachstellen zu überwinden. Der energetische und technische Aufwand für die Gasaufbereitung, besonders die Entschwefelung, ist hoch. Hierdurch haben die Aggregate Einbußen beim elektrischen Systemwirkungsgrad. Zentrale Komponenten für die eigentlichen BrennstoffzellenStacks müssen zukünftig modifiziert werden, um eine längere Betriebsdauer zu garantieren. Kostengünstigere Bauteile (z. B. platinarme oder platinfreie Katalysatoren) werden erforscht. Brennstoffzelle Sauerstoff Kathode + Gleichstrom Elektrolyt – Anode Wasser Wärme Wasserstoff 21 Arbeits- und Funktionsweise einer Brennstoffzelle [Quelle: MTU] Brennstoffzellen können mit Wasserstoff, wasserstoffhaltigen Gasen (z. B. Erdgas, Biogas, Propan) und Methanol betrieben werden und erzeugen Wärme und Strom in einem Prozess. Sie bieten vier entscheidende Vorzüge: Sie emittieren wenig Schadstoffe, arbeiten nahezu lautlos, verwerten Energierohstoffe sehr effizient – auch im wichtigen Teillastbereich – und eignen sich für alle Leistungsbereiche von Watt (z. B. Notebook) über Kilowatt (z. B. Hausenergiesysteme, Automotor) bis Megawatt (dezentrale Kraftwerke). Wenn kein reiner Wasserstoff verwendet wird, durchlaufen die wasserstoffhaltigen Gase oder Treibstoffe vor der Verwendung in Brennstoffzellen einen Reformierungsprozess. In stationären Anwendungen werden vorwiegend wasserstoffhaltige Gase verwendet, während in Fahrzeugen mit Brennstoffzellenantrieb Wasserstoff favorisiert wird. Derzeit arbeiten Brennstoffzellen meistens mit dem Energieträger Erdgas. Langfristig hofft man, vermehrt regenerativ erzeugten Wasserstoff einzusetzen zu können. Brennstoffzellen werden in Niedertemperatur- und Hochtemperatursysteme unterschieden (Abb. 22). In den letzten Jahren konnte die technische Entwicklung der Brennstoffzellen (noch) nicht mit der Euphorie und den großen Hoffnungen an diese Technik Schritt halten. Bezeichnung Temperaturbereich (Erdgas) Elektrischer Wirkungsgrad Energiewandlungsprodukt Wasserstoffreformierung Niedertemperatur PEMFC (DMFC) ca. 80 °C 30 – 40% Strom, Heizwärme extern Hochtemperatur MCFC SOFC 650 °C 750 – 1.000 °C 50 – 65% Strom, Heizwärme, Prozesswärme zellintern 22 Brennstoffzellentypen im Vergleich [nach Bode 2001] (PEMFC = Polymer-Elektrolyt-Membran-Brennstoffzelle, DMFC = Direktmethanol-Brennstoffzelle, MCFC = Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle, SOFC = Oxidkeramik-Brennstoffzelle) 12 Brennstoffzellen müssen sich auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf dem Markt behaupten. Für alle möglichen Anwendungsgebiete von Brennstoffzellen gibt es etablierte Konkurrenzsysteme, deren Leistungsfähigkeit sich gleichfalls weiterentwickelt. Bei den Brennstoffzellen sind daher noch wesentliche Kostensenkungen erforderlich, die sich an folgenden Werten orientieren sollen: ■ Portable Brennstoffzelle 1.500 - 2.500 Euro/kW ■ Stationäre Brennstoffzelle 1.000 - 1.500 Euro/kW ■ Mobile Brennstoffzelle 50 - 150 Euro/kW Derzeit liegen die Kosten von Brennstoffzellen noch um den Faktor 5 bis 50 höher. BINE themeninfo ★ Hausenergiesysteme mit Brennstoffzellen Viele Heizungsfirmen in Deutschland arbeiten an der Entwicklung von Brennstoffzellen-Heizgeräten. Diese Aggregate sollen die Wärmeversorgung eines oder mehrerer Häuser abdecken sowie Strom für die Hausversorgung erzeugen bzw. bei Überschüssen ins Netz einspeisen. In der Größe entsprechen sie einem konventionellen Heizgerät. Brennstoffzellen-Heizgeräte eignen sich gut für energieeffiziente Gebäude mit vergleichsweise niedrigem Wärmebedarf und für eine Stromversorgung mit häufigen Lastwechseln. Gerade unter Teillast haben sie Vorteile gegenüber konventionellen Motorheizkraftwerken. i Links zum Thema Brennstoffzelle ■ www.initiative-brennstoffzelle.de Gemeinsames Portal verschiedener Hersteller, Energieversorger und der Deutschen EnergieAgentur ■ www.brennstoffzelle-nrw.de Portal des Kompetenz-Netzwerks “Brennstoffzelle und Wasserstoff NRW” ■ www.wiba.de Portal der Koordinationsstelle der “WasserstoffInitiative Bayern” ■ www.zsw-bw.de Zentrum für Sonnenenergie und WasserstoffForschung Baden-Württemberg (ZSW) ■ www.nkj-ptj.de Nationale Koordinierungsstelle Jülich für Wasserstoff und Brennstoffzellen (NKJ) Um derartige dezentrale Kraftwerke problemlos ins Stromnetz integrieren zu können, arbeitet die Forschung u. a. an Systemen zum zuverlässigen Datenaustausch zwischen den Aggregaten und dem Netz (virtuelles Kraftwerk). Aktuell konzentrieren sich die Entwicklungsarbeiten auf eine weitere Verbesserung der technischen Zuverlässigkeit sowie eine Kostensenkung. Mit einer Markteinführung ist vermutlich ab 2010 zu rechnen. 24 Beispiel für den Prototyp einer BrennstoffzellenHausenergiezentrale [Quelle: Viessmann] Forschungsschwerpunkte im Bereich “Brennstoffzellen” Übergreifende Aspekte ■ Verbesserung der Brennstoffaufbereitung (z. B. Entschwefelung, Reinigung). ■ Grundlagen zum Aufbau einer Brennstoff-Infrastruktur, besonders für mobile und portable Anwendungen. ■ Modellierung, Invertertechnologien, Recyclingstrategien. ■ Auswertung von Demonstrationsverfahren, Entwicklung von Normen, Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung. Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle (MCFC) ■ Materialentwicklungen mit dem Ziel, Kosten zu senken und Standzeiten zu verlängern, z. B. hochtemperatur- und korrosionsbeständige Metallwerkstoffe und Beschichtungen. ■ Innovative Herstellungsverfahren für Zellkomponenten. ■ Erprobung eines vereinfachten Zelldesigns. ■ Verbesserung der Subsysteme – wie Inverter, Gasaufbereitung, Pumpen, Gebläse. Oxidkeramik-Brennstoffzelle (SOFC) ■ Materialentwicklungen, Designanpassungen sowie verbesserte Herstellungsverfahren mit dem Ziel der Kostensenkung in der nächsten Zellengeneration. Sowohl das tubulare als auch das planare Konzept sollen weiterentwickelt werden. ■ Optimierung der internen Reformierung. ■ Kostengünstige Isolationsmaterialien und Wärmetauscher. ■ Optimale Kopplung der SOFC mit der Gasturbine. 23 Beispiel für eine Schmelzkarbonat-Brennstoffzelle das Hot Module [Quelle: MTU CFC Solutions GmbH] Polymer-Elektrolyt-Membran-Brennstoffzelle (PEMFC) ■ Membranmaterialien mit höherer Haltbarkeit und Temperaturverträglichkeit. ■ Katalysatormaterialien mit höheren Umsatzraten, CO-Toleranz. ■ Materialien für Bipolarplatten mit der Möglichkeit einer kostengünstigen Massenfertigung. ■ Zellkonzepte mit höher integrierter Funktionalität der Komponenten. ■ Kompaktreformator mit katalytischer Verbrennung, schnellem bzw. effizientem Kaltstart. ■ Bessere Integration bzw. Effizienzerhöhung der Reformersysteme. BINE themeninfo 13 Weitere Förderbereiche der Energieeffizienz 25 Für eine Kurzzeitspeicherung von Strom sind Schwungradspeicher mit verlustfreier supraleitender Lagerung nahe an der Wirtschaftlichkeit. Das Bild zeigt die Visualisierung einer Schwungring-Konstruktion. Speichertechnologien und Wasserstoff Systemanalyse und Informationsverbreitung Bei der Speicherung elektrischer Energie wird zwischen der Kurzzeitspeicherung (Leistungsspeicher) (Abb. 25) und der Langzeitspeicherung (Energiespeicher) unterschieden. In den letzten Jahren wurden Projekte gefördert, die für Nischenanwendungen interessant sind, aber nicht den erhofften breiten technischen Durchbruch bedeuten. Weitere Grundlagenentwicklungen werden sorgfältig beobachtet, um aussichtsreiche Ansätze gezielt fördern zu können. Wasserstoff könnte in Zukunft ein idealer Sekundärenergieträger sein. Dazu müsste es gelingen, ihn überwiegend regenerativ zu gewinnen. Entscheidend hierfür ist eine weitere Verbesserung der Wirtschaftlichkeit bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen. Im Verkehrssektor könnte Wasserstoff neue Motorenkonzepte ermöglichen und damit die Abhängigkeit vom Erdöl vermindern. Insgesamt sind bei der Speicherung und bei den Technologien zur elektrolytischen Herstellung von Wasserstoff neue Ideen notwendig. Daher werden Erkenntnisse aus der Grundlagen- und Materialforschung sorgfältig beobachtet, um eine industrielle Weiterentwicklung zügig aufgreifen zu können.E Energieforschung bedarf auch der wissenschaftlichen Beratung. Aussichtsreiche Technologiefelder müssen identifiziert und hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf eine sichere, umweltfreundliche und wirtschaftliche Energieversorgung bewertet werden. Im Rahmen des Projektverbundes EduaR&D werden unter anderem methodische Ansätze zur Beurteilung technisch-ökonomischer Entwicklungspotenziale innovativer Energietechnologien und vergleichende Bewertungsmethoden für die Entwicklung von Förderstrategien entwickelt. Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen Mehr als 40% der Endenergie in Deutschland werden in den Sektoren Industrie sowie Gewerbe, Handel und Dienstleistungen verbraucht. Durch technischen Fortschritt und Änderungen der Produktpalette ist der industrielle Wärmebedarf in den letzten 10 Jahren um mehr als 30% vermindert worden, während der Strombedarf fast konstant blieb. Letzteres wird auf die enorm angewachsene Ausstattung mit Informationstechnologie und die stärkere Automatisierung zurückgeführt. 14 BINE themeninfo Potenzielle Anwender sollen einen einfachen Zugang zu Ergebnissen der Energieforschung haben. Eine aktive Informationsverbreitung ist Voraussetzung, um den Technologietransfer zu beschleunigen. F&E-Ergebnisse müssen, um Wirkung zu erzielen, zielgruppengerecht und übersichtlich aufbereitet werden. Ein Instrument der Bundesregierung zur gezielten Informationsverbreitung ist der BINE Informationsdienst. ★ Forschungsschwerpunkte im Bereich “Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen” ■ Innovative Entwicklungen für Thermoprozesse (neuartige Brennertechnik, effizientere Prozessgasnutzung). ■ Innovationen bei der Mess-, Steuer- und Regelungstechnik zur Optimierung von Prozessen und Fertigungsverfahren. ■ Neue Technologien zur Reduktion des Energieeinsatzes bei mechanischen, thermischen und physikalisch-chemischen Trennverfahren. ■ Neue Technologien zur Bereitstellung von Kälte auf der Basis FCKW-freier und besonders energieeffizienter Systeme. ■ Entwicklung neuer Technologien zur rationellen Stromnutzung (vor allem: hocheffiziente Elektromotoren, Optimierung der Wärme/Kälteerzeugung mit Strom). ■ Optimierung der Energieflüsse durch neue Technologien zum verstärkten Recycling energieintensiver Produkte. ■ Effizientere Techniken zur Nutzung industrieller Abwärme (neuartige Wärmetauscher, Hochtemperaturwärmepumpe, Wärmespeicher). Hightech-Stahl Durch ein neu entwickeltes Verfahren kann “High Strength and Ductility-Stahl” (HSD) zum einen energiesparend hergestellt werden, da es einen höheren Anteil Recyclingschrott zulässt. Zum anderen zeichnet sich das Material durch eine gute Verformbarkeit bei hoher Festigkeit aus. Im Automobilbau könnte es u. a. für intelligente Sicherheitsknautschzonen geeignet sein und wäre eine Alternative zu Aluminiumbauteilen. 26 Diese 10 cm lange Probe des HSD ist fünffach um die eigene Achse gedreht, das entspricht einer Dehnung um bis zu 100%. Leitlinien und Förderinstrumente Die Förderung der Energieforschung schafft Instrumente und Technologien für die Energieversorgung von morgen. Um auch in Zukunft über einen energiepolitischen Gestaltungsspielraum verfügen zu können, müssen bis dahin verschiedene technische Optionen zur Marktreife entwickelt werden. Ansatzpunkte für die Effizienz von Fördermaßnahmen: ■ Konzentration der Mittel auf besonders innovative Energietechnologien, die für die künftige Energieversorgung und den Standort Deutschland wichtig sind, aber wegen der hohen Risiken von der Wirtschaft bei ihren Forschungs- und Entwicklungsarbeiten nicht ausreichend beachtet werden können. ■ Verbesserung der Kooperation zwischen Antragsteller Ministerium Projektidee Zuordnung zu Themenbereich, Wahl des zuständigen Projektträgers Projektskizze Projektantrag (Unterlagen unter www.kp.dlr.de/profi/easy/) Beratung ■ Stärkung der Wettbewerbselemente, um Prüfung, ggf. Aufforderung zur Antragseinreichung Entscheidung und Begleitung im zuständigen Ministerium Prüfung, Vorschlag zur Bewilligung o. Ablehnung die noch vorhandenen Optimierungsspielräume zu nutzen, neuen Ansätzen bzw. Technologieverbesserungen schneller zum Durchbruch zu verhelfen und die Leistungsfähigkeit der Energieforschung in Deutschland insgesamt zu verbessern. ■ Optimierung der Arbeitsteilung und ver- Projektbeginn Zuwendungsbescheid Projektdurchführung Begleitung u. Kontrolle Projektabschluss Prüfung Ergebnisverwertung Kontrolle 27 Der Weg eines erfolgreichen Projektes Im Rahmen des 5. Energieforschungsprogramms sollen in den Jahren 2005 – 2008 etwa 1,7 Mrd. Euro zur Erforschung innovativer Energietechnologien zur Verfügung gestellt werden. Förderschwerpunkte sind die Bereiche Energieeffizienz und erneuerbare Energien. Da die öffentlichen Fördergelder fast immer nur einen Teil der Projektkosten abdecken, induziert das Budget des Programms noch zusätzliche Förderinvestitionen der Wirtschaft, vor allem bei kleinen und mittleren Unternehmen. In Phasen knapper öffentlicher Haushaltsmittel setzt das Energieforschungsprogramm inhaltliche Prioritäten und legt strenge Maßstäbe bei der Effizienz der Fördermaßnahmen an. Die künftige Förderung konzentriert sich auf folgende Felder: ■ Moderne Kraftwerkstechnik auf Basis von Kohle und Gas (incl. CO2-Abtrennung und -Speicherung) ■ Windenergie im Offshore-Bereich und besserte Zusammenarbeit zwischen nationaler und europäischer Energieforschung mit dem Ziel, Doppelarbeit zu vermeiden. Die Bundesregierung stützt sich bei der Förderung von Energietechnologien auf zwei Förderinstrumente: Projektträger Photovoltaik Wirtschaft, Wissenschaft und Politik, um die Fördermaßnahmen noch gezielter auf die konkreten Bedürfnisse der Märkte und die gesamtwirtschaftlichen Erfordernisse abzustellen. ■ Brennstoffzellen und Wasserstoff als Sekundärenergieträger sowie Energiespeicher ■ Technologien und Verfahren für energie- optimiertes Bauen ■ Technologien zur energetischen Nutzung der Biomasse Neben diesen Förderschwerpunkten werden effiziente Energietechnologien für den Bereich Industrie, Gewerbe, Handel und Dienstleistungen sowie weitere erneuerbare Energietechnologien gefördert, wie Solarthermie, Geothermie und Wasserkraft. Außerdem sind noch die nukleare Sicherheits- und Endlagerforschung, die Entwicklung der Kernfusion als Energiequelle sowie Systemanalyse und Informationsverbreitung Bestandteile des Programms. Sollten sich zukünftig in einem Themengebiet rasante technologische Entwicklungssprünge oder ein Marktdurchbruch abzeichnen, ist auch eine strategische Neuorientierung der Förderschwerpunkte möglich. ■ Die institutionelle Förderung Ziel ist die Stärkung der Kompetenz der Forschungseinrichtungen und ihrer langfristigen strategischen Ausrichtung in der Energieforschungslandschaft. Sie ist eher grundlagenorientiert angelegt und greift typischerweise Fragen auf, die am besten in den Großforschungszentren bearbeitet werden können. ■ Die Projektförderung Zeitlich befristete, möglichst anwendungsorientierte Forschungs- und Entwicklungsvorhaben von Unternehmen, Forschungsinstitutionen und Universitäten mit definierter inhaltlicher Zielsetzung. i Projektförderung in der Praxis Die Betreuung der Projektförderung übernehmen die von der Bundesregierung beauftragten Projektträger. Für den Bereich “Energieeffizienz” ist der Projektträger Jülich (PTJ) zuständig. PTJ prüft für jedes beantragte Vorhaben seinen möglichen Beitrag zu den förderpolitischen Programmzielen (Bundesinteresse), seinen Innovationsgehalt und die fachliche Kompetenz des Antragstellers. Erst wenn alle Kriterien erfüllt sind, kommt eine Projektförderung in Betracht, die fast immer nur eine Teilförderung ist. Die Internetseite www.fz-juelich.de/ptj/ bietet weitere Informationen über den Projektträger Jülich. BINE themeninfo 15 Internationale Zusammenarbeit Auch die Internationale Energie Agentur (IEA) bietet ein Forum der internationalen Zusammenarbeit und des Erfahrungsaustauschs. Deutschland ist derzeit an der Hälfte der rund 40 Teilprogramme (Implementing Agreements) beteiligt. Weiterhin arbeitet Deutschland zu speziellen Technologiefeldern noch in internationalen Kooperationsprojekten mit ausgewählten Ländern zusammen, wie z. B. das “Carbon Sequestration Leadership Forum” (CSLF) zum Thema CO2-Abtrennung und -Speicherung. Chancen für die Zukunft Forschung und Entwicklung kosten Geld. Dafür bieten sie große Chancen, Innovationsprozesse zu beschleunigen und eine nachhaltige Energieversorgung zu ermöglichen. Ein effizientes Energieversorgungssystem fördert die internationale Wettbewerbsfähigkeit, sichert zukunftsfähige Arbeitsplätze, entlastet die Umwelt und geht sparsam mit begrenzten Energieressourcen um. Eine leistungsfähige Forschung ist Teil einer wirtschaftlichen Risikovorsorge. Projektträger Jülich (PTJ) des BMWA Forschungszentrum Jülich GmbH 52425 Jülich Impressum Viele Länder der Welt stehen bei ihrer zukünftigen Energieversorgung vor ähnlichen Aufgaben. Auf dem Weltmarkt haben Technologien aus den Bereichen Energieeffizienz und erneuerbare Energien aus Deutschland daher gute Chancen. In einer globalisierten Welt werden auch Wissen und Ideen zunehmend mobiler. Ein leistungsfähiger Forschungsstandort Deutschland trägt dazu bei, die Zukunft des Standorts Deutschland zu sichern. ISSN 1610 - 8302 Herausgeber FIZ Karlsruhe GmbH 76344 Eggenstein-Leopoldshafen Nachdruck Nachdruck des Textes nur zulässig mit vollständiger Quellenangabe und gegen Zusendung eines Belegexemplares. Nachdruck der Abbildungen nur mit Zustimmung des jeweils Berechtigten. Autor Uwe Milles Aktivitätsniveau 6 Breite Aktivitäten/Möglichkeiten 5 3 2 Gedruckt auf 100% Recyclingpapier ohne optische Aufheller Deutschland verfügt im Energiebereich über eine gute Grundlagenforschung sowie eine leistungsfähige wissenschaftlich-technische Infrastruktur und industrielle Forschung. Das belegen u. a. die starke Beteiligung deutscher Partner am EU Forschungsrahmenprogramm. Derzeit gilt das 6. Forschungsrahmenprogramm (2002 – 2006) der EU mit einem Gesamtbudget von 810 Mio. Euro für die nicht-nuklearen Energietechnologien. Ein Nachfolgeprogramm wird derzeit erarbeitet. Förderung Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) 11019 Berlin 4 1 Kontakt Entdeckung Euphorie Ernüchterung Neuorient. Aufstieg Diffusion 28 Zeit Energieforschung braucht einen langen Atem. Bei einer neuen Technologie folgt auf die Anfangseuphorie meist eine Phase der Ernüchterung. Diese muss man durchstehen, um eine Technologie auf dem Markt etablieren zu können. [Quelle: Meyer-Krahmer, F.; Dreher, C. (2004): Neuere Betrachtungen zu Technikzyklen und Implikationen für die Fraunhofer-Gesellschaft. In: Spath, D. (Hrsg.): Forschungs- und Entwicklungsmanagement. München: Hanser.] Fragen zu diesem Themeninfo? Wir helfen Ihnen weiter – wählen Sie die BINE Experten-Hotline: Te l . 0 2 2 8 / 9 2 3 7 9 - 4 4 BINE ist ein Informationsdienst der Fachinformationszentrum (FIZ) Karlsruhe GmbH und wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) gefördert. 1. Das 5. Energieforschungsprogramm ist im Internet auf der Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit unter http://www.bmwa.bund.de im Bereich “Technologie und Energie/Energiepolitik/Energieforschung” zum Download eingestellt. In gedruckter Form kann es kostenfrei beim Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit, “Referat LP4 - Kommunikation, Internet”, 11019 Berlin bestellt werden. 2. Zu vielen der vorgestellten Technologien und Projekte liegen eigene BINE -Projekt-Infos vor. Im Internetangebot des BINE Informationsdienstes finden Sie in der Rubrik “Service/InfoPlus” eine Liste dieser Titel sowie eine Download bzw. Bestellmöglichkeit. Ergänzende Informationen Weitere Informationen zum Thema sind beim BINE Informationsdienst oder unter ww.bine.info (Service/InfoPlus) abrufbar. 16 BINE themeninfo BINE Informationsdienst FIZ Karlsruhe GmbH, Büro Bonn Mechenstraße 57, 53129 Bonn Tel. 0228 / 9 23 79 0 Fax 0228 / 9 23 79 29 eMail [email protected] Internet: www.bine.info KERSTIN CONRADI · Mediengestaltung, Hennef Service