Schnupperkurs: Ausgewählte Methoden zur Aufgabenlösung 1

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1
Mathematisches Institut II
Universität Karlsruhe
Priv.-Doz. Dr. N. Grinberg
13.07.2004
SS’05
Schnupperkurs: Ausgewählte Methoden zur Aufgabenlösung
Vorlesung 6: Klassische Ungleichungen und deren Anwendungen
• Literatur:
1. Hardy-Littlewood-Pólya: Inequalities
2. Korowkin: Ungleichungen (deutsche Übersetzung aus dem Russischen)
3. Mitrinovic: Elementary inequalities
4. Beckenbach-Bellman: Inequalities
5. Shklyarsky-Chentsov-Yaglom: The USSR Olympiad Problem Book - Selected problems and theorems in elementary mathematics: arithmetic and algebra.
6. Engel: Problem-Solving Strategies, Chapter 7
7. Specht-Strich: 470+ Mathematik Aufgaben ( auf http://math4u.de erhältlich)
8. 1111 problems involving inequalities and extremal problems,
ebenfalls auf http://math4u.de erhältlich
9. Liste der klassischen Ungleichungen auf
http://de.wikipedia.org/wiki/Liste der Ungleichungen.
1
Vorlesungsbeispiele
Aufgabe 6.1. (Rearragement- oder Umordungsungleichung) Seien a1 < a2 <
... < an und b1 < b2 < ... < bn zwei endliche Folgen. Ferner sei bi1 , bi2 , ..., bin , eine
Permutation (Umordnung) der Folge (bi ) . Beweisen Sie, dass die Summe
S = a1 bi1 + a2 bi2 + ... + an bin
a). am grössten ist, wenn bi1 = b1 , bi2 = b2 , ..., bin = bn gilt (d.h. die Folgen sind
gleichgeordnet);
b). am kleinsten ist, wenn bi1 = bn , bi2 = bn−1 , ..., bin = b1 gilt (d.h. die Folgen sind
gegengeordnet).
2
Lösung: a). Sei S die grösste Summe. Vergleichen wir S mit der Summe
Sm = a1 bi1 + a2 bi2 + ... + am−1 bim−1 + am bim+1 + am+1 bim + am+2 bim+2 + ... + an bin .
|
{z
}
bim und bim+1 vertauscht
Es muss gelten S ≥ Sm für jedes m = 1, ..., n − 1. Es ist also
¡
¢
¢
¢ ¡
¡
S − Sm = am bim + am+1 bim+1 − am bim+1 + am+1 bim = (am − am+1 ) bim − bim+1 ≥ 0.
Aus am − am+1 < 0 folgt dann bim − bim+1 ≤ 0 oder bim ≤ bim+1 . Also ist die umgeordnete
Folge (bi1 , bi2 , ..., bin ) monoton steigend. Daher stimmt sie mit der Folge b1 < b2 < ... < bn
überein.
b). Sei nun S die kleinste¡ Summe. ¢Dann ist S ≤ Sm für jedes m = 1, ..., n − 1.
Das impliziert (am − am+1 ) bim − bim+1 ≤ 0, oder, bei am < am+1 , die Ungleichung
bim ≥ bim+1 . Somit haben wir gezeigt, dass die Folge (bi1 , bi2 , ..., bin ) monoton fallend ist.
Das heißt, sie stimmt mit der invertierten Folge bn > bn−1 > ... > b1 überein.
Bemerkung: Die Behauptungen (a) und (b) stimmen (in einer ein bißchen angepassten
Form) auch für Folgen (ai ) und (bi ) mit a1 ≤ a2 ≤ ... ≤ an und b1 ≤ b2 ≤ ... ≤ bn , also
für nicht strikt monotone Folgen.
Beispiel 6.2. Die AM-GM-Ungleichung
a+b √
≥ ab
2
kann als Sonderfall
betrachtet werden. Sei a ≤ b. Dann
³√der√Rearragementungleichung
´
³√ √ ´
sind die Folgen
a, b und
b, a gegengeordnet, daher gilt
√ √
√
√ √
√ √
√ √
a b + b a = 2 ab ≤ a a + b b = a + b.
Aufgabe 6.3. Ein Verkäufer hat eine Balkenwaage, deren Arme unterschiedlich lang
sind. Wenn er 2 Kilo Mehl verabreichen will, wiegt er erst die Hälfte auf einer Waageschale
(d. h. er balanciert eine gewisse Menge Mehl mit dem einem 1-Kilo schwerem Gewicht
aus), dann auf der anderen. Gibt er so dem Käufer mehr oder weniger als 2 Kilo Mehl?
Lösung: Angenommen, die Balken haben die Längen a und b. Beim ersten Abwiegen
wird xa vergeben, so dass
xa a = 1 · b
ist, also xa = b/a Kilo Mehl. Bei dem zweiten Abwiegen gibt der Verkäufer xb = a/b
Kilo. Der Käufer bekommt insgesamt
r
a b
a b
· =2
xa + xb = + > 2
b a
b a
Kilo Mehl. Somit handelt der Verkäufer unwirtschaftlich (aber dafür Kundenfreundlich).
3
Aufgabe 6.4. (Cauchy-Schwarz-Ungleichung) Beweisen Sie für reelle x1 , ..., xN und
y1 , ..., yN die Ungleichung
q
q
2
|x1 y1 + ... + xN yN | ≤ x21 + ... + x2N · y12 + ... + yN
.
(1)
Gleichheit ist genau dann erfüllt, wenn die Vektoren x und y kollinear sind, d. h. wenn
xj = λyj , j = 1, ..., N, oder yj = 0 für alle j ist.
1. Lösung: Wir wenden jetzt die Lagrange-Identität
! Ã N
!2
!Ã N
à N
X
X
X
X
x n yn
=
yn2 −
x2n
n=1
n=1
n=1
(xn ym − xm yn )2
1≤n<m≤N
an und erhalten (1).
2. Lösung: Das quadratische Polynom
¡
¢
¡
¢
2
(x1 + ty1 )2 + ... + (x + ty)2 = x21 + ... + x2N + 2t(x1 y1 + ... + xN yN ) + t2 y12 + ... + yN
{z
}
|
|
{z
}
|
{z
}
x·y
kxk2
kyk2
nimmt stets nichtnegative Werte an. Es hat somit höchstens eine Nullstelle. Daraus
folgt, dass seine Diskriminante nichtpositiv ist:
D = (x · y)2 − kxk2 kyk2 ≤ 0.
Also ist wieder
¡
¢¡
¢
2
|x1 y1 + ... + xN yN |2 ≤ x21 + ... + x2N y12 + ... + yN
Aufgabe 6.5. Finden Sie das Minimum des Ausdrucks x21 +...+x2N unter allen 0 ≤ xn ≤ 1
mit x1 + ... + xN = 1.
Lösung: Nach der Cauchy-Schwarz-Ungleichung ist
q
√ q
√
1 = x1 +...+xN = x1 ·1+...+xN ·1 ≤ x21 + ... + x2N · 12 + ... + 12 = N x21 + ... + x2N .
Daraus folgt
x21 + ... + x2N ≥
Gleichheit ist für x1 = ... = xN =
1
N
1
.
N
erreicht.
Wir formulieren hier erst einmal ohne Beweis die AM-GM Ungleichung.
Satz 1 Seien a1 , ..., aN positive Zahlen. Dann ist das arithmetische Mittel (AM)
von diesen Zahlen größer oder gleich ihrem geometrischen Mittel (GM):
√
1
(a1 + ... + aN ) ≥ N a1 · ... · aN .
N
Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle Zahlen a1 , ..., aN gleich sind.
(2)
4
Der Beweis mit Hilfe von der Rearragementungleichung ist in Aufgabe 6.19b) gegeben.
Aufgabe 6.6.
natürliche a
(Bernoulli-Ungleichung) Es sei −1 < x 6= 0. Dann gilt für alle
(1 + x)a > 1 + ax.
(3)
Lösung: Man kann (4) für a ∈ N auch aus der AM-GM Ungleichung für die Zahlen
1, ..., 1, 1 + ax folgern:
| {z }
a−1
AM (1, ..., 1, 1 + ax) =
a + ax
= 1 + x > GM (1, ..., 1, 1 + ax) = (1 + ax)1/a .
a
Bemerkung: Die Bernoulli-Ungleichung kann man elementar, d. h. ohne Analysis, nur
für rationale Potenzen a formulieren und beweisen. Aber die Ungleichung
(1 + x)a > 1 + ax für a < 0 oder a > 1,
(1 + x)a < 1 + ax für 0 < a < 1,
(4)
(5)
gilt auch für relle a.
Beweis: Wir führen hier einen analytischen Beweis für beliebiges a. Betrachten wir bei
einem festen a die Funktion
f (x) = (1 + x)a − 1 − ax, x ∈ (−1, ∞) .
Es ist
£
¤
f 0 (x) = a (1 + x)a−1 − a = a (1 + x)a−1 − 1 .
Es gilt für das Vorzeichen der Ableitung:
sgn f 0
a<0 0<a<1 1<a
x ∈ (−1, 0)
−
+
−
x ∈ (0, ∞)
+
−
+
Daher ist die Funktion im Falle a < 0 oder a > 1 streng monoton fallend auf (−1, 0) und
streng monoton wachsend auf (0, ∞) . Es gilt also
f (x) > f (0) = 0,
was zu (4) äquivalent ist.
Für a ∈ (0, 1) ist f dagegen auf (−1, 0) streng monoton wachsend und auf (0, ∞) streng
monoton fallend. Daher gilt
f (x) < f (0) = 0,
und dies ist die Ungleichung (5).
Bemerkung: Im Falle a ∈ {0, 1} oder x = 0 gilt Gleichheit.
Aufgabe 6.7. Beweisen Sie für jedes n ∈ N, n ≥ 2 die Abschätzung
µ
¶n
1
1+
> 2.
n
5
Lösung: Dies folgt aus der Bernoulli-Ungleichung:
µ
¶n
1
1
1+
> 1 + n = 2.
n
n
Aufgabe 6.8. (Young-Ungleichung) Sei f ∈ C [0, c] eine monoton steigende stetige
Funktion auf dem Intervall [0, c] mit f (0) = 0. Wir bezeichnen mit g ∈ C [0, f (c)] die
inverse Funktion zu f. Dann gilt für jedes a ∈ [0, c] und jedes b ∈ [0, f (c)] die Ungleichung
Z a
Z b
ab ≤
f (x) dx +
g (y) dy.
(6)
0
0
Gleichheit tritt nur bei b = f (a) auf.
Insbesondere gilt
ab ≤ af (a) + bg (b) .
(7)
Ra
Lösung: Sei erst einmal b ≥ f (a) . Dann ist 0 f (x) dx der Inhalt der Fläche unter
Rb
dem Graphen von f im Intervall [0, a] . Entsprechend ist 0 g (y) dy der Inhalt der Fläche
über dem Graphen von f im Intervall [0, g (b)] . Nun haben wir g (b) = f −1 (b) ≥ a. Die
Vereinigung von diesen beiden Flächen enthält also das Rechteck mit den Seiten a und b.
8
8
6
6
4
4
2
2
0
0
2
4
6
8
0
10
0
2
4
6
8
10
Der Fall b ≤ f (a) kann analog betrachtet werden.
Die Ungleichung (7) ist offensichtlich.
Beispiel 6.9. Für f (x) = x gilt g (y) = y. Die Young-Ungleichung nimmt die Form
Z a
Z b
¢
1¡ 2
ab ≤
xdx +
ydy =
a + b2 .
2
0
0
Aufgabe 6.10. Für die Summe
SN = 1k + 2k + ... + N k
beweisen Sie die Ungleichung
1
N k+1 < SN <
k+1
µ
¶k+1
1
1
1+
N k+1 .
N
k+1
(8)
6
Lösung: Die Funktion f (t) = tk ist monoton wachsend auf (0, +∞) . Man hat dann
Z
N
f (t) dt ≤
M −1
N
X
Z
N +1
f (n) ≤
n=M
f (t) dt.
M
Das ergibt für M = 1
Z
N
SN >
0
¯N
tk+1 ¯¯
1
t dt =
=
N k+1
¯
k+1 0
k+1
k
und
Z
N +1
SN <
1
¯N +1
¶k+1
µ
(N + 1)k+1 − 1
tk+1 ¯¯
(N + 1)k+1
1
1
=
t dt =
<
= 1+
N k+1 .
¯
k+1 1
k+1
k+1
N
k+1
k
Bemerkung: Aus (8) folgt insbesondere, dass
SN
1
=
k+1
N →∞ N
k+1
lim
ist.
2
Übungsaufgaben
Aufgabe 6.11. Man hat mehrere Münzen im Wert von 1, 5, 10 und 50 Cent. Man
darf sich eine Münze von einem beliebigen Wert nehmen, zwei weitere Münzen von einem
anderen Wert, drei von einem dritten und letztendlich vier von dem restlichen Wert
nehmen, also beispielsweise 1 × 5 + 2 × 50 + 3 × 1 + 4 × 10. Welche grösste Geldsumme
kann man damit bekommen?
Lösung: Wir haben hier zwei Mengen A = {1, 5, 10, 50} und B = {1, 2, 3, 4} . Nach
der Rearrangment-Ungleichung ist die Summe dann maximal, wenn wir am meisten (also
vier Stück) von den 50-Cent-Münzen nehmen, ..., am wenigsten von den 1-Cent-Münzen.
Diese Summe beträgt
1 × 1 + 5 × 2 + 10 × 3 + 50 × 4 = 241.
Die geforderte maximale Geldsumme ist damit 241 Cent.
Aufgabe 6.12. Es sei b1 , ..., bN eine beliebige Permutation der positiven Zahlen a1 , ..., aN .
Dann ist
aN
a1
+ ... +
≥ N.
b1
bN
³ ´
Lösung: Die Summe ist minimal, wenn die Folgen (an )n=1..N und b1n
gegengen=1..N
ordnet sind. Das ist erreicht für bn = 1/an . Dieser Permutation entspricht die Summe
N.
7
Aufgabe 6.13. Unter Anwendung von AM-GM Ungleichung
√
1
(a1 + ... + aN ) ≥ N a1 · ... · aN
N
zeigen Sie für jedes natürliche n > 1:
µ
n! <
n+1
2
¶n
.
Lösung: Man wende die AM-GM Ungleichung auf die Zahlen 1, 2, ..., n an:
√
√
n+1
n (n + 1)
1 + 2 + ... + n
n
n
=
=
> 1 · 2 · ... · n = n!.
2
2n
n
Aufgabe 6.14. Folgern Sie aus der AM-GM Ungleichung die GM-HM Ungleichung
√
N
a1 · ... · aN ≥
1
a1
N
+ ... +
1
aN
(9)
für positive Zahlen a1 , ..., aN . Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle Zahlen gleich
sind.
Lösung: Die GM-HM Ungleichungist zu der AM-GM Ungleichung für die reziproken
Zahlen a11 , ..., a1N äquivalent:
1
a1
+ ... +
N
1
aN
r
≥
N
1
1
1
· ... ·
= √
.
N
a1
aN
a1 · ... · aN
Aufgabe 6.15. Unter Anwendung von AM-GM Ungleichung zeigen Sie:
µ
¶
1
1
(a1 + ... + aN )
+ ... +
≥ N2
a1
aN
(10)
für positive Zahlen a1 , ..., aN . Wann tritt Gleichheit auf?
Lösung: Aus der AM-GM Ungleichung folgt
√
N
a1 · ... · aN ,
r
1
1
1
1
+ ... +
≥N N
· ... ·
.
a1
aN
a1
aN
a1 + ... + aN ≥ N
Multiplikation ergibt (10). Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle Zahlen an gleich
sind.
Aufgabe 6.16. Bestimmen Sie den Ganzteil [SN ] der Summe
1
1
SN = 1 + √ + ... + √
2
N
8
für N = 999999.
Lösung: Die Funktion f (t) =
Z
N +1
1
1
√
t
ist auf (0, +∞) monoton fallend. Es gilt also
N
´ X
³√
√ ¯¯N +1
dt
1
√ = 2 t¯
√ = SN .
=2
N +1−1 ≤
1
t
t
n=1
Um SN möglichst genau abzuschätzen, spalten wir SN in die Summe von 1 und SN − 1:
Z N
N
³√
´
X
√ ¯¯N
1
dt
√ ≤
√ = 2 t¯ = 2
SN − 1 =
N −1 .
1
t
t
1
n=2
So erhält man die beidseitige Abschätzung
³√
´
³√
´
³√
´
2
N + 1 − 1 ≤ SN ≤ 1 + 2
N −1 <1+2
N +1−1 .
Für N = 106 − 1 gilt insbesondere
³√
´
6
2
10 − 1 = 2 · 999 = 1998 ≤ S999999 < 1 + 1998.
Die Antwort ist [S999999 ] = 1998.
3
Schwierigere Aufgaben
*Aufgabe 6.17. (Tschebyscheff-Ungleichung) Seien (an )n=1..N und (bn )n=1..N zwei
gleichgeordnete Folgen nichtnegativer Zahlen. Dann gilt
AM (a1 b1 , ..., aN bN ) ≥ AM (a1 , ..., aN ) · AM (b1 , ..., bN ) ,
oder, in ausführlicher Form,
a1 b1 + ... + aN bN
a1 + ... + aN b1 + ... + bN
≥
·
.
N
N
N
(11)
Sind dagegen (an )n=1..N und (bn )n=1..N gegengeordnet, so gilt das Zeichen ≤ anstelle von
≥.
Lösung: Da a1 b1 + ... + aN bN unter allen Summen Sp =
Aufgabe A10.1, gilt
N
P
n=1
an p (an ) maximal ist, siehe
a1 b1 + ... + aN bN ≥ a1 b2 + a2 b3 + ... + aN b1 ,
a1 b1 + ... + aN bN ≥ a1 b3 + a2 b4 + ... + aN b2 ,
...
a1 b1 + ... + aN bN ≥ a1 bN + a2 b1 + ... + aN bN −1 ,
a1 b1 + ... + aN bN = a1 b1 + a2 b2 + ... + aN bN .
9
Addition von allen diesen Ungleichungen ergibt
N (a1 b1 + ... + aN bN ) ≥ a1 (b1 + ... + bN ) + ... + aN (b1 + ... + bN )
= (a1 + ... + aN ) (b1 + ... + bN ) ,
was zu der Tschebyscheff-Ungleichung äquivalent ist.
Den Fall gegengeordneter Folgen betrachtet man analog.
*Aufgabe 6.18. Seien p > 1 und q > 1 reelle Zahlen mit q = 1 +
1
,
p−1
d. h.
1 1
+ = 1.
p q
(12)
Beweisen Sie für alle a ≥ 0 und b ≥ 0 die Ungleichung
ab ≤
ap bq
+ .
p
q
(13)
Lösung: Wir wenden die Young-Ungleichung auf f (t) = tp−1 und entsprechend ϕ (τ ) =
1
τ p−1 = τ q−1 an:
Z a
Z b
ap bq
p−1
ab ≤
t dt +
τ q−1 dτ =
+ .
p
q
0
0
Gleichheit tritt nur dann auf, wenn b = f (a) = ap−1 ist.
*Aufgabe 6.19. Beweisen Sie: Seien b1 , ..., bN positive Zahlen mit b1 · ... · bN = 1. Dann
ist
b1 + ... + bN ≥ N.
(14)
Gleichheit tritt nur dann auf, wenn alle Zahlen gleich 1 sind.
b). (AM-GM Ungleichung) Seien a1 , ..., aN positive Zahlen. Dann ist das arithmetische Mittel (AM) N1 (a1 + ... + aN ) von diesen Zahlen größer oder gleich ihrem
√
geometrischen Mittel (GM) N a1 · ... · aN . Gleichheit liegt genau dann vor, wenn alle
Zahlen a1 , ..., aN gleich sind.
Lösung: a). Seien b1 ≥ ... ≥ bk ≥ 1 ≥ bk+1 ≥ ... ≥ bN . Wir stellen die Zahlen bn in der
Form
x2
xN −1
xN
x1
, b2 = , ... , bN −1 =
, bN =
b1 =
xN
x1
xN −2
xN −1
dar, wobei
x1 = b1 , x2 = b1 b2 , ... , xN −1 = b1 · ... · bN −1 , xN = b1 · ... · bN = 1
ist. Es ist insbesondere
1 ≤ x1 ≤ x2 ≤ ... ≤ xk und xk+1 ≤ xk+2 ≤ ... ≤ xN = 1.
(15)
10
Wir bezeichnen mit A und B die Multimengen
µ
A = (x1 , x2 , ..., xN ) bzw. B =
1 1
1
1
, ...,
,
x1 x2 xN −1 xN
¶
.
Die Folge B ist gegengeordnet, da aus xj ≤ xk offensichtlich 1/xk ≥ 1/xj folgt und
umgekehrt. Nach der Rearrangment-Ungleichung ist daher die Summe
S 0 = x1
1
1
+ ... + xN
=N
x1
xN
minimal unter allen Summen vom Typ
S = x1
1
1
.
+ ... + xN
xi1
xiN
Insbesondere gilt
N = S 0 ≤ S = x1
1
1
1
+ x2 + ... + xN
= b1 + ... + bN .
xN
x1
xN −1
Darüber hinaus wissen wir, dass die Gleichung S0 = S nur dann erfüllt ist, wenn die
Folge x1N , x11 , ..., xN1−1 , ebenfalls gegengeordnet ist. Nun hat man nach (15)
xk+1 ≤ xk+2 ≤ ... ≤ xN = 1 ≤ x1 ≤ x2 ≤ ... ≤ xk .
Die Bilderfolge (1/x) muss also abfallen:
1
xk+1
≥ ... ≥
1
xN −1
≥
1
1
1
≥
≥ ... ≥ .
xN
x1
xk
Aus diesen beiden Ketten ergibt sich:
1
xk = max {x : x ∈ A} und
= max
xk
½
¾
1
:x∈A ,
x
was die Relation xk = min {x : x ∈ A} impliziert. Wenn aber max {x : x ∈ A} = min {x : x ∈ A}
ist, dann sind alle Elemente von A gleich gross: xn = xN = 1 für jedes n.
b). Die AM-GM Ungleichung
√
1
(a1 + ... + aN ) ≥ N a1 · ... · aN
N
(16)
ist homogen, d. h. bei Multiplikation aller beteiligten Zahlen mit dem gleichen Faktor
λ > 0 wird sowie das arithmetische, als auch das geometrische Mittel mit demselben
Faktor λ multipliziert:
λa1 + ... + λaN
= λAM (a1 , ..., aN ) ,
N
p
GM (λa1 , ..., λaN ) = N (λa1 ) · ... · (λaN ) = λGM (a1 , ..., aN ) .
AM (λa1 , ..., λaN ) =
11
Nehmen wir
λ = (a1 · ... · aN )−1/N =
1
,
GM (a1 , ..., aN )
so führen wir (16) zurück auf (14) für die Zahlen bn = λan . Für diese gilt nämlich
h
iN
b1 · ... · bN = λn a1 · ... · aN = (a1 · ... · aN )−1/N (a1 · ... · aN ) = 1
und damit auch b1 + ... + bN ≥ N und
1
(b1 + ... + bN ) ≥ 1.
N
Man hat also
√
1
1
1
(a1 + ... + aN ) =
(b1 + ... + bN ) ≥ = N a1 · ... · aN .
N
λN
λ
*Aufgabe 6.20. Seien M und N ganze Zahlen und f eine stetige monoton fallende
Funktion auf dem Intervall [M − 1, N + 1]. Beweisen Sie die Abschätzung
Z
N
X
N +1
f (t) dt ≤
M
Z
N
f (n) ≤
f (t) dt.
M −1
n=M
Lösung: Auf jedem Intervall In = [n, n + 1] , n = M − 1, ..., N, ist f monoton fallend,
also gilt
Z
Z n+1
f (n + 1) ≤
f (t) dt =
f (t) dt ≤ f (n) .
In
n
Daraus folgt
Z
Z ¶
µZ
N +1
+... +
f (t) dt =
M
und
Z
f (t) dt ≤ f (M ) + ... + f (N )
IM
IN
ÃZ
N
Z
f (t) dt =
M −1
+... +
IM −1
!
f (t) dt ≥ f (M ) + ... + f (N ) .
IN −1
*Aufgabe 6.21. Approximieren Sie die Summe
∞
X
1
S=
n2
n=1
mit einer Genauigkeit von 0, 1.
Lösung: Es ist
Z
∞
M
Z ∞
∞
X
1
1
1
dt
=
≤
≤
f (t) dt =
.
2
2
t
M
n
M −1
M −1
n=M
12
Die Antwort
µ
¶
∞
X
1
1 1
1
2M − 1
≈ S0 =
=
+
2
n
2 M
M −1
2M (M − 1)
n=M
hat die Fehlerabschätzung
¯
¯
¶
∞
¯X
¯ 1µ 1
1
1
1
¯
¯
F =¯
− S0 ¯ ≤
−
=
.
2
¯
¯ 2 M −1 M
n
2M (M − 1)
n=M
Nehmen wir M = 3, so erhalten wir S0 = 5/12, wobei der Fehler F ≤ 1/12 < 0, 1 ist.
Die Antwort lautet
¶
µ
∞
1 X 1
5
5
1
20
1
5
1
S =1+ +
=
+
±
=
±
= ± .
2
4 n=3 n
4 12
12
12 12
3 12
Bemerkung: Die genaue Summe der Reihe ist
ist.
∞
P
n=1
1
n2
= 61 π 2 ≈ 1, 644 9, wobei
5
3
≈ 1, 666 7
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