.. KNOW-HOW Dammung Von Heiko Döbber W er kennt das nicht: Da sitzt man in aller SeelenRuhe im Auto, lauscht gebannt seiner Lieblings-CD – und wird jäh aus dem Musikgenuss gerissen, weil mal wieder irgendein Blechteil meint, es müsse eine heiße Sohle aufs Parkett legen. Es scheppert hier, es vibriert da, und obendrein fehlt es der Anlage insgesamt an Dynamik. Das ist der Moment, in dem sich der Auto-HiFi-Fan ernsthafte Gedanken darüber machen sollte, ob er beim Einbau auch wirklich an alles gedacht hat… hat er nämlich nicht. Die besten Komponenten, ein fabulös klingendes Autoradio und auch jede Stunde, die man mit dem Einbau des Equipments verbracht hat, waren sinnlos, wenn man zu guter Letzt von der Physik ausgetrickst wird, weil man vergessen hat zu dämmen. Das Übel aller Vibrationsprobleme findet sich im Manifest der Akustik. Denn per Definition ist Schall nichts anderes als Luft, die durch die Lautsprechermembran in Bewegung 5/2006 Ruhe bitte! Blech, das im Takt der Musik mitschwingt, nervt und raubt der Anlage kostbare Power und klangliches Potenzial. autohifi erklärt, wie man dem Übel den Garaus macht. versetzt wird. Akustisch gefährlich wird das Ganze dann, wenn auf einmal nicht mehr nur die Membran des Lautsprechers schwingt, sondern sich irgendwelche Flächen im Auto diesen Job ebenfalls anmaßen. Diese „ZusatzMembranen“ sorPraktisch: Mit Dämmpasten wie zum Beispiel Brax Exvibration erreicht man auch den letzten Winkel. gen für so genannte sympathetische Verzerrungen, die sich ins Musikgeschehen einmischen und für Misstöne sorgen. Die Energie, die der Lautsprecher-Antrieb eigentlich zur Verfügung stellt, um die Membran anzutreiben, verpufft auf einmal im blechernen Nirvana der Karosserie. Soweit zum Problem. Viel wichtiger ist jedoch, wie man dieser Energieverschwendung entgegenwirken kann. Im ersten Schritt sollte man sich um die mechanische Entkopplung des Lautsprechers kümmern. Das klingt deutlich schwieriger als es ist, denn die physikalische Wirkungsweise dieser Maßnahme ist simpel: Ein Lautsprecher, der in einer labilen Schallwand (zum Beispiel einem instabilen Türblech) verschraubt ist, kann nie die gesamte Antriebsleistung für die Membranbewegung aufwenden, da sich die Schallwand immer mit in dieselbe Richtung wie die Lautsprechermembran bewegt. Würde man diese Bewegungen minimieren, indem man sich das Gesetz der Masseträgheit zunutze macht, hätte man schon etwas gewonnen. In der Praxis erreicht man dies, indem www.autohifi-magazin.de man zwischen Lautsprecher und Türblech einen Stahl- oder Rotgussring einsetzt, der der Membranbewegung Gewicht entgegenhält. Weiter gilt es, der Tür so viel Steifigkeit wie möglich zu verpassen. Besonders gut eignen sich dazu Dämmpasten wie Brax Exvibration oder Aiv Silence-Anti-Noise, die extrem hart werden und die Tür somit deutlich stabiler machen. Ein weiterer Vorteil der streich- und spritzbaren Pasten: Man erreicht mit ihnen auch schlecht zugängliche Winkel. Selbstklebende Dämm-Matten können ebenfalls helfen, da sie Gewicht auf das Türblech bringen und zudem Energie schlucken. Wichtig: Zur Dämmung des TürInnenblechs dürfen ausschließlich wasserbeständige Materialien benutzt werden – saugende Schaumstoffe oder Filze haben hier nichts absolut verloren! Anders verhält es sich jenseits der werkseitigen Nässeschutzfolie: Hier machen flauschige Filze durchaus Sinn, da sie sich der Form der Türverkleidung ideal anpassen und für Ruhe zwischen dem Türblech und der Innenverkleidung sorgen. Auf großen Flächen sollte auch hier mit schweren Bitumenmatten gearbeitet werden, die der Verkleidung zusätzliche Festigkeit verleihen. Nachdem die Türen als direkte Wirkungsstätte der Lautsprecher optimiert sind, sollte man sich auf die Suche nach weiteren akustischen Plagegeistern machen. Die finden sich im Auto in Form von locker sitzenden Verkleidungen, klappernden Plastikteilen und mitschwingenden Blechs, das nicht in unmittelbarer Nähe der Lautsprecher sitzt. Auch hier gilt: Mehr Gewicht und mehr Steifigkeit auf großen, nicht verstrebten Blechflächen bringen Ruhe in den rollenden Hörraum. Am einfachsten lässt sich dieses Gewicht in Form von Bitumenmatten aufbringen. Einmal mit dem Heißluftföhn erwärmt, kleben diese Asphaltmatten extrem fest am Blech. Profis setzen oft auf eine Kombination aus Bitumen und Schaumstoffmatten, da man hier einen besonders praktischen Effekt ausnutzt: Während Bitumen Gewicht und Steifigkeit bringt, schluckt der Schaumstoff Geräusche. Womit wir auch schon beim nächsten Thema wären: Außengeräusche. Die gibt’s im Auto zuhauf: Der Fahrtwind, das Abrollgeräusch der Reifen, der Motor- lärm, das Rumpeln einer holprigen Straße – all dies mischt sich unter die Musik, die wir gerade hören. Nicht umsonst ist ein idealer Frequenzgang im Auto nicht linear, sondern besitzt im Bass ein ordentliches Pegel-Plus. Dieses dient zur Kompensation der Außengeräusche, die gerade im Tiefton recht laut werden können. Obendrein beschneidet der Grundpegel der Außengeräusche auch die Dynamik unserer Anlage. Selbst ein beherzter Dreh am Laustärkeknopf hilft da nichts mehr, weil Lautsprecher und Verstärkerleistung eine natürliche Pegelgrenze besitzen. Also muss man dem Problem anders beikommen. Während wir bisher versucht haben, Geräusche gar nicht erst aufkommen zu lassen, indem wir die Bauteile gedämmt haben, wollen wir nun vorhandene Geräusche dämpfen. Wie der Dämpfer eines Fahrwerks sollen die Materialien, die wir zur Dämpfung einsetzen, die „akustischen Bodenwellen“ schlucken. Demnach macht es wenig Sinn, auch hier Materialien einzusetzen, die dem Blech Steifigkeit bescheren. Nun schlägt die Stunde der weichen Mate- Während das ungedämmte Blech im linken Beispiel fröhlich mitschwingt und somit selbst zur Membran wird , kann der rechte Lautsprecher in der gedämmten und versteiften Schallwand sauber arbeiten und muss keine Energie einbüßen, die dafür verschwendet wird, das Blech anzuregen . Gibt Halt: Stahlringe sorgen mit zusätzlichem Gewicht und Steifigkeit für ideale LautsprecherBedingungen. Schaumschläger: Schaumstoffmatten eignen sich besonders gut zur Dämpfung von Außengeräuschen. 5/2006 .. KNOW-HOW Dammung Optimal: Wer seine Tür so dämmt wie hier, braucht sich um Resonanzen keine Sorgen mehr zu machen. rialien wie Schaumstoffmatten oder speziellen schallabsorbierenden Materialmischungen. Einen Großteil der Außengeräusche fängt man sich über das Bodenblech ein, das durch seine Größe einen idealen Angriffspunkt für die akustischen Attacken aus der Außenwelt bietet. Wer sich also sowieso die Arbeit macht, zur Kabelverlegung den Teppich aus dem Fahrzeug zu nehmen, sollte in diesem Zuge unbedingt auch an eine Dämmung des Karosseriebodens denken. Sehr laute Motorengeräusche können durch spezielle, hitzebeständige Dämm-Matten gedämpft werden, die man von innen zwischen die Verstrebungen der Motorhaube klebt. Wer danach immer noch mit Motorengeräuschen zu kämpfen hat, sollte einen Blick auf die Kabeldurchführungen vom Motorraum in die Fahrgastzelle werfen. Zwar sind hier ab Werk meist schon ordentliche Dämmschichten aufgetragen, die nachträgliche Montage von Stromkabeln & Co. führt aber oft Undichtigkeiten. Klassiker: Bitumenmatten sind die bekanntesten Helfer im Kampf gegen Resonanzen. nachgehakt Dämmungs-Experte: Marcus Quintus von Car Audio Concept. autohifi: Gibt es eine bestimmte Preisklasse bei Auto-HiFi-Anlagen, ab der es sich lohnt, in die Dämmung des Fahrzeugs zu investieren? Marcus Quintus: Nein! Ein gut gedämmtes Fahrzeug holt aus jeder 5/2006 .. Praxis damm-material Schaumstoffe eignen sich zum Dämmen nur bedingt: An Stellen, an denen Nässe eindringen kann, haben diese Materialien nichts verloren, da sie sich sonst mit Wasser vollsaugen. Sinnvoll ist der Einsatz von Schaumstoffmatten überall dort, wo von außen eindringende Geräusche gedämpft werden sollen. So sind sie ist zum Beispiel ideal zur Dämpfung des Bodenblechs. Dämmpasten bieten den großen Vorteil, dass ihre Schichtdicke vollkommen variabel ist und die Verarbeitung mit dem Pinsel leicht von der Hand geht. Die meisten Produkte haben einen gewissen Glasfaseranteil, der dem Material eine unglaubliche Steifigkeit verleiht und so den verbauten Lautsprechern perfekte Arbeitsbedingungen sichert. Dämmvlies hat mit den gleichen Problemen zu kämpfen wie Schaumstoff: Beide sind anfällig für Feuchtigkeit. Also sollten auch diese Materialien nicht jenseits der Nässeschutzfolie in der Tür eingesetzt werden. Die Dämpfungseigenschaften von Dämmvlies sind jedoch so gut, dass es sich anbietet, dieses Material gegen eindringende Geräusche einzusetzen. Bitumenmatten sind die Klassiker unter den Dämm-Materialien. Sie lassen sich leicht verarbeiten, bringen viel Gewicht aufs Blech und besitzen zudem gute Dämpfungseigenschaften. Wer das Material im Dachhimmel verwendet, sollte auf besonders gute Hitzebeständigkeit achten, da das Blech an dieser Stelle extrem heiß wird und sich die Matten eventuell ablösen könnten. bei einbau-Profi Marcus Quintus Anlage mehr heraus und lässt sie folglich besser klingen. Es macht daher Sinn, das Budget für die Lautsprecher um ein paar Euro zu stutzen und das Geld lieber in eine anständige Türdämmung zu stecken. autohifi: Kann man sagen, dass neuere Fahrzeuge weniger gedämmt werden müssen als ältere Autos? Marcus Quintus: Die Basis ist bei neueren Fahrzeugen natürlich oft besser, ganz ohne Dämmung kommen aber auch neue Autos nicht aus. autohifi: Welche Materialien würden Sie empfehlen, um das Auto ruhigzustellen? Marcus Quintus: Für das Außenblech verwende ich im Regelfall Bitumen- matten, hochwertige Anlagen statte ich mit Butylmatten aus, die dank einer besonderen Aluminium-Beschichtung zusätzlich sehr gute Dämpfungseigenschaften besitzen. autohifi: Wie sieht für Sie eine optimal gedämmte Tür aus? Marcus Quintus: Nun, mit den angesprochenen Butylmatten habe ich ausgesprochen gute Erfahrungen gemacht. Wenn man zusätzlich die Original-Nässeschutzfolie durch eine aus Butyl nachgeformte ersetzt und zusätzlich ein Vlies zwischen Tür und Verkleidung aufbringt, lassen sich hervorragende Ergebnisse erzielen. autohifi: Muss man dabei auf etwas besonderes achten? Marcus Quintus: Im Regelfall nicht, wobei es bei einigen neueren Fahrzeugen allerings so ist, dass die Nässeschutzfolie aus technischen Gründen drinbleiben muss. In einem solchen Fall muss man die Alu-Butylmatte einfach hinter der Nässeschutzfolie anbringen. autohifi: Wird das Thema Dämmung nicht vielleicht überschätzt? Marcus Quintus: Im Gegenteil! Ohne Dämmung verschenkt man viel zu viel Potenzial seiner Anlage und ärgert sich außerdem, wenn alles eingebaut ist und der Hörgenuss durch klappernde Blechteile getrübt wird. Bei der Dämmung zu sparen hieße am falschen Ende zu sparen. Praxis W .. .. , Turdammung: So wird s gemacht er dem Geklapper in den Türen den Kampf angesagt hat, der muss zunächst dafür sorgen, dass er an die zu dämmenden Flächen auch gut herankommt. Dafür muss man die Innenverkleidung abmontieren, die meist durch Clip-Halterungen und Schrauben gesichert ist. Beim Ausbau ist ein Plastikkeil hilfreich, mit dem sich Griffschalen und Clips unfallfrei lösen lassen. Nun liegt das Innenleben der Tür frei. Bis man jedoch endlich an das Außenblech gelangt, muss noch die Nässeschutzfolie bzw. (wie in unserem Beispiel) der so genannte Aggregateträger entfernt werden. Während die Nässeschutzfolie nur vorsichtig abgezogen werden muss, ist die Demontage des Aggregateträgers schon ein etwas größeres Unterfangen. Nun hat man freie Sicht auf die äußerste Blechfläche in der Tür und kann mit dem Dämmen beginnen. Dazu sollte zuerst eine Grundreinigung der Tür erfolgen, da ab Werk oft eine schützende Wachsschicht auf dem Blech sitzt. Zur Reinigung eignen sich entfettende Flüssigkeiten wie zum Beispiel Silikonentferner, den man in jedem gut sortierten Baumarkt erhält. Nachdem man das Blech entfettet hat, kann die erste Schicht des Dämm-Materials aufgetragen werden. In unserem Beispiel wurde Brax Exvibration verwendet, alternativ können natürlich auch auf dem Außenblech Bitumenmatten zum Einsatz kommen. Nachdem das gesamte Blech mit der Dämmpaste bestrichen worden ist, muss unbedingt sichergestellt werden, dass die Wasserabläufe im unteren Teil der Tür weiterhin durchlässig sind. Verstopfungen entfernt man einfach mit einem Schraubenzieher. Zu guter Letzt muss natürlich auch noch (falls vorhanden) der Aggregateträger ruhiggestellt werden. Hier muss besonders darauf geachtet werden, dass sämtlich Bowdenzüge und andere bewegliche Teile weiterhin frei bleiben. Bei Autos ohne Aggregateträger klebt man an dieser Stelle die Original-Nässeschutzfolie wieder auf und im verstärkt sie im Idealfall mit großflächigen Bitumenmatten. Im letzten Schritt schneidet man passende Bitumenmatten für die Innenverkleidung zurecht, die man dann per Heißluftfön erhitzt und auf die Innenseite der Verkleidung aufklebt . Bei der Montage der Innenverkleidung macht es zusätzlich Sinn, eventuell zum Klappern neigende Gestänge des Türgriff-Mechanismus mit einer Lage Dämmvlies zu umwickeln, so dass er nicht mehr gegen das Türblech schlagen kann. Natürlich muss man auch hier darauf achten, dass die Funktion des Gestänges nicht eingeschränkt wird und alle mechanischen Teile weiterhin frei beweglich sind. Wer die Türen auf diese Art und Weise präpariert, wird in Zukunft keine unschönen Nebengeräusche von dort mehr ertragen müssen, denn die Lautsprecher besitzen nun ein perfektes Arbeitsumfeld. 5/2006