Bildung in Zeitzeugen

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Bilder: Darlington Meier Architekten
PROJEKTE
linktipp
Auf baublatt.ch/wms finden Sie den Jurybericht und weitere Pläne.
die delikaten Aufgaben von einem Neubau und
Umbau der denkmalgeschützten Zeitzeugen bearbeiten kann. Das Nachwuchsbüro Darlington
Meier aus Zürich, im sechsten Jahr seines Bestehens, setzte sich nach der Präqualifikation (71
Bewerbungen) gegen acht namhafte Mitstreiter
durch und überzeugte die Jury mit ihrem Projekt
«Ma Wan».
Die Hauptaufgabe bestand darin, ein architektonisches Gesamtkonzept für das heterogene Areal,
➣
Die Architekten planen ein Schulgebäude, das
an den bestehenden «Hochbau» (hinten rechts)
andockt, und die Renovation der alten Shedhalle.
Der Kanton Zug suchte in einem Wettbewerb Vorschläge zur Erweiterung
der Wirtschaftsmittelschule. Das Projekt «Ma Wan» von Darlington Meier
Architekten aus Zürich ging als Sieger hervor. Ihr Vorschlag gliedert sich
respektvoll in die denkmalgeschützte Umgebung ein.
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Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011
WM
Know-how der Schule zu profitieren. Mit der WMS
erhält das Industrieareal nun neben der FMS eine
weitere Bildungsstätte.
Am Fusse des Zugerbergs, keine 500 Meter vom
See und der Altstadt entfernt, zwischen Shedhalle und alten Fabrikbauten aus der Jahrhundertwende, will der Kanton ab 2016 den Erweiterungsbau und die renovierte Shedhalle in Betrieb nehmen. In einem Wettbewerb im selektiven
Vergabeverfahren suchte er ein Planerteam, das
S
Hofstra
A
lle
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Shedha
Von Michael Hunziker
zeit knapp 300 Schülern werden im Jahr 2020
um die 450 Schüler ausbilden.
Der Wettbewerbsperimeter für den Erweiterungsbau der WMS befindet sich auf dem Theiler Areal
und somit in geschichtsträchtiger Umgebung
(siehe Hintergrund). Das Projekt entspräche bestimmt auch den Ideen des verstorbenen Konstrukteurs Richard Theiler, der sein «Electronisches
Institut» für Telefoninduktoren und Stromzähler
in der Nähe des Knabeninstituts baute, um vom
50 m
Theilerh
Athene
Bildung in Zeitzeugen
b 2015 benötigen wir in Zug zusätzliche
Schulräume. Einerseits steigen die Schülerzahlen in den kommenden zehn Jahren
um 50 Prozent, und andrerseits erfordern neue
Lehr- und Lernformen eine Anpassung des Raumangebotes», begründet Heinz Tännler, Baudirektor des Kantons, das Vorhaben, die Wirtschaftsmittelschule (WMS) räumlich zu erweitern und
mit der bestehenden Fachmittelschule (FMS) zusammen zuführen. Die beiden Schulen mit der-
25
aus
Erweiterung und Umbau Theiler Areal, Zug
0
mit Shedhalle, «Hochbau», Theilerhaus und
«Athene» (siehe Situationsplan), was Gestaltung
und funktionale Verbindungen betrifft, zu finden.
«Wir erwarteten, dass sich die Neubauten harmonisch in die Anlage einordnen und den Anforderungen an ein modernes Bildungszentrum gerecht werden,» sagt Heinz Tännler, der die Jury
präsidierte. Zudem waren differenzierte Bezüge
zwischen Innen- und Aussenräumen gefordert,
die das landschaftliche Umfeld mit interessanten
Hochba
u
Zwischen Alt und Neu: Die Schule auf dem Industriegelände fügt sich harmonisch in die bestehenden denkmalgeschützten Bauten ein.
Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011 baublatt 29 10.10.2011 09:55:51
PROJEKTE
Schnitt A–A
Schnitt B–B
Büro/Lager ADA*
Unterricht
Unterricht
20 m
15
Sporträume
10
Halle
Sportraum
Turnhalle
Lager
0
Die Massstäblichkeit des Kopfbaus entspricht den umliegenden Gebäuden.
Der Neubau dockt an den «Hochbau» an, in dem das Amt für Denkmalpflege und Archäologie (ADA) Lagerräume und Büros unterhält.
Erdgeschoss
➣
Luftraum
Turnhalle
Garderob
e
0
25
Blickbezügen erlebbar machen. Die Gebäudestruktur war so zu planen, dass sie künftige Anpassungen zulässt, und das Raumprogramm
sollte den sich ständig verändernden Nutzungsbedürfnissen eines zeitgemässen Schulbetriebs
gerecht werden.
50 m
B
stik
A
Gymna
Halle
Mensa
Aufeinandergestapelte Fenster
A
Aula
Seminar
ADA* Büro/Lager
Museum
B
Museum
Aula
5
Darlington Meier Architekten vervollständigen die
Struktur des Areals mit einem flachen Sporthallenbau und einem die Anlage flankierenden Langbau, der an den «Hochbau» dockt, zu einem
räumlichen Ensemble. Die Massstäblichkeit des
Kopfbaus entspricht den umliegenden grossen
Gebäuden «Athene» und «Hochbau». Verdichtete
Zwischenräume bilden mit der Umgebungsgestaltung eine in die Topografie eingebettete, campusartige Abfolge von Wegen, Treppen und Plät-
zen. Als Herz der neuen Aussenräume bilden die
Architekten einen zentralen Platz aus, der alle
neuen Nutzungen und die das Areal umfliessende
Gartenlandschaft erschliesst. Die Erscheinung
«
Die Architekten entwickeln
die Kultur des permanenten An- und Umbauens
gekonnt weiter.
»
Heinz Tännler,
Baudirektor Kanton Zug, Jurypräsident
des Langbaus ist durch die Holzfassade mit aussenliegenden, in der Breite unterschiedlich gross
skalierten Fenstern geprägt. Dies skizziere gemäss Darlington Meier Architekten «ein Bild auf-
einandergestapelter, heterogener Fensterrahmen.» Tännler lobt: «In Anbetracht der industriellen Vergangenheit des Areals entwickeln die
Architekten die Kultur des permanenten An- und
Umbauens gekonnt weiter.» Am bestehenden
Kontext würde geschickt weitergebaut und in eine
übergeordnete Konstellation überführt, ohne dabei ein alles überschreibendes Gesamtkonzept
etablieren zu wollen. «Die Setzung der beiden
Baukörper schafft eine hohe Diversität von Aussenräumen», so Tännler.
Die Jury begrüsst die durch den lang gestreckten Bau entstehende Gasse zwischen Shedhalle,
in der sich Aula, Mensa und Museum befinden,
und sieht in dem programmatischen vis-à-vis von
Sport einen «spannenden Aussenraum» gewährleistet. Mit dem Abdrehen des Sporthallentraktes
wird ein zentraler Platz geschaffen, von dem aus
sämtliche Nutzungen erschlossen sind. Die Holz-
Untergeschoss
2. Obergeschoss
Beteiligte
Sportpla
n Architektur
Darlington Meier Architekten AG, Zürich
tz
Geräte
Turnhalle
n Projektmanagement
Jaeger Baumanagement, Zürich
Kulturgüter
e
Geräte
Schutzraum
n Landschaftsarchitekt
Daniel Ganz Landschaftsarchitekten,
Zürich
Labor Unterricht
Garderob
n Bauingenieur
Schnetzer Puskas Ingenieure AG, Zürich
n HLKS
RMB Engeneering AG, Zürich
ADA*
Büro/Lager
Lager
ADA*
n Elektroingenieur
Schmididger & Rosasco AG, Zürich
n Bauphysik
Raumanzug, Zürich
Hintergrund
Die ehemalige Landis & Gyr-Fabrik auf dem
Theiler Areal steht für Zuger Wirtschafts-,
­Politik- und Gesellschaftsgeschichte, für
­technische Innovation und Welthandel, für
­Architektur, Gebäudetypologie und Stadtentwicklung. Die seit 1896 entstandenen Fabrikationsbauten sind an ihrem alten Standort und
im ursprünglichen Zustand erhalten geblieben
und damit ein Baudenkmal, das auch im
schweizerischen Kontext denkmalpflegerisch
hoch bewertet wird.
Als der Konstrukteur Richard Theiler 1896 sein
«Electrotechnisches Institut» gründete, baute
er dieses nicht im aufstrebenden Industriequartier an der Baarerstrasse, sondern neben dem
Knabeninstitut an der Hofstrasse, um mit dem
Nachwuchs die Weiterentwicklung und Produktion seines 1896 patentierten Wechselstromzählers zu gewährleisten. Aus Theilers
Institut ging die spätere Landis & Gyr AG hervor, die sich zum Weltkonzern und zum zeitweise grössten Arbeitgeber des Kantons entwickelte. Nach 1905 wurde der Gründerbau –
das «Theilerhaus» – vergrössert und erweitert.
Es folgten die imposanten Schedhallen, Nebenbauten und schliesslich 1911 der fünfgeschossige Hochbau am Mänibach.
Die historische Fabrikanlage an der Hofstrasse
steht in einer Umgebung, die architekturgeschichtlich einzigartig ist. Die St. Michaelskirche von Curjel & Moser, die Athene von Walter F. Wilhelm und das Lehrerseminar St. Michael von Leo Hafner und Alfons Wiederkehr
sind Zeugen einer vielfältigen Baukultur des
20. Jahrhunderts, die mit dem Zurlaubenhof,
dem Fabrikareal und der Athene ein ungewöhnliches Ensemble bilden, das glücklicherweise bis heute erhalten blieb. (mh)
* Amt für Denkmalpflege und Archäologie
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PROJEKTE
rahmenkonstruktion der Fassade beurteilt die
Jury kritisch: «Diese vermag in ihrer Ausformulierung gegen die Kraft der ehemaligen Industriebauten nur schwer ankommen», zitiert Tännler die Haltung der Jury.
Galerie über die Turnhalle
Die Bausubstanz der denkmalgeschützten Shedhalle wird instand gesetzt und durch notwendige
neue Bauteile wie gedeckte Eingänge, die klar als
Neubau gelesen werden können, ergänzt. Im Innern beschränken sich die Eingriffe bezüglich Tragkonstruktion auf verschiedene dezentrale Anpas-
«
Die Schulgeschosse
bieten eine übersichtliche
Orientierung.
»
Heinz Tännler,
Baudirektor Kanton Zug, Jurypräsident
sungen. Die Nutzungsbereiche können bei Bedarf
kombiniert und räumlich verbunden werden.
Das Schulhaus konzipieren die Architekten zur
Erreichung der geforderten Nutzungsflexibilität in
Skelettbauweise mit Stützen und Flachdecken.
Die zwei Erschliessungskerne, deren Wände über
die Geschosse durchgehend betoniert sind, steifen das Gebäude gegenüber horizontalen Krafteinwirkungen aus und werden im Untergeschosskasten, dessen Wände ebenfalls durchgehend
betoniert sind, eingespannt. «Eine wandernde
Treppe mit einem sich gegen oben öffnenden
Auge macht die vertikale Dimension des Hauses
erlebbar und verbindet die zueinander versetzten
Schulhauskorridore an den Fassaden», so die Architekten. Im oberen Erdgeschoss siedeln sie die
Naturwissenschaften an. Im Geschoss darüber
bildet ein grosszügiges Foyer mit Aussicht über
die Shedhalle den Auftakt zur darüber liegenden
Spannender Aussenraum: Die Gasse zwischen Shedhalle und Neubau WMS mit ihren unterschiedlichen
Nutzungen.
WMS. «Die Schulgeschosse bieten eine übersichtliche Orientierung», schliesst Tännler, doch werde
der Flächenbedarf der einzelnen Zugangszonen
etwas unterschätzt.
Die Sporthalle wird über eine Galerie mit Blick auf
die Turnflächen betreten. Diese verbindet auch
Garderoben, Nebensporträume und den Hallenzugang über eine grosse Treppe. Die Halle soll
als monolithische Wanne in wasserundurchlässigem Ortbeton ausgeführt werden. Das Hallendach besteht aus Stahlbindern, die im Verbund
mit der darüberliegenden Betondecke tragen und
Nachgefragt n
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… bei Stephan meier
Was bedeutet der Sieg des Wettbewerbs
für ihr Büro?
Es war eine grosse Chance für unser junges
Team, an diesem Wettbewerb teilnehmen zu
dürfen. Der Gewinn des Wettbewerbs ist ein
Meilenstein im Aufbau unseres Architekturbüros. Wir sind sehr glücklich darüber, diese äusserst interessante und vielschichtige Bauaufgabe planen und umsetzen zu dürfen.
Stephan Meier (rechts) führt mit Mark Darlington
das Büro Darlington Meier Architekten AG.
direkt auf vorfabrizierten Stutzen lagern. Bei der
Technisierung der Gebäude legen die Architekten Wert auf ein nachhaltiges System. Eine Wärmepumpe mit integrierter Kälteauskopplung heizt
respektive kühlt die Gebäude.
Laut Baudirektor Tännler rechnet das Hochbauamt Zug mit Kosten um die 70 Millionen Franken.
Zurzeit ist «Ma Wan» in der Überarbeitung. 2012
kommt das Projekt vor den Kantonsrat und nach
geschätzten vier Jahren Bauzeit machen sich
2016 Schülerscharen auf Richtung Shedhalle,
wie vor hundert Jahren die Fabrikarbeiter. n
Was war die grösste Herausforderung?
Die grosse Herausforderung der Aufgabe besteht darin, in den beengten Platzverhältnissen, im Bestand, der starke räumliche Strukturen vorgibt, optimale Funktionsabläufe zu generieren und gleichzeitig das ganze
Raumprogramm umsetzen zu können.
Was gefällt Ihnen am besten?
Uns gefällt die Vorstellung sehr, dass dieses
Areal eines Tages wieder dicht bebaut und
stark belebt sein wird.
(mh)
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telefon 0848 9
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Nr. 40, Freitag, 7. Oktober 2011
10.10.2011 09:56:08
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