FACTBOOK WDVS Fragen und Antworten zum Fassadenbrand in Frankfurt/M. am 19. Mai 2012 1 Grundlegende Feststellung 02 2 Hintergrund 02 3 Fragen zum Fassadenbrand in Frankfurt/Main 03 4 Was bedeuten diese Erkenntnisse für EPS-basierte WDVS allgemein? 07 5 Ausblick und Perspektiven 09 Dokumentation der Quellen .......................................................................................................................... 10 1 2 1 Grundlegende Feststellung Die Fakten zu den drei Fassadenbränden in Frankfurt (2012), Delmenhorst (2011) und Berlin-Pankow (2005) geben keinen Anlass zu der Befürchtung, dass Gebäude mit EPS-Dämmung einer erhöhten Brandgefahr ausgesetzt sind. Jeder dieser Brände ist bedauerlich und hätte vermieden werden können, doch mit Blick auf mehr als 6 Millionen Wohngebäude mit EPS-Dämmung sind sie als Einzelfälle zu bewerten – generelle Zweifel an der Sicherheit von EPS rechtfertigen sie nicht. 2 Hintergrund Am Abend des 29. 05. 2012 wurde die Frankfurter Feuerwehr zu einem Fassadenbrand in die Adickesallee gerufen: Ein 22 Meter hohes Gebäude, das im Zuge eines Umbaus mit einem 22 Zentimeter starken WärmedämmVerbundsystem saniert wird, war in Brand geraten. Das verwendete System ist als „schwer entflammbar B1“ nach DIN 4102 eingestuft, alle zwei Etagen war gemäß den Vorschriften ein 200 mm hoher Brandriegel aus nichtbrennbarem Material, durchgängig eingebaut. Nach Einschätzung mehrerer Fachleute war die Fassadendämmung augenscheinlich richtig verbaut, aber noch nicht fertiggestellt. Zum Brandverlauf Unterschiedliche Baumaterialien lagerten vor dem Haus, die aus bislang ungeklärter Ursache in Brand geraten waren. Das Feuer griff auf eine größere Menge gelagerter EPS-Platten über (nach Aussage des Bauleiters 50 bis 60 Kubikmeter), die in unmittelbarer Nähe des Gebäudes gelagert wurden. Das als „schwer entflammbar“ klassifizierte Material schmolz in der Hitze und floss in Richtung Gebäudewand. Die Schmelze entzündete sich (Zündpunkt: ca. 370 °C) und brachte das EPS im teilmontierten WDVS zur Schmelze, die sich ebenfalls entzündete. Das löste eine rasche Brandausbreitung nach oben aus. 2 (Quelle: Zusammenfassungen der Branddirektion Frankfurt) Leider beruht diese Schilderung auf Annahmen, die bisher noch nicht vollständig bestätigt werden konnten. Es ist nicht bekannt, was die Brandursache war und welche Materialien und Materialmengen für die Dachdämmung neben dem EPS im Bereich des Brandausbruchs gelagert waren. Zeugen haben von einem Knall berichte, der dem Brand vorausging. TOP-Fakten auf einen Blick • Die Flammen wurde von außen an das Gebäude herangetragen und gingen nicht vom Dämmstoff / WDVS aus. • Das WDVS war nur teilweise verputzt und im Sockelbereich sowie an der Gebäudeecke noch NICHT geschlossen. • Weil die Sockel- beziehungsweise Perimeterdämmung üblicherweise erst zum Schluss montiert wird, konnten die Flammen von unten ungehindert auf das EPS übergreifen. • Eine beschleunigte Brandausbreitung wird bei einem von außen komplett verputzten WDVS mindestens 20 Minuten lang wirksam verhindert. Dieser Zeitraum wird von allen schwer entflammbaren WDVS bei Prüfungen erreicht. Damit sind die bauaufsichtlich definierten Schutzziele sichergestellt. 3 4 3 Fragen zum Fassadenbrand in Frankfurt Wie kann eine EPS-gedämmte Fassade in Brand geraten? Von allein kann kein WDVS in Brand geraten – es ist in jedem Fall eine externe Zündquelle nötig. Bei den allermeisten Gebäudebränden beginnt der Brand dabei im Inneren des Hauses und greift später durch Fenster- oder Türöffnungen auf die Außenfassade über. Wichtig zu wissen: Das EPSMaterial an sich ist schwer entflammbar, aber es verflüssigt sich bei hohen Temperaturen. Diese EPS-Schmelze ist brennbar und lässt sich bei Temperaturen ab 370 °C entzünden, ohne Zündflamme kann sich die Schmelze ab zirka 450 °C selbst entzünden. Zunächst gilt es festzuhalten, dass es sich in diesem Fall um eine Baustellensituation handelte, außerdem heißt es im Feuerwehrbericht betreffs der Frankfurter Adickesallee: „Der Verlauf scheint besonders dramatisch zu sein, wenn die Zündquelle von außen an die Fassade herangetragen wird.“ Da von den jährlich rund 200.000 Bränden in Deutschland der allergrößte Teil im Inneren eines Hausesi ausbricht, ist dieser Brandverlauf nicht die Regel. Auf diese Realität sind auch die allgemein anerkannten Brandschutzmaßnahmen ausgerichtet. Bei den von den Medien stark beachteten Bränden in Frankfurt und Delmenhorst (April 2011) lag die Brandquelle außerhalb des Gebäudes. Wichtig: Bei jedem Brand eines bewohnten Gebäudes – von innen oder außen ausgelöst – kommt es zu einer kontinuierlich fortschreitenden Brandausbreitung über die Fassade in darüber liegende Geschosse mit Öffnungen bis hin zum Dach, sofern die Feuerwehr nicht rechtzeitig eingreift. DAS GILT AUCH FÜR FASSADEN AUS NICHTBRENNBAREM MAUERWERK ODER BETON.ii Es gibt in Deutschland keine bundesweite Erfassung von Bränden und deren Ursachen, da der Brandschutz Ländersache ist. Als Datenquelle kommen daher am ehesten die Versicherungen in Betracht, die dann z.B. das Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung der öffentlichen Versicherer e.V. (IFS) in Kiel beauftragen. 4 Unter www.statista.de sind Daten von 2002 bis 2006 abrufbar, die sich zwischen 158.600 und 213.035 Brandfällen bewegen.iii Mit rund 35 Prozent war Elektrizität die häufigste Brandursache im Jahr 2011, menschliches Fehlverhalten kommt mit 17 Prozent auf Rang zwei, gefolgt von Überhitzung mit 9 Prozent. 22 Prozent der Brandursachen konnten nicht ermittelt werden oder fallen unter „Sonstiges“. Erschreckend: 8 Prozent der untersuchten Fälle gehen auf Brandstiftung zurück. Dennoch: Müssen die Bauvorschriften auf den Prüfstand? Sämtliche Bauvorschriften sind ständig auf dem Prüfstand, um mit den Entwicklungen der Technologie auf dem Bau Schritt zu halten. Die Unternehmen im Fachverband WDVS sind in einer Fachgruppe organisiert und stehen in ständigem Kontakt zu den maßgeblichen Institutionen - der Gesellschaft für Materialforschung und Prüfungsanstalt für das Bauwesen Leipzig (MFPA) und dem Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt). Beim Thema EPS ist den verantwortlichen Gremien bewusst, dass steigende Materialstärken auch höhere Brandschutzvorkehrungen erfordern. Entsprechend haben sie eine Verschärfung der Vorschriften mit vorangetrieben. Entwicklung der Dämmstoffstärken und der Brandschutzmaßnahmen: Bis 1998 wurden WDV-Systeme fast immer mit weniger als 100 Millimetern Dicke verbaut. „Bis zu einer Dämmstoffdicke von 100 mm ist ... im Falle eines Brandes in keinem Fall ein wesentlicher Beitrag des WDVS zu einer Brandausbreitung über die Fassade zu erwarten“, schreibt Brandschutzfachmann Ingolf Kotthoff in der Stellungnahme des IVH Ende 2011.iv Danach kamen vermehrt Dämmsysteme > 100 mm zum Einsatz, was bereits 1998/99 auf Betreiben der MFPA Leipzig und des DIBt zum verpflichtenden Einbau eines nichtbrennbaren Fenstersturzes („Sturzschutz“) führte. Weil diese Lösung in Verbindung mit dem Einbau von Rollladenkästen bisweilen konstruktive und ausführungstechnische Probleme aufwarf, wurde 2006/07 als Alternative der „Brandriegel“ eingeführt, ein 200 mm hohes Band aus einem nicht brennbaren Dämmstoff, das alle zwei Stockwerke um die gesamte Fassade geführt wird, um das Brennen in der Dämmebene eines vollständig ausgeführten WDVS über mehr als zwei Etagen zu verhindern. 5 6 Erst ab dem Jahr 2008 überstieg die durchschnittliche WDVSDämmstoffdicke die Marke von 100 Millimeternv und liegt aktuell bei zirka 122 Millimetern (2011; Quelle Fachverband Wärmedämm-Verbundsysteme). Was sagt die Feuerwehr dazu? „Wenn die Fassadendämmung ordnungsgemäß ausgeführt wurde, dann ist die beherrschbar“, sagt Hartmut Ziebs, Vizepräsident des Deutschen Feuerwehrverbands, in Bezug auf das Brandverhalten von WDVS. Gleichwohl schlägt er vor, bei EPS-Dämmstoffdicken jenseits der üblichen 100 bis 200 Millimeter zu prüfen, ob die bisherigen Brandschutzvorkehrungen noch ausreichenvi. Bereits heute gelten erweiterte Brandschutzvorkehrungen bei Dämmstoffdicken größer 200 Millimeter. Wie lauten die Bauvorschriften in Bezug auf WDVS? Abhängig von der Gebäudehöhe sind unterschiedliche Materialien zum Einsatz im WDVS zugelassen: Bis sieben Meter Gebäudehöhe dürfen „normal entflammbare“ Systeme verbaut werden (z.B. EPS Hartschaum nach DIN EN 13163 B2), da von einer schnellen Fluchtmöglichkeit im Brandfall ausgegangen wird. Bei einer Höhe von 7 bis 22 Meter dürfen nur „schwer entflammbare“ Systeme verbaut werden (EPS Hartschaum nach DIN EN 13163 B1) – das Gebäude in Frankfurt fiel noch knapp in diese Kategorie. Außerdem müssen alternativ Fensterstürze aus nicht brennbarem Material über jeder Gebäudeöffnung oder umlaufende Brandriegel aus Mineralwolle alle zwei Stockwerke eingebaut werden. Gebäude, die höher als 22 Meter (bis 100 Meter) sind, müssen mit „nicht brennbaren“ Systemen gedämmt werden. Was bedeutet „nicht brennbar“, „schwer entflammbar“, „normal entflammbar“ oder „leicht entflammbar“ in Bezug auf WDVS? Leichtentflammbare Fassadenbekleidungssysteme wären durch eine kleine Flamme (z.B. Streichholz) sofort entzündbar, würden unkontrollierbar schnell abbrennen und sind deshalb nicht zulässig; normalentflammbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen durch eine kleine Flamme (z.B. 6 Streichholz) entzündbar sein, dann aber nur langsam fortschreitend brennen (Beispiel: Holzfassaden); schwerentflammbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen auch bei Einwirkung einer größeren Zündquelle nicht zu einer schnellen Brandausbreitung führen, der Brand muss lokal begrenzt bleiben (Beispiel: WDVS mit Polystyrolhartschaum); nichtbrennbare Fassadenbekleidungssysteme dürfen auch bei einem teilweise oder voll entwickelten Brand nicht wesentlich zum Brand beitragen, ein lokales Mitbrennen kann aber auftreten (Beispiel: WDVS mit Mineralwolle). Wie war die Sachlage beim Brand in Berlin-Pankow 2005? Der tragische Brand in Berlin, bei dem zwei Tote zu beklagen waren, wurde von einem brennenden Fernseher ausgelöst. Die Situation war aus mehreren Gründen brandbegünstigend: Das Stahlbetongebäude war mithilfe einer „verlorenen Schalung“ errichtet worden, wobei die 25 Millimeter starke Schalung aus normalentflammbaren Holzspanplatten an der Fassade und in den Räumen verblieb – die daraus resultierende Brandlast war erheblich. Das lediglich 80 mm starke EPS-WDVS war über ein Schienensystem an der Fassade montiert – aufgrund seiner Stärke ist ein nennenswerter Einfluss auf das Brandgeschehen unwahrscheinlich. Das DIBt merkte zudem an, dass es sich bei dem verbauten WDV-System um kein allgemein bauaufsichtlich zugelassenes System handelte. Es besaß jedoch eine Zustimmung im Einzelfall, die nach einem eigens für dieses Bauvorhaben durchgeführten Brandversuch erteilt worden war.vii Die Feuerwehr stellte aber fest, dass die aus diesem Brandversuch resultierenden vorgeschlagenen Brandschutzmaßnahmen nicht fachgerecht ausgeführt worden waren.viii TOP-Fakten auf einen Blick • Die Brandschutz- und Bauvorschriften in Bezug auf EPS/WDVS genügen dem derzeit gültigen Bauordnungsrecht, werden jedoch ständig weiterentwickelt und an die Verbesserungen des Wärmeschutzes angepasst. 7 8 • Die Brandursachenstatistiken zeigen, dass die meisten Gebäudebrände im Gebäude entstehen – die entsprechende Orientierung der Brandschutzvorschriften entspricht also realistischen Grundvoraussetzungen. • Seit 2005 sind drei größere Brandfälle in Verbindung mit einem WDVS bekannt geworden. Bei zweien wurde das Feuer von außen an die Fassade herangetragen, beim tragischsten mit zwei Todesopfern in Berlin brach der Brand im Gebäude aus. 4 Was bedeuten diese Erkenntnisse für EPS-basierte WDVS allgemein? Kann man die Dämmung mit EPS überhaupt noch verantworten? Verantwortung hat mehrere Aspekte: Mit Blick auf die Umwelt und den CO2Ausstoß im Gebäudebereich ist die Wärmedämmung auch mit EPS in hohem Maße verantwortungsbewusst. Mit Blick auf die befürchtete Brandgefahr spricht die Statistik eine klare Sprache: Etwa 18 Millionen Wohngebäudeix gibt es in Deutschland, von denen 42,1 Prozentx über eine Fassadendämmung verfügen, rund 80 Prozentxi der installierten Systeme basieren auf EPS. Rein rechnerisch ergibt sich daraus ein Gebäudebestand von bundesweit 6,06 Millionen EPSgedämmter Wohngebäude. Jedes Jahr kommen weit über 80.000 neue Wohngebäudexii hinzu, von denen ebenfalls sehr viele auf diese Weise gedämmt sind. Angesichts dieser Zahlen ist mit Blick auf drei größere, medienrelevante Brandereignisse kaum von einer hohen Brandgefahr oder Brandbeteiligung von EPS-gedämmten Häusern zu sprechen. Rein rechnerisch lebt also jeder dritte Deutsche in einem EPS-gedämmten Haus. Das sind mehr als 27 Millionen Menschen, die von den Vorteilen einer modernen Außendämmung profitieren. 8 Internationale Statistiken geben keinen Grund zur Annahme, dass in Deutschland das Risiko besonders groß wäre, bei einem Gebäudebrand ums Leben zu kommen. Die „World Fire Statistics“xiii verzeichnen für Deutschland eine Quote von 0,68 Personen pro 100.000 Einwohner (2005-2007). Damit liegt Deutschland im oberen (positiven) Drittel der Statistik. In Ländern mit einer großen Holzhaus-Tradition, etwa im sonst sehr sicherheitsbewussten Skandinavien, ist diese Quote doppelt bis dreimal so hoch (Norwegen 1,27, Dänemark 1,38, Finnland 1,93), ohne dass man dort von dieser Bauweise abrücken würde. Muss dieser „Dämmwahnsinn“ überhaupt sein? Wahnsinn wäre es, nichts zu tun. Gerade Industrieländer stehen hier – mit Blick auf kommende Generationen – in der Verantwortung, verantwortungsvoll mit Ressourcen und der Umwelt umzugehen. „Öffentliche und private Gebäude in Deutschland verbuchen für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung einen Anteil von 40 Prozent des Gesamt-Energieverbrauchs und stehen für fast 30 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes“, meldet das BMVBSxiv auf seiner Internetpräsenz. Und nicht zuletzt ist ein zeitgemäßer Energieverbrauch essenziell für ein Gelingen der „Energiewende“ und den Atomausstieg sowie für eine Reduktion der Energieimporte von derzeit jährlich 87 Milliarden Euro. Angesichts der explodierenden Energiepreise kommt für die meisten Bürger der wirtschaftliche Anreiz hinzu, durch ein energieeffizientes Haus auch künftig noch bezahlbar und komfortabel wohnen zu können. Zum Einsparpotenzial einer energetischen Sanierung vermerkt die Deutsche Energie-Agentur (dena) in ihrer Sanierungsstudie: „Die Einsparpotenziale sind, insbesondere bei Bestandsbauten, enorm. Häuser, die mit marktgängigen Techniken energetisch modernisiert werden, können ihren Energiebedarf um bis zu 85 Prozent senken und weit besser als ein Standard-Neubau sein.“xv Bei einem typischen Einfamilienhaus berechnet die dena allein durch die Dämmung der Außenwände eine jährliche Energieersparnis von 7.900 Kilowattstunden pro Jahr: Der Wärmeverlust durch die Wände fällt von 10.100 auf 2.200 kWh/Jahr.xvi Gibt es Alternativen zu EPS? 9 10 Jeder Bauherr hat die Möglichkeit, sich für nicht brennbare Dämmmaterialien wie Mineralwolle zu entscheiden. Für Gebäude von mehr als 22 Metern Höhe sind solche Baustoffe sogar zwingend vorgeschrieben. Dass sich etwa 80 Prozentxvii der Bauherren für EPS entscheiden, hat mehrere Gründe: Zum einen ist die alternative Mineralwolle rund doppelt so teuer wie dieser Dämmstoff, zum anderen hat EPS bei gleicher Dicke einen höheren Dämmeffekt und lässt sich einfacher verarbeiten. Wie wird der Brandschutz von EPS sichergestellt? Polystyrol-Dämmstoffen wird im Zuge der Herstellung das Flammschutzmittel Hexabromcyclododecan (HBCD) beigemischt. Damit wird die Brandschutzklasse B1 („schwer entflammbar“) sichergestellt. Zudem werden alle vom DIBt zugelassenen WDV-Systeme einer Brandprüfung nach dem Entwurf DIN E 4102-20 unterzogen.xviii Warum nicht auf alternative Energien setzen? Diese Konzepte stehen nicht gegeneinander, sondern ergänzen sich. Nur wenn der Energiebedarf der Gebäude deutlich unter die aktuellen rund 40 Prozent des Gesamtenergieverbrauchsxix sinkt, wird die Leistungsfähigkeit der regenerativen Energien ausreichen, die Versorgung zu sichern. Dieses Ziel ist ohne energieeffizientere – sprich gedämmte – Häuser nicht zu erreichen. TOP-Fakten auf einen Blick • Mit Blick auf über sechs Millionen EPS-gedämmte Wohngebäude in Deutschland und die offenbar geringe Zahl von Bränden mit EPSBezug ist eine erhöhte Brandgefahr nicht plausibel zu behaupten. • EPS bietet Bauherren eine wirtschaftliche und praktikable Möglichkeit, ein energetisch zeitgemäßes Gebäude zu errichten oder 10 zu sanieren. Daneben stehen ihnen auch andere Dämm-Methoden mit „sichereren“ Brandschutzklassen zur Verfügung. 5 Ausblick und Perspektiven Was lernt die Baubranche aus dem Brand in Frankfurt? Sie lernt allgemein, dass sie auch weiterhin den intensiven Dialog mit den Zulassungsbehörden pflegen muss, damit die Brandschutzvorschriften die Herausforderungen etwa steigender Dämmstoffdicken berücksichtigen. Der konkrete Fall in Frankfurt zeigt, dass künftig auch Fragen des Baustellenmanagements stärker in den Blick rücken müssen, um die Gefahr durch äußerliche Brandeinwirkung auf nicht geschlossene WDV-Systeme zu verringern. Was muss sich auf Deutschlands Baustellen ändern? Die Brandschutzvorschriften in der Bauordnung legen den Fokus aus gutem Grund auf Brandursachen im Inneren der Gebäude. Der Brand in Frankfurt hat gezeigt, dass auf Baustellen die Gefahr eines von außen ausgelösten Fassadenbrandes besonders groß ist. Da hier das WDVS meist noch nicht geschlossen ist, fehlen essenzielle Komponenten aus dessen Brandschutzkonzept. Die Situation auf einer Baustelle ist nach unseren Informationen bauordnungsrechtlich nicht geregelt. Hier greifen lediglich die Arbeitsstättenrichtlinie und andere Vorschriften, die jedoch die Situation auf der Baustelle nur allgemein regeln. Hier könnte ein umfassendes Konzept zur Einführung grundlegender Regeln für das Baustellenmanagement Abhilfe schaffen. Das bedeutet, dass beispielsweise Mindestabstände für die Lagerung verschiedener Baustoffe und -abfälle vorgeschrieben werden könnten. Weiteres Gefahrenpotenzial ließe sich zudem bei der Prüfung von Bauanträgen eliminieren: Abstellplätze für eventuell brandgefährdete Müllcontainer könnten nur in einem Sicherheitsabstand von EPSgedämmten Fassaden genehmigt werden. Gleiches gilt für Anbauten wie Fahrradschuppen oder Carports aus Holz oder anderen brennbaren Materialien. 11 12 Vorgesehen ist weiter eine Abstimmung mit den LandesfeuerwehrVerantwortlichen mit dem Ziel, ein gemeinsames Informationspapier zu entwickeln, das sachlich über den Dämmstoff EPS informiert und über sinnvolle einschlägige Brandbekämpfungsmaßnahmen Auskunft gibt. 12 Dokumentation der Quellen 13 i IFS Brandursachenstatistik 2011 Die Statistik beruht auf ca 1.200 Brandschadenfällen, die das IFS im Auftrag der öffentlichen Versicherer im Jahr 2011 untersucht hat. ii Quelle: Stellungnahme des Industrieverband Hartschaum und des Fachverbandes Wärmedämm-Verbundsysteme zur Darstellung des Brandverhaltens von WDVS in den Medien Dezember 2011, Erarbeitet: Arbeitskreis Brandschutz des Fachverbandes WDVS unter Mitwirkung von Dipl.-Physiker I.Kotthoff (IBF). iii http://de.statista.com/statistik/daten/studie/155263/umfrage/entwicklung-dergesamtanzahl-der-braende-in-deutschland-seit-2002/ iv Stellungnahme des Industrieverband Hartschaum und des Fachverbandes WärmedämmVerbundsysteme zur Darstellung des Brandverhaltens von WDVS in den Medien Dezember 2011, erarbeitet: Arbeitskreis Brandschutz des Fachverbandes WDVS unter Mitwirkung von Dipl.-Physiker I.Kotthoff (IBF). Komplettes Zitat: „Bis zu einer Dämmstoffdicke von 100 mm ist die Belastung durch die Schmelze so gering, dass der Sturz nicht aufreißt. Deshalb ist bei derart geringen Dämmstoffdicken im Falle eines Brandes in keinem Fall ein wesentlicher Beitrag des WDVS zu einer Brandausbreitung über die Fassade zu erwarten. Diese WDVS sind daher auch ohne besondere Brandschutzmaßnahmen schwerentflammbar.“ v Quelle Fachverband WDVS. vi Quelle: „Computern im H@ndwerk“, 06/2012, S. 26,27 vii Quelle: http://www.baulinks.de/webplugin/2011/1926.php4 Vollzitat: „ Zu dem im Fernsehbericht des NDR zitierten Feuerwehreinsatz in Berlin im Jahr 2005 ist festzustellen, dass es sich hierbei nicht um ein vom DIBt zugelassenes WDV-System handelte. Das DIBt hatte dieses Brandereignis - obwohl es nicht direkt betroffen war - zum Anlass genommen im Frühjahr 2005 in seinem SVA "Brandverhalten von Baustoffen B1/B2" über ggf. erforderliche Konsequenzen für das Zulassungsverfahren bei WDV-Systemen zu beraten. Im Ergebnis wurde von den Sachverständigen festgestellt, dass Zulassungsverfahren des DIBt nicht betroffen seien, die bisher zugelassenen WDV-Systeme seien hinreichend sicher.“ viii Stellungnahme des Industrieverband Hartschaum und des Fachverband WärmedämmVerbundsysteme zur Darstellung des Brandverhaltens von WDVS in den Medien Dezember 2011, Erarbeitet: Arbeitskreis Brandschutz des Fachverbandes WDVS unter Mitwirkung von Dipl.-Physiker I.Kotthoff (IBF) Kompletter Abschnitt: „• Der Gebäudekomplex wurde vollständig in Stahlbetonbauweise mit einer außen liegenden „verlorenen“ Schalung aus 25 mm dicken, normalentflammbaren (DIN 4102-B2) Holzspanplatten ausgeführt, die sowohl außen an der Fassade, als auch in allen Räumen im Gebäude einschließlich der Treppenräume angebracht und innen nur mit einem dünnen 1 – 2 mm dicken Dispersionsputz überzogen waren. • Außen auf den normalentflammbaren, brennbaren Holzspanplatten war ein mechanisch befestigtes WDVS („Schienensystem“) mit einer 80 mm dicken PolystyrolHartschaumdämmung aufgebracht. Das WDVS hatte für diese Anwendung einen Verwendbarkeitsnachweis (Zulassung im Einzelfall), für den vorher eigens ein Originalbrandversuch durchgeführt wurde. Darin waren für diesen Fall (Holzuntergrund) Brandschutzmaßnahmen vorgesehen. Nach dem Brand wurde laut Feuerwehr festgestellt, dass weder diese Brandschutzmaßnahmen noch das WDVS richtig ausgeführt waren. • Der Brand begann mit der Entzündung eines Fernsehers (Wohnung 2. OG) dessen leichtentflammbares Gehäuse intensiv brannte und angrenzende Möbel entzündete. Durch die offen gelassene Wohnungstür und die ebenfalls offenen Fenster bekam der Brand genügend Sauerstoff und breitete sich in den 3 Räumen der Wohnung rasch aus. Zusätzlich zur Wohnungseinrichtung entflammten die Spanplatten an Wänden und Decken. Dadurch waren die brennbare Masse und die Energiefreisetzung gegenüber einem üblichen Wohnungsbrand mehr als verdoppelt. Das führte dazu, dass sehr große Mengen brennbarer Gase entstanden, die nach dem flash-over (Durchzündung des Raums) vor die Fassade gedrückt wurden und dort als „Flammensäule“ abfackelten. Dieses Phänomen ist auch von sogenannten „Saunabränden“ (großflächigen und schwere Lattenroste) bekannt. Die Flammenlängen dieser Gase allein überstrichen alle vier darüber liegenden Etagen, zunächst ohne eine Beteiligung des WDVS und lösten in den darüber liegenden Wohnungen Brände aus. Im Laufe des Brandfortschritts brannte auch die 80 mm dicke Polystyrol- Hartschaumdämmung und die darunter liegende 25 mm dicke, kompakte Holzspanplatte lokal im Flammenkegel der Raumbrände mit. Natürlich lieferte das auch einen Beitrag zum Brand, der allerdings im Vergleich zu der freigesetzten Energie von 4 Wohnraumbränden gering ist. Der Flammensprung von Etage zu Etage wurde bei der dargestellten Extrembrandsituation (alle Räume allseits mit dicken Holztafeln ausgekleidet) nicht durch das WDVS verursacht, sondern bereits durch das Brennen der Holzauskleidung der Räume. Die Schädigungsbilder nach dem Brand zeigen, dass keine seitliche Brandausbreitung durch das WDVS verursacht wurde. Die Schädigung reicht nur bis in den Bereich, in dem die Wärmestrahlung der aus den Fenstern austretenden Flammen wirkte.“ ix Quelle: „Der dena-Gebaa udereport 2011. Statistiken und Analysen zur Energieeffizienz im Wohngebaa udebestand.“, Leseprobe, Stand August 2011, S. 4f x Quelle: „Datenbasis Gebäudebestand. Datenerhebung zur energetischen Qualität und zu den Modernisierungstrends im deutschen Wohngebäudebestand“, Darmstadt 9.12.2010, Institut Wohnen und Umwelt (IWU) und Bremer Energie Institut (BEI), S. 44 xi Zahlen: Fachverband WDVS, Quelle: www.baulinks.de/webplugin/2011/0397.php4 xii Quelle: „Ausgewählte Zahlen für die Bauwirtschaft“, Statistisches Bundesamt, März 2012 xiii Quelle: „World Fire Statistics“, Oktober 2010, Geneva International Association for the Study of Insurance Economics, S. 6 xiv Quelle: www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/SW/co2-gebaeudesanierungenergieeffizient-bauen-und-sanieren-die-fakten.html?nn=35748 xv Quelle: dena-Sanierungsstudie. Teil 1: Wirtschaftlichkeit energetischer Modernisierung im Mietwohnungsbestand. Begleitforschung zum dena-Projekt „Niedrigenergiehaus im Bestand“, Dezember 2010, S. 8 xvi Quelle: „Modernisierungsratgeber Energie“, dena, 2009, S. 27 xvii Zahlen: Fachverband WDVS, Quelle: www.baulinks.de/webplugin/2011/0397.php4 xviii Quelle: http://www.sto.de/120190_DE-UnternehmenBrandverhalten_von_WDVS.htm#18 „ Der Versuchsstand simuliert die Innenecke einer Außenwand mit zwei rechtwinklig zueinander angeordneten Wänden. Darauf wird die zu untersuchende Fassadenbekleidung im originalen Einbauzustand angebracht und mit einem Gasbrenner bei natürlichen Lüftungsbedingungen beflammt. Die Anordnung des Gasbrenners simuliert die Brandsituation, die an Gebäuden eintritt, wenn sich ein Wohnraum im Vollbrand befindet und ein Feueraustritt durch ein Fenster stattfindet. Die Beanspruchungsdauer durch das Prüffeuer beträgt 20 Minuten.“ xix Quelle: www.bmvbs.de/SharedDocs/DE/Artikel/SW/co2-gebaeudesanierungenergieeffizient-bauen-und-sanieren-die-fakten.html?nn=35748 Disclaimer: Die folgenden Angaben entsprechen dem aktuelle Stand (1. August 2012) der Recherchen und Untersuchungen durch die Sto AG. Sie werden zu einem geeigneten Zeitpunkt durch neue Erkenntnisse ergänzt und in einer erweiterten Version zugänglich gemacht.