Tumoren der hinteren Schädelgrube

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Leitthema
Radiologe 2016 · 56:967–975
DOI 10.1007/s00117-016-0177-8
Online publiziert: 18. Oktober 2016
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016
P. Papanagiotou · M. Politi
Klinik für Diagnostische und Interventionelle Neuroradiologie, Klinikum Bremen-Mitte/Bremen-Ost,
Bremen, Deutschland
Tumoren der hinteren
Schädelgrube
Hintergrund
Im Bereich der hinteren Schädelgrube
treten verschiedene Typen von Hirntumoren auf, wobei Hirnmetastasen die
häufigsten Malignitäten in dieser Lokalisation bei Erwachsenen entsprechen.
Andere Hirntumoren, wie Ependymome, Medulloblastome und pilozytische
Astrozytome, kommen meistens bei Kindern und nur selten bei Erwachsenen vor.
Weitere Tumoren der hinteren Schädelgrube sind Meningeome, Schwannome,
Hämangioblastome,
Hirnstammgliome und Epidermoide [1, 2]. Da die
verschiedenen Tumoren der hinteren
Schädelgrube unterschiedliche Behandlungsansätze sowie Prognosen haben, ist
eine genaue und spezifische Diagnose
obligatorisch.
In diesem Review werden die bildgebenden Aspekte mittels CT und MRT der
häufigsten Tumore der hinteren Schädelgrube diskutiert.
Pilozytische Astrozytome
Bei den pilozytischen Astrozytomen handelt es sich um umschriebene Tumoren,
die vorzugsweise im Kindesalter auftreten. Astrozytome Grad I kommen häufig
in Verbindung mit einer Neurofibromatose Typ 1 (NF1) vor [3, 4]. Etwa 60 % aller
Astrozytome im Kindesalter sind in der
hinteren Schädelgrube lokalisiert, 40 %
im Zerebellum und ungefähr 20 % im
Hirnstamm [8]. Meist treten diese Tumoren innerhalb der ersten 10 Lebensjahre
auf. Eine maligne Transformation eines
benignen zerebellären Astrozytoms ist
sehr ungewöhnlich. Da es sich um einen
umschriebenen Tumor handelt, wird eine
komplette Resektion eines pilozytischen
Astrozytoms allgemein als ein kurativer
Eingriff angesehen.
Das typische Erscheinungsbild der
zerebellären Astrozytome ist eine große,
vorwiegend zystische Raumforderung im
Kleinhirnwurm oder in der Kleinhirnhemisphäre. Der solide Anteil des Tumors
erscheint meist iso- bis hypodens zur
umgebenden weißen Hirnsubstanz. Pilozytische Astrozytome weisen in der Regel
eine kräftige homogene Kontrastmittel(KM)-Aufnahme der soliden Tumoranteile auf. Zeigt sich eine große Zyste
mit einem wandständigen Tumorknoten,
kommt es zu einer kräftigen homogenen
Aufnahme nach KM-Applikation. Die
Anreicherung der Zystenwand spricht
für ein pilozytisches Astrozytom und gegen ein Hämangioblastom (von-HippelLindau-Tumor), das bei älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der
Differenzialdiagnose
Schwierigkeiten
bereiten kann. In der MRT können solide und zystische Anteile klar abgegrenzt
werden. Normalerweise sind die soliden
Anteile in T1-gewichteten Sequenzen
hypointens, in den T2-gewichteten Sequenzen hyperintens zum umliegenden
Hirnparenchym. Die soliden Tumoranteile zeigen nach KM-Applikation eine
homogene Aufnahme (. Abb. 1). Die
seltenen anaplastischen pilozytischen
Astrozytome können sich klinisch wie
maligne Tumoren verhalten. Trotz der
niedrigen Malignität kann bei pilozytischen Astrozytomen entweder primär
oder sekundär im Verlauf eine leptomeningeale Aussaat beobachtet werden [4].
Medulloblastome
Medulloblastome gehören zur Gruppe
der primitiven neuroektodermalen Tu-
moren (PNET). Diese können supratentoriell (supratentorieller PNET), in der
Pinealis (Pineoblastom) und infratentoriell (Medulloblastom) lokalisiert sein.
Medulloblastome machen etwa 15–20 %
aller intrakraniellen Tumoren im Kindesalter und 30–40 % der Tumoren der
hinteren Schädelgrube aus. Jungen sind
2- bis 4-mal häufiger betroffen als Mädchen. Etwa 40 % der Medulloblastome
treten innerhalb der ersten 5 Lebensjahre auf, 75 % innerhalb der ersten 10 Jahre.
In der CT erscheint das typische Medulloblastom als eine relativ umschriebene hyperdense Raumforderung im Kleinhirnwurm. Diese primäre Hyperdensität kommt durch die hohe Zellzahl der
kleinzelligen Medulloblastome zustande.
Häufig ist der Tumor von einem hypodensen Randsaum, einem Ödem, umgeben. Verkalkungen und Zysten können
vorkommen. Der IV. Ventrikel wird meist
nach anterior abgedrängt und ist manchmal nicht mehr abgrenzbar. Aufgrund
der Raumforderung in der hinteren Schädelgrube zeigt sich häufig eine beginnende Liquorzirkulationsstörung mit Erweiterung der Temporalhörner und des
III. Ventrikels. Ein Hydrozephalus wird
bei ungefähr 95 % der Patienten zum
Zeitpunkt der Bildgebung gefunden.
Im MRT, auf T1-gewichteten Bildern,
stellt sich das Medulloblastom als hypointense Raumforderung dar. Nach KMGabe zeigt sich meist ein homogenes,
z. T. auch inhomogenes Enhancement. In
5–10 % der Fälle zeigen Medulloblastome kein Enhancement nach KM-Gabe.
Überwiegend nimmt der Tumor jedoch
schwach bis stark KM auf. Auf T2-gewichteten Sequenzen ist der Tumor hypo- bis isointens zur grauen Hirnsubstanz. Das Signalverhalten ist abhängig
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Leitthema
gesamte Neuroaxis vor und nach paramagnetischer Kontrastanhebung untersucht werden. Medulloblastome haben
oft schon zum Zeitpunkt der Diagnose
in den Liquorraum metastasiert [1, 3].
Hirnstammgliome
Hirnstammgliome entsprechen ca.
10–20 % der intrakraniellen Hirntumoren bei Kindern, 75 % dieser Entitäten
treten innerhalb der ersten 10 Lebensjahre auf. Hirnstammgliome entsprechen
keiner spezifischen histologischen Kategorie nach der WHO-Klassifikation der
Hirntumoren, werden jedoch durch ihre
Lokalisation klassifiziert. Es handelt sich
in 75–85 % der Fälle um diffuse Tumoren.
Die klassischen Symptome entsprechen
Pyramidenbahnzeichen, Defiziten der
kranialen Nerven und Ataxie [5].
In der MRT zeigt sich das Hirnstammgliom mit einer charakteristischen Signalveränderung und Auftreibung des
Pons. AufdenT1-gewichtetenSequenzen
zeigt sich der Tumor mit geringer Signalintensität, auf T2-gewichteten und Fluidattenuated-inversion-recovery(FLAIR)Sequenzen mit hyperintensem Signal.
In der Mehrheit der Fälle fehlt eine
Aufnahme nach KM-Gabe. Falls eine
KM-Aufnahme vorhanden ist, ist diese
gering und inhomogen. Ob die Präsenz
einer initialen KM-Aufnahme einen
prognostischen Wert hat, ist umstritten,
kann aber in den Verlaufskontrollen als
Kriterium einer Therapieresponse oder
eines Progresses eine Rolle spielen [6].
Ependymome
Abb. 1 8 Pilozytisches Astrozytom. 9-jähriger Junge mit einer Raumforderung der linken Kleinhirnhemisphäre mit zystischen und soliden Anteilen. Die Zyste zeigt sich typischerweise hypointens in
den T1- und FLAIR-Sequenzen (a, b) und hyperintens in der T2-Sequenz (c, d). Nach KM-Gabe kommt
im lateralen Anteil der Raumforderung ein inhomogener, KM-affiner Knoten zur Darstellung (weißer
Pfeil, e, f). FLAIR „fluid-attenuated inversion recovery“, KM Kontrastmittel
von der Zelldichte und dem freien Wasser innerhalb des Tumors. Eine hohe
Zellzahl und wenige Wasseranteile innerhalb des Tumors führen zu einer geringeren Hyperintensität in T2-gewichteten
Bildsequenzen (. Abb. 2). Meist ist das
Medulloblastom im T2-gewichteten Bild
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deutlich mehr hypointens als ein pilozytisches Astrozytom. Eine leptomeningeale Ausbreitung des Tumors über die
Liquorräume ist auf nichtkontrastangehobenen Bildern nur schwer nachzuweisen. Deshalb muss bei Verdacht auf ein
Medulloblastom bereits präoperativ die
Ependymome haben ihren Ursprung in
ependymalen und subependymalen Zellen der Ventrikelwand sowie im Zentralkanal des Myelons. Sie kommen häufiger
bei Jungen als bei Mädchen vor mit einem Häufigkeitsgipfel zwischen dem 1.
und 5. Lebensjahr. Ependymome sind
von ihrer Definition intraventrikulär lokalisiert, am häufigsten im Bereich des
IV. Ventrikels. Die meisten Ependymome
sind solide. Kalzifikationen sind in bis zu
50 % der Fälle histologisch nachweisbar,
Zysten in etwa 20 %.
Ependymome können sich entlang
des Subarachnoidalraums ausbreiten und
Zusammenfassung · Abstract
Blutgefäße und Nerven ummauern. Sie
können auch durch die Ventrikelwand
in das angrenzende Hirnparenchym vorwachsen. Dieses sogenannte plastische
Wachstum der Ependymome verläuft unregelmäßig, der Form des IV. Ventrikels
angepasst. Dadurch ist eine vollständige
Tumorentfernung oft sehr schwierig und
die Rezidivrate dementsprechend hoch.
Ependymome wachsen normalerweise
aus dem IV. Ventrikel durch die Foramina in die angrenzenden Zisternen
vor. Selten können Ependymome auch
supratentoriell auftreten.
Ependymome zeigen ein variables Erscheinungsbild inderCT und MRT. Meist
sind sie scharf begrenzt und kommen
auf den Nativaufnahmen im CT iso- bis
hyperdens zur Darstellung. Verkalkungen und zystische Anteile sind häufig zu
finden. In der MRT zeigt sich eine inhomogene Signalgebung in sämtlichen
Sequenzen. Diese Inhomogenität resultiert aus den intratumoralen Verkalkungen, Zysten und gelegentlich vorkommenden Einblutungen, die eine gemischte Signalintensität in allen Sequenzen ergeben (. Abb. 3). In den T1-gewichteten Sequenzen stellt sich die Läsion normalerweise leicht hypointens zum umliegenden Hirnparenchym dar. In den
T2-gewichteten Sequenzen erscheint die
Raumforderung meist isointens zur grauen Hirnsubstanz, die zystischen bzw. nekrotischenAreale stellensichstarkhyperintens dar. Manchmal können Flüssigkeitsspiegel innerhalb der zystischen Veränderungen nachgewiesen werden. Nach
KM-Gabe nehmen Ependymome kräftig und unregelmäßig Kontrastmittel auf.
Die KM-Aufnahme in den Zystenwänden führt zu einem traubenartigen Bild,
das für Ependymome besonders charakteristisch ist [7, 8].
Metastasen
Metastasen sind die häufigsten intrakraniellen Tumoren bei Erwachsenen. Im
Bereich der hinteren Schädelgrube treten Metastasen in ca. 20 % der Fälle auf,
15 % zerebellär und <5 % im Hirnstamm.
Im Gegensatz zu den hirneigenen Tumoren, die destruierend wachsen, werden die Morbidität und Mortalität durch
Verdrängung der benachbarten Hirnare-
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P. Papanagiotou · M. Politi
Tumoren der hinteren Schädelgrube
Zusammenfassung
Im Bereich der hinteren Schädelgrube treten
verschiedene Typen von Hirntumoren auf,
wobei Hirnmetastasen bei Erwachsenen die
häufigsten Malignitäten in dieser Region darstellen. Ependymome, Medulloblastome und
pilozytische Astrozytome kommen meistens
bei Kindern und nur selten bei Erwachsenen
vor. Weitere Tumoren der hinteren Schädelgrube sind Meningeome, Schwannome,
Hämangioblastome, Hirnstammgliome und
Epidermoide. Da die verschiedenen Tumoren
der hinteren Schädelgrube unterschiedliche
Behandlungsansätze sowie Prognosen
haben, ist eine genaue und spezifische
Diagnose obligatorisch. Dieser Review
diskutiert die bildgebenden CT- und MRTAspekte der häufigsten Tumoren der hinteren
Schädelgrube.
Schlüsselwörter
Hirnmetastasen · Behandlungsansätze ·
Prognosen · Computertomographie ·
Magnetresonanztomographie
Tumors of the posterior cranial fossa
Abstract
Various types of brain tumor can occur in the
region of the posterior fossa. Brain metastases
in adults are the most common malignancies
at this localization. Ependymomas, medulloblastomas and pilocytic astrocytomas occur
mostly in children and only rarely in adults.
Other tumors that occur in the posterior
fossa are meningiomas, schwannomas,
hemangioblastomas, brain stem gliomas
and epidermoid tumors. Due to the fact that
the various tumors of the posterior fossa
have different treatment approaches and
ale verursacht. Von allen Primärtumorarten scheint das Melanom am häufigsten in das Gehirn zu metastasieren. Lungenkarzinome und Melanome metastasieren meist multipel ins Gehirn, während Mamma-, Nieren- oder Kolorektalkarzinome häufig nur mit einer singulären Filia auffällig werden [9, 10].
Typischerweise ist die Metastase in
der radiologischen Bildgebung scharf abgegrenzt, Nach KM-Gabe kommt es zu
einer typischen homogenen Aufnahme.
Die fokalen Tumoren sind häufig von einem ausgedehnten Perifokalödem umgeben, welches durch KM-Gabe besser
abgrenzbar ist (. Abb. 4). Ein weiteres
Charakteristikum ist Multiplizität [11].
Metastasen können sich in der hinteren Schädelgrube auch extraaxial lokalisieren. Es kann sich um ossäre, durale und leptomeningeale Metastasen handeln (. Abb. 5).
prognoses, an accurate and specific diagnosis
is mandatory. This review discusses the
imaging aspects by computed tomography
(CT) and magnetic resonance imaging (MRI)
of the most frequent tumors of the posterior
fossa.
Keywords
Brain metastases · Treatment approaches ·
Prognosis · Computed tomography · Magnetic
resonance imaging
Meningeome
Meningeome gehen von den Meningen
aus und wachsen meist langsam und verdrängend, zumindest was das eigentliche Hirnparenchym angeht. Meningeome entwickeln sich durch neoplastische
Transformation meningealer Zellen und
zeigen meist eine breitbasige Verbindung
zur Dura mater. Makroskopisch sind Meningeome in der Regel gut begrenzte Tumoren von derber bis gummiartiger Konsistenz.
Meningeome treten häufiger bei Erwachsenen auf. Wenn ein Meningeom
bei einem Kind diagnostiziert wird, sollte
auch das Vorliegen einer Neurofibromatose Typ 2 in Betracht gezogen werden
[12].
In der hinteren Schädelgrube werden
Meningeome in 9–15 % der Fälle gefunden. In der nativen CT stellen sie sich
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Leitthema
bei Schwannomen und intraossären Hämangiomen [15].
Schwannome
Abb. 2 8 Medulloblastom bei einem 5-jährigen Mädchen. Die Raumforderung ist im IV. Ventrikel lokalisiert (weißer Pfeil), der nicht mehr abgrenzbar ist. Das Signalverhaltenin den T1-und T2-Sequenzen
ist hypointens in der T1-Sequenz (a) und hypointens zum Liquor in der T2-Sequenz (b). Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich eine inhomogene Aufnahme (c, d)
in etwa 30 % der Fälle isodens, in 70 %
hyperdens dar. In 25 % der Fälle treten
Kalzifikationen auf. Diese können homogen, manchmal auch punktförmig sein.
Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich in
über 90 % der Fälle eine kräftige und
homogene Aufnahme [13, 14].
In der MRT stellen sich Meningeome in der Regel in den T1-gewichteten
Sequenzen isointens bzw. minimal hyperintens zur grauen Substanz dar. Hat
der Tumor Kalzifikationen, stellen sich
diese Areale in der Regel hypointens dar.
In den T2-gewichteten Sequenzen zeigt
sich ein unterschiedliches Signalverhalten, meist ist der Tumor iso- bzw. hypointens im Vergleich zur grauen Substanz
(. Abb. 6). In der Spaltbildung zwischen
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Tumor und Hirnparenchym lassen sich
Gefäße oft als „flow voids“ nachweisen.
Im angrenzenden Hirnparenchym kann
aufgrund des peritumoralen Ödems in
den T2-gewichteten Sequenzen eine Signalanhebung auftreten. Nach KM-Gabe zeigt sich in über 90 % der Fälle eine
homogene, kräftige Aufnahme. Die angrenzende Dura an beiden Seiten vom
Tumor kann verdickt sein und eine lineare KM-Aufnahme zeigen, das sogenannte „dural tail sign“. Dies entspricht
einer direkten Tumorinvasion oder reaktiven meningealen Veränderungen. Das
„dural tail sign“ ist in ca. 60 % der Meningeome nachweisbar. Es ist allerdings für
Meningeome nicht spezifisch, da es auch
bei anderen Tumoren auftreten kann, u. a.
Schwannome sind benigne Tumoren, die
von den Schwann-Zellen ausgehen. Sie
bilden sich in den Myelinscheiden um die
Axone der Nervenfasern. Schwannome
machenungefähr8 % derprimärenHirntumoren aus. Sie kommen häufiger bei
Erwachsenen vor. Bei Kindern machen
sie etwa 2 % der Tumoren in der hinteren
Schädelgrube aus. Wenn ein Schwannom
bei einem Kind diagnostiziert wird, sollte
auch hier das Vorliegen einer Neurofibromatose Typ 2 in Betracht gezogen werden
(. Abb. 7).
Schwannome befallen in 95 % der
Fälle den vestibulären Anteil des VIII.
Hirnnervs. Nichtvestibuläre Schwannome entsprechen 5 % aller Schwannome,
am häufigsten sind die Hirnnerven V,
IX, und X betroffen. Schwannome des
N. vestibulocochlearis kommen häufig
im Meatus acusticus internus oder im
Kleinhirnbrückenwinkel vor. Wächst
ein vestibuläres Schwannom im Kleinhirnbrückenwinkel, kann es erst dann zu
Symptomen kommen, wenn umliegende
neurale Strukturen durch den Druck in
Mitleidenschaft gezogen werden. Häufig
treten dann Zeichen einer Hirnstammkompression oder ein Hydrozephalus
durch Kompression des Aquädukts des
IV. Ventrikels auf [3].Die intrameatalen
vestibulären Schwannomen werden bildgebend durch das fehlende Liqoursignal
am Meatus acusticus internus in den T2Sequenzen auffällig. In der CT kommt
es zu einer Erweiterung des inneren
Gehörgangs innerhalb des Felsenbeins.
Nach KM-Gabe zeigt sich eine homogene Aufnahme des Tumors. Bei großen
vestibulären Schwannomen wachsen die
Läsionen im Kleinhirnbrückenwinkel,
sodass es zu einem charakteristischen
Bild einer „Eiskugel auf der Waffel“
kommt (. Abb. 8). Oft zeigen größere Läsionen intratumorale Zysten und
Nekrosen. Wichtige Entscheidungskriterien zwischen vestibulärem Schwannom
und Meningeom sind das bei Meningeomen auftretende Dural-tail-Zeichen
sowie eine breitbasige Anhaftung an der
Dura mater. Der Meatus acusticus in-
ternus ist beim Meningeom häufig nicht
mitbetroffen, d. h. der Tumor wächst
oft nicht in diesen vor. Intratumorale
Verkalkungen sind bei Schwannomen
selten und sprechen für ein Meningeom
[3, 16, 17].
Vestibuläre oder kochleäre Schwannome können im Vestibulum lokalisiert
sein. Es handelt sich oft um kleine Läsionen, die leicht übersehen werden
können. In den T2-Sequenzen fehlt das
normale Liquorsignal im betroffenen
Segment. Hierfür sind hochauflösende
3-D-Sequenzen hilfreich, wie „constructive interference in steady state“ (CISS)
oder „true fast imaging with steady precession“ (TRUFI). Nach i.v.-KM-Gabe
zeigt die Läsion in der T1-Sequenz eine
Aufnahme. In der nativen T1-Sequenz
ist der Tumor hypointens und kann
somit von intralabyrinthalen Hämorrhagien, die sich hyperintens darstellen,
unterschieden werden.
Schwannome des Foramen jugulare
betreffen dem N. glossopharyngeus. Der
Tumor verursacht eine Erweiterung des
Foramen jugulare mit sklerotischen Rändern ohne Knochenarrosion oder Osteolysen. Die Raumforderung dehnt sich von
der hinteren Schädelgrube durch das Foramen jugulare bis unterhalb der Schädelbasis zum parapharyngealen Raum.
Schwannome des N. facialis können
im Kleinhirnbrückenwinkel, Mittelohr,
Ganglion geniculi sowie auch im Fazialiskanal auftreten. Außerdem können sie
den Fazialiskanal erweitern und häufig
zur Knochenarrosionen am Felsenbein
führen [9–13].
Epidermoide
Abb. 3 8 Ependymomeinblutungen, 5-jähriges Mädchen mit einer Raumforderung am linken Kleinhirnbrückenwinkel (weiße Pfeile).Durchdie Einblutungkommt es zurKompressionvonPons undKleinhirn;derIV.Ventrikel ist kaum abgrenzbar(schwarze Pfeile).InderT1-gewichtetenSequenzenstellt sich
das Ependymom hypointens zum umliegenden Hirnparenchym dar (a); in den T2-gewichteten Sequenzen erscheint die Raumforderung inhomogen mit hypo- und hyperintensen Anteilen (b). In der
T2*-Sequenz stellen sich die Blutabbauprodukte hypointens dar (c), nach Kontrastmittelgabe nimmt
die Läsion unregelmäßig Kontrastmittel auf (d, e)
Epidermoide bestehen aus einem Hornschuppenkonglomerat, welches von einer epidermalen Kapsel umgeben ist.
Sie machen 0,2–1 % der intrakraniellen
Tumoren aus. Aufgrund des langsamen Wachstums werden sie hauptsächlich im Erwachsenenalter gefunden. In
40 % der Fälle treten die intrakraniellen
Epidermoide im Kleinhirnbrückenwinkelbereich auf. Sie machen 5 % aller
Kleinhirnbrückenwinkeltumoren aus.
In der CT stellen sich Epidermoide als
hypodense, lobulierte Raumforderungen
in typischer Lokalisation dar. Die DichDer Radiologe 11 · 2016
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Leitthema
tewerte sind ähnlich wie die einer Zyste.
Da die Dichtewerte ähnlich wie Liquor
sind, erweist sich eine Identifizierung dieser extraaxialen Ramforderungen oft als
sehr schwierig. Einzig die Verdrängung
der umliegenden Hirnstrukturen kann
bei Nativ-CT-Aufnahmen Hinweis auf
eine extraaxiale Raumforderung sein.
Heute stehen jedoch moderne MRTechniken und -Sequenzen zur Verfügung, um die Diagnose eines Epidermoids zu sichern. An erster Stelle sind
hier die sogenannten FLAIR- und diffusionsgewichteten Sequenzen zu nennen. Bei den FLAIR-Sequenzen kommt
es zu keiner kompletten Liquorunterdrückung, die Epidermoide stellen sich
hyperintens dar. Ähnlich ist es bei den
diffusionsgewichteten Sequenzen, auch
hier stellt sich der Liquor normalerweise
aufgrund seiner hohen Diffusion hypointens dar. In den konventionellen T1und T2-gewichteten Sequenzen zeigt sich
ein Signal, das wiederum ähnlich wie das
von Liquor erscheint (. Abb. 8; [18]).
Hämangioblastome
Abb. 4 8 Metastase. Rundliche Raumforderung der rechten Kleinhirnhemisphäre (schwarzer Pfeil)
mit ausgedehntem perifokalem Ödem (weißePfeile, a, b). Nach Kontrastmittelgabe kräftige unregelmäßige ringförmige Aufnahme mit zentraler Aussparung (Nekrose, c, d)
Abb. 5 9 Patient
mit einem Rezidiv
eines Adenokarzinoms der Lunge und
seit kurzem starken
Schmerzen in der
rechten Gesichtshälfte. Die MRT-Untersuchung zeigt
eine kleine Metastase im inneren Gehörgang, angrenzend am N. fazialis (a, b, Pfeile)
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Hämangioblastome sind relativ seltene,
benigne Tumoren vaskulären Ursprungs
mit einer Häufigkeit von 1–2,5 % aller intrakraniellen Neoplasien. Etwa 10 % der
Hämangioblastome kommen gemeinsam mit retinalen Angiomen vor, eine Erkrankung, die nach von-Hippel-Lindau
benannt ist. Hämangioblastome kommen meist in der Kleinhirnhemisphäre
vor. Es handelt sich um gut umschriebene, weiche, zystische Tumoren mit einem
wandständigen Tumorknoten [19].
In der CT erscheinen Hämangioblastome normalerweise als zystische oder
solide Raumforderungen in der hinteren Schädelgrube. In der MRT zeigt sich
in der T1-Sequenz meist eine zystische
Raumforderung mit einem wandständigen, leicht hyperintensen Knoten. Nach
Kontrastmittelgabe zeigt sich eine kräftige und homogene Aufnahme des Knotens, die Zystenwand nimmt kein KM auf
(. Abb. 9). Hämangioblastome können
angiographisch bestätigt werden, da der
solide Tumorknoten typische durchblutete Gefäßstrukturen besitzt und einen
kräftigen Tumorblush aufweist.
Abb. 6 8 Meningeom des Kleihirnbrückenwinkels. Der Tumor ist isointens in der T1- (Pfeil in a), hypointens (Pfeile in b) in der
T2-Sequenz (b, c). Es zeigt sich auch ein Wachstum im inneren Gehörgang, wobei die distale Hälfte ausgespart bleibt und der
N. vestibularis zu erkennen ist (Pfeil in c). Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich eine homogene Aufnahme (d, e), es zeigt sich
auch ein Wachstum im inneren Gehörgang, ohne dass dieser erweitert ist (Pfeil in d). Zusätzlich wächst der Tumor im Canalis
hypoglossi (Pfeil in e). Der breite Kontakt an der Dura mater sowie auch die vorbeschriebenen Eigenschaften sind wegweisende Befunde, die für ein Meningeom und nicht für ein vestibuläres Schwannom sprechen
Abb. 7 9 Patient mit Neurofibromatose Typ 2. Typisches Bild bilateraler vestibulärer Schwannome (weiße Pfeile in a und b) und eines Meningeoms (schwarzer Pfeil in b)
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Abb. 8 8 Vestibuläres Schwannom. Die Raumforderung ist hypointens in der T1-Sequenz (a) und hyperintens in der
T2-Sequenz (b). Nach Kontrastmittelgabe zeigt sich eine kräftige Aufnahme mit Aussparungen, die Nekrosen entsprechen (c).
Das Schwannom zeigt eine typische Konfiguration einer „Eiskugel auf der Waffel“ mit Erweiterung des inneren Gehörgangs
und einer rundlichen Läsion im Kleinhirnbrückenwinkel
Abb. 9 8 Hämangioblastom, 43-jähriger Patient mit einer Raumforderung in der Kleinhirnhemisphäre mit zystischen und
soliden Anteilen. Die Zyste zeigt sich typischerweise hypointens in der T1-Sequenz (a, schwarzerPfeil) und hyperintens in der
T2-Sequenz (b, c, weiße Pfeile). Nach Kontrastmittel(KM)-Gabe kommt im dorsalen Anteil der Raumforderung ein inhomogen
KM-affiner Knoten zur Darstellung (d, e, weiße Pfeile). In der sagittalen T1-Sequenz nach KM-Gabe sind noch weitere Hämangioblastomherde nachweisbar (weiße Pfeile in e)
Dysplastische zerebelläre
Gangliozytome
Dysplastische zerebelläre Gangliozytome
sind seltene Neoplasien, die in den meisten Fällen im jungen Erwachsenenalter
auftreten (mittleres Erscheinungsalter
34 Jahre). Es sind nur wenige Fälle
bei Kindern beschrieben worden. Das
Auftreten einer solchen Läsion im Zere-
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Der Radiologe 11 · 2016
bellum hat auch das Eponym LhermitteDuclos-Erkrankung.
In der MRT-Untersuchung zeigt sich
typischerweise eine zerebelläre Raumforderung, die meistens eine Hemisphäre
betrifft, mit einem charakteristischem lamellenartigen Erscheinungsbild. In den
T2-Sequenzen zeigt sich dieses lamellenartige Bild mit gemischter normaler und
hoher Signalintensität im Vergleich zur
grauen Substanz. Dieses Signal korreliert
mit dem Verlust der Mielinisierung der
Neuronen, der in histologischen Analysen zu sehen ist. In den T1-Sequenzen
zeigensichdie Bandenmiteinem iso-und
hypointensen Signalverhalten. Eine geringe Kontrastmittelaufnahme kann erkennbar sein (. Abb. 10; [20]). Durch die
lokale raumfordernde Wirkung kann es
zu einer Kompression des IV. Ventrikels
Literatur
Abb. 10 8 Dysplastisches zerebelläres Gangliozytom (histologisch nachgewiesen). Der Tumor (weiße
Pfeile)zeigt eineraumfordernde Wirkungmit Kompressiondes IV.Ventrikels (schwarzer Pfeilina).Inden
T1- und T2-Sequenzen zeigt sich ein lamellenartiges hypo- und isointenses Bild (a, b), was für diesen
Tumor charakteristisch ist. Am Rand des Tumors ist ein geringes Ödem zu erkennen (c). Eine sehr flaue
Kontrastmittelanreicherung ist ebenfalls nachweisbar (weißerPfeil in d)
kommen und sekundär zur Bildung eines
Hydrozephalus.
Fazit für die Praxis
4 Die MRT ist die Methode der Wahl
zur Darstellung der Tumoren der
hinteren Schädelgrube.
4 Während Ependymome, Medulloblastome und pilozytische Astrozytome überwiegend bei Kindern
auftreten, kommen extraaxiale
Tumoren wie Meningeome, Schwannome und Epidermoide auch im
Erwachsenenalter vor.
4 Bei Meningeomen und Schwannomen im Kindesalter sollte das
Vorliegen einer Neurofibromatose
Typ 2 in Betracht gezogen werden.
Korrespondenzadresse
P. Papanagiotou
Klinik für Diagnostische
und Interventionelle
Neuroradiologie, Klinikum
Bremen-Mitte/Bremen-Ost
Bremen, Deutschland
[email protected]
Einhaltung ethischer Richtlinien
Interessenkonflikt. P. Papanagiotou und M. Politi
geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Dieser Beitrag beinhaltet keine von den Autoren
durchgeführten Studien an Menschen oder Tieren.
1. Papanagiotou P (2012) Intra-axial brain tumors.
Radiologe 52(6):567–581
2. Papanagiotou P, KetterR, ReithW(2012)Extra-axial
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Der Radiologe 11 · 2016
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