PRAXIS | NACHHALTIGES BAUEN | Die Chimäre als HAUS-Tier „Nachhaltigkeit“ zähmen und Nutzen stiftend im Gebäudesektor umsetzen. Diesmal: Planung Serie: Nachhaltige Gewerbeimmobilien Von Hauke Schlüter und Michael Wiebelt Das Nutzerbedarfs-Programm ist erstellt – jetzt wird es in die richtige Architektur übergeführt. „Tools“ dafür sind eine qualitätsvolle Auslobungsbroschüre und Wettbewerb. Wettbewerbe für die Suche nach den besten Ideen und Konzepten haben in Europa Tradition. Nur ein Briefing von hohem Niveau versetzt Architekten in die Lage, eine Lösung abzugeben, die Unternehmensziele, Gestaltqualität und Nachhaltigkeit realisiert. In den Wertschöpfungsstätten der Dienstleistungsgesellschaft werden wesentliche Qualitätsvorstellungen oft nicht durch Bauherren, sondern durch Architekten fixiert. Grund: Versäumnis ersterer, Anforderungen und Bedürfnisse der Organisation wirklich im Detail zu kennen und festzuschreiben. So entstehen Gebäude, die zwar von architektonischer oder technischer Qualität sind, deren Nutzungsqualität und Basis für produktive Arbeit – und damit nachhaltige Nutzenstiftung – im Lebenszyklus aber fraglich ist. Wer nicht weiß, was er braucht, kann von seinem Architekten auch keine Wunder erwarten. Erfolgreiche Wettbewerbe mit Beiträgen, die Nachhaltigkeit sicherstellen, benötigen deshalb „Bestellqualität“: Anforderungen müssen formal verständlich und inhaltlich exakt beschrieben sein. Dies wird erreicht durch eine Anforderungsdefinition in vier Dimensionen (siehe forum 03/2011) und die davon abgeleitete konkrete Anforderungsdefinition in 9 Feldern für eine integrale Planungsleistung. Abbildung 1 – Nachhaltigkeit von Objekten und Services: Eine genaue Definition der Ziele in diesen Feldern sichert die Vollständigkeit der Anforderungen. Überlegene Architektenbeiträge liefern durchdachte Lösungen in allen Feldern (M.O.O.CON-System). 72 forum Nachhaltig Wirtschaften | NACHHALTIGES BAUEN | Anforderungen strukturiert festschreiben Die Unternehmensziele in den Bereichen Kultur | Organisation | Soziales | Wirtschaftlichkeit müssen festgelegt werden, um klare, messbare Qualitätsvorgaben für Objekt und Services zu erarbeiten. Beispiele: Wettbewerbsfähigkeit durch Flexibilität ist Organisationsziel? Dann müssen die technischen Qualitäten modulare Strukturen und Ausstattungen aufweisen. Die Flexibilität, einen Umbau oder Rückbau schnell vornehmen zu können, ermöglicht es, Flächen rasch anzupassen. Zur Kultur gehört der verantwortungsvolle Umgang mit Ressourcen? Dann sollte die Ausschreibung anspruchsvolle Ziele für den Primärenergieverbrauch und die verstärkte Nutzung erneuerbarer Energien einfordern. Anhand der Ziele erfolgt (Bedarfsplanung) die Konkretisierung für Flächen und Services. Dazu gehören Vorgaben zu Betriebsanforderungen (SLA-Service Level Agreements); Finanzierungsvarianten und Ziel-Kostenrahmen (Anschaffungskosten + Folgekosten = Lebenszyklus-Budget) werden festgelegt. Basis für Integrale Planung Ein „erfolgreiches“ Gebäude besteht nicht nur aus einem Gestaltungskonzept. „Wow!“-Architektur ist aufregend, aber Blendwerk und nicht nachhaltig, wenn das Unternehmen sich an das Gebäude anpassen muss. Besser, das Gebäude passt sich dem Unternehmen an! Nur ein ganzheitlich durchdachtes Konzept sichert Nachhaltigkeit, Zukunft und damit Werte. Das wertschöpfende Zusammenspiel aller Qualitätsaspekte wird nur durch einen integralen Planungsprozess erreicht. Erfolgsfaktor ist dabei die Detaillierung: Berechnungen der Lebenszykluskosten mit 20 Prozent Genauigkeit sind möglich und erleichtern die transparente Bewertung der Beiträge www.forum-csr.net PRAXIS M.O.O.CON MOODS Tool und strukturierter Prozess zur Markenumsetzung in Architektur: Wie kann sichergestellt werden, dass der Architekt die Unternehmensidentität richtig versteht? Wie lassen sich Markenbotschaft oder Markenkern verständlich darstellen? Mehr Informationen unter www.forum-csr.net sowie die Erstellung der Vorprüfungsberichte. Verständnisqualität und Kreativität Zur Bestellqualität gehört ebenso die Verantwortung des Bauherrn, Ziele in einer verständlichen Form und Sprache zu vermitteln, damit sie in Gestaltungsleistung „übersetzt“ werden können. Das Schlimmste für einen Künstler ist, gesagt zu bekommen: „Mach‘ irgendetwas!“ (Peter Gabriel) Der Wettbewerb stellt Weichen. Die Bewertung muss alle Qualitätskriterien des Gebäudesystems umfassen. Weitere Erfolgsfaktoren für eine Ausschreibung sind die Verfahrenswahl (geladen oder offen) und passende Preisrichter mit Verständnis für die Aufgabe (z.B. künstlerischer Schwerpunkt oder Energieeffizienz). Die Erfahrung zeigt: Zu genaue LÖSUNGS-Beschreibungen grenzen Kreativität ein! Gute Gestaltung, die ungewöhnlich, neu und „richtig“ ist, erreicht Bestleistungen, indem man präzise und verständlich in der Definition seiner ANFORDERUNGEN ist. Der forum-Baukasten Hauke Schlüter Unternehmenskommunikation M.O.O.CON [email protected] Michael Wiebelt Senior Berater M.O.O.CON [email protected] Bauen auch Sie aktiv an unserer Artikelreihe mit! Stellen Sie uns Ihre Fragen, berichten Sie uns von Ihren Erfahrungen und machen Sie uns auf außergewöhnlich nachhaltige Projekte aufmerksam. Wir sind gespannt! Ihre forum-Redaktion [email protected] 73