________________________ Hessischer Rundfunk hr-iNFO Redaktion: Dr. Karl-Heinz Wellmann Wissenswert Der Ätna – kapriziös wie ein Mensch? Ansichten vom größten Feuerberg Europas. von Gaby Beck Sprecherin: Gaby Beck Erstsendung: So., 15.02.2015, 07.35 Uhr, hr-iNFO Wiederholungen: So., 15.35 Uhr und Mo., 16.02.2015, 21.35 Uhr gekürzte Fassung: Sa., 14.02.2015, 20.15 Uhr, hr-iNFO Copyright Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. Der Empfänger darf es nur zu privaten Zwecken benutzen. Jede andere Verwendung (z.B. Mitteilung, Vortrag oder Aufführung in der Öffentlichkeit, Vervielfältigung, Bearbeitung, Verteilung oder Zurverfügungstellung in elektronischen Medien, Übersetzung) ist nur mit Zustimmung des Autors/der Autoren zulässig. Die Verwendung zu Rundfunkzwecken bedarf der Genehmigung des Hessischen Rundfunks. Anmoderation: Der Ätna ist der aktivste Vulkan in Europa, und er ist daher auf Sizilien auch ein wichtiges Ziel für die Touristen. Und der Ätna ist jenseits des Tourismus auch ein landwirtschaftlich genutzter Berg. Gaby Beck hat den Ätna und auch seine wissenschaftlichen Bewacher vor einigen Wochen besucht, und sie hat sich einen Eindruck davon verschafft, wie man sich fühlt, am Rande eines aktiven Feuerbergs zu leben. TEIL 1 Atmo Fußstapfen Etna Trekking. eine Agentur, die Wandertouren hoch auf den Ätna veranstaltet. eine von vielen. Etna Nord: wir sind in der sizilianischen Stadt Linguaglossa gestartet, mit dem Jeep. Durch Pinienwälder führt die kurvige Straße hoch in Richtung Gipfel: Straßen die über ehemalige Lavaflüsse führen. Hier und da ein Schild am Straßenrand: Vorsicht: Vulkanasche. Über diese breiten zerklüfteten Landschaften, die so aussehen, als wäre der Lavastrom erst vor kurzem hier erkaltet. O-ton…(Nordseite)Das ist so die Seite vom Berg , die im Dornröschenschlaf vor sich hin schlummert, touristisch noch nicht so überrannt, das hat für uns den Vorteil, dass wir dann kleinere Gruppen machen, die sich ein bisschen familiär fühlen und nicht so den Eindruck haben von Massentourismus in dem Sinne. Lara Mansfield ist geborene Münchnerin und lebt hier mit ihrer Familie und ihrem sizilianischen Mann seit 30 Jahren. Die Touristen stapfen in etwa 2000 Metern Höhe über die schwarzen Bimssteinbrösel unter unseren Füßen. Beim letzten größeren Ausbruch 2012 hier in die Luft geschleudert und herunter geregnet. Poröse schwarze Steine, die die Landschaft hier überziehen, so weit das Auge reicht. Eine Mondlandschaft. eine schwarze Hügellandschaft. Hier und da ist das Schwarz mit Rot vermischt, das ist erkaltete Lava. Dort wo die Lavaströme schon vor Jahrhunderten über die Landschaft gekrochen sind, dort haben sich schon wieder Pflanzen angesiedelt. So wie auf diesem Lavastrom vor uns. Ein Ausbruch aus dem Jahre 1865. O-ton…(Asche Grundstock für die Samen..Pinienbäume) Die Asche, die sich dann auf diesen frischen Lavaströmen ablegt, das ist wieder der Grundstock für die Samen, die angetragen werden mit dem Wind und den Vögeln, das sieht man dann hier in den Kahlsenken, zwischen den Lavaströmen, wo sich viel Asche gesammelt hat, da wachsen dann auch hier schon relativ große Pinienbäume. Es gibt etwa 10 spezifische Pflanzenarten hier oben, die man nur hier findet. Die Biologen nennen sie endemische Pflanzen. Dazu gehört eine Birke, die sich schon direkt über dem Grund in mehrere Stämme verzweigt. Aber auch eine Kakteenart, die sofort auffällt auf auf dem schwarzen Grund. Denn die blass grünen Blättchen breiten sich kreisrund aus: auf den ersten Blick sieht sie ein bisschen aus wie eine gewöhnliche Kräuterpflanze, nur auf den zweiten Blick stellt man fest, dass sie heftige Stacheln hat: O-ton: Der Astragalus etnensis: Etna tragant::Die Sizilianer sagen auch die Spini Santi dazu, also die Dornen der Heiligen. also du brauchst wirklich alle Schutzheiligen Siziliens um da wieder rauszukommen. Wer den Ätna hochfährt, der kommt durch drei Vegetationsgürtel. Subtropisch ganz unten an der Küste, bis zu 1000 Metern Höhe ist die landwirtschaftlich genutzte Zone. Ganz unten wachsen Zitronen, Orangen, Aprikosen und Pfirsiche. In den etwas höher gelegenen Orten prägen die Olivenhaine, Weinberge und HaselnussPlantagen die Landschaft. Und ganz oben dann der Waldgürtel. Pinienwälder, aber auch Laubbäume, Eichen und Birken lassen die Landschaft fast mitteleuropäisch erscheinen. Ganz oben dann die vulkanische Wüste. O-ton… (Kraterkegel; schwarz) ja wir stehen jetzt direkt in dem Kraterkegel von dem Monte Sartorius, da sieht man noch diese Krater Grate um uns herum, da sind wir jetzt außen rum gelaufen, und sind jetzt innenrein, wo man noch den Ausgang sieht, diesen Hornito sieht, das ist ein spanisches Wort und heißt Ofen, das lagert sich ab, und dann sieht man noch die Schlote, die sich bilden, und man steht direkt in dem Krater drinne, in dem Schweißschlackenkegel. Der Naturpark Ätna ist eine Hauptattraktion für viele Touristen auf Sizilien, die neben den kulturellen Schätzen abseits von Palermo und Taormina auch noch das Naturdenkmal entdecken wollen. Seit einem Jahr ist der Ätna auf der Liste der Weltnaturerbe der Unesco. O-ton (Gipfel Bergführer) Da kann man dann auch weiterfahren, entweder mit Unimocs oder der Seilbahn, und wem das noch nicht reicht gibt es noch die Möglichkeit mit einem Bergführer bis zu den allerhöchsten Gipfelkratern hochzusteigen. Das sind noch mal gut ne Stunde Aufstieg, da braucht man halt auch entsprechend Ausrüstung dazu, um auch wirklich die aktiven Gipfelkegel von unserem Vulkan zu besichtigen mit einem Bergführer. Manche dieser erkalteten Krater nutzen die Schäfer im Sommer, wenn sie mit der Herde hier oben in der kühlen Luft weiden. Die frischgeborenen Lämmer werden hier abgelegt, um sie zu schützen: O-ton…dann legen die hier ihre Lämmer ab, die liegen dann hier ganz malerisch in der schwarzen Landschaft, bis sie abends wieder abgeholt werden, wie eine Art Kindergarten liegen sie dann hier drin. Majestätisch ragt der Gipfel über uns. Zur Zeit ständig mit einer Rauchfahne: vom Norden her die Form eines Sattels, zwischen zwei Kraterkegeln. Vier Aktive Gipfelkrater ganz oben in 3300 Metern Höhe, aber auch einige darunter. Der Ätna ist der aktivste Vulkan Europas. Ein brodelnder Kessel unter der Erde. Jederzeit kann er ausbrechen. O-ton…Der Südostkegel, das ist eigentlich der, der war ja auch im ganzen Juli und August aktiv mit sogenannter strombolianischer Aktivität; d. h. Material wird hoch in die Luft ausgeschleudert und sammelt sich um den Ausgang an und bildet dort diese Schweißschlackenkegel, die je nach Länge der Eruption immer höher und höher werden. Und bei dem Ausbruch im Juli/August hat sich der Südostkegel fast um sein Doppeltes an Volumen vergrößert. Innerhalb von sehr kurzer Zeit ist das immer wieder interessant, wie schnell sich die Landschaft hier verändern kann. Die Sizilianer haben sich irgendwie daran gewöhnt. Irgendwie, sie leben seit Generationen mit der Bedrohung. O-ton Wir sind hier an den Hängen des Ätna geboren und wir sind an die Erbeben gewöhnt, an die Ausbrüche, an das Schauspiel der Lava, alles im Guten wie im Schlechten, wir sind daran gewöhnt weil wir alles als ein Teil von uns empfinden, wenn wir weggehen, dann vermissen wir ihn. So wie dieser Landwirt empfinden das viele Menschen, die hier geboren sind, nicht von ungefähr heißt der Berg beim Sizilianer „Mongibello“. O-ton.. Dschebel arabisch der Berg und Montagna eben auf lateinisch, und so spricht er denn in einem Pluralis Majestatis von seinem Berg und er hat die Mentalität der Menschen hier geprägt. Ein ewiger Rhythmus der Natur. Vielleicht ein Grund dafür, dass der Ätna im Italienischen weiblich ist: ein weiblicher Berg also, eine Frau. O-ton…es ist ein weiblicher Berg. von weitem lieblich und für die Geologen eine ständige Ausnahme, sie lässt sich nicht in Regeln stecken, einfach eine Frau, das ist die beste Erklärung für ihre kapriziöse Art und Weise… … sagt Lara Mansfield. Der letzte große Ausbruch war 2002. Lara war gerade zuhause. Ihre Kinder noch sehr klein. Sie erinnert sich noch ganz genau an den Tag. Es war der 26. Oktober. O-ton: Schon während dem Abendessen, ich hab in meinem Weinglas schon diese zentrischen Kreise gesehen. Mein Mann der ja auch Bergführer ist, ist vom Abendessen direkt aufgebrochen, Messer und Gabel hinter sich geworfen und weg war er. Für die nächsten sechs Tage wurde er nicht mehr gesehen. Er musste als Bergführer helfen, wo es ging. Anweisungen kamen über das Radio, ab und zu mal ein Anruf auf dem Handy. Lara packt in der Panik ihr Auto. Zuerst sammelt sie warme Klamotten; Daunendecken. Dann packt sie alles wieder aus und nimmt nur Erinnerungsstücke mit: Fotoalben, Schmuckstücke. Es ist ein Schockzustand, wie sie heute erzählt. O-ton…diese Nacht war sehr bewegt. Denn diese Vorbeben, das war wie eine Frau, die in den Wehen lag. Wir leben in einem Holzhaus – das heißt es bleibt alles dort wo es hingehört. Die Familie flüchtet in den Garten; keiner tut ein Auge zu in dieser Nacht, wie Tausende mit ihnen, die in den Dörfern rund um den Ätna das Naturereignis mit Bangen beobachten. O-ton…da haben wir dann mal wieder gesehen, dass der Berg eine wirkliche Diva ist, wie eine Schauspielerin hat sie gewartet, dass die Spotlights auf sie leuchten. Als die Sonne aufging stand sie da voll erleuchtet, wie Sophia Loren auf der Bühne. Der Lavastrom bedroht alle. Plötzlich wird den Menschen in Linguaglossa klar, dass hier eine sehr reale Gefahr auf den Ort zuläuft. Der letzte große Ausbruch war 1923 gewesen. Daran erinnert sich hier niemand mehr. Nur die mächtige zerklüftete Landschaft aus erkalteter Lava, nur die zeugt von dem Ausbruch damals. Aber dass es sie treffen könnte, das haben Lara und ihre Familie und die anderen Bewohner des Ortes eigentlich nicht wirklich geglaubt. Nun ist es aber anders. O-ton: und wenig später öffnete sich ein zweiter Schlund, bis wir bis 12 Uhr mittags 22 neue Kegel hatten wie Knöpfe auf dem Hemd, und jeder Kegel brachte einen Lavastrom hervor, und der letzte Lavastrom der in den Touristenressort Piana Provenzana ging hat das Hotel mitgerissen, den Skilift, und dann nahm sich dieser Lavastrom den einfachsten Weg, nämlich den auf der Straße, und dann floss dieser Strom auf der Straße Richtung Linguaglossa, also in meine Ortschaft. Aber die Rettung in letzter Minute kam von oben. So ist zumindest die Lesart der Sizilianer in Linguaglossa. Der Schutzheilige des Ortes heißt: Sant Egidio: der heilige Ullrich. O-ton… da pilgerten dann die Frauen mit ihrer Aussteuer, Gold Silber alles was sie hatten, haben sie versucht den Heiligen zu bestechen, und so haben wir dann unsere Opfergaben hingetragen. Manche werden uns belächeln, aber es ist halt einfach so, wenn ganz viele Menschen sich das gleiche wünschen, sind das ja auch Energieströme, und man hofft, dass es funktioniert, egal jetzt welcher Religion man angehört. Dann nach sechs Tagen ein Wunder: in 850 Metern Höhe hält der Lavastrom an. 300 Meter oberhalb des Ortes. Und auch in anderen Orten hört sich das ganz ähnlich an. Es war ein Jahrhundert Ausbruch. Das stellte man erst im Nachhinein fest: Es war ein bilateraler Ausbruch: Das heißt er stoppte auf der Nordseite und öffnete sich auf der Südseite. Auf 2900 Metern öffneten sich dort die Kegel und der Lavastrom zerstörte auch dort alles, was aufgebaut worden war. den Skilift zum vierten Mal in der Geschichte, Schutzhütten. Auf der Südseite floss der Strom drei Monate lang. Dann stoppte er auch hier. „Natürlich“ auch nur mit Hilfe des Schutzheiligen: San Antonio heißt er in Nicolosi. Aber, die Ätna Dame lässt den Bewohnern Zeit. Sie werden nie überrumpelt, ein Ausbruch ist absehbar und auch mit neusten seismografischen Geräten werden der Ätna und die vorgelagerten Vulkaninseln rund um die Uhr beobachtet. Atmo Salla Atmo Vulkanausbruch TEIL II Straßenatmo Das nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie untersucht ganz genau jede Regung des Berges. Es hat seinen Sitz in Catania, der Stadt am Fuße des Ätna. Salvatore Giammanco arbeitet hier als Vulkanologe. Sein Berufstraum seitdem er Kind ist. Er stammt aus Palermo. 300 Kilometer entfernt von Catania. Wir müssen dem italienischen Zivilschutz die wissenschaftlichen Informationen geben. Der kann dann alle Maßnahmen ergreifen, um die Bevölkerung zu schützen, im Falle eines Notstandes durch den Vulkan. Auch den großen Ausbruch des Ätna zwischen 2001 und 2003 hat das Institut genau verfolgt. Im Nachhinein wird er als zweitgrößter Ausbruch in den letzten 2000 Jahren bewertet. …wirklich mit riesigen Lava-Volumen und extrem langen Lavaströmen. sie erreichten eine Länge von mehr als 11 Kilometer. So hat man eine Mauer gebaut, die erst mal für vier Monate den Lavastrom aufhielt. Allerdings reichte sie nicht aus, irgendwann war das Bassin voll und man musste andere Wege finden. Man versuchte nun den Lavastrom umzuleiten. Mit der Hilfe amerikanische Hubschrauber wurde Beton in den Lavastrom geworfen, und schließlich wurde mit einer enormen Explosion der Fluss der Lava in eine andere Richtung gelenkt. das erzählt er haarklein. Sein ganzer Stolz als Vulkanologe: und sicherlich nicht das Verdienst der Madonna lacht er. O-ton….mehr als der Madonna sollten wir dem italienischen Zivilschutz, der italienischen Armee und nicht zuletzt den Vulkanologen danken. Und er ist davon überzeugt, dass wir sehr wohl die wissenschaftlichen Mittel besitzen, die Natur zu beeinflussen. Aber das glauben die wenigsten Sizilianer fürchtet er. O-ton…wir haben die Möglichkeit die Natur ein bisschen zu verändern – nicht sehr viel. Die 200 Wissenschaftler, die hier arbeiten, beobachten den Vulkan in all seinen Regungen. Draußen auf dem Gelände sind sie ständig unterwegs, um Messsonden und Instrumente zu installieren und zu warten – die Daten werden via Internet nach Catania übermittelt, und hier werden die Daten dann ausgewertet. Ein Schwerpunkt der wissenschaftlichen Arbeit ist die Nutzung der Erdwärme, die sich rund um den Ätna bildet. Geothermie ist allerdings noch Zukunftsmusik; in Italien erst in der Probephase. O-ton…wir wollen in die produktive Phase wechseln. Also einen nächsten Schritt machen, die Orte, wo Geothermie möglich ist ausbauen. In Sizilien ist es an vielen Orten möglich. Aber wir müssen noch diesen nächsten Schritt machen, das heißt die Finanzierung finden, das ist der schwierigste Schritt. Atmo Salla Im Herzen des Instituts liegt der Kontrollraum, Salla Operativa heißt er: Dort kommen alle Daten an. An den Wänden Bildschirme, Kurven und Linien, Grafiken, die den Verlauf der Messungen an verschiedenen Orten anzeigen. Dort wird nicht nur der Ätna von verschiedenen Messstationen aus beobachtet, auch die Aktivität der Vulkane auf Lampedusa und Stromboli. O-ton: Wir kontrollieren, nicht nur die seismische Aktivität, sondern auch visuell, was da passiert. Das sieht man hier, das ist der Ätna von vier verschiedenen Punkten aus wird er da beobachtet, und Stromboli. Wir haben auch thermische Telekameras, was wir hier sehen, ist eine Aktivität auf Stromboli, hier ist ein kleiner Lavastrom. Mit den Wärmebildkameras werden die warmen Anteile über und unter der Erde sichtbar gemacht. Aktuell sieht man gerade eine Explosion unter der Erde in den Kanälen. O-ton… Immer wenn eine Verpuffung stattfindet, eine Gas-Explosion, hängt das mit einer Explosion in der Magma zusammen, in den Kanälen des Vulkans. Und wir sehen diese. Direkt neben dem Krater kann man diese Explosionsblasen hören, wie ein Rauschen ein Grollen in der Tiefe, erzählt Giammanco begeistert. O-ton…ich war da vor einigen Tagen, es ist fantastisch das zu hören… Rund um die Uhr ist der Kontrollraum besetzt. Die beiden Ingenieure beobachten die Daten und müssen sofort Alarm schlagen, wenn sich eine gefährliche Entwicklung abzeichnet. Der italienische Zivilschutz muss sofort allarmiert werden, wenn es ein Erdbeben gibt, oder wenn sich ein Vulkanausbruch abzeichnet. Auch der Wind wird genau beobachtet: Drei bis sechs Stunden im Voraus kann berechnet werden wohin sich Aschewolken bewegen könnten; das ist wichtig, denn sie können den Flugverkehr beeinträchtigen. Der Flughafen Catania ist mehrmals im Jahr aus diesem Grunde gesperrt. Das Entscheidende ist, dass die Vulkanologen schon im Vorfeld erkennen können, wann es einen Ausbruch geben wird. Dafür sind an acht Stationen auf dem Ätna Sensoren mit einer hohen Sensibilität etwa zwei Meter tief in die Erde eingelassen. Deren Messergebnisse erscheinen hier auf den Monitoren als Wellen. So entsteht auch eine Karte, die die Quellen der Erderschütterung abbildet, und ganz wichtig deren Tiefe. O-ton… Die Intensität der Vibration ist proportional zu der Menge an Gas in dem Vulkanschlot. Und die Gasmenge bedeutet Magma: also, wenn neues Magma in Richtung Oberfläche drängt, entlässt es mehr Gas; die Gasblasen lassen das Magma brodeln, der Schlot wird heftiger erschüttert, und wir können also mit einigen Stunden Vorlauf sagen wann der Vulkan ausbricht; weil die Erschütterung viele Stunden vor dem Ausbruch beginnt. An diesem Tag liest Salvatore Giammanco eine für den Laien verblüffende Information auf seinen Monitoren ab: Das Niveau des Magmas ist zu diesem Zeitpunkt etwa 1000 Meter unter dem Gipfel des Ätna: Das heißt: zweitausend Meter über dem Meeresspiegel. Was ungewöhnlich ist, denn normalerweise liegt die Magma auf dem Niveau des Meeresspiegels. Ein Anzeichen für einen Ausbruch; ein weiteres für eine baldige Explosion ist die Verformung des Bodens. Der Vulkan bläst sich quasi auf. Auch diese Bodenveränderungen werden mit GPS-Geräten wahrgenommen. Noch während er das alles erklärt: geht plötzlich ein Alarm los. O-ton….ALARM…ce un terremotto – In diesem Moment gibt es ein Erdbeben im Nord-östlichen Bereich von Sizilien. Ein sehr schwaches Erdbeben. 2,0 auf der Richterskala. Blitzschnell können die Wissenschaftler auch das feststellen und das Beben lokalisieren. 7 Kilometer unter der Erde in der Tiefe. O-ton…im Moment ruht sich der Ätna aus. Es gibt kleine Signale, dass er langsam seine Batterien auflädt. Aber es wird keine Explosion morgen geben, und auch keine in der nächsten Woche, es braucht noch ein wenig Zeit. Wir werden es besser wissen, wenn die Zeichen eindeutiger sind. Im Moment müssen wir keine Vorkehrungen treffen. Trotzdem: Der Ätna ist der größte und aktivste Vulkan in Europa. 45 Ausbrüche in den letzten dreieinhalb Jahren. Und das wird noch Millionen von Jahre so weitergehen. Der geologische Grund: Kontinentaldrift: hier taucht die nordafrikanische Kontinentalplatte unter die eurasische Platte, erklärt der Wissenschaftler: O-ton: Dieses Zusammentreffen verursacht sehr komplizierte Bewegungen: zum Beispiel Rotationsbewegungen, mit großen Verletzungen der Erdkruste über hunderte von Kilometern. Der Ätna befindet sich dort wo sich zwei große Risse der Erdkruste treffen. Also ist er der schwächste Punkt der Erdkruste und das Magma, das im oberen Erdmantel entsteht, kann ganz einfach an der Oberfläche austreten. TEIL III Markt-atmo Die Sizilianer, die in der Region rund um den Ätna leben, lieben ihren Berg. Das hat auch seinen Grund: schließlich ist der besonders fruchtbare Boden hier schon seit jeher Basis für eine reiche Landwirtschaft. Auf dem Wochenmarkt in Fiumefreddo am Fuße des Ätna wird sichtbar, welche Früchte dieser gute Boden hervorbringt: O-ton.. ich wohne in einem kleinen Ort oben am Berg, dort wo die Vulkanasche ankommt und alles was der Ätna uns so schenkt… … sagt der Landwirt Oratio Vetalano, der dort seine frisch geernteten Äpfel verkauft… O-ton…Er schenkt uns ein einmaliges Schauspiel, er schenkt uns fruchtbare Erde, er schenkt uns ein Klima, wo einzigartige Äpfel wachsen, Birnen, Kirschen in diesem Boden an den Hängen des Ätna. … und er zeigt ganz stolz die Äpfel: Kleine süße Aroma reiche Äpfel aus seinem Anbau. Antike Apfelsorten aus der Region sagt er. Genauso wie die Blutorangen, haben sie ihren besonderen Geschmack, wegen des Klimas, wie er erklärt. O-ton…Diese roten Orangen aus Sizilien entstehen, weil es tagsüber sehr heiß wird und nachts sehr kalt, und dadurch entsteht die blutrote Farbe und der ganz eigene Geschmack unserer Orangen, die eben dem Klima hier in unserer Region geschuldet sind. Überwiegend Früchte aus der Region werden hier verkauft. Ein paar Kilometer weiter nördlich bewirtschaftet Nino Farfaglia eine Azienda. Er kauft die Haselnüsse der Bauern aus der Region und verkauft sie weiter an die Industrie. Gerade hat er die Ernte eingefahren. Er streift mit den Fingern durch die mannshohen Container bis zum Rande gefüllt mit Nüssen. Atmo….Nüsse O-ton… diese hier wachsen auf dem Ätna in etwa 650 Metern Höhe Nicht nur Nüsse verkauft er, auch Wein, und er zeigt stolz sein Angebot im Weinregal. Alles Weinsorten, die am Ätna gewachsen sind. O-ton..Weinsorten Daneben hat er noch eine Produktion Olivenöl. Im Oktober werden die Oliven geerntet und in die Ölmühlen gebracht. Das frische Olivenöl ist aromareich und nicht zu vergleichen mit dem in Deutschen Supermarktregalen. Allerdings ist die Vermarktung der unverwechselbaren landwirtschaftlichen Produkte der Region schwierig meint der Landwirt Oratio. Mit den Kirschen des Ätna hat es geklappt. Da haben sich die Obstbauern zusammengetan und sie als Marke eintragen lassen: jetzt möchte er das mit der ätna-spezifischen Apfelsorte auch so machen, aber: O-ton… aber es ist schwer so viele Landwirte zu finden sich zu vereinigen, weil sie eine etwas antike Mentalität haben. Eine Mentalität, die auch geprägt ist von den Rhythmen, die der Berg dem Volk hier seit Jahrhunderten vorgibt. O-ton… Der Ätna gibt und der Ätna nimmt, das was wir haben. Absage: Ein Bericht war das von Gaby Beck. Und wenn wir Sie neugierig gemacht haben auf weitere Beiträge der Reihe Wissenswert, dann schauen Sie einfach mal in unser Podcast-Angebot auf hr-inforadio.de, unter der Rubrik Wissenswert. Mein Name ist khw.