Tätigkeitsfeld für Soziale Arbeit? - ReadingSample - Beck-Shop

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Wohnverhältnisse und Hartz IV - Tätigkeitsfeld für Soziale Arbeit?
Bearbeitet von
Ted Bauknecht
Erstauflage 2009. Taschenbuch. 132 S. Paperback
ISBN 978 3 8366 7724 0
Format (B x L): 19 x 27 cm
Gewicht: 288 g
Weitere Fachgebiete > Pädagogik, Schulbuch, Sozialarbeit > Sozialarbeit
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Leseprobe
Textprobe:
Kapitel 3, Gesetzliche Grundlagen: Praxis in Dortmund:
Dieses Kapitel will eine präzise und verständliche Beschreibung für die Übernahme von
Wohnkosten für ALG II BezieherInnen bieten. Der Leserin und dem Leser soll eine
aufschlussreiche Erklärung des Gesetzes geboten werden, dabei hat es den Anspruch keine
bloße Aufzählung oder Aneinanderreihung von Paragraphen aus dem Sozialgesetzbuch
abzubilden. Das Gesetz soll erlebbar und anschaulich gemacht werden. Dabei wird sich dieser
Abschnitt weitgehend mit dem ALG II beschäftigen, welches sich im SGB II wieder findet. Der
Fokus richtet sich demgemäß auf einen speziellen Teilbereich des SGB II. Eine weiterführende
Betrachtung, ja, möglicherweise Vergleiche mit dem alten BSHG, sind nicht Bestandteil dieses
gesetzlichen Grundlagenkapitels. Dieses wäre vielmehr die Aufgabe, mit der sich eine
eigenständige Ausarbeitung beschäftigen müsste. Es wäre eine singuläre Aussage, wenn man
behaupten würde, dass der Wechsel vom BSHG zum SGB II der alleinige Grund für eine
eventuelle Prekarisierung von Wohnverhältnissen sei. Hier spielen die verschiedensten
Determinanten eine Rolle.
In den nachfolgenden Punkten wird als erstes das Konstrukt ARGE vorgestellt. Im Anschluss
daran, sehen wir wie die ARGE in ihrer Genehmigungspraxis vorgeht.
Die ARGE Dortmund:eine Konstruktion der öffentlichen Hilfe:
ARGE ist zunächsteine gebräuchliche Abkürzung für den Begriff einer Arbeitsgemeinschaft. In
diesem Zusammenhang bezeichnet es aber die Arbeitsgemeinschaft nach dem Sozialgesetzbuch
II. Bei der ARGE, oftmals auch mit dem Zusatz JobCenter versehen, ist in dem Kontext der
Studie, der Träger zur Grundsicherung für Arbeitssuchende gemeint.
Da es sich hier um eine Studie für die Region Dortmund handelt, gilt es, das Augenmerk auf die
Aufgaben und Genehmigungspraxis der Dortmunder ARGE zu richten. Gleichwohl dieses gängige
Praxis in fast allen kreisfreien Großstädten im Bundesgebiet ist.
Der Gesetzgeber regelt in § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II die sachliche Zuständigkeit der
Leistungsträger.
Aufgrund § 44b SGB II, der die Möglichkeit zum Zusammenschluss von Bundesagentur und
kommunalen Träger zu einer ARGE bietet, schloss sich die Agentur für Arbeit Dortmund zu einem
gemeinsamen Träger zusammen. Die ARGE beschreibt sich in ihrem Selbstporträt auf ihrer
eigenen Internetseite wie folgt:
‘Die JobCenterARGE Dortmund betreut und vermittelt die Bezieher von Arbeitslosengeld II in
Dortmund. Zugleich ist sie Ansprechpartner für Arbeitgeber bei der Meldung offener Stellen und
der Prüfung möglicher Einstellungshilfen. Eine Steuerung der Arbeit der ARGE und ihre
Einbindung in die lokalen politischen, sozialen und wirtschaftlichen Strukturen Dortmunds erfolgt
über drei Gremien.
Trägerversammlung:
Die ARGE (ARbeitsGEmeinschaft) wird gemäß § 44b Sozialgesetzbuch II von der Agentur für
Arbeit Dortmund und der Stadt Dortmund getragen, diese Träger tagen in der
Trägerversammlung. Ende 2005 hat die Stadt Dortmund in dem vierköpfigen Gremium das
entscheidende Stimmrecht übernommen. Vorsitzender ist Oberbürgermeister Dr. Gerhard
Langemeyer. Weiterhin vertreten ist Stefan Kulozik, Vorsitzender der Geschäftsführung der
Agentur für Arbeit Dortmund.
Trägerausschuss:
Zur Beteiligung der lokalen Politik hat die Gesellschafterversammlung einen Trägerausschuss
einberufen, in dem sechs Vertreter aus dem Rat der Stadt Dortmund und sechs Vertreter der
Agentur für Arbeit sitzen und Empfehlungen für die Trägerversammlung aussprechen. Der
Ausschuss tagt einmal im Quartal, Vorsitzender ist Stadtrat Siegfried Pogadl als Vertreter des
Oberbürgermeisters.
Beirat:
Mindestens zweimal jährlich tagt der Beirat der ARGE. Den Vorsitz führen jährlich wechselnd der
Dortmunder DGB-Vorsitzende Eberhard Weber und der Geschäftsführer des
Unternehmensverbandes der Metallindustrie, Dr. Heinz S. Thieler. Die 18 Mitglieder dieses
Gremiums kommen aus Wohlfahrtsverbänden, den politischen Fraktionen im Rat der Stadt
Dortmund, der Handwerkskammer, der IHK, Gewerkschaften, Unternehmerverbänden und
Qualifizierungsträgern. Der Beirat hat Beratungsfunktion, er soll bei der Entwicklung von
regionalen Lösungskonzepten helfen, die Rahmenkriterien der Arbeitsmarktpolitik miterarbeiten,
Zukunftsthemen ansprechen und den gesellschaftlichen Konsens fördern’.
Die ARGE: Aufgaben und Genehmigungspraxis:
Das Selbstporträt der ARGE Dortmund im vorhergehenden Kapitel beschreibt eine Vielzahl der
unterschiedlichen Aufgaben, welche die Arbeitsgemeinschaft in ihrer täglichen Praxis zu erfüllen
hat. Der Blick soll sich aber nunmehr auf die Aufgaben der ARGE im Kontext der Übernahme von
Wohnkosten richten. Die Umsetzung des Gesetzes ist die ureigenste Aufgabe der ARGE. In
diesem Kontext prüft die ARGE formal, ob die vom Gesetzgeber festgelegten Kriterien für eine
Leistungsgewährung bei den von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen vorliegen.
Nachdem der Hilfsbedürftige einen Leistungsantrag auf Übernahme von Wohn- und Heizkosten
bei der ARGE gestellt hat, prüft diese, ob die Anspruchsvoraussetzungen des § 7 SGB II
vorliegen.
In dieser Vorschrift heißt es:
Ԥ 7 Berechtigte. (1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die:
1. das 15 Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.
2. erwerbsfähig sind.
3. hilfebedürftig sind.
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben.
(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit Erwerbsfähigen in einer Bedarfsgemeinschaft
leben’.
Die ARGE prüft prinzipiell, ob die Wohnung der hilfebedürftigen Person im Rahmen der
Angemessenheitskriterien liegt. Hier stellt sich die Frage: Nach welchen Kriterien oder Richtlinien
prüft die ARGE dieses überhaupt? Was gilt als angemessen und was gilt als unangemessen? Das
SGB II lässt hier einen erheblichen Handlungs- und Ermessenspielraum der Kommunen. Die
Angemessenheitskriterien werden nicht definiert oder durchdekliniert. Vielmehr überlässt der
Gesetzgeber den Kommunen einen politischen Aushandlungsprozess in Gang zu setzen. In
Dortmund ist der Mieterverein bei diesem Aushandlungsprozess in starken Maß beteiligt. Der
Mieterverein als Interessensverband beteiligt sich engagiert an einer öffentlichen Diskussion über
die Angemessenheitskriterien der Kosten der Unterkunft. Die Stadt Dortmund ist einer der beiden
Träger der kommunalen ARGE. Der Rat der Stadt Dortmund mit seinen Abgeordneten trifft
parlamentarisch die wichtigen Vorentscheidungen für Sachfragen im Bereich Arbeit und Soziales.
Diese im Rat verabschiedeten Beschlüsse werden in die Trägerversammlung der ARGE
Dortmund gebracht. Die politischen Parteien üben insofern einen großen Einfluss auf die Politik
und Praxis der ARGE aus.
Die Definition der angemessenen Kaltmiete und ob eine Toleranzregelung für praktikabel gehalten
wird, sind das Ergebnis eines politischen Ringens und Tauziehens auf verschieden Seiten. Die
öffentlich geführte Diskussion, auf die ich im zweiten Kapitel dezidiert eingegangen bin, hat
sicherlich einiges zu diesem Aushandlungsprozess beigetragen.
Nach derzeitigem Stand (April 2008) betragen die angemessenen Kosten der Kaltmiete für einen
Ein-Personenhaushalt 218,70 Euro. Für die Betriebskosten werden nochmals 58,05 Euro
veranschlagt und somit als angemessen anerkannt.
Nach dem Gesetz dürfen Mietkosten für Wohnungen nur insoweit übernommen werden, wie diese
der Angemessenheit entsprechen. ‘Besteht das Mietverhältnis seit 2004, darf die ARGE nicht
ohne Weiteres die Ihnen zustehende Leistung kürzen. Zunächst müssen Sie aufgefordert werden,
Ihre Wohnkosten zu senken (…)’.
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