Palliative Care in der stationären Langzeitpflege Astrid Hunter-Kummer Leiterin Pflegezentrum Spital Limmattal Palliative Care in der Langzeitpflege Palliative Care soll ein integraler Bestandteil aller Gesundheitsdienste und -Einrichtungen sein und nicht als „Extra obendrauf“ betrachtet werden. (WHO 2008) 18. Juni 2014 / 2 / A. Hunter 1 Schwerpunkte in Palliative Care • • • • • • • • • • • • Abschiedskultur Angehörige Demenz Ethik/Autonomie/Würde Freiwillige Interdisziplinarität/Interprofessionalität Lebensqualität Öffentlichkeitsarbeit Pflege der Betreuenden Qualitätsmanagement Schmerz- und Symptommanagement Spiritualität 18. Juni 2014 / 3 / A. Hunter Abschiedskultur • Das Thema Sterben und Tod wird im Alltag nicht verdrängt • Einbezug der Bewohnenden, der Angehörigen und des Personals • Zulassen von Trauer • Rituale als Unterstützung und Hilfestellungen für schwierige Situationen • Abschieds- und Gedenkmöglichkeiten • Erinnerungskultur 18. Juni 2014 / 4 / A. Hunter 2 Angehörige • Sind wichtige Bezugspersonen für Bewohnende • Sind wertvolle Informationsquellen für das Betreuungsteam • Angehörige brauchen Unterstützung und Begleitung (während des Sterbens, nach dem Tod und in der Trauer, 24 h Besuchszeit, Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten, Einbindung in die Pflege,) • Möchten informiert sein 18. Juni 2014 / 5 / A. Hunter Demenz 1 • die Definition von Palliative Care trifft auf die demenzerkrankten Menschen zu (unheilbar, progredient vorzeitiger Tod). • Herausforderung: Abnahme der kognitiven (geistigen) und kommunikativen Fähigkeiten. • Falsche Interpretationen oder Nichtbeachten von Mitteilungen der Demenzerkrankten kann zu herausforderndem Verhalten führen. • Die entscheidende Aufgabe in der Pflege und Betreuung ist die Erfassung der aktuellen Bedürfnisse • Kommunikation als Kernkompetenz 18. Juni 2014 / 6 / A. Hunter 3 Demenz 2 • Betreuungskonzepte wie z.B. personenzentrierte Ansatz von Tom Kitwood, basale Stimulation, Validation, Biographiearbeit • Schmerzerfassung mit BISAD (Beobachtungsinstrument für das Schmerzassessment bei alten Menschen mit Demenz) • Dementia Care Mapping (DCM, Beobachtungsverfahren zur Einschätzung des Wohlbefindens) (Müller-Hergl/Riesner 2008) • Verhaltens- und Massnahmen Protokoll als Orientierungshilfe für die Pflegenden bei der Ursachen- und Massnahmensuche bei herausforderndem Verhalten von dementen Personen 18. Juni 2014 / 7 / A. Hunter Ethik / Autonomie / Würde Beispiele - Selbstbestimmung - Wertschätzende Haltung - Aufklärungs- und Inforamtionsgespräche - Aufnahme- und Standortgespräche - Respektieren und umsetzen des Patientenwillens - Umgang mit Patientenverfügung - Ethische Fallbesprechungen - Schulungen zur Sensibilisierung des Themas Besondere Haltung - Einfühlende Compathie (A. Heller) - Caring (Patrizia Benner, schweizerischer Berufsverband der Pflege) 18. Juni 2014 / 8 / A. Hunter 4 Freiwillige • Gehören zum multiprofessionellen Betreuungsteam • Bringen den Alltag ins Heim und stellen ihre Zeit zur Verfügung • Bieten ein zusätzliches Angebot an • Rahmenbedingungen sind in einem Konzept geklärt (Auswahlverfahren, Einführung, Begleitung, Einsatz, Formen der Anerkennung) 18. Juni 2014 / 9 / A. Hunter Interdisziplinarität / Interprofessionalität • Zusammenarbeit verschiedener Berufsgruppen • Beide Begriffe sind verbreitet und werden oft synonym benutzt (obwohl interdisziplinär kein treffender Begriff ist) • Alle Berufsgruppen sind gleichwertig, Machtansprüche werden relativiert • Das Team benötigt Strukturen und Regelungen zur Zusammenarbeit (z.B. Visiten, Rapporte) • Vernetzung mit spezialisierten Organisationen oder freischaffenden Spezialisten 18. Juni 2014 / 10 / A. Hunter 5 Lebensqualität • Ist das übergeordnete Ziel aller Bemühungen in Palliative Care (wiederspiegelt sich in anderen Schwerpunkten) • Lebensqualität ist subjektiv (wird vom Bewohner definiert) • Erfassung der indiv. Bedürfnisse z.B. durch regelmässige Gespräche und Biographiearbeit • Pflege- und Betreuungskonzepte: Basale Stimulation, Kommunikation mit Validation, Kinästhetics, Tiertherapie, Garten, gemeinsame Feste etc. • Wohlfühlfaktoren wie die Wohngestaltung und das Essen 18. Juni 2014 / 11 / A. Hunter Öffentlichkeitsarbeit • Information der Bevölkerung • Sensibilisierung der Politiker um die nötigen Ressourcen bereit zu stellen • Umsetzungsbeispiele: Leitbild, Kommunikation der Grundhaltung, Beantwortung von Leserfragen in der Zeitung, Netzwerkarbeit 18. Juni 2014 / 12 / A. Hunter 6 Pflege der Betreuenden • Voraussetzungen: transparente Teamkultur, Vertrauen, Offenheit und Toleranz. • Psychohygiene durch regelmässig durchgeführte Aktivitäten wie gemeinsames Essen und Ausflüge • In Situationen individueller Überforderung und Erschöpfung wird gemeinsam im Team nach Lösungen gesucht. Gefässe wie (ethischen) Fallbesprechungen, Team-sitzungen und Teil der täglichen Nachmittagsrapporte. • Weitere Ressourcen z.B. durch Seelsorger, externen Supervision 18. Juni 2014 / 13 / A. Hunter Qualitätsmangement Total Quality Management (TQM) • Kundenorientierung (z.B. Bewohnerbefragung, Beschwerdemanagement) • Mitarbeiterorientierung (z.B. Mitarbeiterbefragung, Supervision, Teambesprechungen, Aus- und Weiterbildung, Einführungskonzept neuer MA) • Prozessorientierung (z.B. Definition verschiedener Abläufe im Konzept, Bigoriorichtlinien, Liverpool Care Pathway (LCP)) • Kontinuierliche Verbesserung (z.B. Qualitätszirkel, Fallbesprechungen, CIRS, Audit Audit für Label «Qualität in Palliative Care» Normative Grundlage: Kriterienliste C von «qualitépalliative» 18. Juni 2014 / 14 / A. Hunter 7 Schmerz- und Symptommanagement Voraussetzungen: • Regelmässige und laufende Erfassung sowie Evaluation von körperlichen, psychischen und seelischen Symptomen • Spezifische und anerkannte Instrumente • Gewichtung der Symptome betr. Lebensqualität (z.B. ESAS) • Multiprofessioneller Zugang • Bedarfsorientierte Schmerztherapie • Nicht medikamentöse Schmerztherapieverfahren (Wickel, Massage) • Anerkannte Richtlinien und Empfehlungen (z.B. Bigorio) • Vorbesprechung möglicher Probleme, vorausschauende Verordnungen 18. Juni 2014 / 15 / A. Hunter Spiritualität • Ist der gelebte Bezug zu dem, was wichtiger und bedeutender ist als alles andere (Kurt Baier 2009) • Spiritualität ist ein ausgesprochen individuelles Bedürfnis und wird sehr unterschiedlich gelebt • Weitere Definition: grosse Sehnsucht nach Geborgenheit, Sinn und Trost (CARITAS 2011). • Religiöse Angebote durch Seelsorge, aber auch kulturelle Angebote und Kontakte zur Natur • Spiritual Assessment SPASS (Anemone Eglin 2012, Institut Neumünster 18. Juni 2014 / 16 / A. Hunter 8 Schlussgedanken „Ich habe mich bewusst der Versorgung von Tumorpatienten gewidmet. Ich wusste, dass es mir nicht gelingt, die Misere in der Versorgung unserer alten Mitbürger aufzugreifen. Das Problem ist mir zu gross gewesen“. (Cycely Saunders, Pionierin der Hospizarbeit, 1967) 18. Juni 2014 / 18 / A. Hunter 9 Quellenangaben 1 • • • • • • • • • BAG/GDK (2010). Nationale Leitlinien Palliative Care. URL: http://www.bag.admin.ch/themen/medizin/06082/10907/10974/index.html?lang=de [Zugriffsdatum: 3. Januar 2011]. Baier, Kurt (2009). Was ist Spiritualität? In Heller, Birgit/Heller, Andreas (Hg.). Spiritualität und Spiritual Care. Praxis Palliative Care (Jahresheft). Hannover: Vincentz Network Gmbh &Co. KG. S. 65. Brandenburg, Hermann/Huneke, Michael (2006). Professionelle Pflege alter Menschen. Eine Einführung. Stuttgart: W. Kohlhammer GmbH. CARITAS Schweiz. Palliative-Pflege-Tagung 2011. Spiritualität. Tagungsausschreibung. Davies, Elizabeth/Higginson, Irene J. (2008). Bessere Palliativversorgung für ältere Menschen. Bonn: Pallia Med. URL: http://www.palliativegeriatrie.de/fileadmin/downloads/Materialien/Better_Pall_Care_Deutsche_Endfassung.pdf [Zugriffsdatum: 29. Mai 2011]. Eglin, Anemone/Schmid Christoph (2012). Spiritual Assessment SPASS. Institut Neumünster, Zollikerberg Heimerl, Katharina/Heller, Andreas/Zepke, Georg/Zimmermann-Seitz, Hildegund (2007). Individualität organisieren – Organisationskultur des Sterbens. Ein interventionsorientiertes Forschungs- und Beratungsprojekt der IFF mit der DiD. In Heller, Andreas/Heimerl, Katharina/Husebø, Stein (2007) (Hg.). Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun. Wie alte Menschen würdig sterben können. Freiburg im Preisgau: Lambertus. S. 31-74. Heller, Andreas (2007). Die Einmaligkeit von Menschen verstehen und bis zuletzt bedienen. In Heller, Andreas/Heimerl, Katharina/Husebø, Stein (2007) (Hg.). Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun. Wie alte Menschen würdig sterben können. Freiburg im Breisgau: Lambertus. S. 191-208. Heller, Andreas/Dinges, Stefan/Heimerl, Katharina /Reitinger, Elisabeth/Wegleitner, Klaus (2007). Palliative Kultur in der stationären Altenhilfe. In Heller, Andreas/Heimerl, Katharina/Husebø, Stein (2007) (Hg.). Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun. Wie alte Menschen würdig sterben können. Freiburg im Breisgau: Lambertus. S. 221-230. 18. Juni 2014 / 19 / A. Hunter Quellenangaben 2 • • • • • • • • • • Höhte, Ulrike/Schwarz, Wolfgang (2002). Qualitätstechniken für die Dienstleistung. Pocket Power, 2. Aufl. München Wien: Hanser. Husebø, Stein./Klaschik, Eberhard (2006). Palliativmedizin. 4. akt. Aufl. Berlin Heidelberg New York: Springer. Knipping, Cornelia (2009). Spirituelle Dimensionen in der Pflege. In Heller, Birgit/Heller, Andreas (Hg.). Spiritualität und Spiritual Care. Praxis Palliative Care (Jahresheft). Hannover: Vincentz Network Gmbh &Co. KG. S. 30-31. Kojer, Marina (2007). Die Welt der Alten respektieren, ihre Sprache sprechenY. Was ist Palliative Geriatrie? In Heller, Andreas/Heimerl, Katharina/Husebø, Stein (2007) (Hg.). Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun. Wie alte Menschen würdig sterben können. Freiburg im Preisgau: Lambertus. S. 75-88. Kojer, Marina (2010). Brauchen demenzkranke alte Menschen Palliative Care? In Heller, Andreas/Heimerl, Katharina/Husebø, Stein (2007) (Hg.). Wenn nichts mehr zu machen ist, ist noch viel zu tun. Wie alte Menschen würdig sterben können. Freiburg im Preisgau: Lambertus. S. 145-160. Kojer, M. (2011). Kommunikation – Kernkompetenz der Palliativen Geriatrie. In: Kojer, M. & Schmidl, M. (Hrsg.). Demenz und Palliative Care in der Praxis. Wien/New.York: Springer. Kostrzewa, Stefan/Gerhard, Christoph (2010). Hospizliche Altenpflege. Palliative Versorgungskonzepte in Altenpflegeheimen entwickeln, etablieren und evaluieren. 1. Aufl. Bern: Hans Huber, Hogrefe AG. Pétremand, Daniel/Bigler, Jean Michel/Büche, Daniel/Laurent, Philippe/Fuchs, Claude. Bigorio 2008. Empfehlungen zu Palliative Care und Spiritualität. URL: http://www.palliative.ch/fileadmin/user_upload/palliative/fachwelt/E_Standards/E_12_1_bigorio_2 008_Spiritualitaet_de.pdf [Zugriffsdatum: 5. Mai 2011]. Siprek, Julia (2002). Ehrenamtliches Engagement organisieren und integrieren. In Pleschberger, Sabine/Heimerl, Katharina/Wild, Monika (2002) (Hg). Palliativpflege. Grundlagen für Praxis und Unterricht. Wien: Facultas-Univ: S. 328-339. Wilkening, Karin/Kunz, Roland (2005). Sterben im Pflegeheim. Perspektiven und Praxis einer neuen Abschiedskultur. 2. akt. Aufl. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. 18. Juni 2014 / 20 / A. Hunter 10 Astrid Hunter-Kummer Leiterin Pflegezentrum Spital Limmattal Urdorferstr. 100 8952 Schlieren [email protected] 18. Juni 2014 / 21 / A. Hunter 11