899 Kiln. Mbi. Augenheilk. 176 (1980) 899—906 F. Enke Ver'ag, Stuttgart Die Wirkung von Steroiden bel Keratoconjunctivitis epidemica Ergebnlsse elner kontrollierten prospektlven Studle Univ.-Augenklinik Freiburg (Direktor: Prof. Dr. G. Mackensen) Viroiogische Abtetlung des institutes für Hygiene und Mikrobioiogie der Universität des Saarlandes (Leiter: Prof. Dr. R. Wigand)* Zusammenfassung 53 Patienten mit nachgewiesener Adenovirus Typ 6 Wochen randomisiert 8-Infektion erhielten prospektiv entweder em Tränenersatzmittel oder em lokales Steroid. An signifikanten Unterschieden fand sich, dat unter Steroiden schwere Fälle von Keratitis nummularis sowie tiefer Hornhautbefall und leichte Iritis seltener waren als unter Therapie mit Tränenersatzmitteln. Kein Unterschied hingegen bestand hinsichtlich des Abklingens des äuferen Reizzustandes und der Gesamthaufigkeit einer Keratitis superficialis punctata. Auch die Keratitis nummularis war in beiden Gruppen gleich häufig und trat nur unter Steroiden etwas später auf, was moglicherweise sogar die Krankheitsdauer verlängert. Ais eindeutiger Nachteil der lokalen Steroidtherapie zeigte sich das gehaufte Auftreten postin- The Effects of Topical Steroids in Epidemic Kerato-Conjunctivitis Fifty-three patients with proven adenovirus type 8 infection were treated at random, in a prospective study, with either artificial tears or topical steroids over six weeks. Severe cases of nummular keratitis, as well as deep keratitis and slight iritis, were significantly less frequent under steroids. No diff e- rence existed with respect to the course of the conjunctivitis and the frequency of a superficial punctate keratitis. Furthermore, the overall frequency of nummular keratitis was equal in both groups, its manifestation merely being somewhat delayed in the steroid group. This may even be disadvantageous, as the natural course of the disease could be prolonged. A significant disadvantage of topical steroids, however, was the high inci- fektiös permanent ,,trockener Augen". Steroide sollten deshaib — solange es kein Virusstatikum gegen Adenovirus gibt — bei ,,Epidemica" nur in dence of permanent "dry eye" in the post-infection period. Therefore, as long as no effective antiviral treatment for adenovirus infection is available, ste- schweren Fallen und nur kurzfristig zur symptomatischen Beschwerdelinderung eingesetzt werden. roids should only be administered to relieve symptoms in severe cases for a limited time. Die Behandlung einer Keratoconj unctivitis schon kurz vorgetragen haben (15), und deren weiteren Verlauf jetzt berichtet werden soil. cpidemica (Kce) mit lokalen Steroiden ist weit verbreitet und wurde verschiedentlich empfohien (20); andererseits gibt es aber auch warnende Berichte protrahierte Krankheitsverläufe unter Cortison-Behandlung (6,9). Wir sind der Frage nach der Wirkung von Steroiden bei Keratoconjunctivitis epidemica anläf1ich einer im ersten Halbjahr 1977 in Baden-Wurttemberg ablaufenden Adenovirus-Epidemie in einer virologisch-serologisch kontrollierten prospektiven Studie nachgederen Zwischenergebnisse wir gangen, Patienten Von Februar bis September 1977 untersuchten wir 215 Patienten mit em- oder beidseitiger adenovirusverdächtiger Konjunktivitis virologisch-serologisch. Hierbei wurden auch Patienten mit weni- Dem Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit danken wir für die gewährte Unterstützung Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. S. Trauzettel-Kloelnskl, R. Sundmacher, R. Wlgand 900 S. Trauzettel-Klosinski, R. Sundmacher, R. Wigand Klinische Diagnose einer Adenovirus- ( Kerato-}cori- junctivitis: n = 215 ohne Laborbestätigung: n = 134 vi rologisch-serologjsch verschiedene Adeno- Adenovirus Typ 8 1= ,,Epi- demiko" s.str.): n 66 aus der Studie aus- auswertbare Epidemika- gefallen: n = 13 Patienteri: ii = 53 mit Vidisept® behandelte Patienten: mit Chibrocadron® behandelte Patienten: n = 35 (65 Augen) n 18 (32 Augen) Tab. 1 Ubersicht die rn Rahmen der Aderiovirus-Typ 8Epidemie 1977 erfal3ten Patienten, von denen 53 an einer prospektiyen Therapiestudie teilnahmen. ger typischen Befunden einbezogen, urn ungewohnliche Verlaufsformen nicht zu Bei 81 Patienten konnte die Adenovirus-Atiologie besta- schlecht, Symptomdauer bei Erstuntersuchung und Ausprkgung der Keratoconjunctivitis bei Eintritt in tigt werden (Tab. 1); aber nur bei 66 von ihnen zwischen den Gruppen. handelte es sich urn eine Adenovirus Typ 8-Infektion, also urn eine ,,Epideniica" s. str.. Aus diesem atiologisch einheitlichen Kollektiv konnten dann 53 Patienten im Rahmen der Studie behandelt und bis zu 1'/2 Jahren nachuntersucht werden. Fast alle Patienten wurden innerhaib der ersten Erkrankungswoche in die Studie aufgenomrnen, und alie litten zu Therapiebeginn an einem deutlichen äuf.eren Reizzustand. Thera pie Die Patienten erhielten randomisiert für insgesamt sechs Wochen in absteigender Dosierung entweder em Tränenersatzmittel (Vidisept®) oder em lokales Steroid (Chibro-Cadron®) (Tab. 2). Die Randornisierung erstreckte sich alierdings nur auf die Patienten, die nicht mit Steroiden vorbehandelt worden waren. Hatten die Patienten bereits andernorts Steroide erhalten, so wurden sic mit unserer CortisonTherapie weiterbehandelt. Hieraus ergibt sich, daf die Steroid-Gruppe wesentlich gröer ausfiel als die Gruppe der Patienten, die lediglich Tränenersatz- mittel erhielt (Tab. 1). Hinsichtlich Alter, Ge- die Studie ergab sich hingegen kein Unterschied Klinische Untersuchungen Spaitlampenkontrollen erfoigren am 2. und 7. Tag nach Therapiebeginn, anschliefend wöchentlich, bei Komplikationen auch häufiger. Nach Beendigung des Therapieschemas, also nach insgesamt sechs Wochen, wurde in monatlichen, nach einern 1/4 Jahr in dreimonatigen Abständen kontrolliert. Hierbei wurde der Spaitlampenbefund ausführlich aufgezeichnet und vielfach auch fotografisch dokumentiert. Falls Palpationsbefund, klinisches Bud und Anamnese es angeraten erschienen lie1en, wurde auch im aktiven Erkrankungsstadium der Augeninnendruck gemessen und das Schiötz-Tonorneret anschliegend mit Hei1luft sterilisiert. Von der 3. Erkrankungswoche an erfolgten dann bei alien Steroid-Patienten regeimaIige Druckkontrollen mittels Appianations-Tonometrie, wobei das Me1körperchen anschlie1end mit Giga-Sept® oder Alhydex® desinfiziert wurde. Falls Patienten noch Wochen oder Monate nach Abschlul? der Therapie Sicca-Symptome (Brennen und Fremdkorpergefuhl) kiagten, so wur- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. viren: n 15 bestatigt: r = 81 Die Wirkung von Steroiden bei Keratoconjunctivitis epidemica den eine Viralfärbung mit Bengairot-Fluorescein und em Schirmer-Test durchgefuhrt. Als objektive Hinweise auf das Vorliegen eines ,,trockenen Auges" bewerteten wir eine deutliche Anfärbung mit Bengalrot (12), cine fluoresceinpositive Stippung die sonst der Hornhaut (3), die irn Ausmaf recht haufigen vereinzelten basalen Pünktchen hinausging, sowie einen Schirmer-Test, der bei mehreyen Untersuchungsterminen immer unter 5 mm pro S Minuten lag. 901 Serokonversion zu zeigen und damit die Atiologie zu verifizieren. Weil zudem die Adenovirusisolierung nur in der ersten Krankheitsphase zuverlassig gelingt, erklärt sich hiermit, warum wir unter 215 klinisch Verdächtigen ,,nur" 81 virologisch-serologisch bestatigte Fälle hatten (Tab. 1). den behandelt worden waren, noch Monate sparer objektivierbare Sicca-Beschwerden klagten, versuchten wir, nochmals rnoglichst viele Patienten unter diesem Aspekt nachzuuntersuchen. 9—18 Konjunktivitis in beiden Gruppen vollig gleich (Abb. 1). Dies beinhaltet auch die seltenen pseudomembranosen Ver!äufe. Hingegen empfanden 60 % der steroidbehandelten Patienten bis zur zweiten Woche eine deutliche Linderung, während dies nur bei 40 % der Patienten. Tränenersatzmittel-Patienten der Fall war — Unterschied, der allerdings nicht statiem Laboruntersuchungen stisch signifikant ist (2-Vierfelder-Test). Bei der Erstuntersuchung wurde von beiden BindeAuch hinsichtlich der Gesamthaufigkeit einer häuten der Patienten Untersuchungsrnaterial abgeKeratitis superficialis punctata fanden sich waschen und in Transportrnedium aufgenommen. Blutserumproben wurden zu Erkrankungsbeginn keine Unterschiede. In der TränenersatzmitMonate nach der akuten Erkrankung erschienen zu dieser Nachuntersuchung aus der Steroid-Gruppe noch 12 und aus der Tränenersatzmittel-Gruppe 7 und wenn moglich noch emma! 10—14 Tage sparer entnommen. Bindehautmaterial und Serum wurden tel-Gruppe trat eine Keratitis superficialis bei uns bei — 70° C eingefroren und dann in punctata bei 84,4%, in der Steroid-Gruppe bei 87,3 % der Augen auf. Auch Nummuli grol3eren Sendungen in das Nationale Referenzzenwaren in beiden Gruppen gleich hãufig (Cortison-Gruppe 66,2%, Kontroligruppe 59,4% der erkrankten Augen) (Abb. 2). Allerdings 18). Nicht von allen Patienten war eine zweite muf man hierzu einschränkend sagen, da1 in Serumprobe zu erhalten. Darüber hinaus war der der Kontrollgruppe sehr schwere Fãlle einer Abstand zwischen erster und zweiter Blutentnahme Keratitis superficialis punctata prozentual ettrum für Adenoviren an der Universitat Homburg! Saar geschickt, wo die weiteren virologischen und serologischen Untersuchungen nach den dort chen Standardmethoden durchgefuhrt wurden (17, aus verschiedenen Gründen häufig zu kurz, urn eine was häufiger waren (34,4 % gegenuber Tab. 2 Therapieschema p>O,OS) und auch sehr schwere Formen ci- 1. Patienten ohne Steroid-Vorbehandlung erhielten randomisiert für 6 Wochen entweder Vidisept®-Augentropfen (Polyvinylpyrrolidon und ner Keratitis nummularis (mit mehr als 20 Konservierungsstoffe) oder ChibroCadron® (0,1 % Dexamethasonphosphat, Neomycin). 2. Patienten mit Steroid-Vorbehandlung erhielten für 6 Wochen Chibro-Cadron® 3. Die Dosierung erfolgte absteigend: 1. und 2. Woche 5 Tropfen in das erkrankte Auge 3. und 4. Woche 3 Tropfen in das erkrankte Auge 5. und 6. Woche 1 Tropfen in das erkrankte Auge 18,5 % der Augen: nicht signifikant; Nummuli) dann etwas haufiger waren, wenn nur das Trãnenersatzmittel gegeben wurde (18,8 % gegenuber 3,1 %). Dieser Unterschied ist mit p <0,01 signifikant (Abb. 3). Auffällig ist, da( wir mit der Gabe lokaler Steroide das Auftreten von Nummuli nicht verhindern, sondern nur verzögern konnten: während in der Tränencrsatzmittel-Gruppe die meisten Nummuli bereits in der 3. Woche erschienen waren, begannen sie in der Steroid-Gruppe erst allmàhlich ab der 4. Woche aufzutreten (Abb. 4). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Ergebnisse Unabhangig davon, ob die Patienten 6 WoDa sich bei den regelma1igen Kontrollen zeigte, chen lediglich symptomatisch Tränenersatzdaf Patienten, die uber sechs Wochen mit Steroi- mittel oder em Steroid erhielten, verlief die S. U 1-3. 4-7. 2. Trauzettel-Klosinski, R. Sundmacher, R. Wigand . 3. Tog Cortison —Th.rapl 5. 5. NummuL Woch. k.in. NummuL Erkrordiung.dou.c k.in. Kontroll. lreessatzmittsl n 32 n. 65 — — — — lrCn.n.rsotzmflt,L, n.12 Corhson—Thoropii.n .65 Abb. 1 Haufigkeit einer maBigen und schweren Adenovirus lyp 8-Konjunktivitis unter lokaler Therapie mit Steroid-Antibiotika-Tropfen und Tränen- Abb. 2 Haufigkeit von Nummuli beE ,,Epidemica" unter Steroid-Antibiotika- oder Tränenersatzmittel-Therapie. ersatzmitteln. Au g.n TrAnener,atzmittet mpt NwpmuL,) 1 — 10 I 10—20 pro Auge I Trcinen.rsatzmittel, n • 19 \\ Cortison —1h.rapi., n. t Beçinn 2 2 Th en op is End. Abb. 3 Anzahl der Nummuli pro Auge in Abhängigkeit von der Therapie beE den 62 Augen mit Abb. 4 Zeitpunkt des Auftretens der Nummuli bei Epidemica (Adenovirus Typ 8-Infektion) in Nummuli. Abhangigkeit von der Therapie. Hinweise auf eine passagere leichte Erkrankung auch tieferer Hornhautschichten oder auf eine leichte vorubergehende Iritis fanden sich bei 43,8 % der mit Tränenersatzmitteln anhaltendes Kratzen, Brennen Klagen und Fremdkorpergefuhl war auch viele Monate nach Abklingen der akuten Entzundung behandelten Augen im Vergleich zu nur Therapie in der Cortison-Gruppe signifikant (p <0,05) haufiger als in der Kontroligruppe (Abb. 5). Dieser Befund veranla&e uns, nochmals alle Patienten in beiden Studiengruppen anzuschreiben und zu einer weiteren Nachuntersuchung aufzufordern, die 9—18 Monate 12,3 % bei den steroidbehandelten Augen. Dieser Unterschied ist signifikant (p <0,001). Reversible, geringe Druckanstiege bis zu 28 mmHg applanatorisch fanden wir bei 7,7 % der steroidbehandelten Augen. Lediglich bei einem Patienten mit Glaucoma chronicum simplex stieg der intraokulare Druck unter Steroiden auf zeitweise bis zu 37 mmHg an. und nach Beendigung der sechswochigen nach Erkrankungsbeginn stattfand. Dieser Aufforderung leisteten nur noch 19 Patienten Folge. Von 7 seinerzeit mit Tränenersatzmit- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 902 Die Wirkung von Steroiden bel Keratoconjunctivitis epidemica 903 Potienten 60 Poti.nt•n 20 0 Sicca Beschwe,den rh keirte Sicca— keine Kontrolle Beschwerden 50 40 30 20 10 Tränenersatzmttet, n 18 Cortison - The rapie, n 35 a— I 'U Pot I Trdfwnirsotvvdtt.I II Cortiacn-Th.ropis n.12 Pot Abb. 5 Klagen Uber anhaltendes Kratzen, Brennen und FremdkorpergefQhl (,,Sicca-Symptomatik ) in Abhängigkeit von der vorausgegangenen Abb. 6 Häufigkeit von objektivierbaren Sicca- Therapie. konnteri. tein behandeiten Patienten klagte keiner Wir waren nun daran interessiert zu untersu- Symptomen bei 19 Patienten, die nach 9—18 Mo- naten noch einrnal nachuntersucht werden chen, ob man nicht schon das Auftreten von Nummuli verhindern kann, indem man die Erkrankungsphase Steroide erhaiten hatten, 7 Patienten schon im Frühstadium der Erkranstörende Sicca-Beschwerden klagten und kung, also vor der Manifestation der Nummindestens em objektives Sicca-Zeichen auf- muli, mit lokalen Steroiden behandelt und objektivierbare Sicca-Beschwerden, während von 12 Patienten, die während der akuten wiesen (s. Untersuchungsmethodik) (Abb. 6). Dieser Unterschied ist signifikant (p < 0,05). Hinsichtlich der Dauer der Nummuli lä& sich bisher noch keine abschlief?ende Aussage ma- diese Steroid-Therapie dann wochenlang konsequent weiterführt. Der Wirkung von Stero- then, da sich in beiden Gruppen noch UI2 in der Literatur durchaus kontrovers Jahre nach Erkrankungsbeginn die subepithelialen Trubungsscheibchen fanden. geurteilt wird (1, 4, 5, 6, 7, 9, 20). Im Gegensatz zu alien bisher veröffentlichten ähnlichen Disk ussion Es ist ailgemein bekannt, daL man mit einer lokalen Steroid-Therapie Nummuli nach Ke- ratoconjunctivitis epidemica relativ leicht zum Verschwinden bringen kann. Andererseits ist es aber auch cine ailgemeine Erfahrung, da1 diese Nummuli nach dem Absetzen der Steroid-Therapie wieder erscheinen (6, 9), manchmal sogar noch starker ausgeprãgt (9). Es besteht also kein Zweifel, daI man mit einer lokalen immunsuppressiven Therapie eine immunogene Folgeerkrankung einer Adenovirusinfektion (8, 10) — wenn auch nur passager — unterdrücken kann. iden bei Kce systematisch nachzugehen, erschien uns auch deshaib wichtig, weil hier- Studien (1, 2, 6, 7, 9, 20) haben wir Wert darauf gelegt, daI wir ausschliefllich virologisch-serologisch bewiesene Fdlle von Kce (Adenovirus-Typ 8-Infektion) auswerteten, mit deren Therapie wir im Frühstadium beginnen konnten. Dies erschien uns im Interesse einer giiltigen Aussage unbedingt erforderlich, weil die klinischen Verläufe von Adenoviruserkrankungen sehr variabel sein können. Die Patienten wurden entweder mit einem weit verbreiteten Tränenersatzmittel (Vidi- sept) behandelt oder erhielten em lokales Steroid (Chibro-Cadron). Im Chibro-Cadron® ist auch em Antibiotikum (Neomycin) enthalten. Wir zogen diese Kombination einer Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. L0 S Trauzettel-Klosinski, R. Sundmacher, R. Wigand Steroid-Monotherapie vor, urn etwaigen bakteriellen Superinfektionen vorzubeugen. Da dem Neomycin keine virustatische oder irnmunsuppressive Wirkung zukomrnt und von ihm auch sonst keine soichen lokalen Nebenwirkungen bekannt sind, wie wir sie in der ChibroCadron®Gruppe beobachteten, glauben wir, alle Wirkungen und Nebenwirkungen in dieser Gruppe allein auf das Steroid beziehen zu dürfen. Einige Vorteile einer früh einsetzenden und mehrwochig durchgefuhrten lokalen SteroidTherapie deuteten sich zwar bei verschiedenen Untersuchungsparametern an; diese Vorteile fielen aber insgesarnt nicht sehr ins Gewicht. Die Beschwerden der cortisonbehan- schränkt positiven" Beutteilung der CottisonTherapie bei der Kce. Neben den geringfugigen Vorteilen, die Steroide bei der Kce bieten, muf? man abet auch die in unserer Studie zutage getretenen Nachteile berucksichtigen. Mit unserem Therapieschema konnten wit das Auftreten von Nummuli keineswegs verhindern, sondern nut zeitlich hinausschieben. Da wit wissen, daf? fast alle Nummuli in kürzerer odet längerer Zeit spontan verschwinden (4), könnte dies bedeuten, dal? man mit einer lokalen Steroid-Thetapie die endgultige Heilung der Hotnhaut nut vetzögett (6). Wir müssen allerdings hervor- delten Patienten kiangen zum Teil etwas Ietzten Nachuntersuchung, die 9—18 Monate nach Erktankungsbeginn etfolgte, nut relativ wenige Patienten beurteilen konnten und da- schneller als die der mit Trãnenersatzmitteln behandelten ab (6, 20), und sehr schwere Fälle von Keratitis superficialis punctata Waren in der Steroid-Gruppe ebenfalls etwas weniger hàufig; diese Unterschiede waren abet nicht signifikant. Hingegen traten ausgeprägte Nummularisfälle in der Steroid-Gruppe sig- heben, daf? wit für diese Annahme bislang keinen Beweis haben, weil wir bei unseter bei in beiden Gtuppen noch Nummuli fanden. Natürlich gilt der von uns gefundene zeitliche Zusammenhang zwischen Auftreten von Nummuli und vorhergegangener Steroid-The- nifikant (p <0,05) weniger häufig auf rapie nur füt unset Dosierungsschema (Tab. (Abb. 3). Der äuLere Reizzustand war in bei- 2). Es ist durchaus votstellbar, wenn auch den Gruppen gleich stark und nahm auch vielleicht nicht seht wahtscheinlich, daf? man gleich schnell ab (2) (Abb. 1). Lediglich hinsichtlich der Hàufigkeit eines leichten tiefen Hornhautbefalls und einer geringen Iritis IieI? sich noch em weiterer statistisch signifikanter Unterschied (p < als 0,00 1) feststellen. Soiche Fälle wurden fast nut in der mit Tränenersatzmittel behandelten Gruppe beobachtet. Das bei unseren Patienten häufiger als von andeten Autoren (4, 5, 20) beobachtete Vorkommen tieferer Entzundungsformen erklärt sich vorwiegend daraus, dal? wit auch Minimal- mit einem Thetapieschema, bei dem noch veränderungen dokumentiert haben. Wenn man aber bedenkt, dal? tiefe Adenovirus-Erkrankungen meist wenig Folgen zeigen und weiter berücksichtigt, dal? sowohi die Gesamthaufigkeit einet Keratitis superficialis punctata (1, 9, 20) als auch die Gesamthäufigkeit einer Keratitis nummularis (6) in beiden Therapiegruppen vollig gleich war, so komrnt man insgesamt nut zu einer ,,einge- sehr viel langer als bei uns hoch dosiert wird, doch zu einem erheblich anderen Bud kornmt. Gleichzeitig dürften abet auch die Risiken der Steroid-Thetapie steigen, die bei unsetem Schema hinsichtlich einer bakteriellen Superinfektion ptaktisch zu vetnachlãssigen waren und auch hinsichtlich einer intraokularen Drucksteigerung mit der Ausnahme eines emzigen Glaukom-Patienten nicht ins Gewicht fielen. Wit muf?ten abet eine andete Nebenwitkung der Steroide bei der Kce zur Kenntnis nehmen, die uns vorher nicht bekannt war und die unseres Wissens auch noch nicht berichtet wotden ist, nämlich das gehäufte Auftreten eines ,,trockenen Auges" mit entsprechenden Beschwerden wie Kratzen, Brennen und Fremdkörpergefühl (Abb. 5). Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. 904 Die Wirkung von Steroiden bei Keratoconjunctivitis epidemica halten hatte, so ist dies em deutlicher Hinweis darauf, da man mit einer Steroid-Therapie bei einer Kce in einern nicht zu vernachlãssigenden Prozentsatz später ,,trockene Augen" haben wird. Da uns die in den Protokollen dokumentierten Beschwerden der Patienten allein für diese Aussage aber noch nicht zuverlassig genug erschienen (Abb. 5), haben wir versucht, nochrnals alle Patienten beider Studiengruppen zu einem späteren Zeitpunkt hinsichtlich des Vorhandenseins von objektiyen Sicca-Zeichen zu untersuchen. Wie bei solchen Nachuntersuchungen leider unverrneidbar, leisteten insgesamt nur noch 19 Patienten der Aufforderung zur Nachuntersuchung Folge, 7 hatten zuvor Tranenersatzmittel und 12 Steroide erhalten. Obwohi die Gesamtzahl dieser nach 9 bis 18 Monaten zu untersuchenden Patienten gering ist, ergibt sich doch em statistisch signifikantr Unterschied (p < 0,05): keiner der 7 Tränenersatzrnittel-Patienten klagte uber Symptome eines trockenen Auges oder wies objektive Sicca-Zeichen auf, während dies bei den 12 Cortison-Patienten siebenmal der Fall war (Abb. 6). Wir glauben also mit unseren Zahien belegen zu können, daf man 'mit einer SteroidTherapie bei einer Kce die Entwicklung eines ,,trockenen Auges" fördern kann. Unklar ist, weiches morphologische und pathophysiologische Substrat diesen ,,trockenen Augen" zu- grunde liegt. Nicht selten hat man ja noch viele Monate nach einer Kce rezidivierende minimale Nummuli; und man kann Epithelaufbrüche sich vorstellen, da1'. dies dann natürlich em Kratzund Reibegefuhl verursacht und hier em Grund für Kiagen der Patienten liegt. Wenn diese Annahrne zuträfe, so dürften sich nur Patienten mit Nummuli und enrsprechender assoziierter Keratopathia superficialis punctata Sicca-Symptome beklagt haben und dann dürfte auch kein Unterschied zwischen beiden Gruppen bestehen; denn Nummuli waren ja in beiden Gruppen gleich haufig. Wir haben bei den Nachuntersuchungen auch genau darauf geachtet, wo die fluorescein- und bengalpositiven Stippungen der Hornhaut zu finden waren. Bei den Patienten, bei denen wir diese Veränderungen als objektives Sicca-Zeichen werteten, befan- den sich die Stippungen keineswegs oder keineswegs uberwiegend über wurde ja auch die Bindehautanfärbbarkeit mit Vitalstoff gewertet. Hieraus scheint uns eindeutig hervorzugehen, daI wir es tatsàchlich mit den Sympto- men eines ,,trockenen Auges" nach Steroid-Be- handlung zu run haben und nicht urn eine rezidivierende Erosio-Symptornatik bei einer schleichenden Keratitis. Die Pathogenese dieser ,,trockenen Augen" zu kläten, war uns irn Rahmen dieser Studie unrnöglich. Weder konnten wir Bindehautbiopsien zur Beurteilung der Becherzellen und akzessorischen TrànendrOsen durchführen, noch geben uns die klinischen Tests verwertbare Hinweise. Wir batten neben dern Schirmer-Test, der ja nach ailgernemner Meinung vor allem die wàfrige Phase des Tränenfilmes, also die Procluktion der akzessorischen Tränendrüsen und der Haupttränendruse erfa&, auch gem den Aufbrechtest durchgeführt, der rnehr die Funktion der Mucinphase widerspiegeln soil. Von diesem Test haben wir abet Abstand genommen, weil einerseits einige Patienten noch geringe EpithelirreNummuli hatten und dies prakgularitaten tisch unabhängig vorn Zustand des Tranenfilms immer einen pathologischen Aufbrechtest zur Folge hat; andererseits ist auch in der Literatur verrnerkt, da der Aufbrechtest derart gro1e intra-individuelle Schwankungen aufweist (11, 16), daf er kaum verlaglich verwertbar sein dürfte. So bleiben hislang zur Erklärung dieses Steroid-Effektes eigentlich nur Hypothesen; und unsere Hypothese ist, da sich die Adenoviren nicht nur in den Epithelzellen der Bindehaut und Hornhaut vermehren (2, 14), sondern auch in den Becherzellen, den akzessorischen TränendrOsen und auch der Trãnendrüse selbst. Dort werden sie Schaden setzen, die aber normalerweise wohl durch Regeneration kompensiert werden können. Wenn man aber durch Steroidgaben einen negativen Einf1uf auf Imrnunabwehr und Regeneration ausübt (13), dann kann es offen- bar schon sein, daf klinisch relevante Dauerschaden zurückbleiben. Aus dem Ergebnis dieser prospektiven klinischen Studie sowie aus unseren ubrigen klinischen Beobachtungen bei Keratoconjuntivitis epidemica beurteilen wir die Wirkung von Steroiden bei dieser Erkrankung so: Steroide können die immunologischen Folgeerkrankungen wirksam unterdrücken, sofern sie in relativ hoher Dosierung gegeben werden. Das Beschwerdebild der akuten Erkrankung klingt hàufig etwas rascher ab, und sehr schwere Krankheitsverlàufe sind unter lokaler Steroid-Therapie eher etwas seltener. Ande- rerseits konnten wir mit unserem SteroidSchema das Abklingen des äuferen Reizzustandes nicht beschleunigen, und die Gesamthaufigkeit einer Keratitis superficialis punc- Heruntergeladen von: Thieme E-Books & E-Journals. Urheberrechtlich geschützt. Es mu1 herausgesteilt werden, da unsere Studienpatienten nach Beendigung ihrer sechswöchigen Therapie von uns keinerlei weitere Therapie erhielten. Wenn also in der Steroid-Gruppe signifikant Sicca-Symptome geklagt wurde als in haufiger der Gruppe, die seinerzeit Tränenersatzmittel er- 905 S. Trauzettel-Klosinski u. Mitarb.: Steroiden bei Keratoconjunctivitis epidemica tata und Keratitis nummularis war gleich gro1 wie in der Kontroligruppe. Nachteilig könnte sein, dat? man mit Steroiden die endgultige Heilung vielleicht verzogert, weil man das primate Auftreten der Nummuli hinausschiebt. Von besonderem Nachteil scheint uns aber die von uns erstmals nachgewiesene Ge- fahr eines ,,trockenen Auges" nach SteroidRehandlung bei der Kce im akuten Stadium zu sein. Mithin gibt es gewisse Vorteile neben eindeutigen, wenn auch nicht sehr schweren Nachteilen dieser Therapie. Dies veranlat?t uns, zur Zeit Steroide bei Kce nut in sehr schweren Erkrankungsfallen zur symptomatischen Linderung der Beschwerden und dann nur 7—10 Tage 3 bis S x taglich einzusetzen. Das Problem bei der Therapie der Kce ist nach wie vor, dat? kein wirksames Virustatikum gegen Adenoviren zur Verfugung steht. Solite dies eines Tages der Fall sein, so wird sich möglicherweise die Bedeutung von Ste- roiden in ganz anderem Licht darstellen. Dann könnte es nämlich sein, dat? in der Kombination eines wirksamen Virustatikums mit Steroiden die Therapie der Wahi läge. Literatur 1 Dawson, C. R., L. Hanna, T. R. Wood, R. Despain: Adenovirustype 8 keratoconjunctivitis in the United States. HI. Epidemiologic, clinical, and microbiologic features. Amer. J. Ophthal. 69 (1970) 473 2 Dawson, C. R., L. Hanna, B. Togni: Adeno 8 infections in the United States. Arch. Ophthal. (Chic.) 87 (1972) 258 3 Duke-Elder, S.: System of Ophthalmology. Vol. VIII, 1; 128ff: Kerato-conjunctivitis sicca. 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