134 8 Kornea Abb. 8-34 Keratitis ulcerosa (Ulcus corneae). Großes, frisches, oberflächliches Hornhautulkus nach FluoresceinAnfärbung. Das abgelöste Epithel ist am Rand des Ulkus in Form feiner Membranen zu sehen. Abb. 8-36 Keratitis ulcerosa profunda. Im Bereich zwischen 10 Uhr und 2 Uhr finden sich kleine, schwarz gefärbte Bezirke der Descemet-Membran, die nicht mit Fluorescein anfärbbar sind. Abb. 8-35 Keratitis ulcerosa profunda. Tiefer, scharf be­ grenzter Substanzverlust des Epithels und des Stromas. Das tiefe Ulkus wirkt wie ausgestanzt. Am Hornhautrand sind starke Gefäßeinsprossungen zu erkennen. Abb. 8-37 Irisvorfall. Das schwarze vorgefallene Irisstück verschließt die Rupturstelle. Beachte auch das Hypopyon und die Miosis. Die Descemetozele stellt einen absoluten Notfall dar, da die Membran jederzeit rupturieren kann. Hornhautulzera können verursacht werden durch: • mechanische Irritationen • Infektionen (virale, bakterielle, mykotische) • Austrocknen der Kornea • degenerative Prozesse • toxische Ursachen • trophische Ursachen II Augenerkrankungen Therapie: Ziel der Therapie ist es, eine Kornearegeneration zu ermöglichen und zu stimulieren, Sekundärinfektionen vorzubeugen, den Ziliarspasmus zu unterdrücken und den Schmerz auszuschalten. Die konsequente Behandlung ist essenziell, um die Sehfähigkeit zu erhalten. Bei der Therapie sollten einige grundsätzliche Regeln beachtet werden: • Wenn eine virale, bakterielle oder mykotische Infektion vermutet wird, ist immer eine antiinfektive Therapie erforderlich. Eine Tupferprobenent- 8.3 Keratitis • • nahme aus dem Ulkusbereich sollte vor allen anderen Maßnahmen durchgeführt werden, um bei Misserfolg einer initial eingeleiteten Behandlung gegebenenfalls nach Erregerisolierung eine spezifischere Medikation durchführen zu können. Zusätzlich kann eine Zytologie bzw. Histologie von Material aus dem Ulkusbereich zum Nachweis von Pilzhyphen oder zur kurzfristigen Bestimmung des überwiegend vorhandenen Keimspektrums nach Gramfärbung hilfreich sein. Je nach Tiefe und Infektionszustand des Hornhaut­ ulkus ist auf eine ausreichend hohe Applikationsfrequenz der lokalen Medikamente zu achten. Die lokale Verabreichung von Kortikosteroiden ist bei allen Fluorescein-positiven Hornhautläsionen kontraindiziert (Behandlungsfehler!), da sie durch Hemmung der Reepi­ thelisierung und Begünstigung von Infektionen die Gefahr der Entstehung tiefer Ulzera birgt. Eine alternative Möglichkeit, ohne die unerwünschten Nebenwirkungen der Kortikosteroide, ist die Applikation von Ciclosporin A. Ciclosporin A ist ein nichttoxisches, immunsuppressives Medikament, das vor allem die Aktivität der T-Helferzellen unterdrückt. Im Gegensatz zu Kortikosteroiden hat Ciclosporin A eine inhibierende Wirkung auf immunbedingte Ulzera und keinen negativen Effekt auf die Wundheilung. Ciclosporin A interferiert nicht mit der Aktivität der neutrophilen Granulozyten und hat zusätzlich eine eigene antimikrobielle Wirkung. Zusätzlich zur medikamentösen Therapie gehört das Débridement von unterminiertem Hornhaut­ epithel zur Behandlung eines Ulkus. Hierzu wird das lose Epithel mit einem in Polyvidon-Jod-Lösung getauchten Tupfer in Richtung Geschwürrand gebürstet und anschließend mit einer Skalpellklinge abgekratzt. Dies kann unter Oberflächenanästhesie und der Kooperation des Tieres angepasster Sedation erfolgen und, falls nötig, täglich wiederholt werden. In Abhängigkeit von den klinischen Symptomen kann eine begleitende systemische Medikation mit NSAID und gegebenenfalls Antibiotika erforderlich sein. Eine tägliche Kontrolle des Therapieerfolges ist notwendig. Wenn diese Betreuung im Stall nicht gewährleistet ist, sollte das Pferd in eine Klinik überwiesen werden. Eine Heilung, gekennzeichnet durch Gefäßeinsprossung und Bildung von Granulationsgewebe, ist oftmals erst nach Wochen erkennbar. Sollte die konservative Behandlung nach einigen Tagen keine Besserung bringen oder sich der Befund sogar verschlechtern, wird eine Abdeckung des Ulkus mit 135 verschiedenen operativen Techniken empfohlen (Ankyloblepahron, blutige Bindehautschürzen, unterschiedliche Flaptechniken). Die Wahl der Methode hängt in erster Linie vom Umfang und von der Lage der Ulzeration, aber auch von den Präferenzen des Chirurgen ab (s. Kap. 18.2.6, S. 252). Ein Pferd mit einem Hornhautulkus, das mehr als die Hälfte des Korneagewebes erreicht hat und nicht auf die Therapie anspricht oder eine klinische Verschlechterung zeigt, muss grundsätzlich als Notfall eingestuft und ohne weiteren Zeitverlust in eine Klinik überwiesen werden. Keratitis erosiva (Erosio corneae) Die Korneaerosion bzw. -abrasion ist eine unkomplizierte Form der Hornhautläsion. Betroffen ist hierbei nur das Hornhautepithel, das durch einen mechanischen Insult verletzt wurde. Aufgrund der sensiblen Innervierung des Epithels ist das Auge akut schmerzhaft. Therapie: Bei der Keratitis erosiva sind zur Verhinderung von Infektionen antibiotische Augensalben (3- bis 8-mal täglich) sowie gegebenenfalls epithelisierungsfördernde Augensalben ausreichend. Als antibiotische Augensalbe sollte ein Präparat mit einem Breitspektrum-Antibiotikum gewählt werden. Bei einer reflektorischen Miosis sollte zur Schmerzlinderung lokal 1%iges Atropin verabreicht werden. Meist ist eine einmalige Applikation bereits ausreichend. Die Heilung erfolgt bei unkompliziertem Verlauf innerhalb von drei bis sieben Tagen und normalerweise ohne Pannusbildung. Indolente superfizielle chronische Hornhauterosion Für diese Sonderform des Ulcus corneae ist das klinische Bild einer flachen Epithelerosion mit flachen, losen Epithelrändern typisch. Trotz lang andauernden Bestehens ist häufig wenig oder keine Vaskularisation zu verzeichnen. Die chronische Hornhauterosion tritt besonders bei älteren Tieren (über zehn Jahre) auf. Es wird vermutet, dass durch das Ersatzepithel keine suffiziente Basalmembran gebildet werden kann und somit keine stabile Epithelisierung erfolgt. Das Ulkus wird bereits durch geringe mechanische Insulte wie z.B. einen Lidschlag aufrechterhalten. Die betroffenen Augen sind meist nur wenig bis gar nicht schmerzhaft. Besonders bei hartnäckigen oberflächlichen Ero­ sionen bzw. Ulzera mit schlechter Heilungstendenz II Augenerkrankungen