hauser

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EINFAMILIENHÄUSER – GRÜN UND SCHÖN
DIE AUTOREN
Prof. Manfred Hegger und Isabell Schäfer sind an
der TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, tätig.
Manfred Hegger ist Architekt und Autor zahlreicher
Publikationen zum Thema energieeffizientes Bauen.
Grune hauser
• 30 aktuelle Einfamilienhäuser aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz
• Architektonisch anspruchsvoll und dabei
Ressourcen sparend
• Unter Bewertung aller wichtigen Nachhaltigkeits-Kriterien
MANFRED HEGGER
ISABELL SCHÄFER
Gute, anspruchsvolle Architektur und ökologischenergieeffizientes Denken sind längst kein Gegensatzpaar mehr. Dieses Callwey Buch stellt eine
große Bandbreite von ästhetisch anspruchsvollen
Einfamilienhäusern vor. Dabei werden alle relevanten Kriterien, die in Bezug auf die Nachhaltigkeit
eines Hauses entscheidend sind, berücksichtigt –
beispielsweise der Energiebedarf, der Flächenverbrauch, das Abfallaufkommen, der Einsatz erneuerbarer Energien, aber auch die Funktionalität und
räumliche Qualität sowie die Aufwertung vorhandenen Wohnraums werden untersucht und bewertet.
Eine ausführliche Einleitung sowie Interviews mit
renommierten Planern komplettieren das Buch zum
neuen Standardwerk für nachhaltiges und energieeffizientes Bauen im Einfamilienhausbereich.
MANFRED HEGGER
ISABELL SCHÄFER
Grune
EINFAMILIENHÄUSER – NACHHALTIG · ÖKOLOGISCH · ENERGIEEFFIZIENT
ISBN 978-3-7667-1809-9
,!7ID7G6-hbiajj!
www.callwey.de
hauser
Inhalt
06
Einleitung
90
Interview Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Werner Sobek
15
Die Projekte
92
16
Grüne Fassadenschichten schaffen
netzwerkarchitekten
Massivhaus energieeffizient planen
oxen + partner architekten
96
Hohe energetische Standards setzen
Cantón Thielen Architekten
22
26
30
34
38
44
In die Natur einfügen
Thomas Fabrinsky
100
Den Fußabdruck minimieren
kkw architekten
Holzbau in neuem Gewand präsentieren
Walter Unterrainer
104
Lebenswerte Räume schaffen
Sacker Architekten
Stadtlücken füllen
Opus Architekten
110
Baumaterialien und Technik mit Sorgfalt wählen
Dr. Peter Kuczia
Tageslicht intelligent nutzen
becker architekten
114
Anfügen und aufwerten
SchmalohrArchitekten
Auf natürliche Baustoffe setzen
Helm Westhaus Architekten
118
Einfach passiv bauen
pfeifer roser kuhn architekten
Selbstbewusst nachhaltig bauen
Coast Office Architecture
124
Ausblick und Sonneneinfall lenken
Architekten Hermann Kaufmann ZT GmbH
128
Interview Prof. Hermann Kaufmann
130
Den Aushub als Baustoff nutzen
Roger Boltshauser und Martin Rauch
48
Interview Prof. Günter Pfeifer
50
100 % erneuerbare Energien nutzen
Braun Associates Architekten
54
Auf ein Material setzen
Reichel Architekten
134
Auf innerstädtisches Wohnen setzen
c.fischer innenarchitekten
Kosten- und flächeneffizient planen
Bernardo Bader
58
138
62
Bestand energetisch ertüchtigen
Roswag & Jankowski Architekten
Mit der Sonne bauen
k _m.architektur
142
Bewahren und erweitern
Architektur 109
Bestand als Ressource nutzen
laurent savioz architecte
66
146
72
Alte Gebäudeformen neu interpretieren
hiendl _schineis architektenpartnerschaft
Experimente wagen und gewinnen
Felix Jerusalem
150
Ökonomisch und nachhaltig planen
oberpriller architekten
Fläche reduzieren – Raumwirkung maximieren
markus wespi jérôme de meuron architekten bsa
76
156
80
Anpassbarkeit planen
mm matthias_ maurer
Interview Staatssekretär
Dr.-Ing. Engelbert Lütke Daldrup
158
Architekten- und Bildnachweis
84
Nullenergie mit Hightech planen
Werner Sobek Stuttgart
160
Impressum
In die Natur einfügen
Thomas Fabrinsky
Auf einer schmalen Parzelle wurde für eine vierköpfige Familie ein Eigenheim mit Bildhau-
Standort Kleinmachnow, Deutschland
eratelier realisiert. Das Grundstück ist entsprechend der Gegend um Kleinmachnow durch
Lage Siedlung mit frei stehenden Einfamilienhäusern
einen waldähnlichen Charakter mit märkischen Kiefern geprägt. Dieser Baumbestand ist
ausschlaggebend für die Gestaltung des Baukörpers, der sich längs über das Grundstück
erstreckt und sich dabei in den Bewuchs einfügt. Neben seiner Formensprache nimmt sich
Grundstücksgröße 915 m2
Wohn- und Nutzfläche 281 m2
Bauweise Massivbauweise Stahlbeton/Mauerwerk
Fertigstellung 2007
das Gebäude auch durch eine optisch unauffällige Farbgebung gegenüber der umgebenden
Primärenergiebedarf 74 kWh/m2a
Natur zurück.
Heizenergiebedarf 66 kWh/m2a
Die innere räumliche Organisation des Wohnhauses folgt dem eigenwilligen Baukör-
Erneuerbare Energien Erdwärmepumpe mit Tiefenbohrung
perzuschnitt:
Die straßenseitige Erschließung über eine Rampe in das Untergeschoss geht auf die
topografischen Gegebenheiten ein und führt durch einen Gang, der mit Ausstellungsnischen in der Außenwand gesäumt ist, in das Bildhaueratelier im nördlichen schmalen
Gebäudebereich. Das Atelier mit Lagerräumen und einer Galerie im darüber liegenden
Geschoss wird über große Öffnungen mit ausreichend indirektem Nordlicht versorgt, das
optimale Bedingungen für künstlerisches Schaffen bietet. Durch einen separaten Badbereich ist es später möglich, den Atelierbereich als eigene Wohneinheit abzukoppeln.
Das Erdgeschoss bildet einen offenen Wohnbereich mit angrenzender Terrasse im Westen. Im Obergeschoss reihen sich private Wohn-, Schlaf- und Arbeitsbereiche entlang einer
westlich gelegenen Erschließungsachse auf. Ein Fensterband belichtet die Räume und gibt
den Blick in die Baumkronen frei.
Durch den Wunsch, weitgehend unabhängig von öffentlichen Energieversorgern zu
sein, entstand ein Konzept, dass die Raumtemperierung durch eine Erdwärmepumpe mit
Tiefenbohrungen über eine Fußbodenheizung erlaubt.
Der Massivbau besticht durch seine spannende räumliche Wirkung und präzise Detail-
Lageplan
lierung. Wie eine eigene Skulptur fügt er sich wie selbstverständlich in den umgebenden
Baumbestand.
Der lang gezogene schmale Baukörper ist behutsam
in die vorhandenen hochgewachsenen Bäume eingebettet.
22
23
Schnitt
M 1:200
Wohn- und Essbereich machen den für das Grundstück charakteristischen Baumbestand durch eine
gläserne Fassade im Innenraum erlebbar.
Das zweigeschossige Atelier im Norden
des Baukörpers bietet klimatisch wie tageslichttechnisch eine optimale Umgebung
für künstlerisches Schaffen.
24
Skulpturenhof
Luftraum
Künstleratelier
Schlafen
Galerie
Arbeiten
Bad
Terrasse
Bad
Technik
Abstellraum
Kind
Essen
Garage
Wohnen
Kind
Eingang
Untergesschoss
M 1:200
Erdgesschoss
M 1:200
Obergesschoss
M 1:200
Nachhaltigkeitsbewertung
Ökologische Qualität
Prozessqualität
• Einpassung in das Grundstück unter Berücksichtigung des Baum-
• Integration in Baumbestand
bestands
• geringer Flächenverbrauch durch kompakte Bauweise
Standortqualität
• langlebige Massivkonstruktion minimiert Abfallaufkommen
• Naturbezug
Soziokulturelle und funktionale Qualität
• Verknüpfung von Wohnen und Arbeiten
• anpassbar durch mögliche Teilung in zwei Wohneinheiten
25
Den Fußabdruck minimieren
kkw architekten
Auf einem nahezu unbebaubaren Grundstück mit 45 Grad Steilhanglage steht ein Wohn-
Standort Altena, Deutschland
turm mit kleinem „Fußabdruck“ und Weitsicht. Der grüne Baukörper ordnet sich im Sommer
Lage Steilhang
optisch dem umgebenden Wald unter und bildet im Herbst und Winter ein farbenfrohes
Gegengewicht zur entblätterten Landschaft.
Grundstücksgröße 520 m2
Wohn- und Nutzfläche 140 m2
Bauweise Holzrahmenbau
Auf je 35 Quadratmeter Nutzfläche stapeln sich über vier Geschosse alle notwendigen
Baukosten pro m2 Wohn- und Nutzfläche 1.570 Euro
Wohnnutzungen. Die Erschließung erfolgt hangseitig über eine filigrane Stahlbrücke. Eine
Gesamtkosten 220.000 Euro
einläufige Treppe verbindet die Geschosse miteinander, die durch weitgehend offene Grund-
Fertigstellung 2007
risse und leichte Einbauten in ihrer Nutzung flexibel belegbar sind.
Primärenergiebedarf 25 kWh/m2a
Durch großzügige Verglasungen im Süden sind die Wohnbereiche lichtdurchflutet und
Heizenergiebedarf 17 kWh/m2a
Erneuerbare Energien Stückholzheizung, Nutzung
eröffnen Blicke in das Tal der Rahmede.
Das Haus entspricht derzeit keiner barrierefreien Situation. Durch vorausschauende
Planung wurden jedoch Vorkehrungen wie verbreiterte Treppenpodeste und nachrüstbare
gefällter Bäume als Brennstoff, solarthermische
Heizungsunterstützung, externe regenerative Stromerzeugung
Installationsschächte getroffen, um bei Bedarf einen Fahrstuhl an der Außenseite anzubauen. Auch eine schwellenlose Dusche und ein ebenerdiger Eingang sind als Voraussetzungen
vorhanden, damit der Turm auch im Alter noch mühelos bewohnbar ist.
Der Wohnturm ist auf Stahlbetonfundamenten gegründet. Dabei wurde der Eingriff in
den Hang weitestgehend minimiert. Der Holzrahmenbau wurde in einer nahe gelegenen
Zimmerei vorgefertigt und innerhalb von nur einer Woche auf dem Grundstück zusammengefügt.
Die mit einer zusätzlichen lückenlosen Außendämmung aus Holzwolleleichtbauplatten
versehene Fassade reduziert Wärmeverluste auf ein Minimum. Der restliche Heizwärmebedarf wird über eine Stückholzheizung mit solarer Unterstützung gedeckt. Bäume, die vom
Grundstück entfernt werden mussten, werden als Brennholz zur Temperierung des Innenraums verwendet. Eine kontrollierte Wohnungslüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung
sichert die Raumluftqualität.
Mit dem Abschluss eines Ökostromvertrags ist der Energieverbrauch des grünen Wohnturms zu 100 Prozent regenerativ gedeckt.
Lageplan
Das Wohnhaus ist durch seine Lage mitten in einem
bewaldeten Grundstück geprägt und passt sich in seiner
Farbigkeit gut in die Umgebung ein.
26
Von einer Straße oberhalb des Grundstücks erreicht man
das Wohnhaus an der steilen Hanglage über eine Brücke.
Die Talseite des grünen Wohnturms bietet große Öffnungen,
die eine weitreichende Aussicht ermöglichen und im Winter
die Sonnenstrahlen zur passiven Erwärmung des Innenraums
einfangen. Eine nach Süden gerichtete Solaranlage unterstreicht den regenerativen Charakter des Hauses.
27
Lager
Eingang
Kochen
Haustechnik
Bad
Bad
Wohnen
Gast
Kind
Essen
Terrasse
Untergeschoss
Erdgeschoss
M 1:200
1. Obergeschoss
Schlafen
M 1:200
2. Obergeschoss
M 1:200
M 1:200
Durch raumhohe Fensterelemente wird die umgebende
dichte Vegetation in die Wohnräume einbezogen.
28
Schnitt
M 1:200
Farbige Akzente verleihen den Innenräumen Lebendigkeit.
Der Holzdielenboden wurde im 2. Obergeschoss bis ins Bad
weitergeführt.
Nachhaltigkeitsbewertung
Ökologische Qualität
Prozessqualität
• reduzierter Eingriff in Untergrund und Baumbestand durch
• besondere Beachtung der Hanglage
geringe Gründungsfläche
• reduzierte Bauzeit durch vorfabrizierten Holzbau
• geringe Flächenversiegelung
• Verwendung natürlicher Baustoffe
Standortqualität
• Gebäude sortenrein trennbar und recycelbar
• hoher Naturbezug
• Anbindung an bestehende Siedlung (Randlage)
Soziokulturelle und funktionale Qualität
• gestapelte Nutzungseinheiten mit umnutzfähigem Grundriss
• Barrierefreiheit vorgeplant und nachrüstbar
29
Lebenswerte Räume schaffen
Sacker Architekten
Am Rande von Freiburg entstand innerhalb einer heterogenen Villenbebauung ein Einfamili-
Standort Freiburg, Deutschland
enhaus, das aus zwei Kuben besteht. Das Haupthaus, ein dreigeschossiger Baukörper, ist mit
Lage vorhandene Villenbebauung
großzügigen Öffnungen in der Fassade nach Süden orientiert und wird durch einen quer
dazu liegenden Nebenbau im mittleren Geschoss durchdrungen. Durch begrünte Dachflächen fügt sich das Haus in seine Umgebung ein.
Die Anordnung der Baukörper formt im Süden zwei unterschiedliche Freibereiche: ein
Grundstücksgröße 1.067 m2
Wohn- und Nutzfläche 441 m2
Bauweise Stahlbeton, Pfosten-Riegel-Fassade
Baukosten pro m2 Wohn- und Nutzfläche 1.614 Euro
Gesamtkosten 711.640 Euro
südöstlich gelegener Terrassenbereich bietet einen Blick in die angrenzenden Baumkronen
Fertigstellung 2006
und fängt die Morgensonne ein. Der südwestlich orientierte Bereich ermöglicht eine Aus-
Primärenergiebedarf 72 kWh/m2a
sicht von der Hanglage des Grundstücks über die Stadt Freiburg.
Heizenergiebedarf 92 kWh/m2a
Im eingeschossigen Querbau befindet sich ein offener Koch-und Essbereich. Seine
öffenbaren raumhohen Glaselemente im Osten und Westen verbinden sich mit den
Erneuerbare Energien solarthermische Anlage
zur Warmwasserbereitung, Nutzung von Geothermie
zur Innenraumkonditionierung
angrenzenden Terrassen; gleichzeitig entsteht ein überdachter Freisitz als Erweiterung des
Essbereichs im Sommer und in den Übergangszeiten.
Der Zugang zum Gebäude erfolgt im Überschneidungsbereich der beiden Baukörper.
Innerhalb der angrenzenden Empfangshalle befindet sich eine einläufige Treppe zum Obergeschoss. Im Untergeschoss ist eine getrennte Einliegerwohnung geschaffen worden. Diese
kann extern vermietet werden oder bei Bedarf als Erweiterung der Hauptwohnung dienen.
Obwohl sich das Gebäude innerhalb der Hanglage über drei Geschosse erstreckt, wurde bereits bei der Planung auf eine durchgängige Barrierefreiheit geachtet. Mittels eines
integrierten Aufzugs sind alle Bereiche vom Keller bis hin zu den privaten Wohnbereichen
im Obergeschoss barrierefrei erreichbar.
Eine thermische Solaranlage auf dem Gründach sorgt gemeinsam mit einer über
Erdwärme gespeisten Wärmepumpe für die Warmwasserbereitung und Heizung. Die ökologische Qualität des Wohnhauses wird durch eine Regenwassernutzungsanlage erweitert.
Lageplan
Eine puristische Formensprache mit hochwertigen
Detaillösungen prägt die
Gestalt des Wohnhauses.
30
Raumhohe geschlossene und verglaste Elemente bestimmen
die Fassade und geben den Blick von der Hanglage ins Tal
nach Süden frei. Die Fensterformate sind den Nutzungen
der Räume entsprechend gewählt.
Über eine in den Hang integrierte Treppe ist der Eingangsbereich im mittleren Geschoss zu erreichen.
31
Hausanschluss
Keller
Keller
Bad
Eingang/
Einlieger
Ankleide
Technik
Wohnen
Garage
Keller
2. Untergeschoss M 1:200
1. Untergeschoss M 1:200
Das Badezimmer wird durch Glaselemente ausreichend
mit Tageslicht versorgt. Schmale Fenster reduzieren Einblicke
in den Raum.
32
Wohnen
Arbeiten
Sauna
Vorraum
Luftraum
Eingang
Bad
Gast
Galerie
Ankleide
Schlafen
Essen/Kochen
Terrasse
Terrasse
Erdgeschoss M 1:200
Obergeschoss M 1:200
Fließende Übergänge von innen nach außen: Der Essbereich
kann nach zwei Seiten erweitert und damit Teil des Außenbereichs werden.
Nachhaltigkeitsbewertung
Ökologische Qualität
• Erweiterbarkeit durch mögliche Verbindung mit Einliegerwohnung
• Minderung des CO2-Ausstoßes durch regenerativ gestütztes
• Aufzug für Barrierefreiheit
• Verwendung risikoarmer Baustoffe
Standortqualität
Energiekonzept
• begrüntes Dach zum Ausgleich der Flächenversiegelung
• Regenwassernutzung
• Anbindung an bestehende Stadtstruktur
• kompakte Bauweise
Soziokulturelle und funktionale Qualität
• geschützte Freibereiche mit unterschiedlichen Nutzungsqualitäten
33
Interview Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. Werner Sobek
Bitte fassen Sie in einem Satz zusammen, was für Sie die planerische
Herausforderung zukünftiger Gebäude ausmacht.
Die wichtigste Aufgabe, die Architekten und Ingenieure in Zukunft
zu lösen haben, ist, nachhaltige Gebäude von deren bisher zu häufig
angetroffenen Entsagungsästhetik zu befreien und sie stattdessen
atemberaubend attraktiv und aufregend zu machen.
Wie wird nachhaltiges Bauen in Zukunft die Qualität von Gebäuden
beeinflussen?
Zunächst muss Nachhaltigkeit quantifizierbar werden. Zertifizierungssysteme beispielsweise machen Nachhaltigkeit messbar
und erlauben so eine Einordnung eines Gebäudes wie auch einen
Vergleich zwischen verschiedenen Gebäuden. Die Einführung des
von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) in
Zusammenarbeit mit dem Bundesministerium für Verkehr, Bau
und Stadtentwicklung (BMVBS) entwickelten Gütesiegels wird sicher
einen wesentlichen Beitrag dazu leisten, die Qualität von Gebäuden
zu verbessern. Durch die Messbarkeit von Qualitäten wird ein Qualitätswettbewerb entstehen, zum Wohl der Baukunst.
Welche neuen Aufgabenfelder ergeben sich für Planer und Architekten?
Die Einbeziehung von Nachhaltigkeitsüberlegungen erfordert die
Zusammenarbeit aller Disziplinen, anders ist ein optimales Ergebnis
nicht zu erzielen. Das sequenzielle Planen wird einerseits immer
mehr durch integrales Planen ersetzt werden. Geeignet aufgebaute
Zertifizierungssysteme wie das der DGNB erlauben Architekten und
Fachplanern dabei, bereits während der Planung eine Optimierung
von Nachhaltigkeitsaspekten vorzunehmen. Andererseits sind Nachhaltigkeitsaspekte typischerweise interdisziplinär angesiedelt, die
einzelnen an der Planung Beteiligten müssen deshalb ihre Betrachtungsweisen ändern, was letztlich auch für die Ausbildung Konsequenzen hat.
Sind beim Bau eines nachhaltigen Gebäudes Mehrkosten zu erwarten?
Wie groß sind sie Ihrer Meinung nach – und wer soll sie tragen?
Bei Planung und Bau von nachhaltigen Gebäuden können durch
den dabei erreichten hohen Qualitätsstandard geringfügig höhere
Kosten entstehen. Diese werden aber innerhalb weniger Jahre durch
die geringeren Kosten für Unterhalt und Betrieb des entsprechenden
Gebäudes mehr als kompensiert. Wir dürfen nicht vergessen, dass
bei einem Bürogebäude durchschnittlich 80 Prozent der Kosten, die
90
innerhalb der ersten 30 Jahre entstehen, durch Unterhalt, Betrieb und
geschah dann durch die Initiative einiger weniger, quasi „von unten
Rückbau bedingt sind – nur 20 Prozent der Kosten entstehen durch
her“, mit der Gründung der DGNB. Die politische Seite hat sich erst
Planung und Bau. Nachhaltigkeit bedeutet also immer auch ein Be-
viel später der Idee der Etablierung eines Zertifizierungssystems
trachten längerer Zeiträume und den Blick aufs Ganze.
angeschlossen.
Wie groß schätzen Sie die Nachfrage nach nachhaltigem Bauen ein?
Ein Zertifizierungssystem bildet weitgehend objektivierbare Parameter
Wie kann diese erhöht werden?
ab. Die Qualität von Gebäuden wird aber auch durch die Ästhetik, also
weitgehend subjektive Werte, bestimmt. Wie kann die Gestaltqualität
Nachhaltiges Bauen hat in den vergangenen Jahren rasant an Bedeu-
bewertet werden?
tung gewonnen. Es wird dabei von den meisten Akteuren im Bau- und
Immobilienwesen nicht nur als eine Chance zur Differenzierung und
Wir alle wissen spätestens seit den Forschungen der 70er Jahre des
Wertsteigerung angesehen, sondern auch als die Wahrnehmung
vergangenen Jahrhunderts, dass Gestaltqualität nicht quantifizierbar
einer Verantwortung gegenüber den nach uns kommenden Genera-
ist. Gestaltqualität kann deshalb auch durch ein Zertifizierungs-
tionen. Das stetig steigende Interesse an der Arbeit der DGNB zeigt,
system niemals bewertet werden. Letzteres war übrigens auch nie
wie sehr immer mehr Bauschaffende und Investoren sich dieser ihrer
das Ziel der DGNB.
Verantwortung bewusst werden. Ich bin sicher, dass das Interesse an
nachhaltigem Bauen in Zukunft noch sehr viel stärker steigen wird.
Wie definieren Sie die idealen Leistungen eines Gebäudes in einem
Zukunftsszenario?
Welche Rolle nimmt vor diesem Hintergrund das DGNB Zertifizierungssystem ein?
Ein Gebäude sollte idealerweise nicht nur höchsten Komfort für seine
Nutzer bieten, sondern auch alle Anforderungen unseres Triple Zero®-
Das Zertifizierungssystem der DGNB ist ein wichtiges Instrument,
Konzepts erfüllen:
um Nachhaltigkeit messbar und vergleichbar zu machen. Meines
– Zero Energy: Ein Gebäude sollte im Jahresmittel nicht mehr Energie
Erachtens ist es unabdingbare Voraussetzung dafür, nachweislich
nachhaltig zu bauen.
verbrauchen als es selbst erzeugt.
– Zero Emission: Ein Gebäude soll keine Emissionen erzeugen.
– Zero Waste: Ein Gebäude soll vollständig demontierbar und
Warum ist das deutsche DGNB-System im internationalen Vergleich so
rezyklierbar sein.
spät erarbeitet worden? Inwieweit unterscheidet es sich von anderen
Systemen?
Wohnen, arbeiten Sie schon in einem nachhaltigen Gebäude?
Deutschland besitzt durch seine Normen und den Stand der Technik
Mein Wohnhaus R128, in dem ich seit fast 10 Jahren mit meiner Fa-
im hiesigen Bauwesen im internationalen Vergleich einen sehr hohen
milie lebe, ist ein Triple Zero-Gebäude: Es verbraucht im Jahresmittel
Standard. Darüber hinaus nimmt das Bauwesen in Deutschland im
nicht mehr Energie, als es erzeugt, es erzeugt keine Emissionen oder
Bereich des energiesparenden Bauens weltweit einen Spitzenplatz
für die Nutzer schädlichen Stoffe, und es kann dank seines modularen
ein. Was man allerdings völlig vergessen hatte – und hierin liegt
Aufbaus und des Verzichts auf Verbundwerkstoffe nahezu vollkom-
in erster Linie ein schlimmes politisches bzw. industriepolitisches
men rezykliert werden. Darüber hinaus bietet es durch seine große
Versäumnis –, ist, unser Know-how bzw. die dadurch ermöglichte
Transparenz und die Gebäudeautomation einen sehr hohen Komfort,
Qualität unserer Bauten beschreibbar, quantifizierbar zu machen. Was
den nicht nur wir, sondern auch unsere zahlreichen Gäste nach wie
man auf Seiten der Politik völlig übersah, ist, dass durch ein Qualitäts-
vor außerordentlich schätzen und genießen.
beschreibungssystem, also z.B. ein Zertifizierungssystem, Industriestandards gesetzt werden. Nachdem LEED und andere Systeme in
Deutschland Fuß zu fassen begannen und damit eine „Standardsetzung aus Washington“ drohte, war klar, dass wir zur Vermeidung einer
Verwässerung unserer Bauqualität und damit zur Sicherung unseres
Bauwesens insgesamt ein eigenes System entwickeln mussten. Dies
91
Auf natürliche Baustoffe setzen
Helm Westhaus Architekten
Als Ergänzung einer innerstädtischen Villenbebauung fügt sich der Wohnkubus in den
Standort Berlin-Pankow, Deutschland
Baumbestand, ohne diesen durch bauliche Elemente wie etwa eine Unterkellerung zu
Lage Stadt
Grundstücksgröße 1.485 m2
beeinträchtigen. Der kompakte Baukörper verfügt über eine geringe Außenoberfläche im
Wohn- und Nutzfläche 198 m2
Verhältnis zu seinem Raumvolumen. Dies reduziert zusammen mit einer 30 Zentimeter
Bauweise Holzständerbau
starken Zellulose-Dämmschicht Wärmeverluste über die Hülle. Direkte Sonneneinstrahlung
Baukosten pro m2 Wohn- und Nutzfläche 1.360 Euro
wird durch große Fassadenöffnungen passiv genutzt. Ein wassergeführter Holzkamin und
Gesamtkosten 270.000 Euro
Solarkollektoren unterstützen das Heizsystem. Der regenerative Charakter des Gebäude-
Fertigstellung 2006
versorgungskonzepts wird zudem durch einen Regenwasserspeicher ergänzt, der den
Primärenergiebedarf 22 kWh/m2a
Frischwasserverbrauch senkt.
Heizenergiebedarf 48 kWh/m2a
Erneuerbare Energien solarthermische Kollektoren zur
Als einfacher Holzständerbau konzipiert, nutzt das Haus intelligent statische und
Brauchwarmwassererwärmung und Heizungsunter-
räumliche Möglichkeiten aus. Ein dreigeschossiger Gebäudeteil orientiert sich zur Stra-
stützung, Stückholzkamin, passive Solargewinne
ße, in den Garten hingegen blicken nur zwei Geschosse. Eine klare und spannungsvolle
Raumabfolge durch geschossübergreifende Blickbeziehungen zeichnen die innere Struktur
aus. Großzügige Verglasungen erzeugen fließende Übergänge zur Umgebung. Durch das
vereinfachte statische System können Trennwände individuell angepasst werden, wodurch
der Grundriss auf wechselnde Anforderungen reagieren kann.
Die eingesetzten Materialien sind unter ökologischen Gesichtspunkten gewählt. Über
die Zelluloseschüttung als Dämmschicht und die unbehandelte Holzfassade bis zu Holzfenstern und Eichenstabparkett wurde auf eine geringe Herstellungsenergie und ressourcenschonende Pflege geachtet. Alle Konstruktionsschichten lassen sich einfach demontieren und sind damit leicht recycelbar.
Im gebäudehohen Luftraum im Innern steigt die warme Luft auf und kann über ein
öffenbares Oberlicht entweichen. So entsteht ohne Energieaufwand ein natürlicher Luftwechsel im gesamten Gebäude.
Ein klar definiertes Planungsziel im Team aus Bauherr und Architekt, Landschaftsplaner,
Energieberater, Statiker und Bauunternehmer machte eine effiziente und kostensparende
Planungs- und Bauphase von nur einem Jahr möglich.
Lageplan
Mitten in einem bewaldeten Grundstück steht unterhalb
der Baumkronen der klare Holzkubus. Der unangetastete
Außenraum kommt in seiner Natürlichkeit zur Geltung.
114
115
Lager
Arbeiten
Bad
Bad
Galerie
Eingang
Kochen
Luftraum
Schlafen
Essen
Erdgeschoss
M 1:200
Kind
Wohnen
1. Obergeschoss
M 1:200
2. Obergeschoss
M 1:200
Große Fensterelemente schaffen die Einbindung in den
umgebenden Wald. Der Blick aus der Badewanne erweckt
die Illusion, man befinde sich mitten in den Baumkronen.
Der schmale und lang gestreckte Treppenraum wird durch
große Fensterelemente räumlich erweitert, die den Blick
ins Grüne eröffnen.
116
Kind
Der Wohnraum besitzt einen den schwellenlosen Übergang
zum Außenraum. Der Verzicht auf Terrassenflächen unterstreicht
das Bild eines Hauses mitten im Wald.
Nachhaltigkeitsbewertung
Ökologische Qualität
• alternative Ausbaumöglichkeiten innerhalb der bestehenden Hülle
• geringer CO2-Ausstoß durch risikoarme und weitgehend natürliche
• Lüftung über natürlichen Kamineffekt durch gebäudehohen Luft-
Materialwahl
raum mit öffenbarem Oberlicht
• Ressourcenschonung durch weitgehend regenerative Energieversorgung
• Regenwassernutzung zur Reduktion des Frischwasserverbrauchs
• natürliche Baustoffe und unbehandelte Fassade gut recycelbar
Prozessqualität
• integrales Planungsteam, Sicherung der Nachhaltigkeitsaspekte
bei Ausschreibung und Vergabe
• extensives Gründach
Standortqualität
Soziokulturelle und funktionale Qualität
• barrierefreies ebenerdiges Wohnen im Alter, schwellenlose
Öffnungen
• Außenraumgestaltung teilweise durch vor Ort vorgefundene
Steinplatten
• Anbindung an die Innenstadt
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EINFAMILIENHÄUSER – GRÜN UND SCHÖN
DIE AUTOREN
Prof. Manfred Hegger und Isabell Schäfer sind an
der TU Darmstadt, Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, tätig.
Manfred Hegger ist Architekt und Autor zahlreicher
Publikationen zum Thema energieeffizientes Bauen.
Grune hauser
• 30 aktuelle Einfamilienhäuser aus Deutschland,
Österreich und der Schweiz
• Architektonisch anspruchsvoll und dabei
Ressourcen sparend
• Unter Bewertung aller wichtigen Nachhaltigkeits-Kriterien
MANFRED HEGGER
ISABELL SCHÄFER
Gute, anspruchsvolle Architektur und ökologischenergieeffizientes Denken sind längst kein Gegensatzpaar mehr. Dieses Callwey Buch stellt eine
große Bandbreite von ästhetisch anspruchsvollen
Einfamilienhäusern vor. Dabei werden alle relevanten Kriterien, die in Bezug auf die Nachhaltigkeit
eines Hauses entscheidend sind, berücksichtigt –
beispielsweise der Energiebedarf, der Flächenverbrauch, das Abfallaufkommen, der Einsatz erneuerbarer Energien, aber auch die Funktionalität und
räumliche Qualität sowie die Aufwertung vorhandenen Wohnraums werden untersucht und bewertet.
Eine ausführliche Einleitung sowie Interviews mit
renommierten Planern komplettieren das Buch zum
neuen Standardwerk für nachhaltiges und energieeffizientes Bauen im Einfamilienhausbereich.
MANFRED HEGGER
ISABELL SCHÄFER
Grune
EINFAMILIENHÄUSER – NACHHALTIG · ÖKOLOGISCH · ENERGIEEFFIZIENT
ISBN 978-3-7667-1809-9
,!7ID7G6-hbiajj!
www.callwey.de
hauser
Bestellung
Manfred Hegger / Isabell Schäfer
Grüne Häuser
Einfamilienhäuser – nachhaltig Ÿ ökologisch Ÿ energieeffizient
2009. 160 Seiten, 185 Abbildungen und 156 Pläne und Zeichnungen
gebunden
€ 59,95
ISBN 978-3-7667-1809-9
Fax 089 / 43 60 05-317
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