1 Objektseitige Einflüsse auf die reflektorlose Distanzmessung beim terrestrischen Laserscanning Miriam ZÁMEČNÍKOVÁ und Hans NEUNER TU Wien, Department für Geodäsie und Geoinformation, Forschungsgruppe Ingenieurgeodäsie [email protected]; [email protected] Zusammenfassung Terrestrische Laserscanner sind etablierte Messmittel für verschiedenste ingenieurgeodätische Aufgabenstellungen. Die ganzheitliche Erfassung der Geometrie eines Messobjektes ist in Zusammenhang damit ein häufig genannter Vorteil gegenüber den klassischen, punktbasierten Verfahren. Trotz zahlreicher Untersuchungen und der Entwicklung verschiedener Prüf- und Kalibrieransätze für terrestrische Laserscanner ist festzustellen, dass eine durchgreifende Beherrschung der hierbei entstehenden Messabweichungen bislang fehlt bzw. nicht etabliert ist. Die Größenordnung der entstehenden Messabweichungen ist bedingt durch: - die Instrumente, - das Ausbreitungsmedium, - die Messkonfiguration und das Objektmaterial. Gilt es, im Verständnis der grundsätzlichen geodätischen Vorgehensweise auf Basis von terrestrischen Laserscans statistisch begründete Aussagen bezüglich der Objektgeometrie und ihrer Veränderung zu treffen, so ist eine Quantifizierung der Messabweichungen in Abhängigkeit der konkret vorliegenden Merkmale aus den obigen drei Kategorien unerlässlich. Nur dadurch sind beispielsweise in einer ingenieurgeodätischen Deformationsanalyse Effekte aus dem Messprozess von stattgefundenen Deformationen trennbar. Sollen letztere statistisch signifikant nachgewiesen werden, so ist es erforderlich, Messabweichungen, die bis zu einer Größenordnung kleiner sind, zu berücksichtigen. Einen Beitrag zur Lösung dieser großen Herausforderung liefern die hier vorgestellten Arbeiten, die sich mit der Feststellung, Beschreibung und Quantifizierung (eines Teils) von Messabweichungen in Abhängigkeit der Messkonfiguration und des Objektmaterials beschäftigen. Der Fokus liegt auf den Einfluss des Auftreffwinkels und der Rauheit der Objektoberfläche auf die Ergebnisse der reflektorlosen Distanzmessung des terrestrischen Laserscanners. In der Forschungsgruppe Ingenieurgeodäsie der TU Wien wurden in den vergangenen Jahren Ansätze entwickelt, um die genannten Abweichungen auf der Ebene der einzeln gemessenen Distanzen zu untersuchen. Die Abgrenzung zu den publizierten Methoden aus der einschlägigen Fachliteratur besteht im vollständigen Verzicht auf Ersatz-Geometrien bzw. auf Hypothesen bezüglich einer bestimmten geometrischen Form des untersuchten Objektes. Der vorgestellte neuartige Ansatz beruht auf das Scannen von Objekten gleichen Materials jedoch unterschiedlicher Rauheit unter verschiedenen Auftreffwinkel von einem festen Standpunkt aus. Die Untersuchungsobjekte sind Granitplatten, die dem gleichen Block entstammen und mit unterschiedlichen Verfahren verarbeitet wurden, so dass ihre Oberfläche Hanke, K. & Weinold, Th. (Hrsg.) (2017): 19. Internationale Geodätische Woche Obergurgl 2017. © Herbert Wichmann Verlag, VDE VERLAG GMBH, Berlin/Offenbach. ISBN 978-3-87907-xxx-x. 2 M. Zámečníková und H. Neuner verschiedene Rauheitsstufen aufweist. Die gemessenen Distanzen resultieren aus der Transformation der „gemessenen“ kartesischen Koordinaten in polare Elemente. Diese Distanzen werden anschließend mit zugeordneten Referenzdistanzen verglichen. Zur Herleitung der Referenzdistanzen wird ein geodätisches Grundlagennetz geschaffen, dessen Punkte mit Lasertracking bestimmt sind. Standardabweichungen der Koordinaten, die deutlich unterhalb des Zehntel Millimeters liegen, sind dadurch erreichbar. Das Netz erstreckt sich über den gesamten Bereich der gemessenen Distanzen. Infolge des Einsatzes eines scannenden Tachymeters ist es möglich, die Punkte des Grundlagennetzes anzuzielen und so das Instrument im Koordinatensystem des Grundlagennetzes zu positionieren und zu orientieren. Die geschätzten Standpunktkoordinaten bilden das eine Ende der Referenzdistanz. Zu jedem Auftreffwinkel wird die Oberfläche der Platte mit einem handgeführten Nahbereichs-scanner erfasst. Systembedingt resultieren die hieraus gewonnenen Punktwolken im Koordinatensystem des Lasertrackers bzw. des Grundlagennetzes. Sie sind charakterisiert durch eine sehr geringen Punktabstand und eine Standardabweichung der Punktlage, die deutlich unter dem Zehntel Millimeter liegt. Die Verschneidung der räumlichen Strahlen aus der Punktwolke des terrestrischen Laserscanners mit der Punktwolke des Nahbereichsscanners ergibt den zweiten Punkt der jeweiligen Referenzdistanz. Die Differenzen zwischen den gemessenen Distanzen und den Referenzdistanzen quantifizieren den Einfluss des Auftreffwinkels. Dessen systematische Wirkungsweise ist eindeutig feststellbar. Eine Abhängigkeit dieses Einflusses von der Rauheit ist in den Ergebnissen ebenfalls nachweisbar. Dies unterstützt die Schlussfolgerung, dass einerseits ein gemeinsamer Einfluss des Auftreffwinkels und der Rauheit der Objektoberfläche zu berücksichtigen ist und andererseits, dass eine differenzierte Betrachtung des Auftreffwinkels erforderlich ist: auf makroskopischer Ebene als Winkel zwischen der Messkeule und der Oberflächennormalen berechnet im Footprint des Laserstrahles und auf mikroskopischer Ebene als Winkel zwischen jedem Strahl der Messkeule mit der jeweiligen Normalen zur differenziellen Oberfläche.