Christian Stadtmüller Einführung in die Ökumene Die Geschichte der ökumenischen Bewegung Peter Neuner beschreibt m. E. völlig korrekt die Kirchenspaltungen, die sich bis hinein in alle Lebensbereiche ausgewirkt haben. Selbst in den letzten Jahrzehnten des vergangenen Jahrhunderts war dies noch immens zu verspüren. Denken wir nur an die nicht einheitlichkonfessionellen Gebiete, z. . in Ober- und Mittelfranken oder einigen Gegenden Hessens. Hier erkennen wir noch heute die „territoriale Abgrenzung“ von der Neuner spricht. Ist jenes Dorf lutherisch, so das nächste schon wieder katholisch oder (vor 1933) jüdisch. Selbst zwischen diesen Menschen, die einer „Rasse“ und einer Nationalität angehörten, wirkte sich die Kirchenspaltung bis hinein in die initimsten Bereiche des Menschen aus. Eine Heirat zwischen einem Lutheraner und einer Katholikin war nahezu unmöglich. Noch im Jahr 1954 legte die Diözesansynode des Bistums Würzburg unter Bischof Julius Döpfner fest, dass der Klerus konfessionsverschiedenen Ehen auf alle Fälle und mit Nachdruck entgegenwirken muss. Das war wenige Jahre vor dem zweiten vatikanischen Konzil! Bis dato verstand die römisch-katholische Kirche unter Beendung von Kirchenspaltung auch nur die Rückkehr „in den Schoß der Mutter Kirche“, wie es so schön gesagt wurde. Beispiele für den Versuch die kirchliche Einheit wiederherzustellen bietet Neuner genug. Angefangen beim Reichstag von Augsburg 1530 und dem Religionsgepräch in Regensburg 1541. Aber nach und nach musste man erkennen, dass die Kirchenspaltung nicht ein vorübergehender Status der Kirche Christi sein würde, sondern eine längerfristige Angelegenheit. Jede Kirche sah in sich die Kirche Christi im wahren Sinn und so verhärteten sich die Gegensätze zwischen den Konfessionen. Überrascht bin ich, dass Neuner der Aufklärung einen gewissen Anteil am Streben zur Einheit der Kirche hin zuweist. Von dieser Bewegung angetrieben konnte Weihbischof von Hontheim (zurecht) die tiefsitzenden Probleme Primat des Papstes, sowie kirchenpolitische und verfassungsrechtliche Probleme beim Namen nennen. Ich denke, dass unser Papst um diese Probleme weiß und auch deshalb die Diskussion des petrinischen Amtes als Medium im Einsatz für die Einheit zugelassen und gefördert hat. Landesbischof Friedrich äußerte sich je schon bereits positiv gegenüber der Idee, der Papst könnte eine vermittelnde Rolle spielen und sozusagen das Sprachrohr der Christenheit in der Welt werden. Die Versuche von staatlicher Seite die Konfessionen (in diesem Fall lutherisch und reformiert) zeigen, inwieweit die Kirche(n), gerade die, die us der Reformation hervorgingen mit dem Staat Hand in Hand gingen bzw. noch gehen (vgl. Staatskirchen in Skandinavien). Ergebnis des Versuches von Friedrich Wilhelm III. war bloß eine neue Abspaltung von sog. Alt-Lutheranern, die in Amerika bis heute ihren traditionalistischen Glauben weiterleben. Das zeigt mir, dass unter Druck – und in diesem Falle unter Druck von außen – eine kirchliche Einheit nicht auf den Weg gebracht werden kann. Dies zeigt ferner den Versuch des preußischen Königs eine anglikanisch-preußische Diözese in Jerusalem zu errichten. Mit dem Wort „Erweckungsgedanken“ kann ich leider konkret nichts anfangen. Ich verstehe es nicht als Wort für sich. Wichtig erscheint mir der immer wieder auftauchende sozial-caritative und friedensschaffende Aspekt der Einheitsbewegung, die besonders unter den Umständen der Mission zu verstehen sind. Nicht kirchenpolitische oder –rechtliche Diskussionen wurden geführt, sondern es wurde versucht, der Menschheit zum Heil zu dienen, zum Lobe Gottes. Beeindruckt bin ich von den Aussagen der Weltkonferenz für praktisches Christentum, wenn gesagt wird, dass die Kirchen die Pflicht haben, das Evanglium „auf allen Gebieten des menschlichen Lebens zu der entscheidenenden Macht zu machen – im industriellen, sozialen, politischen und internationalen Leben ... Je näher wir dem Gekreuzigten Christus kommen, um so näher kommen wir einander, wie verschieden die Farben auch sein mögen, in denen unser Glaube das Licht widerstrahlen lässt. Unter dem Kreuz Christi strecken wir einander die Hände entgegen ... in dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn allein liegt die Hoffnung der Menschheit.“ Neuner hatte völlig recht, diese Worte wörtlich zu zitieren. Sie sind schlichte, aber sogleich erhabene Worte, denen jeder Christ wohl von ganzem Herzen zustimmen kann: Ja, so soll es sein, in Gottes Namen.