Tabakkonsum und psychische Störungen

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Rauchen und psychische Störungen
Christoph Kröger
IFT-Gesundheitsförderung,
Montsalvatstraße 14, 80804 München
BAS, Fortbildungsveranstaltung
München , 6. Februar 2013
IFT
Epidemiologie
Etwa 17 Millionen Deutsche rauchen
40
35
30
25
20
15
10
5
Männer
Frauen
Gesamt
Mikrozensus
0
Anteil der Raucher
Quelle: Bundesstudie (18-59 J.) bzw. Mikrozensus (älter als 15 J.)
IFT
Raucheranteil nach Geschlecht und Alter
(Mikrozensus)
50
45
40
35
30
25
20
15
10
5
0
Männer
Frauen
1519
2529
3539
4549
5559
6569
74+
IFT
Tabakassoziierte
Gesundheitsschäden
 Herz- & Gefäßschädigungen
 Krebserkrankungen
 Atemwegserkrankungen
 Infektionsrisiko
 Wundheilungsstörungen
 Hautschäden
 Impotenz (bei Männern)
 Beeinflussung des Hormonhaushalts (bei Frauen)
IFT
Lebenszeiterwartung für Raucher
IFT
Gliederung des Vortrags
1. Rauchen und psychische Prozesse
2. Rauchen und psychische Erkrankungen
3. Rauchstopp bei Personen mit psychischen
Erkrankungen
IFT
Subjektive Wirkungen von Nikotin/Tabak Anregung und Beruhigung
 Aufmerksamkeit
 Psychomotorische
Leistung
 Stresstoleranz
 Entspannung, Beruhigung





Aggressivität
Nervosität, Reizbarkeit
Angst
Depression
Appetit
IFT
Das Besondere beim Rauchen:
Inhalieren ist der schnellste Weg zum Gehirn
 nur ca. 10 sec braucht
das Nikotin, bis es das
Gehirn und die anderen
Organe über den
arteriellen Kreislauf
erreicht
(Benowitz, 1996)
IFT
Objektive Wirkungen von Nikotin/Tabak
Leistungssteigerung
Rauchen bzw. Nikotingabe hat positive kurzfristige Effekte
• Feinmotorik
• Aufmerksamkeit/Genauigkeit
• Aufmerksamkeit/Reaktionszeit
• Orientierungsreaktionen/Reaktionszeit
• Episodisches Kurzzeitgedächtnis/Genauigkeit
• Arbeitsgedächtnis/Reaktionszeit
Die Effekte gelten für Raucher und Nichtraucher
• Die Effekte sind nicht auf Verhinderung bzw. Beendigung der
Entzugsproblematik zurückzuführen
Raucher schneiden nicht besser ab als Nichtraucher
Heishman et al, 2010, Metaanalyse
IFT
Rauchen und psychische Erkrankungen
Raucher sind per definitionem psychisch krank
Raucher sind abhängig von Nikotin (DSM IV) bzw. Tabak (ICD10)
1.
2.
3.
4.
5.
6.
Anhaltend starker Wunsch oder eine Art Zwang
Verminderte Kontrollfähigkeit
Körperliche Entzugssymptome
Toleranzentwicklung
Fortschreitende Vernachlässigung anderer Tätigkeiten
Fortgesetzter Konsum trotz eindeutiger gesundheitsschädlicher Folgen
Anteil der nikotinabhängigen Raucher (DSM-IV)
30,0
26,6
25,0
20,0
22,8
20,9
19,9
20,1
19,9
19,2
18,8
18,7
14,9
15,0
10,0
5,0
-6
4
60
-5
9
50
-4
9
40
-3
9
30
-2
9
25
-2
4
21
-2
0
18
en
Fr
au
M
än
ne
t
r
0,0
G
es
am
Prävalenz in %
30 % bis 80 % der Raucher sind
nikotin- bzw. tabakabhängig
Deutschland, ESA-Daten 2009, Pabst et al 2010
IFT
Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit
Der Test misst die Stärke der körperlichen Nikotinabhängigkeit
mit 6 Fragen, 0 bis 10 Punkte sind erreichbar:
0 - 2 Punkte = sehr geringe Abhängigkeit …..
8 - 10 Punkte = sehr schwere Abhängigkeit.
Die aussagekräftigste Frage:
In welcher Zeitspanne nach dem Aufwachen rauchen Sie ihre
erste Zigarette?
Innerhalb von 5 Minuten
3
6 bis 30 Minuten
2
31 bis 60 Minuten
1
Nach 60 Minuten
0
IFT
Fagerström-Test für Nikotinabhängigkeit
Weitere Fragen des Tests
2.
Wie viele Zigaretten pro Tag rauchen Sie?
10 oder weniger
11 bis 20
21 bis 30
31 oder mehr
0
1
2
3
3.
Empfinden Sie es als schwierig, an Orten, an denen das Rauchen verboten ist, nicht zu rauchen; z.B.:
in der Kirche, Bibliothek, im Kino, etc.?
Ja
1
Nein
0
4.
Welche Zigarette möchten Sie am allerwenigsten aufgeben?
Die erste am Morgen
5.
6.
1
Alle anderen
0
Rauchen Sie oft mehr in den ersten Stunden nach dem Aufwachen als am Rest des Tages?
Ja
1
Nein
0
Rauchen Sie, wenn Sie so krank sind, daß Sie die meiste Zeit des Tages im Bett verbringen?
Ja
1
Nein
0
IFT
Zusammenhang zwischen Rauchen und
(anderen) psychischen Erkrankungen
1. Psychisch kranke Personen sind häufiger
Raucher; sie rauchen häufiger, mehr und
stärker als psychisch Gesunde
2. Raucher sind häufiger psychisch krank als
Nichtraucher
IFT
Leitliniengerechte Tabakentwöhnung
bei psychiatrischer Komorbidität
Punktprävalenz stationäre rauchende Patienten LMU, 29.KW 2012
90,00%
78,57%
80,00%
70,00%
60,71%
60,00%
58,33%
56,00%
55,56%
58,33%
50,00%
50,00%
45,83%
40,00%
30,00%
29,17%
20,00%
15,79%
7,69%
10,00%
0,00%
B1
B2
B3
C0
C1
C2
C3
C4
D1
D2
Tagklinik
Patienten auf allen Stationen: 236
Rauchende Patienten: 116 (49,15 %)
Weltzer, Linhardt
Table 2. Smoking Status According to Psychiatric Diagnosis*.
Psychisch kranke Personen rauchen häufiger
und mehr als psychisch Gesunde
Lasser, K. et al. JAMA 2000;284:2606-2610
Copyright restrictions may apply.
IFT
Table 2. Smoking Status According to Psychiatric Diagnosis*.
Psychisch kranke Personen rauchen häufiger
und mehr als psychisch Gesunde
50
40
30
Anteil der
Raucher
20
10
0
Gesund
Jemals krank
Aktuell krank
Etwa jede 2te in den USA
verkaufte Zigaretten wird
von einem psychisch
Kranken konsumiert
Lasser, K. et al. JAMA 2000;284:2606-2610
Copyright restrictions may apply.
IFT
Psychisch kranke Personen rauchen häufiger
und mehr als psychisch Gesunde
Lasser, K. et al. JAMA 2000;284:2606-2610
Copyright restrictions may apply.
IFT
Je stärker die psychische Belastung, desto
häufiger wird geraucht
Proportion of US adult population who smoke,
by level of psychological distress and sex. Source: 2007
Lawrence et al, 2009
IFT
Je stärker psychisch krank, desto häufiger
und stärker wird geraucht
Personen mit
psychischer
Problematik
(mit und ohne Diagnose)
Personen mit
psychischer
Erkrankung
(mit Diagnose)
Personen
ohne psychische
Erkrankung
2 7,7
30,4
3 4 ,7
38,8
39,5
59,6
10
3 7,6
20,7
R aucher
St ar ke R aucher
N ie- R aucher
Landolt et al, 2010, Züricher Längsschnittstudie
Anteil der starken und schwachen
Raucher und der Nichtraucher
IFT
Raucher sind häufiger psychisch krank als
Nichtraucher
• Je ernsthafter die psychische Störung, desto
höher ist die Prävalenzrate
• 3 von 4 starken Rauchern haben eine
zumindest unterschwellige
Lebenszeitdiagnose einer psychischen
Erkrankung (Züricher Längsschnittstudie, 2010)
=> bei starken Rauchern sollte man das
Vorhandensein einer psychischen Störung in
Erwägung ziehen
IFT
Rauchen und psychische Erkrankungen
Rauchen
Depression,
Panik, Angst, PTBS,
Schizophrenie,
Sucht, ADHS
IFT
Mögliche kausale Zusammenhänge zwischen
Rauchen und psychischen Erkrankungen -11. Psychische Erkrankungen verursachen Rauchen




Die psychische Erkrankung tritt zuerst auf
Die psychische Erkrankung ist die Ursache für den Einstieg in das Rauchen
Rauchen ist sekundär, reaktiver Konsumbeginn
Ohne die psychische Erkrankung hätte die Person nicht mit dem Rauchen
angefangen
2. Psychische Erkrankung erhalten das Rauchen aufrecht
 Rauchen besitzt eine wichtige Funktion für psychisch Erkrankte
 Rauchen zur Linderung der psychischer Erkrankung, der Symptome
(Selbstmedikation)
 Psychisch kranken Rauchern fällt es schwerer, mit dem Rauchen aufzuhören
 Ohne die psychische Erkrankung hätte die Person mit dem Rauchen aufgehört
IFT
Mögliche kausale Zusammenhänge zwischen
Rauchen und psychischen Erkrankungen -23. Rauchen verursacht die psychische Erkrankung



Der Rauchbeginn liegt vor dem ersten Auftreten der psychischen Erkrankung
Rauchen triggert psychische Erkrankungen
Ohne einen Rauchbeginn wäre die psychische Erkrankung nicht aufgetreten
4. Rauchen und psychische Erkrankungen haben gemeinsame Ursachen



Welche Störung zuerst auftritt, ist unerheblich
Es muss kein kausaler Zusammenhang zwischen Rauchen und psychischer Störung
bestehen
Die Ursache liegt in einem gemeinsamen (Risiko)Faktor (biologisch, neurobiologisch,
kognitiv, sozial)
5. Rauchen und psychische Erkrankung stehen in Wechselwirkung zueinander



Teufelskreismodell
Das Rauchen verringert die Symptome der psychischen Erkrankung, verbessert die
Toleranz/Akzeptanz der Symptome (kurzfristig)
Das Rauchen verschlimmert die Symptome/Erkrankung (langfristig)
IFT
Rauchen erhöht das Risiko für das Auftreten
einer Angststörung
Relatives
Risiko, … fach
erhöht
6
5
4
3
Nieraucher
Raucher
2
1
0
Panikattacke Panikstörung Agoraphobie
Soziale
Phobien
Spezifische
Phobien
PTSD
EDSP Längsschnittstudie,
Isensee et al. (2003)
Frauen haben ein erhöhtes Risiko bereits bei gelegentlichem Rauchen
(nie täglicher Gebrauch über 4 Wochen)
IFT
Rauchen und Angststörungen
• Patienten mit einer Angststörung sind häufiger
Raucher
– 31.5% soziale Phobie bis 54.6 % GAS
• Rauchende Panikpatienten berichten stärkere
Symptomatik, fühlen sich durch Symptome mehr
eingeschränkt (Zvolensky et al, 2003, Morisette et al, 2006)
Ziedonis et al, 2008
IFT
Rauchen erhöht das Risiko einer Depression
• Zu Beginn der Beobachtung war
noch keine Person an einer
Depression erkrankt
• Die Wahrscheinlichkeit, an einer
Depression zu erkranken, ist für
Raucher erhöht
– Raucher haben ein doppelt so
hohes Risiko, an einer Depression
zu erkranken
– Für starke Raucher (>20 Zig.) ist
das Risiko viermal so hoch
(Pasco et al 2008)
IFT
Steigendes Depressionsrisiko mit steigendem
Zigarettenkonsum oder steigenden
Raucherjahren
Klungsoyr et al 2005
IFT
Rauchen und affektive Störungen
•
Raucher haben eine erhöhtes Risiko für eine Depression und
Suizidgedanken (bis zu 2-fach erhöht, Breslau, Johnson, 2000)
•
Raucher haben eine erhöhte Lebenszeitprävalenz für eine
Major Depression (Wiesbeck et al, 2008)
•
Verschiedene Inhaltsstoffe des Tabakrauchs (u. a. Nikotin)
vermitteln einen antidepressiven Effekt
•
Tabakentwöhnung kann zu depressiven Symptomen führen
Ziedonis et al, 2008
Diehl & Batra, 2011
IFT
Rauchen erhöht Suizidalität
• Gelegentliches Rauchen und Nikotinabhängigkeit erhöhen die
Wahrscheinlichkeit für Suizidideen und Suizidversuche
• Suizidgedanken und -versuche erhöhen nicht die
Wahrscheinlichkeit einer späteren Nikotinabhängigkeit
(EDSP Langzeitstudie, Bronisch et al 2008)
• Nikotinabhängigkeit (Lebenszeit, aktuell) korreliert positiv mit
Suizidversuchen
• Ex-Rauchen ist assoziiert mit einer verringerten Wahrscheinlichkeit für Suizidversuche – gegenüber aktuellem Rauchen
(National Epidemiologic Survey on Alcohol and Related Conditions
Kanada, Yaworski et al, 2011)
IFT
Rauchen und Schizophrenie
•
70 – 90 % aller Patienten mit einer Schizophrenie rauchen Tabak
•
Hohe Konsummengen und hoher Grad von Tabakabhängigkeit
•
Rauchende Patienten mit einer Schizophrenie zeigen
– vermehrt produktive und negative Symptome,
– vermehrtes Auftreten von Dyskinesien (Bewegungsstörungen)
– einen ungünstigeren Krankheitsverlauf
• Zigarettenmenge korreliert positiv mit der Dosis Neuroleptika
Ziedonis et al, 2008
Diehl & Batra, 2011
IFT
Rauchen und Alkohol/Drogenkonsum
•
50 – 90 % aller Patienten mit einer Alkohol/Drogenabhängigkeit
rauchen Tabak
•
Höhere Konsummengen und höherer Grad von Tabakabhängigkeit
als bei nicht komorbiden Rauchern
•
Extrem erhöhtes Gesundheitsrisiko durch Komorbidität
•
Die belohnenden Effekte von Nikotin und Alkohol potenzieren sich
•
Ein sehr hoher Tabakkonsum ist ein Prädiktor für einen
unerkannten schädlichen oder abhängigen Alkoholkonsum
Diehl & Batra, 2011
IFT
Rauchen und ADHS
•
Kinder, deren Mutter während der Schwangerschaft geraucht hat,
haben ein erhöhtes Risiko für ADHS
•
Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit der Diagnose ADHS
sind häufiger Raucher und tabakabhängig
•
Raucher mit ADHS haben früher mit dem Rauchen begonnen
IFT
Passivrauchen und die psychische
Gesundheit von Kindern
Erste Evidenz für Zusammenhänge
(auch hier der Zusammenhang bisher unklar):
z. B. nicht rauchende Kinder mit nachgewiesener Passivrauchbelastung (Cotinin Messung) weisen häufiger Symptome
psychischer Störungen auf (nach DSM IV):
– ADHS,
– Major depressive disorder,
– Generalisierte Angststörungen,
– Verhaltensstörungen
( Zusammenhang gilt besonders für Jungen)
Ergebnisse des National Health and Nutrition Examination Survey vom 2001 to
2004 (Bandiera et al, 2011)
IFT
Zusammenhänge zwischen Rauchen und
psychischen Erkrankungen
1.
2.
3.
4.
Psychische Erkrankungen verursachen das Rauchen

Psychische Erkrankung erhalten das Rauchen aufrecht

Affektive Störungen, Schizophrenie, ADHS
Rauchen verursacht die psychische Erkrankung

Panik, ADHS
Rauchen und psychische Erkrankungen haben gemeinsame
Ursachen

5.
ADHS, affektive Störungen
Affektive Störungen, PTSD
Rauchen und psychische Erkrankung stehen in Wechselwirkung
zueinander

Schizophrenie, Angststörungen, Sucht
IFT
Wirkmechanismen der Interaktion
Rauchen und psychische Erkrankung
1.
2.
3.
4.
Es ist unklar, welche Bedeutung das Nikotin hat: die Kombination
des Nikotins mit anderen Inhaltsstoffen des Tabakrauchs scheint
wichtig zu sein
Die Geschwindigkeit, mit der der Nikotinspiegel im Gehirn ansteigt, ist
ein wichtiger Faktor
Eine chronische Nikotinzufuhr hat einen Einfluss auf
Neurotransmitter, die auch bei der Entstehung psychischer
Störungen beteiligt sind (Serotonin, Dopamin etc)
Eine chronische Nikotinzufuhr führt zu erhöhten Stressreaktionen
 Erhöhter Sympatikotonus, Cortisol, Insulin
IFT
Zusammenhänge zwischen Rauchen und
psychischen Erkrankungen
genetische
Disposition
Rauchen:
Probierkonsum
erhöhte
NikotinReagibilität
Dauerkonsum
Rauchen
Stress
Neurobiologische
Vulnerabilisierung
Manifestation
psychische
Störung
Rauchen
Symptomlinderung
Modifiziert nach Mühlig, 2010
Entzugserscheinungen,
Psychische
Labilisierung
IFT
Psychisch kranke Raucher schaffen seltener
den Ausstieg als psychisch Gesunde
Lasser, K. et al. JAMA 2000;284:2606-2610
Copyright restrictions may apply.
IFT
Pro – Contra Tabakentwöhnung bei
psychischen Erkrankungen
Pro Aufhören,
Konsumreduktion
• Reduktion der gesundheitlichen
Risiken
• Positive Folgen für die
psychische Störung
– Durchbrechen des
Teufelskreises zwischen
Rauchen und der
Exacerbation/Chronifizierung
der psychischen Störung
• Lebensqualität: finanzielle
Möglichkeiten
Pro Weiterrauchen wie bisher,
alles lassen, wie es ist
• Geringe Erfolgsaussichten
• Keine Alternativen zur
Symptomkontrolle
• Kurzfristige Symptomverschlimmerung
• Hohe Rückfallgefahr
• Energievergeudung,
Ressourcen können
anderswo besser eingesetzt
werden (wo?)
IFT
Tabakentwöhnung und
Alkoholkrankheit
•
Keine Interaktion mit langfristiger
Alkoholabstinenz (Hurt et al. 1994,1996, 2003,
Toneatto et al. 1995, Hintz & Mann 2007)
•
Alkoholabstinenz kann sogar
gesteigert werden
(Bobo et al. 1998 , Olbrich et al. 2008)
Tabakentwöhnung mit Personen mit
psychischen Störungen
•
•
Motivation ist vorhanden
Gemischte Gruppen: Nicht mehr als 2 Teilnehmer pro Gruppe
Setting Psychiatrie: Metaanalyse (2002)
• Erfolge möglich
• Erhöhte Intensität und Individualisierung sinnvoll
• Kombination medikamentöser und kognitiver Maßnahmen
• Strukturelle Maßnahmen (Tabakpolitik)
• Soziale Unterstützung
IFT
Tabakentwöhnung mit Personen mit
psychischen Störungen
Was kann man von psychiatrischen Pat (n=74) lernen, die es geschafft haben?
Aufhörgründe
• Befürchtungen wegen der Gesundheit (73%)
• Kosten der Zigaretten (71%)
• Ratschlag des Arztes (54%);
• Ratschlag von anderen (64%).
Hilfen/Unterstützung beim Aufhören
• Soziale Unterstützung durch Freunde und Familie (58%)
• Vorgaben des Arztes (46%)
• Anwendung von NRT (31%)
Dickerson et al 2011
IFT
Tabakentwöhnung in Kliniken
Das Programm „Rauchfrei nach Hause!?“
• 6 Sitzungen à 60 Minuten; 2mal pro Woche
• 8-12 Teilnehmer
• Flexible Struktur:
– Offen: zur jeder Sitzung können neue Teilnehmer aufgenommen
werden
– Halboffen: zu bestimmten Terminen werden neue Teilnehmer
aufgenommen
– Geschlossene Gruppe
• Alle Teilnehmer sollen die 6 Sitzungen durchlaufen
• Rauchstopp nicht zwingend vorgegeben, aber jedem Teilnehmer
nach der zweiten Kursstunde empfohlen
• Kombination mit Medikation möglich, aber nicht vorgegeben
IFT
Rauchfrei nach Hause!?
Aufbau der Kursstunden
Eingangsrunde
Individualisiertes Vorgehen
20 min
Psychoedukation
Quizfragen und Vortrag
10-15 min
Gruppenübung
Schwerpunkt Motivierung und/oder
Skills
10-15 min
Abschlussrunde
Individualisiertes Vorgehen
15 min
IFT
Inhalte der individualisierten Elemente
• Eingangsrunde
– Neue Teilnehmer begrüßen
– Seilübung
– Individuelle Rückmeldung einholen
• Abschlussrunde
– Individualisierte Hausaufgaben
(Poster)
– Rauchstopp konkretisieren
– Ausscheidende Teilnehmer
verabschieden
IFT
Inhalte der Kursstunden
(Psychoedukation und Gruppenübung)
Ganz oder gar
nicht
Das
Rückfallrisiko
mindern
Licht und
Schatten
Positive und
negative
Aspekte des
Rauchens
Viel Lärm um
nichts!?
Die
vielversprechende
Wirkung des
Nikotins
Schöne
Aussichten
Die rauchfreie
Zukunft
Der Berg ruft!
Hindernisse
überwinden
Alarmstufe Rot
Umgang mit
Suchtdruck
IFT
Beispiel für eine Kursstunde:
„Licht und Schatten"
• Ziele:
– Die Ambivalenz gegenüber dem Rauchen soll verstärkt werden.
– Die Teilnehmer sollen besser verstehen, warum sie rauchen.
– Die Teilnehmer sollen einen emotionalen Bezug zum Rauchen und
zum rauchfreien Leben herstellen.
• Vortrag: Positive und negative Aspekte des Rauchens
– Inhalt: Die Vor- und Nachteile des Rauchens, die Bilanzkurve
• Gruppenübung: Engel und Teufel
– spielerische Übung zu Argumenten für und gegen das rauchfreie
Leben
• Wirkprinzipien: Problemklärung, Problemaktualisierung
IFT
Ergebnisse aus der Pilotstudie
• Das Programm ist wirksam
– Ebenso wirksam wie das „treatment as usual“ in Kliniken mit
etablierter Tabakentwöhnung
• Die offene Struktur funktioniert & wird akzeptiert
• Das Programm ist innerhalb des zeitlichen Rahmens
durchführbar
• Das Programm erfährt hohe Akzeptanz
– bei der Zielgruppe, da kein Druck ausgeübt wird
– bei den Kursleitern aufgrund methodischer Vielfalt
– bei Kliniken aufgrund Manualisierung
• Aber: Die Teilnahme setzt eine Grundmotivation voraus.
IFT
Zusammenfassung/Ausblick
Es besteht eine hohe Komorbidität zwischen Tabakkonsum und psychischen
Störungen.
Die negativen Folgen des Rauchens bei psychisch Erkrankten sind
gravierender als bei psychisch gesunden Rauchern.
Wie sich beide Phänomene beeinflussen ist unklar, Rolle der Selbstmedikation
wird überbetont. Ein Teufelskreismodell wird den Daten am Besten
gerecht.
Psychisch kranke Raucher sind aufhörmotiviert, Erfolgschancen sind
gegeben. Langfristig ist eher mit einer Verbesserung als mit einer
Verschlechterung der psychischen Störung bzw. der Symptome zu
rechnen (Teufelskreismodell).
Tabakentwöhnung für psychisch kranke Raucher sollte komplexer, intensiver
und flexibler sein. Ein individualisiertes Vorgehen ist zu wählen.
Es gibt keine schlüssigen Gründe, warum psychisch kranken Rauchern keine
Unterstützung zur Tabakentwöhnung angeboten werden sollte.
IFT
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