Rehabilitation und Gesundheitswesen III Rehabilitation bei psychischen Erkrankungen und Behinderungen – relevante Konzepte in der Sozialpsychiatrie Rehabilitation bei psychischen Erkrankungen und Behinderungen– Vorgehensweise I • Orientierung an Veranstaltungsplan von Herrn Lütjen • auch eigene Akzentsetzungen • besondere wissenschaftliche Schwerpunkte (Schizophrenie, Persönlichkeitsstörungen, Komorbidität) • vom „Mann aus der Praxis“ Vorschläge bzgl. sozialpädagogischer Ansätze in der psychiatrischen Arbeit • Stichwort: SozialpädagogInnen als psychiatrisch Tätige • …als Experten für seelische Krankheit/Behinderung • umfassend tätig, ganzheitlich • nicht nur EingliederungshilfevermittlerInnen Rehabilitation bei psychischen Erkrankungen und Behinderungen– Vorgehensweise II • schlaglichtartig und exemplarisch • gelegentlich auch etwas zugespitzt • Nachlesen und Nacharbeiten unbedingt empfehlenswert und erforderlich • in Zeiten des Internets einfacher, wenn auch unübersichtlicher • power-point-Präsentationen über FH-Server als PDF-Dateien (in Portionen) • Fragen/Unterbrechungen bei Unverständlichkeit bitte immer sofort • Diskussion in diesem Rahmen begrenzt möglich Rehabilitation von psychischen Erkrankungen und Behinderungen– Abgrenzung zur Vertiefung • hier vor allem Erläuterung von Konzepten • von Krankheit, von Behandlung/Rehabilitation, von Sozialpädagogik in der Psychiatrie • dort konkreter Fragen des Umgangs mit/der Therapie und Rehabilitation von psychisch gestörten Menschen • einschl. spezifischer medikamentöser Behandlungsansätze • dazu noch spezielle Themen (u.a. Migration und Psychiatrie) Lehrveranstaltung Rehabilitation von psychischen Erkrankungen und Behinderungen: Vorläufiger Themenplan I Einführung 1. Historische Konzepte psychischer Störungen 2. Relevante Normkonzepte in der Psychiatrie 3. Klassifikationskonzepte psychischer Krankheiten 4. Das Krankheitskonzept Schizophrenie 5. Das besondere Störungskonzept ‚Borderline‘ 6. Konzepte depressiver Störungen Lehrveranstaltung Rehabilitation von psychischen Erkrankungen und Behinderungen: Vorläufiger Themenplan II 7. Präventionskonzepte 8. Rehabilitationskonzepte 9. Sozialpädagogischer Arbeitskonzepte im psychiatrischen Bereich Lehrveranstaltung Rehabilitation von psychischen Erkrankungen und Behinderungen: Termine 27.10. und 3.11. interdisziplinäre Studienwochen 8.12. keine Veranstaltung !!! 1. Gesundheits-, Krankheits- und Rehabilitations-konzepte (am Beispiel Schizophrenie) Inhalte/was ist wichtig: historische und wissenschaftliche Wandelbarkeit der Konzepte psychischer Störungen Medizinisch-biologische, psychologische, soziologisch-sozialpädagogische Betrachtungsweise psychischer Störungen Integration der Sichtweisen in modernen Störungskonzepten Folgerungen für Rehabilitationskonzepte und den sozialpädagogischen Anteil hieran Historische Konzepte psychischer Störung • bis vor 150-200 Jahren Beurteilung von auffälligen Verhaltensmustern nicht Teil der medizinischen oder psychologischen Wissenschaft • eher Aufgabe von Pädagogen und Geistlichen, teilweise Philosophen • psychische Störungen häufig als fehlgeleitetes Verhalten bzw. Folge von Unmoral interpretiert • oder direkter Einfluss dämonischer oder göttlicher Kräfte Beispiel: Psychische Störungen als „Besessenheit“ • Primat des Übernatürlichen: In animistischen Gesellschaften aber auch vielen Kulturen des Altertums und der Antike galten alle bzw. viele Krankheiten, auch die psychischen, als Ausdruck des Einflusses von Geistern, Hexen, Dämonen etc. • „Therapie- bzw. Rehabilitationsmethoden“ entsprechend: Geisterbeschwörung, Gesänge, Gebete und Zauberformeln Konzept der Besessenheit für psychische Krankheit auch in der jüdisch-christlichen Kultur • Krankheit als Strafe Gottes in der jüdischen Kultur zu Zeiten von Jesus • oder Einfluss von Dämonen • Heilung von Besessenen durch Austreibung von Dämonen durch Jesus und seine Jünger Konzept der Besessenheit bis in heutige Tage !!! Stichworte: Exorzismus, Okkultismus. Spezielle kirchliche Kreise bezweifeln psychiatrische Diagnosen und praktizieren Dämonenaustreibung immer noch ! Soziale bzw. gesellschaftliche Auswirkungen des Konzepts psychischer Krankheit als Besessenheit • Gefährdungspotential • keine Prävention möglich (außer Beten) • Ausgrenzung als Schutz der Gesellschaft Es gab aber auch schon ‚organische‘ , d.h. Krankheitskonzepte psychischer Störungen - mit entsprechenden Behandlungsmethoden Entfernen des „Narrensteins“ (Johann Schultheiß (1595-1645): „Armentarium chirugicum“ …trotz beginnender Betrachtung psychischer Störungen als Krankheit entstand das Behandlungskonzept „Ausgrenzung“… Wiener „Irrenturm“ (an Allgemeines Krankenhaus 1784 angegliedert): „Die größte Unreinlichkeit, ein scheußlicher, unerträglicher Gestank… …mit passenden Begründungen • psychisch Gestörte wurden als amoralisch und asozial diffamiert und entsprechend behandelt • und zusammen mit Bettlern, Prostituierten, Strafgefangenen, Geschlechtskranken in Gefängnis ähnlichen Einrichtungen untergebracht • in Frankreich ‚Hôpital genéral‘, in England ‚workhouse‘, in Deutschland ‚Zuchthaus‘ • damit wurden psychisch Kranke aus der Hand von Geistlichen (bes. Nonnen) in die von Gefängniswärtern gegeben – mit entsprechenden Folgen …jetzt mehr in die Gegenwart ! • lange Zeit dominierten auch in der Medizin und Psychologie einseitige, monokausale Konzepte psychischer Krankheit • auch die aufkommende Beschäftigung der Sozialwissenschaften mit psychischen Störungen führt zunächst zu einseitigen (sozialen) Konzepten psychischer Störung • hierzu am Beispiel Schizophrenie ein paar Kostproben Historische, einseitige Konzepte der Schizophrenie • schizophrene Psychosen als reine Somatosen (dementia präcox, reine Erbkrankheit, Stoffwechselstörung im Gehirn) • Paranoia/Schizophrenie als Folge eines ungelösten Triebkonflikts in der frühen oralen Phase der psychosexuellen Entwicklung (Freud) • bzw. entsprechenden Vernachlässigung durch die Mutter/Eltern • als Folge einer widersprüchlichen Kommunikation und Beziehungsgestaltung (double bind-Kommunikation) • Schizophrenie als Mythos und ausschließliches Ergebnis sozialer Zuschreibungsprozesse (labeling-approach) • Psychosen als ausschließliches Ergebnis gestörter familiärer Interaktionsdynamik • Psychosen als positiv zu bewertende Selbstorganisationsprozesse auf höherem Niveau (im Rahmen kybernetischer Modelle bzw. chaostheoretischer Annahmen) Merkmale heutiger (Krankheits-)Konzepte psychischer Störungen • Integration der Sichtweisen verschiedener Wissenschaften bzw. • Beachtung biologischer, psychologischer und sozialer Einflüsse • entscheidendes Stichwort: Interaktion • d.h. komplexe Wechselwirkung dispositioneller und Umwelteinflüsse (sog. Gen-Umwelt-Interaktion) • Primat der Empirie bzw. des empirischen Nachweises • neurobiologische und –psychologische Fundierung (d.h. wie wirken sich Einflüsse am ‚Erfolgsorgan‘ Gehirn und im Verhalten und Erleben aus ?) • entscheidend ist nicht (objektive) Symptomfreiheit, sondern die subjektive Bewertung der Symptome Was zeichnet (dementsprechend) moderne Rehabilitationskonzepte psychischer Störungen aus ? • keine Frontstellung von medikamentöser, psycho- und soziotherapeutischer Behandlung • durchgehende Orientierung am subjektiven Erleben, der subjektiven Zufriedenheit • Verhandeln statt Behandeln • Erreichen des Status des Betroffenen als „Experten der eigenen Erkrankung“ • kein Kampf gegen Windmühlen/unabänderliche Beeinträchtigungen, sondern • Stärkung der Ressourcen und Potentiale von (psychisch kranken) Menschen und Ermutigung zum Einsatz dieser (Empowerment-Ansatz) • Speziell der Genesungspotentiale und Selbstheilungskräfte der Betroffenen, um dem Krank-Sein eine „Wiedergesundung“ entgegenzusetzen (‚recovery‘-Modell) Was zeichnet (dementsprechend) moderne Rehabilitationskonzepte psychischer Störungen aus ? • keine Frontstellung von medikamentöser, psycho- und soziotherapeutischer Behandlung • durchgehende Orientierung am subjektiven Erleben, der subjektiven Zufriedenheit • Verhandeln statt Behandeln • Erreichen des Status des Betroffenen als „Experten der eigenen Erkrankung“ • kein Kampf gegen Windmühlen/unabänderliche Beeinträchtigungen, sondern • Stärkung der Ressourcen und Potentiale von (psychisch kranken) Menschen und Ermutigung zum Einsatz dieser (Empowerment-Ansatz) • Speziell der Genesungspotentiale und Selbstheilungskräfte der Betroffenen, um dem Krank-Sein eine „Wiedergesundung“ entgegenzusetzen (‚recovery‘-Modell) …ein paar Bemerkungen zur augenblicklichen Realität I • Ambulanter Bereich: „2-Minuten-Psychiatrie“ (faktisch nur medikamentöse Therapie) • Stationärer Bereich: „Blutige“/viel zu frühe Entlassung/“Drehtüreffekt“ • Übernahme von Behandlungsaufgaben durch das sozialpsychiatrische System • ohne entsprechende Ausstattung und Möglichkeiten • ambulante Psychotherapie bei Psychosen nicht im Indikationskatalog • ansonsten lange Wartezeiten • Integrierte Behandlungen im ambulanten Bereich kaum möglich …ein paar Bemerkungen zur augenblicklichen Realität II • ambulante Soziotherapie faktisch nicht existent • ambulante psychiatrische Krankenpflege kaum finanziell leistbar • Hilfeplanabteilungen (der kommunalen Leistungsträger) wehren sich gegen Finanzierung von Behandlung als Eingliederungsmaßnahmen ( siehe Psychiatriezeitung „Eppendorfer“ September 09) …und die Sozialpädagogen ? • übernehmen zentrale Aufgaben im klinischen wie ambulanten Bereich • bes. im Bereich der Krankheitsbewältigung und Verringerung der sozialen Folgen der Erkrankung • durch Psychoedukation, Psychotherapie (!), kognitive und soziale Kompetenztrainings, Angehörigenarbeit etc. • sehr wichtig auch Funktion des Behandlungslotsens und -beraters • allerdings: Verminderung der Qualifikationsanforderungen an ambulante Betreuungspersonen (Kostensatz Fachleistungsstunde) • d.h. immer höhere Anforderungen bei immer weniger Geld 2. Relevante Normkonzepte in der Psychiatrie • subjektive Norm • statistische Norm • medizinische, biologische und psychologische Normen • gesellschaftliche Normen subjektive Normen (im Bereich Psychiatrie) = individuelle, bewusste und unbewusste Erwartungen an /Wahrscheinlichkeitsannahmen über das eigene Befinden, Verhalten und die Ergebnisse/Wirkungen des eigenen Verhalten Relevanz subjektiver Normen im sozialpsychiatrischen Bereich: subjektives Krankheitsgefühl: • das eigene Befinden oder Verhalten entspricht nicht (mehr) den eigenen Erwartungen (quantitativ oder qualitativ (z.B. auch Schuld, Scham)) • bes. ausgeprägt bei episodischen psychischen Störungen (Depression, bipolare Störungen, z.T. Schizophrenie) • fehlt häufig bei nicht-episodischen Erkrankungen wie Persönlichkeitsstörungen • wenn ich mich als normal empfinde, weil ich schon immer so war, benötige ich subjektiv keine Behandlung/Veränderung • oft entscheidend bei Aufnahme bzw. Duldung von Behandlung • bei Manien ist die (durchaus wahrgenommene) psychische Veränderung nur positiv (anfänglich) Relevanz subjektiver Normen im sozialpsychiatrischen Bereich: Krankheitseinsicht(kognitiv): • die Erkrankung selbst kann die Einsicht in das Pathologische des eigenen Verhaltens be-(ver-)hindern • Krankheitseinsicht fehlt oft (fast definitionsgemäß) bei Psychosen • bei Persönlichkeitsstörungen fehlt sie obligatorisch • wenn ich mich als normal empfinde, weil ich schon immer so war, benötige ich subjektiv auch keine Behandlung/Veränderung • Krankheitseinsicht kann aber durch entsprechende Lernprozesse erreicht werden (gefördert durch Psychoedukation) • u.U. auch im akuten Zustand Relevanz subjektiver Normen im sozialpsychiatrischen Bereich: Akzeptieren des Krankseins • unbewusstes, z.T. bewusstes Leugnen des psychisch Kranksein • bzw. Überspielen/Bagatellisieren der Symptome (Dissimulation) • es kann nicht sein, was nicht sein darf • nur somatisch krank heißt richtig krank • oder: Männer mit Depression oder Angststörungen sind „Weicheier“ • dann schon lieber „Säufer“ • bei Depressionen oft verbunden mit Selbstvorwürfen • häufig kombiniert mit überhöhten Leistungsansprüchen an die eigene Person • entscheidend für die Akzeptanz von Behandlung (medikamentös und psychotherapeutisch) • Denn: nicht nur: „ich bin krank und nehme ‚Pillen‘!“, sondern auch „ich nehme ‚Pillen‘ , also bin ich krank!“ Relevanz subjektiver Normen im sozialpsychiatrischen Bereich: übermäßiges Krankheitsempfinden • Gefühl, viel stärker beeinträchtigt zu sein als die Umwelt nachzuvollziehen scheint • verbunden mit Gefühl des Unverstandensein • führt oft zu verstärkter Präsentation (Aggravation) der Symptome • bzw. Verschieben der psychischen Symptome in den Bereich der körperlichen Beschwerden • bei Gegenüber entsteht der Eindruck der Simulation/Übertreibung • abhängig vom Maß emotionaler Stabilität/ Instabilität bzw. psychischen Erregungsniveau • häufiger bei affektiven Störungen • Teil bzw. Zentrum der Störung bei Borderline- und histrionischer Persönlichkeitsstörung Subjektive Normen im sozialpsychiatrischen Bereich: Relevanz für Therapie ! • Subjektives Erleben (und damit auch subjektive Normen) generell Maßstab und Orientierung für den verstehenden therapeutischen Umgang • „der Patient hat immer recht“ / „Rechthaber-Reflex“ der TherapeutInnen muss gebändigt werden • Konfrontation mit ‚objektiven‘ Normen führt meist zum Gefühl des Unverstandensein • der Patient sollte selbst die Frage nach der Normalität stellen (teilweise Ausnahme: Psychosen) • generell Subjektorientierung in der sozialpsychiatrischen Arbeit • „der Patient/Klient ist der Boss“, d.h. es wird nur das therapiert, was der Pat. für behandlungsbedürftig hält • Ausgangspunkt ist immer das subjektive Störungsmodell des Patienten • es muss nur dann geändert werden, wenn es dysfunktional ist, d.h. die Störung aufrecht erhält statt vermindert Statistische Norm • Grundlegendes Normkonzept der empirischen klinischen Forschung • normal ist, was häufig ist bzw. • unnormal ist das, was selten ist • gilt für Verhalten und Erleben (‚objektive‘ Tests wie Intelligenztests und Fragebogenverfahren) • für biologische Funktionen (objektiv messbar) • für genetische Verhältnisse • fast alle biologischen und psychologischen Normen sind statistisch definiert Statistische Norm • Mathematisch exakt definiert (Wahrscheinlichkeits- bzw. Integralrechnung) Statistische Norm Das Problem der „Überlappung“ Statistische Norm • Mathematisch exakt definiert (Wahrscheinlichkeitsbzw. Integralrechnung) • ein bedeutsamer Unterschied kann von vornherein festgelegt werden • eine bestimmte Merkmalsausprägung oder Summe von Merkmalen spricht mit gewisser (hoher) Wahrschein-lichkeit für das Vorliegen einer Störung • Stichwort: „Die Masse macht‘s“ bzw. „…macht den Unterschied“ • gilt für die meisten psychischen Störungen, bei denen nicht ein einziges (spezifisches) Symptome über das Kranksein entscheidet, sondern die Summe der Symptome (z.B. Angststörungen, Depression, Persönlichkeitsstörungen) • für die Psychosen gilt dies eher nicht (zumindest für die sog. Plussymptome) Medizinische Normen in der Psychiatrie/ Psychopathologie • sog. Psychischer Befund • per Konvention festgelegte Ausprägungen zentraler psychischer Funktionen und Fehlfunktionen • festgestellt durch Technik des explorativen Gesprächs • „Messinstrument“ Kliniker Psychischer Befund – Beispiele I • Bewusstsein: bewusstseinsklar, -getrübt, komatös • Orientierung zur Person, Zeit, Situation und zum Ort („welches Datum haben wir heute ?“, „wie heißen Sie ?“, „wie alt sind Sie ?“, „Wissen Sie, wo Sie hier sind ?“) • Denken: formale Denkstörungen die Art des Denkens ist gestört, der Inhalt kann ungestört sein (Konzen-trations-/Auffassungsstörungen, Danebenreden, assoziative Lockerung, beschleunigtes Denken, Ideen-flucht, Zerfahrenheit/Inkohärenz, Begriffsbildungs-störungen) • Denken: inhaltliche Denkstörungen der Inhalt des Denkens ist gestört, die Art des Denkens kann ungestört sein (Wahngedanken generell, Beeinträchtigungs- und Verfolgungswahn, „fixe“ Ideen) Psychischer Befund – Beispiele II • Antrieb: normal, erhöht (agitiert, getrieben), erniedrigt (Antriebsdefizit) • Affekt: traurig, ängstlich, dysphorisch, gespannt, aggressiv… • Stimmung: gedrückt, heiter, euphorisch, indifferent • Gedächtnis: Merkfähigkeit („Wissen Sie meinen Namen noch oder als was ich hier arbeite?“), Altgedächtnis • Intelligenz: Screening-Fragen Psychischer Befund • generell Gefahr der Subjektivität (des Untersuchers) • minimierbar durch ausreichendes Training • in Studien sog. „Interraterübereinstimmung“ bei erfahrenen Kliniker rel. groß • gelingt durch Ausbildung in „Hilfswissenschaft“ Psychopathologie für Mediziner und Psychologen • Psychopathologie immer noch entscheidend für Diagnostik bzw. Befunderhebung • bis auf Intelligenzminderung sind alle psychiatrischen Diagnosen klinische Diagnosen Psychologische Normen • in psychometrischen Verfahren relevant (Testdiagnostik oder auch neuropsychologische Diagnostik) • alle „objektiven“ Tests müssen normiert sein • d.h. Normen ergeben sich aus einer sehr großen sog. ‚Eichstichprobe‘ • daran werden alle folgenden getesteten Probanden gemessen • mathematisch werden dann wieder statistische Normen generiert Psychologische Normen: Beispiele aus der klinischen Praxis • Beck‘sches Depressions-Inventar (BDI) Selbstbeurteilung depressive Kernsymptomatik • Frankfurter Beschwerde-Fragenbogen (FBF) Selbstbeurteilung Negativsymptomatik der Schizophrenie • State-Trait-Angst-Inventar (STAI) Selbstbeurteilung augenblickliche und generelle Angstneigung • Wender-Utah-Rating-Scale (WURS), Brown ADD – Scale Selbstbeurteilung ADHS 3. Klassifkationskonzepte psychischer Krankheiten • welche Ordnung der Krankheiten ? • früher auf Freud zurückgehende Termini/Unterscheidung Neurose/Psychose Jean Hermanns, Dipl. Psych., Dipl. Soz.päd.:Bewältigung der Schizophrenie 3. Klassifikationskonzepte psychischer Krankheiten • welche Ordnung der Krankheiten ? • früher auf Freud zurückgehende Termini/Unterscheidung Neurose/Psychose • seit 1990 nach internationaler Einigung Zusammenfassung der Störungen in Gruppen • nach Hauptthematik der Störung • oder deskriptiven Ähnlichkeit ICD 10 • International Classification of Diseases • • • • 5-stelliges Klassifikationssystem Kapitel V mit dem Buchstaben F dann 4 Ziffern in hierarchischem Aufbau Verbindliches System der klinischdiagnostischen Leitlinien der einzelnen Störungen • vom SGB V vorgeschrieben • im SGB XII vorgesehen ICD 10 – Kategorien F0 – F4 • F 0 organische einschließlich symptomatischer psychischer Störungen • F 1 psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen • F 2 Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen • F 3 affektive Störungen • F4 neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen ICD 10 – Kategorien F5 – F9 • F 5 Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren • F 6 Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen • F 7 Intelligenzminderung • F 8 Entwicklungsstörungen • F9 Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend • F 99 nicht näher bezeichnete psychische Störungen DSM IV • Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders • Klassifikationssystem der ‘American Psychiatric Association’ (APA) • in USA gültig, in der Forschung international üblich • im Prinzip aktueller • berücksichtigt z.B. geschlechtsspezifische Aspekte • (leider) anderes Ziffersystem (aus ICD 9) • daher schlecht vergleichbar mit ICD 10 • sog. Multiaxiale Einteilung DSM IV • Achse I: Klinische Störungen und andere klinisch relevante Probleme. Hauptsächlich Zustandsstörungen, schwere mentale Fehlstörung und Lernunfähigkeiten (Beispiele: Schizophrenie, Angststörungen, Störungen der Impulskontrolle, Essstörungen). • Achse II: Persönlichkeitsstörungen und geistige Behinderungen (Beispiele: Borderline, schizoide oder paranoide Persönlichkeitsstörungen, anti-soziale Persönlichkeiten). • Achse III: Medizinische Krankheitsfaktoren. Diese Achse umfasst körperliche Probleme, die bedeutsam für die psychische Erkrankung sein können. DSM IV • Achse IV: Psychosoziale und umgebungsbedingte Probleme (Beispiele: Wohnungsprobleme, Berufliche Probleme, Probleme im sozialen Umfeld) • Achse V: Globale Beurteilung des Funktionsniveaus anhand der GAF-Skala. …zurück zum ICD 10 Aufbau • für jede Kategorie Diagnostische Leitlinien • diese sind international verbindlich • erst wenn deren Vorliegen nachgewiesen wurde, können spezifische Unterformen diagnostiziert werden • …Erläuterung am Beispiel Schizophrenie